Kapitel 00
Autor: Snake_of_the_darkness
Mail: Snake_of_the_darkness@gmx.de
Art: Eigene Serie
Genre: Horror, Drama, Dark, Fantasy
Beta: Sinia
Widmung: Sinia für das Beta, -Juna- für die tollen RPG´s aber auch alle anderen in den RPG´s sind toll Freunde ^^ *knuddelt alle mal*
Titel: Miss Monster
Bemerkungen: Tja ich versuch mich mal wieder in der Eigenen Serie ^^
Die Serie ist von mir im englischen geschrieben worden und von Ares van de Bourgh übersetzt worden!
" .." - wörtliche rede
** Szenenwechsel oder Zeitriss
Schnuppertext:
Wiebke Crotano wurde verspottete, gedemütigt, körperlich
Und geistig gequält. Sie (gehörte zu solchen Personen)war diejenige Person,
an der einige Lehrer des Internats ihren Frust ausließen.
Wiebke hat eben keine Lobby - bis zu dem Tag, als
Sich ihr die Kräfte aus dem nahen Sumpf offenbarten.
Von nun an begann ihre Veränderung. Als der erste Tote
Mit zerrissener Kehle gefunden wurde, da wusste
Wiebke, dass ihre Verwandlung vollendet war.
Eine neue Person war geboren - Miss Monster...
Miss Monster
Der alte Maschendrahtzaun glänzte in der Dunkelheit
Wie ein dichtes Spinnennetz!
Bis hierher und nicht weiter, hieß es immer. Jenseits
Des Zaunes begann die andere Welt, da lag das Moor,
der Sumpf mit all seinen Gefahren und Geheimnissen.
Tagsüber, grau und von grünen, verschwommenen
Farben durchzogen. In der Nacht aber war er
Eine schwarze, manchmal glänzende Fläche, über die
Hin und wieder geheimnisvolle Irrlichter tanzten, als
Wollten sie irgendwelche Botschaften vermitteln.
Diese Nacht war eine besondere, denn es herrschte
Vollmond. Der Erdtrabant stand bleich wie ein runder
Ausschnitt inmitten der Schwärze. Es war kein Silberlicht,
das er der entgegenschickte, sondern ein fahler,
unwirklich anmutender Schein, dessen Blässe sich
auch auf der dunklen Fläche des Sumpfes wiederspiegelte.
Sie gab den zahlreichen Gräsern und Gewächsen
Einen leichenhaften Anstrich. Sie spielte sich auf den
Tümpeln und Pfützen, als wären diese unheimliche
Spiegel, die das Bild einer zum Sterben verurteilten
Landschaft zurückgeben sollte.
Bis hierher und nicht weiter!
Niemand hatte ein Warnschild aufgestellt. Jeder
wusste Bescheid, und jeder wusste auch, dass harte Strafen
drohten, wenn diese Regel gebrochen wurde.
Einige hatten es getan, wenige taten es noch immer.
Aber eine ließ sich durch nichts abschrecken. Keine
Strafe konnte zu hart sein, denn sie wusste genau,
wohin ihr Weg führte. Sie sah nicht die Verbote, sie sah
das Ziel allein das Ziel, das hinter allem stand.
Auch in dieser Nacht.
Schuhlos hatte sich Wiebke Crotano aus dem Internat
Geschlichen und die kräftigen Treter erst später übergestreift.
Sie war dann auf leisen Sohlen bis zum Zaun
gehuscht, stand jetzt vor ihm und presste ihr Gesicht
gegen das Metall.
Sie starrte hinüber.
Ihre Augen hatten einen ungewöhnlichen Glanz
bekommen. In ihm spiegelten sich Freude, Erwartung
und Hoffnung. Was andere abschreckte, zog sie an.
Hinter dem Zaun lag die andere Welt, eine Welt, die
Ihr gehörte, in die sie eindrang, die sie gerufen hatte,
denn sie war sicher, dass sie es in dieser Nacht finden
würde.
An der Schule verschwendete sie keinen Gedanken
Mehr, Das hatte die Schülerin weit zurückgedrückt.
Aus Wiebke Crotano war eine andere geworden.
Miss Monster!
Den Namen hatte sie sich selbst gegeben und noch
Mit keinem darüber gesprochen. Möglicherweise
Würde sich das in dieser Nacht ändern, denn sie wollte
endlich einen Erfolg erzielen.
Der Sumpf stank nach Verwesung, einfach widerlich.
Sie aber liebte ihn.
Abhalten konnte er sie nicht. Im Gegenteil, sie sah
Ihn als beruhigend an.
Geschmeidig sprang sie am Außengitter in die Höhe.
Blitzschnell fassten ihre kleinen, aber dennoch sehr
Kräftigen Händen zu. Die Finger fanden die richtigen Lücken.
Auch wenn der draht in die Haut drückte, es kümmerte
Wiebke nicht. Sie musste hoch, den Zaun überklettern,
und war dann in ihrer Welt.
Heimlich hatte sie sich für diesen nächtlichen Ausflug
Umgezogen. Sie trug Jeans, einen Pullover, feste
Schuhe. Das lange Haar hatte sie im Nacken zusammengesteckt.
Vier Klammern hielten es fest.
Es war kühl geworden. Der nahe Herbst war bereits
Zu riechen. Die Natur zeigte sich irgendwie verändert.
Feucht und absterbend, etwas traurig, angefüllt mit
Einer morbiden Melancholie.
Sie erreichte das Ende des Zauns. Für einen Moment
Blieb sie auf der schmalen kante hocken, drehte den
Kopf und schaute zurück zum Internat.
Dort lag die Schule.
Ein altes, ein mächtiges Gemäuer, ein dunkler
Kasten, in dem schon Generationen von Schülern zu
> tüchtigen < Menschen erzogen worden waren. Wie sie
das Wort erziehen hasste. Es war eine einzige Tortour.
