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Die Argoth-Chroniken: Zikél

von

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Kapitel 1

Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél

Teil: 01/??

Autor: Alaska & BlueMercury

Genre: Fantasy, Drama

Warnung: Gewalt, Sex, Depri, Zucker
 

Kommentar: Diese Geschichte war zuerst ein Rollenspiel zwischen BlueMercury und

meiner Wenigkeit. Mit einigen Änderungen haben wir sie nun umgeschrieben und hoffen, sie gefällt euch. Wer vor den Warnungen zurückschreckt - sie gelten jeweils nur für ein, vielleicht zwei Kapitel. Also lest euch den ersten Teil doch

einfach mal durch ^^

C&C very welcome! ^.~
 


 


 


 

~1~
 

Nahrungsmittel, Stoffe, Tonwaren, Holzwaren, Futtermittel, Tiere – lebende und tote- , Gewürze, Tuche, Steine, Schmuck, Waffen, Spielzeug... all das nahm Nitta wahr. Sein Weg führte ihn, wie immer, über den Mark, auf der Suche nach Leckerbissen für Leonidas, nach Verpflegung – und ab und zu auch nach Geschenken für ihn. Doch nichts von alle dem wäre fähig, seinem Herren Freude zu machen.
 

Die Marktschreier machte mit lauter, durchdringender Stimme auf sich aufmerksam. Scheinbar waren besondere fahrende Händler in der Stadt und Nitta wollte sich ansehen, was diese feilboten. Zu seiner Überraschung handelte es sich um einen Sklavenhändler. Viele Menschen, aber auch andere Wesen, befanden sich in den Käfigen, die auf großen Wagen herbeigefahren wurden. Und eines dieser Wesen, ein auffälliges, von seiner Ausstrahlung her jedoch unscheinbares, erweckte seine Aufmerksamkeit.
 

~~~
 

Schon seit Tagen hockte er in diesem viel zu kleinen Käfig mit zwei anderen Geschöpfen, die er weder kannte, noch mochte. Es war schwer mit ihnen auszukommen und darüber hinaus die Nahrung zu teilen, wenn sie denn mal etwas bekamen. In dieser Hinsicht war der Sklavenhändler nicht gerade freigiebig.
 

Nachdem Zikél einige Tage in einem dunklen Holzverschlag zugebracht hatte, war diese Unterkunft fast schon Luxus, denn hier bekamen sie frische Luft und Licht. Der Nachteil an der Sache war, dass jeder auf dem Markt sie anglotzen und betatschen konnte, was der Blaue auf den Tod nicht leiden konnte.
 

Die Augen der Interessenten glitten über seinen Körper, als wäre er ein Stück Vieh, wobei sich ein Sklave wohl nicht sehr davon unterschied. Auf jeden Fall versuchte er sich hinter den anderen Beiden etwas zu verstecken, da er immer noch hoffte, Zeit schinden zu können, um einen Fluchtplan zu entwickeln. Sein letzter war leider fehlgeschlagen, was ihm einige Hiebe mit der Peitsche eingebracht hatte.
 

Nitta nahm wenig Rücksicht auf die sich ballende Masse vor den Käfigen. Er bahnte sich zielstrebig seinen Weg durch die Menge und ging, die Augen fest auf die des Tierwesens gerichtet, auf dieses zu.
 

Zikéls Nackenhaare stellten sich auf - immer ein Zeichen, dass er beobachtet wurde. Nicht wie die anderen Schaulustigen nur oberflächlich, sondern direkt und interessiert, vielleicht sogar gefährlich. Nur einen Moment später stand die Quelle direkt vor ihm und Zikél wich instinktiv einen Schritt zurück bis an die hinteren Gitterstäbe. Seine Mitinsassen allerdings gaben den Blick auf ihn frei, so dass er immer noch den Augen des Mannes ausgeliefert war.
 

"Wie ist dein Name?" fragte er direkt, mit neutralem Tonfall und nichts als... Gleichgültigkeit im Blick. Und doch nahm er nur dieses Geschöpf - dieses eine zwischen vielen - auch als Wesen, als denkendes, fühlendes Individuum wahr. Und das spürte man, wenn man es ihm auch nicht ansah.
 

Misstrauisch und vorsichtig musterte er den Anderen und wollte gerade den Mund zum Antworten öffnen, da tauchte auch schon der Sklavenhändler auf mit einem geschäftsmäßigem breiten, schmierigen Lächeln. „Haben sie Interesse an diesem Objekt, mein Herr? Es ist wirklich ausgezeichneter Herkunft und Qualität, ein Tama-i, für alle Bereiche des Lebens brauchbar.“ Dabei wackelte er andeutend mit den Augenbrauen und zwinkerte. Zikél hätte ihn am liebsten dafür geschlagen. „Es hat keinen Namen, sie dürfen es selbst benennen. Ich mache ihnen einen guten Preis.“ Allein schon an der Betonung des Es merkte man, was der untersetzte Händler von seiner Ware hielt.
 

„Ich habe sehr wohl einen Namen.“ erhob der Tama-i das Wort und reckte das Kinn vor.

„Er lautet Zikél.“ Er wusste, dass es ein Fehler war, ungefragt zu sprechen, hörte nun auch schon das Zischen, das einen Energieschlag ankündigte. Alle Sklaven trugen spezielle Halsbänder, mit deren Hilfe sie bestraft wurden, wenn sie nicht gehorchten. Genau dieses zwang ihn nun in die Knie und ließ ihn schmerzerfüllt auffauchen.
 

Nitta schien sehr unbeeindruckt von dem Schauspiel. An den Händler gewand, sprach er in einem Tonfall, der weder Widerspruch noch Diskussion duldete: "Nähere dich nie wieder ungefragt. Ich gebe dir 100 Dukaten für den Jungen. Lass ihn raus. Und beschädige meine Ware nicht." Eine leise Betonung nur schlich sich in seine Ausführung, die klar machte, wie wenig er von den Ansichten des Händlers hielt.
 

Zikél musste, obwohl seine Nerven immer noch schmerzten, innerlich schadenfroh schmunzeln. Zum Einen waren 100 Dukaten viel zu wenig für die Sklaven, die dieser Händler verkaufte, zum Anderen hatte bis jetzt noch niemand gewagt, so mit dem Mann zu sprechen. Doch ein kurzer Blick in das aufgedunsene Gesicht sagte ihm, dass die Worte und vor allem der Tonfall ihre Wirkung getan hatten.
 

"Verzeiht, mein Herr. Ich werde Eure Ware sofort vorbereiten."
 

Ware. Dieses Wort hatte Zikél in letzter Zeit zu oft gehört. Meist in Verbindung mit Lebewesen, die diese Bezeichnung nicht verdient hatten. Und wenn er sich den Käufer so ansah... der würde ihn wohl auch nicht viel besser behandeln. Und er zahlte nur 100 Dukaten. Das bedeutete wahrscheinlich ihm war ein Leben nicht mehr wert. Oder er wollte nicht so viel dafür ausgeben, da er ihn sowieso bald umbrachte.
 

Als die Käfigtür aufgeschlossen wurde und eine Hand nach ihm griff, wich Zikél erneut zurück. Er wollte nicht verkauft werden. Bis vor zwei Wochen war er noch ein freier Tama-i gewesen und jetzt sollte er dienen? Doch das leise Summen seines Halsbandes bewegte ihn dazu doch herauszukommen.
 

Nitta warf dem Händler einen Beutel Dukaten hin und wartete erst gar nicht darauf, dass dieser sein Geld zählte. Er hatte bezahlt. Der Junge gehörte seinem Herren. Und doch trug er dieses hässliche Ding am Hals... ein sicherer Griff, ein Ruck, und das Ding fiel zerstört zu Boden.
 

Er fühlte sich sehr unbehaglich in der Gegenwart des großen Mannes, mit diesen durchdringenden Augen. Zumal er seine Chancen bei einer Flucht recht gering einschätzte, es sei denn, er konnte die Größe mit Schnelligkeit schlagen. Hätte er aufgepasst, wäre er gar nicht erst in die Situation gekommen, flüchten zu müssen. Zikél ärgerte sich im Stillen und zuckte überrascht zusammen, als ihn Etwas packte, doch im nächsten Moment statt seines Genicks das Halsband zerbrochen wurde. Verwirrt schaute er zu dem Weißblonden auf.
 

"Geht es dir gut?"
 

"Ja, den Umständen entsprechend." Wieso wurden ihm solche Fragen gestellt? Das passte nicht recht zu einem grausamen Mann, als welchen er den Anderen eingeschätzt hatte.
 

Nitta musterte ihn kurz und prüfend. "Du kannst laufen. Du kannst sprechen.... du hast Hunger." Aus den Einkäufen, die er zuvor getätigt hatte, durfte Zikél sich aussuchen, weswegen Nitta ihm schlicht den Beutel hinhielt, den er mit sich trug. "Iss. Dann gehen wir."
 

Das wurde ja immer verwirrender. Aus den wenigen Sätzen schloss Zikél, dass sein neuer Besitzer nicht sehr gesprächig war, sondern die Dinge lieber auf den Punkt brachte. Aber wie kam dieser von Laufen und Sprechen auf Hunger? Seltsamer Kerl. Er blieb weiterhin vorsichtig, lugte misstrauisch auf die Einkäufe und griff nach einem eingewickelten Stück Fleisch, dessen Duft ihm schon die ganze Zeit in der Nase hing. Wahrscheinlich hatte der Mann seinen Magen knurren gehört. Gierig verschlag er das Essen und fühlte sich gleich viel besser.
 

Den Händler mit einem kalten Lächeln verabschiedend hängte Nitta Celsion dem Tama-i den Beutel mit den Einkäufen über die Schulter und ging los. Scheinbar gedankenlos drehte er dem Katzenwesen den Rücken zu, und doch schien unzweifelhaft klar zu sein, dass er keine Ausscherungen dulden würde. Nitta lächelte innerlich... ein Fluchtversuch würde zumindest mal wieder für Abwechslung sorgen. Aber der Weg zur momentanen Residenz seines Herren würde weder Gelegenheit noch Zeit dafür geben.
 

Für einen Augenblick wägte Zikél den Gedanken ab, einfach davon zu laufen, denn sein neuer Besitzer schien es geradezu herauszufordern, wenn er ihn mit Proviant ausstattete und dann den Rücken zukehrte. Doch Zikéls angeborene und manchmal recht nervige Neugierde bewog ihn, hinter dem Mann herzulaufen, wobei er immer doppelt so viele Schritte machen musste, um nachzukommen.
 

Wenig abseits des Marktes stand eine der teuersten Herbergen der Stadt. Nitta steuerte unbeirrt auf das große Gebäude zu und erklärte knapp: "Du bist mir nicht unterstellt. Ab heute dienst du meinem Herren, Leonidas Thíllando." Nitta ließ sich auf die Höhe des Anderen zurückfallen.

"Mich nennt man Nitta Celsion."
 

Vor dem Haus - oder sollte er sagen Palast? - blieb Zikél kurz stehen und versuchte, die vielen Eindrücke zu erfassen. Den Erklärungen des Mannes hörte er nur halb zu. "Ist dein Herr genauso wie du, Nitta?" fragte er mit einem bissigen Unterton in der Stimme, da er dieser scheinbaren Gefahrlosigkeit nicht traute. Irgendwo musste es einen Haken geben.
 

"Nein." Nitta lächelte trocken, nur kurz, aber er lächelte.
 

Argwöhnisch hob Zikél eine Augenbraue und schüttelte nur den Kopf über diese doch recht dürftige Antwort. Lange würde er das nicht aushalten. Zuhause in seinem Dorf herrschte immer reger Betrieb, manchmal verstand man in seiner Familie kaum das eigene Wort. "Du bist nicht sehr gesprächig, was? Wo führst du mich überhaupt hin?"
 

"Ich bringe dich zu Leonidas. Er wohnt in diesem Fremdenheim. Wir sind auf der Durchreise." Nitta war es, der dem Jungen die Tür öffnete und mit einem Nicken dafür sorgte, dass das Personal ihn unbehelligt passieren ließ. "Wir sind gleich da."
 

Neugierig schaute Zikél sich in diesem sogenannten Hotel um, denn für Zikél war und blieb es ein Palast. Mit den einfachen Baumhäusern in seinem Dorf konnte man das nicht vergleichen. "Nur auf der Durchreise? Heißt das, ihr zieht bald weiter?"
 

Das klang nicht gut. Er wollte doch zu seinem Dorf zurück, zu seiner Familie. Tama-i waren die eigenen Familien sehr wichtig und sie verließen sie nur ungern, zogen meistens in ihre Nähe. Deshalb litt Zikél schon seit zwei Wochen an Heimweh, so dass er manchmal richtig niedergeschlagen war.
 

Nitta blieb vor einer edel verzierten, zweiflügligen Tür stehen und klopfte. Der Blaue vermutete, dass dies die Gemächer seines Herren waren, der nun auch über ihn selbst verfügte. Ein mulmiges Gefühl machte sich in seinem Magen breit und alles in ihm schrie nach Weglaufen.
 

Nitta wartete einen Moment, dann öffnete er die Tür. Eine große Suite lag dahinter, die sehr hell und harmonisch eingerichtet war. Zu ihr gehörten zwei weitere, kleinere Zimmer, die rechts und links vom Hauptzimmer abgingen. Auf dem großen Rundbalkon stand ein dunkelhaariger Mann, der scheinbar die unter ihm liegende Stadt betrachtete.
 

"Sehr schön. Du bist zurück." Die Stimme des Mannes war leise, aber sehr eindringlich. Langsam drehte er sich um und kam auf Nitta zu.
 

Vorsichtshalber, man wusste schließlich nie, was einen erwartete, machte Zikél einen Schritt zur Seite und verschwand somit hinter Nitta, der ihn weit überragte. Dennoch gelang es dem Tama-i, einen kurzen Blick auf seinen neuen Herren zu ergattern.
 

Er war groß, allerdings nicht so ein Riese, wie der, hinter dem er gerade stand. Die schwarzen Haare umrahmten das energische Gesicht, die Augen waren wachsam und dunkel und ihnen lag ein Glanz inne, der Zikél seltsam faszinierte. Die dichten Wimpern bogen sich weit über die Augen und waren im perfekten Einklang mit den schmalen, geraden Brauen. Zikél musste zugeben, dass ihn der Fremde interessierte, was man vor allem an seinem neugierig hin und her peitschenden Schwanz und den zuckenden Ohren erkennen konnte.
 

Sein Versuch sich hinter Nitta zu verstecken, scheiterte kläglich, da zwei kräftige Hände ihn sanft aber bestimmt in den großen Raum schoben. Hinter ihm schloss sich die Tür. Seine Ohren waren nun lauernd angelegt, da er nicht wusste, was nun auf ihn zukam.
 

"Herr..." Mit geneigtem Haupt näherte Nitta sich seinem Herren, kniete nieder und küsste die schmale, langfingrige Hand des Anderen.
 

Dessen Blick lag warm und herzlich auf seinem Diener. "Nitta... wie ich sehe, hast du etwas mitgebracht." Der Mann lächelte.

Nitta stand wieder auf und nickte. "Das ist Zikél, ein Tama-i."
 

Mit einer gewissen Abneigung betrachtete er die Gesten Nittas. Wenn dieser Leonidas glaubte, dass er das Gleiche tat, konnte er es sich sofort abschminken. Tama-i knieten nur vor Artgenossen und dann auch nur, wenn sie in der Rangfolge über ihnen standen. Andere Geschöpfe wurden meist gemieden, da zu viele ihnen Schlechtes wollten.
 

Leonidas hob die Hand. "Danke. Nimm ihm den Beutel ab, dann verabschiede dich in deine Gemächer. Ich rufe dich, wenn ich dich wieder brauche."
 

"Sehr wohl." Nitta nahm Zikél den Beutel ab und ging durch eine Tür in einen der Seitenflügel der Suite.
 

Leonidas betrachtete den Jungen noch einen Augenblick, dann ging er zurück auf den Balkon. "Also, wer bist du und wo kommst du her?"
 

Als nun sein letzter Anker aus dem Zimmer verschwand, wurde der Blaue nur noch nervöser. Auch wenn er Nitta nicht lange kannte, war diese stille Art beruhigend und vertrauenserweckend, doch nun fand er sich einer neuen Person gegenüber, die er nicht im Geringsten einschätzen konnte. Natürlich wollte er sich das nicht anmerken lassen und antwortete mit fester Stimme. "Zikél vom Stamm der Burmai. Mein Dorf liegt in den Wäldern von Zigroth."
 

"Komm zu mir." Mit einer lockenden Geste unterstrich Leonidas seine Bitte - oder seinen Befehl - und drehte sich zu seinem neuen Begleiter um. "Erzähl mir mehr."
 

Er konnte sich selbst nicht recht erklären, wieso er der Aufforderung folgte, und näher zu dem Schwarzhaarigen ging. Es war eine Mischung aus Neugierde und Stolz, um zu zeigen, dass er sich nicht vor diesem Mann fürchtete.
 

"Und wenn ich nicht will?" entgegnete Zikél provokativ und legte die Ohren dicht an den Kopf. Er traute dem Anderen nicht. Es bestand immer noch die Möglichkeit, dass sein Herr sich mit den Informationen auf die Suche nach seinem Dorf machte und alle in seine Gewalt brachte. Das wollte Zikél verhindern, um jeden Preis.
 

"Du bist mutig, Tier." Leonidas legte den Kopf schief und schien einen Moment zu überlegen. Dann stieß er sich von der Balustrade ab und umrundete den Jungen einmal, wobei er immer näher an ihn heran kam.
 

Allein die Betonung des Wortes 'Tier' ließ eine leise Wut in Zikél hoch kochen. Er war kein Tier, er war ein Tama-i, doch das vergaßen die Meisten, denn was Ohren und Schwanz hatte, musste schließlich ein Tier sein, nicht wahr? Die Pupillen waren nur noch Schlitze in den blaugrauen Tiefen, die Leonidas nicht einen Moment losließen. Jeder Muskel in dem schlanken Körper war gespannt und bereit zur Abwehr oder zum Angriff. Ohren und Schwanz zuckten gefährlich, doch Zikél gab kein Wort von sich, wartete nur. Erst als Leonidas direkt vor ihm stand, wie ein Fels, der alles niederwalzte, was ihm im Weg war, knurrte der Tama-i leise.
 

"Und hast sicher ein hitziges Temperament." Mit diesen Worten griff Leonidas nach dem Kinn des Kleineren und zwang es hoch. "Das gefällt mir. Aber wage dich nicht zu weit aus dem Fenster." Er lächelte. Seine Augen flackerten belustigt, dann senkte Leonidas seine Lippen auf die des Anderen und gab ihm einen sanften Kuss.
 

Erschrocken riss Zikél die Augen auf und schlug reflexartig zu, erwischte den Anderen auch an der Wange und sprang zurück, um so viel Distanz zwischen sie zu bringen, wie möglich.
 

Erst dann begriff er richtig, was gerade geschehen war und fauchte wütend auf. "Mach das noch mal und ich zerfetzt dir die Kehle." drohte er und fuhr seine Krallen ein Stück weiter aus.
 

Leonidas' Kopf war der Bewegung des Tama-i zur Seite gefolgt. Seine Hand wanderte langsam zu seiner Wange und betastete zaghaft die Wunden dort, aus denen dünne Fäden von Blut nach unten rannen. Ebenso langsam drehte er den Kopf wieder dem Tama-i zu und sah diesen an.
 

In den Augen des Schwarzhaarigen breitete sich das Rot aus, ließ seinen Blick wirr erscheinen, aber vor allem gefährlich. "Biest." flüsterte er, in einer seltsamen Mischung aus Verachtung und Gefallen. "Du wirst mir heute Nacht Gesellschaft leisten." bestimmte er. Dann wanderte sein Blick und sah dicht an Zikél vorbei, zu Nitta.
 

Das Blut rauschte ihm in den Ohren und sein Herz machte wilde Sprünge bei den offensichtlichen Drohgebärden Leonidas'. Die roten Augen machten Zikél Angst und er wusste selbst, dass es reichlich dumm gewesen war, den Mann zu verletzten, doch es war nicht seine Schuld! Er hatte sich nur gegen diese Frechheit gewehrt. Das war sein Recht.
 

Nitta war wie aus dem Nichts aufgetaucht und stand hinter Zikél, einen schmalen Dolch in der Hand.
 

"Wag es nicht mich anzurühren." knurrte Zikél und machte einen Schritt zurück und zuckte zusammen, als er die Gegenwart eines Zweiten spürte. Er wirbelte herum und blickte in die kalten Augen Nittas. Erneut fauchte der Blaue auf und wich in eine andere Richtung aus.
 

Die Waffe verschwand so schnell und lautlos, wie der Mann, der sie führte, gekommen war.
 

"Lass uns essen." sprach Leonidas.
 

Essen? Wollten sie ihn etwa essen? Panisch hetzten seine Augen im Raum herum und suchten nach einer Fluchtmöglichkeit. Die einzige Chance war der Balkon. Wenn er diesen erreichte, könnte er entkommen.
 

"Nitta..." sagte Leonidas schlicht, woraufhin Nitta den blau-schwarzen Tama-i ansah. Völlig lautlos näherte er sich ihm, langsam, defensiv. "Beruhige dich." Nittas Gesicht war die gleiche Maske wie immer, und doch meinte man darin etwas wie Verständnis lesen zu können. "Wollten wir dir etwas antun, hätten wir es längst getan."
 

Wachsam verfolgte Zikél die Bewegungen des Weißhaarigen und duckte sich leicht, zum Sprung bereit. Nun ähnelte er doch recht stark einem in die Ecke gedrängten, ängstlichen Tier, dass sich mit Zähnen und Klauen wehrte. "Beruhigen? Ich war den Umständen entsprechen ruhig! Bis dieser Mistkerl mich geküsst hat! Das lasse ich mir nicht gefallen, egal, ob er nun glaubt

mein Herr zu sein oder nicht.“
 

Die Tür ging. Leonidas war in den Nebenraum verschwunden.
 

Zikél war vorsichtiger geworden. Es steckte weit mehr in den beiden Männern, als er vermutet hatte und das gefiel ihm gar nicht. Das Klappen der Tür machte ihn etwas ruhiger, da er nun nur noch einen Gegner vor sich hatte.
 

"Er ist dein Herr. Finde dich damit ab. Sonst wirst du es schwer haben." Die Worte lagen bitter auf Nittas Zunge. Der Weißhaarige blieb stehen und nahm eine lockerere Haltung ein. "Du kannst mit uns ziehen, als Partner, nicht als Diener. Aber das erfordert Gehorsam und Vertrauen in Leonidas."
 

Jetzt ließ sich der Diener in einen der Sessel fallen und stützte die Hand auf. "Mach dir klar, dass du nicht entkommen kannst und auf seine Güte angewiesen bist. Er wird dir weh tun, wenn du dein Fehlverhalten nicht korrigierst."
 

"Das soll er mal versuchen." gab Zikél wenig beeindruckt zurück. Langsam kehrte seine Selbstsicherheit zurück und er stand aufrechter da, hielt den Kopf hoch und die Augen verengt. "Ich lass mich von niemandem zum Sklaven machen! Dieser Händler hat mich gefangen genommen, ich war frei... nein, ich bin frei! Tama-i lassen sich nicht in Käfige einsperren oder einem fremden Willen unterordnen. Rangordnungspflicht gilt nur innerhalb der Art."
 

Sein Schwanz peitschte aufgebracht hin und her. Nittas Verhalten verwirrte Zikél zudem. Wieso klangen die Worte des Mannes so... seltsam, obwohl er anscheinend Leonidas gehorsam diente? "Ich bin auf nichts angewiesen, was diesen Mann betrifft. Ich finde einen Weg hier hinaus." Zikél bemühte sich um Unauffälligkeit, denn während seiner kleinen Rede schlich er Richtung Balkon, ließ es aber wie ein zufälliges Wandern aussehen.
 

"Du gehst ein hohes Risiko ein." sprach Nitta. "Ich kenne Leonidas. Er wird dich gehen lassen, wenn er den Spaß an dir verliert. Du bist uns nicht von Nutzen."
 

Nitta stand auf und schlenderte ebenfalls auf den Balkon zu. "Flieh. Flieh und ich werde dir nachgeschickt. Und auch wenn du es nicht wahr haben willst, weißt du, dass ich dich kriegen werde." Nitta lehnte sich gegen die geöffnete Balkontür und betrachtete Zikél mit verschränkten Armen. "Ich habe schon Viele gesehen, dessen Willen und Rückgrat er gebrochen hat. Also wähle weise." Nittas Blick traf den Zikéls, wurde durchdringender. "Ich finde dich."
 

Zikél stellten sich die Nackenhaare auf. Die Worte klangen wie eine Tatsache, unumstößlich, geschrieben. Es überlief ihn eiskalt und selbst die Haare an seinem Schwanz sträubten sich. Die Möglichkeit zu fliehen, war noch nicht aus der Welt, aber er beschloss, es erst einmal ruhen zu lassen und die Lage genauer einzuschätzen. Selbst Zikél war nicht so dumm, Nitta zu unterschätzen, denn der Mann war nicht nur groß, er bewegte sich zudem noch lautlos und schnell. Eigenschaften, die einer Flucht sehr hinderlich wären.
 

Mit einer leichten Verbeugung, die etwas Ironisches inne hatte, schritt er an Zikél vorbei und folgte Leonidas in den Nebenraum. Das Essen war angerichtet. "Wir erwarten dich bei Tisch."
 

"Da könnt ihr lange warten." knurrte der Blaue noch leise und blieb recht unentschlossen zurück. Was sollte er jetzt tun? Hier bleiben? Weglaufen? Er könnte einige Tage warten, bis Leonidas weiterzog. Wenn er ihn dann wirklich freiließ, wären alle Probleme weggewischt und er konnte zurück zu seiner Familie.
 

Bei diesem Gedanken wurde Zikél wieder ganz schwer ums Herz. Noch nie war er von seinen Vätern und Brüdern getrennt gewesen und er vermisste sie schrecklich. Langsam machte sich auch die Erschöpfung bemerkbar und er nahm sich eine der Decken, die auf dem großen Bett an einer Seite des Zimmers lagen, um sich an einer Wand niederzulegen und etwas auszuruhen. An Schlaf war in dieser Situation nicht zu denken und Hunger hatte er auch nicht besonders. Das Fleisch auf dem Markt hatte erst einmal gereicht und er wollte es vermeiden, in die Nähe Leonidas' zu kommen.
 

~~~
 

Obwohl den beiden Männern im Nebenzimmer bewusst war, dass Zikél sie hören konnte, unterhielten sie sich frei. Über die Einkäufe, über den Tag, über das Katzenwesen.
 

"Er hat Angst." meinte Nitta und sah Leonidas eindringlich an. "Es sieht dir nicht ähnlich, ein Tier, dass in die Freiheit gehört, im Käfig zu halten."
 

"Warst es nicht du, der ihn hier her gebracht hat?" lächelte Leonidas schlicht und aß. Nitta schwieg.
 

"Er ist verschreckt. Ich hatte ihn stärker und einsichtiger eingeschätzt." gab der Blonde nach einer Weile zu.
 

"Stärker..." Leonidas sah Nitta verschmitzt an. "Wer weiß besser, wie viel Stärke es erfordert, sein Knie vor jemandem zu beugen, als du?"
 

"Diese Nacht... es ist zu früh."
 

"Das überlass mir."
 

"Er wird verschwinden..."
 

"... und du wirst ihn zurück bringen."
 

"Er würde daran zerbrechen!"
 

"Seit wann interessiert dich derartiges?"
 

Schweigen.
 

"Dein Aufbegehren macht mich wütend. Lass es, oder er bekommt die Quittung für dein Fehlverhalten."
 

"Sehr wohl."
 

Von da an verfielen sie in gespanntes Schweigen.
 

~~~
 

Mit gespitzten Ohren lauschte er dem Gespräch und wurde immer nervöser. Das klang nicht gut. Das klang gar nicht gut. Was hatte Leonidas vor? Und wieso ergriff Nitta seine Partei? Unbehagen machte sich in Zikél breit und er erhob sich, tigerte unruhig in dem Zimmer auf und ab. Sollte er doch lieber fliehen? Die Balkontüren waren einladend geöffnet, doch der Tama-i war sich bewusst, dass Nitta binnen kürzester Zeit ihm auf den Spuren war. Was sollte er also tun? Abwarten? Das kam ihm genauso falsch vor, wie wegzulaufen. Verzweifelt sah sich Zikél um. Eine Waffe. Nein, Zähne und Krallen würden reichen und er wusste damit umzugehen, schließlich war er einer der besten Kämpfer des Dorfes.
 

Währenddessen hatten die anderen Beiden ihr Mahl beendet und Leonidas kam zurück in das Hauptzimmer. Er entledigte sich der prachtvollen Robe, die er getragen hatte, legte eine einfache Hose und ein weites Hemd an und schlüpfte in das große Bett, das weit in den Raum ragte.
 

Sofort war der Tama-i an eine Wand zurück gewichen, wollte dieses Mal nicht das Risiko eingehen Nitta plötzlich im Rücken zu haben. Trotzig und wütend funkelte er Leonidas an und beobachtete, wie er sich auszog, wobei seine Ohren zuckten.
 

"Nun, erzählst du mir mehr von dir?" wollte Leonidas noch mal wissen.
 

"Warum sollte ich? Es gibt nichts über mich, das dich interessieren müsste. Und ich habe auch keine Lust, dir etwas zu erzählen." gab er fest zurück, wobei er wieder diesen rollenden Akzent bekam, den die alte Sprache der Tama-i ausmachte. Vor allem, wenn sie wütend waren, trat er stark hervor.
 

"Warum bist du so harsch? Es würde dir viel besser stehen, wärst du ein wenig anschmiegsamer. Aber gut, wenn du es nicht möchtest... vielleicht möchtest du, dass ich es herausfinde? Wie viele deiner Art gibt es? Ich kann Nitta losschicken. Wie viele Kätzchen würde er wohl bringen?"
 

Ruhig lag der Dracath dort, die Hände unter seinem Kopf. Seine Augen waren geschlossen und seine Stimme war weich, während er so redete.
 

Entsetzt riss Zikél die Augen auf. Das war doch nicht sein Ernst! Er konnte doch nicht... Kätzchen... töten. Allein die Vorstellung ließ den Katzenjungen zittern.

"Lass sie aus dem Spiel. Die Anderen haben nichts mit dieser Sache zu tun! Ich warne dich... wenn du Nitta losschickst, wird er nicht lebend zurück kehren. Er mag stark sein, aber er kommt sicher nicht gegen ein ganzes Dorf von Tama-i an. Niemand wird zulassen, dass er auch nur einem Kätzchen ein Haar krümmt!" fauchte Zikél, legte die Ohren an und bleckte die Zähne. Das würde er nicht zulassen! "Eher sterbe ich, als dir etwas über meine Familie und Freunde zu verraten! Du Monster!"
 

"Sieh, das wahre Monster bist du. Ich spiele Möglichkeiten durch und stelle Übehrlegungen an, während du zu Gewalt greifst. Gewalt, Protest, Rebellion. Das ist alles, wozu du dich bisher als fähig erwiesen hast. Ein Wort von mir und Nitta wird sie suchen, wird sie finden, ein weiteres Wort von mir und es wird die Burmai nicht mehr geben. Und all das setzt du hier aufs Spiel, aus

Stolz, aus Furcht und falschem Heldenmut. Und mich beschimpfst du als Monster..." Seine Hand fuhr abwesend über seine Wange, an der noch die Spuren ihres letzten Zusammenstoßes sichtbar waren. "Du hast mich tief getroffen..."
 

Die Ruhe in der Stimme stachelte Zikél nur noch mehr an. Er wusste, dass er genauso reagierte, wie Leonidas es bezweckte. Aber was sollte er tun? Er konnte seine Familie, seinen Stamm nicht ans Messer liefern. Es war seine Pflicht, die zu beschützen, die er liebte, koste es, was es wolle.
 

"Was willst du von mir? Dass ich mich dafür entschuldige?" Er nickte zu den Wunden. "Deine Definition von Monster ist falsch. Wer von uns will einen ganzen Stamm vernichten, weil einer der ihrigen seinen Stolz verletzt und ihn gezeichnet hat? Wer würde Unschuldige opfern, um seinen Willen zu bekommen? Ich nicht! Ich würde alles für meine Familie geben, um sie zu retten, also erzähl du mir nichts von falschem Heldenmut und Stolz!"
 

Mit jedem Wort war er näher an Leonidas heran geschlichen, die Muskeln unter der befellten Haut waren sichtbar angespannt und zeichneten sich geschmeidig ab. Es war nicht zu übersehen, dass Zikél seine Worte in vollem Ernst gesprochen hatte.
 

"Sieh doch... all der Hass. Was würde es mir denn bringen, Nitta auszusenden? Aber es kommt dir gerade recht, dass ich dir einen Grund gebe, nicht wahr? Einen Grund, um aus mir das Monster zu machen, schwarz und weiß, hell und dunkel."
 

"Ich will aus niemandem ein Monster machen. Du bist mir genauso egal, wie Nitta und alle Anderen. Für mich ist nur der Schutz meines Stammes wichtig." Zikél war selbst überrascht von seiner plötzlichen Ruhe.
 

Leonidas setzte sich auf, sein leichtes Hemd fiel weich um seinen Oberkörper. "Was ich von dir möchte, ist ein Moment... ein Augenblick völliger Offenheit und voller Vertrauen." Vorsichtig streckte er seine Hand aus, wollte Zikél berühren. Unterließ es. Ein roter Schimmer lag in seinen Augen, sein Körper schien zu pulsieren. Er stand auf, stand vor Zikél, erneut.
 

Leonidas verwirrte ihn und er wurde nervös. Doch er blieb vor dem Bett stehen, rührte sich nicht einnmal, als der Mann vor ihm stand und sich der Blick der rot glänzenden Augen in seine bohrten. Er hielt ihm stand, wollte nicht klein beigeben. "Ich wüsste nicht, wie ich dir Offenheit oder gar Vertrauen entgegen bringen sollte, nachdem du gedroht hast, meine Familie auszulöschen." meinte er ruhig und die blaugrauen Augen blitzten auf.
 

"Ich drohe selten. Ich handle. Und du kannst dir nicht sicher sein, ob ich dir nicht einen Tatsachenbericht gegeben habe. Ich möchte, dass du nicht wahr nimmst, was ich tue, sondern was ich nicht tue."
 

Leonidas legte den Kopf schief. "Wenn du es nur zulassen würdest, würdest du merken, dass es dir an nichts fehlt, nicht einmal an Freiheit. Aber du bist nicht bereit, meine Geschenke anzunehmen. Was mich nicht daran hindert, einzufordern, was mir zusteht." Mit seinen Fingerspitzen berührte er das Gesicht des Kleineren, strich sanft darüber. "Du hast mich gezeichnet, meinst du... sieh nur gut hin, wie sich das, was du zu wissen glaubst, auflöst."
 

Die Wunden verschwanden, schlossen sich binnen weniger Augenblicke. "Du kennst die Mächte nicht, die dich beherrschen. Ebenso wenig wie die Mächte, die dich zu schützen suchen."
 

Leonidas brachte ihn durcheinander mit seinem Gerede. Einerseits verstand er alles, andererseits auch wieder nicht. Langsam begann es in seinem Kopf zu schwimmen, die Gedanken mischen sich, verzerrten die Realität, bildeten sich dann wieder klar heraus, um im nächsten Moment wieder zusammen zu brechen.
 

"Was soll das..." brachte er hervor und zuckte zurück. Seine Augen starrten immer noch auf die Wange des Anderen, wo noch vor ein paar Augenblicken die tiefen Kratzer zu sehen waren. "Wie hast du das gemacht? Was willst du? Wieso sagst du das alles..." Immer mehr Fragen kreisten in Zikéls Kopf und er sehnte sich nach einem Moment Leere, in dem er sich neu sammeln konnte, in dem er nicht denken musste.
 

Und das spürte Leonidas. Seine Arme umfingen den zierlichen Körper, er drückte den Jungen an sich. "Du willst schützen... aber auch beschützt werden, nicht wahr?" Behutsam zog Leonidas den Jungen zum Bett, brachte ihn dazu, sich zu setzen.
 

Er stand neben sich, anders konnte Zikél dieses Verhalten nicht erklären, denn er wehrte sich nicht gegen die Umarmung und die sanfte Führung. Die Sehnsucht nach der Nähe seiner Familie, nach dem Schmusen und Kraulen bei der abendlichen Putzprozedur und den liebevollen Worten seiner Väter nahmen überhand und der Tama-i überließ sich Leonidas.
 

Was machte es schon, wenn er einfach nichts tat? Was gab es zu verlieren? Solange er nur seine Familie beschützen konnte, würde er alles tun. An sich selbst dachte Zikél nicht, denn für ihn war sein einziger Lebensinhalt seine Verwandtschaft, in deren Gegenwart er sich sicher und geborgen fühlen konnte. Wie in einer Umarmung, die seine Energien neu füllte. Eine Umarmung, wie sie ihm Leonidas gerade schenkte...
 

Ruhig, fest und beständig hielt der Dracath den Jungen fest, schmiegte sich an ihn. Es fiel ihm schwer, keinen weiteren Vorstoß zu wagen, und doch... er löste sich von dem Jungen, hob ihn vollständig auf das Bett und zog ihm die überflüssige Kleidung aus. Dann breitete er die Decke über ihm aus.
 

Er empfand nicht einmal ein Gefühl von Scham, als er von seiner Hose befreit wurde, sondern nur dieses unbestimmte Verlangen nach Nähe und Zuwendung. Instinktiv stieß er den Lockruf nach seinem Mekjahor aus. Es war ein sehr hoher, für menschliche Ohren nicht wahrnehmbarer Laut, den auch nur die Mekjahor hören konnten, da sie mit ihren Kindern auf eine besondere Weise verbunden waren. Er reichte viele Kilometer weit und sagte dem Elternteil, dass das Junge ihn brauchte. Doch Zikél wusste, dass sein Jaho ihn nicht hören würde. Er war zu weit weg. Alle waren weg, zu weit entfernt. Niemand konnte ihn hören...
 

Draußen war es dunkel geworden und vom Balkon her zog es kalt in den Raum. Leonidas erhob sich, um die gläsernen Türen zu schließen und setzte sich dann wieder zu Zikél. "Möchtest du, dass ich mich zu dir lege?"
 

Zikél fühlte sich einsam, für Tama-i das schlimmste Gefühl der Welt und so nickte er nur auf Leonidas Frage. Er würde sich noch dafür hassen, doch im Moment brachte er einfach nicht die Kraft auf, sich gegen den Anderen aufzulehnen. Was war nur mit ihm los?
 

Leonidas nickte ebenfalls. Er entledigte sich seiner Kleidung und schlüpfte unter die Decke zu dem Tama-i. Wohlwollend zog er ihn in eine warme Umarmung und schmiegte sich an, wie schon zuvor. Eine Weile blieb er so liegen, dann begann er, zarte Küsse in der Halsbeuge des Anderen zu verteilen. Doch nicht lange. Leonidas sträubte sich gegen den Gedanken, sich den Jungen in diesem Zustand zu nehmen. Das war nicht, was er wollte.
 

Zikél fühlte die Dankbarkeit in sich aufwallen, als er gehalten und gekost wurde. In diesem Moment war es ihm egal, wer es war, Hauptsache es gab jemanden. Seine Augen fielen langsam zu und während Leonidas ihn mit den Lippen koste, drang ein gleichmäßiges Schnurren aus seiner Kehle, das beste Zeichen dafür, dass er sich wohl fühlte. Zusammengerollt in der Fötushaltung schmiegte er sich gegen Leonidas und genoss die Wärme, die der andere Körper ausstrahlte. Und ohne einen Gedanken an Gefahr zu verschwenden, schlief Zikél ein.
 

Leonidas konnte dem Drang nicht wiederstehen, den Jungen noch eine Weile in seinem felligen Nacken zu kraulen. Doch nicht mehr lange, dann umschloss er den Tama-i und schlief ebenfalls an dessen Seite ein.
 

Aus einiger Entfernung betrachteten helle Augen das Ganze. Ein unwilliges, leises Schnauben ertönte, dann verschwand der Besucher.

Kapitel 2

Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél

Teil: 02/??

Autor: Alaska & BlueMercury

Genre: Fantasy, Drama

Warnung: Gewalt, Sex, Depri, Zucker
 

Kommentar: Es geht weiter mit unseren drei Freunden. Ich will gar nicht lange rumquatschen. Es sei nur eins gesagt: wenn ich fleißig kommentiert, gibt's nächste Woche schon das dritte Kapitel. Bisher haben wir bestimmt an die 20, also wird euch diese FF noch lange begleiten ^^

Da es Anmerkungen zu den vielen Absätzen gab...das hat nichts mit der rpg-Form zu tun. Blue wollte den Text nur etwas auflockern und wenn man sich daran gewöhnt hat, stört es auch nicht mehr *Uly anschiel* ^^

C&C very welcome
 


 


 


 

~2~
 

Seit langem konnte Zikél endlich mal wieder durchschlafen - ohne Störung oder plötzliche Energieschocks. Es war angenehm warm und so war es nicht verwunderlich, dass er morgens mehr als ausgeschlafen war und sich so lebendig wie lange nicht mehr fühlte.
 

Noch etwas schläfrig streckte er sich und gähnte ausgiebig, bis die Kiefer knackten. Seine Krallen kratzten über das Bettlaken und gruben sich spielerisch hinein. Erst nach und nach wurde er sich des Armes um seine Taille bewusst und erstarrte. Wer... ? Ruckartig rollte er sich von Leonidas weg.
 

Leonidas schlug unmotiviert ein Auge auf. "Mhhh... wieder die alte Kratzbürste?"
 

Der Tama-i rümpfte beleidigt die Nase und begann sich zu putzen, wobei er Leonidas nicht aus den Augen ließ. Zikél bereute es, am vergangenen Abend so viel Schwäche zugelassen zu haben, aber er schob es auf die Belastung der letzten zwei Wochen, die ganze Aufregung und das Heimweh. Der schwarzhaarige Mann verstand es, ihn zu manipulieren und er schwor sich, ab jetzt besser aufzupassen.
 

Auch Leonidas streckte sich leicht, rückte dann ein Stück näher zu Zikél und sah ihn an. "Gut geschlafen?"
 

"Ja, auch wenn du dich an mich geklammert hast, wie ein kleines Äffchen."
 

Leonidas lächelte. "Ich dachte, wer so herrlich schnurrt unter meinen Küssen, würde sich auch über Körperkontakt freuen." Mit amüsierter Miene sammelte der Größere einige blaue Haare vom Laken.
 

Zikél hatte dafür nur ein abfällig Schnauben übrig und bemühte sich, noch ein paar mehr Haare zu verteilen. Seine sonst so scharfen und gefährlichen Krallen fuhren durch das seidige Fell wie ein Kamm und verhinderten somit Verklebungen oder Knoten.
 

"Ich habe geschlafen, im Schlaf schnurren wir Tama-i nun mal." versuchte er sich zu rechtfertigen und tat betont gleichgültig, obwohl ihn sein Verhalten wurmte. Wer wusste schon, was Leonidas nun für einen Eindruck hatte. Er war kein Schoßkätzchen, das man sich jeder Zeit zum Schmusen holen konnte und das würde er dem Anderen schon noch klar machen.
 

"Sicher." stimmte Leonidas zu. Er reckte sich abermals und stand dann auf. Völlig nackt, wie er war, schlenderte er zu einem der Sessel hinüber, auf dem bereits frische Kleidung für den neuen Tag bereitgelegt worden war, und begann, sich anzukleiden.
 

Nach einer kurzen Gesichtswäsche räkelte sich Zikél noch einmal und gähnte verhalten. Argwöhnisch beobachtete er den Mann, der nicht das kleinste Bisschen an Schamgefühl zu haben schien und schüttelte nur den Kopf. Nun schaute er sich auch um nach seiner Hose und runzelte die Stirn. Leonidas hatte ihn gestern ausgezogen, als sie zu Bett gegangen waren, also musste das Kleidungsstück irgendwo auf dem Boden liegen. Doch da war nichts.
 

"Wo ist meine Hose?" wollte er wissen, während er sich die Decke um die Hüften schlang.
 

"In der hauseigenen Wäscherei, würde ich mutmaßen." Leonidas steckte mittlerweile in einer Hose und einem Hemd, die seine Statur sehr vorteilhaft umschmeichelten. Er wirkte größer und jünger in den hellen Stoffen und sein Haar fiel ihm verspielt über die Schultern. "Das Dienstmädchen kam in der Frühe und hat alles abgeholt."
 

"Na toll! Und was soll ich jetzt anziehen? Den ganzen Tag in diesem Betttuch rumlaufen, ist etwas umständlich, meinst du nicht auch?" Der gereizte Unterton in Zikéls Stimme deutete darauf hin, dass es ihm nicht behagte, in der Gegenwart des Mannes unbekleidet zu sein. Sein Schwanz zuckte nervös und schlängelte sich um seine Beine. "Gib mir eine deiner Hosen." forderte er recht harsch und machte einen Schritt auf Leonidas zu. Die graublauen Augen waren verengt, huschten über die Gestalt des Schwarzhaarigen und versuchten, Stärke und Schnelligkeit einzuschätzen.
 

"Du stellst Forderungen? Sag wenigstens 'bitte'..." lächelte Leonidas amüsiert. Seine Augen funkelten, ihn erheiterten die Geschehnisse des Morgens ungemein. Auf der anderen Seite ärgerte es ihn, dass Zikél immer noch ein so dreistes Verhalten an den Tag legte.
 

Dunkles Knurren drang aus der Kehle des Tama-i und er bleckte die Zähne zu einem Lächeln. "Bitte..." Natürlich war es nicht als solche gemeint, und sein Gesichtsausdruck zeigte nur Spott und Abneigung. Genervt, da er nicht länger in dieses Laken gehüllt sein wollte, zog Zikél an Leonidas vorbei, wischte gleichzeitig den Boden mit seiner Schleppe, und wollte sich auf die Suche nach einer Hose machen.
 

Leonidas ließ den Jungen gewähren. Dass Kleidung hier nicht auf den Zimmern lag, würde er noch herausfinden.
 

Die Schritte des Tama-i waren lautlos und geschmeidig, wie die einer Katze, die sich auf die Pirsch begeben hatte. Zikél startete seine Suche in dem Esszimmer, wo Leonidas und Nitta am Vortag gespeist hatten, aber begriff schnell, dass hier nichts Nützliches zu finden war. Also zog er weiter, verlor jedoch schnell die Geduld.
 

"Verdammt, gibt es hier nicht ein blödes Kleidungsstück? Ihr werdet doch wohl eine läppische Hose haben! Gib mir endlich was zum Anziehen!" fuhr er Leonidas an, der ihm schmunzelnd nachgesehen hatte.
 

Doch dieses Schmunzeln verschwand zusehends. "Versuch dich doch mal in einem anderen Ton." schlug Leonidas vor. "Ich könnte Nitta losschicken, aber ihn jetzt zu stören, wäre eine schlechte Idee..." dachte er nach.
 

"Warum? Schläft er noch? Meine Güte... es ist helllichter Tag, er wird ja wohl endlich aufstehen können." Geschickt ignorierte Zikél die unterschwellige Warnung und suchte weiter, da er es nicht mochte, in Leonidas' Gegenwart untätig zu sein.
 

"Such nur, such..." Leonidas schüttelte den Kopf. "Habe selten jemanden kennen gelernt, der so dickköpfig ist, wie du." Mit schiefgelegtem Kopf betrachtete er das Katzenwesen. "Ich habe gespürt, wie wohl du dich letzte Nacht in meinen Armen gefühlt hast. Willst du mir das erklären?"
 

Zikél richtete sich kurz auf und blitzte Leonidas angriffslustig an. Ohne ein Wort schritt er an dem Mann vorbei, das Kinn gereckt und ihn nicht eines Blickes würdigend. "Heimweh? Erschöpfung? Langeweile? Such dir was aus. Nebenbei bemerkt... ich muss dir keine Rechenschaft ablegen."
 

"Natürlich nicht."
 

Leonidas schnellte zu Zikél vor, krallte sich in dessen Nacken und rammte ihn gegen die Wand.
 

Zikél konnte gar nicht so schnell reagieren, wie Leonidas ihn packte. Automatisch verfiel er in die Starre, die allen Tama-i angeboren war, wenn man sie im Nacken griff. Es war für gewöhnlich die Art der Eltern, sie damit zurecht zuweisen oder in sehr jungen Jahren herumzutragen. Dementsprechend bewegungsunfähig stand er also da, seine Nase blutete und schmerzte, genauso wie die Stirn.
 

"Das funktioniert also auch..." Dicht hinter ihm stehend flüsterte Leonidas: "Mach nur so weiter, Kätzchen. Du schaufelst dir dein Grab." Sein Griff war wie der eines Schraubstockes. Von ihm ging eine Stärke aus, die in ihrer Ruhe an einen Felsen erinnerte und etwas sehr unmenschliches hatte. Seine Augen funkelten blutrot und flackerten manchmal schwarz auf.
 

Zikéls Ohren waren angelegt und er fauchte leise, konnte aber nicht viel mehr tun. Seine Atmung ging stoßweise und er hatte Mühe, die weißen Punkte vor seine Augen zu vertreiben. Das würde er ihm heimzahlen, schwor er in Gedanken und fauchte wieder.
 

Leonidas zog das nur noch lose um den Körper hängende Betttuch fort und drängte sich nahe an den Anderen, berührte mit der freien Hand dessen Po und Seiten. "Du weißt, dass du mir völlig ausgeliefert bist. Ich hätte dich haben können letzte Nacht, oder jetzt, ich könnte dich auch einem meiner Handlanger überlassen... was könnte ich dir nicht alles antun..." Er knabberte zärtlich an einem der Ohren des Jungen.
 

Es war schwer, sein wildklopfendes Herz zu beruhigen, vor allem, da er nun nackt vor Leonidas stand und rein gar nichts tun konnte. Er verzog das Gesicht und knurrte bedrohlich, doch die Hand verschwand nicht von seinem Körper und Zikél wurde unruhig. Eine leise Angst ergriff ihn, als ihm das volle Ausmaß dieser Hilflosigkeit gewahr wurde und seine Ohren zuckten unter den Liebkosungen. Mittlerweile breitete sich der Geschmack des Blutes in seinem Mund aus und Zikél zitterte. Er mochte es nicht und es machte die Situation nur schwerer, denn am liebsten hätte er Leonidas die Kehle zerfetzt.
 

"Aber ich lasse es. Wann begreifst du, dass dir hier keiner feindlich gesonnen ist? Verhalte dich dementsprechend und zeige Respekt, dann geht es dir gut." Die Alternative dazu dürfte klar geworden sein.
 

Langsam löste sich der Griff im Nacken des Jungen. "Du wirst dich nicht fügen, nicht wahr?" Schmerzhaft drehte Leonidas einen Arm des Tama-i auf dessen Rücken, drückte ihn immer noch gegen die Wand. Seine Hand wanderte leicht zwischen die Beine des Kleineren, verzogen sich dort aber schnell wieder.
 

Es war eine Wohltat von seiner Starre befreit zu werden, obwohl das Armverdrehen nicht minder unangenehm war. Zikél knurrte erneut auf und atmete hastig, als wäre er eine lange Strecke gerannt. Er hatte das Gefühl sein Schultergelenk würde jeden Augenblick aus der Pfanne springen, doch er biss die Zähne zusammen und versuchte keinen Ton von sich zu geben. Sein Schwanz peitschte wild umher und sein Fell sträubte sich, als Leonidas' Hand auf Wanderschaft ging.
 

"Nimm deine dreckigen Pfoten von mir." fauchte er und verteilte dabei kleine Blutstropfen an der Wand. Seine freie Hand stieß die des Anderen nachdrücklich weg und hinterließ kleine Kratzer auf der Haut. Es war Zikél fast schon egal, ob Leonidas ihm den Arm dafür brach, aber er würde sich nicht so berühren lassen. Und wenn er ihn tot schlug, würde er sich wenigstens wehren.
 

"Du weißt gar nicht, wie dreckig..." Auch der Griff um den Arm des Anderen löste sich. Langsam, aber spürbar. Leonidas drehte sich weg, Nitta war im Zimmer aufgetaucht.
 

"Kümmere dich um ihn. Ich komme später wieder." Damit verschwand er.
 

Nitta nickte nur, trat an den Jungen heran und legte ihm die Decke wieder um die Schultern. "Auf dem Bett liegen Kleider."
 

Das Laken um sich raffend giftete er Nitta ein "Fass mich nicht an!" entgegen und spukte endlich das Blut aus. Mit einem Zipfel der weißen Decke wurde die schmerzende Nase abgetupft, doch Zikél war sich recht sicher, dass nichts gebrochen war. Er rieb sich auf dem Weg ins Schlafgemach die Schulter und ächzte leise. Ab jetzt hieß es aufpassen. Er würde Leonidas nicht noch einmal den Rücken zudrehen oder ihn aus den Augen lassen, wenn er im selben Zimmer war.
 

Flink schlüpfte er in die Hose, die sogar schon ein zusätzliches Loch für seinen Schwanz hatte und ließ das Hemd ungeachtet liegen. In ihm kochte immer noch die Wut über das Handeln dieses dreisten Kerls und ihm war nach Zerstören. Im Wald hätte er sich nun an einem Baum ausgetobt, aber da es hier keinen gab, nahm er mit dem Bett vorlieb und zerfetzte Decken, Kissen, Laken und die hölzernen Pfosten.
 

"Ich bring ihn noch mal um." murmelte er hasserfüllt und schlug noch einmal kräftig zu, sodass das Holz splitterte.
 

"Das bezweifle ich." meinte Nitta knapp, der die Szenerie beobachtete. "Und die Unordnung hier wird ihm ebenfalls nicht gefallen."
 

Zikél funkelte Nitta keuchend an. Jetzt fühlte er sich etwas besser und in der Lage, Konversation zu betreiben. "Mir ist egal, ob es ihm gefällt oder nicht. Daran ist er selbst Schuld!" Der Blaue warf sich aufs Bett und feuerte noch eines Kissen gegen die Wand.
 

Geschmeidig und mit verschränkten Armen setzte sich Nitta. "Du könntest ihn offen herausfordern."
 

"Was meinst du mit herausfordern? Ein Zweikampf?" Der Tama-i legte den Kopf schief. "Wo ist der Haken?"
 

"Du hast einen Eindruck von seiner Kraft und seines Schnelligkeit gewonnen?" Ein kurzer Blick nach draußen, dann fuhr Nitta fort. "Fordere ihn. Wähle weise die Disziplin. Wenn du verlierst, musst du dich ihm fügen. Gewinne, und er lässt dich gehen. Fair, nicht wahr?"
 

"Du befindest es als fair, wenn ich, als der Schwächere, was ich gerne zugebe, ihn herausfordere?" Zikél hob eine Augenbraue und schnaubte verächtlich. Doch der Vorschlag reizte ihn. Es war eine Möglichkeit endlich wieder frei zu sein und nach Hause zu können. Die Frage war nur... was konnte er besonders gut? Seine kämpferischen Fähigkeiten waren denen von Leonidas unterlegen, also fiel ein direkter Zweikampf weg. "Du als sein Leibwächter kennst ihn doch. Wo liegen seine Schwächen?"
 

Einen Moment überlegte Nitta. "Wette mit ihm. Lass dir eine Aufgabe stellen."
 

Nachdenklich begann er, im Zimmer auf und ab zu wandern. Eine Wette war keine schlechte Idee, aber bot trotzdem ein Risiko. Denn wenn Zikél verlor, wäre er Leonidas verpflichtet und müsste tun, was dieser verlangt. Und ob Zikél das akzeptieren konnte, wusste er nicht. Er schätzte seine Chancen auf 40 zu 60 ein. Aber es war immer noch besser als ewig auf diese Weise zu leben. Er hasste es, eingesperrt zu sein und die ständigen Aneinanderreibungen mit Leonidas würden böse enden.
 

Aber was hatte er für eine Wahl? Er musste sich einfach darauf verlassen, dass er es schaffen würde. Leonidas mochte schnell und stark sein, doch das waren nicht immer Vorteile. So hoffte er. "Also gut. Er soll mir eine Aufgabe stellen, ich werde ihn besiegen." Zikél trat überzeugter auf, als er sich wirklich fühlte, doch er wollte nicht zeigen, dass er leise Zweifel hatte. Er MUSSTE einfach gewinnen.
 

"Besprich das mit ihm." nickte der Weißhaarige. "Er wird den Vormittag über nicht hier sein. Aber danach." Der Mann stand wieder auf und ging zu Zikél. "Viel Glück. Ich werde nun Leonidas Gesellschaft leisten. Du kannst dich frei bewegen, im Haus und in der Stadt, nur solltest du dich zum Essen hier blicken lassen. Er würde sehr böse werden, wenn er dich selber zurückbringen müsste."
 

Zikél nickte nur einmal und hielt etwas Abstand zu dem anderen Mann. Er traute ihm nicht mehr seit der lautlosen Aktion mit dem Dolch. "Ich werde mich schon beschäftigen."
 

Damit verschwand Nitta aus dem Zimmer.
 

"Ich kann mich frei bewegen, hm? Also gut... dann werde ich mich hier mal etwas umsehen, schließlich muss ich mich auf etwaige Aufgaben vorbereiten und meine Umgebung kennen." Dass er einfach zu neugierig war, um nur in dieser Suite zu hocken, verdrängte Zikél einfach.
 

Seine Erkundungstour startete auf dem gleichen Stockwerk, breitete sich aber schnell auf andere aus. In der Empfangshalle überflog er kurz die Tafel mit den verschiedenen Angeboten des Hauses und beschloss, wenn auch etwas widerwillig, ein Bad zu nehmen. Tama-i hassten Wasser, aber waren dennoch sehr hygienische Wesen, die ihre Scheu überwanden, wenn es sein musste. Und wie Zikél feststellte, musste es wirklich sein. Die morgendliche Katzenwäsche reichte eben nicht aus, um den strengen Geruch von zwei Wochen zu tilgen.
 

Mit einem mulmigen Gefühl im Magen, da er auch Keller und Gewölbe nicht mochte, kein Licht, keine frische Luft, keine Fluchtmöglichkeiten, stieg er die Treppe hinunter.
 

"Sind sie nicht einer der Begleiter von Sir Thíllando?" fragte eine freundliche Frauenstimme. Auch hier unten bei den Bädern gab es eine Art Empfangsdame, und eben diese lächelte Zikél nun freundlich an.
 

Erschrocken starrte der Tama-i die Frau einen Moment an, dann nickte er langsam. "Ich würde mich zwar nicht als Begleiter bezeichnen, aber ich verweile im Augenblick in seinen Gemächern." Erst als der Satz ausgesprochen war, wurde ihm die Doppeldeutigkeit bewusst, aber er unternahm nichts, um mögliche Mutmaßungen zu berichtigen. "Wieso fragen sie das?"
 

"Ich wundere mich... normalerweise nimmt er sein Bad ausschließlich mit Sir Celsion... oder sehen sie sich nur um?" Sie sah sichtlich verwirrt aus. Was Zikél nicht wusste und auch nicht wissen konnte, war, dass dieses Mädchen in der Frühe die Kleider aus ihrem Zimmer geholt und zum Waschen gebracht hatte. Sie war sehr erstaunt gewesen über die beiden Gestalten in dem Bett, hatte sich aber keine weiteren Gedanken gemacht. "Sie wollen den anderen Beiden Gesellschaft leisten?" formulierte sie ihre erste Annahme.
 

Wollte er das? Eigentlich war Zikél nicht sonderlich scharf auf eine außerplanmäßige Begegnung mit Leonidas, andererseits konnte er ihm dann auch gleich seinen Vorschlag unterbreiten. Je eher, desto besser. Mit einem zuckersüßen Lächeln, das seine spitzen Eckzähne entblößte, nickte der Blaue. "Ja, das möchte ich. Würden sie die Freundlichkeit besitzen und mich zu ihnen führen?" Auch wenn er es eigentlich besser wissen sollte, fand Zikél den Gedanken, Leonidas etwas in seiner Ruhe zu stören, gar nicht so schlecht. Vielleicht könnte er durch Permanentnerven auch seine Freiheit bekommen.
 

"Sehr... sehr wohl." nickte das Mädchen, nahm einen bereits vorbereiteten Korb mit allen nötigen Badeutensilien aus einem Regal hinter sich und trat hinter ihrem kleinen Tresen vor. "Wenn sie mir dann bitte folgen wollen..." Damit schlug sie einen Weg weiter in die Tiefen der unter dem Haus liegenden Katakomben ein. Überall hingen Fackeln, die weder Wärme spendeten noch blendeten - das sie magischen Ursprungs waren, war wohl kaum zu bezweifeln. "Wir haben heiße Quellen unter diesem Gebäude. Hier ein Bad zu nehmen, verspricht angenehme Wohltat." erklärte sie. "Das Wasser ist reich an Mineralien und Stoffen, die sich positiv auf die meisten Geschöpfe auswirken. Sie werden sicher Erholung finden."

Es überlief ihn unangenehm, als sie tiefer in dieses kleine Reich vordrangen und es trotz der Fackeln dunkler wurde. Seine Pupillen weiteten sich extrem und er wurde sehr vorsichtig, immer bereit zum Weglaufen. Er hasste unterirdische Höhlen und Gänge und ärgerte sich, dass er hier keine Freiluftbäder gab. Warum mussten heiße Quellen immer in irgendwelchen Grotten liegen?
 

Sie gelangten in einen runden Saal, von dem aus acht Türen in alle Richtungen abgingen. "Dort, die Tür mit der Nummer 6." Sie verbeugte sich nochmals, gab den Korb an Zikél weiter und verabschiedete sich mit den Worten: "Wenn sie Wünsche haben, rufen sie. Eine entsprechende Anlage steht im Bad bereit."
 

Zikél musterte die Türen skeptisch. Es gab nur acht Bäder? Was war das denn? Anstatt zu fragen, nahm er einfach den Korb entgegen und entdeckte gleich, sehr zu seinem Gefallen, eine weiche Bürste. Zikél nahm sich fest vor, sein Fell ordentlich durchzubürsten, von Ohren bis Schwanz. Der Versuchung widerstehend, es gleich zu tun, ging er zu der gezeigten Tür und blieb erst noch einmal davor stehen. Musste er sich hier eigentlich ausziehen? Oder gab es Badekleidung? "Ich werde meine Hüllen bestimmt nicht noch mal vor Leonidas fallen lassen." beschloss er und reckte das Kinn vor. Sein Auftritt sollte schließlich nicht durchscheinen lassen, dass ihm diese Umgebung nicht gefiel.
 

Als er die Tür zu dem Bad öffnete, bot sich ihm ein sehr merkwürdiges Bild. Leonidas stand bis zur Hüfte im Wasser, den Rücken der Tür zugewandt. Seine Hände erhoben, schien er eine Art von Magie auf das Wasser vor sich zu wirken. Erst auf den zweiten Blick erkannte man durch den Nebel einen Körper, der am Rand des Beckens lag. Nitta Celsion. Auf dem Bauch, vollständig entkleidet und mit völlig leerem, fast totem Blick. In seinem Rückgrat steckten lange, silberne Nadeln und die silberne, dünne Kette, die er normalerweise trug, war zu einer engen, metallenen Halskrause - oder einem Halsband - geworden. Leonidas nahm scheinbar keine Notiz von Zikél und murmelte unbeirrt weiterhin irgendeine Art von Bann oder Beschwörung vor sich hin.
 

Schockiert starrte der Tama-i auf diese Szene, und wusste im ersten Moment weder etwas damit anzufangen, noch dazu etwas zu sagen. Die grauen Augen hatten sich misstrauisch verengt und Zikél spürte, wie ihm sein Herz bis zum Hals schlug. "Was zum Teufel hast du mit ihm gemacht?" rief er laut, konnte sich jedoch nicht rühren. Seine Blicke wanderten über Nittas Körper, war er tot? "Du bringst deinen eigenen Diener um?" Zikél begriff nichts von dem, was er sah, doch eine brennende Wut stieg in ihm auf. Auch wenn er den weißhaarigen Mann nicht als Freund bezeichnete, wollte er auch nicht, dass er starb. Mit schnellen Schritten stürzte der Blaue auf ihn zu, um zu sehen, ob er ihm noch helfen konnte.
 

Als Zikél sich bis auf wenige Meter genähert hatte, riss Leonidas den Kopf herum und funkelte ihn aus tiefen, blutroten Höhlen, die mal seine Augen gewesen waren, an. Eine Energiewelle schleuderte das Katzenwesen zurück und in seinem Kopf hörte er die tiefe, völlig verzerrte Stimme Leonidas': "Bleib, wo du bist." Wieder dem Anderen zugewandt, fuhr Leonidas fort. Sein Gemurmel schien sich in dem Raum zu fangen und unendlich widerzuhallen. Ein richtiges Getöse aus Stimmen schien sich zu erheben. Es dauerte einen Moment, bis es wieder abebbte, die Nadeln im Rücken des Weißhaarigen begannen zu glühen und schienen kurz darauf mit seiner Wirbelsäule zu verschmelzen. Daraufhin kehrte das Leben in dessen Augen zurück, er setzte sich wackelig auf und sah sich unschlüssig um. Und entdeckte Zikél. Und starrte ihn völlig verständnislos an. Ebenso wie Leonidas, nur dass dieser nicht ungläubig, sondern über alle Maßen erzürnt zu sein schien.
 

In Zikéls Kopf war ein heißer Schmerz explodiert, als er an der Wand aufgeschlagen und ächzend zu Boden gegangen war. Weiße Lichtpunkte tanzten ihm vor Augen und es dauerte, bis er wieder etwas erkennen konnte. Gerade verschwanden die Nadeln in Nittas Rücken, was Zikél für eine Sinnestäuschung hielt und sich taumelnd aufrichtete. "Was zum Teufel macht ihr hier?" stieß er hervor, auch wenn die brennenden Augen Leonidas' ihn schnell verstummen ließen. Der Tama-i erkannte, dass es ein Fehler gewesen war, hierher zukommen und machte Anstalten, den Rückzug anzutreten. "Ach, geht mich ja auch nichts an. Macht ruhig weiter." Blitzschnell drehte er sich um und lief auf die Tür zu, die ihm plötzlich unglaublich weit entfernt schien. Warum geriet er immer in solche Situationen? Leonidas würde ihn umbringen, wenn er ihn erwischte.
 

Zikél erreichte die Tür, sie fiel laut hinter ihm ins Schloss. Leonidas kochte förmlich, doch Nitta berührte seinen Arm. "Er konnte es nicht wissen." meinte er nur, woraufhin sich der Schwarzhaarige ein wenig beruhigte. Entschuldigend umfing er Nitta mit seinen Armen, zog ihn leicht zu sich und flüsterte: "Ich werde in Zukunft vorsichtiger sein." Damit gab er ihm einen Kuss auf die Stirn.
 