Sogar geschlagen wurde sie, und es gab da einige Lehrer,
die es mit besonderer Freude taten.
Wie Mister Redstone, zum Beispiel...
Wiebke sprang. Sie hatte das oft genug geübt. Nie
war ihr beim Aufprall etwas passiert, und auch in dieser
besonderen Nacht kam sie sicher auf. Der Boden
war weich, er federte nach, und sie spürte in den Knien
einen bissigen Schmerz.
Das lag an ihrem Meniskus. Wenn sie einige Schritte
Gelaufen war, verschwand das Ziehen wider. Warum
Sollte es heute Nacht anders sein als sonst?
Es war nicht anders als sonst. Es ging ihr gut, sie
Konnte sich wieder auf die Umgebung konzentrieren.
Viel hatte sich nicht verändert. Der Untergrund
zeigte noch immer eine Decke aus Hügeln, Mulden,
kleinen Rinnen, in denen sich Schmutzwasser gesammelt
hatte. Das Gras wuchs hier ziemlich hoch. Manchmal
streiften die Spitzen an den Knien entlang, als wollten
sie den sechzehnjährigen Neuankömmling begrüßen.
Wiebke lief jetzt schneller. Ein Gefühl sagte ihr, dass
es Zeit wurde. Sie musste sich beeilen, wenn sie pünktlich
um Mitternacht an dem Ort sein wollte, wo es passierte.
Auf ihr Gesicht trat ein Lächeln, als sie daran dachte.
alle sprachen über den Sumpf, jeder wusste etwas, aber
es gab keinen, sie ausgenommen, der genau informiert war.
Der Zaun lag bereits weit zurück, dass er selbst im
Mondlicht nicht mehr zu sehen war. Zudem veränderte
sich der Untergrund. Er war nicht mehr so fest wie
sonst, wurde weicher, an manchen Stellen sogar glatt
und schlammig.
Drei Krumme Bäume wuchsen auf einem kleinen
Hügel. Sie sahen aus wie alte Gespenster, die sich vor
einem noch größeren Geist verbeugten. Das Trio der
Bäume war für Wiebke ein Fixpunkt. Sie umrundete
den Ort und sah vor sich eine dunkle, dennoch auf der
Oberfläche geheinmissvoll schimmernden Fläche, auf die
sich das bleiche Mondlicht wie ein Schleier verteilt hatte.
Ein See.
Sie nannte ihn so. andere sagten verfluchter Tümpel
dazu. Das Ufer war auch bei Tageslicht kaum zu erkennen,
weil Schilfrohre, hohes Gras und anderes,
Buschwerk es verdeckten. Alles filzte ineinander und
bot so gut wie kein Durchkommen.
Doch es gab einen Weg, und Wiebke kannte ihn.
Sie lief darauf zu, sprang über einen vorstehenden
Buckel hinweg und landete in einer kleinen Mulde, die
Sich zum Gewässer hin verengte. Ein Steg war nicht
vorhanden. Um das versteckte Boot zu erreichen,
musste sie schon in den Schilfgürtel hineingehen.
Die Erde war sehr weiche geworden. Wiebke sank ein.
Der Rand schwappte bis zu den Rändern ihrer hohen
Schuhe. Sie dachte daran, dass die Lehrer des öfteren die
Schuhe kontrollierten, um zu sehen, ob
Jemand in der Nacht ausgerissen war.
Sollten sie, es störte sie nicht.
Nicht mehr...
Die Schilfrohre schienen von unsichtbaren Händen
Umklammert zu werden, die ihr einen gewissen Widerstand
Entgegensetzten. Sie waren sehr sperrig, und das
Junge Mädchen musste sich schon anstrengen, um den
Richtigen Weg zu finden.
Dann hatte es Wiebke geschafft!
Sie sah das dunkle Wasser, die Blätter und die Seerosen
darauf, die am nahen Ufer auf den leichten Wellen
schwammen. Der Wind glitt wie der Atem eines fremden
Wesens über die Wasserfläche hinweg.
Wiebke bückte sich, musste noch einen Schritt vorgehen,
um das Boot zu erreichen. Ihre Beine patschten
durch das Wasser. Sie lauschte den dabei entstehenden
Geräuschen und blickte - noch in gebückter Haltung -
über den kleinen See hinweg.
Bis zur Mitte musste sie rudern. Wenn alles gut ging,
würde er sich ihr dort offenbaren.
Sie stieg in den alten Kahn. Sein Holz war im Laufe
der Zeit weich geworden, und auch die Sitzbank in der
Mitte war schon längst angefault.
Ihr stand nur ein Paddel zur Verfügung. Nicht gerade
einfach, damit den Kahn zu bewegen, aber Wiebke
hatte schon genug üben können. Sie legte ab und
stach dabei das Paddel in den Grund, der ihr kaum
Widerstand entgegensetzte. Die Fläche war weich.
Schlamm, Schlick, vielleicht auch Unrat bedeckten sie.
Sie bewegte sich vom Ufer weg. Einige Schilfrohre
Bogen sich ätzend zur Seite, als der Bug des alten
Kahns in der schmalen Lücke zwischen sie glitt.
Sehr bald hatte Wiebke die Uferregion verlassen. Mit
Immer gleichen, rhythmischen Bewegungen tauchte
Sie das Paddel ins Wasser, sie wechselte dabei auch die
Seiten, so dass sie nicht Gefahr lief, in eine Richtung
abzudriften.
Je mehr sie sich der Mitte des Sees näherte, um so
größer wurde ihre Spannung. Sie hatte in ihrem Körper
ein Netz gewoben, brachte Hitze mit, die durch alle
Adern flutete und auch hochstieg, bis sie ihren Kopf
Erreichte.
Ich bin die Prinzessin, schoss es ihr durch den Kopf.
Ich fahre über ne verwunschenen See, in dem sich ein
geheimnisvoller Prinz vor langer Zeit ertränkt hat und
nun auf Erlösung wartete.
Auf einmal fühlte sie sich frei. Selbst ihr Gesicht
- tagsüber meist verschlossen und fast schon böse blickend -
hellte sich auf, als wäre es von herrlichen
Sonnenstrahlen erwärmt worden.
Wiebke spürte die andere Energie in sich. Sie war
einfach nicht zu beschreiben, si beflügelte sie, gab ihr
die nötige Kraft, um das Paddel noch schneller in das
dunkle Wasser zu stechen. Sie schaute auf die Wellen.
Deren Kämme hatten glitzernde Kanten bekommen
und wurden vom mondlicht bestrahlt.
Diese Nacht war wie ein Wunder.
Und noch ein größeres Wunder lag vor ihr.
Es existierte kein Zeichen und keine Markierung, wo
sich die Mitte des Sees befand. Wer ruderte, musste sich
entweder auf sein Gefühl verlassen oder - wie Wiebke -
alles genau kennen.
Noch einmal drückte sie das Paddel ins Wasser, zog
es durch - und hielt es danach mit einer schwungvollen
Bewegung ein, bevor sie es fast behutsam neben
sich legte.
Der Alte Kahn lief schaukelnd aus, und Wiebke blieb
auf der Holzplanke still sitzen.
Ihre Haltung erinnerte dabei an die eines sehr braven
Mädchens. Sie hatte die Beine angezogen und die
Hände um ihre Knie geschlungen. Dabei den Kopf
leicht gedreht und das Gesicht der vollen Scheibe des
Mondes entgegengerichtet.
Minutenlang blieb sie so sitzen. Sie genoss die Stille,
den Geruch, das fahle Licht und das leise Plätschern der
Wellen, die erst nach einer geraumen Weile zur Ruhe
kamen.
Es wurde still.
Sehr ruhig sogar, beinahe schon beängstigend. Jede
Bewegung verursachte Geräusche, war zu hören. Auch
die, als Wiebke sich umdrehte und dabei Stoff über
Stoff schabte.
Der kleine See wirkte wie in dunkler Spiegel, auf
dessen Fläche sich hin und wieder kleine Flecken verteilten.
Es waren die Blätter der Seerosen, auch das alte
Laub. Es war vom Wind auf das Wasser geflogen und
lag dort noch aus dem letzten Jahr.
Sie schaute auf die Uhr.
Beinahe Mitternacht.
Ein schmales Lächeln stahl sich um ihre Mundwínkel.
Es machte das Gesicht des Mädchens weicher.
Wiebke brauchte nicht mehr lange zu warten, gerade
rechtzeitig, noch hatte sie es geschafft.
Sie ließ den Blick auf die Uhr gerichtet. Mit starren
Blicken verfolgte sie den Sekundenzeiger der Uhr, der
dünn wie ein Spinnenbein zuckend weiterwanderte.
Noch drei Sekunden, noch zwei, dann eine.
Mitternacht!
Sie atmete tief durch. Ihr linker Arm sank nach unten.
Jetzt brauchte sie nicht mehr auf die Uhr zu schauen.
Die Umgebung war wichtiger. Wenn alles stimmte,
wenn die die Botschaften richtig verstanden hatte,
musste es jetzt passieren.
Und sie behielt Recht!
Plötzlich bewegte sich der Kahn, ohne das sie etwas
dazu getan hätte. Er schaukelte so heftig, dass sich
Wiebke an den Bordrändern festhalten musste. ihr
Gesicht war angespannt, die Lippen lagen dicht aufeinander,
sie fielen kaum mehr auf. über die Haut rann ein
Schauer, und einen Moment später vernahm sie das
Brodeln.
Ein unheimlich klingendes Geräusch. Wasser
schäumte auf. Um das Boot herum bildete es eine
schaumige Fläche, es kochte, gurgelnd und brodelte,
brachte den Kahn zum zittern, spielte mit ihm,
und das Mädchen konnte nicht anders, als sich zu
verkrampfen.
Ein Schüttelfrost durchrann ihren Körper. Jemand
benutzte das Boot als Spielball. Es waren die
Wasserströme unter dem Kiel, die in kreisförmigen Bewegungen
gerieten und den alten Kahn herumdrehten, so dass
er in einem Kreisel geriet.
Wie eine Figur saß Wiebke in ihrem Boot. Aus dem
drangen leise Schreie. Sie glaubte, sich in den
Klauen eines Monstrums zu befinden, hatte den
Eindruck, als wäre das Wasser zu einem Tier geworden,
das mit seinen Schreien die Stille erstickte.
Plötzlich war es vorbei.
Das Boot drehte sich zwar noch, aber seine Bewegungen
waren langsamer geworden. Es schwankte, es
krängte, kam irgendwann zur Ruhe, und wieder holte
Wiebke tief Luft.
Auf einmal fühlte sie sich gut. Den ersten Ansturm
hatte sie lebend überstanden, die andere Kraft hatte
nicht versucht, sie zu töten oder zu verletzen.
Sie war akzeptiert worden!
Wiebke lächelte. Noch war sie stumm, dann aber
konnte sie das lachen nicht mehr unterdrücken. Es war
ihr auch egal, wie weit es über das Moor und in die
Stille der Nacht hineinhallte, sie konnte es nicht mehr
zurückhalten.
Sie musste lachen, nur lachen...
Und es tat ihr so verdammt gut. Das musste einfach
raus, es tat ihr so gut.
Das Wasser hatte sich wieder beruhigt. Spiegelglatt
lag der See um sie herum.
Nichts schien sich verändert zu haben - oder doch?
Plötzlich weiteten sich ihre Augen, denn sie hatte
den Eindruck, in ein großes Glasgefäß schauen zu
können.
In der Tiefe war etwas. Da hielt sich etwas verborgen,
versteckt. Es war nicht zu beschreiben, es besaß keine
Gestalt, nicht einmal eine richtige Form es war einfach
nur da...
Wiebke schauderte.
War es da, was sie in ihren träumen verfolgt hatte?