~~~
 

Irritiert sah das Dienstmädchen Zikél an. "Ich habe laute Stimmen gehört... ist alles in Ordnung?"
 

Verstört und auch mit einer flauen Angst im Bauch stürmte der Blaue hinaus und krachte fast in das Mädchen hinein. Seine Pupillen waren nur noch schmale Schlitze und er blinzelte viel, da der Schmerz ihn immer noch etwas betäubte. "Nein... ich meine... ja... ich... hab es mir anders überlegt. Ich geh doch nicht baden." Der Korb lag noch in dem anderen Raum, doch keine zehn Pferde würden Zikél dort wieder hinein bringen. Die glühenden Augen Leonidas' hatten sich in sein Gedächtnis gebrannt und er wollte nur noch abhauen. So schnell er konnte, rannte er zurück in die Gemächer des Mannes und packte einige Sachen zusammen, die ihm auf seiner Reise nützlich sein würden.
 

Wenn Blicke töten könnten, wäre Zikél nicht mehr da, davon war er überzeugt. Aber was zum Teufel hatte der Mann dort unten mit Nitta gemacht? Wollte er den Weißhaarigen wirklich umbringen? Hatte er ihn verletzt? Oder ihm geholfen? Die Gedanken wirbelten durch seinen schmerzenden Kopf und Zikél setzte sich einen Moment hin.
 

Der Raum um ihn wirkte so harmonisch, friedvoll. Scheinbar kein Vergleich zu dem, was er von den beiden Bewohnern dieser Suite kennen gelernt hatte. Die Türe zum Balkon stand offen, der Wind brachte die leichten Vorhänge in sanfte Schwingungen. Vögel waren draußen zu hören und die Sonne schien.
 

Was war da unten passiert?
 

Bei genauerer Betrachtung schien sich die Idylle um ihn doch nicht mehr sehr von Leonidas zu unterscheiden. Er war sehr mächtig, soviel war mittlerweile sicher. Aber dabei strahlte er eine Ruhe aus, die ihn fast unmenschlich wirken ließ. Eine Ruhe, selbst mitten im Kampf, als wäre er völlig ausgeglichen. Und diese Ausgeglichenheit strahlte auf alles ab, was er in seiner Nähe hatte: Räume, Dinge, sogar der Wind schien sich an Leonidas angepasst zu haben. Und Nitta...?
 

Das Bett war wieder heil. Keine einzige Feder war noch im Raum zu finden, die hölzernen Pfosten waren ersetzt oder repariert worden. Als würden sogar die Selbstheilungskräfte des Mannes in diesen Räumen wirken.
 

Sein Herz klopfte noch immer aufgeregt. Einerseits vom Laufen, andererseits von den Erlebnissen. Was hatte Leonidas bloß mit Nitta gemacht? Zikél ließ sich eine Weile den Wind um die Nase wehen und dessen sanftes Streicheln auf sich wirken, so dass er ruhiger wurde. Gleichzeitig weckte er die Sehnsucht nach seiner Freiheit und seiner Familie. Wie lange war er nun schon von ihnen getrennt? Zwei Wochen? Drei? Er vermisste sie immer mehr und es gab nur einen Weg, wieder mit ihnen vereint zu sein. Der Schwarzhaarige musste einfach auf sein Angebot eingehen.
 

Seine überstürzt zusammengepackten Sachen ließ Zikél achtlos liegen. Es war übereilt gewesen. Wenn er flüchtete, würde Leonidas ihn einfangen lassen. Also tigerte er unruhig im Zimmer auf und ab, lauschte auf das Flüstern des Windes, das ihm etwas Sicherheit gab. Es behagte ihm nicht wirklich bei der Aussicht, den Mann mit diesen blutroten Augen wiederzusehen, schon gar nicht nach dieser Vorstellung. Gedankenverloren rieb sich Zikél über den Hinterkopf, wo es immer noch leicht pochte

Kapitel 3

Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél

Teil: 03/??

Autor: Alaska & BlueMercury

Genre: Fantasy, Drama

Warnung: Gewalt, Sex, Depri, Zucker (die Warnungen gelten jeweils nur für einzelne Kapitel, also nicht abschercken lassen ^^)
 

Kommentar: Ich werd jetzt versuchen jede Woche ein Kapitel hochzuladen, schließlich haben wir schon genug geschrieben, die nur noch gebetat werden müssen. Und Blue ist da eine ganz schnelle ^^

Also viel Spaß mit dem 3. Teil!
 


 


 

~3~
 

Der Tag war schrecklich gewesen. Zikél stand die gesamte Zeit im Konflikt mit sich selbst, da er nicht ganz von dem Gedanken an Flucht abkam. Er wollte hier nicht länger bleiben. Er wollte nach Hause zu seiner Familie. Mit jeder vergehenden Sekunde vermisste er sie mehr und sein Herz wurde immer schwerer. Für einige Zeit wagte er es zu schlafen, da Leonidas und Nitta nicht zurückzukehren schienen. Vermutlich beratschlagten sie noch über sein Strafe, was den Tama-i schwer schlucken ließ.
 

Es dauerte noch Stunden, bis Nitta und Leonidas zurückkamen. Am frühen Abend, als die Sonne langsam zu sinken begann, kehrten sie von ihrem Tag draußen in der Stadt zurück. Zikél war sofort hellwach.
 

Als die Beiden eintraten, schien zunächst nichts anders zu sein als sonst. Nitta machte sich daran, den Tisch für seinen Herren zu decken, also das vom Hause gestellte Essen mit diversen Kleinigkeiten und Gewürzen zu verfeinern. Leonidas legte seine Tagesrobe ab und schlüpfte in die legeren Kleider, die Zikél noch vom Vorabend kannte. Dann gesellte er sich zu Nitta zum Essen.
 

Weder Nitta noch Leonidas hatten ein Wort mit dem Tama-i gesprochen. Zwar nahmen sie das Katzenwesen wahr, aber auf eine Art, wie auch Möbelstücke wahrgenommen, aber nicht beachtet wurden.
 

Ansonsten wies das Verhalten beider keine sonderlichen Auffälligkeiten auf. Es schien zwar, als würde besonders Nitta darauf verzichten, mit Zikél in Blickkontakt zu geraten, aber das konnte auch täuschen.
 

So verzog Zikél sich in die hinterste Ecke des Zimmers und beobachtete die Beiden mit einer Mischung aus Misstrauen und Unsicherheit. Nicht ein Blick wurde auf ihn gerichtet, geschweige denn ein Wort gesprochen. Als er das Essen roch, knurrte sein Magen laut und er verschränkte beschämt die Arme vor dem Bauch. Seit dem vergangenen Tag hatte er nichts mehr zu sich genommen, doch jetzt kam der Hunger durch. Aber wahrscheinlich wollten die beiden Männer ihn jetzt verhungern lassen - zur Strafe. Oder ihn zu Tode ignorieren. Nicht einmal Nitta nahm sich seiner an.
 

Die ganze Situation machte ihm Angst. Er konnte damit umgehen, angeschrieen oder geschlagen zu werden, aber völlige Ignoranz... das war ihm noch nie passiert. In diesem Moment stieg die Sehnsucht nach seiner Familie, ihrem Dorf und den Freunden nur noch mehr. Mit eingezogenem Schwanz und hängenden Ohren rollte sich Zikél zusammen und rief sich Bilder aus der Vergangenheit ins Gedächtnis, die Gesichter derer, die er liebte... und die ihn liebten.
 

Eine Hand, die ihm einen Teller hinstellte, tauchte in seinem Blickfeld auf. Einmal mehr hatte sich Nitta ihm völlig lautlos genähert, jedoch ohne böse Absichten. Brot, Käse, Fleisch. "Eine Auswahl. Es wäre einfacher, wenn du dich endlich zu uns setzten würdest." Damit verschwand Nitta wieder im Speisezimmer.
 

Als er des Anderen gewahr wurde, hatte sich Zikél automatisch geduckt und angespannt. Dementsprechend überrascht war er auch, als Nitta ihm sein Essen gab. Misstrauisch beäugte er das Fleisch und schnupperte vorsichtshalber.
 

"Mich zu euch setzen? Ihr wollt mich doch gar nicht bei euch haben! Ihr ignoriert mich und ich soll mich zu euch gesellen?" In der aufgeregten Stimme schwang etwas Bitterkeit mit, doch Zikél bemerkte es selbst nicht. Seine Verzweiflung über die Trennung mit seiner Familie schwang um zu Wut. Wut über die ganze Lage, in die ihn seine eigene Dummheit hineingebracht hatte. Schnell verschlang er das Fleisch und donnerte den Teller vor Leonidas auf den Tisch. "Hör zu... ich habe keine Lust mehr bei dir zu hocken und mir dein blödes Gelaber anzuhören! Ich will endlich wieder nach Hause! Deshalb schlage ich dir einen Handel vor! Eine Wette... wie du es auch immer nennen willst!"
 

Leonidas hielt in der Bewegung inne und betrachtete den Teller, der vor ihm niedergegangen und gesplittert war. Langsam und ruhig legte er das Besteck beiseite, faltete die Hände und sah Zikél an. Sein Gesichtsausdruck war wenig aussagekräftig und fast schon besänftigend neutral. "Mein blödes Gelaber also... und wir wollen dich ja gar nicht bei uns haben..." Amüsement zuckte um seine Mundwinkel, doch nur kurz. "Es beeindruckt mich doch immer wieder, was für einen gefährlichen Lebenswandel du führst..."
 

"Was interessiert dich mein Lebenswandel?" fauchte der Tama-i und verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. Zikél war sich gar nicht der Gefahr bewusst, in die er sich unweigerlich begab, in dem er Leonidas reizte.
 

Nitta stand auf. "Entschuldigt mich." meinte er knapp, verbeugte sich leicht vor Leonidas und verließ das Zimmer.
 

Ohne seinen Begleiter zu beachten, fuhr der Schwarzhaarige fort. "Wette... erzähl mir mehr."
 

"Wette... ja. Ich wette, dass ich dich schlagen kann... die Disziplin kannst du wählen. Ein fairer Kampf, bei dem jeder die gleichen Chancen hat. Ob es nun ein Wettrennen ist oder ein Kampf..." Zikél war sich seiner sicherer, während er sprach, was seine Haltung bewies. "Wenn ich gewinne, lässt du mich frei. Wenn du gewinnst, werde ich machen, was immer du mir sagst, ohne mich länger dagegen zu sträuben." Abwartend blickte er auf den Anderen hinunter. Das war seine einzige Chance hier rauszukommen und er würde nicht verlieren... er würde es schaffen, egal wie hart der Kampf sein würde.
 

"Interessant..." sinnierte Leonidas, legte den Kopf schief und betrachtete den Katzenmann. Er setzte zu einer Bemerkung an, schwieg dann aber und dachte nach. "Wenn ich gewinne, willst du alles tun, was ich von dir verlange? Das reicht mir nicht. Ich will, dass ich zum wichtigsten Bestandteil deines Lebens werde. Ich will, dass du mir mit aufrichtiger Freude dienst und überzeugt bist von dem, was du tust." Leonidas stand auf und näherte sich Zikél. "Wirst du das tun können? Wenn nicht, ist diese Wette wenig attraktiv für mich."
 

Zikél spannte sich an und schluckte. Das waren harte Bedingungen und selbst wenn er gewollt hätte, könnte er nicht garantieren, dass er es konnte. Nun steckte er in der Klemme. Gedankenverloren starrte er Leonidas eine Weile an und knabberte unbewusst an seiner Unterlippe. Er hatte keine Wahl. Er musste es tun, musste es wenigstens versuchen...
 

Zikél straffte die Schultern, setzte alles auf eine Karte und nickte. "Das werde ich schon schaffen." Er war unruhig, sein Schwanz wippte leicht hin und her, die Ohren zuckten.
 

Ein sehr zufriedenes, etwas hinterhältiges Lächeln erschien auf Leonidas' Zügen. "Nun gut. Genau das wirst du mir von jetzt an bis zum morgigen Sonnenuntergang beweisen. Diene mir einen Tag lang so, dass ich voll zufrieden bin und du wirst frei sein. Du wirst mir ab jetzt nicht mehr von der Seite weichen und jeden Befehl, jede Bitte und jeden meiner Wünsche erfüllen." Er hielt dem Jungen die Hand hin. Sollte Zikél einschlagen, galt ihr Deal. Sollte er es lassen... nun ja.
 

Zikél starrte ihn mit einer Mischung aus Entsetzung und Abscheu an. War das sein Ernst? Er sollte schon mal eine Kostprobe liefern?

Hör zu, du Sturkopf, es ist nur ein Tag! Ein lausiger Tag, für den du sein Sklave sein musst. Danach kannst du zu deiner Familie zurück... danach bist du frei! lockte eine Stimme in seinem Inneren. Die graublauen Augen blitzen einmal auf. Für 24 Stunden würde er seinen Stolz vergessen. "Einen Tag..." Mit einem leichten Klatschen schlug er ein und drückte Leonidas' Hand.
 

"Einen Tag." bestätigte Leonidas und drückte die Hand des Anderen ebenfalls. "Du wirst die meisten Aufgaben Nittas übernehmen oder ihm wenigstens zur Hand gehen. Ansonsten..." Leonidas legte die andere Hand in den Nacken des Jungen und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. "Ansonsten bist du für mein geistiges und leibliches Wohl zuständig." wisperte er, bevor er sich wieder entfernte. "Und nun setz dich und leiste mir beim Essen Gesellschaft. Ich speise nicht gerne allein."
 

Zikél erstarrte automatisch, als die Hand in seinem Nacken erschien und konnte sich nicht im geringsten dagegen wehren. Wahrscheinlich war es auch besser so, denn so wusste Leonidas nicht, dass er am liebsten zurückgewichen wäre. Du musst tun, was er sagt... einen Tag... komm, nur einen Tag... meißelte die kleine Stimme ihm ins Hirn und der Tama-i schluckte die Abscheu herunter. "Ganz, wie du willst." Er setzte sich und starrte auf den Tisch. Kaum stieg der Geruch des Braten in seine Nase, knurrte Zikél Magen lauthals und er blickte unsicher zu Leonidas. Durfte er sich so einfach nehmen? Er war unsicher und musste sich erst einmal in diese neue Situation hineinleben.
 

"Bitte, bedien dich." Leonidas machte eine einladende Geste und sah Zikél aufmunternd an. "Ich bin kein Unmensch. Wenn du das nur endlich erkennen würdest."
 

"Ich glaub nicht mal, dass du ein Mensch bist." murmelte der Tama-i leise und griff nach einem großen Stück Braten, den er in einer unglaublichen Geschwindigkeit hinunterschlang. Erst jetzt wurde ihm richtig bewusst, wie hungrig er war. Er musste sich auch langsam ordentlich stärken für seinen Heimweg.
 

Leonidas lächelte, erwiderte aber nichts. Stattdessen brachte er die Sprache wieder auf ihre Unterhaltung vom Vorabend. "So. Nun erzähle mir doch etwas über deine Familie."
 

Ein kurzes Stocken, Zögern, dann aß Zikél weiter. Seine Tischmanieren ließen zu Wünschen übrig, was schon seinen Mekjahor immer geärgert hatte. "Was willst du wissen? Wir wohnen in einem Walddorf... ca. 5 Tage von hier entfernt, vielleicht länger, vielleicht kürzer. Ich bin mir nicht sicher. Sie haben mich am Fluss aufgegriffen und verschleppt." Er schluckte den Bissen herunter und nahm einen großen Schluck von dem Wasser. "Ich habe zwei Wurf Geschwister. Castor und Suma. Obwohl Castor Erstgeborener ist, steht Suma über ihm, ich bin der Jüngste. Suma trägt gerade... ich werde Onkel." Der Stolz darüber war unverkennbar, doch auch die Sehnsucht, die kurz in den grauen Augen aufflackerte. "Sein Lebenspartner und er wohnen auch im Dorf, weil Rana, mein Mekjahor, nicht wollte, dass sein Sohn seine ersten Jungen allein bekommt."
 

Ehrliches Interesse spiegelte sich in Leonidas' Zügen. "Ich verstehe nicht ganz... es gibt keine weiblichen Tama-i? Und was ist ein... Mekjahor?"
 

Für einen Moment überrascht die Brauen hebend, lachte Zikél im nächsten herzhaft. Es war das erste Mal in Leonidas Gegenwart. "Nein, es gibt nur männliche. Ich vergesse immer wieder, dass es bei anderen Rassen nicht so ist. Wir leben eher zurückgezogen und wollen auch in Ruhe gelassen werden. Es gibt genug, die uns nur für Tiere halten und jagen..." Die Miene des Jungen verdunkelte sich kurz, dann schob er diese Gedanken jedoch beiseite. "Ein Mekjahor ist der Gebärende in einer Partnerschaft. Da wir zwei Väter haben, würde es nur Verwirrung geben. Es ist ein altes Wort für 'der liebt'. Kemjal ist der Gegenpart dazu, es bedeutet 'der beschützt'. Es ist von vorne herein klar, wer welche Aufgabe hat, es ergibt sich von selbst." erklärte Zikél ruhig und entspannt. Seine Familie war ein Thema, das ihm sehr am Herzen lag und über das er sogar mit einem Fremden sprach, obwohl er auch nicht alles erzählen wollte. "Jalla, das ist die Abkürzung für Kemjal, heißt Suaresh. Und Jaho, die Abkürzung für Mekjahor, heißt Rana."
 

Leonidas nickte. "Dann... bist du 'der liebt' oder 'der beschützt'? Oder ergibt sich diese Verteilung erst im Vergleich zweier Partner?" Er ließ es sich nicht anmerken, aber er war sehr erfreut darüber, dass Zikél etwas auftaute. Das Lachen war sehr erfrischend gewesen... denn Nitta hatte vor vielen Jahren das Lachen verlernt, genau wie er selbst.
 

Mit vollem Mund und einem aufgeweckten ungestümen Funkeln in den Augen, schüttelte Zikél den Kopf. "Das ist ganz unterschiedlich. Man weiß es erst, wenn man seinen Lebenspartner gefunden hat. Sozusagen, wenn man..." Sein Fell verdeckte es zwar größten Teils, aber man konnte eine leichte Röte auf den Wangen des Tama-i sehen. "Wenn man sich seine Liebe das erste Mal zeigt. Bei Tama-i ist es nicht so, wie bei anderen Rassen... sie suchen sich nicht verschiedene Männer oder Frauen fürs Bett... sie warten auf den Einen." Ein wehmütiger Ausdruck erschien auf dem Gesicht. Die Frage war nur, wann man ihn fand. Zikél war schon fast der Sorgenfall der Familie. Tama-i fanden sich meist in einem Alter von - nach menschlichen Maßstäben - 16 oder 17 Jahren und gründeten Familie, doch er... er hatte bis heute noch nicht den Richtigen gefunden.
 

"Das heißt, dass deine eigene Familie auf dich wartet?" Mittlerweile hatte Leonidas sein Essen beendet, blieb aber sitzen und sprach weiter mit Zikél. Es interessierte ihn wirklich sehr, was der Junge zu sagen hatte... und mit jeder Information, die er bekam, wuchs sein Wunsch, das Dorf des Tama-i zu besuchen.
 

"Wie man es sieht. Meine Väter und Brüder warten auf mich, aber... ich habe meinen Partner noch nicht gefunden. Castor ärgert mich deswegen immer... sie machen sich alle Sorgen. Es ist üblich, seine zweite Hälfte mit 192 zu finden... so um den Dreh, aber ich... bin schon 228... das ist viel zu spät..." Unbewusst biss er sich auf die Unterlippe, die Ohren hingen an seinem Kopf herab, doch er hob schnell wieder sein Haupt. Nein, Leonidas durfte nicht sehen, wie sehr es ihn wirklich bedrückte. Das durfte niemand.
 

"Deine zweite Hälfte also..." Wieder dieses Lächeln. Dieses... so freundliche und offene Lächeln. "Es gibt nicht viele Rassen, welche die Theorie der Monogamie so umsetzen wie die eure. Ich bin... erstaunt." Ein Augenblick unentschlossener Stille folgte, dann begann Leonidas seinerseits, zu reden. "Die Dracath, zu denen ich gehöre, halten es anders. Wenn sich ein Mann einmal für eine Frau entschieden hat und diese beiden sich... wie du es nennst, das erste Mal ihre Liebe zeigen, binden sie sich unwiderruflich aneinender. Männer nehmen sich keine andere Frau in unserer Kultur." Er lächelte entschuldigend. "Dafür aber umso mehr Männer."
 

Hinter der Tür verschwand ein Schatten. Nitta war nicht sonderlich angetan davon, dass sein Herr ausgerechnet einem solchen Spring-ins-Feld auf die Nase band, dass er den Dracath angehörte... eine Rasse, deren Angehörige bei mächtigen Magiern dieser Welt so beliebt als Haustiere waren, wie die Tama-i wahrscheinlich beim gemeinen Volk.
 

Die feingeschwungenen Brauen des Blauen hoben sich fragend. "Dracath? Ich habe noch nie von dieser Rasse gehört." gestand er und schob seinen Teller etwas von sich. Endlich war er satt und zufrieden. "Hab ich das richtig verstanden? Ihr habt nur eine Frau... und viele Männer? Warum?" Für jemanden, der mit den monogamen Verhältnisse aufgewachsen war, war so etwas unverständlich und Zikél schüttelte den Kopf. "Das könnte ich nicht... es gibt nur einen, den ich suche... warum sollte ich mehrere Partner haben? Es gibt nur einen, der mich versteht und den ich brauche. So ein Band kann man nicht mit jedem knüpfen."
 

"Das mag sein, aber Sex ist Sex." Leonidas winkte ab. "Wir haben das Problem der meisten höher entwickelten Rassen: Spaß am Fortpflanzungsakt. Erwählt ein Dracath aus Liebe eine Frau für sich, ist er ihr treu. Er lässt sich nicht mehr mit anderen Freuen ein und nimmt die Verantwortung, die er Frau und Kindern gegenüber hat, sehr ernst. Was die Männer allerdings nicht davon abhält, sich körperlich bei Anderen Befriedigung zu verschaffen." Resignierend zuckte er die Schultern, denn der Tama-i würde das wohl nicht verstehen. "Ich finde, dass wir einen gelungenen Kompromiss zwischen Monogamie und Polygamie leben."
 

"Nein...das ist kein Kompromiss. Das ist ein egoistischer Akt und hat nichts mit Liebe zu tun. Se... Sex sollte jedoch immer mit dem Herzen verbunden sein. Jalla würde mich wahrscheinlich umbringen, wenn ich so etwas tun würde." Sein Mund verzog sich zu einer Grimasse. "Castor drückt es anders aus... er sagt immer, es mindert den Marktwert. Und da meiner sowieso schon gering ist durch mein Alter..." Zikél schnaubte verächtlich. "Ein Tama-i würde eher sterben, als seinen Lebenspartner zu betrügen. Ist der Sex mit Frauen für euch kein Spaß, dass ihr euch Männer suchen müsst?" Er verstand es einfach nicht. Das war fern seiner Vorstellungskraft.
 

"Ich sehe schon, dein Lebenswandel gibt dir keinen Ansatz, es verstehen zu können. Sex MUSS nicht mit Liebe verbunden sein. Sieh dir die Menschen an, viele Frauen verkaufen ihren Körper an die Männer. Oder huren aus lauter Spaß an der Sache herum."
 

Wie immer - nämlich wie aus dem Nichts - tauchte Nitta auf und begann, abzudecken. "Es soll jedem selber überlassen sein, wie es die Sache hält... ich halte es für einen gelungenen Kompromiss, aber denke auch, dass die Art der Tama-i ihre Vorteile hat." Plötzlich musste Leonidas schmunzeln. Er setzte dazu an, etwas zu sagen, überlegte es sich aber scheinbar anders. "Geh deinen Weg, er wird der Richtige für dich sein."
 

Zikél blieb lieber stumm, da er schon bemerkte, dass sie nicht auf einen Nenner kommen würden. Zwei Rassen, zwei Lebensansichten. "Menschen sind das Letzte." murmelte er nur leise und beobachtete Nitta. Kurz warf er Leonidas einen Blick zu und fragte sich, ob der Mann erwartete, dass er von sich aus Nitta zur Hand ging. Unentschlossen schob er die Teller zusammen, verblieb aber auf seinem Platz.
 

Leonidas aber schien die Unterhaltung lieber fort zu führen. "Die Menschen... ein seltsames Volk. Mir scheint es immer, als hätten sie in ihrer Gesamtheit kein Gesicht." Er streckte die Hand aus und berührte Zikéls Wange mit der Handfläche. Seine Augen schlossen sich kurz. "Du hast kaum gute Erfahrungen mit Menschen gemacht, nehme ich an." Der Dracath entfernte sich wieder, sah den Blauhaarigen an.
 

Bei der Berührung wurden seine Augen misstrauisch, doch er zuckte nicht, seinem ersten Impuls folgend, zurück. Mit fester Stimme, in der gleichermaßen Hass und Verachtung mitschwang, sagte Zikél: "Die Menschen haben oft gegen unser Volk Krieg geführt. Sie sehen uns nicht als Lebewesen, nicht als gleichwertig. Wir sind Tiere, die man sich im Haus hält oder in Stollen oder Steinbrüchen arbeiten lässt. Zu Hunderten halten sie meine Rasse manchmal dort und zwingen sie bis zum Umfallen oder sogar Tod zu schuften. Erinnerst du dich an das Halsband, das ich trug, als... ach nein... Nitta hat es nur gesehen. Es sind spezielle magische Halsbänder für uns. Jeder Wärter in einem Steinbruch hat eine Art... Fernbedienung, und wenn dich ihr Strahl trifft, windest du dich unter Schocks. Sie jagen irgendeine Art magischer Energie in unsere Körper. Je höher der Regler, desto wilder 'tanzt' du." Die grauen Augen waren düster und Wolken verhangen. "Ich hasse die Menschen..."
 

"Kein Wunder, dass du dich nicht beugen willst." Leonidas' Lächeln wurde traurig. "In deinen Augen unterscheide ich mich nicht von ihnen, nicht wahr?"
 

Überheblich hob der Blaue den Kopf und schnaubte herablassend. "Es besteht ein himmelweiter Unterschied zwischen dir und den Menschen. Auch wenn ich es nicht gern zugebe, aber du bist... menschlicher, als sie. Du hältst mich hier gefangen und du würdest mich zurückholen, wenn ich fliehe, aber... würdest du mich dann auch zu Tode foltern? Vielleicht irre ich mich, aber so schätze ich dich nicht ein." Er trank einen Schluck aus seinem Becher und schloss kurz die Augen. Erinnerungsfetzen jagten durch seinen Kopf.
 

"Wenn du wegläufst und sie dich kriegen... spießen sie dich bei lebendigem Leibe auf Pfähle und stellen sie für alle sichtbar auf, damit es niemand wieder versucht. Natürlich wirst du erst gefoltert... das Fell abgezogen, Augen geblendet, Zunge herausgeschnitten. Es ist seltsam, aber die Menschen erfinden immer wieder aufs Neue grausame Foltermethoden... aber selbst jammern sie rum, wenn man sie auch nur einmal mit den Krallen erwischt."
 

"Ein schwaches Volk, ja... und doch so faszinierend. Wie auch immer..." Damit stand er auf und ging in das andere Zimmer hinüber. "Nitta, wir verschieben unser Vorhaben." Nitta nickte und warf Zikél einen kurzen Blick zu. Dann verschwand er.
 

"Ich finde daran überhaupt nichts faszinierend." murmelte der Tama-i und folgte Leonidas. "Was für ein Vorhaben?" wollte er neugierig wissen und ließ die Blicke durch den Raum gleiten, immer auf der Hut. Der Geruch von frischem Gras, Blumen und Wind wehte durch das Fenster und umschmeichelte seine schlanke Gestalt. Für einen Moment schloss er die Augen und stellte sich vor in seinem Dorf auf dem höchsten Baum zu sitzen und den Tag zu genießen. Dann war der Augenblick vorbei und er beobachtete wieder Leonidas.
 

"Nichts weiter." meinte Leonidas nur. "Kannst du lesen? Und schreiben?"
 

Nicht wirklich zufrieden mit dieser Antwort zuckte Zikél die Achseln. "Nicht besonders gut. Ich kann die tamaischen alten Schriften lesen... aber viel mehr auch nicht. Mehr brauche ich nicht." Doch seltsamerweise fühlte er sich vor Leonidas nun unterlegen und das passte ihm gar nicht.
 

"Hm..." brummte Leonidas. "Kannst du musizieren?"
 

Verwirrt starrte er den Mann an. Was sollte das jetzt? "Nein... Jalla hat mal versucht mir Olebra beizubringen, aber meine Finger sind nicht geeignet dafür. Aber ich kann tanzen... ein bisschen..." fügte er etwas verlegen hinzu, da Castor ihn auch damit aufzog.
 

"Tanzen? Zu Musik, nehme ich an?"
 

"Nein, zu Windrauschen." gab er sarkastisch zurück und zog eine Braue hoch.
 

"Gut, dann tanz." gab Leonidas unbeeindruckt zurück, lehnte sich gegen eine Wand und verschränkte die Arme. Während der Wind angenehmer Weise leise um das Gebäude pfiff.
 

Kurz ungläubig, dann etwas genervt, verdrehte Zikél die Augen und schloss sie gleich darauf. Gut, er hatte sich auf diesen Handel eingelassen, er musste es tun. Einen Moment blieb er ganz ruhig und erinnerte sich auf die Worte seines Mekjahor...
 

Fühl den Rhythmus der Musik und öffne dein Herz dafür... sie wird dich tragen...
 

Und das tat er. Zu einer kleinen Melodie, die er noch aus Kindertagen kannte. Mit anmutigen Bewegungen hob er die Arme, vollführte Drehungen und geschmeidige Windungen mit der Hüfte.
 

Eine Weile betrachtete Leonidas, was der Junge da tat, versuchte, sich eine Weise ins Gedächtnis zu rufen, die zu seinen Bewegungen passen könnte. Aus einem der Regale nahm er etwas, das aussah wie eine Piccoloflöte, nur länger und aus einem pechschwarzen, glänzenden Material. Leise erst begann Leonidas, zu den Bewegungen des Jungen zu spielen, musste sich zunächst auf dessen Rhythmus einstellen. Ruhige, helle Töne entkamen dem Instrument, und doch waren sie so weich, dass man meinen wollte, jemand spiele sehr vorsichtig und mit viel Bedacht auf einer Harfe, deren Töne kaum hörbar, jedoch umso fühlbarer waren.
 

Und Zikél fühlte sie. Er hatte nicht einmal gestockt, als die Musik einsetzte, sondern bewegte sich grazil weiter. Den Genen seiner Rasse verdankte er seine Geschmeidigkeit und Anmut bei den Bewegungen. Sein Gesicht war entspannt und leicht verträumt, wie immer, wenn er die Welt vergaß und sich den Klängen hingab. Mit unglaublicher Leichtigkeit sprang er in die Luft, streckte die Beine und drehte sich erneut. Arme und Schwanz folgten untermalend dem Rest des Körpers und umschlangen den jungen Tama-i schmeichelnd.
 

Nicht genau wissend, was ihm mehr Spaß machte - zu musizieren oder zu sehen, was der Junge mit seinem Körper aus der Musik machte - spielte Leonidas weiter, wurde etwas lauter und etwas leiser, etwas schneller und etwas langsamer. Er spielte mit der Musik und Zikél, bis er an einem Punkt angelangt war, an dem er durch die Klänge den Körper des Jungen wie an unsichtbaren Fäden führen konnte.
 

Zikél merkte gar nicht, wie er sich völlig verlor und sprichwörtlich nach Leonidas' Pfeife tanzte. Seine Bewegungen schwollen mit den Klängen an und ab. Er konnte gar nicht mehr einhalten. Leichte Schweißperlen standen auf seiner Stirn und sein Atem ging schneller, doch sonst gab es keinerlei Erscheinungen von Anstrengung.
 

Leonidas kam langsam zum Ende. Die Töne wurden leise, die Melodie langsamer, bis sie schließlich im Rauschen des Windes verlief. Leonidas schwieg, betrachtete Zikél.
 

Er war in einer anmutigen Pose verharrt und hatte den Kopf in den Nacken gelegt. Einige Augenblicke verblieb er in dieser Position, dann wich die Spannung aus seinem Körper und er öffnete wieder die Augen.
 

"Die Sache mit dem Windrauschen ist gut, aber Musik funktioniert besser, nicht wahr?" grinste Leonidas und legte die Flöte beiseite. "Du tanz sehr gut..."
 

"Aber dein Spiel war auch nicht schlecht..."
 

"War das ein Kompliment?"
 

Zikél fauchte leise. "Bild dir nichts darauf ein..." Dann wurde er sich seinem Verhalten bewusst und blickte betreten zur Seite. Nur einen Tag...
 

"Soll ich daraus schließen, dass du mich angelogen hast oder dass du dich vehement dagegen wehrst, positives an mir zu bemerken?" Lächeln. Leonidas ging zum Balkon und schloss dort die Tür. "Ich bin müde."
 

War das eine Falle? Wollte ihm der Andere aus einer falschen Antwort einen Strick drehen? Vorsichtshalber blieb der Blaue stumm und beobachtete den Mann. "Dann leg dich doch hin."
 

"Nicht ohne dich. Und ich mag keine unruhigen Schläfer neben mir."
 

"Wer sagt, dass ich unruhig schlafe? Kann ich mich hier irgendwo waschen? Das Tanzen hat mich aufgeheizt und ich mag es nicht, wenn mein Fell verklebt." Seine Augen wanderten und hielten sich an jedem Gegenstand fest, den sie fanden. Es machte ihn nervös, wenn er daran dachte, neben Leonidas im Bett zu liegen. 24 Stunden... 24 Stunden, Zikél... für diese Zeit bist du nicht du selbst, er kann mit dir machen, was er will, mahnte diese nervende Stimme in seinem Kopf, der Zikél nur widerwillig nachgab.
 

"Dort hinten." Neben der Eingangstür stand ein kleiner Tisch mit einer Schüssel darauf und eine Karaffe mit Wasser. "Wenn dir das nicht reicht, können wir gerne noch mal die Bäder besuchen."
 

"Nein, das geht schon. Ich mag Wasser nicht sonderlich. Je weniger, desto besser." Ohne weiter auf Leonidas zu achten, schritt er hinüber und goss das Wasser um. Mit ruhigen Gesten, als würde es ihn überhaupt nicht stören, wenn der Mann ihm zusah, entledigte er sich seiner Hose und positionierte seinen Schwanz so geschickt, dass man auch nicht viel mehr sah, als mit Hose. Es brauchte nicht lange, um sich von dem Schweiß zu befreien und sich wieder zu trocknen.
 

Grinsend betrachtete Leonidas den schüchternen Jungen. "Du kannst gleich so bleiben. Dann muss ich dich nicht wieder ausziehen."
 

Zikél wollte wiedersprechen, doch er knurrte nur leise und ließ die Hose wieder fallen. Was hatte er auch schon für eine Wahl? Mit vorsichtigen Schritten näherte er sich dem Bett und fühlte, wie Unbehagen in ihm aufstieg. Zögerlich setzte er sich auf den Rand und verharrte dort unbewegt.
 

Leonidas musterte ihn. Nicht, wie ein Raubtier seine Beute, nicht, wie ein Liebhaber seinen Bettgefährten... und nicht wie ein Besitzer seinen Sklaven. Etwas Warmes lag in seinem Blick, etwas Schmerzvolles und etwas... Unentschlossenes? Nein, das musste eine Täuschung sein.
 

"Was fühlst du?" wollte der Dracath wissen und krabbelte über die Schlafstätte zu Zikél, kniete sich hinter diesen und legte seine Arme um den warmen Körper. Seinen Kopf lehnte er gegen den Rücken des Anderen. Leiser wiederholte er seine Frage. "Was fühlst du, Zikél?"
 

Aus irgendeinem Grund konnte er den dunklen Augen des Mannes nicht begegnen. Ob es nun aus Angst oder Nervosität war, konnte Zikél nicht sagen. Er spannte sich unwillkürlich an, als sich Leonidas gegen ihn lehnte. Die Frage trug zu seiner Unsicherheit bei und Zikél fürchtete eine Falle. Dementsprechend vorsichtig war er auch. "Wie soll ich mich schon fühlen? Für 24 Stunden gehöre ich dir... es ist besser, wenn ich dabei nichts fühle." Er versuchte seine Stimme fest klingen zu lassen, doch es kratzte unangenehm im Hals. Selbst die Wärme konnte er nicht wirklich genießen, obwohl er sich so sehr danach sehnte.
 