Lauerte da unten ein Stück Hölle, ein Teil der
Verdammnis, as Böse, das Grauenvolle? War es der Tod?
Sie starret nicht auf einen bestimmten Fleck, sie
schaute einfach in die Runde.
Wer konnte das Wesen sein? War es nur ein Schatten?
Hatte es einen Namen, oder war es einfach nur da?
Manchmal sah es hell aus, dann wieder dunkel. es
flossen an verschiedenen Stellen die unterschiedlichen
Farben zusammen und bildeten ein manieriertes
Monstrum.
Gedanken überfielen sie. Keine Erinnerungen,
sondern Befehle. Hier wurde mit der Zukunft gespielt, man
drückte sei ihr entgegen, man versuchte, ihr die Angst
zu nehmen.
Wiebke lächelte. Jetzt hatte es einen grausamen Ausdruck
angenommen. Sie fühlte sich als Siegerin, sie
hatte es geschafft, was ihr niemand zugetraut hätte.
Wer konnte ihr jetzt noch Furcht einflößen? Keiner -
auch ein Mister Redstone nicht.
Als sie an ihn dachte, lachte sie auf. Er war ein
Schwein, ein Sadist, ein gefürchteter Lehrer, ein
Peitscher und dabei so widerlich freundlich, wenn er an
Menschen geriet, die ihm überlegen waren oder zu
seinen Vorgesetzten zählten, wie Mrs. Paulsen, die
Rektorin und Leiterin der Schule.
Sie sahen zwar verschieden aus, aber irgendwo
glichen sie sich. Sie gehörten einfach zusammen, sie
bildeten auch ein Team. Keiner kämpfte gegen den
anderen.
Aber jetzt...
" Ich Zeig es euch!" flüsterte Wiebke. " Ich werde es
euch allen zeigen, allen. Ich weiß, dass ihr ein Opfer
braucht, aber ich wird es nicht mehr sein. Keine
Bestrafung mehr, keine Dunkelkammer, keine Schläge.
Ab heute schlage ich zurück..."
Sie wollte nach dem Paddel greifen, als ihr etwas auffiel.
Der Gegenstand war hell und schwamm dicht
unter der Wasseroberfläche. Ein weißer Ball, der sich
bewegte und allmählich seinen Weg änderte, so dass er
auf ihren Kahn zutrieb.
Noch konnte sie ihn nicht genau erkennen. Wiebke
wusste nur, dass dieser Gegenstand einzig und allein für
sie bestimmt war. ein Geschenk aus der Tiefe, das Böse
hatte ihr etwas überlassen. Es mochte sie, und das
zeigte es auch.
Der Gegenstand wanderte näher. Kleine Wellen
schwemmten ihn an das Boot heran. Er hüpfte so nahe,
dass sie nur den Arm auszustrecken brauchte, um ihn
aus dem Wasser zu fischen.
Das tat sie auch.
Ein Griff reichte.
Sie umfasste den hellen Gegenstand, holte ihn hoch-
und lachte plötzlich auf.
Ihre Augen nahmen einen harten Glanz an, die Lippen
zogen sich in die Breite, du sie presste das nasse
Fundstück hart gegen ihre Brust. Als kleines Kind und
auch heute noch, wenn es ihr schlecht ging, hielt sie ihre
Puppen so fest, aber das hier war etwas anderes, es war
von unten gekommen, aus einer Tiefe, die
ihrer Meinung nach keinen Grund mehr besaß, die einfach ein
Stück Hölle sein musste.
Wiebke atmete heftig. Sie nahm auch die andere
Hand zu Hilfe. Es war eine symbolische Geste, denn
niemand sollte ihr diesen Gegenstand wegnehmen
können.
Niemand...
Erst nach einer Weile war sie soweit, dass sie ihre
Arme senken konnte. Jetzt lag der Gegenstand frei auf
ihren Händen. er war nicht einmal schwer und sehr
glatt und hatte mehrer Löcher.
Ihr Fundstück war ein bleicher Totenkopf!
Wiebke Crotano dachte nicht über ihn nach. Sie hatte
ihn nicht gefunden, er war ihr geschenkt worden, und
er war gleichzeitig das Geschenk ihres Lebens.
Nie zuvor hatte sie sich so gefreut wie in dieser
Nacht. Der Totenkopf war nicht grundlos in ihren
Besitz gelangt, man hatte ihn ihr geschenkt, es hatte ihr
dieses Geschenk überbracht, und es war für sie das
Böse.
Nun stand es auf ihrer Seite.
Sie brauchte sich nicht zu fürchten. er würde sie
beschützen wie ein gewaltiger Mantel. Er würde seine
Schwingen über sie ausbreiten, und die Menschen
konnten ihr gestohlen bleiben. Die Träume, die
Botschaften hatten Recht behalten. Sie war dazu ausersehen
worden, ein großes Erbe weiter zutragen.
Es tat ihr leid, dass sie den Schädel abstellen musste
wenn sie wieder zurückruderte.
Aber sie stellte ihn so hin, dass sie ihn einfach
anschauen musste. Dieser Schädel ersetzte ihr Mutter
und Vater, und es war ja nicht nur er, denn da stand
noch etwas hinter ihm.
ein Symbol, eine Macht...
Sie paddelte dem Ufer zu. Sehr ruhig und beherrscht.
Angst würde sie von nun an nicht mehr kennen, und
ihre Gedanken drehten sich um ein bestimmtes Thema.
Sie beschäftigte sich mit ihrem Namen. Ändern konnte
sie ihn nicht, obwohl sie es gerne getan hätte, denn
Wiebke Crotano gefiel ihr nicht.
Dann hätte man sie auch Kretin oder Bastard nennen
können. Sollten die anderen sie weiterhin so rufen, sie
hatte sich einen anderen Namen ausgesucht.
Miss Monster! Ja so und nicht anders. Einen
passenderen Namen konnte es gar nicht geben.
Miss Monster...