Es stach in Leonidas' Brust. Nicht nur, weil der Junge das ausgesprochen hatte, was Leonidas befürchtet hatte, sondern auch, weil es Nitta wahrscheinlich nicht anders ging, dieser sich aber im Gegensatz zu dem Jungen nie etwas anmerken ließ. Es war ganz egal, wem er Zuneigung entgegenbrachte, nie war es ihm vergönnt, eben diese Zuneigung, ehrliche Zuneigung, ebenfalls entgegengebracht zu bekommen.
 

Wäre ein Magier zugegen gewesen, hätte er gesehen, wie sich für einen Moment aus der völlig düsteren und scheinbar toten Gestalt Leonidas' eine feine, dunkelviolette Aura erhob, die so schnell verschwand, wie sie aufgetaucht war. Warum stellte er auch immer Fragen, deren Antwort er gar nicht hören wollte?
 

"..." nuschelte er irgendwas ganz leise. Doch war er nicht bereit, von der Seite des Jungen zu weichen.
 

Das Blut rauschte in seinen Ohren und in seinem Magen hatte sich ein kalter Klumpen gebildet. Zikél saß ganz steif da und versuchte sein hämmerndes Herz zu beruhigen. Kurz erklang die spöttische Stimme seines Bruder in seinen Ohren und er schloss gequält die Augen.
 

Das mindert den Marktwert!
 

Seine Ohren zuckten kurz, als Leonidas etwas flüsterte, aber selbst sein scharfes Gehör konnte es nicht verstehen. Schließlich nahm er seinen ganzen Mut zusammen und fragte leise: "Was wirst du jetzt mit mir machen?"
 

Ja, was? "Mal sehen..." wisperte er und begann, den Nacken des Tama-i sanft zu küssen. Seine Hände fuhren zärtlich über den Bauch und die Seiten des Jungen, in dem Versuch, die Anspannung Zikéls ein wenig zu lösen.
 

Doch das wirkte eher gegenteilig. Er schnappte nach Luft und kniff die Augen zusammen. Seine Nackenhaaren sträubten sich und er versuchte sich von dem Anderen zu befreien. "Bitte... nicht... nicht DAS. Ich finde doch sonst nie..." Er brach ab und senkte verlegen den Kopf. Wieso sollte Leonidas das auch verstehen? Er hatte ihm ja erzählt, dass sich Dracath so viele Männer nahmen, wie sie wollten. Wie sollte er einem nicht-Tama-i erklären, wie wichtig seinem Volk die ewige Partnerschaft war. Er hatte noch nie von einem Fall gehört, wo sich zwei Katzenwesen freiwillig getrennt hatten. Und Leonidas' Berührungen machten ihm Angst. Es würde doch darauf hinauslaufen, dass der Schwarzhaarige mit ihm schlafen wollte.
 

Der Prinz hielt inne. Einen Moment schien er zu überlegen, dann entfernte er sich etwas. "Du spielst mit dem Feuer, Tier. So gewinnst du deine Wette nicht." Seine Stimme war lauter geworden, mit Mühe unterdrückte Wut schwang in ihr mit.
 

Es war wie ein Schlag in den Magen und Zikél sackte etwas in sich zusammen. Aus irgendeinem Grund hatte er nicht erwartet, dass Leonidas ihn jetzt noch so sah, so bezeichnete. Als Tier. Die Ohren lagen ängstlich am Kopf an und er duckte sich leicht. Noch immer verweigerte er den Blick in die Augen des Anderen. Einerseits hatte er Angst vor dem, was er darin sehen würde... andererseits wollte er nicht, dass der Mann seine Angst und Verzweiflung bemerkte. Doch diese Stimme in ihm... reiß dich zusammen, Zikél! Niemand wird es erfahren. Es bleibt dein Geheimnis...
 

"Entschuldige." murmelte er leise und senkte den Kopf. Es war wohl am Besten, wenn er Leonidas nicht schon wieder ärgerte, das machte alles nur schlimmer.
 

Leonidas stand auf. Sein Weg führte ihn zur Eingangstür. Dort sammelte er die Hose des Jungen auf und brachte sie ihm. "Zieh dich wieder an, wenn du willst." Seine Bewegungen wirkten eigenartig hektisch, auch wenn sie nichts von ihrer gewohnten Geschmeidigkeit einbüßten. "Nitta!" hallte es schließlich durch den Raum.
 

Ohne ein Wort griff er sich die Hose und schlüpfte schnell hinein. Sofort fühlte sich der Blaue sicherer und wagte es seinen Blick zu heben. Was kam jetzt? Eine Strafe? Die Stimmungsschwankungen des Mannes waren ja schlimmer als bei einem trächtigen Tama-i und das sollte schon etwas heißen. Abwartend beobachtete er die Haltung und Körpersprache Leonidas' und mahnte sich auf der Hut zu bleiben.
 

Nitta trat ein. Sein Blick streifte den Tama-i und wanderte dann zu Leonidas. "Ja?"
 

"Zikél... zieh ihn aus."
 

"Was?!" rief der Angesprochene erschrocken und wich einen Schritt zurück. Seine Augen hetzten von Leonidas zu Nitta und wieder zurück, ungläubig. War das sein Ernst? "Aber..." setzte er an, merkte aber schnell, dass es nicht ratsam war, den Befehl nicht zu befolgen. Mit weichen Knien ging Zikél auf den großen Mann zu, schien dabei immer kleiner zu werden, und blieb vor ihm stehen. Noch einmal blickte er sich zu Leonidas um. Sollte er wirklich?
 

Leonidas hatte eine Augenbraue gehoben, sagte aber nichts. Der aufflammende rote Schein in seinen Augen verriet jedoch, dass er nicht in der Stimmung war, irgendwas mehr als einmal zu sagen. Er wartete.
 

Ebenso wie Nitta. Er hatte sich Zikél zugewandt und sah ihn an. Sein Gesicht war die gleiche Maske wie immer, schien aber etwas weicher als sonst zu sein. Auffordernd hob er die Arme ein wenig.
 

Mit zitternden Fingern legte er seine Hände auf Nittas Brust und begann mit dem entkleiden. Leichte Röte erschien auf seinen Wangen und sein Herz schien den Brustkorb sprengen zu wollen. Mit angespannten Bewegungen ließ er das Oberteil auf den Boden fallen, zuckte kurz vor dem Hosenbund zurück, doch öffnete dann auch ihn mit zitternden Händen...
 

Als Nitta nackt vor ihm stand, wandte Zikél den Kopf beschämt ab und biss sich auf die Unterlippe. Er fühlte sich erniedrigt, gedemütigt und nicht zum ersten Mal schwor er sich, nichts von den Geschehnissen hier jemals jemandem zu erzählen.
 

Was auch immer in Nitta vorging, ihm war nichts anzumerken. Seine große, durchtrainierte Gestalt stand frei im Zimmer.
 

"Du wirst Zikéls Platz einnehmen."
 

"Sehr wohl."
 

"Komm her."
 

Leonidas ließ sich auf einem der großen Sessel nieder und betrachtete den Mann, der auf ihn zukam. Folgsam kniete er vor seinem Herrn nieder, öffnete dessen Hose und beugte sich über dessen Mitte. Derweil war der Blick Leonidas' starr und durchdringend auf Zikél gerichtet.
 

Entsetzt verfolgte er Nittas Tun und wich bis an die Wand zurück. Er konnte sich nicht rühren, obwohl alles in seinem Kopf nach Flucht schrie. Zikél fühlte wie Übelkeit in ihm aufstieg und er wandte den Kopf zur Seite. Warum tat Leonidas so etwas? Warum musste Nitta ausbaden, was er selber nicht im Stande gewesen war zu tun? Wieso nur war der Dracath so grausam? Zikéls Hände waren zu Fäusten geballt und er zitterte vor Wut. Wut über Leonidas und seine eigene Unfähigkeit. Er konnte Nitta nicht helfen. Und er hasste es, ihn in diese Situation gebracht zu haben. Und er hasste Leonidas, der das zu wissen schien.
 

"Sieh mich an!" durchschnitt die scharfe Stimme des Dracath das stille Zimmer. Seine Augen flackerten kurz, ein Seufzen entkam ihm und in seinen Augen breitete sich die Röte weiter aus, ob nun aus Wut oder aus Lust. Auch sein Kopf sackte leicht zurück.
 

Nitta schien völlig unbeteiligt, machte weiter, womit er angefangen hatte. Sein Körper hob sich ab vor der dunkleren Gestalt des Anderen und den ebenso dunklen Möbeln. Kleine kreisrunde Wunden führten von seinem Nacken zum Steiß und erinnerten unweigerlich an die Geschehnisse des Morgens.
 

Zikél zuckte zusammen, blitzte Leonidas dann jedoch zornig an. Die Pupillen waren nur schmale Striche in dem wogenden Grau. Der Wechsel in den Augen des anderen Mannes schien dem Tama-i kein gutes Zeichen, obwohl es gleichzeitig auch faszinierend war, da er solch ein betörendes Rot noch nie gesehen hatte.
 

Dennoch war er sich der Anwesenheit Nittas sehr wohl bewusst. Die gleichmäßigen Bewegungen, leise Geräusche, die dem Blauen eine Gänsehaut bescherten. Doch Zikél wagte es nicht den Blick von Leonidas zu nehmen.
 

Leonidas griff unsanft in das Haar des Tradon. Nittas Kopf wurde emporgezogen und Leonidas zwang ihm einen begierigen Kuss auf, den Nitta erstaunlicher Weise scheinbar ebenso begierig erwiderte. Und auch dabei wand Leonidas seinen Blick nicht von dem Katzenwesen ab.
 

Die ganze Sache machte ihn immer nervöser. Wollte Leonidas ihn nur ärgern oder wirklich hier mit Nitta... aber das konnte ihm ja egal sein. Wenigstens war er nicht an Nittas Stelle. Und zu allem Überfluss schien es dem Weißhaarigen ja auch noch zu gefallen. Obwohl er sich das nicht vorstellen konnte. Der hellhaarige Mann wurde genauso dazu gezwungen wie er selbst. Kälte kroch langsam in Zikél hoch und ihm wurde schlecht, allein bei der Vorstellung so etwas bei jemandem zu tun, den er nicht liebte, der nicht sein Partner war... er fühlte sich schuldig an Nittas Leid.
 

Was auch immer Leonidas erwartete oder bezweckt hatte, es schien nicht einzutreten. Unsanft, brutal schon, stieß er Nitta von sich, mit einer Kraft, die diesen gegen die Wand schmettern ließ. Sein Kopf prallte hart auf und er ging benommen zu Boden.
 

"Los, renn zu ihm. Erzähl ihm, wie leid es dir tut, was für ein Schwein ich bin." Aufgebracht kam Leonidas auf Zikél zu. "Das ist es doch, was du denkst, nicht wahr?" Dicht vor Zikél erst blieb er stehen. Er war so nah, dass der Blaue seinen Atem spüren konnte.
 

Sein Instinkt sagte Zikél sich auf Verteidigung einzustellen, sein Verstand versuchte verzweifelt ihn davon abzuhalten, da er somit die Wette verlieren würde. Krampfhaft hielt er sich davon ab, den Mann wegzustoßen und mehr Distanz zwischen sie zu bringen. Seine Ohren lagen dicht am Kopf, der Schwanz war gesträubt und peitschte wild hin und her.
 

"Woher willst du wissen, was ich denke?" zischte er nur und schluckte all die Beschimpfungen und wütenden Worte hinunter. Ein Tag, ein Tag, ein Tag! hämmerte es wie ein Mantra in seinem Schädel, so dass er Kopfschmerzen bekam. Seine Lippen waren leicht gekräuselt, so dass man die spitzen Eckzähne sah, wenn er sprach. "Ich verstehen nicht, wie du ihn so behandeln kannst." Kurz versicherte er sich, dass Nitta nicht ernstlich verletzt war, sonst würde er sich vielleicht doch noch gegen Leonidas zur Wehr setzen. Und wenn er Nitta auf seine Seite ziehen konnte... gemeinsam waren sie dem Dracath bestimmt fast ebenbürtig.
 

Leonidas spürte, wie sich etwas in ihm aufbäumte. Etwas in ihn wollte heraus. "Ich hätte dich in Ketten legen können. Ich hätte dich einfach gegen deinen Willen nehmen können... ich hätte, weiß Gott was, mit dir anstellen können..." knurrte er. Er packte Zikél im Nacken, wohl wissen, dass dort sein Schwachpunkt lag, zog ihn hinter sich her und drückte ihn mit seinem gesamten Oberkörper auf das Bett. Wie in einem Schraubstock lag Zikél zwischen dem Möbel und dem Mann und konnte nur zu deutlich dessen Erregung an seinen Schenkeln spüren.
 

In seiner Starre gefangen, fauchte er gefährlich, was wenig Nutzen hatte. Seine Arme und Beine gehorchten nicht mehr Zikéls Befehlen und beißende Angst stieg in ihm auf. Er hasste es so ausgeliefert zu sein, schutzlos, wehrlos. Er zuckte zusammen, als er Leonidas an sich spürte und seine Atmung wurde hektisch. "Nein... nicht..." brachte er gepresst hervor und versuchte sich zu wehren, zwecklos.
 

"Aber ich habe es nicht. Oder? Habe ich?"
 

Leonidas ließ den Jungen los. Schnürte seine Hose wieder zu und sah prüfend zu Nitta, welcher sich wieder aufgerappelt und seine Kleidung zusammengesucht hatte. Wortlos verließ er das Zimmer.
 

"Geh."
 

Zikél war so mit Verzweiflung und Schock beschäftigt, dass er das kleine Wort aus Leonidas' Mund gar nicht hörte.
 

"Verschwinde!" zischte Leonidas und setze leiser, resignierend hinzu: "Bevor ich es mir anders überlege."
 

Es war ihm deutlich anzusehen, dass er es nicht glauben konnte, doch ohne sich noch einmal der Wahrheit zu versichern, rannte Zikél einfach aus dem Raum, aus der Suite. Hatte er es nun überstanden? Er war frei? doch das glaubte er erst, wenn er wieder Zuhause war. Bei seiner Familie.
 

Während er, von missbilligenden Blicken verfolgt, aus dem Hotel stürmte und Richtung Stadtrand lief, machte sich ein Gefühl der Erleichterung in dem Tama-i breit. Er hatte seine Sandalen bei Leonidas vergessen, aber was kümmerte es ihn? Er konnte zu seiner Familie zurück, dort gab es alles, was er brauchte.
 

Leonidas war erschöpft. Er verfolgte vom Balkon aus den Weg Zikéls, bis dieser aus seinem Sichtfeld verschwunden war.

Kapitel 4

Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél

Teil: 04/??

Autor: Alaska & BlueMercury

Genre: Fantasy, Drama

Warnung: Gewalt, Sex, Depri, Zucker (die Warnungen gelten jeweils nur für einzelne Kapitel, also nicht abschercken lassen ^^)
 

Kommentar: So, hier gibt es Kapitel 4. Ich hab mich entschlossen schon mal etwas schneller hochzuladen, damit es voran geht. Wir stehen ja erst am Anfang und bei meinem Tempo dauert es sonst noch ewig, bis alles da ist. Also werde ich jetzt erst mal die Teile 4, 5, 6 hochladen. Nächste Woche bin ich nicht da, also gibts dann nichts neues, aber am Sonntag lade ich dann den Rest, also 7 und 8 (vielleicht sogar 9?) hoch.
 

An dieser Stelle, will ich mich dann auch gleich noch mal bei all unseren lieben Kommi- Schreibern bedanken. Es freut uns sehr, dass euch die Story gefällt. Für alle begeisterten, hier noch ein kleiner Hinweis ^^ Blue und ich haben einen WB zu den Chroniken gestartet, in dem ihr unsere Lieblinge zeichnen sollt. Dabei sind euch keine Grenzen gesetzt.

Hier gehts zum WB:

http://animexx.4players.de/fanarts/wettbewerbe_alt/?doc_modus=detail&id=17175
 

So, nun viel Spaß beim Lesen und Kommentieren (und Zeichnen ^^)
 


 


 

~4~
 

Ohne irgendwelche lästigen Zwischenfälle entkam Zikél aus der Stadt und versteckte sich erst einmal im Wald. Zunächst musste er sich orientieren, denn wenn er blind drauf los rannte, würde die Rückreise doppelt so lang dauern. Zum Glück verdankte er es seinem Instinkt, dass er immer wieder nach Hause fand, egal an welchem Punkt der Welt er sich befand. Es war wie ein inneres Band, dass ihn zu den Leuten führte, die er liebte.
 

Nach einer Stunde auf einem hohen Ast, von dem aus er guten Blick auf das umliegende Gelände hatte, konnte Zikél sicher sein, dass Leonidas ihn nicht verfolgen ließ, obwohl er Nitta wohl kaum bemerkt hätte. Trotzdem machte er sich nun auf den Weg.
 

Der unebene Waldboden unter seinen Füßen machte ihm nichts aus, er hatte viele Streifzüge ohne Schuhe unternommen, als er noch jünger war. Tama-i waren gute ausdauernde Läufer und selbst wenn seine Sohlen durch Dornen oder Steinchen aufgerissen werden würden, konnte er sie von seinen Vätern versorgen lassen.
 

"Ich komme, Jalla... bald bin ich wieder bei euch."
 

Zikél schätzte die Dauer seiner Reise auf fünf bis sechs Tage, wenn es keine Komplikationen gab. Der Sklavenhändler war, bevor sie in diese Stadt gekommen waren, viele Umwege gefahren, um bestellte Ware auszuliefern oder neue zu fangen, weshalb sie fast zwei Wochen unterwegs gewesen waren, doch nun würde es schneller gehen. Er wusste, wo er war und wo er hin wollte. Er war frei und konnte das Tempo bestimmen, nicht so ein Paar stinkender Pferde. Das Gewackel des Wagens hatte ihm doch sehr missfallen und er schwor sich, nie wieder eines dieser Tiere in Gebrauch zu nehmen.
 

Die Durchquerung des Waldes dauerte zwei Tage. Da er in ähnlichen grünen Tiefen aufgewachsen war, machte ihm weder Wind noch Wetter etwas aus. Zudem gab es genügend Beutetiere, mit denen er sich stärken konnte, denn nun lag die große Ebene vor ihm, wo er lange nichts finden würde. Erst wieder in seinem Dorf, vermutete er.
 

Auf der Ebene existierte vornehmlich Steppengras, niedriges Buschwerk und das eine oder andere reizbare Krustentier. Ungenießbar, wie er einmal festgestellt hatte. Außerdem waren die meisten giftig. Also hieß es hungern, doch das war nicht schlimm, wenn er daran dachte, wohin er zurückkehrte.
 

Vielleicht würden sie ein Fest geben. Schließlich war er plötzlich Verschwunden und die Freude über seine Rückkehr würde sicher groß sein. Dann würde es Kaninchen geben, oder Geflügel... oder vielleicht sogar Reh! Bei dieser Vorstellung lief ihm das Wasser im Mund zusammen.
 

Zu seinem Pech knallte die Sonne direkt auf seinen müden Körper, als er am dritten Tag in der Mitte von Nirgendwo herumlief. Der leichte Trabschritt war einem schnellen Gehen gewichen und Zikél wischte sich immer wieder den Schweiß von der Stirn. Rana würde ihn wahrscheinlich erst mal in den Fluss schicken, so wie er stank. Bei der Erinnerung an die zierliche Gestalt seines Mekjahor wurde dem Blauen ganz warm ums Herz. Das dunkelbraune dichte Fell hatte ihn in endlosen Nächten gewärmt und beschützt, während die schmalen Hände seinen Nacken kraulten. Niemand konnte das so gut, wie sein Jaho. Wahrscheinlich würde er Zikél eine Woche nicht aus dem Haus lassen, aus Angst, dass ihm wieder etwas passierte. Er schmunzelte in sich hinein.
 

Als es Abend wurde, suchte er sich ein einigermaßen geschütztes Plätzchen, an dem er sich niederlegen konnte. Ein kleiner Busch mit dichten ovalen Blättern diente dazu perfekt, und er hielt auch noch den meisten Staub ab,

den der kalte Nachtwind über die Steppe wehte. Natürlich schlief Zikél nicht ganz, döste nur leicht, ruhte seine Füße aus, denn auch hier drohten Gefahren, die den sicheren Tod brachten, wenn man nicht vorsichtig war.
 

Am fünften Tag erreichte der Tama-i endlich seinen Heimatwald, was nicht bedeutete, dass es schon Zuhause war, denn sein Dorf lag ganz versteckt, fast am anderen Ende. Doch hier konnte er wieder auf die Bäume wechseln, sich schneller bewegen, wenn er von Ast zu Ast sprang. Eine Gabe, für die ihn sein Bruder Castor beneidete, denn der große schwarze Kater war nicht wendig genug dafür. Seine Stärke lag im Bodenkampf, harter körperlicher Arbeit und... so selten es auch war... im Schwimmen. Allerdings war Zikél nicht sehr scharf auf diese Eigenschaft. Er selbst konnte es nicht und mied auch eher das feuchte Nass. Es war nicht sein Element.
 

Der Nachteil war nur, dass die meisten Tiere in dieser Gegend schlauer waren, denn sie wussten, welche Fressfeinde ihnen gegenüber standen. Tama-i waren geschickte Jäger, töteten jedoch schnell und fast schmerzlos, da sie strikt gegen unnötige Grausamkeit waren.
 

Ganz in Gedanken an die verschiedensten Mähler, erkannte Zikél die Gefahr in Form eines morschen Astes nicht und sprang mit seinem ganzen Gewicht darauf, was natürlich zur Folge hatte, dass dieser nachgab und mit ihm zusammen stürzte. Ein beißender Schmerz explodierte in seinem Knöcheln, als er ungeschickt darauf aufkam und zur Seite abrollte.
 

"Verdammt..." fluchte er laut und blieb solange liegen, bis der Schmerz etwas abklang. Dann betastete er das Gelenk vorsichtig und atmete erleichtert auf. Es war nichts gebrochen, nur verstaucht. "Puh... damit komme ich noch nach Hause... es dürfte nicht mehr allzu weit sein." Mit zusammen gebissenen Zähnen rappelte er sich auf und brach die großen Zweige von dem Ast ab. Bis zu seinem Dorf würde er ihn wohl noch als Stütze benutzen können.
 

Der Nachteil an der ganzen Sachen, neben dem beißenden Stechen bei jedem Auftreten, war, dass es nun länger dauerte. Er würde nicht vor dem Abend Zuhause sein. Warum hatte er auch nicht besser aufgepasst?
 

Es gestaltete sich alles etwas anstrengender, doch als sich der Mond langsam aus seinem täglichen Schlaf erhob, hatte Zikél sein Dorf fast erreicht.
 

Ein unangenehmer Geruch stieg ihm in die Nase, der ihn an verbranntes Holz und Verwesung erinnerte. Verwundert fragte er sich, ob vielleicht ein großes Lagerfeuer angezündet worden war und sie die gelungene Jagd feierten, doch dazu war es zu sehr Gestank. Leichte Sorge machte sich in Zikél breit, als er die Möglichkeit eines Brandes in Betracht zog. "Hoffentlich ist ihnen nichts passiert..."
 

Seine Schritte wurden schneller, auch wenn sein Knöcheln schmerzte und er kämpfte sich durch das letzte

Blätterdickicht, was hier besonders dicht war. Doch kaum hatte er diese grüne Wand hinter sich gelassen, erstarrte er vor Entsetzen.
 

Vor ihm lag ein Bild der Verwüstung, des Chaos und der Gewalt. Die Hütten seines Dorfes, auf mächtigen Bäumen gebaut oder in hohlen Wurzeln, waren zerstört, zusammengebrochen, abgebrannt. Trümmer lagen überall herum, einige Holzscheite rauchten noch. Überall blickte ihm verkohlte Schwärze entgegen, ob auf dem Boden oder an den Bäumen. Einige der mächtigen Waldriesen waren gefällt oder Äste abgebrochen. Das Feuer schien alles vernichtet zu haben.
 

Zikél konnte sich nicht bewegen, zu geschockt war er von diesem Grauen. Seine Rückkehr hatte er sich deutlich anders vorgestellt. Dann durchfuhr ihn ein Ruck und er eilte auf die Stelle zu, wo ihr Baumhaus platziert gewesen war. "Jalla! Jaho! Wo seid ihr?" rief er laut und stolperte im nächsten Moment über ein schwarzes Trümmerteil, welches sich bei genauerer Betrachtung nicht als Holzscheit herausstellte... es war ein Arm!
 

Mit einem Schrei fuhr er zurück, als ihm der Blick zweier lebloser weit aufgerissener Augen begegnete. Nun stieg ihm auch der Gestank von versenktem Fell und Fleisch in die Nase. Mit einem lauten Würgen übergab er sich auf den Boden. Ein zweiter Blick auf den Toten zeigte Zikél, dass der Leichnam nicht völlig verbrannt war, nur die rechte Körperhälfte bis zu den Schultern. Und mit weiterem Entsetzen stellte er fest, dass er den Tama-i kannte, der da vor ihm lag. Es war einer ihrer Nachbarn. Raideen. "Bei allen Göttern..." Panisch sprang er auf und rannte weiter. "Jalla! Castor! Suma! Nein, bitte nicht... ihr dürft nicht auch..."
 

Auf seinem Weg kam er an weiteren Leichen vorbei. Nicht alle waren verbrannt, manche erschlagen durch Holzbalken, andere hatten blutige Wunden, an denen schon die Fliegen fraßen. Als er endlich - es kam ihm wie eine Ewigkeit vor - an der Stelle ankam, wo ihre Hütte gestanden hatte, konnte der Katzenjunge erleichtert feststellen, dass seine Familie nicht erschlagen auf der Erde lag. Ihr Baumhaus war ebenso zerstört, wie jedes andere, doch nicht abgebrannt. Schnell durchsuchte er alle Zimmer, doch nichts.
 

"Wo seid ihr? Wo, um Himmels Willen, seid ihr?" stieß er verzweifelt hervor und sank auf die Knie. Das Gesicht in den Händen verborgen, liefen die ersten Tränen über seine Wangen, die bald zu Sturzbächen des Schmerzes wurden. Die Angst umklammerte sein Herz und Zikél glaubte verrückt zu werden vor Sorge. Wo war seine Familie? Was war passiert?
 

Unfähig auch nur noch einen Schritt zu tun, rollte er sich ganz klein auf dem Boden zusammen und schluchzte laut.
 

~~~
 

Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, doch er musste eingeschlafen sein, denn unerbittliches Sonnenlicht weckte ihn. Für einen Moment glaubte er, in Sicherheit zu sein, bis die Erinnerungen wieder auf ihn hereinbrachen.
 

Gequält blickte er sich um. Bei Tageslicht wurde ihm erst das ganze Ausmaß der Verwüstung bewusst, doch er zwang sich, sich nicht weiter damit zu beschäftigen. Viel eher sollte er versuchen, einen Hinweis auf den Verbleib seiner Familie und Freunde zu bekommen. Das Dorf musste überfallen worden sein. Dafür kamen mehrere andere Rassen in Frage; ein feindlicher Tama-i-Stamm würde nicht solch eine Verwüstung anrichten oder die Toten so liegen lassen.
 

Mit schmerzlicher Entschlossenheit unterdrückte er die Bilder der Gesichter der Ermordeten in seinem Kopf. Er würde sie später begraben. Mit langsamen, kraftlosen Bewegungen begann der Katzenjunge seine Suche auf Spuren, doch er fand nur schwarze Erde und Asche. "Sie können doch nicht vom Erdboden verschwunden sein. Hier muss es doch irgendetwas geben, dass..."
 

Ein leises Fiepen ließ ihn aufhorchen. Verwirrt und mit einem kleinen Hoffnungsschimmer sah sich Zikél um. Gab es doch Überlebende? Hatte er jemanden übersehen? Lautlos, was mit seinem Knöcheln nicht ganz klappte, folgte er dem Laut und stand schließlich vor einer bekannten Hütte. Es war die eines Jugendfreundes seines Kemjal, der dort mit seinem kleinen Sohn gelebt hatte, doch Zikél wusste, dass es für Armidas keine Rettung mehr gab, er war tot. Er wollte sich schon wieder abwenden, da erklang es wieder, schwach, kaum hörbar.
 

"Hallo? Ist hier noch jemand?" Er machte einige Schritte in die Ruine und dann sah er ihn. Eingeklemmt unter dem schlaffen Körper seines Vaters. "Telis!" Entsetzt stürzte Zikél auf den Leichnam zu und wälzte ihn von dem Kätzchen herunter. Armidas musste versucht haben ihn zu schützen. Schnell hob er das Junge hoch und brachte es nach draußen in den Schatten.
 

"Telis... Telis, bist du verletzt? Tut dir etwas weh? Verdammt... was ist nur passiert?" Kurz davor, wieder in Tränen auszubrechen, widmete sich der blaue Kater lieber dem Kleinen und untersuchte ihn auf schwere Verletzungen, doch er konnte nichts finden. Telis schien nur am Ende seiner Kräfte. "Gott, wie lange liegst du hier schon?" Der Kopf des Jungen rollte hin und her, als hätte er einen Albtraum und Zikél lief schnell los, um etwas Wasser zu holen. Er war selbst erschöpft von der langen Reise, aber er konnte jetzt nicht einfach still rumsitzen.
 

Nachdem er den kleinen grauen Kater ausreichend versorgt hatte und dieser ihm benommen ein paar Wortfetzen zugeflüstert hatte, aus denen Zikél schloss, dass ihr Dorf wirklich überfallen worden war, von Menschen, und die

Anderen verschleppt und wahrscheinlich in irgendeinem Steinbruch gebracht worden waren, begann er die mühsame Arbeit des Bestattens.
 

Jeder der Toten musste anständig begraben werden, sonst würde sich seine Seele nicht mit den Wurzeln allen Lebens, der Natur, dem Wald, verbinden können. Es waren zwanzig Körper, die er fand. Und alles Freunde und Bekannte. Ihr Dorf war nicht sehr groß gewesen, so dass sich alle Familien kannten. Es brach dem Tama-i fast das Herz, sie nun hier leblos liegen zu sehen. Stumme Tränen rollten über seine Wangen, während er die Toten wusch, die Wunden verband, damit ihre Seele später keinen Schaden nehmen würde, und sie in die großen Blätter des Kahari-Baumes einwickelte. Die Augen wurden mit dem Saft der Pflanze bestrichen, um die Seele vor Räubern zu schützen.
 

Es war mühsam, kräftezehrend und eine reine Qual. Einige Male stand er selbst kurz vor dem Zusammenbruch, nervlich, wie körperlich.
 

Nach zwei Tagen hatte er es endlich geschafft auch die letzte Leiche auf der Begräbnisstätte zu verscharren. Um jeden Einzelnen hatte er geweint und gebetet. Zwischendurch nach Telis gesehen, der immer noch zu schwach war, um sich zu bewegen und meistens schlief. Dann brach Zikél neben dem Jungen zusammen und sank in einen unruhigen Schlaf.
 

Doch auch am dritten Tag gönnte er sich keine Ruhe. Er musste seine Familie finden und befreien. Er hatte selbst erlebt, wie es in diesen Arbeitslagern zuging und die Vorstellung, seine Familie dort zu wissen, machte ihm Angst.
 

Aber wie sollte er es allein schaffen? Wie sollte er ohne fremde Hilfe gegen eine kleine Armee kämpfen? Es gab niemanden, der ihm helfen konnte, niemand war mehr übrig. Zitternd und hungrig kauerte er neben dem Kätzchen und fühlte die Mutlosigkeit und Hoffnungslosigkeit in sich aufsteigen. Sie waren verloren. Er konnte nichts tun. Es gab niemanden, der...
 

"Leonidas..." hauchte Zikél und starrte vor sich auf den Boden. Nein, das war absurd. Warum sollte der Mann ihm helfen, nach all dem, was passiert war? Doch Zikél musste es versuchen, es war seine einzige Chance. Außerdem hatte sich die Situation geändert. Es ging nicht mehr darum sich selbst zu retten, sondern nun ging es um seine Familie, die ihn brauchte. Es gab keinen anderen Ausweg.
 

Bis zum Abend haderte er noch mit sich, hatte Angst diesen Schritt zu tun und wollte gar nicht darüber nachdenken, was passierte, wenn Leonidas ihn abwies. Nach Sonnenuntergang rappelte der Tama-i sich hoch, um den Rückweg anzutreten. Sein Körper war eigentlich nicht mehr in der Verfassung für so einen Marsch und sein Herz war erschüttert und zerrissen durch die vielen Toten. Dennoch... er hob Telis auf die Arme, barg ihn sicher an seiner Schulter und lief los. Immer weiter durch den Wald und die Steppe.
 

Sein Körper verwandelte sich schnell in die reinste Hölle, deren Qualen sich in jeden Nerv nisteten. Alles schmerzte, dann die zusätzliche Belastung mit dem Kätzchen, das immer schwächer wurde. Essen fand er kaum welches, war nicht in der Lage auf Jagd zu gehen. Hin und wieder eine Maus, die er jedoch bereitwillig an das Junge abtrat.
 

Nach fünf Tagen hatte er die Ebene überwunden und brauchte drei weitere, um zur Stadt zu kommen. Einmal war ihm in den Sinn gekommen, dass Leonidas vielleicht weitergezogen war, schließlich hatte er in einem Hotel gewohnt, doch schnell schob er diesen Gedanken beiseite.
 

Mittlerweile war Zikél nicht nur am Ende seiner Kräfte, sondern weit darüber hinaus. Den ganzen Weg über hatte er Telis getragen. Sein Knöchel war auf das zweifache Angeschwollen, doch der Katzenjunge war längst jenseits allen Schmerzes. Allein sein starker Wille hielt ihn aufrecht.
 

Mit schwankenden Schritten gelang es ihm durch Gassen und Hinterhöfe zu dem Hotel zu gelangen, von dem aus er vor über zwei Wochen geflohen war. Nun empfand er ein seltsames Gefühl von Melancholie, wenn er die feinverzierte Fassade betrachtete.
 

Natürlich konnte er nicht einfach so dort hinein spazieren. Deshalb stahl er sich ein großes Laken von einer Wäscheleine hinter einem Haus und verbarg sich unter dem Stoff. Auf diese Weise gelang es ihm durch einen

Hintereingang, der wahrscheinlich für das Personal gedacht war, ins Innere zu gelangen. Ab da war es ein Kinderspiel. Er schlich die Gänge hinunter, nahm einen Lastenaufzug und stand schließlich vor der Tür, hinter der seine letzte Hoffnung wohnte.
 

~~~
 

Zikél klopfte nicht an, sondern trat einfach in die unverschlossene Suite ein. Es war still, als er den Raum betrat. Leonidas schien sich gerade anzukleiden und drehte sich zu ihm um. Mit einem gewissen Amüsement bemerkte der Tama-i Nitta zu seiner Rechten, der wachsam ihn, den Eindringling, beobachtete, bereit, seinen Herren zu beschützen. Leonidas selbst stand mit undurchsichtigem Ausdruck vor ihm.
 

Zikél war noch immer in das Laken gehüllt, weshalb sie ihn wahrscheinlich noch nicht erkannt hatten, doch nun kniete er sich auf den Boden, um Telis, der gut verborgen an seiner Brust geruht und mal wieder das Bewusstsein verloren hatte, abzulegen. Dabei rutschte das Tuch von seinen Schultern und er stand in seiner zerfetzten, dreckigen Hose vor den beiden Männern.
 

Schwer atmend, mit der letzten Kraft, die sein Körper aufbringen konnte, ging Zikél auf den Schwarzhaarigen zu. Sein Gesicht, obwohl von Erschöpfung gezeichnet, war fest und unnachgiebig. Das vorher so schön glänzende Fell war nun stumpf und mit Staub verdeckt, teilweise sogar mit Erde oder Blut verkrustet. Der damals so sehnige Körper wirkte ausgemergelt und dünn, die funkelnden Augen waren jetzt matt und leer. Zikél merkte, wie seine Sicht verschwamm, wie sein Körper nach unten zog, schwer wie Blei. Er knickte ein, sein Knöchel stach. Die Füße hinterließen kleine Blutflecken, da sie wund, aufgerissen und geschwollen waren.
 

Kurz bevor er Leonidas erreicht hatte, fiel der Blaue auf die Knie, krallte sich dabei in die Robe des Mannes. "Bitte... du musst mir helfen." brachte er rau hervor. "Ich tue alles... aber... hilf mir... sie haben sie... geholt..." Seine Augen begannen zu brennen, Tränen rannen über die Wangen, hinterließen dunkle Spuren. Zikél verlor den Halt, er hörte noch einen Laut, wie von knisterndem Stoff. Dann war alles schwarz und er schlug auf dem Boden auf.
 

Leonidas sah einen Moment auf den Jungen herab, beugte sich dann zu ihm herunter und hob ihn auf. Einer stummen Bitte folgend nahm sich Nitta des Kindes an und gemeinsam gingen sie hinüber, legten die Beiden auf dem Bett ab und entkleideten sie, soweit es nötig war. Nitta verschwand und kam mit weiten Hemden wieder, in denen die beiden Körper verschwanden.
 

"Mao, kümmere dich bitte um die Beiden."
 

Die schmale Gestalt Maos tauchte aus dem Schatten des Nebenzimmers auf und sah verlegen und verwirrt auf die beiden Körper, die dort lagen. "Tama-i." schnurrte er und seine Züge wurden weich.
 

"Ja." bestätigte Leonidas.
 

Der Katzenjunge trat näher. Sein helles cremefarbenes Fell war glatt und kurz, sein Haupthaar hing in einem dicken Flechtzopf über seine Schulter. "Ich kümmere mich um die Beiden." Damit holte er die Schüssel und die Kanne zu sich, begann die Wunden des Blauen zu säubern und zu versorgen.
 

"Wir lassen euch allein. Wir sind gegen Abend zurück." erklärte der Dracath knapp. Ein flüchtiger Kuss streifte die Ohren des Braunen, dann verschwanden Nitta und Leonidas.
 

Zikél merkte nichts von all dem. Sein Körper hatte nach den seelischen und physischen Strapazen einfach aufgegeben, obwohl er Leonidas um so vieles noch hatte bitten wollen. Die Ruhe tat ihm gut. Auch Telis lag entspannter auf dem Laken, zu einer kleinen Kugel zusammen gerollt. Er war in weit besserer Verfassung als sein großer Gefährte.
 

Mao sah den beiden Männern noch nach, dann schälte er die beiden Körper wieder aus ihrer Kleidung. Menschen verstanden so wenig von den Tama-i! Den Kleinen legte er dem Blauen in die Arme, wo sich Telis, ohne aufzuwachen, sofort an Zikél schmiegte. Er selber legte sich hinter den Größeren und begann zu schnurren. Der Blaue lag erschöpft in Maos Armen, doch das sanfte Vibrieren entspannte ihn. Mao wusste, wie beruhigend und erholsam es für Seinesgleichen war, die dumpfen Töne einfach um sich zu haben. Seine Hand strich an dem Fremden auf und ab und krauelte beruhigend durch das klamme Fell. Beiläufig bürstete er die Haare mit den krallenbewährten Fingerspitzen. Und fuhr damit fort.
 

Im Schlaf fühlte der Blaue sich plötzlich wie Zuhause, wenn sie dicht beisammen gekuschelt abends einschliefen. Suma schnurrte auch immer für ihn, wenn er nicht schlafen konnte oder schlecht träume. "Jaho... Jalla..." nuschelte er leise und drückte sich gegen Mao. Zikéls Träume waren freundlich, er erkannte seine Familie. Hier traf er sie so, wie es in der Realität hätte sein sollen. Alles war in Ordnung, allen ging es gut, sie waren vereint.
 

Er schlief sehr lange, sein Körper holte sich all das zurück, was er in der vergangenen Zeit von ihm gefordert hatte.
 

Als Leonidas und Nitta zurückkehrten und die Tama-i immer noch schlafend vorfanden, beschlossen sie, bis zum nächsten Tag zu warten, an dem Zikél wohl wieder von alleine aufwachen würde. Die beiden Männer verzogen sich in das Nebenzimmer, um die Nachtruhe der Anderen nicht zu stören.

Kapitel 5

Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél

Teil: 05/??

Autor: Alaska & BlueMercury

Genre: Fantasy, Drama

Warnung: Gewalt, Sex, Depri, Zucker (die Warnungen gelten jeweils nur für einzelne Kapitel, also nicht abschercken lassen ^^)
 

Kommentar: Wie versprochen, gibt's gleich den 5. Teil hinterher. Viel Spaß dabei!
 


 


 


 

~5~
 

Das Gefühl von sanftem Streicheln weckte ihn und Zikél schnurrte zufrieden. Dann war es alles nur ein schrecklicher Albtraum gewesen... ein Glück. Er wollte sich gerade räkeln, bis er erstens ein schwaches Gewicht auf seiner Brust fühlte, zweitens ein leises Schnurren hinter sich und drittens einen ziehenden Schmerz durch seinen gesamten Körper.
 

Stöhnend blinzelte er und blickte direkt in ein cremefarbenes Gesicht. Etwas verstört, aber nicht misstrauisch, da er die Katzenohren erkannt hatte, schaute er Mao an und lächelte. "Wer bist du? Ein Freund von Castor? Oder

hat Jaho wieder entfernte Verwandte eingeladen?"
 

"Ich bin Mao." sagte der noch nicht ganz wache Braune schlicht.
 

Zikél setzte sich auf und blickte an sich hinunter. "Telis, was machst du denn..."
 

Zikél stockte, sah auf und im Zimmer umher. Das war nicht ihr Baumhaus. Oder eine andere Hütte aus ihrem Dorf. "Nein." hauchte der Blaue und schüttelte den Kopf. "Nein, das darf nicht wahr sein..." Sein Gehirn begann zu arbeiten und er war im Begriff, aufzuspringen. "Ich muss zu Leonidas. Er muss mir helfen! Sie haben sie geholt! Sie haben sie alle geholt!" Die Erkenntnis war wie ein Hammerschlag auf ihn niedergegangen und Zikél glaubte für einen Augenblick keine Luft zu bekommen. Dann hatte er das nicht alles nur geträumt? Dann... waren sie wirklich...
 

Mao rutschte an den Anderen heran und nahm ihn sanft in den Arm. "Beruhige dich." Er streichelte behutsam dessen Oberarm.
 

Aber Zikél war viel zu aufgeregt und durcheinander. Er spürte die Angst kalt in seinem Magen, wie sie sich ausbreitete und reifte - zu einer ausgewachsenen Panik. "Nein, lass mich. Ich muss zu Leonidas." wehrte er sich und kam von Mao los.
 

Kaum war der Blaue auf den Füßen, sackte er auch schon mit einem Schmerzenslaut zusammen. Sein Knöchel war mittlerweile dunkelblau und er konnte kaum auftreten. Dennoch tat er es und knickte gleich wieder ein, was ihn nicht davon abhielt, es immer wieder zu versuchen. In seinem Kopf hämmerte nur immer wieder ein Name. Ungeachtet seiner Verfassung wollte Zikél gleich aufbrechen und seine Familie suchen.
 

Mao sammelte ihn vorsichtig, aber bestimmt vom Boden auf. "Leonidas wird bald kommen. Verhalte dich

ruhig, du brauchst deine Kraft." Sanft zog er den Blauen wieder zurück ins Bett. "Du nützt weder ihm noch deiner Familie, wenn du nicht bald wieder auf die Beine kommst."
 

"Aber... aber ich muss zu ihnen! Sie bringen sie um! Sie werden sie foltern und dann umbringen. Sie haben es immer getan, wenn ihnen langweilig war..." würgte er gehetzt hervor und wirkte weiterhin rastlos und überreizt. "Ich bin fit, wirklich! Wir können sofort los!" In den graublauen Augen sah man die Angst, die Zikél um seine Familie hatte. Er war noch nie so lange von ihnen getrennt gewesen... nur einmal... und seit dem hatte er sich geschworen, sie nicht mehr zu verlassen.
 

Verzweifelt packte er Mao an den Schultern und schüttelte ihn. "Du hilfst mir, nicht wahr? Bist du ihnen entkommen? Warst du auch da? Hat er dich befreit?" Er konnte gar nicht richtig denken, alle Gedanken und Gefühle wirbelte ihn ihm durcheinander und er war schon wieder nahe eines Nervenzusammenbruches.
 

Die lauten Stimmen weckten schließlich auch Telis, der sich scheu aufsetzte und Zikél ängstlich ansah. "Zikél... wo ist Jalla..." wimmerte er und begann auch schon zu weinen.
 

Als hätten diese paar Worte einen Schalter in ihm umgelegt, wurde der Blaue plötzlich ruhig und krabbelte zu dem Kätzchen. "Ganz ruhig, Kleiner. Ich bin bei dir, okay? Du brauchst keine Angst zu haben."
 

"Wo ist Jalla?" fragte Telis erneut, dieses Mal lauter.
 

Sein großer Freund warf Mao einen verzweifelten Blick zu. Es brach ihm das Herz dem Kleinen die Wahrheit sagen zu müssen. Erst im vergangenen Winter hatte er seinen Mekjahor verloren und nun auch noch seinen Kemjal. Er war ganz allein und irgendwie fühlte sich Zikél nun für ihn verantwortlich.
 

"Er ist bei deinem Jaho, Telis."
 

Das schien dem Kleinen einen Schock zu versetzten, denn er schrie im nächsten Moment wild los. Der Blaue kannte diese Ausbrüche, das hatte der Kleine seit sein Mekjahor gestorben war. Es war Trauer und Verständnislosigkeit, gemischt mit Wut und Verzweiflung.
 

Mao betrachtete das Ganze mit weicher Miene. Es tat ihm sehr leid, was den anderen Beiden zugestoßen war. Es erinnerte ihn an seine eigene Vergangenheit.
 

"Herr Leonidas und Herr Nitta sind im Bad. Wenn sie zurück sind, werden wir reden. Und überlegen, was wir weiterhin tun."
 

Telis tobte noch weiter und Zikél hatte Mühe, ihn unter Kontrolle zu bringen. Der kleine graue Kater war außer sich und konnte seine Gefühle nicht anders ausdrücken, als in einem Wutanfall. Rana hatte ihm einmal erklärt, dass es wohl eine Krankheit wäre und man viel Geduld mit ihm haben müsste. Deshalb versuchte der Tama-i die einzige Möglichkeit, die ihm einfiel und umschlang den zitternden Körper fest mit den Armen.
 

"Ruhig, Kätzchen... ich bin für dich da, hörst du? ... ich bleibe bei dir und pass auf dich auf, ja?" Er wiegte Telis sanft vor und zurück, ließ sich auch nicht von dem Kinnhaken beirren, den der Graue ihm in seinen Fluchtversuchen verpasste.
 

Mao langte zu einem Tablett, welches neben dem Bett stand, und goss in einen kleinen Becher etwas Tee. "Hier, Telis. Trink einen Schluck." versuchte er sich an dem Jungen. Er sah Zikél fragend an und betrachtete das Geschehen.
 

Nun plötzlich wieder ganz scheu, drückte sich das Junge an den größeren Kater und vergrub das Gesicht in dessen Brustfell. Dies ließ Zikél aufatmen, denn jetzt konnte er davon ausgehen, dass Telis ihn sozusagen als vorläufigen Ersatz ansah, auch wenn er Armidas niemals ersetzten könnte. "Er ist schüchtern." lächelte er Mao ruhig an und versteckte das Kätzchen weiter in seinen Armen. Wortlos nahm er die Tasse entgegen und hielt sie vor die Nase des Jungen. "Trink das, Kleiner. Du musst wieder fit werden, hm?"
 

Das sanfte Lächeln auf den Zügen des Blauen ließ für einen Moment vergessen, was passiert war, obwohl Zikél sich nur zusammenriss. Ihm war nach heulen zumute, aber mit der zusätzlichen Verantwortung für ein Kätzchen konnte er sich jetzt nicht mehr so einfach gehen lassen.
 

"Warum bist du hier, Mao?"
 

Mao lächelte und hoffte, dass das leichte Beruhigungsmittel, mit dem Leonidas den Tee versetzt hatte, schnell bei dem Kleinen anschlagen würde. Er brauchte viel Ruhe.
 

"Weil Herr Nitta einen hohen Preis bezahlt hat und mich hier her brachte. Ich diene hier." Sein Lächeln wurde traurig, aber war nicht weniger weich. "Aber kein Grund zur Sorge. Ich lebe seit Jahren in Gefangenschaft, und hier lässt es sich bisher ausnehmend gut aushalten."
 

"Nitta? Er hat dich gekauft? Weißt du warum?" Für einen kurzen Moment überlegte Zikél, ob der Andere ein Ersatz für ihn selbst sein sollte, aber für so rührselig hielt er Leonidas nun auch wieder nicht. "Ist im Grunde auch egal. Wie alt bist du? Und wann wurdest du gefangen? Auch von Menschen?" Er spukte das Wort aus, als wäre es etwas Ekeliges.
 

Zikél merkte, wie Telis in seinen Armen immer schwerer wurde und lächelte bei dem Anblick des schlafenden Kätzchens. Behutsam legte er ihn nieder und deckte ihn zu. "Schlaf gut, Kleiner. Du hast es bitter nötig."
 

"Du hast es nicht minder nötig." lächelte Mao. "Wie alt ich genau bin, kann ich dir nicht sagen. Ich wurde schon in Gefangenschaft geboren. Ich kenne nur Geschichten von meinem Kemjal über das Leben draußen."
 

Zikél machte große Augen, die sich im nächsten Moment gleich wieder verengten. Wütend packte er ein Kissen und schleuderte es gegen die Wand. "Diese verdammten Menschen! Wie ich sie hasse! Warum tun sie anderen Wesen so etwas an?" Er ballte die Hände zu Fäusten und presste sie gegen die Stirn.
 

Mao lächelte immer noch, trauriger, und schwieg. Langsam stand er auf, umrundete das Bett und nahm wieder die Schüssel zur Hand. "Lass mich nach deinen Wunden sehen." bat er und streckte die Hand nach den geschundenen Füßen des Anderen aus.
 

"Das brauchst du nicht. Ich kann das auch selbst." wehrte der Blaue erschöpft ab und warf einen Blick auf seinen geschwollenen Knöchel. Doch mit den Gedanken war er weit weg. Immer wieder musste er an seine Familie

denken, was ihnen alles passieren konnte... was die Menschen ihnen antun würden. Warum hassen sie die Tama-i nur so sehr? Warum behandeln sie die Katzenwesen wie Tiere?
 

Maos traurige Augen sagten Zikél, dass dieser schon viel Schlechtes erfahren haben musste. Allein die Vorstellung, nie frei gewesen zu sein, war für den Tama-i undenkbar.
 

"Das hat niemand bestritten. Lass dich nach den Strapazen einfach ein wenig umsorgen." meinte Mao sanft und legte Zikél eine Hand auf sein Bein.
 

Misstrauisch beobachtete er den Anderen, doch dann wurden seine Züge weicher und er nickte. Mao konnte auch nichts dafür, dass er nun in dieser Situation steckte und der Tama-i wollte ihm schließlich nur helfen. "Na gut, tu was du nicht lassen kannst." Er warf einen kurzen Blick auf Telis, der ruhig schlief. "Was hat dir dein Kemjal von dem Leben draußen erzählt?"
 

"Viele Geschichten." sagte Mao, während er den ersten Verband löste und die darunter verborgenen Wunden betrachtete. "Über das Leben der Tama-i allgemein, über Feste, über die Jagten. Er erzählte mir, dass unser Stamm, der Stamm der Tajoh, in den niederen Gebirgen gelebt hatte und sich überwiegend dem Fischfang widmete. Ihre Heimat nannten sie selber das Tal der Ströme, weil durch ihr Gebiet drei fischreiche Flüsse verliefen." Vorsichtig wusch er die Wunden nochmals aus.
 