Immer wieder sprach sie ihn aus, um ihn sich nur tief
und fest einzuprägen.
Ja, die Welt würde noch von ihr hören, nicht von
Wiebke Crotano, sondern von Miss Monster.
und keiner würde sie stoppen können. Sie würde
eiskalt sein, sie würde alle Hindernisse aus dem Weg
räumen, sie würde...
Ihre Gedanken stockten, ein Geräusch störte sie. Vor
ihr knackte und schabte es.
Sie schaute hoch und sah, wie der Bug des Kahns in
den Schilfgürtel hinein schnitt.
Sie hatte es geschafft.
Den Totenschädel hob sie vorsichtig an. Sie wusste
nicht, wo sie ihn hinstecken sollte, weil sie beim
Aussteigen beide Hände brauchte. Sie wühlte in ihren
Taschen nach, und es war wirklich Zufall, dass sie
das dünne Netz fand mit den beiden verstärkten
Ringe. Ein idealer Platz für den Totenkopf.
Wiebke ließ sich Zeit. Sie überstürzte nichts, sie war
die ruhe selbst. Bevor sie den alten Kahn verließ und
ihn wieder in Deckung zerrte, befestigte sie das Netz an
ihrem Gürtel. Sie brauchte das schmale band nur durch
die Griffe zu ziehen.
Alles war okay.
Wieder versank sie mit den Knöcheln im Dreck, als
sie durch den nahen Uferschlick ging. Die starren Rohre
störten sie nicht mehr. Es war ihr auch egal, ob die
schmutzigen Schuhe jemanden auffielen, aber jetzt
stellte sie ihre Bedingungen. nun würden andere nach
ihrer Pfeife tanzen müssen.
Die Umgebung des nächtlichen Moors hatte für das
Mädchen längst seinen schaurigen Touch verloren. Der
Besitz des Totenschädels hatte ihr eine nie zuvor
gekannte Sicherheit gegeben. Ob Nacht oder Tag, das
war nicht mehr wichtig.
Sie ging weiter und sah bereits den Zaun. Als im
Mondlicht glänzendes Muster hob er sich vom Boden
ab. Die Leiterin der Schule hatte ihn bauen lassen. er
sollte die Schüler abschrecken, doch Wiebke ließ sich
von nichts in der Welt mehr abschrecken.
Auch nicht von einem Mister Redstone.
Der stand auf der anderen Seite des Zauns und
wartete auf sie!
Wiebke blieb stehen!
Noch einmal klopfte ihr Herz schneller. Sie konnte
sie Erinnerungen an ihr > erstes < Leben einfach nicht so
schnell unterdrücken, aber da Gefühl der Angst kam
erst gar nicht richtig auf. Sie war nicht mehr die Schülerin,
die man prügeln und bestrafen konnte, sie war jetzt
Miss Monster, und das sollte redstone merken.
Er hatte sich dicht vor das Gitter gestellt.
Wie immer trug er Reithosen, die dich über
den schwarzen Stiefel endeten. Über den Oberkörper
hatte er eine enge Jacke gestreift, die über die Taille
hinwegreichte und in Höhe von einem schwarzen
Gürtel gehalten wurde.
Schwarz war auch Redstones Haar. Er trug es stets
korrekt geschnitten, sehr glatt gescheitelt, und seinen
Nacken ließ er regelmäßig ausrasieren. Sein Gesicht sah
kantig aus, die Nase war klein, schmal und leicht
gekrümmt. Darunter zeigte der Mund einen scharfen
Zug. Aus ihm sprach der reine Zynismus.
Wie immer hielt er eine Reitgerte in der Hand. jeder
Schüler im Internat kannte das klackende Geräusch,
wenn er mit der Gerte gegen seinen Stiefel schlug.
Das tat er auch jetzt, während es Miss Monster aus
kalten Augen anschaute.
ihr entging nicht das Glitzern in seinen Pupillen.
Das Zeichen war ihr ebenfalls bekannt.
Es trat immer dann auf, wenn er sich auf etwas freute,
wenn er andere bestrafen konnte.
So wie jetzt...
" Ich wusste, dass du weggelaufen bist, Wiebke, ich
wusste es genau. Ich hab dich verfolgt, ich ahnte nur
nicht, dass du schon so früh verschwunden bist. Aber
das ist jetzt vorbei. Es war das letzte Mal, dass ich es
zugelassen habe. Ab heute wirst du nicht mehr
heimlich weggehen, das schwöre ich."
"Und wenn ich es doch tue?"
Redstone lachte, und Wiebke wunderte sich, dass es
jemand schaffte, so hämisch und trotzdem lautlos zu
lachen. Er legte seinen Kopf zurück, dann beugte er
ihn wieder vor und wäre mit dem Gesicht beinahe
gegen das Gitter geprallt.
" Du wirst es nicht tun!"
" Abwarten, Mister Redstone!"
Unwirsch schüttelte er den Kopf. Der Man hasste es,
wenn ihm widersprochen wurde.
" Hoch mit dir. Du wirst denselben Weg nehmen, den
du schon einmal gegangen bist. Klettere am Zaun hoch,
und dann kommst du zu mir."
" Ich könnte weglaufen!"
" Ha, wohin denn? In den Sumpf? Willst du dort
versinken und elendig ersticken? Es gibt keine Chance für
dich, Wiebke. Wir werden dich immer fassen, wir sind
stärker."
Nicht mehr, dachte Wiebke und musste sich abmühen,
einen ängstlichen Eindruck zu hinterlassen. Dieser Kerl
sollte nicht schon jetzt merken, wie es tatsächlich um sie
stand.
" Willst du kommen?"
"Ja."
Mister Redstone lächelte zufrieden. er gab sich
selbstherrlich und eitel. Wieder klopfte er mit seiner Gerte
gegen den Stiefel, als wollte er sich Mut machen.