Zikél verzog leicht das Gesicht. "Fisch? Wasser? Eww... aber von eurem Stamm habe ich schon gehört. Ich glaube, mein Urururururgroßvater hat dort seinen Lebenspartner gefunden..." Er zuckte leicht zusammen, als Mao die kleinen Schnitte abtupfte und lächelte schief.
 

"So so." sinnierte Mao und spritzte Zikél ein paar Wassertropfen ins Gesicht. "Ich mag Wasser." Darauf achtend, dem Anderen nicht weh zu tun, verteilte der Braune eine dunkel-grün-braune Paste auf den Wunden, während er erklärte: "Das wird Entzündungen verhindern." Dann legte er ihm einen Verband um und bedeutete Zikél, ihm auch den anderen Fuß zu geben.
 

"Hey!" protestierte Zikél halbherzig und wischte sich die Tropfen aus dem Gesicht. So was hatte man doch wirklich gern! "Du bist der erste Tama-i, den ich kenne, der Wasser mag. Ich kann mich damit nicht anfreunden. Ich kann ja nicht mal schwimmen..."
 

Er platzierte seinen Fuß vor Mao und wackelte auffordernd mit den Zehen, ließ es aber schnell bleiben, als ein stechender Schmerz ihn durchzuckte. "Verdammt... hat dir das dein Kemjal beigebracht? Das Heilen, meine ich."
 

"Nein. Das brachte mir mein erster Herr bei. Ein... na ja, Medizinmann, kann man sagen. Er hat mir viel über Heilpflanzen und Wundversorgung beigebracht. Obwohl ich eigentlich nur sein Gehilfe war. Aber diese Salbe hat Herr Leonidas mir gegeben, mit der Anweisung, damit deine Wunden zu versorgen." Auch der zweite Fuß war schnell gereinigt und eingesalbt und auch dort legte Mao einen sauberen Verband an. Zudem wickelte er eine feste Bandage um den verletzen Knöchel, um diesen zu stützen.
 

"Leonidas hat sie dir gegeben? Das war ja richtig... nett... von ihm." Das Letzte, was er von dem Mann erlebt hatte, war weniger erfreulich, aber immerhin hatte er ihn gehen lassen. Und nun saß er wieder hier, genau da, wo er angefangen hatte. Während Mao seinen Fuß versorgte, knurrte er einige Male böse auf, da ihm der Schmerz dabei nicht erspart blieb. Zikéls Hoffnung, all seine Freunde und Bekannte wiederzusehen und auch zu retten, sank immer weiter.
 

"Weichei..." neckte Mao ihn friedlich, weniger, um den Anderen zu beleidigen, als mehr, um ihn auf andere Gedanken zu bringen.
 

Zikél bleckte kurz die Zähne und fauchte leise, wenn auch halbherzig. "Lauf du mal mit dem Kleinen auf dem Rücken zwei Wochen durch die Gegend und davon fast zehn Tage mit verstauchtem Fuß." Mürrisch schüttelte der Blaue den Kopf und schwang die Beine über den Bettrand.
 

"Herr Leonidas ist ein guter, aber sehr eigenwilliger Herr. Jedenfalls hat er sich bisher so gezeigt."
 

"Eigenwillig... das ist wohl leicht untertrieben. Er ist jähzornig und unberechenbar. Du sagst ein falsches Wort und klebst an der Wand. Was daran nett ist, weiß ich nun wirklich nicht." Sie schwiegen kurz beide, dann murmelte Zikél leise: "Aber trotzdem bin ich bereit, alles zu tun, was er verlangt, wenn er mir nur hilft, mein Dorf und meine Familie zu befreien."
 

Mao legte den Kopf schief und sah Zikél nachdenklich an, dann stand er auf und holte eine Krücke unter dem Bett hervor. Herr Leonidas hatte ihm gesagt, dass er sie dort finden würde... "Hier. Damit kannst du laufen. Versuch es mal." Er griff nach Zikéls Arm, um ihn etwas zu stützen.
 

Aus den bangen Sorgen um seine Leute gerissen, starrte der Angesprochene eine Weile stumm auf den Gegenstand und blinzelte dann. Wortlos nahm er die Krücke, ließ sich widerwillig von Mao helfen und stand auf. Die ersten Schritte waren noch ungeschickt, aber schnell fand er heraus, wie er sich bewegen und wie belasten musste, um damit klar zu kommen.
 

"Wird schon gehen. Meinst du es dauert lange, bis mein Knöchel verheilt ist? Ich will so schnell es geht aufbrechen, um meine Familie zu suchen." Er verdrängte die Bilder von den Toten schnell, die auch Mitglieder seiner Familie hätten sein können. Und er wollte auch gar nicht daran denken, was ihnen bei den Menschen alles angetan wurde. Und Suma war auch noch trächtig... wenn den Ungeborenen etwas passieren würde...
 

"Wenn du deinen Knöchel nicht belastest und dir viel Ruhe gönnst... eine Woche, vielleicht zwei. Aber dann müsste es wieder gehen." Besorgt betrachtete er den Gang des Verletzten, dann sah er hinüber zum Bett, auf dem der Kleine noch lag. "Lass uns ins Nebenzimmer gehen. Du solltest was Essen. Und Telis sollte in Ruhe schlafen." Damit ging er zur Tür und öffnete sie für Zikél.
 

Seinen Ausbruch hob er sich für den anderen Raum auf, da das Kätzchen sich gerade friedlich zusammen gerollt hatte. Doch kaum war die Tür geschlossen, brauste Zikél auf. "Eine Woche? Spinnst du? In einer Woche könnten sie alle tot sein! Wir müssen sofort aufbrechen, am besten noch heute! Ich brauche keine Ruhe, ich pack das schon. Verdammt, verstehst du das nicht? Ich kann doch hier nicht eine Woche rumsitzen und mich ausruhen, während meine Familie, mein Dorf gequält und gefoltert werden! Sie brauchen mich! Ich bin der Einzige, der noch frei ist. Die Anderen sind alle..." Er wollte es nicht aussprechen, denn das machte es irgendwie so endgültig. Fahrig wandte er sich von dem anderen Tama-i ab und tigerte so gut es mit der Krücke ging, im Raum auf und ab.
 

"Setzt dich. Iss etwas. Du hilfst deiner Familie auch nicht, wenn du die Nerven verlierst und deinem Körper Dinge zumutest, die er nicht aushalten kann." Ruhig, wie eigentlich immer, nahm Mao ein Laib Brot zur Hand und schnitt mehrere Scheiben ab. Auch Fleisch und Käse sowie Gemüse und ein wenig Obst hatte sein Herr für sie hier stehen lassen. "Also, was möchtest du essen?"
 

Unwirsch knurrte er den Cremefarbenen an, kam dann aber der Aufforderung nach. "Gib mir was von dem Fleisch." war die automatische Antwort. Zikél war nie ein großen Pflanzenfresser gewesen und alle Versuche seines Mekjahor, ihm die verschiedenen Wurzeln und Rüben schmackhaft zu machen, waren gescheitert. Das einzige Grünzeug, dass er sich bereit erklärte zu essen, war Obst und das in Massen, wenn es ihm schmeckte. Doch nun rührte er kaum etwas an. Ein bisschen Brot und Fleisch, eine Beere, dann schob er den Teller weg. Ihm war der Hunger schon lange vergangen. "Ich bin satt, iss du den Rest." Wieder vertiefte er sich in Grübeleien, wie sie als nächstes vorgehen sollten. Wenn nur Leonidas endlich auftauchen würde. Auch wenn er es nicht gern zugab, war der Mann nicht gerade auf den Kopf gefallen. Vielleicht konnten sie gemeinsam etwas ausbrüten.
 

Mao selber aß ebenfalls ein wenig Fleisch, hauptsächlich aber Brot. Den unfreundlichen Ton des Blauen strafte er mit einem verärgerten Schnauben und verzichtete darauf, weitere Ratschläge zu geben. Seine Ohren zuckten unzufrieden und sein Schwanz ging stetig langsam hin und her. "Du bist zu impulsiv. Und einen Kranken wird Herr Leonidas mit Sicherheit nicht mitnehmen, sollte er überhaupt bei der Suche nach deiner Familie helfen." Tatsachen.
 

Zikéls Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Er hatte die letzten Tage viel durchgemacht und keinen Nerv, nun einem zahmen Hauskater irgendetwas über die Bedeutung seiner Familie zu erklären. "Hör zu, du Schoßtiger. Du weißt nichts über mich! Gar nichts! Also solltest du dir nicht anmaßen über mich zu urteilen!" Bedrohlich. Knurrend. "Ich bin nicht krank, höchstens verletzt und auch das wird schneller verheilen, wenn ich weiß, dass es ihnen gut geht." Stur wie er war, wollte der Blaue kein Einsehen haben und stand wieder auf, während sein Schwanz wild hin und her peitschte.
 

"Schoßtiger..." wiederholte Mao tonlos. Auch er stand auf, ging auf Zikél zu. "Ich soll mir kein Urteil über dich bilden? Ich kenne dich nicht?" Er lachte trocken auf.
 

"Du gibst dich wie ein kleines verwöhntes Kind. Wenn du deinen Willen nicht bekommst, lässt du das an allen Anderen aus. Beschwerst dich, ich würde dich nicht kennen und nennst mich einen Schoßtiger?" Seine Ohren lagen dich am Kopf und er zeigte seine Zähne. Die Stimme, die mehr ein bösartiges Fauchen war, fuhr fort: "Du hast im Gegensatz zu mir noch eine Familie, die du vielleicht retten kannst. Aber so, wie du dich aufführst, machst du es dir und allen, die dir helfen wollen, nur schwerer."
 

Er war vor Zikél angekommen und sah ihn wütend, verletzt an. "Du bist nicht der Einzige, der Leid und Schmerz erfahren hat. Diene du Anderen, sei nicht mehr Herr über dein eigenes Leben, erlebe, wie es ist, benutzt zu werden - und am Ende war doch alles umsonst. Und dann musst du dich zu allem Überfluss um einen Typen kümmern, der keinen Funken Verantwortungsbewusstsein besitzt und der wirft dir an den Kopf, du wärest ein Schoßtiger!"
 

Einen Moment noch funkelte Mao Zikél wütend an, dann entspannten sich seine Züge etwas und er ging wortlos zurück zum Tisch. Es kochte in ihm, doch solch einen Ausbruch durfte er sich nicht wieder leisten.
 

Auch Zikél beantwortete die Drohgebärden aggressiv und angriffslustig. Er hatte nicht übel Lust, seine gebleckten Zähne in den Körper des Anderen zu schlagen. "Du verstehst gar nichts." Die Stimme leise und gefährlich. "Du weißt nicht, wie es in den Arbeitslagern und Steinbrüchen zugeht, du hast nicht gesehen, was sie mit den gefangenen Tama-i machen. Aber ich schon. Ich habe es am eigenen Leib erfahren."
 

Bei den Erinnerungsfetzen schluckte er kurz, ihm wurde schlecht. "Mein Kemjal hat mich damals da rausgeholt. Er hat sein Leben für mich riskiert, ist schwer verletzt worden und glaubst du, ihn hätte ein verstauchter Knöchel aufgehalten? Mag sein, vielleicht habe ich kein Verantwortungsbewusstsein, aber eben WEIL ich noch eine Familie habe, will ich sie beschützen. Ich bin es ihnen schuldig, ich bin es meinem Kemjal schuldig!"
 

Seine Stimme wurde immer leiser, atemlos. Die graublauen Augen starrten abwesend auf den Boden, als wäre da die Lösung all seiner Probleme. "Ich weiß nicht, was man dir angetan hat. Was du schon erleiden musstest. Ich kann es mir wahrscheinlich nicht einmal vorstellen. Aber ich würde alles tun, um meiner Familie das zu ersparen, was sie mir damals angetan haben. Niemand hat so etwas verdient..."
 

Zikéls Stimme brach. Er war erschüttert von seinen Gefühlen und Erinnerungen, erschöpft von der Aufregung. Mit hängenden Schultern kehrte er Mao den Rücken und humpelte auf das Schlafzimmer zu. "Ich leg mich hin, weck mich, wenn Leonidas auftaucht."
 

Mao erreichte ihn jedoch noch, bevor er das Zimmer verlassen konnte und sah Zikél immer noch schlecht gelaunt, aber zumindest nicht mehr wütend an. "Ich kann dich verstehen, glaub mir. Aber denk einen Moment vernünftig nach: Was nützt du ihnen in diesem Zustand? Du willst nicht einen, sondern viele befreien. Und das wirst du so nicht schaffen. Und alleine erst recht nicht. Und wenn du keinen Erfolg hast? Wer kümmert sich um Telis? Denk weniger an die, die du retten könntest als an die, die du gerettet hast, dich und ihn."
 

Zikél fühlte einen Stich in der Brust, doch das Feuer in seinen Augen flackerte wieder auf. "Glaub mir, Telis, auch wenn er noch klein ist, versteht besser, warum ich es tun muss, als du es je könntest. Wie kannst du nur verlangen, dass ich an mein Wohl denke, wenn sie leiden? Hast du gar kein Herz? Weißt du, was Loyalität bedeutet? Ich würde sofort mein Leben im Tausch gegen ihres geben. Du redest die ganze Zeit davon, dass ich an Telis und mich denken soll. Sag mir... wen habe ich noch, wenn sie sterben? Telis ist jetzt genauso ein Familienmitglied wie ich. Seine Väter sind tot, sein Kemjal für ihn gestorben. Ich habe selbst seine Leiche begraben..." Zikél wurde blass dabei. "Und du verlangst von mir, dass ich an mich denke?" Er war nicht wirklich wütend, nur fassungslos, verständnislos.
 

"Nein, das sage ich nicht. Ich sage: denke auch an dich. Das tust du nicht. Du kannst hier nicht weg. Du kannst nichts tun im Moment. Aber statt dich auszuruhen, statt dich zu stärken rennst du hier herum und machst alle verrückt mit deinem Gejammer."
 

Einer Eingebung folgend nahm Mao den Anderen in den Arm und sagte, leiser diesmal, an seinem Ohr: "Ich weiß, dass du dein Leben für sie geben würdest. Aber warte damit, bis es an der Zeit ist und mach dich nicht schon vorher aus Wut, Angst und Schmerz kaputt."
 

Dieses Mal blieb er stumm, brachte es einfach nicht fertig auch nur ein Wort hervorzubringen, da sich ein dicker Kloß in seinem Hals bebildet hatte. Er konnte sich nicht wirklich entscheiden, ob er sich nun in die tröstliche Umarmung fallen lassen sollte oder nicht. Schließlich trennte er sich von Mao und blickte ihm eine Weile in die dunklen sanften braunen Augen. "Wie du meinst." gab er lahm zurück und wandte sich wieder ab, um sich hinzulegen. Telis wurde im Schlaf unruhig und Zikél musste zu ihm, ihn beruhigen, sich selbst beruhigen.
 

Mao ließ ihn gehen. Ihm war klar, dass Zikél wusste, dass er Recht hatte, es aber nicht wahrhaben wollte. Er ging ihm hinterher und flüsterte: "Wenn ihr noch irgendwas braucht... sag Bescheid."
 

Telis wimmerte im Schlaf und Zikél legte sich zu ihm, rollte sich um ihn zusammen und zog den bebenden kleinen Körper dicht an seine Brust. "Es ist alles gut, Kätzchen... alles ist gut." murmelte er leise und leckte über die schwarzen Ohren, was dem Jungen ein sanftes Schnurren entlockte. "Wir brauchen nichts... nur unsere Familie." nuschelte er in das weiche Fell, so dass es Mao nicht verstehen konnte und schloss die Augen. Die ganze Aufregung hatte ihn erschöpft und ausgelaugt.

Kapitel 6

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel 7

Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél

Teil: 07/??

Autor: Alaska & BlueMercury

Genre: Fantasy, Drama

Warnung: Gewalt, Sex, Depri, Zucker (die Warnungen gelten jeweils nur für einzelne Kapitel, also nicht abschrecken lassen ^^)
 

Kommentar: So, hier nun etwas verspätet Kapitel 7. Viel zu sagen gibt es eigentlich nicht. Es gilt das Gleiche wie immer: Viel Spaß beim Lesen ^.^ Und vielleicht noch der Hinweis: Nehmt am Fanart-WB teil! Und wenn ihr nicht die Lust habt, empfehlt ihn doch anderen ^^ Wir hätten wirklich gern Bilder von unseren Süßen. Die Besten kommen dann in die Steckbriefe der Charas (die ich irgendwann noch mal erstellen werden ^^').

C&C very welcome!
 


 


 


 


 

~7~
 

Mao hatte, nachdem Zikél seinen Platz eingenommen zu haben schien, im Gästebett im Esszimmer geschlafen. Und das nicht gerade gut. So, wie es aussah, hatte sein Herr mehr Gefallen an dem Blauen gefunden, als an ihm, aber so schnell wollte er seinen Sonnenplatz - denn genau das war es, in den Diensten Leonidas' zu stehen - nicht aufgeben.
 

Früh morgens schlich er auf leisen Sohlen in das Schlafgemach seines Herren und schob sich lautlos auf dessen Seite des Bettes. Mit sanften Küssen suchte er ihn zu wecken, doch ohne die Augen zu öffnen, erwiderte Leonidas die Küsse des Braunen zunächst, blickte ihn danach erst an.
 

"Guten Morgen, Herr." flüsterte Mao und fuhr mit einer Hand den Hals des Dracath entlang, bis runter zu seiner Brust. Ein trauriger Ausdruck lag auf seinem Gesicht. "Gefalle ich euch nicht mehr?" wollte er mit hängenden Ohren wissen und sah zu Leonidas herauf.
 

"Wie könnte ich je mein Interesse an dir verlieren?" tadelte der Schwarzhaarige sanft und strich Mao eine Strähne aus seinem Gesicht. "Geh, ich möchte gleich frühstücken." Ein weiterer Kuss, ein Lächeln, und Mao verschwand wieder, um den Tisch zu decken.
 

"Ist er eifersüchtig?" fragte Zikél leise und streckte sich leicht neben Leonidas. Er war schon aufgewacht, als Mao hereingekommen war. Seine Ohren waren scharf und er schlief selten so tief, dass er seine Umgebung nicht wahr nahm und wenn doch, dann nur, wenn er absolut sicher sein konnte, dass keine Gefahr drohte. Er hatte sich schlafend gestellt, da die leisen Schritte nur von Mao herrühren konnten und er neugierig war, was der Kleine wollte.
 

Es gefiel ihm nicht wirklich, wie der Tama-i Leonidas weckte, weil er sich für sein unterwürfiges Verhalten verantwortlich fühlte, und so versuchte Zikél, es zu ignorieren. Die Antwort des Dracath dagegen beruhigte ihn, da Mao und sein Schicksal ihn seltsam berührt hatten. In Gefangenschaft geboren worden zu sein, war für ihn eine grausame Vorstellung.
 

Mit einem kleinen Kuss begrüßte er nun den anderen Mann und räkelte sich noch einmal ausgiebiger, dehnte alle Gliedmaßen durch und lächelte versonnen. "Frühstück klingt wunderbar."
 

"Nicht wahr?" Leonidas überging die Frage des Blauen und stand auf, streckte sich und warf sich seinen Tagesmantel über. "Der andere Mantel liegt noch am Fußende..." meinte er nur und sah Zikél auffordernd an. "Na komm, Kätzchen, Essen fassen."
 

Mit einem breiten Grinsen stand Zikél vorsichtig auf und streifte den Mantel über. Sorgfältig band er ihn zu und schloss sich Leonidas an. Seine Laune war hervorragend und obwohl sein Magen knurrte, fühlte er sich satt.
 

Wie versprochen hatte Mao bereits den Tisch gedeckt und erwartete sie, wobei Zikél das leise Gefühl hatte, dass das Lächeln, das der Braune an ihn richtete, kälter geworden war. "Hast du gut geschlafen, Mao?" fragte er freundlich und setzte sich an den Tisch.
 

"Ja, habe ich. Danke der Nachfrage." Ein wenig Wärme schien ihren Weg zurück auf die Züge Maos zu finden. Doch der Schein trügte. "Und du? Wie fühlt man sich als neuer Gespiele des Hausherrn?" Angriffslustig und dabei sehr traurig funkelte er Zikél über den Tisch hinweg an.
 

Leonidas betrachtete das Ganze amüsiert.
 

Zikél blieben ruhig, doch in seinem Lächeln schwang ebenfalls Angriffslust mit, als er antwortete. "Oh, du brauchst keine Angst um deinen Platz als sein Bettwärmer zu haben. Für dich mag es erfüllend sein, doch für mich war es nur ein gemeinsames Stillen von körperlichem Hunger. Ich habe nicht vor, mich mein ganzes Leben lang zu unterwerfen, irgendwann finde auch ich meinen Lebenspartner." Zikél nahm sich von dem Brot und begann zu essen, ohne Mao noch einmal anzusehen.
 

Mao starrte den Anderen an, stand dann auf und ging.
 

Leonidas sah ihm nach. "Das war nicht sehr nett." meinte er an Zikél gewandt.
 

"Er hat angefangen." gab Zikél mit vollem Mund zurück, blickte dann aber auf und Mao nach. "Was soll ich denn darauf auch antworten? Wenn ich gegessen habe, red ich mit ihm." Seine Worte taten ihm schon wieder leid, da er ganz genau wusste, dass Mao wohl nie jemanden finden würde, mit dem er glücklich wurde. Er würde wohl immer einen Herren haben, dem er dienen musste. Zikél aß schnell, bis er satt war und erhob sich dann.
 

"Selbst wenn er sich für ein Leben in Freiheit entscheiden würde, wo sollte er dann hingehen? Er hat niemanden." merkte der Schwarzhaarige an. "Nicht jeder hat so viel Glück wie du."
 

"Mag sein. Aber je mehr Zeit vergeht, desto unsicherer werde ich mir dieses Glückes." Damit drehte er sich um und verschwand in die Richtung, in die schon Mao davon gelaufen war. Gedanklich versuchte Zikél, sich Worte zurecht zu legen, die er dem Kater sagen konnte, aber es kam nichts wirklich Brauchbares zustande.
 

Mao lag auf dem Bett, das Gesicht in das Kissen vergraben, auf dem Zikél die letzte Nacht verbracht hatte. Er ignorierte den Blauen, hatte ihn nicht gehört - oder wollte ihn nicht hören. Jedenfalls hob er seinen Kopf nicht aus dem Kissen, sein zusammengezogener Körper gab keinerlei Anzeichen dafür, ob Zikéls Anwesenheit erwünscht oder verhasst war.
 

Still wartete er eine Weile auf eine Regung. Da aber nichts kam, setzte sich Zikél zu dem Anderen. Ein leichtes Schmunzeln lag auf seinen Lippen, als er sich zu Mao beugte und ihm leise ins Ohr flüsterte. "Na, bist du jetzt beleidigt und redest nie wieder mit mir?" Er berührte den Jungen leicht am Arm, wollte ihn dazu bewegen sich umzudrehen.
 

"Nie nie wieder." patzte Mao in das Kissen. Einen Augenblick später schob sich erst ein Ohr weiter in Zikéls Richtung, dann drehte der Kater langsam den Kopf und blinzelte ihn aus einem Auge an. "Was willst du?"
 

Der Blaue unterdrückte ein Grinsen, das den Kleinen wahrscheinlich gleich wieder verärgert hätte, aber nicht böse gemeint war. Er legte sich dichter neben Mao und schmuste seine Wange über den hellen Schopf. "Mit dir reden. Sieh mal, ich mag es nicht, wenn man mich so von der Seite angiftet, auch wenn du sehr dezent warst." Lächelnd zog er den Jungen näher an sich und kraulte ihn im Nacken. "Ich will dir deinen Platz nicht streitig machen, ich hatte genau genommen nie vor, mich Leonidas weiter zu näher, als ich für einen Schlag brauche, doch... die Dinge haben sich nun mal so ergeben. Er hat mich verführt, könnte man sagen. Aber ich hab es auch genauso zugelassen. Ich weiß nicht, was es dir bedeutet, bei ihm zu liegen, aber mir bedeutete es nicht mehr, als mein Körper verlangt hat. Ich mag ihn zwar, aber ich liebe ihn nicht, könnte es nie. Ich glaube an Treue und ich bezweifle, dass er das ist... besser gesagt, ich weiß es."
 

Widerwillig ließ sich Mao die Kosungen gefallen, machte aber keine Anstalten, aus dem Griff Zikéls zu fliehen. "Woher sollst du wissen, was es mir bedeutet..." sagte er traurig. "Wenn Herr Leonidas mich nicht mehr haben will und weiterverkauft... was dann? Ich hatte es nirgendwo so gut wie hier..." Er zog seine Beine noch näher an sich heran. "Leonidas lässt einem wenigsten eine Wahl."
 

Mao hatte Recht. Wissen konnte er es nicht, nur wage vorstellen. Der Katzenjunge musste schon viele schreckliche Dinger erlebt haben und Zikél gefiel die traurige Stimme gar nicht. Beruhigend begann er zu schnurren, ließ sich die Vibrationen auf den Kleinen übertragen und schmuste ihn weiter. Die eingerollte Haltung versetzte dem Blauen einen Stich, denn Mao wirkte dadurch verletzlich und beschützenswert. "Ich verspreche dir, dass ich dir deinen Herren nicht wegnehme, Mao. Aber... würdest du nicht lieber frei sein? Ob es dir hier nun gut geht oder nicht, du hast nicht deinen eigenen Willen."
 

"Hier kann ich mich frei bewegen. Hier liege ich nicht in Ketten. Wenn ich mit Leonidas das Bett teile, dann weil ich ihm ein Stück weit Vertrauen und Sympathie entgegenbringe, nicht weil - weil..." Mao verstummte. "Und wenn ich frei wäre, was würde es ändern? Dann wäre ich frei, ja... aber allein. Wo soll ich denn hin? Meinen Stamm gibt es nicht mehr."
 

Die dünne Stimme erschütterte Zikél und er schmiegte sich enger an Mao, küsste sanft seinen Nacken. Zudem traf ihn die Möglichkeit, bald auch keinen Stamm mehr zu haben, bis ins Mark und nahm ihm einen Augenblick den Atem. Bilder und Erinnerungen wurden entschieden in die hinterste Ecke seines Bewusstseins gedrängt und dort verschlossen, sicherlich nicht für immer. "Du bist so frei, wie Leonidas es erlaubt, Kätzchen." meinte er zärtlich, benutzte wohl bewusst diese Kosung. "Aber was... wenn du die Möglichkeit hättest, eine neue Familie zu finden?" Eine leise Idee formte sich in seinem Kopf.
 

"Habe ich nicht." war alles, was Mao dazu zu sagen hatte. Doch endlich drehte er sich um und verkroch sich im Fell des Anderen. "Und solange ich sie nicht habe, werde ich nicht darüber nachdenken."
 

Mit einem traurigen Lächeln drückte er Mao dichter an sich und strich ihm beruhigend über Kopf und Rücken. Er rang innerlich mit sich, ob er den nächsten Schritt tun sollte oder nicht, schließlich war er alles andere als sicher. Vielleicht machte er nur leere Versprechungen, vielleicht würde er bald selbst so dastehen wie der Braune und doch... "Möchtest du mit mir kommen?" Zikél stellte die Frage ganz leise, so dass Mao auch so tun konnte, als hätte er sie nicht gehört und doch baute sich in dem Blauen nun eine erwartungsvolle Spannung auf.
 

Mao antwortete lange nicht, hatte die Frage wohl gehört und wollte, konnte sie nicht beantworten. "Ich bin nicht wie du. Versuch einfach, das zu akzeptieren." meinte er, löste sich dann von Zikél und stand auf. "Wenn du noch essen möchtest, tu das bitte. Ich möchte dann wieder abräumen."
 

Zikél hielt ihn nicht auf, aber war sich aus unerfindlichen Gründen sicher, dass Mao ihn gehört und einfach Angst vor einer Antwort hatte. "Nein, ich bin satt. Du kannst abräumen, Kätzchen." Er rollte sich auf den Rücken, verschränke die Arme unter dem Kopf und starrte nachdenklich an die Decke. Etwas drückte in seiner Brust, doch er konnte sich nicht vorstellen, was. Mao wirkte hilflos in seiner Abwehr und den Versuchen, Distanz zu schaffen, um sein Herz vor dem endgültigen Bruch zu bewahren. Und das Bedürfnis, ihm zu helfen, wurde immer größer in dem Tama-i.
 

"Nenn mich nicht Kätzchen." zischte Mao, bevor er das Zimmer verlassen hatte.
 

"Schließ die Tür hinter dir." befahl Leonidas, und Mao kam dem Befehl nach. "Hör mir zu." begann Leonidas. "Ich möchte, dass du dich um Zikél kümmerst. Ich werde in den nächsten Tagen Vorbereitungen zu treffen haben. Du wirst dich um den Jungen kümmern."
 

"Ja, Herr."
 

"Du machst, was er von dir verlangt."
 

"Ja."
 

"Und wenn er dich will, soll er dich kriegen."
 

"..." Mao nickte nur. Sein Gesicht war ausdruckslos, als er begann, den Tisch abzudecken.
 

"Dass mir keine Klagen kommen..." warnte Leonidas halb ernst, halb im Scherz.
 

"Sehr wohl."
 

Zikél sann lange nach über die Dinge, die er Mao mit diesem einfachen Satz versprochen hatte, kam aber zu keinem befriedigenden Schluss. Es hing so viel von dem Wohlwollen eines Anderen ab und er hasste dieses Gefühl der Abhängigkeit. Mit einem leisen Rascheln erhob er sich und suchte Leonidas. Vielleicht konnte er auf irgendeine Weise erfahren, wie dieser zu einer Freilassung stand, obwohl er bezweifelte, dass der Mann nach seiner eigenen noch einmal zustimmen würde. Allerdings hatte er den Dracath in einigen Dingen falsch eingeschätzt.
 

Leonidas hob den Kopf, als Zikél den Raum betrat. Er knabberte noch an einem Stück Obst und sah den Blauen fragend an.
 

Kurz durchstreifte eben dieser den Raum auf der Suche nach einer Spur von Mao, doch der Kater schien nicht da zu sein. Schweigend setzte er sich und überlegte einen Moment. "Er ist verletzlich. Obwohl er es verstecken will, spüre ich deutlich, wonach er sich am meisten sehnt." begann er bedächtig und richtete die graublauen Augen auf Leonidas, beobachtete jede seiner Reaktionen.
 

"Setz ihm keine Flausen in den Kopf. Mach ihm keine Hoffnung, wo es keine Hoffnung gibt, damit verletzt du ihn." Der Schwarzhaarige stand auf und strich seine Mähne über seine Schulter. "Er ist im Moment auch nicht wichtig." Zärtlich legte der Größere seine Arme um die Schultern Zikéls. Flüchtige Küsse trafen die empfindlichen Ohren.
 

Sie zuckten unter den Lippen, doch hatte es nicht die gleiche Auswirkung, wie am vergangenen Tag. Diese Seite an Leonidas war Zikél fremd, er konnte sie nicht verstehen und wollte sie auch nicht akzeptieren. Er hatte selbst nie das Bedürfnis über Andere zu bestimmen, deshalb konnte er auch nicht die Selbstverständlichkeit in der Stimme des Mannes verstehen. "Du hast recht. Gibt es irgendetwas von Nitta? Eine Nachricht? Einen Hinweis?" Er ignorierte bewusst, die kleinen Zärtlichkeiten, die die Hände des Anderen ausübten.
 

"Du erwartest Wunder, wie ich sehe. Nein, bisher nicht, und ich rechne auch erst in einigen Tagen damit."
 

Gequält schloss Zikél die Augen. Er wusste selbst, dass es nicht so schnell gehen würde, aber trotzdem... ja, ein Wunder erhoffte er sich wirklich. "Einige Tage..." murmelte er und fühlte, wie die Verzweiflung erneut Besitz von ihm ergriff, sich langsam ausbreitete und jede Faser zum Zittern brachte. Er zwang sich, ruhig zu bleiben, sich gelassen zu geben. "Und was machen wir in der Zeit? Still sitzen und Tee trinken?" Der Unterton war beißend.
 

"DU kurierst deine Blessuren. Ich kümmere mich um alles Weitere." Leonidas zog Zikéls Kinn herum, um den Jungen zu küssen. "Ich mache mich jetzt fertig und gehe."
 

"Ich soll also rumsitzen und nichts tun. Was für Aussichten." knurrte er und ließ den Kuss zu. "Ja. Und ich leg mich brav ins Bett und langweile mich zu Tode, ja?" Geduld und Ruhigsitzen waren noch nie Zikél Stärken gewesen und er würde auch jetzt wieder schnell zu einem aufgewühlten, reizbaren Giftzahn werden.
 

"Entweder das oder du gehst alleine suchen." schlug Leonidas vor. "Ich kann Nitta gerne mitteilen, dass er sich die Mühe nicht zu machen braucht."
 

Der Blaue lächelte Leonidas zuckersüß an, obwohl man es auch mit einem Zähneblecken hätte verwechseln können. "Schon klar." knurrte er und begab sich wieder ins Schlafzimmer.
 

Frustriert, weil ihm die Hände gebunden waren, schmiss er sich aufs Bett und verharrte in einer ähnlichen Stellung, in der er Mao noch vor kurzem angetroffen hatte. Er konnte nicht verhindern, dass seine Gedanken abdrifteten. Zu dem abgebrannten Dorf. Den leblosen Augen. Den vielen Gräbern. Und seiner Familie.
 

Leonidas folgte und zog sich um. Seine kompliziert geschnittenen Gewänder waren eine Kunst für sich und es dauerte eine ganze Weile, bis er fertig war. Danach flocht er seine Haare und machte sich auf den Weg.
 

Mao hatte seinem Herrn dabei geholfen und sah sich nun Zikél gegenüber. Er ging auf ihn zu, stieg über ihn rüber und kuschelte sich von hinten an den Anderen heran.
 

Zikél hatte das Rascheln der Kleidung einfach ausgeblendet und die Beiden ignoriert, da Leonidas ihm ebenso keine Beachtung schenkte. Warum auch? Es war alles für den Moment gesagt. Die plötzliche Berührung ließ ihn leicht zusammen zucken, doch er brauchte sich nicht umzublicken, um zu wissen, wer es war. "Auf einmal wieder anschmiegsam, hm?" fragte er kratzbürstig. Zu den Sorgen um seine Familie, seine gesamte Zukunft, kamen nun auch noch die Gedanken über Mao hinzu, die an ihm nagten.
 

"Ja." gab Mao offen zu. "Ich dachte mir, du könntest ein wenig Gesellschaft vertragen."
 

"Was du nicht alles denkst." Zikél drehte sich um und starrte den Jungen durchdringend an. "Und was gedenkst du zu tun? Nur hier liegen und mich anglotzen?"
 

"Ich gehe, wenn du willst." Mao zeigte sich wenig berührt von der Borstigkeit des Anderen.
 

"Was willst du denn?" konterte Zikél und wartete. Er wollte den Jungen zu nichts zwingen, nicht mal Nähe, wenn er es nicht wollte, obwohl er sich denken konnte, dass Leonidas dem Jungen Anweisungen gegeben hatte.
 

"Dasselbe wie du, schätze ich..." Mao schloss die Augen und ließ sich von Zikél weg auf seinen Rücken fallen. "Nicht mutterseelenallein hier rumtigern und nichts tun..."
 

Der Ansatz eines Lächelns erschien auf den angespannten Zügen und er rollte sich auf die Seite. "Erzähl mir von dir, Kätzchen. Wieso bist du in Gefangenschaft aufgewachsen?"
 

"Nenn mich nicht so." bat Mao sehr eindringlich und seufzte. Was er dann sagte, wirkte wie eine tausendmal abgespulte Geschichte, die er selber nicht mehr glaubte. "Mein Stamm wurde eingefangen. Von Händlern. Viele von uns wanderten in die Mienen, viele in die Sklaverei, einige in den Kochtopf. Ich wurde auf der Reise zu den Sklavenmärkten geboren. Jaho starb kurz nach meiner Geburt an Wundbrand. Jalla und ich wurden an eine wohlhabende Familie verkauft, wo ich dem Kind des Hauses als Haustier diente und mein Vater als Dienstbote. Er versuchte, mit mir zu fliehen, wurde aber gefangen und man drohte ihm an, mir, sollte er das noch einmal versuchen, die Hände abzuhacken. Deswegen ließ er es, denn schlecht behandelt wurden wir nicht. Als ich älter wurde, wollte er es noch einmal versuchen, mit mir... und wieder ohne Erfolg. Sie knüpften ihn auf, mich verschenkte man auf dem Markt. Nach einigen Jahren und etlichen Besitzerwechseln geriet ich an einen Barbesitzer, der mich in einem Hinterzimmer seiner Spielunke an einen Eisenring kettete und mich an Männer verkaufte. Die Stunde für 10 Dinar (was nicht viel ist; Prostituierte dürften so 15, 20 Dinar verlangen...). Da verbrachte ich sehr viele Monde... und eines Tages stand Herr Nitta in der Tür. Ich dachte, er wäre ein weiterer Freier, aber er hatte mich freigekauft. Glaube ich."
 

Mao erzählte all das, als hätte er es schon tausend mal getan, als wäre es nicht seine Geschichte, als erkläre er ein Kochrezept. Emotionslos, kalt.
 

Es lief ihm kalt den Rücken hinunter, als er schweigend den Ausführungen lauschte. Zikél fühlte seinen Magen rebellieren und er schluckte hart, um die Übelkeit zu vertreiben. Maos Geschichte erschütterte ihn bis in die Tiefen seines Inneren. Doch mit der Trauer und dem Mitleid, stieg auch die Wut über die Menschen. Das alte Feuer wurde geschürt und Zikél ballte die Hände zu Fäusten, dass sich seine Klauen in die Handflächen bohrten.
 

Seine Stimme war leise, doch man konnte den unterschwelligen Zorn eindeutig heraushören. "Dann hat er dir wohl das Leben gerettet." Zikél bebte, Schwanz und Ohren zuckten. Er erhob sich langsam, da der innere Druck übermächtig wurde. Das Bedürfnis, etwas zu zerstören, wurde immer größer in Anbetracht der Hilflosigkeit seines Volkes. Und da wunderten sie sich, wenn er so schnell es ging seine Familie finden wollte?
 

Mit einem lauten Krachen rammte er seine Faust in einen der Bettpfosten, der darunter splitterte und zerbarst. Auch wenn er nun den Schmerz in seiner Hand spürte, ließ der in seinem Herzen etwas nach, er hatte wieder Luft zum Atmen. "Ich hasse die Menschen. Sie sind das niederste Volk, das jemals hervorgebracht wurde." Er ließ sich wieder auf die Bettkante nieder. Bilder von einem verängstigten kleinen Jungen in einer dunklen Ecke eines dreckigen Hinterzimmers tauchten vor seinem inneren Auge auf. Angekettet. Ausgeliefert. Hilflos. Und das Verlangen, Mao zu beschützen, wurde immer größer.
 

Mao war unter dem Wutausbruch Zikéls zusammengezuckt. Doch nach dem Schreck begann er sofort, die Splitter vom Bett zu sammeln und Ordnung zu schaffen. "Das darfst du doch nicht tun..." wisperte er. Erst jetzt konnte man erkennen, dass der Braune plötzlich völlig neben sich stand.
 

Zikél hob den Kopf, beobachtete den verhuschten Jungen kurz und stand dann langsam wieder auf. Mühevoll versuchte er sich zu beruhigen, doch es wollte ihm nicht gelingen. Selbst jetzt dachte Mao noch an seine Pflichten, sie hatten es ihm so tief eingestanzt, dass er keine andere Wahl hatte.
 

Grob packte er ihn am Arm und zog ihn mit einem Ruck hoch und warf ihn aufs Bett. Zikél folgte sofort, die Augen zu schmalen Schlitzen verengt, aus denen der Zorn glomm. Er drückte Mao tief in die Matratze mit seinem Gewicht und schüttelte ihn leicht an den Armen. "Was redest du da eigentlich? Merkst du denn gar nichts mehr?" schrie er ihn an.
 

Dann schlug seine Stimmung plötzlich um und er umfing den zitternden Körper mit seinen Armen, legte eine Hand auf den Hinterkopf und drückte Mao an sich. "Verdammt, Kleiner. Man hätte dir das nicht antun dürfen." sagte er leise und mit so weicher Stimme, das man glauben konnte, der Ausbruch gerade wäre eine Illusion gewesen. Zikél rollte sich von dem Braunen runter und auf die Seite, hielt ihn immer noch sicher in seinen Armen und gegen seine Brust gepresst.
 

Mao zitterte. Und das Zittern wurde stärker. Ihm war heiß und kalt und er wusste nicht so recht, was er jetzt tun sollte. Er hatte Angst, schreckliche Angst und blickte hektisch hin und her, konnte die Berührungen Zikéls kaum ertragen. Schwankend zwischen seinem Fluchtinstinkt und dem Wissen um die Befehle, die Leonidas ihm gegeben hatte, rang er mit sich, bis er es schließlich nicht mehr aushielt und mit einem Satz von der Matratze verschwand. "Ich muss... das Bett..." erklärte er und begann abermals, die Splitter aufzuheben.
 

Zikél versuchte, ihn zu beruhigen, sanfte Worte in die bebenden Ohren zu wispern, doch es half alles nichts und als sich Mao aufbäumte, ließ er ihn los. Es war ein schwerer Schlag, da er dem Jungen eigentlich hatte helfen wollen, doch wohl eher das Gegenteil bewirkt hatte. Der Blaue war so ein Narr...
 

Mit traurigem Blick setzte er sich auf und sammelte sich wieder. Ruhig aber bestimmt, ohne Widerworte zu dulden, befahl er: "Mao, hör auf damit. Ich habe es kaputt gemacht, also werde ich es auch aufräumen." Als er auf den am Boden Kauernden zuging, wich dieser zurück. Schmerzhaft wurde ihm sein Fehler bewusst, doch er schluckte es runter. Es schmeckte bitter. "Setzt dich aufs Bett, ich mach das schon." wies er leise an und bückte sich selbst, sammelte alles auf.
 

Mao ignorierte den Blauen erst, verlangsamte dann aber seine Arbeit, bevor er schließlich ganz damit aufhörte. "Ich werde dem Dienstpersonal Bescheid geben." meinte er und machte Anstalten, das Zimmer zu verlassen.
 

"Nein, du bleibst hier. Hier bei mir, hast du verstanden?" rief Zikél etwas lauter, seine Hilflosigkeit machte ihn gereizt, obwohl er gleichzeitig Mao nur helfen wollte. Doch die Frage war, wie? "Kleiner, komm her." Zikél hatte sich wieder aufgerichtet und streckte seine Arme nach dem Jungen aus. Noch nie hatte jemand so sehr seinen Beschützerinstinkt geweckt, vielleicht Telis, doch auf eine andere Weise.
 

"Nenn mich gefälligst bei meinem Namen!" fauchte Mao. "Und ja, ich habe verstanden, Herr." Das letzte Wort spuckte er regelrecht aus. Einen Moment stand er ganz still, irgendeine Veränderung schien in ihm vorzugehen. Dann setzte er sich in Bewegung und ließ sich auf der Bettkante nieder.
 

Zikél spürte, wie es in seiner Brust begann zu brennen und zu stechen. Er fühlte sich plötzlich elend und nur, weil Mao dieses eine Wort ausgesprochen hatte. Stocksteif, regelrecht gelähmt, stand er da und starrte an die Wand, bis er auf das Laken sank und das Gesicht in den Händen vergrub. "Ich bin nicht dein Herr. Würde es nie sein wollen." flüsterte er entkräftet. Warum verletzte es ihn nur so sehr?
 

"Warum verhältst du dich dann so?" wollte Mao geknickt und bitter wissen. Nein, er fragte danach, aber so genau wusste er selber nicht, ob er eine Antwort auf seine Frage wollte.
 

Ein tiefes Seufzen entrang sich der Brust des Blauen, halb Erleichterung, halb Bedrückung. Wenigstens redete der Junge noch mit ihm, auch wenn die Worte schmerzhaft waren. "Es tut mir leid, ich... ich wollte dich nicht herumkommandieren. Ich war nur so... wütend. Auf die Menschen. Auf das, was sie dir angetan haben." Hilflos hob er den Kopf und setzte sich näher zu dem Braunen. "Ich weiß nicht warum, aber... ich will dir helfen, für dich da sein. Es tut mir weh, wenn ich sehe, wie verletzt du bist." Zikél wunderte sich selbst über diese Offenheit, doch Mao war einfach... anders. Er weckte Gefühle in ihm mit einfachen Gesten oder Worten, die der Blaue nicht kannte oder einordnen konnte.
 

Maos Blick wurde dunkler. "Ja, ich bin verletzt. Ich leide. Du willst mir helfen? Warum reißt du alte Wunden auf und stocherst in ihnen rum? Warum muss, was für dich gut ist, auch für mich gut sein?" Verärgert und gekränkt von der ganzen Situation wandte Mao sich ab, griff seinen langen Zopf, löste ihn und öffnete seine Haare, nur um sie mit den Fingern neu zu ordnen und sie wieder zu flechten.
 

Mit traurigem Blick senkte er den Kopf und ließ sogar die Ohren hängen. Es schien, dass alles, was er tat und sagte, immer das Falsche war. Er war nie wirklich begabt, Andere zu überzeugen von seiner Meinung, doch in diesem Fall...
 

"Dann sag mir, wie ich dir helfen kann. Ich wollte dir nicht schaden... ich..." Er verstummte kurz, nahm sich dann aber zusammen und krabbelte hinter den Jungen. Leicht berührte er das glänzende Haar auf dessen Schultern. "Darf ich?" fragte er vorsichtig und konnte an der Haltung genau erkennen, dass es Mao eigentlich nicht recht war, doch trotzdem nickte er. Mit einem kleinen Lächeln begann Zikél, das dicke Haar mit Fingern und Krallen zärtlich durchzukämmen, um es dann gleich darauf in gleichmäßige Strähnen aufzuteilen. "Ich weiß, dass ich manchmal ein ganz schöner Trampel bin. Mein Bruder sagt das auch immer, aber... ich will dir wirklich nicht weh tun, Mao. Was kann ich tun, damit es dir besser geht?"
 

"Ist dir nie der Gedanke gekommen, dass ich keine Hilfe brauche? Das ich mich wohl fühle, zumindest im Moment?"
 

Kurz stockte er in seiner Bewegung, machte dann aber schweigend weiter. Mit geübten Fingern und besonderer Sorgfalt flocht er die Strähnen und kam nicht umhin, leicht an ihnen zu schnuppern. Es war ein angenehmer Duft, nicht überdeckt von Seife oder Parfümen. "Vielleicht liegt es daran, dass ich es mir nicht vorstellen kann. Mag sein, dass deine jetzige Situation sich verbessert hat im Gegensatz zu früher, doch... glaubst du, das wird für immer halten? Ich will Leonidas nichts unterstellen. Gibt es... gibt es nicht etwas, das du dir wünschst? Einen Traum, dessen Erfüllung du dir herbeisehnst? Willst du nie versuchen, ihn zu erfüllen?"
 

Mao drehte sich zu Zikél um, ein trauriges Lächeln auf den Lippen. "Zikél... wer in einem Hinterzimmer eingesperrt ist und immer hofft, die Schritte, die man hört, mögen an der eigenen Türe vorbeiführen... glaub mir, so jemand hat keine Träume. Ich habe keine Träume. Aber das ist in Ordnung. Bitte nimm die Situation hin, wie sie ist. Ich werde Sorge tragen, dass Herr Leonidas mich noch lange in seinen Diensten hält."
 

Verzweiflung und Wut kamen wieder in ihm hoch, da diese Hoffnungslosigkeit begann auch ihn anzustecken, doch er wehrte sich dagegen. Er schloss kurz die Augen und legte dann eine Hand an Maos Wange, strich sanft mit dem Daumen über sie und erwiderte den Blick. "Willst du so weiter leben? Für immer? Das kann ich mir einfach nicht vorstellen! Du hast das nicht verdient, auch wenn Leonidas dich gut behandelt, das ist kein Leben. Die Zeit in diesem Hinterzimmer ist vorbei, Mao. Ich werde nicht zulassen, dass dir noch einmal jemand weh tut..." Nur kurz streiften seine Lippen die Stirn des Jungen. Dann ließ er ihn wieder los, flocht den Zopf zuende und fixierte ihn.
 

Mao beugte sich unvermittelt vor und küsste Zikél auf die Lippen. "Für mich ist diese Zeit nicht vorbei. Sie wird nie vorbei sein." wisperte er, kaum hörbar, und lächelte.
 

Er wich überrascht zurück. Weder hatte er solch eine Aktion erwartet, noch wollte er es. Der junge Tama-i hatte sein Leben lang nichts anderes gelernt, als zu dienen und die Wünsche der Personen zu erfüllen, die um ihn herum waren. Wie sollte er ihm da verständlich machen, dass er nicht wollte, dass er sich zu etwas gezwungen fühlte. "Die Wunden sind frisch, die Erinnerungen noch greifbar. Aber irgendwann, Mao, irgendwann... kannst du vielleicht darüber hinweg kommen. Lass mich dir helfen. Komm mit mir." Dieses Mal sprach er die Bitte laut genug aus, wollte eine Reaktion aus dem Braunen herauskitzeln.
 

"Hast du mich freigekauft? Nein. Hat Herr Leonidas sein Einverständnis dazu gegeben? Nein." Unschlüssig und etwas aufgebracht taxierte er Zikél und machte einen anderen Vorschlag. "Du willst mir helfen? Dann bleib bei mir. Deine Familie ist so gut wie tot, und woanders kannst du nicht hin. Bleib bei mir."
 

Zikél wollte zuerst widersprechen, doch dann verschlug es ihm schlicht und einfach die Sprache. Ein Eisklumpen bildete sich in seinem Magen und kalte Schauer überzogen seinen Rücken. Das konnte der Andere nicht von ihm verlangen. Nicht so kaltblütig.
 

Zikél wich zurück und starrte Mao erschüttert an, als hätte der Junge ihm einen Schlag versetzt. "Wie kannst du so etwas sagen?" flüsterte er. "Wie kannst du so etwas nur sagen! Meine Familie ist nicht tot! Ich werde sie retten, ich gebe nicht auf!" Aufgebracht sprang er vom Bett und rannte zur Tür. Mao hatte einen empfindlichen Nerv getroffen. "Ich bin nicht allein. Ich habe Telis, er braucht mich. Ich werde ihn nicht im Stich lassen. Ich werde mit ihm und meiner Familie zurück in die Wälder kehren und unser Dorf neu aufbauen!" Rückwärts stolperte er gegen die Tür. "Sie sind nicht tot." Damit verschwand er aus dem Schlafzimmer.
 

"Und ich brauche deine Hilfe nicht!!!" keifte Mao hinterher und blieb verbittert, wütend und traurig zurück. Es tat ihm fast ein bisschen leid, dass er einen so krassen Vergleich heranziehen musste, aber was blieb ihm übrig? Zikél würde sonst nie damit aufhören, ihn zu belästigen mit Freiheit und Familie und diesem ganzen Kram...
 

Er stand auf. Sein Weg führte ihn zum Balkon. Er öffnete die Tür und setzte sich auf die Balustrade, wo er sein erklärtes Lieblingsplätzchen gefunden hatte und schaute über das Land. Er würde es gerne einmal kennen lernen.
 

Zikél verkroch sich im hintersten Winkel der Suite, wollte allein sein. Mao hatte all die Befürchtungen heraufbeschworen, die er mühsam verdrängt hatte, die er einfach nicht in Betracht ziehen wollte. "Sie sind nicht tot. Nein, ich werde sie retten. Sie dürfen nicht tot sein." Zikél bemerkte nicht einmal die heißen Tränen, die sich ihren Weg über seine Wangen bahnten. Er saß zitternd da und versuchte sich immer wieder einzureden, dass es seinen Vätern, seinen Brüder gut ging. Wie hatte Mao es nur geschafft, ihn so sehr aufzuwühlen? Diese plötzliche Schwäche machte dem Blauen Angst.

Kapitel 8

Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél

Teil: 08/??

Autor: Alaska & BlueMercury

Genre: Fantasy, Drama

Warnung: Gewalt, Sex, Depri, Zucker (die Warnungen gelten jeweils nur für einzelne Kapitel, also nicht abschrecken lassen ^^)
 

Kommentar: Ich hatte es schneller versprochen, aber jetzt ist mir doch etwas dazwischen gekommen. Naja, nun kriegt ihr ihn etwas später ^^' An dieser Stelle möchte ich mich auch noch einmal ganz herzlich bei allen Kommentatoren von mir und auch Blue bedanken! Durch euch macht es Spaß diese Geschichte hochzuladen. Ich hoffe, sie wird euch auch weiterhin gefallen! Viel Spaß beim Lesen ^^
 


 


 


 

~8~
 

Stunden, so schien es ihm, saß er draußen und ließ sich den leichten Wind um die Nase wehen. Die Tage wurden langsam kürzer, wie er fand, und waren auch wieder weniger warm. Die Sonne neigte sich dem Untergang und in der Stadt schaltete alles von Tagesbetrieb auf Nachtleben um.
 

Eigentlich hatte Mao nachdenken wollen. Eigentlich hatte er sich überlegen wollen, wie er die verfahrene Situation mit Zikél wenden konnte, doch im Endeffekt war sein Kopf genauso leer gewesen wie sein Herz und die Zeit war nur so dahingekrochen. Mao hatte nur durch die Gegend geblickt und an nichts gedacht. Und trotzdem hatte sich ein Schmerz in seiner Brust festgesetzt, den er nicht loswurde, von dem er nicht wusste, was ihn ausgelöst hatte.
 

Seine Beine taten weh. Er hatte reglos verharrt, all die Zeit. Und er wusste nicht einmal, wie lange genau. Stunden? Minuten? Tage? Er wusste es nicht und es war ihm egal. Zikél hatte alles durcheinander gebracht.
 

~~~
 

Allein mit seinen Sorgen und Ängsten, nahmen sie ihn immer mehr ein und aus dem ruhigen Tama-i wurde wieder das aufgekratzte Katzenwesen, das er gewesen war, als sie hier eingetroffen waren. Wie lange war das her? Es kam ihm wie Wochen vor. Dabei waren es nur einige Stunden. Unwillkürlich fragte er sich, was Telis machte, wie es ihm ging. Er hätte ihn nicht einfach weggeben dürfen.
 

"Verdammt..." Verzweifelt raufte er sich die Haare und sprang auf, um unruhig hin und her zu tigern. Er lief sogar hinaus auf den Gang, kam aber bald zurück und suchte eine Beschäftigung, die er dann doch gleich wieder fallen ließ. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken, die Schatten, die Mao heraufbeschworen hatte, drückten auf seine Brust und Zikél wurde immer fahriger.
 

"Ich muss ihnen helfen. Wie kann ich ihnen nur helfen? Denk nach! Denk nach!" wisperte er immer wieder und schlug sich mit der flachen Hand gegen den Kopf, als würde das den Denkprozess vorantreiben. Der Blaue merkte gar nicht, wie die Zeit verging, er war so weit weg mit seinem Geist, dass sein Körper verlassen durch den Raum zog.
 

Zikél spürte, wie er den Halt verlor, wie er immer tiefer sank, obwohl etwas in ihm schrie, er solle sich zusammenreißen. Die Vorstellung, seine Familie zu verlieren, hatte ihn erneut zutiefst erschüttert. Wie sollte er nur stark bleiben, wenn alles aussichtslos war? Wie sollte er Mut fassen, um das scheinbar vorgeschriebene Schicksal zu ändern?
 

~~~
 

Irgendwas in ihm war erwacht. Etwas, das Mao immer um jeden Preis unberührt gelassen hatte, aus gutem Grund. Doch dieses Etwas regte sich, begann, sich aus der Dunkelheit zu schälen, in der es tief in Maos Geist und Seele gefangen gewesen war, und brach langsam aber sich an die Oberfläche. Mao konnte es spüren. Und er spürte, dass es der plötzliche Schmerz in seiner Brust war, der diesem Etwas den Weg ebnete.
 

Ohne genau zu wissen, warum, stand Mao auf. Er ging auf die Tür zu, blieb stehen. Drehte sich um. Sah, wie langsam das Abendrot über den Himmel kroch.
 

Kaltes Nass stand plötzlich auf seinen Wangen und unwillig wischte er die Träne fort. Und fort, und fort. Aber sie liefen weiter. Aber warum? Er konnte nicht aufhören, zu weinen - nein, er weinte ja gar nicht, es liefen ihm einfach Tränen aus den Augen. Aber warum nur...?
 

Völlig neben sich stehend begann er, herumzulaufen. Hinein, wieder hinaus, wieder hinein... und plötzlich stand er in der Tür zum Nebenzimmer, seine Augen waren leicht rot vom Weinen und seine Stimme war zu einem kläglichen Krächzen verkommen. "Es tut mir leid."
 

Die Stimme riss ihn so jäh aus seinen Gedanken, dass er wenige Sekunden brauchte, um sich zu orientieren und überhaupt zu erkennen, wer es war. Dann, ganz plötzlich, als hätte jemand einen Schalter umgelegt, stand er da und starrte Mao an.
 

Die Tränenspuren waren deutlich zu sehen, die zitternden Ohren und Lippen kündigten neue an. Mao schien zusammengeschrumpft in seinem Körper und völlig aufgelöst, verletzlicher denn je. Und Zikél tat das Einzige, was ihm in diesem Moment als richtig erschien. Mit einem leichten Lächeln, in dem Wehmut und Schmerz mitschwang, streckte er die Hände aus und flüsterte leise: "Komm her."
 

Mao ging auf Zikél zu, überwand die Distanz, die eben noch so unendlich gewirkt hatte und fiel ihm förmlich in die Arme. Er drückte den Anderen an sich und dann, ganz plötzlich, begann er, zu schluchzen. Wann hatte er das letzte Mal geweint? Als der Kneipenbesitzer ihm gezeigt hatte, was in Zukunft seine Aufgabe wäre? Als er seinen Vater hatte sterben sehen? Er wusste es nicht mehr. Aber es war lange her.
 

Ein starkes Zittern erschütterte seine Körper, er fühlte sich hilflos, ausgeliefert und schwach. Er fürchtete aus ihm völlig unerfindlichen Gründen, dass Zikél ihm böse wäre und drückte den Blauen nur noch näher an sich. "Es tut mir leid... es tut mir leid, es tu mir so leid... so unendlich leid..." weinte er.
 

Zikéls Arme hatten sich ganz natürlich um den Jungen gelegt, als wären es die Schwingen einer Mutter. Doch Zikéls Gefühle unterschieden sich von einer solchen, wenn auch nicht in allen Punkten. Er wollte Mao beschützen, ihn trösten, ihn halten und weit mehr als das. Genau in diesem 'weit mehr' lag der Unterschied.
 

Eng drückte er Mao an sich, ließ ihn nicht los, vielleicht zum Teil auch, weil er selbst den Halt brauchte. Seine Angst wurde leiser, verschwand jedoch nicht völlig aus seinen Gedanken. Leonidas hatte ihn für eine kurze Zeit vergessen lassen, doch nun war alles wieder da und er würde nicht zulassen, es ein zweites Mal so weit aus seinem Bewusstsein zu verdrängen.
 

Mit ruhigen Gesten strich er dem zitternden Häuflein Elend über Kopf und Rücken, küsste den hellen Schopf mit liebevoller Zärtlichkeit. "Es ist gut, Kätzchen. Ich werfe es dir nicht vor." Unbewusst war er wieder in die Koseform verfallen, die auch sein Jalla immer benutzte, wenn jemand in der Familie Kummer hatte. "Ich war unfair zu dir... und rücksichtslos... verzeih..." Er knabberte sanft an den Ohren Maos und war unendlich erleichtert, dass dieser Streit nicht weiterhin auf seinen Schultern lastete.
 

"Nennmichnichso..." nuschelte Mao schwach, aber immerhin etwas beruhigt. Einen Moment noch genoss er die Nähe und die Zuwendungen Zikéls, dann entfernte er sich ein Stück und rieb sich die Augen. "Ich möchte mich für meinen Ausbruch entschuldigen." sagte er dann und versuchte sich an einem Lächeln, das noch ein bisschen schief, aber doch ernst gemeint war.
 

Der leise Protest ließ Zikél lächeln und noch einmal über den Kopf streicheln. "Entschuldige. Mein Kemjal verwendet es oft und du... ach, egal... ich versuche, es nicht mehr zu verwenden." versprach er sanft und strich Mao über die Wange. "Es ist gut. Du hast dich entschuldigt und jetzt... vergessen wir den Streit, hm?" Aufmunternd lächelte er den Jungen an und nahm seine Hand zurück. Woher nahm er nur plötzlich diese Ruhe? Eben noch war er verzweifelt, halb wahnsinnig geworden vor Sorge. Konnte es sein, dass...
 

Konnte es wirklich nur an Mao liegen?
 

"Ja. " stimmte Mao schwach zu. "Ich würde mich gerne hinlegen. Du schläfst wieder bei Leonidas?"
 

Zikél glaubte einen kleinen Hoffnungsschimmer in der Stimme des Jungen zu hören und lächelte leicht. "Kommt er denn heute noch zurück? Ich schlafe ungern allein, wenn dein Bett groß genug ist... könnte ich bei dir schlafen?" Er stellte Mao die Frage, damit er selbst entschied, was er wollte und sich zu nichts gezwungen fühlte.
 

"Sicher." gab Mao zurück. "Ich weiß nur nicht..." aber er brachte den Gedanken nicht zuende. "Es wird ein bisschen eng, aber das wird schon gehen." Mao streckte sich, schüttelte den Kopf und ging dann auf das Bett zu. "Wand- oder Zimmerseite?"
 

"Ist mir gleich, ich schlafe immer gleich schlecht." versuchte er die Stimmung etwas aufzulockern und grinste. Das kurze Zögern war ihm nicht entgangen, doch Zikél wusste es nicht richtig einzuordnen. Er setzte sich auf die Seite, die Mao ihm überließ und lehnte sich zurück in das Kissen. Das ganze Auf und Ab der Gefühle hatte ihn erschöpft und er war dankbar für etwas Schlaf.
 

Mao legte sich ebenfalls hin. Die Arme hinter dem Kopf verschränkt sah er nach oben und betrachtete die Decke. "Wie geht es deinem Knöchel? Und deinen Füßen?"
 

Zikél beobachtete ihn aus den Augenwinkeln und atmete tief durch. Probeweise bewegte er seine Sohlen gegen das Laken und drehte den Fuß. "Ich würde sagen, das Schlimmste ist verheilt. Es waren nur kleine Risse von Dornen oder Steinen, das verheilt schnell. Und die Schwellung ist auch zurückgegangen. Es scheint die Mineralsalze in dem Badewasser haben wirklich gewirkt."
 

"Du warst im Bad? Herrlich, nicht wahr?" sinnierte Mao. "Ein Bad könnte ich jetzt auch gebrauchen..."
 

"Herrlich? Eher schrecklich... Leonidas hat mich reingeschleift und nicht vor einer ausgiebigen Waschprozedur herausgelassen. Es macht ihm wohl Spaß mich zu ärgern. Dabei weiß er genau, dass ich nicht schwimmen kann." Er rollte sich auf den Bauch und verschränkte die Hände unter dem Kinn. "Wenn du baden willst, tu es doch. Ich werde dich nicht davon abhalten." lächelte der Blaue und zwinkerte ihm zu.
 

"Das würdest du auch nicht schaffen." stichelte Mao. "Und Leonidas... er hat es bestimmt nicht böse gemeint. Die Quellen sind bekannt für ihre heilende Wirkung."
 

Zikél lachte dunkel auf. "Böse bestimmt nicht, aber es hat ihm einen Heidenspaß gemacht, mir einen Schock nach dem anderen zu versetzen." Mit gespielt pikiertem Gesichtsausdruck schnüffelte er an Mao und verzog das Gesicht. "Du solltest dich wirklich baden. Und auch gleich die Tränenspuren aus dem Gesicht waschen."
 

Mao sah Zikél schmollend an. "Na, das sagt der Richtige. Die ganze Wohnung stinkt nach Leonidas' Geruch an deinem Körper..." und noch bevor er den Satz zu Ende gesprochen hatte, ärgerte er sich maßlos darüber.
 

Zikél wurde vorsichtig, wollte den gerade zurückgewonnenen Frieden nicht aufs Spiel setzten. "Stört es dich? Ich kann mich waschen gehen, wenn es dir unangenehm ist." Nur aus Rücksicht auf Maos Gefühle erhob sich der Tama-i erneut und strebte das Nebenzimmer an, wo die Waschschüssel stand, selbst wenn es ihm nicht unbedingt beliebte, schon wieder mit dem verhassten Element in Berührung zu kommen.
 

Mao tappte leise hinterher. "Es irritiert mich." gab er zu, schien aber mehr als versöhnlich zu sein. "Ich... es wäre schön, wenn du dir den Geruch von ihm aus dem Pelz waschen könntest."
 

Er nickte nur und seufzte innerlich auf. Mit geübten Handgriffen gab er Wasser in die große Schüssel und tauchte den Lappen ein. Die Seife lag auf einem kleinen Extratellerchen, doch bevor er sie befeuchtete, schlüpfte Zikél aus seiner Hose und begann dann schweigend mit dem Einreiben. Das Wasser war kalt, so dass sich seine Nackenhaare sträubten. Da sehnte man sich wirklich nach dem warmen Bad im Keller. "Du magst Leonidas sehr, nicht wahr?"
 

Mao hatte sich, ob des Anblickes des nackten Tama-i, umgedreht. "Was heißt mögen... ich schätze ihn sehr. Und ich finde ihn sympathisch. Ich bin sein Eigentum, aber er behandelt mich nicht so. Das ist... ganz neu für mich."
 

Der Blaue streckte seinen Arm aus, um die Seife rauszureiben, wobei es nur noch mehr schäumte, also musste er ihn wohl oder übel ganz eintauchen, was erneute Schauer nach sich zog. Zikél verbiss sich eine Frage über Freiheit und brummte nur leise auf. Seine Brustwarzen stellten sich auf, als er sich den Oberkörper säuberte und er verfluchte leise seine Bereitschaft, dies zu tun. Nachdem er auch noch den Rest gewaschen hatte, und so ziemlich tropfnass war, blickte er sich suchend um. "Kannst du mir ein Handtuch geben? Ich möchte hier nicht alles nass machen."
 

"Natürlich." Mao fischte aus einer nahe stehenden Kommode ein Handtuch und gab es Zikél.
 

Sorgfältig trocknete er sein Fell und wickelte sich das Handtuch um die Hüften. "Nun ja, ich schätze mal, dein Start mit ihm war besser als meiner. Wir sind ständig aneinander geraten." Er hob seine Hose hoch und musterte sie einen Augenblick nachdenklich. Dann stieg er jedoch wieder hinein und ließ das Handtuch fallen. Das Wasser landete in einer größeren Kanne und Zikél goss neues für Mao in die Schale. "Jetzt du. Wenigstens das Gesicht. Ich kann diese Spuren auf deinen Wangen nicht sehen." Es klang etwas schroff, obwohl es nicht so gemeint war. Während Mao sich an die Schüssel stellte, legte der Blaue das Handtuch zusammen. "Hat es dich verletzt, dass ich mit Leonidas geschlafen habe?"
 

"Verletzt nicht." Mao schlug sich zwei Hände voll Wasser in sein Gesicht und rieb es in das Fell. "Ich hatte Angst, er würde mich durch dich ersetzen. Aber wie es aussieht, brauchte er einfach Abwechselung." Sein Hemd zog er aus, nicht aber seinen Gehrock. Er wusch sich unter den Achseln und über die Arme, seine Brust und den Halsbereich. Dann noch einmal das Gesicht, verzichtete allerdings komplett auf Seife.
 

"Glaub mir, das hätte ich nie zugelassen. Ich war überrascht, dass er sich bereits einen Neuen geholt hat. Ich hatte nie vor zurückzukehren. Wäre mein Dorf..." Er stockte kurz und musste schlucken. "... wäre mein Dorf nicht zerstört und alles so, wie es vor meiner Gefangennahme gewesen ist, wäre ich niemals hier her zurückgekommen." Er reichte Mao das Handtuch und lächelte. "Wenn du mit ihm glücklich bist, will ich dir dieses Glück nicht wegnehmen."
 

Mao nahm das Handtuch entgegen und blickte Zikél verständnislos an. "Zurückgekehrt? ... dann... dann bin ich Ersatz für dich?"
 

"Ich... nein... nein, das glaube ich nicht..." Diese Frage brachte ihn aus dem Konzept. Hatte er nun doch etwas Falsches gesagt? Er wollte Mao nicht schon wieder verletzen. "Nitta hat mich auf dem Sklavenmarkt gekauft, sie hatten mich eingefangen und auch versucht, aus mir herauszuquetschen, wo der Rest meiner Familie ist. Als ich zu Leonidas kam, war ich misstrauisch und wir haben uns nur gestritten... oder Schlimmeres." Er rieb sich über die Nase bei der Erinnerung, als diese Bekanntschaft mit der Wand gemacht hatte. "Er war nicht sehr zufrieden mit mir, denke ich. Ich habe es ihm auch nicht leicht gemacht und irgendwann hat er mich dann entlassen, weil er eingesehen hat, dass ich mich seinem Willen nie beugen werde." Unsicher spielte er mit den Haaren an seiner Schwanzspitze und vermied es, Mao anzusehen.
 

Nachdenklich sah Mao den Blauen an. "Leonidas hat eingesehen, dass du dich nicht beugen wirst? ... da täuscht du dich." Aber genauer wollte er auf das Thema eigentlich gar nicht eingehen. Er trocknete sich ab, nahm sein Hemd und ging wieder rüber.
 

Nachdenklich folgte Zikél und legte sich hin. "Vielleicht wollte er auch nur nicht, dass ich an der Trennung zerbreche oder ihm den letzten Nerv raube. Ich verstehe ihn nicht ganz, obwohl er mir schon oft gesagt hat, warum er etwas tut." Fröstelnd kroch er unter die Decke und kuschelte sich ein. Das Wasser hatte ihn munterer gemacht.
 

Mao nahm eine zweite Decke zur Hand, zog sich aus und rutschte ins Bett. Einen Kommentar wollte er dazu nicht abgeben. "Ich verstehe dich nicht. Alles ist ausgeglichen." lächelte er.
 

Zikél drehte sich auf die Seite und sah Mao schweigend an. "Das mag daran liegen, dass wir unterschiedlich aufgewachsen sind. Andere Vorstellungen, andere Ziele. Was verstehst du nicht? Vielleicht kann ich es dir erklären?"
 

Mao winkte ab. "Ach was, das war mehr so ein allgemeiner Einwurf..."
 

Aus irgendeinem Grund hätte Zikél gern weiter mit dem Braunen geredet, doch dieser schien es ermüdend zu finden oder er stellte die falschen Fragen. Das Bild des weinenden Jungen erschien vor seinem inneren Auge und der Blaue seufzte. Er hatte es geschafft, ihn zu beruhigen, vielleicht auch etwas aufzuheitern, daran sollte er sich erfreuen und den Rest gut sein lassen. "Ich wollte nur behilflich sein."
 

"Du bist ein kleiner Weltverbesserer, weißt du das?" tadelte Mao liebevoll und drehte sich zu Zikél um. "Darf ich mich heute Nacht ein bisschen an dich kuscheln?" wollte er wissen.
 

Überrascht zog der Kater eine Braue hoch und grinste breit. "Ja, vermutlich bin ich das. Und du darfst dich auch ein bisschen mehr ankuscheln." lächelte er und hob seine Decke an, damit Mao darunter schlüpfen konnte.
 

Mao rutschte an den Anderen, ließ aber etwas Platz zwischen ihren Körpern. Er kam sich komisch vor, irgendwie... "Sag... unter den Gefangenen deines Stammes... wartet auch dein Namuri auf dich?"
 

Zikél fühlte den feinen Schmerz, wie jedes Mal, wenn dieses Thema zur Sprache kam. Wehmütig lächelte er und strich den Kopfkissenbezug glatt, um etwas zu tun. "Nein, ich habe ihn noch nicht gefunden... und werde es wohl auch nicht mehr. Ich bin zu alt, meist findet sich das Paar schließlich im Alter von 192 bis 216. Suma, einer meiner Brüder hat seinen Namuri schon mit 168 gefunden und jetzt... trägt er ihre Jungen. Ich hoffe, es geht ihm gut." Der Kloß in seinem Hals wollte einfach nicht weichen, doch der Blaue tat gefasst. "Mein anderer Bruder, Castor, ist den Bund zwar noch nicht eingegangen, aber das liegt eher daran, dass sein Lebenspartner in einem Dorf einige Tagesreisen von unserem entfernt lebt und sie noch keine Zeit dafür hatten. Er zieht mich immer auf, weil ich noch niemanden gefunden habe... dann haut ihn Suma immer." Die Erinnerung ließ ihn leise lachen, obwohl ihm gleichzeitig zum Weinen war.
 

Mitfühlend lächelte Mao ebenfalls. "Ich bin mir sicher, dass sich noch jemand für dich findet." sagte er besänftigend. "Und Herr Leonidas wird nicht zulassen, dass deine Familie zu Schaden kommt, wenn du mit der Bitte zu ihm kommst, sie zu retten."
 

Einen Moment sah Zikél Mao schweigend an, als habe der Kleine ihn auf eine Idee gebracht, doch so schnell dieses Licht in den graublauen Augen aufgeleuchtet war, so schnell war es wieder erloschen. "Ja, wahrscheinlich hast du recht." Damit beließ er dieses Thema und atmete tief durch. Es war verrückt, so etwas zu denken, er kannte die Meinung des Braunen. "Ich wünschte nur, ich könnte zu Telis. Ich möchte für ihn da sein, er ist doch noch so jung und versteht sicherlich nichts von dem, was hier passiert. Ich werde ihn zu mir nehmen, jetzt wo... er braucht einfach eine Familie und Jaho empfängt sowieso jeden mit offenen Armen."
 

"Vielleicht können wir ihn morgen bei Carla besuchen. Sei unbesorgt, es geht ihm sehr gut dort..." erklärte Mao überzeugt. "Im Moment brauchst du Zeit für dich, um dich zu stärken."
 

Seine erste Reaktion war, aufzubrausen und Mao anzuschreien. Doch er besann sich eines Besseren und rieb sich nur mit der Hand über das Gesicht. "Warum denken alle hierbei nur immer an mich? Mir geht es gut, ich sitze nicht in dieser Miene und schufte mich zu Tode." stöhnte er resignierend und rollte sich auf den Rücken, einen Arm über den Augen.
 

"Nein, aber du willst mit vier Leuten einen ganzen Stamm befreien. Da solltest du Kraft sparen."
 

Zikél unterdrückte das Zittern in seinen Gliedern, das Brennen in seinen Augen. Er wollte nicht an diese ausweglose Situation denken. Vier Leute... gegen all die Sklaventreiber, Wachen und Aufseher? Warum versuchten sie es überhaupt? Die Hoffnungslosigkeit umklammerte erneut sein Herz, doch er ließ sich nichts anmerken. "Ich vermisse sie." flüsterte er so leise, dass es kaum zu verstehen war. Dann rollte er sich auf die Seite mit dem Rücken zu Mao. "Lass uns schlafen. Morgen wird wieder ein langer Tag."
 

"Da hast du vermutlich Recht." Mao kuschelte sich nun doch näher an den Anderen, begann, wie so oft zuvor durch dessen Fell zu streichen, um ihm das Gefühl der Verlorenheit zu nehmen. Es war ein seltsames Gefühl für ihn, so mit jemandem zusammenzuliegen, der nicht über ihn zu bestimmen hatte und von ihm keine Zärtlichkeiten verlangte. Und er mochte es.
 

Obwohl er es ihm weder sagte, noch zeigte, war der Blaue unglaublich dankbar für diese kleine Geste der Zuneigung. Er fühlte sich einfach einsam und allein, niemand liebte ihn hier. Es kam ihm vor, als würden ihn die Tage, anstatt zu stärken, nur noch mehr Kraft rauben, da dieses ständige Auf und Ab der Gefühle sehr an ihm zehrte. So war es nicht verwunderlich, dass er schnell einschlief. Bevor er jedoch endgültig wegdriftete, murmelte er noch: "Er würde dich mögen." Dann war Zikél eingeschlafen, dicht an Mao gekuschelt.
 

"Ich denke, dein Jaho mag alle?" wisperte Mao in die Stille zurück.
 

In der Nacht drehte sich Zikél, so dass er Mao ansehen konnte, hätte er die Augen nicht zu gehabt. Seine Nase vergrub sich in den weichen Haaren, die diesen natürlichen Duft hatten und sein Arm legte sich um die Schulter des Jungen. Man konnte kaum sagen, ob er ihn beschützen wollte oder selbst derjenige war, der Schutz suchte.
 

Und jedes mal, wenn Zikél sich bewegte, wenn er sich an Mao schmiegte, seine Arme um ihn legte, erwachte Mao. Meistens schlief er schnell wieder ein, und doch verbrachte er eine unruhige Nacht.

Kapitel 9

Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél

Teil: 09/??

Autor: Alaska & BlueMercury

Genre: Fantasy, Drama

Warnung: Gewalt, Sex, Depri, Zucker (die Warnungen gelten jeweils nur für einzelne Kapitel, also nicht abschrecken lassen ^^)
 

Kommentar: Es geht schnell voran und doch sind wir noch so weit vom Ziel entfernt! Kapitel 9 geht an den Start und es freut mich, dass ich jetzt schon eine treue Stammkommentatorenschaft habe ^^ Besonderer Dank geht an Ulysses, susuchan und firebird88 für die vielen Kommis! *knuff* Dabei besonders zu erwähnen die unglaubliche länge von Ulysses, der sich immer gern hierbei austobt ^^ Es freut mich auch, dass Mao von allen gut aufgenommen wird und die Spekulationen amüsieren mich besonders ^^ Einige Drohungen habe ich schon bekommen, im Falle Mao passiert etwas *lach* sowas hört man doch immer gern ^^ Natürlich bin ich auch für weitere Spekulationen offen, aber den richtigen Ausgang müsst ihr dann schon hier lesen *fg*

Also viel Spaß und kommentiert fleißig weiter!
 


 


 


 

~9~
 

Der Morgen kam viel zu früh und Zikél fühlte sich wie gerädert. Sein Schlaf war mit wirren und beängstigenden Träumen durchzogen gewesen, die seinen angespannten Geist nicht hatten zur Ruhe kommen lassen. Dennoch erhob er sich vorsichtig, um Mao nicht zu wecken, und schlich zum Nebenzimmer, um zu sehen, ob Leonidas bereits aufgestanden war.
 

Mao, der dennoch erwacht war, ließ ihn gehen. Sollte er ruhig erst einmal mit Leonidas reden. Allein.
 

Leonidas lag im Nebenzimmer, scheinbar schlafend. Doch als Zikél näher kam, hörte man seine Stimme. "Hast du gut geschlafen?"
 

Zikél war leicht zusammengezuckt und hoffte, dass nicht er Leonidas geweckt hatte. Vorsichtig setzte er sich auf den Bettrand. "Nein, nicht wirklich, aber das ist egal. Gibt es etwas Neues? Hat Nitta sich gemeldet?" So unwahrscheinlich es auch war, Zikél musste einfach fragen. Es war der erste Gedanke, wenn er aufwachte und der letzte, bevor er einschlief.
 

"Meinst du nicht, ich hätte es dir erzählt?" Leonidas setzte sich auf. "... ich bin hungrig."
 

Zikél seufzte. Er hatte die Antwort gewusst, warum war er nun enttäuscht? "Ich bereite das Frühstück gleich vor. Aber vorher habe ich noch eine Bitte. Ich möchte Telis besuchen, mich überzeugen, dass es ihm gut geht."
 

"Nach dem Frühstück." erlaubte Leonidas. "Und Mao wird sich darum kümmern. Komm her."
 

"Aber... ich kann doch auch..." Schnell verstummte er und tat, was Leonidas wollte. Überrascht stellte Zikél fest, dass er nervös war, konnte sich jedoch nicht erklären, warum.
 

"Was kannst du?" Leonidas zog den Tama-i zu sich und küsste ihn.
 

Der Blaue wollte sich dagegen wehren, da ihm jetzt nicht wirklich danach war, doch er ließ den Kuss zu, erwiderte ihn sogar etwas steif. "Das Frühstück bereiten. Mao muss nicht alles allein machen."
 

"Du hast bestimmt Besseres zu tun..." Während Leonidas wieder begann, Zikél zu küssen, fiel sein Oberkörper langsam wieder in die Kissen zurück und der Blaue wurde mitgezogen.
 

Hilflos gab dieser nach und überließ Leonidas die Führung. Es fühlte sich seltsam an, ihm so nahe zu sein, nach den Worten Maos vom Vortag. Seine Gedanken schweiften ab zu dem Tama-i und ein leichtes Kribbeln setzte in seinem Bauch ein, dass Zikél verwirrte.
 

Einen Moment noch kostete Leonidas das kleine Intermezzo voll aus, dann jedoch ließ er ab von Zikél. "Du bist ein dummes Kätzchen." sagte er sanft und irgendwie vermittelte er nicht den Eindruck, als würde er das auch nur im Entferntesten so meinen, wie er es sagte. "Na los, geh Frühstück machen. Ich komme gleich."
 

Verwirrt schaute er dem Mann an und verstand weder sein Handeln, noch die Worte. "Was... habe ich etwas falsch gemacht?" Wenn sein Bruder ihn als dumm bezeichnete, konnte man sicher sein, dass Zikél ihm ordentlich eine knallte, aber Leonidas Worte schienen eine ganz andere Bedeutung zu haben.
 

"Die Frage ist, was habe ich falsch gemacht? Machst du Frühstück oder soll ich über dich herfallen?" fragte Leonidas belustigt und wuschelte Zikél durch die Haare.
 

Sein Gesichtsausdruck musste ziemlich dämlich sein, aber Zikél verstand es wirklich nicht. Wieso gab sich Leonidas nun die Schuld? Aus einem Impuls heraus küsste er ihn noch einmal stürmisch und sprang dann aus dem Bett. Der Blaue war erleichtert, auch wenn er nicht wusste, warum. Leonidas hatte nichts falsch gemacht und doch hatte Zikél plötzlich etwas gegen diese Nähe. Aber wahrscheinlich war der Tama-i einfach nur nicht ausgeschlafen...
 

Im Nebenzimmer war Mao gerade dabei, sich anzuziehen. Frühstück stand bereits auf dem Tisch, nur fehlten die gewohnten Zugaben Nittas. "Guten Morgen." lächelte der Langhaarige.
 

"Morgen. Du bist ja schon fertig." bemerkte Zikél bedröppelt und zuckte die Achseln.
 

"Fertig? Ja, das Personal hier ist sehr schnell." zwinkerte Mao.
 

"Dann räum ich nachher ab." Mit einem freundlichen Lächeln setzte er sich an den Tisch und beobachtete Mao, wie er noch einmal alles kontrollierte und zurecht schob. "Wie hast du geschlafen? Ich hoffe, ich hab mich nicht zu sehr herumgewälzt."
 

"Die Nacht war in Ordnung."
 

"Mao!" hörte man plötzlich die Stimme Leonidas'.
 

Mao sah Zikél an. "Du entschuldigst, mein Herr ruft." lächelte er.
 

Zikél blickte auf und verfolgte den Braunen mit den Augen, bis er aus seinem Blickfeld verschwand.
 

~~~
 

Leonidas lag im Nebenzimmer, immer noch im Bett. Er betrachtete den Braunen nachdenklich, als dieser eingetreten war. "Schließ die Tür."
 

Mao tat, wie ihm geheißen und ging auf seinen Herren zu. "Habt ihr gut geschlafen?"
 

"Ja, danke der Nachfrage." Der schwarzhaarige Mann klopfte mit seiner Hand auf das Laken neben sich. "Zieh dich aus."
 

Mao lächelte, folge dem Befehl und krabbelte zu seinem Herrn unter die Decke.
 

~~~
 

Die Tür zwischen dem Schlafgemacht des Dracath und dem Speisesaal war nicht dick genug, als dass sie die Worte Leonidas' hätte aussperren können. Hellhörig spitzte der Blaue die Ohren und erstarrte. Aus ihm unerfindlichen Gründen krampfte sich sein Magen zusammen bei dem schlichten Befehl, der nicht einmal an ihn gerichtet war. Zikél wusste, dass Mao ihn ausführen würde und das stach ihn wie ein Dorn.
 

"Warum macht er das? Was will er mir damit sagen? Oder beweisen?" knurrte er und ballte die Hände zu Fäusten. Heiße Wut auf Leonidas stieg in ihm empor, doch ebenso auf Mao. Und noch etwas Anderes mischte sich dazu, wie Öl in ein bereits loderndes Feuer.
 

Mit einem Ruck stand er auf, so dass sein Stuhl rückwärts umkippte. Die Ohren zuckten, waren nur ein Vorbote des Ausbruchs. Noch immer konnte er sich nicht überwinden, die Tür zu öffnen. Es war nicht seine Angelegenheit und Leonidas würde sicherlich wütend werden, aber das war er auch. Es störte den Blauen erheblich, dass Mao von dem Mann einfach nur benutzt wurde, wenn auch besser, als von anderen. Das hatte der Junge nicht verdient, das wollte er nicht.
 

Einige Augenblicke streifte er unruhig hin und her, bis der Stachel ihn ein letztes Mal stach. Mit gebleckten Zähnen, angelegten Ohren und einem Blick, der hätte töten können, riss Zikél die Tür auf.
 

Und ihm bot sich genau das Bild, das er befürchtet hatte. Mao lag auf dem Bauch, seine Hände krallten sich in die Balken des Bettes. Über ihm Leonidas, der es nicht einmal für nötig gehalten hatte, sich das Hemd auszuziehen. Mao erschreckte, als er Zikél sah und versuchte, sich aufzurichten, doch Leonidas presste augenblicklich seinen Oberkörper wieder nach unten.
 

"Raus!" knurrte der Dracath.
 

Der Anblick der Beiden war wie ein Schlag in den Magen für Zikél und er musste sich am Türrahmen festhalten. Einen Moment starrte er nur zum Bett, doch dann übernahm die aufgestaute Wut die Kontrolle und er ging langsam mit angelegten Ohren auf das Bett zu.
 

"Du Mistkerl." fauchte er leise. "Du elender Mistkerl! Nur weil ich nicht wollte, holst du dir Mao ins Bett? Hast du keinen Anstand? Warum muss er ausbaden, was ich angestellt habe?" Seine Stimme hob sich und die Krallen wurden gefährlich länger. "Du kannst nicht einfach so mit seinem Leben spielen, als wäre es nicht mehr wert, als du dafür bezahlt hast!" schrie er und blieb vor dem Bett stehen.
 

Notgedrungen zog Leonidas sich aus Mao zurück, der ängstlich die Decke um sich raffte. Genervt, mit flackernden roten Augen sah der Dracath den Tama-i an. "Was willst du eigentlich? Denkst du wirklich, du bist so großartig, dass ich mir Ersatz für dich suchen muss?" Ein gemeines Lächeln breitete sich auf Leonidas' Zügen aus. "Ich weiß, du willst es nicht wahr haben, aber er ist zu mir gekommen."
 

Zikél wischte die Worte mit eine Geste weg und fauchte. "Natürlich, weil du es ihm befohlen hast! Glaub du, er würde sich dir widersetzten? Er weiß, was ihn erwartet, wenn er nicht folgt. Er hat Angst davor wieder zurück zu müssen! Bei dir geht es ihm besser, als in diesem verdammten Schuppen, wo Nitta ihn rausgeholt hat!" Seine Stimme überschlug sich vor Zorn und nicht zum ersten Mal musste der Bettpfosten darunter leiden. "Aber das ist kein Grund ihn genauso zu behandeln! Mao ist kein Stück Fleisch, an dem du deine verdammten Triebe stillen kannst!"
 

"Nicht, tu das nicht..." beschwor Mao den Blauen leise. "Zikél, geh."
 

"Hörst du? Also, Zikél, geh." höhnte Leonidas. Wieder dieses Grinsen. "Oder... bist du etwa eifersüchtig?"
 

Der blaue Kater ignorierte das Flehen Maos völlig, war viel zu wütend. Für Zikél stand fest, dass Leonidas den Jungen nur zur Befriedigung seiner Triebe benutzte und Mao sich fügen musste. Er beugte sich weiter vor und funkelte den Mann mordlustig an. "Was ich fühle, kann dir egal sein. Es geht hier nicht um mich, sondern um ihn... und um deinen verdammten Egoismus! Und hör auf mich so dämlich anzugrinsen oder ich schlag es dir aus dem Gesicht." Seine rechte Hand ballte sich fest zu einer Faust, bereit alles zu tun, was ihr Besitzer wollte.
 

"Willst du seine Stelle einnehmen?" Leonidas hatte ruhig seinen Tagesmantel zur Hand genommen und schlüpfte hinein.
 

Mao währenddessen krabbelte ein Stück auf Zikél zu und sah ihn flehentlich an. "Zikél, geh! Bitte, das hier ist meine Angelegenheit..."
 

"Scheinbar nicht." Leonidas beugte sich hinüber und zog Maos Kinn zu sich, gab ihm einen Kuss.
 

Mao erwiderte diesen und wisperte in den Kuss: "Bitte... Leonidas... lass Zikél gehen."
 

"Es steht ihm frei, jederzeit zu gehen. Aber ich glaube, er möchte uns lieber zusehen..."
 

Mit schmerzvoller Bestimmtheit verdrängte er, dass Mao Leonidas ebenso küsste, wie dieser ihn. "Den Teufel werde ich tun. Ich lasse das nicht zu! Wenn du jemanden brauchst, um dich zu befriedigen, nimm mich, aber lass Mao in Ruhe." Er kam noch näher, seine rechte Faust zitterte immer stärker und lechzte geradezu danach sich in das Gesicht des Mannes zu bohren.
 

"Mao, ich lass es nicht zu, dass er dich so behandelt. Verstehst du das denn nicht? Ich will nicht, dass dir was passiert." Über diese Ehrlichkeit selbst erschreckt, stockte Zikél kurz, bevor er beschloss es einfach zu ignorieren. "Lass ihn los, Leonidas." knurrte er gefährlich und spannte jeden Muskel in seinem Körper an, um sich auf den Mann zu stürzen. Und schoss auf ihn zu.
 

Doch sein Schlag traf nicht Leonidas, sondern Mao. Der junge Tama-i hatte sich vor Leonidas geworfen und die Faust des Anderen hart gegen sein Schlüsselbein bekommen. Der Schlag warf ihn gegen den Dracath, der ihn auffing und Zikél böse anfunkelte. "Das wirst du büßen..."
 

"Nein, Leonidas, lass ihn in Ruhe, lass ihn gehen..." flehte Mao und krallte sich am Schwarzhaarigen fest.
 

Zikél konnte den Schmerz, den er Mao ungewollt zugefügt hatte, fast selbst spüren und zuckte erschrocken zurück. Es war das Letzte, was er gewollt hatte. "Mao... warum... warum hast du das getan? Warum hast du..."
 

Sichtlich aus der Bahn geworfen dadurch, schüttelte der Blaue ungläubig den Kopf. Das Schuldgefühl wog so schwer, wie eben noch seine Wut. "Warum beschützt du ihn? Warum..." Es wollte einfach nicht in seinen Kopf, wieso Mao sich so für Leonidas einsetzte. Es tat weh.
 

Maos Blick wurde weicher, traurig. "Das kannst du nicht verstehen. Oder du willst es nicht. Du hast es die ganze Zeit über nicht verstanden. Deine Art von Freiheit ist nicht meine Art von Freiheit."
 

Leonidas schob Mao sanft von sich und gab ihm noch einen schnellen Kuss. "Ihr findet mich beim Frühstück. Und ihr werdet mir beide Gesellschaft leisten." Ein drohender Seitenblick traf Zikél. Und dann stand er auf und ging.
 

Während Mao mit hängenden Ohren auf dem Bett saß und Zikél betrachtete.
 

Wieder diese Worte, die er nicht verstand... oder verstehen wollte. Warum sträubte sich Mao so gegen seine Versuche, ihm ein besseres Leben zu ermöglichen? Warum ließ er das einfach mit sich machen? Zikél ignorierte Leonidas völlig, wollte ihn nicht mal ansehen. "Aber sie kann es werden. Komm mit mir... ich zeige dir, wie es sein kann, wirklich frei zu sein." Seine Stimme war flehend und er streckte eine Hand nach dem Braunen aus.
 

Mao sprang auf. "Ich will deine Freiheit nicht! Begreif das doch endlich. Ich bin glücklich hier, warum akzeptierst du das nicht?" rief er. "Ich liebe Leonidas, mir ist es völlig egal ob frei oder nicht, ich will hier bleiben!"
 

Wie geschlagen stolperte der Blaue zurück und starrte Mao entgeistert an. Der Eisklumpen, der sich plötzlich in seinem Magen gebildet hatte, ließ Zikél zittern und er schüttelte einfach ungläubig den Kopf. "Nein, das ist nicht wahr. Du verwechselst Dankbarkeit mit Liebe." hauchte er und wollte einfach nicht glauben, was Mao gesagt hatte. In seiner Brust stach es, als würden tausend Nadeln durch ihn geschossen werden. "Du lügst."
 

Mao sah verkniffen nach unten. Er erwiderte nichts. Einen Augenblick später sammelte er vom Boden seinen Rock auf und schlüpfte wieder hinein. "Lass uns frühstücken gehen."
 

Zikél fühlte eine seltsame Taubheit in seinem Körper und merkte gar nicht, dass er dem Jüngeren folgte. Der Schock saß immer noch tief, obwohl sich alles in ihm dagegen wehrte, es auch nur eine Sekunde für möglich zu halten. Schweigend und mit ausdruckslosem Gesicht setzte er sich an den Tisch, so weit es ging von Leonidas entfernt. Hunger hatte er keinen mehr, also rührte er auch nichts an, starrte nur stumpf vor sich hin und versuchte den Schmerz in seinem Inneren irgendwie zu dämpfen.
 

"Iss etwas." sagte Leonidas, wieder ruhig, wie es schien. "Wenn du nichts isst, werden wir nicht aufbrechen."
 

Kurz zuckten seine Ohren, das einzige Anzeichen, dass zeigte, dass er die Worte gehört hatte. Es kostete viel Überwindung das Essen auch nur anzusehen. Sein Magen schien sich so fest wie nur möglich zusammen gezogen zu haben. Zikél würgte etwas Brot hinunter und sah Leonidas dann funkelnd an. "Zufrieden?"
 

"Nein. Pack dir was ein. Mao, du packst dir auch etwas ein." Leonidas aß seelenruhig weiter. "Unser Ziel liegt acht Tagesreisen von hier entfernt. Die Zeit haben wir nicht. Heute Abend werden wir da sein. Nitta wird uns empfangen." Er sah scharf zu Zikél herüber. "Du wirst nichts tun, solange wir es dir nicht erlauben. Handle gegen diesen Befehl und wir werden uns aus dieser Angelegenheit zurückziehen. Hast du das verstanden?"
 

Freudlos lachte Zikél auf und schüttelte den Kopf. "Du bist verrückt. Du kannst eine Acht-Tage-Reise nicht an einem schaffen." Es ärgerte ihn, dass Leonidas vorhin noch behauptet hatte, es gäbe nichts Neues und sie nun bereits aufbrechen sollten. Widerwillig stopfte er sich Brot und etwas Obst in eine Serviette und steckte diese in einen bereitgelegten Beutel.
 

Die ganze Sache mit Mao lastete immer noch auf ihm, doch jetzt waren andere Dinge wichtiger. Erst musste er seine Familie befreien. "Ich habe es gehört und verstanden, ja. Glaubst du, ich will meine Leute noch weiter in Gefahr bringen?" Sie mussten jetzt zusammen arbeiten, es half alles nichts.
 

"Macht euch soweit fertig. In einer Stunde hole ich euch wieder ab." Er stand auf und ging zur Tür. Als er sie öffnete, stand draußen eine Frau, die scheinbar gerade anklopfen wollte. Auf ihrem Arm hatte sie Telis, der friedlich schlummerte.
 

"Clara!" freute sich Mao, verstummte aber schnell. Er wollte den Kleinen nicht wecken.
 

"Telis!" rief Zikél überrascht und stürmte auf die Frau zu, um ihr das Kätzchen abzunehmen. Ihm fiel ein Stein vom Herzen, dass es dem Kleinen anscheinend gut ging. Der Anblick wärmte ihn innerlich und er lächelte leicht.

Er strich dem kleinen Jungen sanft über den Kopf und streckte die Arme aus. "Gib ihn mir."
 

"Hier." vorsichtig schob sie den Kleinen von sich. "Ich habe ihm die Erinnerung an die vergangenen Ereignisse genommen. Vorerst. Der Kleine erträgt es nicht..."
 

Zikél nickte und war froh darüber, obwohl diese Erinnerungen nicht für immer von ihm fern bleiben konnte. "Ich danke dir." Er nahm Telis auf den Arm, hielt seinen Kopf in einer Hand und drückte ihn leicht an sich. Es tat gut endlich jemanden um sich zu haben, den er kannte. Wortlos ging er an Leonidas und Mao vorbei zu dem Bett und setzte sich mit dem Kätzchen darauf, während er liebevoll über den Rücken strich und leise schnurrte. "Alles wird wieder gut, mein Kleiner. Ich bin jetzt für dich da, du bist nicht allein." flüsterte er und küsste eine Schläfe.
 

"Wir werden ihn nicht mitnehmen, er bleibt bei Clara. Du hast eine Stunde." Damit verschwand Leonidas.
 

Clara sah ihm nach. "Was ist denn mit Leonidas los?" wollte sie wissen und sah die beiden Tama-i fragend an, ging aber nicht weiter darauf ein. "Zikél, du sollst verletzt sein. Zeig mir das bitte mal."
 

Er kümmerte sich nicht weiter um Leonidas, es war ihm im Moment so ziemlich egal. Mit dem Kätzchen auf dem Schoß legte er die Beine hoch und nickte auf seine Füße. "Es tut nicht mehr weh. Der Knöchel ziept vielleicht manchmal noch, aber es geht schon." erklärte er mit gesenkter Stimme, um Telis nicht zu wecken, blickte Mao nur kurz an und musterte dann die Frau näher. Der Junge auf seinem Schoß regte sich leicht und Zikél lächelte innig ob des niedlichen Bildes.
 

Clara näherte sich und ging vor Zikél in die Knie. Ihre Hände legte sie um den verletzten Knöchel, berührte ihn jedoch nicht. "Es wird jetzt ein bisschen warm..." meinte sie, bevor sie ihre Augen schloss. Und tatsächlich spürte Zikél die leichte Wärme, die von ihrer Magie zeugte.
 

Es machte ihn etwas nervös nicht zu sehen, was passierte, sondern nur etwas zu fühlen, doch Clara wirkte nicht wie jemand, der ihm schaden wollte. Außerdem hatte sie sich um Telis gekümmert, der nun langsam aus seinem Schlaf driftete.
 

"Zikél? Bist du das?" fragte er verschlafen und rieb sich die Augen.
 

"Ja, Kätzchen, ich bin es. Hast du gut geschlafen?"
 

"Ja, Tante Clara, du bist ja auch hier." Sichtlich erfreut darüber lächelte Telis zu der Frau und bemerkte dann erst ihre Hände. "Was macht sie da?"
 

"Sie heilt meinen Knöchel. Ich bin umgeknickt." erklärte Zikél und wuschelte ihm über den Kopf.
 

"Und wer ist das?" Er schaute Mao neugierig an.
 

"Ich bin Mao. Und du bist Telis, nicht wahr? Ich hab schon viel von dir gehört." lächelte Mao und tippte dem Jungen sanft einen Finger auf die Nase. "Du hast ganz schön lange geschlafen..."
 

Mit großen grünen Augen starrte er den anderen Tama-i an, lachte dann aber vergnügt auf. "Hab ich das? Ich war so schrecklich müde." gab er zu und schmiegte das Gesicht an Zikél, der darauf seine Wange streichelte.
 

"Ja, du hattest es auch nötig, Kleiner. Hast du Hunger? Auf dem Tisch steht bestimmt noch etwas Leckeres für dich rum. Möchtest du ein Glas Milch?" Fürsorglich kümmerte er sich um Telis und hoffte, dass dieses fröhliche Lachen erhalten bleiben würde. Er wusste, dass früher oder später die Frage kommen würde, vor der er sich so sehr fürchtete: Wo ist mein Jalla?
 

Telis schielte hungrig zum Tisch, blieb aber doch lieber erst mal bei Zikél sitzen. "Ist Mao der Freund, den wir besuchen? Jalla vermisst mich bestimmt schon, weil er jetzt ganz alleine ist im Dorf..."
 

Clara war immer noch versunken in ihr Heilritual. Mao stockte und nickte. "Ja. Zikél hat mir immer so viel von dir erzählt, und ich wollte dich mal kennen lernen."
 

Zikél war froh, dass Mao geantwortet hatte und zeigte es diesem auch mit einem Blick. Er selbst bekam keinen Ton heraus.
 

~ Jalla vermisst mich bestimmt schon... ~
 

Wie sollte er dem Kleinen beibringen, dass sein Kemjal nicht mehr da war, wie auch das Dorf, wie jeder. Er drückte den kleinen Körper fester an sich und vergrub das Gesicht in den wuscheligen Haaren. "Dein Jalla..." setzte er an, doch seine Stimme versagte und er verstummte.
 

Telis blickte neugierig auf. "Was ist mit ihm?"
 

Die großen unschuldigen Augen versetzten Zikél einen Stich ins Herz und er lächelte gequält. "Dein Jalla vermisst dich ganz sicher." endete er und zog Telis in eine verzweifelte Umarmung.
 

Clara schlug die Augen wieder auf. "So. Alles wieder in Ordnung. Oh Telis, du bist ja wieder wach! Gut geschlafen?" Die junge Frau stand wieder auf und betrachtete die Gruppe Tama-i.
 

"Ja!" rief der Junge freudig und Zikél entließ ihn aus seiner Umarmung, achtete aber darauf, dass er nicht runterpurzelte, so wie er nun herumhüpfte.
 

"Telis, möchtest du dich nicht mit Mao an den Tisch setzten und etwas essen? Da stehen ein paar ganz leckere Küchlein rum, hm?"
 

Begeistert nickte der Junge, traute sich nun auch sich von ihm zu trennen und huschte davon. Zikél sah ihm kurz nach, dann wandte er sich an Clara. "Was soll ich tun? Wie soll ich ihm nur beibringen, dass... dass sein Vater tot ist?"
 

Clara lächelte ihn an. Dann wandte sie sich an Mao und Telis. "Wir gehen mal eben rüber. Ihr vertragt euch hier, ja?"
 

Mao nickte. "Ja, Tante Clara."
 

"Ja, Tante Clara." versprach Telis zeitgleich und musste lachen.
 