So kannten die Schüler ihn. Er war gefürchtet, da
spielte es keine Rolle, ob es Mädchen oder Jungen
waren. Und die verfluchte Rektorin ließ ihn gewähren.
Sie war ja nicht besser. Auch ihr bereitete es Spaß, die
Schüler zu unterdrücken.
Wiebke kletterte am Zaun hoch. Es war ihr
anzusehen, dass sie diesen ungewöhnlichen Weg schon öfter
genommen hatte. Von der anderen Seite her schaute ihr der Lehrer zu.
" Ja, das ist gut", flüsterte er, " Das ist sogar sehr gut.
Du hättest eine gute Sportnote bekommen können."
Sie hockte auf dem Rand. Der Zaun schwankte.
" Die habe ich sogar, Mister Redstone."
" Tatsächlich?"
Wiebke sprang. Sie hätte sich am liebsten gegen ihn
fallen lassen, aber sie landete dicht neben ihn, sank in
die Knie und lief einige Schritte, bis sie sich wieder
gefangen hatte.
" Lauf nur nicht weg, Kleine!"
" Keine Sorge, Mister Redstone, ich bleibe."
" Das wollte ich dir auch geraten haben."
Er kam auf das Mädchen zu, das sich umgedreht
hatte.
Wieder lächelte Redstone. in seinen Augen lag auch
weiterhin dieses eiskalte Leuchten. Die Reitgerte hielt
er in der rechten ahnd. Er schlug leicht damit auf den
linken Handteller.
" Du hast alles gewusst, Wiebke, dir
sind die Regeln der Schule bekannt, aber du hast dich
nicht an sie gehalten."
Sie hob die Schultern.
" Ist das deine Antwort?"
" Sie würde ja keine andere akzeptieren."
Er war stehen geblieben und nickte.
" Ja, das stimmt,
das würde ich nicht. Ich habe dir doch versprochen, dass
du diesen Weg so schnell nicht mehr nehmen wirst,
und ich verspreche dir jetzt, dass du zur Schule
zurückkriechen wirst..."
" Ich? Nein...Wieso?"
"Doch!" flüsterte er " Weil ich es so will und wenn
ich mich einmal entschlossen habe, kann mich nichts
und niemand mehr von diesem Entschluss abbringe.
Das weißt du."
Sie nickte.
Redstone aber lächelte. wieder lag das eisige Funkeln
in seinen Augen.
"Schön, dass du das kapiert hast. Dann
wirst du mir jetzt glauben, dass du zur Schule zurückkriechen
musst. Wir haben viel Zeit, wir beide, wir sind
allein, ganz allein."
" Das schaffen sie nicht Mister Redstone.!
" Doch!"
" Wie denn?"
" Du wirst gleich deine Schuhe ausziehen. Du weißt
doch, dass ich Schüler mit Schmutzigen Schuhen nicht
mag. Schau mich an, sieh auf meine Stiefel. Sie sind
nicht nur sauber, sie sind sogar perfekt. Und wenn du
deine Schuhe ausgezogen hast, wirst du dich auf den
Boden legen und mir deine nackten Füße zeigen. Du
glaubst gar nicht, welch wunderbares Ziel sie abgeben.
Deine Füße und meine Reitgerte. Zehn Schläge auf
den rechten und zehn Schläge auf den linken werden
reichen."
Wiebke schaute ihn an.
"Und das wollen Sie wirklich
tun, Mister Redstone?"
" Das werde ich sogar."
" Und das haben Sie sich auch gut überlegt?"
Den Lehrer irritierte die frage, denn so wie Wiebke
hatte noch nie ein Schüler reagiert, wenn er bestraft
werden sollte.
" Meinst du, hier die Heldin spielen zu
können?"
" Nein."
" Was soll das Gerede?"
" Ich möchte sie warnen!"
" Du mich?"
" Ja!"
Er schlug zu. Nicht auf die Füße, sondern auf ihr
Gesicht. Sie zuckte mit dem Kopf zur Seite, deshalb traf
die Peitsche nicht ihre Stirn, sondern die Seite und auch
das rechte Ohr.
Der Schlag brannte. Wiebke hatte das Gefühl, ihr
wäre in heißes Gefühl Öl getaucht worden.
" Nun?" fragte er lachend.
" Willst du deine verdammten Schuhe
jetzt endlich ausziehen?"
Sie schaute ihn an, dann sagte sie mit sehr leiser
Stimme.
" Das hätten sie nicht tun dürfen Redstone."
Sie ließ das Mister bewusst weg.
" Nein, das hätten sie nicht tun dürfen,
in ihren eigenen Interesse schon nicht,
glauben Sie mir."
Die Worte irritierten ihn.
" Was denkst du denn da!
Ich bin dein Lehrer.
Ich habe zu bestimmen, ich..."
" Es war falsch für sie, Redstone, denn jetzt wird eich
Sie töten! Haben sie gehört? Ich werde sie töten!"
Ja, Redstone hatte die Sätze gehört, und er wusste
nicht, was er mit ihnen anfangen sollte. Ihm fehlten
die Worte für eine Antwort. So hatte noch nie jemand mit
ihm gesprochen.
Er schaute Wiebke Crotano an. Vor ihm stand eine
etwas pummlige Sechzehnjährige mit langen,
fahlen blonden Haaren. Sie war kleiner als er, ihm unterlegen,
und deshalb war ihre Drohung eigentlich völlig absurd
gewesen.
Dann verfing sich sein Blick in ihren Augen. Und
dort las er etwas, das ihm nicht gefiel. Es war eine
Drohung, ein finsteres Versprechen, das ihre Worte
unterstrich.
Plötzlich kam er sich lächerlich vor, weil er die
Reitgerte festhielt. Er bereute es, sie geschlagen zu
haben. Tief in seinem innern verbarg sich die Furcht,
doch noch verlieren zu können.
Redstone ging zurück.
" Das hast du doch nicht im
Ern st gemeint, verdammt."
" Doch, das habe ich!"
Er bekam wieder Oberwasser.
"Und...ähm,...
wie willst du mich töten? Willst du etwa einem
Sumpfmonster Bescheid sagen, das es mich auffrisst?"
Das Mädchen schüttelte den kopf. Aber nicht so, als
würde sie die Frage verneinen.
" Es hat mit einem
Sumpfmonster nichts zu tun, überhaupt nichts, denn
was hier wohnt, sehr ich nicht als Monster an. Es ist das
Böse, es ist..."
" Rede keinen Schwachsinn..."
" Es ist kein Schwachsinn, Redstone", flüsterte sie
und schaute gegen den Mond, der ihr vorkam wie ein
guter Freund. Sie genoss sein Licht, sie merkte, dass sie
die Strahlung noch nie so empfunden hatte wie in
dieser Nacht.
"Du darfst das Böse niemals als Schwachsinn
bezeichnen. Du bist doch Lehrer, Redstone, und als
Lehrer müsstest du eigentlich anders reden und mehr
wissen. tatsächlich aber weißt du überhaupt nichts. Du
bist leer, du bist nur mehr eine Hülle, das ist alles. Eine
leere Schote, die es nicht mehr wert ist zu leben. Du, die
Paulsen und einige andere habt eine Zirkel aufgebaut,
den ich zerstören werde. Ich habe mir in dieser Nacht
die Kraft geholt, um es zu schaffen. Und ich werde dir
jetzt zeigen, wer dich umbringt, wer mir dabei zur Seite
steht, wer die immense Kraft hat, dich zu verlöschen."
" Hast du einen Helfer?"
Sie nickte. Die rechte Hand hatte sie an ihren Rücken
geführt, wo das Netz mit dem makaberen Inhalt hing.
Sie zog den Gürtel durch die Schlaufen, löste das Netz,
in dem der bleiche Totenkopf lag. Mit einer lässigen
Bewegung schwang sie es herum, fing den Schädel mit
der anderen ab, während Redstone noch weiter zurück
trat
Sekunden später lag der Totenkopf frei, und Redstone
stierte ihn mit großen Augen an.
" Nun?"
"Was...was ist das...?"
" Dein Mörder!"
Er reagierte reflexartig und hob den rechten Arm. Die
Gerte sirrte durch die Luft, er wollte nach dem Schädel
schlagen, ihn Wiebke aus der Hand dreschen.
Sie schleuderte ihm den bleichen Kopf entgegen.
Über die Gerte wischte er hinweg, begleitet von einem
schrillen lachen des Mädchens. Wiebke hatte nicht einmal
richtig gezielt, sie wusste, dass dieses Teil seinen
Weg von sich aus fand.
Plötzlich brüllte Redstone aus. gleichzeitig gerieten
seine Beine in heftige Zuckungen. Auf der Stelle führte
er einen zuckenden wilden Tanz auf, er riss die Arme in
die Höhe, und seine Hände umkrallten den bleichen
Totenkopf.
Am Hals hatte dieser sich festgebissen. blut quoll aus
der Wunde, ran über das bleiche Gebein, benetzte die
Hände des Mannes, und Wiebke schaute diesem
Kampf mit faszinierten Blicken zu.
Er schaffte es nicht mehr.
Der Schädel ruckte einige Male, als er nachbiss. Er war
wie von Sinnen, er wollte Blut, er wollte vernichten,
und der Lehrer fiel auf die Knie. noch einmal schaffte er
es, den Kopf anzuheben.
Wiebke war zwei Schritte auf ihn zugegangen. Da er
kniete, konnte sie auf ihn hinabschauen.
Redstone hob den Kopf.
In seinem Blick lagen Angst und flehen. er wollte
nicht sterben. Er bat durch seine Augen um Rettung.
Vergeblich Er kippte zur Seite und blieb tot liegen.
Das Mädchen stand vor der Leiche. es lächelte, in den
Augen zuckte Freude auf. Mit der Zunge fuhr es seine
Lippen nach, dann nickte es der Leiche zu.
Sie ging hin und, bückte sich und nahm den Schädel von
der Kehle weg, als wäre nichts geschehen. er hatte sich
auch nicht mehr festgebissen, sie konnte ihn ohne
weiteres nehmen und wieder in das Netz legen. An seinem
Maul klebte das Blut des Toten.
Wiebke wollte dies nicht so lassen. Sie fand eine
Pfütze und reinigte das Gebein. Erst dann war sie
zufrieden und kehrte wieder zu dem Toten zurück.
Er lag da, als würde er schlafen. Nur die zerbissene
Kehle machte aus diesem Bild einen Alptraum.
Liegenlassen konnte Wiebke die Leiche nicht. Man
würde die Lehrer vermissen und natürlich zunächst
am Sumpf nachschauen. Es war besser, wenn er für eine
Weile verschwand, und da bot sich der See nahezu an.
Sie machte sich noch nicht sofort an die Arbeit. Erst
genoss sie ihre Freiheit, lachte, jubelte, schaute gegen
den Mond und auch gegen den See, in dessen Tiefen das
Böse lauerte. Dann erst wuchtete sie den Toten über
den Zaun und schleifte ihn auf das Ufer zu. Sie hielt ihn
an den Füßen umfasst, ohne überhaupt Ehrfurcht vor
dem Tod zu haben.
Was schon lange in ihr geschlummert hatte, war jetzt
voll zum Ausbruch gekommen.
Sie war endlich diejenige, die sie schon immer hatte
sein wollen. Sie war Miss Monster, und sie hatte es auch
bewiesen. Es war nur der erste Schritt gewesen, weitere
würden folgen, und sie würde sie immer näher an ihr
Ziel bringen.
Der sperrige Schilfgürtel setzte ihr schon Widerstand
entgegen. Sie schimpfte, sie brach sich gewaltsam
eine Bahn, und nur widerwillig taten sich Lücken auf, in die
sie den schweren Körper hineinschieben konnte.