"Gut." Clara legte einen Arm um Zikéls Hüfte und schob ihn ins Nebenzimmer.
 

"Kommt Zeit, kommt Rat." sagte sie, als die beiden die Tür hinter sich geschlossen hatten. "Befreie deine Familie. Baut das Dorf wieder auf. Ich kümmere mich solange um den Jungen. Wenn deine Familie sich erholt hat und euer Dorf wieder steht, und ihr Kraft habt, mit der ihr den Kleinen umsorgen könnt, dann hole ihn hier wieder ab und erkläre es ihm." Sie lächelte. "So würde ich es machen. Ich kümmere mich um ihn, solange du möchtest."
 

Zikél presste die Lippen fest aufeinander. Das Angebot war mehr, als er von dieser Frau erwarten konnte, doch trotzdem... "Ich möchte ihn nicht so lange allein lassen. Versteh mich nicht falsch, ich weiß, dass er bei dir gut aufgehoben ist, doch... es dauert vielleicht Monate, bis alles wieder so ist, wie es einmal war. Wenn er solange von uns getrennt ist... es tut mir weh ihn allein zu lassen. Ich möchte für ihn sorgen, ihn adoptieren. Wenn meine Familie und Freunde wieder frei sind, ist es vielleicht besser ihn gleich mitzunehmen. Ich weiß, meine Väter würden mich unterstützten, sie kennen Telis seit seiner Geburt und gemeinsam können wir ihm das geben, was er verloren hat." Zikél wusste nicht, ob es das Richtige sein würde, aber es widerstrebte ihm, Telis so lange allein und im Unklaren zu lassen. Der Schmerz würde grausam sein, jetzt wie später. "Ich brauche ihn genauso, wie er mich braucht."
 

"Es ist deine Entscheidung." bestätigte Clara. "Viele von euch haben Verluste zu beklagen. Holt Telis zu euch, sobald ihr bereit dazu seid." Clara lächelte wieder. Sie hatte eine Art zu lächeln an sich, die unglaublich warm und liebenswert war. "Aber holt ihn erst, wenn ihr dem Kleinen ein Dach über dem Kopf bieten könnt. Er ist gesundheitlich sehr angeschlagen."
 

"Einverstanden. Ich möchte alles tun, damit es ihm gut geht. Wir waren... mit seiner Familie sehr eng befreundet. Ich habe immer auf ihn aufgepasst, als er noch ein kleines Kätzchen war." Das Lächeln wirkte wehmütig. Zikél bedankte sich noch einmal bei Clara. Ihre Anwesenheit tat gut und beruhigte ihn. Das erste Mal seit er hier war, fühlte er sich willkommen und akzeptiert. "Kann ich irgendetwas tun, um mich dir erkenntlich zu zeigen?"
 

"Ach, lass gut sein. Ich bin froh, wenn ich helfen kann." beruhigte sie ihn und zwinkerte ihm zu. "Ihr könnt mich ja mal besuchen kommen."
 

"Das werden wir gern." erwiderte Zikél das Lächeln und sah zur Tür, hinter der es plötzlich laut wurde. "Was stellt er denn nun schon wieder an?" Gemeinsam gingen sie in das andere Zimmer und kaum stand der Blaue im Raum flitzte etwas kleines Graues an ihm vorbei und versteckte sich hinter ihm.
 

"Telis, was...?" Verwirrt blickte er auf und sah Mao an, der sich gerade die Reste eines Sahneküchleins aus dem Gesicht wischte. Er spürte, dass Telis seinen Schwanz in die Hände nahm und sich daran festhielt, leise kicherte. "Was hast du wieder gemacht, du Lausebengel? Eine Essensschlacht? Du solltest nicht mit Lebensmitteln rumwerfen." schalt er sanft und grinste Mao an. Das warme Gefühl flatterte wieder durch seinen Bauch, doch der Tama-i versuchte es sofort zu unterbinden. Schnell wandte er sich an den kleinen Jungen. "Telis, Mao und ich, wir werden bald für eine Weile weg sein. Du bleibst solange bei Tante Clara, okay? Ich komme dann wieder und hole dich, ja?"
 

Telis nickte. Und sah Zikél an.
 

Und merkte nicht, dass Mao mit einem Cremetörtchen bewaffnet auf ihn zuhielt und es ihm mitten auf den Kopf ditschte. "Ha!" lachte Mao triumphierend und sprang in den großen Raum hinein.
 

Der Katzenjunge quietschte auf und fauchte, doch dann rannte er hinter Mao her, lachte ausgelassen und versuchte dessen Schwanz zu haschen, um sich zu revanchieren.
 

Zikél lachte genauso und prägte sich dieses Bild genau ein. Er wollte, dass die Beiden immer so fröhlich und herzlich lachten, wollte sie vor allem Schmerz und Leid beschützen oder wenigstens es lindern, in dem er für sie da war. Doch Mao würde es wohl nicht zulassen.
 

"Zikél! Spiel mit uns!" forderte Telis ihn auf und das alte Lächeln kehrte auf die Züge des Blauen.
 

"Wenn ich dich in die Finger kriege, Kätzchen, kannst du dein blaues Wunder erleben." drohte er gespielt und stürzte sich auf den schreiend davon laufenden Jungen.
 

Clara lachte ebenfalls herzlich, hob ihre Hand und pustete darüber. Aus ihrer Hand flogen plötzlich lauter bunte Blütenblätter, die um die drei Katzen tobten und mitzuspielen schienen.
 

~~~
 

Ganz in ihrem Spiel versunken, merkten sie gar nicht, wie die Zeit verging.
 

Plötzlich stand Leonidas wieder im Raum und Telis, der ihn zuerst bemerkte, flüchtete schnell hinter Zikél, um sich dort zu verstecken. Der Blaue hob irritiert den Kopf, legte dann aber beruhigend eine Hand auf Telis Schulter. "Keine Angst, er ist ein Freund."
 

Das graue Kätzchen klammerte sich jedoch weiterhin an seinen Schwanz und presste ihn fest an sich. Zikél ließ ihn und wandte sich an den Anderen. "Soll es los gehen?"
 

"Ja." Leonidas ging in die Hocke und holte aus einer seiner Taschen einen kleinen, bunten Ball. "Hier, Telis, den habe ich dir mitgebracht."
 

Verwundert über so viel Rücksicht auf den Kleinen musste Zikél lächeln und stupste den Grauen an. "Na los, er beißt schon nicht. Und wenn, kriegt er von mir Haue." versprach er.
 

Das und das kleine Geschenk überzeugten den Jungen anscheinend und er tapste zu Leonidas, schnappte sich den Ball, fiel ihm einmal um den Hals und rannte dann wieder weg.
 

"Wir brechen jetzt auf, Telis. Sei schön brav und tue, was Tante Clara dir sagt, ja?"
 

"Jaja." war das einzige, was Zikél als Antwort bekam, denn der kleine war viel zu fasziniert von seinem neuen Spielzeug.
 

"Kommt."

Kapitel 10

Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél

Teil: 10/30

Autor: Alaska & BlueMercury

Genre: Fantasy, Drama

Warnung: Zucker, Gewalt, Sex (die Warnungen gelten jeweils nur für einzelne Kapitel, also nicht abschrecken lassen ^^)
 

Kommentar: So, in den nächsten Tagen ist die Geschichte beendet, Blue und ich schreiben nur noch den Schluss. Es werden ganze 30 Kapitel...das sind dann bestimmt an die 200 Seiten. Wir haben auch überlegt, dass wir unter unseren lieben Kommischreibern eine gebundene Fassung mit (wahrscheinlich von Blue entworfenem) Cover verlosen werden. Natürlich können die Anderen auch ein Exemplar erstehen, allerdings wissen wir noch nicht auf wie viel sich die Kosten belaufen werden.

An dieser Stelle möchte ich gleich noch mal an den Fanart-Wettbewerb erinnern, denn wenn dort ein passendes Bild eingesendet wird, kommt das aufs Cover ^^ Aber das hat alles noch Zeit...um genau zu sein 20 Kapitel *fg*

Auch noch mal herzlichen Dank an alle Kommentatoren, besonders Ulysses, der wirklich zu allem seinen Senf dazu gibt *fg* *knuddl* Vielen Dank euch allen!

Und jetzt viel Spaß mit Kapitel 10
 


 


 


 


 

~10~
 

Leonidas führte die Beiden aus der Stadt heraus und in die nahen Wälder. Sie legten ihren Weg schweigend zurück, und Zikél fragte sich immer wieder, wie Leonidas es schaffen wollte, noch heute an ihr Ziel zu kommen.
 

Sie waren bestimmt drei Stunden unterwegs gewesen, als der Dracath auf einer Lichtung anhielt. Dort sah Zikél sich neugierig um. Sollten sie nun in irgendwelche Gefährte umsteigen? "Was ist? Warten wir auf jemanden?"
 

"Nein." sprach Leonidas, warf die Taue, die er seltsamer Weise mitgenommen hatte, zu Boden und begann, sich auszuziehen. "Was ihr jetzt seht, werdet ihr keiner Seele jemals erzählen. Wenn doch, bringe ich euch für immer zum Schweigen." Seine Sachen bündelte er und drückte sie Zikél in die Hand. "Das Gepäck und den Proviant schnall ihr gleich um meinen Hals."
 

Zikél lag eine spitze Bemerkung auf der Zunge, die er Leonidas gern an den Kopf geworfen hätte, da er es nicht für angebracht hielt, dass dieser sich nun entblößte. Doch er schluckte sie runter und musterte den Mann nur misstrauisch.
 

Daraufhin lösten sich die Konturen von Leonidas' Körper auf und der Wandler nahm seine Dracoform an - ein gut 30 Meter langer Drache streckte sich plötzlich vor ihnen auf der Lichtung und spannte seine mächtigen Schwingen.
 

In dem Moment wich der Blaue mit schreckensgeweiteten Augen zurück, stellte sich unbewusst sofort vor Mao. "Was zum..." flüsterte er und konnte den Blick nicht von dem schönen Wesen wenden.
 

Der Drache streckte sich abermals und legte sich dann auf alle Viere nieder. Die Dracoform des Dracath war eine riesige, schlanke Bestie mit gigantischen Schwingen und Schuppen am ganzen Körper, die glänzten wie schwarzes Metall. Die Augen waren Rubinrot und blickten auffordernd auf die beiden Tama-i hinab. Seine Krallen und die Dorne an seinem Schwanzende waren ebenfalls blutrot, genau wie die schmalen Zeichnungen in seinem Gesicht und den Hals hinab.
 

Mao stand da und wusste nicht, ob diese Entwicklung gut war oder nicht. Doch nach der ersten Schrecksekunde umrundete er Zikél, ging auf den Drachen zu und schmiegte sich an dessen Wange. "Du bist wunderschön..." wisperte er. "Nicht wahr?" fragte er Zikél.
 

Mit versteinerter Miene und erneut den Stachel der Eifersucht spürend folgte Zikél dem Jungen und brummte nur etwas Unverständliches. Natürlich war er schön! Wie könnte man ein solches Wesen nicht schön finden? Doch dass sich Mao gleich so an ihn ranschmiss, musste auch nicht sein, wie er fand. "Ich gehe mal davon aus, das wir jetzt auf deinen Rücken klettern sollen." bemerkte er trocken und ließ seine Blicke über den großen, doch geschmeidigen Körper wandern. Es war kein Wunder, dass Mao ihn vorzog...
 

Mit zusammen gepressten Lippen schnappte er ihr Gepäck und versuchte es mit Hilfe der Taue an dem Hals des Drachen zu befestigen.
 

Acron, so der Name des Drachen, der sich im Leonidas' Körper verbarg, hob seinen Kopf und damit seinen Hals, je nach Bedarf, um Zikél seine Arbeit zu erleichtern. Mao kletterte in den Nacken des Tieres und hielt sich dort an einer Schuppe fest. "Hast du noch ein Seil? Wir brauchen hier etwas, an dem wir uns festhalten können." rief er Zikél zu.
 

Mit doppelten Knoten schnallte er dem Drachen das kleine Packet um und behielt ein Seil zurück. Er wickelte es, bevor er hinter Mao kletterte, ebenfalls um den Hals und griff um die Hüfte des Jungen vor sich, herum, um sich selbst, aber auch ihn festzuhalten. Kurz streifte ihn der sanfte Duft des Braunen, den er sehnsüchtig tief einatmete. "Bist du bereit? Dann kann es los gehen. Bring uns zu meiner Familie." murmelte er und atmete tief durch.
 

Arcon schnaubte unwillig aufgrund des Tones, den Zikél anschlug, ignoriertes es dann aber und erhob sich. Zuerst stellte er sich auf seine Beine, dann begannen seine Schwingen, zu schlagen und das riesige Ungetüm erhob sich in die Luft.
 

Sein Griff um Mao wurde fest, um wirklich sicher sein zu können, dass der Andere nicht herunter fiel... oder herunter geweht wurde, denn die großen Schwingen machten einen unglaublichen Wind. Zikél legte die Ohren an und beugte sich über den Braunen, um ihn etwas davon abzuschirmen. Dann auf einmal waren sie in der Luft und der Blaue bekam ein flaues Gefühl in der Magengegend. "Ganz schön hoch..." nuschelte er und klammerte sich fester an das Seil.
 

"Höhenangst?" jauchzte Mao, dem der Flug sichtlich Spaß machte. "Schau doch mal, wie klein da unten alles ist!" Er beugte sich unter Zikél weiter zur Seite, um die Landschaft unter ihnen sehen zu können. Er fand das alles völlig toll. Bis auf die Kälte, die in solcher Höhe herrschte.
 

"Unsinn!" knurrte Zikél unwirsch. Zugegeben, es war ihm lieber festen Boden unter den Füßen zu spüren, doch hauptsächlich machte er sich nun Sorgen um Mao. Allein bei dessen Versuch, mehr zu entdecken, riss ihn Zikél zurück. "Bist du verrückt? Willst du da runter fallen?" Er schlang einen Arm um den Bauch des Anderen und presste ihn gegen sich. Sicher war sicher. Zudem wärmte es angenehm. "Kein Wunder, dass er so geheimnisvoll ist, wenn er dieses Ungetüm in seinem Inneren versteckt." murmelte er leise und ließ den Blick über den Horizont schweifen. Bald würde es soweit sein. Bald sah er seine Familie und Freunde wieder. Hoffte er...
 

Mao zappelte unter Zikéls hartem Griff. "Lass mich doch, ich fall schon nicht." Aber Zikél ließ nicht locker und Mao bleckte die Zähne. "Zikél! Ich bin kein Kind." knurrte er. Er wollte so viel mehr sehen. Er hatte noch nie so viel Land auf einmal erblickt. Die Welt schien gar kein Ende zu nehmen, ebenso wenig wie der endlose Horizont, der in der Ferne mit dem nahen Meer verschmolz.
 

"Aber du bist sicherlich auch noch nicht volljährig!" erwiderte Zikél mit der selben Bissigkeit. "Irgendjemand muss ja auf dich aufpassen." Dennoch ließ er Mao etwas mehr Spielraum, da das aufgeregt freudige Glitzern in den Augen viel zu schön war, als dass er es hätte so schnell wieder vertreiben wollen. Für den Jungen war es anscheinend das erste Mal, dass er so viel Land auf einmal sah, zudem völlig frei von Ketten. Der Wind zerzauste ihnen Haare und Fell, doch es störte Zikél nicht. Er war in stumme Betrachtung des aufgeregten Tama-i vor ihm verfallen und fragte sich, warum es in seinem Bauch zwickte und kribbelte.
 

Mao drehte sich zu Zikél um. "Du bist schrecklich arrogant, weißt du das?" Damit wand sich Mao gänzlich aus dem Griff des Blauen und zog sich an den Schuppen und Dornen des Drachen hinauf zu dessen Stirn, wo er sich jauchzend an eines der Hörner klammerte und sich daran langsam auf seine Füße schob.
 

Die kleine Bemerkung machte ihn gleichermaßen wütend und enttäuscht. Was konnte er dafür, wenn er sich Sorgen machte? Beleidigt und verletzt schnaubte Zikél auf und rückte etwas weiter vor, um sich besser festhalten zu können. "Dann stürz doch in deinen Tod, du Sturkopf!" rief er über den Wind und das Flügelschlagen und konzentrierte sich darauf, herauszufinden, wo in etwa sie sich befanden. Nicht, dass er sehr viel erkennen konnte, doch vielleicht gab es Anhaltspunkte. Doch die Bemerkung Maos wollte einfach nicht aus seinem Kopf verschwinden.
 

Mao hatte ihn gar nicht gehört, und selbst wenn, hätte er nicht darauf reagiert. Er war zu beschäftigt damit, sich den Wind um die Nase wehen zu lassen und sich festzuklammern. Sogar sein Schwanz wickelte sich um das Horn, dass ihn um gut einen Kopf überragte. In der Ferne sah er eine Gebirgskette, deren Spitzen allesamt weiß waren. Auch Schnee hatte Mao noch nie gesehen und konnte sich somit nicht erklären, was das war. In den Regionen um die Therme, wo er bisher immer gelebt hatte, gab es selten so kalte Winter, dass es schneite.
 

Acron ging langsam in einen Sinkflug. Vor ihnen lag ein riesiger See, auf den der Drache zusteuerte. Zugegeben, einen Moment überlegte er, ob er Zikél nicht einfach von seinem Hals schütteln und einmal in wirklich tiefes Wasser fallen lassen sollte, aber den Schrecken wollte er ihm nun doch nicht einjagen. Stattdessen ließ er sich bis knapp über die Wasseroberfläche sinken, die sich unter dem Schlagen der Schwingen kräuselte, öffnete den riesigen Rachen und trank einige kräftige Schlucke. Dabei spritzte Wasser nach hinten weg und Mao schüttelte sich kräftig, weil er das Meiste davon abbekam.
 

Auch Zikél wurde bespritzt und knurrte böse auf. Das war volle Absicht! Er kletterte weiter zurück auf den Rücken, unter anderem, weil er sich dort sicherer fühlte. Er war breiter, man lief also nicht so leicht Gefahr runterzufallen. Und jetzt über dem Wasser war ihm sowieso nicht wohl. "Wann sind wir endlich da, Drache?" murrte er, während er versuchte, sein Fell zu trocknen. Wie konnte Mao das nur so gelassen hinnehmen nass gemacht zu werden? Wahrscheinlich würde er das nie verstehen.
 

Genervt von Zikél zuckte Acron ein paar mal kräftig mit den Schultern, so dass der Blaue kräftig durchgeschüttelt wurde. Sie waren zwar schon eine Weile unterwegs, aber vor dem frühen Abend würden sie auch per Luftweg nicht angekommen sein.
 

Mao hatte sich derweil wieder zurücksinken lassen und hielt sich nun an dem Seil im Nacken des Tieres fest. Er schien ganz in seinem Element zu sein.
 

Panisch hatte Zikél sich an die massiven Schuppenplatten gekrallt und wütend gefaucht. Das war auf jeden Fall Absicht! Sogar dieser Drache hatte etwas gegen ihn!
 

Als es wieder ruhig unter ihm wurde, krabbelte Zikél zurück zu Mao und griff fest in das Seil. Ihm war ihr Transportmittel eindeutig zu gefährlich. Dieses Mal verzichtete er jedoch darauf, den Jungen an sich zu drücken. Wenn dem Braunen seine Berührungen und Sorgen zuwider waren, wollte er sich nicht aufdrängen. Seine schlechte Laune wurde immer schlimmer, je länger sie flogen. Zudem nagte die aufkeimende Aufregung an ihm, seine Familie wiederzusehen.
 

Mao fühlte sich wohl. Sehr wohl. Schnurrend streckte er seine Nase in den Wind und genoss die Aussicht.
 

"Du machst dir überhaupt keine Sorgen runterzufallen, oder?" bemerkte Zikél gerade laut genug, dass man ihn verstehen konnte. "Und ich darf dir dann nachspringen..." Nach der derben Zurückweisung am Morgen konnte sich der Blaue nicht mehr unbefangen mit dem Anderen unterhalten. Seine mürrisch ausgedrückte Sorge legte Mao als Arroganz aus und spukte darauf.
 

"Nein, ich mache mir keine Sorgen. Ich glaube nicht, dass Leonidas zulassen würde, dass uns etwas passiert." Damit streichelte er über die Schuppen und lächelte Zikél an. "Und du brauchst mir nicht hinterher springen. Kannst du auch gar nicht, deine Familie braucht dich."
 

Er presste die Lippen aufeinander, wandte den Kopf zur Seite und blickte in die Ferne. Und du brauchst mich nicht? huschte eine Frage durch seine Gedanken, die er aber lieber unausgesprochen ließ. Die Eifersucht auf Leonidas kehrte zurück und Zikél beschloss, dieses Thema nicht mehr anzuschneiden, es verletzte ihn zu sehr. "Telis mag dich. Sonst ist er eigentlich immer sehr schüchtern."
 

"Der Kleine ist zu niedlich." gab Mao zurück. "Aber rotzfrech." lachte er. "Er hat mich ganz schön reingelegt mit dem Sahneding..."
 

Zikél lächelte innig bei der Erinnerung. "Ja, das ist er. Er hat sich einmal in unsere Hütte geschlichen und alle Kuchen und Kekse aufgefuttert. Danach tat ihm der Bauch so weh, dass er geschworen hat, nie wieder etwas Süßes anzurühren. Doch er ist süchtig danach." Sein Gesicht wurde bedrückter und kurz war er versucht, seine Stirn gegen Maos Schulter sinken zu lassen. "Ich weiß nur noch nicht, wie ich ihm beibringen soll, was mit seinem Jalla passiert ist. Ich will ihm nicht weh tun."
 

"Deine Liebe wird ihn stützen. Schließlich kann er spüren, dass er trotz allem nicht alleine ist. Und ihr habt alle schwere Verluste hinnehmen müssen, er wird nicht der Einzige sein, der trauert." Der Braune ließ seinen Kopf nach hinten fallen und stieß so Zikél an. "Du machst das schon."
 

Dem ersten Impuls folgend, wollte Zikél zurückweichen, doch er tat es nicht, sondern blieb einfach ruhig sitzen. Er grummelte nur einmal leise auf, blieb dann jedoch stumm. Er wollte nicht an die anderen Familien denken, die jemanden verloren hatten. Die Erinnerung an die toten Körper, die er verscharrt hatte, schmerzte immer noch. Um sich abzulenken, schaute er wieder auf das unter ihnen liegende Land. Mao redete von seiner Liebe, die Telis spüren konnte. Und er selbst? Spürte er nichts von den Gefühlen, die in Zikél herumwirbelten und deren Auslöser eindeutig der Braune war?
 

Wie auch immer, Mao blieb in der Hinsicht undurchsichtig. Versöhnlich wie immer lehnte er sich gegen Zikél und genoss weiterhin den Flug.
 

Acron verringerte abermals seine Flughöhe. Dieses Mal war es kein Wasser, dass er zu sich nahm, sondern eine Ziege. Der Drache schien Hunger zu haben.
 

"Wenn wir nicht aufpassen, frisst er noch uns." bemerkte Zikél trocken. "Was ist mir dir? Hast du Hunger? Ich kann den Proviant hochziehen." Sein eigener Magen knurrte leise und er hoffte, es würde ihn etwas von diesem angenehmen Gefühl ablenken, wenn Mao sich an ihn schmiegte.
 

"Ja, so langsam..." meine Mao, und just in dem Moment setzte Acron zum Landeanflug an. Eine große Wiese diente ihm zum Zwischenstopp.
 

Mao ließ sich von dem Ungetüm hinabgleiten und sah sich um. Kein Nitta. Dann war das jetzt wohl eine kreative Pause. "Lass uns Essen. Wenigstens das können wir am Boden tun." lachte er.
 

Kurz war Hoffnung in ihm aufgeglommen, dass sie vielleicht doch schon da waren, doch schnell erlosch sie wieder. Wortlos kletterte er von Acron herunter und machte sich daran, die kleine Tasche abzubinden und ihr Essen herauszunehmen. Er reichte Mao sein Paket und wickelte sein eigenes Brot aus. "Vielleicht hat ihm die Ziege ja auch nicht gereicht und er will ein bisschen jagen." Dabei nickte er zu dem Drachen.
 

Acron erhob sich gleich wieder und flog ein bisschen umher, schien sich auszutoben. Er legte einen Flugstil an den Tag, der Zikél wahrscheinlich schon beim Zusehen das Herz in die Hose hätte rutschen lassen und auch Mao wäre dann nicht mehr so begeistert gewesen. Aber wenn er schon mal die Gelegenheit dazu hatte...
 

Mao nahm derweil sein Packet an sich und öffnete es. Seinen Platz suchte er sich, wo er eben stand, ließ sich einfach fallen und aß. "Wir hätten was zu Trinken mitnehmen sollen."
 

Der Drache wurde ihm immer unheimlicher. Langsam kam er Zikél eher wie ein verspieltes Kätzchen vor, als ein furchterregendes Ungeheuer. Die Flugmanöver waren beeindruckend, doch er war froh auf der Erde sitzen zu dürfen, anstatt auf dem Rücken der Echse.
 

An Mao gewand nickte er nachdenklich und ließ den Blick über die Wiese schweifen. "Es sieht nicht so aus, als gäbe es hier einen kleinen Bach." stellte er fest und kramte dann in seinem Beutel. "Hier. Es ist nicht viel, aber besser als nichts." Er reichte Mao eine runde Frucht mit weicher Schale. Er kannte sie von Zuhause und wusste, dass sie besonders saftiges Fruchtfleisch hatte. "Kratz sie nur leicht mit einer Kralle an, dann kannst du sie ausdrücken."
 

"Danke, aber behalte sie ruhig." bedankte sich Mao und aß etwas von dem Brot, dass er mitgenommen hatte. Er beobachtete fasziniert den Drachen und wünschte sich insgeheim, auch einmal so zu fliegen.
 

"Nimm sie schon. Du hast gesagt, du hast Durst, also trink." knurrte er grob und warf sie vor Maos Füße. Die bewundernden Blick des Braunen gen Himmel stachelten Zikél erneut an und er schlag sein Essen hinunter und stand auf. "Ich vertrete mir etwas die Füße." Und schon marschierte er davon. Es schmerzte ihn zu sehen, dass Mao wohl doch nicht gelogen hatte mit seiner Behauptung am Morgen.
 

Mao betrachtete die Frucht zu seinen Füßen und sah dann Zikél hinterher. Kurzer Hand schnappte er nach eine Kastanie, die überall um ihn verteilt lagen und warf sie Zikél ins Kreuz. "Was ist nur mit dir los? Du bist ungenießbar!"
 

Mit einem dunklen Fauchen fuhr er herum und funkelte Mao an. "Das kann dir doch egal sein." keifte er und ballte die Hände. "Kümmre du dich nur weiter um das Wohl deines Herren, den du ja so sehr liebst."
 

Als dem Blauen bewusst wurde, dass ihm genau das herausgerutscht war, was er eigentlich nicht sagen wollte, machte es Zikél nur noch zorniger. Er wirbelte erneut herum und beschleunigte seine Schritte.
 

Geschockt und verletzt sah Mao dem Blauen hinterher. Seine Ohren sanken in sich zusammen und dem Drachen bei seinen Manövern zuzusehen, machte ihm auch keinen Spaß mehr.
 

Zikél verschwand in einem kleinen Wäldchen am Rande der Wiese und schlug wutschnaubend auf den nächstbesten Baum ein, der ihm in die Quere kam. Der Frust und die Bekümmerung ließen ihn irgendwann schwer atmend gegen das malträtierte Holz sinken. Mit angezogenen Beinen und in den Händen vergrabenen Gesicht versuchte Zikél, sich zu erklären, warum er immer so reagierte, wenn Mao Leonidas, oder in diesem Fall den Drachen, mit diesen Blicken bedachte, die er selbst gerne auf sich gespürt hätte. "Du musst es dir endlich eingestehen, du Sturkopf. Du magst ihm mehr, als es gut für dich ist. Er liebt einen Anderen. Mach dir nichts vor. Gegen Leonidas kannst du nicht gewinnen."
 

"Wer sagt, dass du gegen Leonidas gewinnen musst?" Mao war ihm gefolgt und gefangen in seiner Wut hatte Zikél ihn anscheinend nicht gehört. Nun stand er ein Stück hinter Zikél und sah diesen an.
 

Mit einem Schreckensfauchen fuhr er zusammen und glaubte, sein Herz würde aufhören zu schlagen. Wie lange hatte Mao dort gestanden? Anscheinend lange genug, um sein Selbstgespräch mit anzuhören. Mit vorgerecktem Kinn drehte er sich zu dem Tama-i und wählte den einzigen Ausweg aus dieser ihm peinlichen Situation, der ihm einfiel. "Spionierst du mir nach, ja? Geh lieber zurück zu deinem tollen Drachen, der vermisst dich bestimmt schon." In seiner Kehle bildete sich ein dicker Kloß und diese nervöse Aufregung reizte ihn. Bevor er Mao noch mal diese Worte sagen hörte, würde er ihn lieber davon jagen.
 

Maos Miene war plötzlich verkniffen. "Wer ist hier das Kind?" meinte er ruhig, drehte sich um und rannte weg. Das musste er sich nicht antun. Ganz egal, was er tat, Zikél verletzte ihn nur. Wenn der Blaue nicht allen seine Meinung aufzwingen konnte, war die Welt nicht in Ordnung, und wenn man sich Sorgen machte und ihm folgte, wurde man auch nur angefahren. Mao beschloss für sich, sich ab jetzt von Zikél fernzuhalten. Er konnte ja vieles ertragen, aber das war zu viel.
 

Der scharfe Schmerz in seiner Brust kam unerwartet und Zikél starrte Mao einige Sekunden hilflos nach. Egal, was er tat, es war immer das Falsche. Leise fluchend trat er gegen den nächsten Baumstamm und setzte sich dann in Bewegung. Sie konnten nicht so weiter machen. Bei dem, was sie vorhatten, wäre es gefährlich so ein angespanntest Verhältnis zu pflegen. Außerdem wollte Zikél den Braunen nicht immer so verletzt sehen. Er wusste ja selbst, dass sein Temperament gern mit ihm durchging, aber er war in diesen Angelegenheiten einfach zu unerfahren. Mit seinen Brüdern ging er immer so grob um und andersrum war es nicht anders. Doch Mao war empfindlicher und der Blaue verfluchte seinen Stolz, dass er nicht hatte ehrlich sein können.
 

"Mao, warte!" rief er laut, als er hinter dem Jungen über die Wiese rannte. Egal, wie schwer es ihm fiel und wie sehr es ihm selbst auch weh tun würde, er musste Mao sagen, warum er sich so verhielt. Er musste sich endlich eingestehen, dass er eifersüchtig war. "Mao, verdammt, bleib stehen!" Doch der Kater lief weiter und Zikél beschleunigte, bis er den Arm des Jungen packen konnte und sie dabei beide zu Boden gingen.
 

Mao zappelte unter ihm. "Lass mich in Ruhe! Was willst du mir dieses Mal an den Kopf werfen? Was?!" Mao versuchte, sich unter Zikél herauszuziehen, doch es gelang ihm nicht.
 

Mit einiger Anstrengung hielt er den Jungen auf der Erde, umfasste die Handgelenke fest, um sie neben dessen Kopf zu drücken und hielt ihn mit seinem Gewicht unten. "Mao, hör mir zu! Bitte! Ich... ich wollte dich nicht verletzen, das musst du mir glauben. Ich war nur... eifersüchtig." Er hätte nie gedacht, wie viel Überwindung es ihn kosten würde, dieses kleine Wort laut auszusprechen. "Ich war eifersüchtig und dumm. Ich habe nur daran gedacht , was ich will... nicht, was du willst. Es tut mir leid." Er ließ den Braunen los und schlang seine Arme um dessen Rücken. "Ich will, dass es dir gut geht, dass du glücklich bist. Ich mag dich viel zu sehr, als dass ich dich so tief verletzten wollte."
 

"Warum tust du es dann immer wieder?" wollte Mao resigniert wissen. Er wehrte sich nicht mehr gegen Zikél. Er wusste aus Erfahrung, dass es keinen Sinn hatte, sich gegen diese Art von... Liebe zu wehren. Also tat er, was er immer tat und ließ locker, ließ dem Blauen seinen Willen. Sollte er doch machen was er wollte. Mao würde mitspielen. Dann würde er wenigstens nicht mehr verletzt werden. Wenn der Schmerz verklungen wäre, zumindest.
 

"Weil ich feige bin. Deshalb." Da die Gegenwehr erloschen war, stemmte Zikél sich hoch, so dass er dem Anderen ins Gesicht sehen konnte. Es machte ihn traurig, was er dort sah. "Ich wollte mir nicht eingestehen, was ich für dich empfinde. Ich wollte... wollte nicht wieder zurückgewiesen werden." Die graublauen Augen blickten flehend auf Mao herab. "Es war egoistisch von mir. Verzeih, bitte. Du bist in meinen Augen kostbarer, als alles Gold der Welt und es schmerzt zu sehen, dass Leonidas dieses wertvolle Gut erkauft hat und du ihn dennoch liebst." Er schluckte schwer und schloss kurz die Augen. Als er sie wieder öffnete, waren sie von Trauer und Wehmut erfüllt.
 

"Ich weiß, dass das Leben nicht immer so verläuft, wie ich es gern hätte. Dennoch..." Er strich Mao sanft über die Wange. "Ich habe mich in dich verliebt, ohne es zu merken oder etwas dagegen tun zu können. Es tut mir leid." Er rollte von dem Braunen herunter und blieb schweigend sitzen, den Blick abgewandt. In seinen Ohren rauschte das Blut und sein Herz konnte sich nicht zwischen einem gehetzten Stakkato und einem schmerzhaften Zusammenziehen entscheiden.
 

Mao blieb liegen. Er wusste nicht so genau, was er davon halten sollte. Verliebt... Zikél hatte sich in ihn verliebt.

"..." setzte Mao an, brachte aber doch keinen Ton heraus. Schweigend blieb er weiterhin liegen und starrte in den Himmel. Dann versuchte er es noch mal. "Du weißt, dass diese Liebe aussichtslos ist. Es tut mir leid." Damit stand er auf und trottete langsam zurück zu dem Platz, an dem noch immer ihr Proviant lag.
 

Ein trauriges Lächeln huschte über Zikél Züge. Die Augen waren in die Ferne gerichtet, er hielt Mao nicht auf. Es war alles gesagt. "Ja, ich weiß... weil dein Herz einem Anderen gehört." flüsterte er leise zu sich selbst und seufzte tonlos. Dann stand auch er auf und kehrte ebenfalls zu ihrem Essen zurück. Wortlos aß er noch einige Bissen, war aber schnell satt und hielt nach Acron Ausschau.
 

Auch Mao aß zuende, nahm auch den Saft der Frucht zu sich, die Zikél ihm gegeben hatte und packte dann wieder zusammen.
 

Als Acron sah, dass beide scheinbar fertig waren, landete er wieder, um die Beiden einzusammeln. Mao kletterte wieder auf den Platz im Nacken des Drachen und hielt Zikél die Hand hin.
 

Kurz zögerte er, versank in diesen schokoladenbraunen Augen. Dann gab er sich einen Ruck und ergriff sie. Sie nahmen die gleiche Position wie schon zuvor ein. Zikél schob seine Arme um Maos Hüften und hielt sich an dem Seil fest. Er sprach kein Wort, hätte nicht mal im Entferntesten gewusst, was er sagen könnte.
 

Die große Echse erhob sich erneut in die Luft und ihre Reise ging weiter. Obwohl er sich seltsam befreit fühlte, dass er endlich einmal ehrlich gewesen war, fühlte er sich nicht wirklich besser. Es war die reinste Folter Mao so nah zu sein, dass er seinen Duft einatmen konnte, aber genau zu wissen, dass er niemals mehr bekommen würde.
 

Mao hätte sich gerne wieder angelehnt, wusste aber nicht, ob es in dieser Situation nicht das Falsche wäre. Er überlegte eine Weile hin und her, lehnte sich schließlich doch zurück gegen den Anderen und schloss die Augen. Wenn man nichts sah, fühlte es sich tatsächlich fast so an, als würde man selber fliegen.
 

Zikél fürchtete, Mao könne das wilde Hämmern in seiner Brust hören und versuchte sich irgendwie zu beruhigen, doch die Vertrautheit ließ ihn nur nervöser werden. Wollte der Junge ihn absichtlich quälen, weil er ihn verletzt hatte? Nein, das traute er ihm nicht zu. Nach einiger Zeit beschloss er einfach zu genießen, auch wenn es von Maos Standpunkt sicherlich nichts mit Gefühlen zu tun hatte, sondern rein der Bequemlichkeit diente.
 

So flogen sie noch eine ganze Weile. Es dämmerte bereits, als sie ihr Ziel erreicht hatten.

Kapitel 11

Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél

Teil: 11/30

Autor: Alaska & BlueMercury

Genre: Fantasy

Bewertung: ab 18

Warnung: Gewalt, Sex, Zucker
 

Kommentar: Okay, es ist Samstag, nicht Freitag, aber gestern hatte ich irgendwann keine Lust mehr, nachdem mexx dauernd gezickt hat ^^' Dafür gibts jetzt das Kapitel. Langsam wird es spannend. Wird es der kleinen Gruppe gelingen Zikéls Familie zu befreien? Selbst lesen ^^

Bis nächsten Freitag und viel Spaß beim Lesen
 


 


 


 

~11~
 

Der große Drache ging zu Boden. Kaum dass die beiden Tama-i von seinem

Rücken gestiegen waren, erschien Nitta auf der Lichtung und begrüßte sie.

"Mao, Zikél... Acron..." verbeugte er sich vor ihnen allen zum Gruß. Der

Drache nickte und verwandelte sich kurz darauf wieder in den blassen,

schwarzhaarigen Mann, den sie als Leonidas kannten.
 

Nitta hatte bereits einen Mantel zur Hand, den er seinem Herren um die

Schultern legte. "Folgt mir."
 

Nun begann sich in Zikél wieder die alte Angst hoch zu kämpfen und er

zitterte innerlich vor dem Zusammentreffen. Wie würden sie aussehen? Wie

ging es ihnen? Was war mit den Anderen?
 

Sichtlich nervös und angespannt lief er Nitta nach, wäre am liebsten

losgestürmt, um sich davon zu überzeugen, dass es allen gut ging. "Es geht

ihnen gut... es geht ihnen gut..." flüsterte er sich immer wieder zu und

blendete alles andere aus, was ihn vorher noch gekümmert hatte.
 

Mao lief den Beiden ebenfalls hinterher. "Das war... versteckst du dich

deswegen?"
 

"Ich verstecke mich nicht. Ich halte mich nur gerne bedeckt." schmunzelte

Leonidas, sichtlich erschöpft.
 

"Ach so. Und Nitta, wie hat er es geschafft, diese Strecke in so kurzer Zeit

zu überwinden?"
 

"Das musst du ihn schon selber fragen."
 

"Herr Nitta!" Mao war sehr aufgeregt. Nitta bat ihn, leiser zu sein und

äußerte sich nicht bezüglich seine Frage. Die Vier gingen eine ganze Weile,

bis sie eine kleine Hütte mitten im Wald erreicht hatten. Zwei Betten, eine

Kochstelle, ein Tisch und vier Stühle. Das war es auch schon.
 

Zikél war sichtlich enttäuscht und verwirrt. Er hatte erwartet, dass sie

sofort zu dem Steinbruch oder Arbeitslager gingen und jetzt sollten sie sich

hier niederlassen? Verärgert darüber, so nahe am Ziel zu sein, aber es

trotzdem noch so fern zu sehen, ließ ihn zu Nitta und Leonidas herumfahren.

"Was soll das? Ich denke, wir befreien meine Familie! Verdammt, wo ist sie,

ich habe keine Lust auf Lagern!" Sein Schwanz peitschte hin und her, er

wollte endlich etwas tun und nicht so hilflos rumsitzen. Seine alte Ungeduld

brach immer mehr hervor.
 

Mittlerweile wurde Leonidas von Nitta gestützt. "Er muss seine Kräfte

regenerieren. Bis dahin rasten wir." Er half Leonidas in die Hütte und bis

zu einem der Betten. Dort legte der Mann sich hin. Er war blass, noch

bleicher als sonst.
 

"Danke..." wisperte Leonidas und schloss seine Augen.
 

Mao kniete sich neben ihn. "Kann ich etwas tun?"
 

"Nein, es geht schon. Kümmere dich um die anderen Beiden." Damit drehte sich

Leonidas um und schwieg.
 

Mao stand wieder auf und sah Nitta an. "Kann ich etwas tun?" fragte er mit

gesenkter Stimme.
 

"Nein." sagte der Weißhaarige schlicht. "Obwohl... ihr könntet uns für eine

Weile alleine lassen. Aber geht nicht nach Westen, dort liegt das Lager."
 

So kurz vor dem Ziel. Er war so kurz vor dem Ziel und Nitta verlangte, dass

er ruhig saß und wartete, bis es dem Dracath besser ging? Natürlich war er

Leonidas dankbar, doch mit jeder Minute hatte er mehr das Gefühl etwas zu

verlieren. Ohne ein Wort verließ er die Hütte und ging geradewegs nach

Westen. Er wollte nur einen kleinen Blick riskieren, sich überzeugen, dass

es seiner Familie gut ging. Gleichzeitig versuchte eine innere Stimme ihn

davon abzuhalten, denn Leonidas hatte gedroht alles abzubrechen, wenn er

nicht tat, was dieser ihm sagte. Zikél blieb stehen und blickte sich um.

"Wer weiß, wie lange er braucht. Vielleicht eine ganze Woche, vielleicht ein

paar Stunden. Und ich soll hier tatenlos rumstehen... verdammt." Er kickte

einen kleinen Stein weg und fluchte laut.
 

"Sei doch still, wer weiß, wie nahe du schon bist!" tadelte Mao recht

gedämpft und schloss zu dem Tama-i auf. "Gedulde dich einen Moment. Ich habe

Nitta gefragt, es dauert nur einige Stunden."
 

Er hatte eine bissige Antwort geben wollen, doch damit hätte er den Braunen

sicherlich wieder verletzt. So begnügte er sich mit finsteren Blicken und

starrte weiter in die Richtung, wo das Lager sein musste. "Vielleicht ist es

in einigen Stunden schon zu spät." brummte Zikél bitter und wollte weiter

gehen. "Ich will doch nur wissen, ob sie verletzt sind."
 

"Du gefährdest unser ganzes Vorhaben." warnte Mao. "Dann kannst du davon

ausgehen, dass sie verletzt sind." Mao hatte von Nitta den Auftrag bekommen,

Zikél davon abzuhalten, sich dem Lager zu nähern. Egal wie. So trat er

hinter Zikél und legte seine Arme um ihn. "Ich habe gelogen..." wisperte er

und schmiegte sich eng an den Anderen.
 

Glaubst du, das weiß ich nicht? Genau das wollte er ihm entgegen schleudern.

Doch bevor er auch nur ein Wort herausbringen konnte, erstarrte sein Körper,

wie unter einem Energieschlag. Es wischte seine ganze Entschlossenheit

hinfort und zurück blieb ein Tama-i, der Angst davor hatte zu hoffen. Obwohl

Zikél genau wusste, was Mao meinte, musste er dennoch fragen. "Wobei?"
 

"Ich liebe Leonidas nicht..." hauchte Mao und küsste den Hals des Blauen.

"Verzeih mir..."
 

Immer noch wie paralysiert stand Zikél da und spürte, wie sein Herz

schneller zu schlagen begann und die Hoffnung in ihm hoch leckte, wie ein

Feuer, das sich nach dem Öl streckte. "Warum hast du es dann gesagt?" Selbst

in seinen Ohren klang seine Stimme bar jeglicher Emotionen und einfach weit

entfernt. Seine Nackenhärchen hatten sich aufgestellt bei dem kleinen Kuss,

doch Zikél wehrte sich innerlich noch dagegen.
 

Mao rieb sich am Hinterkopf des Tama-i. "Wahrscheinlich aus den gleichen

Gründen wie du." Seine Stimme klang dumpf, leise, verführerisch. Es war

schon fast dunkel und ein Mensch hätte sie nicht mehr erkennen können im

Dickicht.
 

"Und was soll DAS jetzt? Willst du dich dafür rächen, weil ich dich verletzt

habe?" Er drehte sich in der Umarmung zu dem Anderen um und funkelt ihn böse

an. Das erste Mal wurde dem Blauen bewusst, dass Mao ein paar Zentimeter

größer war und er somit zu ihm aufblicken musste. Das minderte jedoch nichts

an seiner Verärgerung. "Lass die Spielchen."
 

Mao sah ihn einen Moment verwirrt an. "Spielchen... ja." Seine Augen hatten

sich kaum merklich verengt. "Verzeih mir. Ich gehe zurück. Zu Leonidas.

Verlauf dich nicht." Damit drehte er sich um und ging.
 

"Nein, geh nicht." rief er ihm aus einem Impuls heraus nach. Er hatte wieder

das Falsche gesagt. Machte er je etwas richtig? "Bitte..." Zikél bereute

seine harschen Worte, die er eigentlich gar nicht so gemeint hatte. Er war

nur verwirrt. Verwirrt über diesen plötzlichen Wandel. Verwirrt, dass Mao

ihm so nahe kam. Was hatte das alles zu bedeuten? In seinem Inneren

flüsterte die Stimme eine leise Antwort, die Zikél jedoch nicht glauben

konnte.
 

"Zikél, was willst du eigentlich? Du weckst in mir die Sehnsucht nach einer

Freiheit, die nie die meine sein wird. Du sagst mir, Leonidas wäre mein und

dann wirfst du es mir vor. Du sagst mir, du liebst mich, ich gestehe dir das

ich gelogen hab und du schreist mich wieder an?" Mao fiel zurück, setzte

sich auf einen schräg stehenden, alten Ast. "Was soll das? Was willst du,

das ich tue? Was?" Er stützte sein Gesicht in beide Hände. Am liebsten würde

er weglaufen und nie wieder ein Wort mit Zikél sprechen - besser noch, er

wünschte sich, er hätte den Blauen nie kennen gelernt.
 

Mit verzerrtem Gesicht ging er vorsichtig auf Mao zu, traute sich aber nicht

ihn zu berühren. Er stand einfach nur da und blickte auf den Braunen, der

sichtlich durcheinander war. "Ich weiß es doch selbst nicht. Immer wenn du

auch nur seinen Namen in den Mund nimmst, brennt sich die Eifersucht in

meine Eingeweide. Ich will, dass du frei bist von ihm, von allen... und doch

will ich zugleich, dass du nur mir gehörst." Er verstummte und schloss kurz

die Augen, um sich zu sammeln. Zikél fühlte sich mit dieser ganzen Situation

überfordert, doch er wusste, dass er da durch musste. "Du hast gesagt, du

liebst Leonidas nicht, aber... du hast nicht gesagt, dass du mich dafür

liebst. Ich kann damit nicht umgehen. Ich weiß nicht, was ich sagen soll,

denn alles ist immer falsch. Ich will gar nichts von dir, Mao..." Zikél

holte schwer Luft. "... und doch will ich alles."
 

"Genau das ist es ja!" fuhr Mao auf. "Du willst mich aus einer

Gefangenschaft in die nächste führen. Du sagst, du liebst mich, und doch ist

diese Liebe genauso egoistisch wie die von Leonidas, wie die von jedem

verdammten Säufer, der zu mir ins Hinterzimmer geschickt wurde!" Er biss

sich auf die Lippen. Das hatte er nicht sagen wollen, aber genauso war es

doch nun mal. "Was soll ich denn jetzt tun? Wenn ich mich dir entziehen,

schreist du mich an. Wenn ich mich dir nähere, schreist du mich an..." Mao

bekam Kopfschmerzen. Er rieb sich die Stirn und schüttelte den Kopf. "Wir...

wir sollten das hier beenden, bevor es richtig anfängt. Sonst macht es uns

beide kaputt..."
 

Mit diesen miesen Schweinen verglichen zu werden war schlimmer, als jeder

Hieb, den der Andere ihm hätte verpassen können. Verletzt ließ Zikél die

Ohren hängen. "Wenn du das so möchtest. Ich weiß, ich widerspreche mir

selbst. Wahrscheinlich sind neunzig Prozent von dem, was ich sage Unsinn.

Ich war noch nie verliebt, ich weiß nicht, wie man sich dabei verhalten muss

und ich habe niemanden, den ich danach fragen kann. Ich weiß nur, was ich

für dich fühle und so sehr ich mir auch wünsche, dass du es erwiderst, will

ich dich nur glücklich sehen. Ich bin aufbrausend und dumm. Ich weiß nicht,

wie ich mich dir gegenüber verhalten soll. Egal, was ich sage, immer

verletze ich dich auf die eine oder andere Weise."
 

Zikél berührte zaghaft Maos Wange. Seine Fingerspitzen prickelten, als er

über das weiche Fell strich. "Jalla hat einmal zu mir gesagt: Die Liebe ist

ein Gefängnis, aus dem man nicht entrinnen kann, aber wenn es die wahre ist,

will man das auch gar nicht. Er sagte, es ist ein ständiges Nehmen und

Geben. Ehrlichkeit und Vertrauen sind das Wichtigste. Wenn man nicht ehrlich

zu sich und seinem Partner sein kann, gibt es nur Probleme. Jaho und er

reden immer darüber, wenn sie Streit haben oder sich gegenseitig verletzt

haben. Und doch sind sie glücklich, wie am ersten Tag."
 

"Du redest von Liebe nach zwei Tagen voller Streit und Spannung." erwiderte

Mao bitter und doch lehnte er seinen Kopf der Hand des Anderen entgegen.

"Ich möchte, dass die Welt um uns versinkt..."
 

"Ich rede von dem, was ich fühle. Ich weiß nicht, wie lange man braucht, um

sich zu verlieben. Bei Jalla und Jaho hat es eine Sekunde gedauert. Sie

haben sich gesehen und waren unzertrennlich. Ich weiß selbst, dass wir

dauernd streiten, aber... wenn wir es nicht tun... ich möchte diese Zeit

nicht missen."
 

Mutiger geworden, strich Zikél nun auch mit der anderen Hand über Haar und

Ohren des Braunen, das helle Fell stand im starken Kontrast zu seinem

eigenen. Die Berührungen waren zärtlich und zögerlich, als habe er Angst Mao

weh zu tun. Langsam legte er die Arme um den Tama-i und lehnte ihn dichter

an seinen Körper. "Vielleicht können wir sie für eine Weile anhalten, um uns

Zeit zu verschaffen, sie zu verstehen." murmelte er eher zu sich selbst.
 

"Versuchen wir's?" fragte Mao schwach, doch als er das ausgesprochen hatte,

hatten seine Lippen schon die Zikéls erreicht und er schloss die Augen.
 

Bevor er auch nur an eine Antwort denken konnte, rauschte ein Sturm von

Gefühlen durch seinen Körper hindurch und trug ihn auf einer Welle des so

zerbrechlichen Glücks. Zikél glaubte zu träumen und doch war es realer, als

alles Andere, was er bis jetzt erlebt hatte. Maos Lippen schmiegten sich

weich an seine eigenen und ganz natürlich schlossen sich seine Arme um den

Körper des Braunen. Die Zeit schien wirklich still zu stehen und Zikél

wünschte sich für immer in diesem Moment eingefroren zu sein.
 

Mao schob sich dem Braunen entgegen, stand auf. Auch seine Arme schlossen

sich um den kleineren Tama-i und der Kuss wurde zärtlicher, inniger. Sein

Schwanz schwang hin und her und schlang sich schließlich um eines der Beine

des Anderen, während eine seiner Hände sich auf die Hüfte Zikéls legte.
 

Zikél konnte ein leises Schnurren nicht unterdrücken und lächelte in den

Kuss. Er hätte nie gedacht, dass es so sein konnte. Die Küsse, die er mit

Leonidas ausgetauscht hatte, waren nicht so berauchend gewesen. Bittend

leckte er über den Mund des Anderen und bat still um Einlass. Ihr

Zungenspiel war zärtlich, zeichnete sich nicht mit dieser Leidenschaft aus,

die er zuvor erlebt hatte. Es war viel schöner und berührte ihn tief im

Herzen. Seine Hände wanderten zärtlich über Maos Rücken, drückten ihn

dichter an sich, als wolle es sich vergewissern, dass das alles Wirklichkeit

war.
 

Auch Mao versank ganz in ihrem Kuss, ihrem Spiel umeinander. Seine Finger

suchten und fanden ihren Weg in den Nacken des Blauen und krallten sich dort

zärtlich ins Haar, zogen den Kopf des Anderen näher zu sich.
 

Zikéls Streicheln wurde begieriger, obwohl er versuchte sich zurückzuhalten.

Er wollte nicht, dass Mao ihn falsch verstand oder sich zu etwas

verpflichtet fühlte, doch seine Sehnsucht nach dem anderen Körper wuchs

immer mehr an. Sanft brachte er den Jungen dazu, sich hinzulegen, ohne ihre

Lippen dabei zu trennen und strich ihm zärtlich über die Brust. Sein Mund

verließ den seines Partners und wanderte über den Kiefer zum Hals, wo er

sanft saugte und mit der Zunge über das Schlüsselbein fuhr.
 

Mao erstarrte kurz, als sein Rücken den kalten Boden berührte, entspannte

sich aber bald wieder. Seine Augen hatte er geschlossen und seine Hände

fuhren über den Rücken Zikéls.
 

Er wollte sich Zeit nehmen dieses wundervolle Geschöpf zu erkunden und jedes

Fleckchen kennen zu lernen. Die Hände zeichneten die Rippenbögen entlang,

ertasteten jede einzelne. Seine Lippen bewegten sich über die Brust wie

kleine Schmetterlinge und kosten jede Stelle, die sie erreichen konnten.

Zikél umzüngelte eine der Brustwarzen und streichelte hingebungsvoll die

andere. Dieser Körper, dieser Tama-i war einfach unglaublich. Er spürte die

Erregung und Vorfreude steigen, wollte sie aber noch hinauszögern. Zu süß

war der Geschmack, zu aufregend das Gefühl.
 

Wehmütig dachte Mao daran, dass sich das alles so wenig anders anfühlte, als

sonst. Aber nicht schlecht. Aber auch nicht viel besser. Also wie immer.

Nein, wie mit Leonidas... wie mit... wie mit...
 

Ein Seufzen entkam ihm, seine Augen flackerten und er drehte sich unter

Zikél auf den Bauch. Weil er es mochte, wenn sein Rücken und Nacken liebkost

wurden und weil er vermeiden wollte, das Zikél irgendwas in seinen Blick

hineininterpretierte, das nicht stimmte. Leises Schnurren setzte ein, er

fühlte sich wohl. Komisch, aber wohl. Sein Schwanz strich Zikél ums Kinn und

koste ihn einladend.
 

Schnurrend schmiegte er sich mit der Wange an Maos Rücken und begann dann

kleine Küsse zwischen dessen Schulterblätter zu setzten, während seine

Krallen behutsam über den Rücken hinunter bis zum Schwanzansatz und wieder

hoch fuhren und das Fell kraulten. Zikél wanderte mit dem Lippen hinauf in

den Nacken und knabberte dort etwas an der Haut, dann an den Ohren. Sein

warmer Atem strich darüber, als wolle auch er den Tama-i liebkosen. "Mao..."

flüsterte Zikél warm und mit all seinen Gefühlen. "Ich liebe dich..." Fest

schlang er die Arme einen Moment um den Brustkorb des Braunen und drückte

sich fast schon verzweifelt an ihn. Nein, diesem geliebten Wesen sollte kein

Leid mehr zugefügt werden. Er wollte ihm zeigen, dass es weit mehr gab, als

körperliche Befriedigung. Er wollte nicht nur einfach mit ihm schlafen. Er

wollte ihn lieben.
 

Ein warmes Gefühl zog sich von Maos Hals ab durch seine Brust. Er drückte

sich Zikél entgegen, legte seinen Kopf nach hinten und auf Zikéls Schulter.

"Ich... ich mag dich auch... sehr..." flüsterte er als wäre es ein

wohlbehütetes Geheimnis.
 

Der Blaue verstand das kurze Zögern, die Unsicherheit und freute sich nur

noch mehr über dieses Geschenk, das Mao ihm machte. Er knabberte an den

Ohren, die leicht darunter zuckten und schnaubte amüsiert. Eine seiner Hände

strich über die Wirbelsäule nach unten, bis zum Schwanz, den er ebenfalls

durch seine Finger gleiten ließ. Eine leise Angst böse Erinnerungen wach zu

rufen, schlummerte unter der Oberfläche, doch Zikél hoffte, dass der Braune

ihm sagen würde, wenn er etwas nicht wollte oder mehr Zeit brauchte. Deshalb

waren seine Vorstöße in intimere Bereiche sehr zaghaft und scheu. Sanft

glitten die Finger über Maos Hintern und Hüfte, übten leichten Druck aus

oder streichelten einfach nur liebevoll.
 

Die Antwort fiel recht deutlich aus. Unter den sanften Händen rollte Mao

sich zusammen, genoss die Zärtlichkeiten, schien aber keine weiteren

Ambitionen zu besitzen. Was Zikél nicht wissen konnte, war, das Mao schwer

mit sich rang. Er wusste nicht, was er machen sollte. Leonidas hatte

befohlen, dass er sich Zikél nicht verschließen dürfe. Und Mao wollte sich

auch gar nicht verschließen. Mehr als je zuvor, wollte er sich hingeben,

ohne Scheu. Und doch... es war so... nüchtern... und er war verwirrt.

Leichte Trauer lag in seinem Blick, er hatte Angst vor den Konsequenzen

seines Handelns. Er drehte sich zu Zikél um, gab ihm einen liebevollen Kuss

und drückte den Anderen dann an sich. "Es tut mir leid..." wisperte er und

wurde noch trauriger. "Es... bitte nicht."
 

Zikél hatte die Haltung schon nicht gefallen. Er wollte Mao ins Gesicht

sehen, in ihm lesen können, doch als er es konnte, erschrak der Blaue.

Besorgt umschloss er den Braunen und schmiegte seine Wange gegen Maos,

hauchte kleine Küsschen auf das Fell, um ihm zu zeigen, dass es nichts zu

entschuldigen gab. "Es tut mir leid. Ich hätte dich nicht bedrängen sollen.

Mao..." Er legte die Hand unter das Kinn des Jungen und hob es an, damit er

in diese wunderschönen braunen Augen sehen konnte. Ein kleines Lächeln

zeichnete sich auf den Lippen des Blauen ab. "Mao, es ist in Ordnung. Ich

will dich zu nichts zwingen. Ich will nicht, dass du dich dazu verpflichtest

fühlst, du sollst es wollen, okay?" Er küsste den Nasenrücken und schnurrte

besänftigend. "Dir muss nichts leid tun, Mao. Gar nichts." Er schmiegte sich

verzweifelt an den Anderen, wollte die Traurigkeit aus den Augen vertreiben

und fühlte sich machtlos dagegen.
 

Doch die Traurigkeit verschwand ganz plötzlich und Mao lächelte Zikél an.

"Alter Weltverbesserer..." schnurrte Mao und kuschelte sich in die Arme des

anderen Tama-i.
 

Erleichtert lachte er leise auf und knabberte neckend an Maos Ohr. "So bin

ich nun mal." Liebevoll leckte er ihm über das Fell und stupste Mao mit der

Nase an. Er lächelte ihn an, doch Ernsthaftigkeit lag gleichermaßen in dem

Blick wie Liebe. "Mao, alles, was ich von dir will, ist Ehrlichkeit,

einverstanden? Ich weiß nicht, was Leonidas dir gesagt hat, aber ich möchte,

dass du in den Dingen, die du tust und sagst, ehrlich bist. Mehr nicht."
 

"Das werde ich sein." versprach Mao. Er gab sich den Zärtlichkeiten, die er

und Zikél austauschten noch hin, stand dann aber irgendwann auf und zog

Zikél auf die Füße. Der Blaue wurde in eine besitzergreifende Umarmung

gezogen und noch einmal geküsst, bevor Mao, Zikél bei der Hand genommen,

wieder Richtung Hütte aufbrach.
 

Er fühlte sich leichter mit dem Wissen und konnte deutlich befreiter

lächeln. Und genau das tat er auch, ununterbrochen, bis sie an der Hütte

waren. Zikél fühlte sich so glücklich und hätte es am liebsten in die ganze

Welt hinausgeschrieen. Bevor sie die Tür erreichten, stahl er sich noch

einen innigen Kuss von Maos Lippen. Er wollte sich dieses Gefühl in seinem

Bauch noch etwas länger bewahren, bevor sich Angst erneut ausbreiten würde,

wenn sie seinen Stamm befreiten.
 

In der Hütte erwartete sie ein eigentümliches Szenario. Nitta saß über

Leonidas gebeugt auf dessen Bettkante. "Was habt ihr gemacht auf der Reise

hier her?" wollte er harsch von den anderen Beiden wissen.
 

Mao stockte. "Nichts... geht es... geht es ihm nicht gut?" Er drückte noch

einmal die Hand des Blauen, bevor er sie los ließ und zu Leonidas rüberlief.

"Leonidas... Herr..."
 

"Weg von ihm." befahl Nitta ruhig. "Hol Wasser."
 

Ebenso verwirrt wie Mao blieb Zikél stehen und zog die Stirn in Falten. "Wir

haben gar nichts gemacht. Nur auf einer Wiese eine kurze Pause..." murmelte

er und beeilte sich gleich Mao mit dem Wasser zu helfen. Der Brunnen vor der

Hütte war nicht sehr tief und somit gab es keine Probleme mit der Seillänge.

Gemeinsam trugen sich das Wasser hinein und Zikél hielt sich erst einmal im

Hintergrund bereit, da er sowieso nicht wusste, was er tun sollte. "Was ist

mit ihm?"
 

Nitta wirkte zum ersten Mal seit Zikél und Mao ihn kannten von der Situation

berührt. Er benahm sich wenig anders als sonst, aber ein besorgter Ausdruck

lag auf seinem Gesicht. "Er hat Fieber bekommen..." meinte er, als er einen

feuchten Lappen auf dessen Stirn legte. "Und Dracath werden nicht krank.

Normalerweise."
 

Beunruhig glitten seine Blicke über den Mann und versuchten einen

Anhaltspunkt für dessen plötzliche Krankheit zu finden. "Was bedeutet das?

Vielleicht tat ihm der Wind nicht gut? Oder das Wasser vom See ist ihm nicht

bekommen?" War das ein böses Omen für ihr Vorhaben? "Ist es... ist es

schlimm?"
 

Mao legte einen Arm um Zikél.
 

Nitta sah ihn an und seufzte gestresst. "Wie gesagt, er dürfte gar nicht

krank werden können... er liegt schon eine Weile im Fieber. Er ist nicht

ansprechbar." Die Brauen des Mannes zogen sich zusammen. Es war ihm

anzusehen, dass die ganze Situation völlig absurd und scheinbar auch

gefährlich war.
 

Er zog Mao näher zu sich, um etwas Halt zu finden. Das war doch nicht

möglich. Leonidas wollte ihn sicherlich nur wieder ärgern. Es musste so

sein. Der stolze Mann konnte doch nicht einfach nur krank sein. Ihm durfte

nichts passieren. "Scheißkerl. Wenn du stirbst, schleife ich dich

eigenhändig aus der Unterwelt zurück." fauchte er leise und drückte somit

seine Sorge aus. "Was können wir tun? Er kann doch nicht..." Zikél zuckte

zusammen, als ihm ein Gedanke kam. "Blauwurzel. Ich habe draußen im Wald

einige Sträucher gesehen. Wir benutzen sie hauptsächlich während der

Trächtigkeit, weil sie alle wichtigen Vitamine enthält, aber als Aufguss

wirkt sie Fieber senkend."
 

"Du kannst es versuchen. Aber ich befürchte, eure Medizin kann nicht

wirken..."
 

Mao schubste Zikél Richtung Tür. "Beeil dich. Ich mache Wasser heiß."
 

Der Blaue nickte und rannte eilig hinaus. Die Stelle, an der er die Büsche

gesehen hatte, war weiter weg, als seine Erinnerung ihn hatte glauben lassen

wollen. Geübt erntete er die Wurzeln des Strauches, so dass er weiter

bestehen konnte und rieb die gröbste Erde ab.
 

Zurück in der Hütte übernahm der Tama-i das Zubereiten. Er hatte es tausend

Mal bei seinem Mekjahor gesehen. Wie man die Wurzel der Länge nach

aufschneiden musste, um die Fäden herausziehen zu können, wie man sie

zerhakte und zerrieb. Aus Erfahrung wusste Zikél, dass dieses Gewächs

abscheulich schmeckte. Es war bitter und muffig, meist klebten noch Erdreste

daran, die man nur schwer abwaschen konnte. Der Aufguss dauerte nicht lange

und er reichte ihn vorsichtig an Nitta weiter. "Gib ihm erst nur ein

Bisschen. Manchen wird von dem Geschmack schlecht. Es nützt nichts, wenn er

gleich alles wieder erbricht."
 

"Wie soll er trinken, er ist nicht bei Bewusstsein..." Nitta war aggressiv.

Er nahm den Aufguss entgegen, schob eine Hand in den Nacken des Dracath und

zog ihn hoch. "Trink das... Leonidas! Wach auf! Trink!" herrschte er den

Bewusstlosen an. Ohne Erfolg. Nitta knurrte etwas Unverständliches und kaute

auf seiner Unterlippe, was ihm einen ausnehmend menschlichen Charakter

verschaffte. "Gut, dann anders." Er packte den Dracath am Hals, hob ihn

daran hoch und schleppte ihn hinaus. Draußen warf er den Dracath in hohem

Bogen einige Meter weit, wo der Schwarzhaarige zu Boden ging.
 

Zikél hatte noch darüber nachgedacht, wie er den Mann zum Trinken bringen

konnte und ignorierte die harschen Worte geflissentlich. "So wird das

nichts, wir müssen versuchen..." Doch bevor er zuende reden konnte, packte

Nitta den Bewusstlosen schon und ging äußerst brutal mit ihm um. Erschrocken

rannte Zikél nach draußen. "Bist du wahnsinnig? Glaubst du, das macht es

besser, du Narr?" Er hastete an Nitta vorbei auf den schlaffen Körper zu, um

nachzusehen, ob Leonidas Schaden davon getragen hatte.
 

Mao kam ebenfalls raus, warf einen prüfenden Blick zu Leonidas und sah dann

Nitta an. "Was zum...?" wollte er wissen, doch Nitta fiel ihm ins Wort.

"Wenn ich es schaffe, Acron zu wecken, kann er die Krankheit in seinem

Inneren zerstören. Drachen werden nicht krank." Und so ging er wieder auf

Leonidas zu, packte ihn und warf ihn ein Stück gegen den nächsten Baum.
 

Wenig überzeugt von dieser Methode versuchte Zikél weiterhin Nitta von

Leonidas fern zu halten. "Und gleichzeitig willst du seinen Körper

zerschinden? Du bist ja verrückt! Es muss doch auch einen anderen Weg geben

den Drachen zu wecken!" Natürlich kam der Tama-i nicht gegen den großen Mann

an, doch er kämpfte weiter, da ihm diese Art barbarisch vorkam.
 

"Sieh dir das an!" Er öffnete eines der Augenlider Leonidas' und darunter

flammte schon dunkles Rot in die sonst schwarzen Augen hinein. "Wenn seine

Augen rot werden und er nicht bei Bewusstsein ist und die Wandlung nicht

kontrollieren kann, wandelt er sich." Damit griff er den Mann wieder an den

Hals und hob ihn hoch, begann, ihm die Luft abzudrücken.
 

"Nitta, nicht!" rief Mao und bekniete den Weißhaarigen, doch bitte den

Anderen loszulassen.
 

Nun ging der Mann wirklich zu weit. Zikél war sich seiner geringen Kraft im

Vergleich zu Nittas bewusst, doch es war ihm egal. Mit ausgefahrenen Krallen

sprang er auf ihn zu und schlug ihm einmal kräftig ins Gesicht und biss dann

in die Hand, die um Leonidas Kehle lag. "Lass ihn los, verdammt noch mal."

fauchte er wütend.
 

Um die Gestalt Leonidas' wirbelte plötzlich ein schwarzer Nebel, dann löste

sich der Körper des Schwarzhaarigen auf und wirbelte herum, um sich in den

schwarzen Drachen zu verwandeln, den sie alle vom Vormittag kannten. Acron

brüllte gequält auf und noch bevor der Ton überhaupt laut werden konnte,

klappte das riesige Wesen zusammen und die Gestalt schrumpfte wieder auf die

Größe Leonidas' zusammen. Er fiel zu Boden, die Fetzen des zerrissenen

Mantels rieselten auf ihn hinab.
 

Nitta lief zu ihm. "Leonidas..." wisperte er und hob den nackten, leblosen

Körper auf. "Geht mir aus dem Weg..." knurrte er dumpf den beiden Anderen

entgegen und brachte Leonidas wieder in die Hütte.
 

Als der Nebel eingesetzt hatte, war Zikél von Nitta zurück gewichen und

hatte sich zu Mao gestellt. Er konnte nicht begreifen, was dort passierte

und schon gar nicht Nittas wechselnde Stimmung. Erst wirkte er so besorgt,

dann wütend, brutal, wieder besorgt und jetzt gereizt. Was sollte man daraus

lesen? Aus irgendeinem Grund schmerzte ihn der Anblick des Drachen, der

plötzlich genauso verletzlich wirkte, wie seine andere Gestalt.

Zusammen mit Mao folgte er Nitta und beobachtete ihn genau, um auf mögliche

Gefahren sofort reagieren zu können. Er traute dem Tradon nicht mehr.
 

Nitta hatte Leonidas auf dessen Bett abgelegt. Er fühlte dessen Puls und

strich ihm noch einmal mit einem feuchten Tuch über die Stirn. "Auch der

Drache scheint krank..." überlegte er laut. "Legt euch schlafen, ich wache.

Wir können nur abwarten." erklärte er die Situation.
 

Mao nickte und schob Zikél sanft zu dem anderen Bett. "Lass uns ein wenig

ausruhen..."
 

"Aber - " begehrte der Blaue auf, ließ sich jedoch von dem anderen Tama-i

zum Bett drängen. Zikél machte sich langsam wirklich Sorgen, denn Leonidas'

Zustand schien kritisch. Er konnte sich nicht erklären, woher diese

mysteriöse Krankheit rührte. "Können wir denn gar nichts tun?" flüsterte er

gegen Maos Schulter und lehnte sich an ihn. Auch wenn er mit dem Mann immer

seine Probleme hatte und man ihr Verhältnis nicht als traumhaft bezeichnen

konnte, Zikél wollte nicht, dass ihm etwas geschah.
 

"Ich befürchte nicht..." antwortete Mao gedämpft und kuschelte sich gegen

Zikél. "Versuch einfach, zu schlafen..." schnurrte der Braune.
 

Zikél nickte, aber wusste, dass er kein Auge zubekommen würde, wenn er nicht

mal sicher sein konnte, dass Leonidas noch lebte, wenn er erwachte. Er legte

seine Arme um Mao und zog ihn noch näher, um den warmen Körper an sich zu

spüren, um zu wissen, dass mit ihm alles in Ordnung war. Während seine Hände

durch das weiche Fell kämmten, drifteten Zikél Gedanken zu dem Dracath und

einer Möglichkeit zur Heilung.
 

Mao blickte etwas verloren hinüber zu seinem Meister. Unwillkürlich musste

er daran denken, was Nitta wohl mit ihm tun würde, sollte dieser sterben -

denn Nitta schien keine Verwendung für ihn zu haben. Er seufzte leise und

rollte sich ein bisschen mehr zusammen, legte eine Hand über sein Gesicht

und versuchte, zu schlafen.
 

Noch eine ganze Weile kraulte er Mao im Nacken und schnurrte leise.

Wenigstens der Junge sollte etwas Ruhe finden, obwohl Zikél spüren konnte,

wie besorgt auch er war. "Alles wird gut." flüsterte er leise in Maos Ohr

und küsste es zärtlich. Der Schlaf wollte seine Augen nicht erreichen,

obwohl er die Schwere der Lider spürte. Doch immer, wenn er sie schloss,

tauchten Bilder von Tod und Leid auf. Es dauerte lange, bis ihn die

Anstrengung des Tages einholte und Zikél in eine unruhige Leere driftete,

die ihm nur schwer die Erholung bieten konnte, die er brauchte.

Kapitel 12

Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél

Teil: 12/30

Autor: Alaska & BlueMercury

Genre: Fantasy

Bewertung: ab 18

Warnung: Gewalt, Sex, Zucker
 

Kommentar: Es tut mir leid, dass ich so mit dem nächsten Kapitel in Verzug geraten bin, aber ich lag das Wochenende über flach, hatte ne leichte Mandelentzündung. Jetzt gehts aber endlich weiter ^^ Es wird spannend! Freut euch schon mal auf...hm...Donnerstag oder Freitag, weiß noch nicht genau, wann, jedenfalls gibts da dann das nächste Kapitel ^^ Ich hoffe, ihr habt viel Spaß bei Lesen und Kommentieren ^^
 


 


 


 

~12~
 

Als Mao erwachte, sah er sich benommen um. Es dauerte einen Moment, bis er

wusste, wo er war. Und als er es wusste, sprang er völlig aufgeregt auf.

"Zikél, wach auf! Wach auf..." und er rüttelte den Blauen. Der auch ziemlich

schnell merkte, warum der Braune so aufgebracht war - Nitta und Leonidas

waren verschwunden.
 

Die aufgeregte Stimme hallte in seinem Kopf wieder, als wäre er leer. Sein

Körper fühlte sich schwer an und nicht im geringsten ausgeruht, doch er

erhob sich. Verwirrt blickte er sich um. Hier fehlte eindeutig etwas. Und

dann schlug es ein wie ein Blitz. "Verdammt, wo sind sie? Hast du nichts

gehört?" Ein Blick aus dem kleinen Fenster sagte ihm, dass der neue Tag noch

sehr jung war und gerade mal aus seinem dunkelblauen Nachtgewand schlüpfte.

"Er hat doch nicht..." Der Gedanke, Nitta könnte Leonidas erneut einer solch

brutalen Behandlung unterzogen haben, sträubte dem Blauen das Nackenfell.

Eilig lief er zur Tür.
 

Mao folgte ihm. Draußen war nichts zu sehen, aber sie hörten seltsame

Geräusche im nahen Wald. Und plötzlich sahen sie Leonidas, in einem langen,

weißen Gewand mit dunkelblauen Bändern, wie er über den Baumkronen

auftauchte, dort in der Luft stehen blieb und kurz darauf von einem Schatten

angesprungen wurde, der ihn mit sich wieder zwischen die Bäume stürzte.
 

Mao blickte verwirrt nach oben. "Geht es ihm wieder gut?" fragte er sich

laut und lief, immer den Geräuschen folgend, in den Wald. Der Lärm mutete

zunehmend wie verhaltenes Kampfgetümmel an und Mao rief hörbar nach seinen

beiden Herren. "Herr Leonidas, Herr Nitta!"
 

Auch Zikél hatte sich in Bewegung gesetzt, obwohl ihn der Anblick des

Schwebenden einen Augenblick in eine Starre der Faszination versetzt hatte.

Bald war er mit Mao gleichauf und rief ebenfalls, wobei er die unterwürfige

Anrede wegließ. Büsche und Äste erschwerten die Sicht und schlugen ihnen,

wenn sie nicht aufpassten, ins Gesicht.
 

Dicht vor ihnen schoss ein dunkles Etwas durch das Gebüsch und schlug einige

Meter neben ihnen gegen einen Baum. Vögel flogen auf und eine Energiewelle

folgte, die den Schatten, der sich als ihr weißhaariger Begleiter Nitta

entpuppte, vor ihre Füße schleuderte und auch sie selber fast von den Füßen

riss.
 

"Schluss." bestimmte Leonidas, der kurz darauf auf Nitta zukam und ihm

aufhalf. Er sah seltsam aus. Er war weniger blass als sonst, wirkte weniger

verkniffen und lächelte die beiden Tama-i zu allem Überfluss noch an.
 

Mao lief auf ihn zu, ging um ihn rum und inspizierte den Mann genauer.

"Alles wieder in Ordnung? Was ist denn nur los gewesen? Ich hab mir Sorgen

gemacht!" Damit fiel er dem Mann erst einmal um den Hals, drückte ihn,

trennte sich aber nur kurz darauf wieder von ihm und sah glücklich zu Zikél.
 

Es war ihm noch nicht geheuer und er blieb weiterhin auf der Hut. Seine

Muskeln waren angespannt, bereit zur Abwehr oder Flucht, wenn es nötig

wurde. Seine Ohren zuckten, als der feine Stich durch seine Brust lief, als

Mao Leonidas so stürmisch begrüßte. Zikél konnte nicht vermeiden,

eifersüchtig zu sein, doch er lächelte dem Anderen entgegen, wackelig, aber

er lächelte. "Ich kann mich den Fragen nur anschließen? Ihr habt uns einen

verdammten Schreck eingejagt." brummelte der Blaue, doch die nun entspannte

Körperhaltung zeigte seine Erleichterung.
 

Es wurde immer verrückter. Leonidas begann zu grinsen. Es war kein böses,

kein überlegenes Grinsen - Leonidas sah aus wie ein kleiner Junge, dem man

eben den größten Lutscher geschenkt hatte, den es auf der ganzen Welt gab.

"Es ist alles in Ordnung. Das kann ich euch versichern."
 

Nitta hatte seine Kleidung abgeklopft und trotz dem er wie immer seine

unbeteiligte Miene zur Schau trug, wirkte er ebenfalls gelöster. "Lasst uns

rein gehen. Frühstücken." meinte er und ging, ohne Antwort abzuwarten, vor.
 

Der Dracath folgte ihm und mit ihm Mao, der sich an Leonidas' Arm klammerte.

"Herr, so sagt doch, was gestern los war!"
 

"Alles zu seiner Zeit." lachte Leonidas, woraufhin Mao ihn losließ und sich

auf Zikéls Höhe zurückfallen ließ.
 

"Mir scheint, er hat immer noch Fieber..." überlegte er, ob des veränderten

Verhaltens.
 

"Ja, das glaube ich auch." murmelte Zikél und war froh, Mao so dicht bei

sich zu haben, dass er seine Hand nehmen konnte. Die Eifersucht hatte ihn

erneut gestochen, als der Braune so aufgeregt an seinem Herren hing, doch er

zwang sie mühevoll nieder. Zikél wusste, dass zwischen ihm und Mao etwas

Besonderes heranwuchs, doch das kleine Pflänzchen war zart und

schutzbedürftig. "Es macht ihm Spaß, uns auf die Folter zu spannen."

Brennende Neugier nagte an ihm und der Blaue wusste, dass er sich nicht mehr

lange zurückhalten konnte, wenn Leonidas sie nicht bald aufklärte.
 

Zurück in der Hütte half er Mao ein spärliches Frühstück für sie vier zu

bereiten, das sie dann schweigend auftrugen. Kaum saß er, platze es aus ihm

heraus. "Nun sag endlich, was geschehen ist! Was soll diese ganze

Geheimniskrämerei?"
 

Leonidas lächelte ihn an. Dann schloss er seine Augen und machte eine

wischende Handbewegung Richtung Tisch, auf dem plötzlich ein üppiges

Frühstück stand. "Meine Magie ist zu mir zurückgekehrt." erklärte er

sichtlich erfreut, während er seine Augen wieder öffnete und die beiden

Tama-i ansah. "Ich war früher ein großer Magier, habe aber durch einen

magischen Unfall meine Magie verloren. Bis auf die Energiewellen war mir

nichts geblieben. Doch meine Magie ist zurück..."
 

Maos Kinnlade senkte sich nach unten und schloss sich einen Moment später

wieder in Anbetrachte des Angebotes, das sich vor ihnen auf dem Tisch

erstreckte. "Magier..." wisperte er und sah dann wieder Leonidas an.
 

Zikél hatte das Wort nur mit den Lippen geformt, wobei er genauso überrascht

aussah wie Mao. Das Essen war ihm nicht ganz geheuer, auch nicht das

geradezu fröhlich-glückliche Lächeln. Leonidas wirkte dadurch völlig

verändert, jünger. "Aber... warum? Wieso jetzt? Wieso hier? Hat es etwas mit

dieser Reise zu tun?" Seine Blicke huschten über den Körper, so weit er ihn

sehen konnte, und suchten nach Anhaltspunkten auf eine Veränderung. Die

Magie musste doch Spuren hinterlassen haben, ein Unterschied zu vorher.
 

"Das weiß ich nicht. Vielleicht hat es mit der Wandlung zu tun... Acron ist

zuletzt vor vielen Monden zu Tage getreten..." überlegte Leonidas. "Aber das

ist erst mal nicht wichtig. Wir haben dadurch, dass wir die Magie auf

unserer Seite haben, einen unschätzbaren Vorteil. Wir wollten gestern nicht

zuschlagen, weil wir noch keine Idee gehabt hatten, wie wir die Schockbänder

der Arbeiter ausschalten könnten, aber das hat sich damit erledigt."
 

"Zikél und ich werden uns um die Wärter kümmern, soweit es nötig sein wird.

Leonidas sorgt dafür, dass wir einen Fluchtweg haben und verhindert, das uns

irgendwer folgen kann. Mao führt die Arbeiter aus dem Lager soweit es möglich ist, bevor Zikél und ich zu ihm stoßen." erklärte Nitta knapp den

Plan. "Wir schlagen zu, wenn der Mittag vorüber ist und die meisten Wärter

sich aus der Sonne zurückziehen."
 

Nun stieg die alte Aufregung und Angst in Zikél hoch, obwohl er sich fast

schon sicher sein konnte, dass ihr Plan gelingen würde. Die Macht des

Dracath erschien dem Blauen auf einmal unüberwindlich. "Einverstanden. Das

klingt vernünftig. Die Schockbänder haben mir auch schon Sorgen gemacht." Er

erinnerte sich an die Zeit zurück, als er selbst noch so ein Ding trug, dass

es ihm unmöglich machte, auch nur an Flucht zu denken. "Wie groß ist das

Lager? Weißt du, wie viele Tama-i dort sind? Ich weiß, dass es riesige

Steinbrüche gibt, in denen Tausende versklavt werden."
 

"Nicht viele. Es ist eine kleine Anlage, die vor einigen Monden erst von

einem Privatmann eingerichtet wurde. Ich nehme an, dass etwa drei

Tama-i-Stämme dort arbeiten und ausschließlich Katzenwesen zur Arbeit dort

eingesetzt werden. Bis auf die Wärter. Ein Großteil von ihnen gehört der

Rasse der Orks an. Und einige Trolle sind dort auch vertreten, allerdings

mehr als lebende Maschinen, die große Mengen an Gestein hin und hertragen

und für Ordnung unter den Tama-i sorgen. Allerdings sind sie in einem

schlechten Zustand und nicht gefährlicher als die Ork-Wächter."
 

Zikél nickte nachdenklich und fuhr sich unbewusst über das Kinn. Drei Stämme

waren nicht viel. Sein eigener hatte 100 bis 120 Tama-i umfasst und war

damit recht klein. Sie hatten wirklich eine reelle Chance, einigermaßen

unbeschadet aus der Sache rauszukommen. "Orks. Dann brauche ich aber eine

Waffe. Ein langes Messer, einen Dolch oder etwas in der Art. Diese Biester

sind mir zuwider und ich würde es doch gerne vermeiden, ihre Kehlen mit

meinen Zähnen aufreißen zu müssen." Er biss von einem Stück Fleisch ab und

kaute fest darauf herum.
 

Mao blickte Zikél pikiert an. Redete von Orkkehlen und fraß seelenruhig

weiter... er schauderte. "Ich... hätte auch gerne eine Waffe." brachte er

vorsichtig an.
 

"Die werdet ihr von mir bekommen." beruhigte Leonidas und schälte sich eine

Frucht.
 

Nitta beschloss knapp: "Nach dem Frühstück werden wir kämpfen. Ich möchte

euch ein paar Grundsätze erklären."
 

"Das wäre mir sehr recht. Ich glaube, ich bin etwas aus der Übung geraten in

letzter Zeit. Zuhause habe ich jeden Tag mit Castor trainiert." Er rieb sich

die Hände bei der Vorstellung, endlich wieder seine Geschicklichkeit mit

Waffen unter Beweis stellen zu können. Gleichzeitig beschloss er, Mao im

Auge zu behalten, wenn es Ernst wurde. Er wusste nicht, wie viel oder ob der

Braune Kampferfahrung hatte und Zikél würde nicht zulassen, dass ihm etwas

zustieß.
 

Der Blaue schlug sich den Bauch voll, bis er kaum noch Luft bekam und

wischte sich dann den Mund ab. Ungeduldig wartete er, bis auch die Anderen

fertig waren. "Los, fangen wir an."
 

Nitta hob fragend eine Augenbraue ob der Mengen, die Zikél in sich

hineingeschaufelt hatte.
 

Auch Leonidas stand auf und ging nach draußen, dicht gefolgt von Mao, der

sich noch schnell ein Stück Fleisch reingeschoben hatte.
 

"Kommt her..." meinte Leonidas und fasste Mao, der dichter an ihm stand. Er

legte eine seiner Hände über das Herz des Jungen und schloss die Augen. Es

dauerte einen kleinen Moment, dann materialisierte eine Waffe in Leonidas'

anderer Hand - ein flexibler Kampfstab ohne Spitzen oder sonstige Extras.

Leonidas seufzte. "Du bist keine Kämpfernatur, wie mir scheint... Zikél,

jetzt du."
 

Ein breites Grinsen erschien auf seinem Gesicht und er klopfte Mao neckend

die Schulter. "Mach dir nichts draus. Er steht dir ausgezeichnet." Lachend

wich er einem etwas unbeholfenen Schlag des Braunen aus. Er stellte sich vor

Leonidas und wartete gespannt, was für ihn bereit gehalten wurde.
 

Wieder legte Leonidas seine Hand dort auf die Brust des Tama-i, wo das Herz

seinen Sitz hatte. Wieder schloss er seine Augen. Unter seiner Hand wurde es

etwas warm und die andere kribbelte und erwartete, was auch immer die Magie

Zikél zusprechen sollte.
 

Und es war eine außergewöhnliche Waffe, welche die Magie ihm zusprach. Eine

Unterarmklinge samt Armschienen. Leonidas öffnete seine Augen, betrachtete

die Waffen und begann, sie Zikél anzulegen. Die Armschienen schmiegten sich

an Unterarm und Hand des Tama-i und die beweglichen Klingen, die in ihre

harte Hülle eingearbeitet waren, wirkte wie eine Verlängerung seiner

Krallen. Gleichzeitig schützte die Waffe Zikéls Arme vor Klingen, Krallen

und Zähnen.
 

"Steht dir gut." murmelte Leonidas und betrachtete das Ganze.
 

Währenddessen hatte auch Nitta seine Waffe erhalten: einen Kampfstab, der an

einem Ende eine tiefschwarz glänzende Klinge von etwa einem halben Meter

Länge hatte und einen wertvoll anmutenden, mit rotem Leder umwickelten Griff

in der Mitte. Das andere Ende beschwerte eine Kugel, die aus dem gleichen

Material gearbeitet schien wie die Klinge, und den Stab ausbalancierte.
 

Begeistert besah Zikél sich seine Waffe und probierte sie gleich aus. Er

liebte das Geräusch schon jetzt, wenn die scharfe Klinge durch die Luft

schnitt. "Die können sich auf was gefasst machen. Na, Nitta? Lust auf einen

kleinen Kampf?" Zikél machte eine Faust und die Schneide schnellte hervor.

Probeweise ließ er wieder locker und sie verschwand in der Halterung.

"Wundervolle Waffe." Bereit zum Training stellte er sich Nitta gegenüber und

wartete auf erste Instruktionen oder Angriffe.
 

Doch die bekam er nicht. Nitta ging direkt zum Angriff über. Der Mann nahm

Anlauf, sprang und wirbelte seinen Kampfstab in der Luft herum. Als er

niederging und Zikél versuchte, der Klinge auszuweichen, erwischte ihn die

andere Seite mit der Kugel zwischen den Beinen und brachte ihn zu Fall.

Nitta stand über ihm, den Kampfstab locker in der Hand, und grinste.

"Lektion eins: Auf keinen Fall zu Boden gehen."
 

Mao stand etwas ratlos neben der Szenerie und Leonidas hatte die Arme vor

dem Körper verschränkt und betrachtete das Training zufrieden.
 

Der Blaue allerdings war definitiv aus der Übung. Der erste Angriff kam

nicht überraschend, dafür jedoch der zweite. Knurrend rappelte er sich hoch

und mahnte sich zur Vorsicht. Einmal sollte er diesen Fehler begangen haben,

nun würde er aufpassen. Zumal er nun einen Eindruck davon hatte, wie Nitta

sich bewegte, und besser darauf reagieren konnte.
 

Die Stahlklingen fuhren aus ihrem Schaft und er ging nun selbst zum Angriff

über. Zikél bewies überraschendes Geschick, obwohl klar war, dass Nitta ihm

weit überlegen war. Doch dies störte den Blauen nicht, denn es stachelte ihn

nur noch weiter an.
 

Der große Mann parierte seine Schläge mit dem Stab, doch Zikél wurde nur

selten wieder von der Kugel getroffen und wenn, kam er immer auf den Füßen

auf.
 

Die Sprungkraft des Tama-i war beeindruckend und er wirbelte einige Male

durch die Luft, wenn Nittas Schlag zu tief angesetzt war. Man konnte ihm den

Spaß deutlich ansehen, doch nicht eine Sekunde war daran zu zweifeln, dass

er es ernst nahm. Dazu waren die Hiebe zu präzise.
 

Nitta war sichtlich beeindruckt von der Wendigkeit, die der Kleine an den

Tag legte. Also schaltete er einen Gang höher und ließ nun mehrfach die

Klinge auf den Jungen herabsausen, die auch mehrfach sein Fell streifte und

dieses an einigen Stellen ausdünnte.
 

Einen Angriff Zikéls, den Nitta von der Richtung her anders eingeschätzt

hatte, konnte von ihm nur pariert werden, indem er die Klinge auf den

Unterarm des Jungen sausen ließ, um diesem damit den Schwung aus dem Angriff

zu nehmen. Der Tama-i ging zu Boden und der Unterarmschutz aus einem

unglaublich robusten aber leichten Material hatte eine sichtbare Kerbe

abbekommen und Nitta befürchtete, dass der Arm an der Stelle unter dem

Schutz anschwellen würde.
 

Er merkte, als Nitta das Tempo anzog und war gewillt darauf einzugehen.

Einige Male entging er nur Knapp der Klinge, doch als er seinen Angriff, auf

den er sehr stolz war, da Nitta ihn anscheinend nicht richtig errechnet

hatte, niedergeschlagen wurde, schoss der Schmerz durch seinen Arm. Einen

Moment lag er keuchend und perplex auf der Erde.
 

"Schluss!" meinte Nitta daraufhin, legte seinen Stab ab und ging auf Zikél zu. "Alles in Ordnung?"
 

"Geht schon." murmelte er und stand auf. Vorsichtig schnallte er den Panzer

ab, war dabei unglaublich dankbar ihn gehabt zu haben, und besah sich den

Arm. Beim Anspannen schmerzte er, doch er konnte es ignorieren. "Für einen

Moment dachte ich, ich hätte dich." grinste er den größeren Mann an und

schüttelte erst einmal kurz sein Fell auf.
 

"Für einen Moment wollte ich die Klinge einfach auf deine Brust richten."

gab Nitta zu. Normalerweise musste er keine Rücksicht auf seine Gegner

nehmen. Das war er nicht gewohnt. "Du bist gut." Er sah zu Mao. "Du solltest

mit ihm trainieren."
 

"Danke. Aber nicht gut genug, um zu verhindern, von dir aufgeschlitzt zu

werden." erwiderte er und wandte sich zu Mao. "Ja, das solltest du. Ich kann

dir auch einige Nahkampftechniken beibringen. Dann kannst du mir mal deine

Krallen zeigen." Doch zuerst zeigte er ihm den Umgang mit dem Stab.
 

Zikél hatte Zuhause immer mit dieser Waffe trainiert und gab sein Wissen

begeistert an den Braunen weiter. Dabei war es unumgänglich, dass sie

näheren Körperkontakt hatten, was der Blaue zusätzlich genoss. Die leise

Sehnsucht erwachte wieder, doch er konzentrierte sich auf das Wichtigste.
 

Nitta war zu Leonidas getreten und beobachtete den Kampf der Beiden. "Mao

ist Freiwild." stellte Nitta fest und Leonidas nickte. "Ich werde ein Auge

auf ihn haben." beschloss der Magier und betrachtete weiter das Spiel der

Beiden.
 

"Zikél ist schnell. Ein großer Vorteil gegen die Orks."
 

"Aber er ist nicht kräftig genug."
 

"Das wird seine Verbissenheit besorgen."
 

"Wie du meinst."
 

Mao war wirklich kein Künstler im Umgang mit Waffen. Er hatte noch nie eine

in der Hand gehabt und selbst wenn - ihm wäre nicht einmal eingefallen,

damit auch zu kämpfen. Er schaffte es ganz gut, sich gegen Zikél zu

verteidigen, das war aber auch alles. Er verhielt sich sehr defensiv und

brachte es nicht fertig, seine Kraft voll einzusetzen, da es ja nicht gegen

einen Feind, sondern gegen einen guten Freund ging.
 

Zikél versuchte ihn zu provozieren, machte sich über die Verteidigung des

Braunen lustig und schien mit Leichtigkeit alles zu parieren, was Mao

versuchte. "Nicht so lasch, du Fellknäuel. Willst du nicht mal richtig

anfangen? Ich schlaf hier gleich ein!"
 

Es zeigte keinen Erfolg, denn Mao wurde nur noch zurückhaltender und

verunsicherter.
 

Als er es für genug befand, wehrte er einen ausnahmsweise kräftigeren Schlag

Maos ab, trat den Stock aus dessen Händen und wirbelte um den Körper des

Tama-i, so dass er hinter ihm stand und einen Arm um die Kehle geschlungen

hatte. "Hab dich." flüsterte er leise und küsste ihn aufs Ohr.
 

Mao griff nach dessen Arm, ließ sich auf den Boden fallen und schleuderte

Zikél über sich rüber. Danach nahm er ihn in den Schwitzkasten und meinte:

"Was hast du gesagt?" Nahkampf lag Mao dann doch mehr als diese Sache mit

dem Kampfstock, aber gegen einen Ork sollte er sich wohl mit einer Waffe

verteidigen. Einer laaangen Waffe, die die Viecher auf Distanz hielt.
 

Mit einem überraschten Aufschrei fand sich Zikél plötzlich auf dem Boden

wieder und wirkte recht verdattert. Doch dann funkelten seine Augen amüsiert

auf und er warf sich gegen Mao, so dass dieser fiel und der Blaue sich aus

dem Griff befreien konnte. Blitzschnell sprang er nun auf den Anderen. "Hab

dich, sagte ich." grinste er und drückte die Handgelenke des Jungen links

und rechts neben dessen Kopf nach unten, während er ihn mit seinem Gewicht

runterdrückte. "Du scheinst dich auf körperlichen Kontakt besser zu

verstehen." Kaum waren die Worte ausgesprochen, bemerkte Zikél die

Zweideutigkeit und bereute es. Unsicher sah er in die braunen Augen und

hoffte, keinen wunden Punkt erwischt zu haben, er wollte Mao nicht schon

wieder mit einer dummen Bemerkung verletzen.
 

Doch Mao schien nicht verletzt. "Du bist ein Held." scherzte er. "Aber nun

geh von mir runter." brummte er mit einem Nicken in Richtung der anderen

Beiden. Leonidas und Nitta standen beide da und betrachtete das Schauspiel

erwartend. Und schienen fast etwas enttäuscht, als Zikél tatsächlich von Mao

runterging.
 

Erleichtert stand er auf und reichte Mao die Hand, um ihn hochzuziehen. Am

liebsten hätte er ihn gleich weiter an sich gezogen, doch er ließ es und

klopfte ihm nur auf die Schulter. "Hast dich wacker geschlagen. Aber mit den

Wächtern musst du nicht so zimperlich sein. Da darfst du einfach drauf

schlagen." Er zwinkerte ihm zu und sie kehrten zu Nitta und Leonidas zurück.

"Willst du ihm noch einige Tricks zeigen?" wollte er an den Tradon gewandt

wissen und nickte zu Mao. Ihm war nicht entgangen, wie wenig der Braune

seinen Feinden entgegenzusetzen hatte, was ihn sehr beunruhigte. Je mehr

Training Mao bekam, desto besser.
 

"Hmm..." machte Leonidas und sah Nitta an. "Ihr könnt beide noch ein

bisschen Training gebrauchen." Vor den Beiden materialisierten zwei

Gestalten, ein Ork, der sich auf Zikél stürzte und ein Troll, gegen den Mao

sich zur Wehr zu setzen hatte. Die beiden Figuren waren im Kampf immer ein

bisschen stärker als ihr Gegenüber, aber nie stark genug, um zu gewinnen.
 

Zikél war fauchend zurückgewichen, da er die beiden Geschöpfe im ersten

Moment für echt hielt, bis er sich daran gewöhnt hatte, dass sie lediglich

einem Zauber entsprangen. Mao hätte sich andernfalls niemals so gegen einen

Troll wehren können. Nachdem Zikél dies erkannt hatte, machte ihm der Kampf

regelrecht Spaß und er strengte sich ordentlich an.
 

Bis Leonidas Ork und Troll verschwinden ließ und sie für eine kleine

Stärkung in die Hütte zurückkehrten. Alles wurde noch einmal durchgesprochen

und dann war es so weit. Zikéls Schwanz peitschte unruhig hin und her und er

probierte immer wieder den Mechanismus seiner Waffe aus. Dann gingen sie los

und er wurde ganz kribbelig.
 

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... armer kleiner Pazifisten-Mao...
 

*hust* Leute, Zeichnungen!!! Es wird langsam wichtig... wir brauchen doch

ein Cover! Nicht zuletzt, um unsere Leser zu mehr Feedback zu ermutigen,

sondern weil wir einfach ungeheuren Spaß an dieser Geschichte haben und

wollen, dass andere diesen Spaß auch haben - nämlich bei sich im Schrank -

wollen wir unter allen... ALLEN!, die uns Feedback schreiben, zwei gebundene

Ausgaben unserer Geschichte verlosen... aber wir brauchen ein Cover! Zückt

die Stifte!!!
 

^-^ *gg* und schreibt fleißig Feedback, meine Lieben.
 

Blue & Alaska (die sich beide ebanso darauf freuen, sich die Story binden zu

lassen und in den Schrank zu stellen)
 

^.~
 

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Kapitel 13

Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél

Teil: 13/30

Autor: Alaska & BlueMercury

Genre: Fantasy

Bewertung: ab 18

Warnung: Gewalt, Sex, Zucker
 

Kommentar: So, das ist mein Weihnachtsgeschenk an meine lieben Leser, weil das letzte Kapitel so lange gedauert hat. Dafür gibt es jetzt schon das nächste ^^ Nun ist es endlich soweit. Werden sie es schaffen? Werden sie es nicht schaffen? *fg*

Vielen Dank auch an elbin-luna-chan an dieser Stelle, die zu den Kommentatoren dieser Story dazu gestoßen ist ^^ Aber auch allen anderen gilt mein Dank, es ist schön, dass euch diese FF gefällt ^^

Allen noch schöne Weihnachten!
 


 


 


 


 

~13~
 

Nach etwa einer Stunde Marsch erreichten sie das Lager. Die Sonne stand hoch

am Himmel und brannte hinunter, die Orks hatten sich zum Teil in den

Schatten zurückgezogen, die meisten hielten Siesta.
 

Sie hatten ihren Plan leicht verändert. Leonidas sollte nicht Magie gegen

die Schockbänder einsetzen, sondern in seiner Dracoform den Schrein

zerstören, dessen magische Kraft als Quelle für die Energiestöße diente.

Danach würde er ihnen als Magier zur Seite stehen.
 

Die Vier schlichen sich so weit wie möglich an das Areal heran. Zwischen dem

schützenden Wald und dem Steinbruch lagen gute 100 Meter gerodetes freies

Feld, auf dem sie sich nicht ungesehen bewegen konnten.
 

Leonidas legte seine Robe ab und seine Gestalt verschwamm, der Drache

tauchte auf und brüllte zunächst laut und grollend, als er sich in die Lüfte

erhob und erst einmal für Unruhe im Steinbruch sorgte, sowohl unter den

Arbeitern als auch unter den Wächtern.
 

Nitta und Zikél hatten sich den Wächter-Unterkünften genähert und schlugen

zu, als die Verwirrung begonnen hatte, während Mao, schnell, wie er war,

über das Feld sprintete und in den Steinbruch sprang, wo er anfing, die

Tama-i zusammenzutrommeln und zur Flucht aufzurufen.
 

Acron hatte sich mittlerweile auf die magische Quelle gestürzt und sie

zerstört. Er flog noch weiter über den Steinbruch, brüllte und schnappte

hier und da nach einem Troll oder einem Ork, die er scheinbar fröhlich durch

die Luft schleuderte oder zerfleischte.
 

Nitta hatte sich den Vorsteher vorgenommen, diesen aber unterschätzt und

lieferte sich einen erbitterten Kampf mit dem fast zweieinhalb Meter großen

Ungetüm von Ork. "Dreckige Bestie..." knurrte er und stürzte sich auf ihn.
 

Zikél versuchte, immer ein Auge auf Mao zu haben, aber gleichzeitig auch

nach seiner Familie Ausschau zu halten. Allerdings bereute er das schnell,

da diese Ablenkung ihm mehrere Treffer einbrachte, von denen einer ihm etwas

Fleisch aus der Schulter riss. Es blutete und von dem Geruch angelockt,

scharrten sich bald einige Orks um ihn, doch Zikél war wendig und schnell

genug, um sie niederzustrecken. Er ignorierte den leichten Schmerz und

kämpfte weiter unerbittlich.
 

Als er sah, wie Mao mit den ersten Tama-i flüchtete oder ihnen den Weg wies,

gesellte er sich zu dem Braunen und verteidigte die Flüchtenden vor

Angriffen der Wächter. Kurz sah er Nitta, der mit einem besonders großen Ork

kämpfte, kümmerte sich aber nicht weiter darum, da der Mann sicherlich

allein zurecht kam.
 

Einige der Arbeiter waren so schwach, dass sie kaum Kraft hatten, sich auf

den Beinen zu halten. Zikél versuchte sie anzutreiben oder Anderen

aufzubürden, die mehr Energie besaßen. "Beeilt euch! Rennt in den Wald! Mao,

zeig ihnen, wo es lang geht!" rief er laut und ließ seine Klinge im nächsten

Moment durch den Leib eines Trolls fahren, der auf der Stelle zusammen

brach.
 

Nitta war mittlerweile wirklich wütend und zutiefst erregt über die

Tatsache, dass dieses verdammte Vieh so hartnäckig Widerstand leistete. Man

sah regelrecht, wie in ihm der Blutrausch aufwallte und plötzlich

attackierte er den Ork so schnell und kraftvoll, dass dieser die

Orientierung verlor und Nitta ihn mit einem Hieb seiner Klinge von den nun

durchtrennten Beinen holte, nur um eben diese Klinge anschließend in der

Kehle seines Gegners zu versenken. Nitta brüllte auf über dem Triumph und

suchte sich gleich die nächsten Opfer. Aus dem sonst so ruhigen Mann war in

kürzester Zeit ein Berserker geworden.
 

Der Drache hatte mit seinen Krallen eine Rampe in den steinernen Rand der

Grube geschlagen, über welche die Flüchtenden Richtung Wald gelangen

konnten. Raus aus dem Steinbruch, rein in den Wald. Und das mit fast 300

Katzenmenschen. Und sie hatten sich keine Gedanken darum gemacht, wo sie

diese Menge an Leuten lassen sollten...
 

Dann begann der Drache, die Orks und Trolle, die noch überall herumliefen,

in den Steinbruch zu werfen. Die meisten standen nach dem Sturz nicht wieder

auf und die Wenigen, die es taten, wurden von den beiden Tama-i,

hauptsächlich von Zikél - oder Nitta, wenn sie Pech hatten -

niedergestreckt.
 

Als der Drache irgendwann verschwand und Leonidas wieder auftauchte, war aus

dem Steinbruch längst ein blutiges Schlachtfeld geworden. Die meisten

Arbeiter waren dem Lager entkommen und Leonidas wartete, dass die restlichen

folgten. Er half, sie hinauszuschaffen und lenkte sie weiter gen Wald.
 

Mao war derweil in einen heiklen Kampf mit einem Ork verwickelt, der seinen

Sturz unbeschadeter überstanden haben musste, als erwartet. Dem Ork, den der

Geruch von Blut und die toten Kameraden rasend gemacht hatten, hatte Mao

kaum etwas entgegenzusetzen, und als er ins taumeln kam, sah er mit

schreckensgeweiteten Augen und wie in Zeitlupe die Säbelklinge, die auf ihn

niederging. Er wurde schwer verletzt - eine tiefe, gebogene Schnittwunde zog

sich von einer Schulter über die Brust bis hinunter in seinen Bauch. Sofort

blutete der Braune heftig, schlang noch die Arme um seinen Leib und ging

japsend zu Boden. Sein Kampfstab lag Meter von ihm entfernt.
 

Das Letzte, was Mao sah, war der Ork, der erneut seine Waffe erhoben hatte,

und voller Angst und Panik und seiner Fähigkeit zu Sprechen beraubt, lag der

Braune wie betäubt am Boden und konnte nichts machen, wusste, dass er

sterben würde, hatte Angst, Schmerzen und fühlte in sich ein so tiefes,

allumfassendes Bedauern, dass er die Augen schloss und die Welt verbannte

aus seinen Gedanken und Erinnerungen. Er hörte noch das schmatzende Geräusch

reißenden Gewebes, dann wurde es ganz still.
 

Zikél hatte sich noch einige kleine Schnittwunden eingefangen und er spürte,

wie seine Kraftreserven langsam erschöpft waren. Nur noch wenige Gegner

waren übrig, aber auch diese konnte er niederstrecken. Als er gerade

herumwirbelte, nachdem er einem Troll das Gesicht zerschnitten hatte, musste

er mit ansehen, wie Mao getroffen wurde und fiel. Der Ork stand über ihm,

bedrohlich das sichelartige Schwert erhoben zum Todesstoß. "MAO!!!"
 

Mit einer schier unglaublichen Geschwindigkeit raste er auf die Beiden zu.

Sein Magen hatte sich zusammengezogen und Zikél wurde von einer so tiefen

Angst erfasst, dass sie schon greifbar war. "DU VERDAMMTES MONSTER!!!"

brüllte er und stieß seine Klinge kräftig in den Leib des Orks, als dieser

zum zweiten Mal seine Klinge im Leib des Braunen versenken wollte. Mit einem

einzigen Zug riss Zikél ihn auf, so dass sich die Eingeweide des Orks über

dem Boden verteilten.
 

"Mao! Mao... hast du Schmerzen?" Der Blaue war viel zu panisch, um die

Dummheit seiner Frage zu bemerken. Er war sprachlos vor Angst um den Anderen

und konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. "Halt durch, Kätzchen. Ich

bring dich hier raus..." Verzweifelt versuchte Zikél, die klaffende Wunde

abzubinden, doch außer seiner Hose hatte er keine Kleidung, die dies

ermöglichte. "Halt durch... ich bring dich hier raus. Du darfst jetzt nicht

schlapp machen, hörst du?" Mit einem leisen Ächzen nahm er den Tama-i auf

die Arme. Seine Schulter stach schrecklich, doch er lief einfach los.
 

Nitta tauchte neben ihm auf und nahm ihm den verletzten Braunen ab. "Lauf!"

herrschte er Zikél an und zog auch diesen teilweise mit sich. Denn keiner

von ihnen wusste, ob sie mit Verstärkung rechnen mussten.
 

Nachdem alle im Wald verschwunden waren, legte Leonidas einen Barrierezauber

über diesen, so dass jeder, der den Wald nach ihnen betreten würde, sich in

seinen Rändern verlaufen, aber nie dessen Inneres erreichen würde. Dann

schloss er auf zu den Anderen. "Wir sammeln uns um die Hütte. Dort kümmern

wir uns um Verletzte." entschied Leonidas und erblickte danach erst Mao, der

bewusstlos in Nittas Armen hing. "Bringt ihn in die Hütte!" befahl Leonidas

plötzlich mit gewohnter Härte. "Macht schon, schnell!"
 

Zikél verließ nicht eine Sekunde Nittas Seite und merkte erst, wie stark er

zitterte, als sie Mao auf eines der Betten legten. Sofort riss er den Stoff

des Lakens in Stücke und presste sie auf die blutende Wunde. Seine Augen

brannten, doch er war sich seiner Tränen nicht bewusst. "Halt durch,

Kätzchen. Alles wird gut... du darfst nicht..." Seine Stimme versagte und

als Leonidas zu ihnen eilte, fuhr er verzweifelt hoch. "Tu doch was! Du

musst ihn retten!" flehte er und strich Mao zärtlich über die Wange. Die

Angst nahm ihm den Atem und jegliches Denkvermögen. Der Blaue war völlig

durcheinander und am Ende seiner Kräfte. Er sank nur schluchzend auf den

Boden und wimmerte nur immer wieder die Worte "Er darf nicht sterben..."
 

"Bring ihn raus und sorge dafür, dass niemand reinkommt und stört." sagte

Leonidas zu Nitta, der Zikél daraufhin relativ sanft aber bestimmt bei den

Schultern nahm und rausbrachte. "Such deine Leute, kümmere dich hier um die

Verletzten." Nitta hatte sich vor der Tür zur Hütte postiert und würde den

Blauen mit Sicherheit nicht wieder reinlassen. "Bring Ordnung in das Chaos

von Katzenwesen..."
 

Natürlich hatte der Blaue sich gewehrt, denn die Vorstellung, von Mao

getrennt zu werden, war noch schlimmer, als ihn dort so verletzt liegen zu

sehen. Sein Versuch, wieder in das Innere zu gelangen, vereitelte Nitta

strikt und Zikél schrie ihn an und tobte, bis plötzlich eine bekannte Stimme

hinter ihm erklang.
 

"Kätzchen... Zikél..." Es klang fassungslos und als sich der Blaue umdrehte,

stand dort sein Kemjal. Die anderen Drei kämpften sich noch durch die Menge.

"Jalla... Jalla..." wisperte Zikél. Nun war es entgültig aus um seine

Beherrschung und die Tränen rannen in Bächen. Suaresh stürzte auf seinen

Sohn zu und fing ihn auf, bevor er zusammenbrechen konnte. Fest schloss der

drahtige Tama-i den Kleineren in die Arme. Sein eines Auge war gen Himmel

gerichtet, als wolle es sich stumm bedanken. Das Andere war von einer dicken

rosa Narbe überzogen, so dass es immer zusammengekniffen war, die Erinnerung

an eine ähnliche Rettungsaktion.
 

"Zikél!" Rana und die Brüder des Blauen stürzten nun ebenso auf ihn zu und

sie fielen sich in die Arme. Dennoch war es nicht die Art von

Zusammentreffen, die er sich gewünscht hatte, denn seine Angst um Mao

überschattete alles.
 

"Er ist... verletzt... alles voller Blut... er darf nicht sterben..."

stammelte er immer wieder und wurde von Rana festgehalten. Die Freude bei

der Familie war groß, doch Suaresh war der Erste, der zu sich kam und nun

die Führung übernahm. Er organisierte den ganzen aufgeregten und verwirrten

Haufen von Tama-i, sorgte für einen Platz für Verletzte und teilte Lager

ein. Obwohl der Kater nicht besonders groß oder kräftig war, folgte jeder

seinen Anweisungen. Die ruhige entschiedene Stimme vermittelte Sicherheit

und auch Zikél wurde ruhiger, obwohl er immer noch wie Espenlaub zitterte.
 

Währenddessen hatte Leonidas in der Hütte einen Großteil seiner Kraft darauf

verwendet, die Wunde des Tama-i zu schließen. Damit war er erfolgreich

gewesen, überall hatte sich eine dünne, empfindliche Hautschicht gebildet,

die dafür sorgen würde, dass der Tama-i nicht noch mehr Blut verlor, doch

die inneren Verletzungen zu heilen, dafür würde es noch weit mehr benötigen.
 

Seine Magie war wieder da. Sie war endlich wieder da. Jetzt konnte er nicht

mehr nur auf Nitta Magie wirken, sondern auf alles in dieser Welt. Und er

war sehr froh darum. Und doch kam ihm gerade jetzt wieder ins Gedächtnis,

dass auch er nicht allmächtig war. Noch nicht. Das Heilen der schweren Wunde

erschöpfte ihn sehr und Kopfschmerzen setzen ein.
 

Und doch fuhr er fort. Unter seinen Händen schlossen sich Gewebe und Zellen

wieder zusammen, regenerierten in wahnsinniger Geschwindigkeit und bald

waren alle gefährlichen inneren Verletzungen ebenso geschlossen wie die

Wunde selber. Natürlich würde Maos Körper noch eine ganze Menge alleine

machen müssen, aber so bestand zumindest keine Lebensgefahr mehr, wenn der

Braune mit dem Blutverlust fertig wurde.
 

Vorsichtig reinigte Leonidas die frische Haut von Blut und Dreck und deckte

den Kater bis zur Hüfte zu. Dann stand er auf. Die Tür der Hütte öffnete

sich und Leonidas trat hinaus, lehnte am Türrahmen. "Geh und hilf die Masse

zu organisieren." ordnete er schwach an.
 

Nitta zögerte kurz, nickte dann und kam dem Kater zu Hilfe, der mit der

Organisation bereits begonnen hatte.
 

Zikél hatte sich von der befehlenden Stimme seines Kemjal einlullen lassen

in eine taube Ruhe, während Suma und Castor sich um ihn kümmerten und seine

Wunden versorgten. Rana half seinem Namuri, da er seine Jungen in Sicherheit

wusste.
 

"Zikél, du kannst zu ihm. Aber lass ihn schlafen. Er braucht Schlaf und

Ruhe..." Leonidas war blass, wirkte ausgemergelt. Er zog den Blauen auf die

Beine und musste sich beim Laufen leicht auf diesen stützen. Der Dracath war

sehr erschöpft.
 

Der Blaue beeilte sich, ins Innere der Hütte zu gelangen, wobei er Leonidas

vorsichtig auf das freie Bett setzte, damit dieser sich ausruhen konnte. Mit

leisen Schritten näherte er sich dann Mao und schluckte schwer bei dem wie

tot daliegenden Jungen. "Oh Gott, ich hätte besser auf dich aufpassen

müssen." flüsterte er und kniete neben ihm nieder.
 

Mao atmete flach und hektisch. Eine breite Narbe zog sich über den Körper,

die Haut spannte und sah krank und empfindlich aus.
 

Leonidas kippte zur Seite weg, ohnmächtig. Er hatte so viel getan, so viel

Regeneration im Körper Maos bewirkt, da dieser kaum Reserven gehabt hatte...

und das war zu viel für ihn gewesen. Zuviel Energie, die er hatte aufwenden

müssen, am ersten Tag nach seiner langen Zeit ohne seine Macht.
 

Nitta stand draußen und wies verschiedene Gruppen an, hier hin und dort hin

zu gehen. Und die Masse war aufgebracht, verwirrt und zum großen Teil

verletzt. Allen, die ihm über den Weg liefen, brach er das Halsband vom

Körper und bald bildete sich eine Traube von Tama-i um ihn.
 

Zikél holte eine Schüssel mit Wasser und begann vorsichtig das Fell um Maos

Wunde und seinen Körper von Blut und Schmutz zu befreien. Es war das

Einzige, was er in diesem Moment tun konnte. Leise flüsterte er ihm Worte

zu, dass er durchhalten solle. Seine Hand strich sachte über die Wange und

er konnte einfach nicht anders, als sich kurz über den Bewusstlosen zu

beugen und einen Kuss auf dessen Lippen zu hauchen. "Du schaffst das,

Kätzchen. Ich bin bei dir, Mao. Niemand wird dir mehr etwas tun." Zikél

fühlte sich so schrecklich hilflos, hätte dem Braunen am Liebsten etwas von

seiner Kraft abgegeben.
 

Draußen war Suaresh damit beschäftigt, Wasser auszuteilen, da sie nur

spärliche Rationen bekommen hatten. Auch zogen einige Tama-i los, um zu

jagen, da die Wärter in den Lagern hauptsächlich Gemüse austeilten, was den

Katzenwesen zum Überleben nicht reichte. Sie brauchten Fleisch, sonst

verloren sie ihre Kraft. Es gab nur zweimal in der Woche etwas,

dementsprechend ausgemergelt waren einige von ihnen.
 

"Su, es sind zu viele. Wir können sie unmöglich alle versorgen. Wir sind

alle erschöpft, haben kaum noch Energie. Was sollen wir nur tun?" Rana sah

verzweifelt zu seinem Partner auf, der nur einen Arm um ihn legte und die

Schläfe küsste. "Wir müssen tun, was wir können. Versammle die Kätzchen. Sie

brauchen Wasser. Auch die Alten und Verletzten. Diejenigen, die nur leicht

verletzt sind, sollen sich um die schwereren Fälle kümmern." Kurz

beobachtete der Grau-getigerte Nitta, wie er geduldig die Halsbänder

zerbrach und wandte sich wieder dem Brunnen zu.
 

Ihm war, als wäre der richtige Kampf jetzt erst ausgebrochen. Nitta machte

sich, nachdem der gröbste Ansturm vorbei war, auf zur Hütte. Er konnte die

Präsenz seines Trägers nicht mehr spüren, was ihn sehr beunruhigte.
 

Leise betrat er die Hütte und sah Zikél bei Mao, und seinen Dracath auf dem

anderen Bett, bewusstlos. Seine Miene verfinsterte sich und er beugte sich

über Leonidas, zog seinen Oberkörper hoch und ihn damit in eine sitzende

Position. "Leonidas..." suchte er den Schwarzhaarigen zu wecken.
 

Dieser schlug nach einer Weile benebelt die Augen auf. Noch etwas später

hatte er Nitta erkannt. "Mir geht es gut, ich brauche nur ein wenig Ruhe."

Er hatte immer noch Kopfschmerzen, sehr starke sogar.
 

"Wir brauchen einen Magier." stellte Nitta bloß fest. Leonidas nickte,

lehnte sich aber an Nitta und schloss die Augen wieder.
 

"Woher sollen wir einen Magier nehmen?" knurrte Zikél und tupfte über Maos

Stirn. Er war nicht fähig, rational zu denken und gab jede Sekunde einem

Anderen die Schuld an dieser ganze Misere.
 

Es klopfte vorsichtig an der Tür und Rana trat kurz darauf ein. Er blickte

unsicher zu Nitta und Leonidas, trat dann aber zu Zikél. Schweigend

betrachtete er den Verletzten einen Augenblick, dann strich er seinem Sohn

über den Kopf. "Kätzchen, ich weiß, du möchtest bei ihm bleiben, aber wir

brauchen dich draußen." sagte er sanft, doch Zikél schüttelte den Kopf. "Ich

kann jetzt nicht weg. Er braucht mich. Was, wenn es schlimmer wird? Dann bin

ich nicht da und - "
 

"Ich kümmere mich gleich um ihn. Geh zu deinem Kemjal und hilf ihm. Wir

suchen gerade Blauwurzel, um Aufgüsse und Tees zu machen. Ich werde ihm

gleich einen machen."
 

Es brauchte noch Einiges an Überredungskunst, doch schließlich ging er.
 

Es dauerte lange, bis das Schlimmste überstanden war. Nachdem jedem

Einzelnen etwas Blauwurzelsaft oder -tee verabreicht worden war, wurde es

ruhiger. Die Tama-i waren zu erschöpft, um noch weiter auf den Beinen zu

bleiben. Nur einige wenige versorgten noch die Schwerverletzten. Für die

Anderen brach nun eine Phase der Ruhe an.
 

Als es Nacht wurde, schleppte sich Zikél zurück in die Hütte. Alles tat ihm

weh, seine Schulter brannte, sein gesamter Körper fühlte sich schwer an. Am

Ende fiel er neben Maos Bett zu Boden und verharrte dort einige Zeit reglos.
 

Leonidas hatte sich etwas erholt und hatte bei den kritischen Fällen noch

ein wenig geholfen. Einem hatte er das zweite Bett in der Hütte überlassen

und nun saß er mit Nitta am Tisch und betrachtete die beiden Tama-i.
 

"Wird Mao es schaffen?" wollte Nitta leise wissen, doch Leonidas zuckte nur

die Schultern. "Ich weiß es nicht. Er hat viel Blut verloren. Die Wunde ist

geheilt. Den Rest muss der Junge selber schaffen..." Er erhob sich, strich

Nitta im Vorbeigehen über die Schulter und verließ allein die Hütte.
 

Er streifte eine Weile durch die Menge, bis er irgendwann fand, wen er

suchte. "Rana?" fragte er vorsichtig und leise nach.
 

Der dunkelbraune Katzenmensch hob den Kopf und musterte Leonidas

misstrauisch. Natürlich wusste er, dass dieser Mann ihnen half, sie sogar

gerettet hatte, doch er konnte ihn nicht einschätzen und blieb deshalb

vorsichtig. "Ja, was kann ich für Sie tun?" Er deckte das Kätzchen, das er

gerade versorgt hatte, liebevoll mit einem Hemd zu und deutete Leonidas an,

ihm leise zu folgen.
 

"Sie brauchen alle Ruhe und Schlaf. Die Jäger haben kaum Fleisch gefunden,

aber morgen werden wir es noch einmal versuchen." Er wusste selbst nicht,

warum er das erzählte, doch während sie durch die Reihen der Tama-i gingen,

suchte er Halt an diesen Dingen, um Hoffnung zu schöpfen.
 

"Morgen kann ich für Dinge sorgen, die knapp sind. Doch heute ist meine

Kraft erschöpft." entschuldigte Leonidas die Situation, mehr vor sich als

vor dem Tama-i. "Alle brauchen Ruhe und Schlaf..." wiederholte er. "Deswegen

bin ich hier. Jemand sollte sich um Zikél kümmern. Er ist völlig erschöpft

und bricht bald zusammen." Die Aura des Blauen war ohnehin schon schwach

gewesen, doch nun hatte sie auch jegliche Farbe und Helligkeit verloren. Sie

war nur noch ein dunkler Schatten um den Blauen gewesen.
 

Besorgt nickte Rana. Er kannte seinen Sohn, der es immer übertreiben musste

und nie an sein eigenes Wohl dachte. Wie oft hatten sie ihn schon zu seinem

Glück zwingen müssen? "Ich werde gleich zu ihm gehen." lächelte er müde.
 

"Nein, wirst du nicht. Du legst dich zu Castor und Suma. Suma braucht dich

jetzt, er hat Angst um seine Jungen und Daikan kann ihn nicht beruhigen."

Suaresh trat neben seinen Gefährten und legte ihm einen Arm um die Schulter.

"Ich gehe zu ihm. Mach dir keine Sorgen, du weißt, wie er ist."
 

Man sah dem Dunkelbraunen an, dass er mit sich rang, doch die Erschöpfung

siegte. Suaresh ging mit Leonidas und erschrak beim Anblick seines Sohnes.

Dieser kauerte vor Maos Bett und vergoss schon wieder stumme Tränen. Sein

Körper zitterte und er hatte sich in das Bettlaken gekrallt.
 

"Kätzchen..." flüsterte er leise und ging neben Zikél auf die Knie. "Komm,

du musst dich ausruhen. Schlaf ein wenig."
 

Doch der Blaue schüttelte nur den Kopf. "Lass mich. Ich will bei ihm

bleiben. Ich muss... ich..."
 

Suaresh griff ihm sanft, aber bestimmt in den Nacken. "Du musst dich

ausruhen, sonst nichts. Übertreib es nicht, Zikél. Komm, leg dich etwas hin.

Ich bleibe bei dir, einverstanden?"
 

In seiner Starre brachte Zikél einen Laut der Zustimmung heraus und Suaresh

ließ ihn los. Er bereitete ihnen ein Bett aus einer Decke in einem Teil des

Hütte und legte sich dort mit seinem Sohn nieder.
 

Auch Leonidas war sichtlich erschöpft und langsam fielen ihm die Augen zu.

Nitta bereitete ihnen in einer weiteren Ecke des Zimmers eine Art

Nachtlager, wo Leonidas sich vorerst hinlegte. Nitta wollte noch eine Runde

gehen, bevor er sich zu Leonidas legte.
 

Draußen war die Luft erfüllt von dem Geräusch leiser Tränen, von Schmerz und

Leid und die Befreiung schien zu einer Plage geworden zu sein. Überall hatte

es Verluste gegeben, Verletzte, und viele hatten trotz ihres Einsatzes den

Wald nicht erreicht.
 

Nitta fühlte sich plötzlich müde, ausgelaugt und musste über sich selber

schmunzeln. Wie ansteckend Emotionen doch sein konnten...
 

Wo zu dieser späten Stunde noch eine helfende Hand gebraucht wurde, war er

zur Stelle und kehrte erst spät in der Nacht in die Hütte zurück, schob

seine Arme um den schlafenden Körper Leonidas' und wachte über seine

Schützlinge. Zwischendurch tupfte er Mao etwas Wasser auf die spröden

Lippen.
 

Suaresh wurde von den Bewegungen seines Sohnes geweckt, der versuchte, aus

der nächtlichen Umarmung zu kommen. Er wollte Zikél nicht schon wieder einer

Belastung aussetzen, die der Junge nicht vertrug. Der Grau-getigerte wusste

um die Verlustängste, aber dachte zuerst an sein eigenes Kätzchen. "Jalla,

bitte..." Schweigen. Dann lockerte sich der Griff und Zikél schlüpfte zu

Mao.
 

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Nur zur Info: Das Leonidas aus den Latschen kippt, hat mit dem Entzug zu

tun, magische Energie fällt ja auch nicht vom Himmel.

Kapitel 14

Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél

Teil: 14/30

Autor: Alaska & BlueMercury

Genre: Fantasy

Warnung: Depri
 

Kommentar: Na? Alle gut ins neue Jahr gerutscht? Ich hoffe doch, ich bin es jedenfalls ^^ Und Zikél, Mao und Co. ebenso. Kapitel 14 steht nun am Start und es freut mich, dass ich Ulysses so schön beim letzten Kapitel reinlegen konnte. Biste mir noch böse hehehe Tja, nun sind die Tama-i frei, aber das bedeutet sicherlich nicht das Ende ihres Leidensweg muahahaha schließlich sind Blue und ich die Autoren ^.~

Viel Spaß und kommentiert fleißig ^^
 


 


 

~14~
 

Suaresh begann den Tag mit der Kontrolle von seiner Familie und den Kranken. Es wurden wieder Tees gekocht mit der so kostbaren Wurzel, die eine der wichtigsten Arzneien ihrer Rasse war. Obwohl sie geschmacklich ungenießbar war, würde sie schnell Kraft geben und sobald sie Fleisch auftreiben konnte, würde es besser werden.
 

Zikél hatte sich wieder vollkommen dem Braunen gewidmet. Er kraulte durch die verschwitzten Haare und flüsterte leise Worte, eher an sich selbst gerichtet.
 

Maos Zustand war unverändert. Und wenn er sich doch verändert hatte, war er schlechter geworden. Leonidas heilte, sorgte für Essen. Und Wasser. Und ließ die Pflanze, die auch langsam knapp war, wachsen.
 

Nitta brach Halsbänder auseinander und kümmerte sich - erstaunlicherweise - um die Jüngsten. Den Kindern, den es gut ging und deren Eltern helfen wollten, erzählte er wie ein Märchenonkel von dem Drachen Acron, den beiden mutigen Tama-i und dem Magier, die das Lager gestürmt hatten. Er erzählte auch andere fantastische Geschichten. Doch nur, solange seine Kraft und seine Ausdauer nicht gefragt waren.
 

Die Tama-i gewöhnten sich an die beiden Männer und begrüßten sie mittlerweile mit einem Lächeln. Die Trauer, die überall präsent war, wurde nur selten deutlich gezeigt, da alle wussten, dass sie ihre Lage nur verschlimmerte. Jetzt war es wichtig sich zu erholen.
 

Rana lief den ganzen Morgen umher und teilte Essen aus. Castor und Daikan, der Lebenspartner Sumas, kümmerten sich um den Braunen, der immer noch sehr aufgelöst wegen seiner Jungen war. Der Termin rückte näher und er wimmerte immer wieder, er wolle nicht in diesem Wald gebären.
 

Zikél kümmerte sich hingebungsvoll um Mao. Er wusch ihn erneut sauber und bestrich die Narbe mit Blauwurzelpaste. Vorsichtig versuchte er, auch ihm Flüssigkeit zuzuführen, doch es gestaltete sich als sehr schwer. Schließlich legte er sich einfach neben ihn und wärmte den Braunen mit seinem Körper.
 

"Wir müssen den Wald bald verlassen."
 

Leonidas nickte. Es war ihm gerade eben gelungen, den Barrierezauber über Nacht aufrecht zu halten, doch sehr lange würde er auch das nicht mehr aushalten.
 

"Acron kann viele von ihnen in ihre Heimat zurückbringen. Aber dazu müssten wir eine Gondel oder etwas ähnliches bauen..." schlug er gedankenverloren vor.
 

"Wie sollen wir bauen?"
 

Leonidas schwieg. Ja, wie? Er schüttelte den Kopf. "Zikél soll die Leute seines Stammes zusammen sammeln. Ich muss wissen, wie viele es sind."
 

Nitta gab der Familie Zikéls Bescheid und erwähnte, dass Telis in Sicherheit wäre und so bald wie möglich wieder zu ihnen gebracht werden würde.
 

Suaresh starrte nachdenklich vor sich hin und nickte nur einmal, um Nitta zu zeigen, dass er verstanden hatte. Dann machte er sich daran, seinen Stamm zusammenzurufen. Auch die Anderen wies er an, sich in ihren Stämmen und Familien einzufinden. Wer keine mehr hatte, war mittlerweile schon in einer Anderen aufgenommen. Tama-i waren in diesem Bereich verbunden.
 

Es waren schließlich vier große Gruppen. Zwei davon mussten in die gleiche Region. Der Stamm der Burmai umfasste etwas über 90 Tama-i in knapp 20 Familien.
 

"Wie sollen wir zurück kommen? Niemand würde die lange Reise überstehen." sprach er Nitta an und dieser erwähnte die Gondel. Wieder erschien dieser nachdenklich Ausdruck auf dem Gesicht des Grau-getigerten. "Das würde zu lange dauern. Wir brauchen mehr Zeit, aber das ist es, was uns fehlt. Einige wollen jetzt schon aufbrechen, weil sie es hier nicht mehr aushalten."
 

"Es ist auch möglich, ohne Gondel mit dem Drachen zu reisen." gab Nitta zu bedenken. Was er nicht erwähnte, war, dass mit Abwesenheit des Drachen auch der Wald nicht mehr geschützt wäre. Darum würde er sich kümmern.
 

Leonidas kam zu ihnen. "Wie viele?"
 

"Etwa 90. Aber Viele können laufen."
 

Leonidas nickte. "Einige müssen laufen. Aber 30, mit Chance 40 können mit dem Drachen in ihre Heimat zurück. Bis heute Abend."
 

Leises Murmeln bei den Umstehenden, doch es wurde schnell leiser, als Suaresh sprach. "Und was ist mit den Anderen? Was wird aus den anderen Stämmen? Sie können nicht alle laufen. Sie wohnen zu weit weg. Ich weiß nicht, ob sie uns Wächter nachschicken. Dieser Steinbruch war privat und somit nicht von einer ganzen Armee geschützt, aber sie könnten uns Orks hinterher schicken." Trotz seiner geringen Größe bezweifelte niemand, dass Suaresh der Sprecher aller war. "Ich will nicht noch mehr Leute verlieren. Das muss endlich aufhören."
 

Leonidas erhob ebenfalls seine Stimme. "Die Kranken, Verletzten und Jungen zusammen mit einigen, die sie betreuen können, werden gebracht. Danach können wir die Anderen wegbringen. Oder ihr macht euch zu Fuß auf den Weg." Leonidas machte eine Pause, sah sich um. "Es ist eure Entscheidung. Beratet euch und teilt euch dann mit." Damit verließ er mit Nitta das Zentrum der Versammlung und besuchte Mao und Zikél in der Hütte.
 

Leonidas schob Zikél von dem Braunen herunter. Seine Hände legte er auf die gerade verheilte Wunde und ging tiefer, spürte, wie seine Magie letztes verletztes Gewebe und Zellen wieder verband. Doch viel war es nicht, dass er noch tun konnte. Zärtlich strich er dem Jungen eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Mao... sei stark." Er beugte sich hinunter und gab dem Tama-i einen Kuss. Einen kurzen nur, und doch einen Kuss voller Gefühl.
 

Zikél beobachtete es aus müden Augen, aber konnte nicht mal mehr Eifersucht fühlen. Es gab nur noch diese Angst um Mao, die ihn innerlich zerriss. Warum musste er nur immer so nutzlos sein? Er konnte nie denen helfen, die er liebte. "Er muss gesund werden... er muss!" beharrte er leise und strich vorsichtig über die Seite des Verletzten. "Wie kann ich ihm nur helfen? Warum kann ich nichts tun, damit es ihm besser geht. Wenn ich ihm nur meine Kraft geben könnte, meine Energie. Er sieht so schwach und schutzlos aus." Mit einiger Anstrengung schaffte er es, die aufsteigenden Tränen niederzukämpfen und Leonidas anzublicken.
 

Leonidas blickte zurück, griff sanft in den Nacken des Tama-i und zog ihn zu sich. Er drückte ihn an sich. Denn Zikél war nicht der Einzige, der sich um Mao sorgte und fürchtete, ihn zu verlieren. "Wir werden ihn mitnehmen, wenn das hier vorbei ist. Wir werden einen Weg finden, ihn zu heilen." Was Leonidas im Gegensatz zu Zikél wusste, war, dass es nicht nur der Körper des Braunen war, der geheilt werden musste. Sein Geist war nicht präsent und obwohl Mao noch lebte, konnte Leonidas nur eine stumpfe, mickrige, farblose Aura erkennen. Da war nichts außer Stille. "Ich werde ihn nicht sterben lassen."
 

Zitternd presste er sich gegen den Mann und krallte sich in dessen Kleidung fest. Je länger Mao so leblos dalag, desto schwerer wurde der Druck in seiner Brust. Zikél wusste, was er in Mao gefunden hatte, was ihm der Andere bedeutete, und das zu verlieren, brach ihm das Herz. "Ich würde alles tun..." wisperte er und lehnte den Kopf gegen Leonidas Schulter. Wenn Mao nicht bald aufwachte, würde sein Körper es nicht mehr lange durchhalten. Er aß nicht, trinken war fast ebenso unmöglich. Aber der Blaue würde es weiter versuchen.
 

Suaresh trat plötzlich in die Hütte und blickte Leonidas durchdringend an. Anscheinend hatten die Tama-i eine Entscheidung getroffen. "Wir nehmen deinen Vorschlag an. Während der Drache die Schwächsten wegbringt, werden wir hier bleiben. Einige der Bäume sind hoch, wir können Plattformen aus Ästen errichten. Das würde nicht lange dauern und wäre ein kleiner Schutz, falls es doch Patrouillen gibt. Im Dickicht der Kronen sind wir geschützter. Wir haben auch schon Gruppen eingeteilt."
 

Er war überraschend wie schnell sich diese Rasse organisieren konnte. Anscheinend waren die Rangordnungen und Familienbanden fester, als man dachte.
 

"Gut." sagte Leonidas. "Welcher Stamm hat seine Heimat am weitesten entfernt und wo?"
 

"Der Stamm der Tarkesen. Sie liegt im nördlichen Gebirge an den großen Seen. Persach und Sirea leben im Wald der Iden und werden sich wohl zusammen tun. Unser Dorf war nahe der großen Ebene. Der anschließende Wald ist endlos und dicht." Suaresh schenkte Zikél keine Beachtung. Er wusste, dass der Blaue verzweifelt war, doch jetzt musste sich erst einmal um die vielen anderen Tama-i gekümmert werden. Erst wenn sie sicher waren, würden sie sich den eigenen seelischen Wunden widmen können.
 

"Das nördliche Gebirge..." Leonidas sah Nitta an. "Ich schätze, es ist eine Tagesreise." tat dieser seine Vermutung kund. "Bei hoher Geschwindigkeit."
 

Leonidas nickte langsam. "Sie sollen sich fertig machen. Wir brechen auf, sobald wie möglich."
 

Suaresh nickte ebenfalls und verschwand, um die Anweisungen weiterzugeben. Binnen kürzester Zeit waren Vorräte verpackt, Kranke transportbereit gemacht und Sicherungsleinen hergestellt. Es schien, als sei an alles gedacht.
 

Rana überwachte währenddessen den Bau der Plattformen. Da Tama-i meist Baumhäuser bewohnten, war es für kaum jemanden eine Schwierigkeit, mitzuhelfen. Als der Grau-getigerte das nächste Mal zu Leonidas trat, war alles bereit zum Aufbruch.
 

Leonidas und Nitta hatten in der Zeit den zerstörten Schrein in den Wald gebracht und wieder weitgehend hergestellt. Die Kraft des Schreines reichte gerade noch, um den Barrierezauber Leonidas' aufrecht zu erhalten. Er hoffte nur, dass die Gegenseite nicht auf die Idee kam, Magier einzusetzen.
 

Dann verschwand Leonidas und Nitta wies die Leute an, platz zu schaffen auf der großen Wiese. Kurz darauf tauchte der Drache auf. "Das ist Acron. Er wird euch heil nach Hause bringen!" rief Nitta, als der Drache gelandet war.
 

Bei Gelegenheit zog er Suaresh zur Seite. "Das Ganze ist an eine Bedingung geknüpft. Wenn wir die Burmai wegbringen, dann auch Zikél. Ohne Mao." Nittas Blick war ernst. Es war das Beste für Beide. Mao lag im Koma und Leonidas glaubte nicht, dass in den nächsten Wochen damit zu rechnen war, dass er aufwachte. Das erklärte er dem Tama-i ebenfalls und verwies auf den schlechten Zustand, in dem sich Zikél jetzt schon befand.
 

Es schmerzte, dies zu erfahren, denn Suaresh konnte sich vorstellen, was es für Zikél bedeuten würde, wenn er von dem Jungen getrennt wurde. Schon jetzt bewegte er sich kaum weiter als nötig von ihm. "Einverstanden. Ich vertraue ihn euch an." Er sprach mit der Selbstverständlichkeit eines Familienoberhauptes, dass den Partner des Sohnes längst aufgenommen und als vollwertiges Mitglied akzeptiert hatte. Selbst wenn Mao nicht das Selbe für Zikél empfand, war er doch ein Teil der Familie, allein durch die Gefühle des Blauen.
 

Sie beluden den Drachen mit seiner lebenden Last und gaben letzte Instruktionen. Niemand wusste, wie es ausgehen würde, aber alle hofften.
 

Der Drache erhob sich in die Lüfte und trat seine weite Reise an. Mit denen, die sich am Besten im Gelände auskannten, im Nacken. Damit er sie auch wirklich dahin bringen konnte, wo sie hingehörten.
 

Die Zurückbleibenden blickten lange hinter dem Drachen her, einige weinten, da sie nicht sicher sein konnten, dass sie ihre Geliebten wiedersahen. Suaresh hielt Rana im Arm, der ihn sanft stützte. "Du brauchst auch mal 'ne Pause, Geliebter." bat er und küsste das angespannte Gesicht.
 

"Später. Wir müssen erst die Plattformen fertig stellen. Ich möchte alle in Sicherheit wissen." Der Dunkelbraune schwieg dazu, er wusste, dass sein Partner nicht locker lassen würde.
 

"Ich mache mir Sorgen um Zikél. Er zerbricht." Rana schmiegte sich dichter gegen Suaresh und vergrub das Gesicht in dessen Fell.
 

"Ich weiß. Und es wird ihm noch mehr das Herz brechen, wenn wir ohne Mao zurückkehren. Vielleicht ist es ihm vorbestimmt, nicht glücklich zu werden."
 

"Sag so was nicht! Su, rede mit ihm... er braucht Ablenkung."
 

Der Grau-getigerte nickte andächtig und gab seinem Partner einen innigen Kuss.
 

In der Hütte starrte Zikél mit leerem Blick auf Mao. Als Suaresh eintrat, bemerkte er ihn gar nicht, bis etwas seinen Kopf berührte. "Es geht ihm nicht besser, oder?" Ein schwaches Kopfschütteln. "Komm mit, Kätzchen. Wir können jede Hand gebrauchen. Hier kannst du nichts tun."
 

Die Worte erschienen Zikél grausam, als hätte sein Kemjal schon damit abgeschlossen, dass Mao nie mehr erwachte. "Ich kann für ihn da sein. Ich will nicht..."
 

"Du wirst mit nach draußen kommen und helfen, für die Anderen sichere Verstecke zu bauen. Los." Die Stimme war schneidender geworden und Suaresh packte seinen Sohn im Nacken, der verzweifelt versuchte zu entkommen. "Jalla! Nein! Bitte nicht. Jalla..."
 

Es tat Suaresh weh zu sehen, wie schlecht es seinem Sohn ging, wie sehr er sich an den Jungen klammerte. Doch unerbittlich brachte er ihn nach draußen und unterband jeden Versuch, wieder hineinzulaufen. Es artete fast in einen Kampf aus, bis Castor einschritt und seinem Bruder eine ordentliche Ohrfeige versetzte und ihn anschrie, er solle sich zusammenreißen und nicht so egoistisch sein. Danach war Zikél ganz klein und still. Die beiden anderen Tama-i wechselten mitleidige Blicke und halfen ihm, an die Arbeit zu gehen.
 

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Zunächst brachte Acron, wie geplant, die Tarkesen in ihre Heimat zurück. Danach folgten die Persach und Sirea. Und dann hieß es, die Burmai in ihre Heimat zurückzubringen.
 

Maos Zustand war noch immer unverändert. Er hatte zwar etwas getrunken, aber das war auch alles. Der Körper des Jungen märgelte zunehmend aus.
 

Die ganze Familie versuchte, Zikél zu unterstützen, ihn aber auch gleichzeitig so oft es ging von Mao fernzuhalten. Allein der Anblick des Kranken machte ihn halb wahnsinnig vor Sorge und Schmerz. Er musste daran erinnert werden, selbst etwas zu essen, sie zwangen ihn, sich auszuruhen, wenn er gearbeitet hatte und eigentlich zu Mao wollte. Wenn Zikél einmal unauffindbar war, mussten seine Väter nur in der Hütte nachsehen, wo er meist zusammen gekauert neben dem Bett hockte und leise auf Mao einsprach oder versuchte, ihm zu trinken zu geben.
 

"Zikél... der Drache ist zurück. Es wird Zeit, Kätzchen. Komm mit nach draußen." Suaresh legte seine Hände auf die Schultern des Blauen, der darunter leicht zusammenzuckte.
 

"Wir müssen Mao noch transportfertig machen, so geht das doch nicht... ich muss zuerst..."
 

"Später... komm erst einmal mit nach draußen." Es fiel dem Grau-getigerten schwer, seinen Sohn anzulügen, denn er hatte nicht vor, ihn noch einmal zu dem Braunen zu lassen.
 

Draußen stand Acron, der gerade von seiner lebenden Fracht bestiegen wurde und betrachtete aus den Augenwinkeln den Blauen. Zu gerne hätte er selber, hätte Leonidas noch einmal mit ihm gesprochen. Doch dafür war keine Zeit, keine Gelegenheit.
 

Nitta hielt sich wohl weißlich in der Nähe Zikéls auf. Er wusste, dass dieser Schwierigkeiten machen würde. Kaum war Suaresh mit seinem Sohn vor die Tür getreten, stand er hinter Zikél. Er würde Mao nicht wiedersehen. Nicht jetzt.
 

Der Blaue war etwas überrascht, als alles schon startbereit schien und Zikél blickte fragend zu seinem Kemjal auf. Dieser hatte einen Arm um ihn gelegt und schob ihn Richtung Drache. "Nein, warte..." wehrte er sich zögerlich und blieb stehen. "Wenn wir jetzt fliegen, muss Mao erst vorbereitet werden." Es schien nicht, als hätte er verstanden, was das alles bedeutete.
 

"Kätzchen, Mao kommt nicht mit. Er ist nicht stark genug und du kannst nichts für ihn tun. Er bleibt erst mal hier und dann - "
 

"Nein! Nein, ich kann ihn doch nicht hier zurück lassen! Wir müssen ihn mitnehmen, Jalla!" Er machte Anstalten, umzudrehen, doch Suaresh packte ihn an den Armen und drehte ihn zu sich. "Zikél sei vernünftig. Er ist nicht in der Verfassung, um - "
 

"Dann bleibe ich bei ihm! Ich bleibe hier und komme später nach. Mit ihm."
 

Der Ältere schüttelte den Kopf. "Nein, du kommst mit. Du wirst jetzt auf seinen Rücken steigen und wir fliegen nach Hause."
 

Zikél schüttelte ihn ab und wehrte sich heftig dagegen wieder eingefangen zu werden. "Nein, ich lasse ihn nicht allein! Ich habe es ihm versprochen!" Er drehte sich schnell um und wollte zur Hütte rennen, doch Nitta versperrte ihm den Weg. "Lass mich vorbei, Nitta! Ich gehe nicht ohne Mao!"
 

"Doch, das wirst du. Du kannst ihn wiedersehen, wenn du Telis abholst." Nitta packte Zikél und hob ihn an, warf ihn sich über die Schulter und brachte ihn zum Drachen.
 

Wie wild strampelte er und trommelte mit den Fäusten auf Nitta ein. Die Umstehenden warfen ihm mitleidige Blicke zu, denn jeder wusste, wie viel Mao dem Blauen bedeutete. "Nein, ich lasse ihn nicht allein! Ich will nicht! Lass mich runter, verdammt! Ich kann ihn jetzt nicht allein lassen!" schrie er und kratzte über Nittas Rückseite. Mittlerweile bildeten sich Tränen in seinen Augen und er wurde immer verzweifelter. Die Angst, Mao vielleicht nicht mehr wiederzusehen, machte ihn wahnsinnig und er tobte nur noch weiter.
 

Nitta wurde wütend. Er griff in den Nacken des Jungen, zog ihn von sich herunter und fauchte ihn an. "Benimm dich endlich. Du wirst jetzt mit deiner Familie in eure Heimat zurückkehren. Mao ist immer noch in Leonidas' Besitz und du kannst froh sein, wenn wir dich überhaupt noch einmal zu ihm lassen. Wenn du also noch mehr Aufstand machst, sei dir sicher, ich werde dafür sorgen, dass du ihn nie wieder siehst." Nitta wurde selbst für seine Verhältnisse sehr drastisch. Aber besondere Situationen erforderten besondere Lösungen.
 

Erstarrt glotzte Zikél Nitta an und die pure Angst war in dem Blick zu lesen. Zikél wollte Mao nicht verlieren, weder auf die eine, noch auf die andere Weise. Die Worte prügelten mit einer Grausamkeit auf ihn ein, die er kaum ertragen konnte. Suaresh stand nur daneben und hörte traurig zu.
 

Der Drache hatte sich erhoben und packte Zikél. Den Tama-i vorsichtig aber sicher im Maul blickte er zu Suaresh und deutete ein Nicken an. Wenn der Grau-getigerte mitwollte, sollte er sich beeilen.
 

"Mao..." wimmerte der Blaue und schrie im nächsten Moment erschrocken auf, als der Drache ihn packte. Zikél begann zu zittern und versuchte, sich zu befreien, doch er steckte zwischen den riesigen Zähnen fest. Für einen schrecklichen Augenblick glaubte er, Acron wolle ihn fressen.
 

Suaresh war beunruhigt, kletterte jedoch zu seiner Familie und gab das Zeichen, dass sie aufbrechen konnten. Zikél zappelte immer noch, als sich die Echse in die Luft erhob. "MAO! NEIN!"
 

Der Drache setzte seine Schwingen in Bewegung und hob ab. Er flog schneller als zuvor und erst, als er eine Höhe erreicht hatte, die es Zikél nicht mehr erlaubte, zu springen, setzte er den Jungen auf seinem Rücken ab. Dann erhöhte er weiter und brachte sich und seine Fracht auf eine schnelle, recht erschütterungsarme Reisehöhe. Und flog.
 

Nitta sah dem Drachen nach. Erst, als er außer Sicht war, verließ er seinen Platz und sah nach Mao. Er war nicht erwacht. Warum auch?
 

Zikél wurde liebevoll in die Mitte seiner Familie genommen und tröstend gehalten. Sogar Castor schmiegte sich eng an ihn, da er merkte, was für Qualen sein Bruder erlitt. Normalerweise war er es immer, der den Blauen aufzog. "Es wird gut, Kätzchen. Alles wird gut." wisperte Rana und bettete den erschöpften Jungen auf seinen eigenen Körper, begann leise zu Schnurren.
 

Zikél rollte sich zusammen und schluchzte lautlos weiter. Ihm kam es vor, als hätte man ihn in zwei Hälften gerissen, wovon eine immer noch bei Mao war.
 

Irgendwann überwandt sein Körper die Barriere, die der Geist erschaffen hatte und ließ Zikél in einen tiefen Schlaf fallen.
 

Suma hatte sich dicht an ihn gekuschelt, Ranas Stelle eingenommen, und strich ihm sanft über die feuchte Wange. "Du wirst ihn wieder sehen, Bruder. Dein Herz ist zu stark mit dem seinen verbunden, als das es anders sein könnte."

Kapitel 15

Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél

Teil: 15/30

Autor: Alaska & BlueMercury

Genre: Fantasy

Warnung: Depri
 

Kommentar: Es geht etwas langsam mit dem Hochladen voran, weil es auch mit dem Beta langsam voran geht >_< Blue hat grade viel zu tun mit dem Studium und deshalb keine Zeit dafür. Ich hab jetzt noch zwei fertige Kapitel, dann heißt es warten, bis März oder noch länger, wird sich zeigen. Deshalb werde ich auch mit dem Hochladen des nächsten Kapitels noch warten ^^

Aber hier habt ihr erst einmal Kapitel 15. Viel Spaß dabei ^^

Ach ja, noch einmal ein herzliches Dankeschön an alle Kommischreiber! Es freut mich wahnsinnig, wenn euch die Story gefällt ^^
 


 


 


 

~15~
 

Der Drache kehrte zurück. Nachdem alle Verletzten und Schwachen der Stämme in ihre Heimat zurückgebracht worden waren, brauchte Leonidas eine Pause. Der Schwarzhaarige schlief fast ausschließlich, hatte sich zu Mao gelegt und den Jungen in den Arm genommen.
 

Des Nachts wachte Nitta an der Seite der Beiden, tagsüber nahm er einen Großteil der Organisation in die Hand. Leonidas brauchte fast drei Tage, um sich zu erholen und am vierten Tag brach der Drache erneut auf, brachte die Übrigen zurück in ihre Heimat. In der Zwischenzeit war eine Plattform gebaut worden, die der Drache in seinen Krallen halten konnte und die es erlaubte, mehr Tama-i mitzunehmen als zuvor. Es würden nach dem zweiten Durchgang keine Katzenwesen im Wald zurückbleiben.
 

Die Ork-Patrouillen um den Wald blieben aus und bevor die letzten der Burmai in ihre Heimat zurückgebracht werden würden, zerstörte der Drache alles, was sich im Steinbruch zerstören ließ.
 

Dann war der Tag da, an dem sie zurückkehren sollten. Die Stadt, in der Leonidas und Nitta zuvor residiert hatten, lag auf etwa halbem Weg zwischen der Hütte und der Heimat der Burmai und dort setzte Nitta den Braunen ab, brachte ihn in die Gemächer seines Herren und bat Carla, sich um ihn zu kümmern. Danach begleitete er den Stamm Zikéls bis zu ihrem Dorf.
 

Danach verschwand der Tradon eine Zeit lang. Er war auf der Suche nach dem Verantwortlichen für die Verschleppung der Tama-i und nach dessen Auftraggebern. Er fand sie, und so starben vier Männer durch seine Hand.
 