Sie wartete durch den dichten Bewuchs. Ihre Füße
platschten längst durch das Wasser. Der Bode unter
ihr war weich und nachgiebig. Sie drückte den Toten
tiefer in den weichen Schlamm und schob den leblosen
Körper dann so gegen das Schilf, dass er zwischen den
Stäben in einer Lücke festklemmte.
Nun erst war sie zufrieden.
Gemächlich verließ sie das Wasser, kletterte
geschickt über den Zaun und fühlte sich noch immer
gut.
Wiebke schaute nicht zurück. Sie brauchte dieses
Symbol nicht mehr, da sie sich für ein anderes
entschieden hatte.
Sie richtete den Blick nach vorn.
Dort stand die Schule.
Der mächtige Klotz, der selbst bei Tageslicht
Unbehagen und Beklemmung produzierte.
Alle Schüler dachten so. Es gab keine Ausnahmen
auch nicht bei denjenigen, die mit den Leuten, die sie
Lehrer nannten, gut zurechtkamen. Das war keine
Erziehung fürs Leben. Man verbreitete hier Angst und
einen auf Gewalt basierenden Respekt.
Aber nicht mehr bei ihr, nicht bei Miss Monster!
Eigentlich hätte es im Zimmer dunkel sein müssen. Das
aber war es nicht, denn der Mond stand als bleiche
Scheibe am Himmel und sandte ein fahles Licht in den
Raum.
Darin befanden sich zwei Personen.
Eine davon schlief, die andere war wach.
Der Schläfer hieß Barry F. Bracht, war Lektor in einem
großen Verlag, ein netter Mann, der keiner Fliege etwas
zuleide tun konnte, den aber ein Geheimnis umgab,
das auf der Welt einmalig war.
Der zweite Mann war ich!
Barry F. Bracht hatte mich geholt, damit ich in dieser
Nacht bei ihm blieb.
Einen direkten Grund hatte er mir nicht nennen
können, er hatte nur davon gesprochen, dass etwas
passieren könnte und dass er mich dann in der Nähe haben
wollte.
Ich wusste um sein Geheimnis. Wir hatten zusammen
den mächtigen Knochenmond bekämpft und damals
einen unheimlichen Fall erlebt.
Ob etwas Ähnliches passieren würde, konnte ich
nicht sagen. Schaute ich aber aus dem Fenster, waren
die Gegebenheiten schon zu erkennen, denn wieder
stand der volle Mond am Himmel.
Das Fenster war weder verschlossen noch verhängt.
Barry F. Bracht hatte es so gewollt. Wenn ihn das
Schicksal traf, dann mit der vollen Härte.
Zum Glück war es ihm gelungen, mit seinem zweiten
Dasein zu leben, mit seinen Träumen, in denen er ein
anderer wurde. Da entwickelte sich aus dem fast
schüchtern wirkenden Mann eine Gestalt, wie sie fast
unerklärlich und unbegreifbar war.
Da wurde er zu Zebulon, dem Schattenkrieger!
Und seltsamerweise nicht nur im Traum, denn dieses
Wesen blieb nicht allein feinstofflich.
Durch fremde Kräfte gelang es ihm, sogar Gestalt
anzunehmen.
Zebulon existierte dann echt, er war zum Greifen,
zum Anfassen, und das hatte ich am eigenen Leib zu
spüren bekommen.
Ich sollte nur warten.
Kein angenehmer Job, eine langweilige Arbeit, denn
auch ich gehörte zu den Menschen, die in der Nacht
lieber schlafen, als an einem fremden Bett zu hocken und
den Schlaf eines anderen Menschen zu überwachen.
Deshalb fiel es mir einfach schwer, die Augen offen
zu halten, und ich versuchte es mit einigen Tricks, um
mich wach zu halten.
Dazu gehörte die Riesenportion Kaffee.
In der kleinen Küche hatte ich sie mir gekocht, die
braune Brühe, danach in eine Thermoskanne gefüllt
und sie mit in Brachts Schlafzimmer genommen.
Es war sehr klein und eng, lag unter dem Dach. Durch
das Fenster schien der Mond, und einige Strahlen
berührten den auf dem Rücken liegenden Mann.
Bracht war kein Muskelprotz, im Gegenteil. Ziemlich
groß, dabei auch dünn oder hager. Auf seinem Kopf
wuchs volles, dichtes, braunes Haar. Dieselbe Farbe
hatte auch der Oberlippenbart, der wie eine fingerdicke
Bürste unter seiner leicht gekrümmten Nase wuchs.
Noch schlief er ruhig, hielt die Augen fest geschlossen,
da flatterten keine Wimpern, die von einer inneren
Unruhe sprach.
Seine Lippen lagen aufeinander, er atmete allein
durch die Nase.
Ich hatte mir einen Stuhl geholt und mich neben das
bett gesetzt. Die Kanne stand auf einem zweiten Stuhl,
umrahmt von der Tasse und dem Aschenbecher.
Zwar hatte ich das rauchen stark eingeschränkt, hin
und wieder aber wurde ich schwach, worüber ich mich
eigentlich selbst ärgerte, aber man (n) ist eben nicht
perfekt.
Ich trank den Kaffee in kleinen Schlucken und dachte
dabei an Glenda Marey, meine Sekretärin, die für
mich den Besten Kaffee der Welt kochte, Ihre Klasse
würde ich nie erreichen können.
Ich hatte ihn sehr stark gemacht. Sirupgleich schien
er meine Kehle hinab zurinnnen. Aber er möbelte mich
auf, vielleicht bildete ich mir dies auch ein.
Ich schaute auf die Uhr.
Ein Zufall, denn es war genau Mitternacht.
Tageswende, eine ruhige Herbstnacht mit einem
bleichen Mond, gegen den ich blickte. Die Luft war sehr
klar, kein dunst durchwehte sie. Ich roch den Atem der
Großstadt, der wie aus einem gewaltigen Trichter
kommend in die Höhe stieg.
Ende Teil 1