~~~
 

Nachdem Acron sie in den Ruinen ihres Dorfes abgesetzt hatte, brach zunächst in allen, die genug Kraft dazu hatten, die Trauer und der Schmerz heraus. Sie hatten nichts mehr, außer den Sachen, die sie am Leib trugen. Sie trauerten um alles, um verlorene Familienmitglieder, Freunde, Bekannte.
 

Auch Zikél war zu nichts fähig, außer zu weinen oder apathisch dazusitzen und sich zu fragen, wie sie ihm das hatten antun können. Erst als Suaresh eine ergreifende Rede über Neuanfang, Aufbau und Zukunft hielt, keimte hier und da Hoffnung auf.
 

Die gesunden Tama-i begannen einen neuen Platz zu suchen, an dem sie bleiben konnten, denn das Dorf war rettungslos zerstört. Die neue Lichtung war nicht weit entfernt und so begann der Aufbau, schleppend zunächst. Doch als Nitta mit den Übrigen ankam, waren schon einige provisorische Hütten auf der Erde errichtet.
 

Zikél wurde dazu gezwungen, mitzuhelfen und tat dies auch freudlos. Er sprach sehr wenig und sah zunehmend schlechter aus, doch als Nitta bei ihnen auftauchte, rannte er stolpernd auf ihn zu. Acron war noch mit dem Abladen beschäftigt. "Wo ist er? Wie geht es ihm? Hat sich sein Zustand verändert? Nehmt ihr mich mit zurück? Bitte, ich werde auch ganz unkompliziert sein! Lasst mich zu ihm, bitte." flehte er den großen Mann an und hörte gar nicht mehr auf, auf ihn einzureden.
 

"Nein. Er ist nicht hier, sein Zustand hat sich nicht verbessert und wir werden dich nicht mitnehmen." ließ Nitta ihn abschmettern. "Wir kümmern uns um ihn. Du kümmere dich um deine Familie und sorge dafür, dass Mao, wenn wir ihn hier her bringen können, ein ordentliches Umfeld vorfindet."
 

Sein Herz machte einen schmerzhaften Sprung und Zikél krallte sich in Nittas Hemd, während seine Augen größer wurden, erwartungsvoller. Langsam verstand er, dass niemand ihn zu dem Braunen lassen würde. "Ihr bringt ihn her? Ihr bringt ihn hier her? Ist das wahr?" Sein Mund verzog sich ansatzweise zu einem Lächeln.
 

Suaresh drückte sich unauffällig um die Beiden herum, da er befürchtete, dass Zikél wieder einen derben Rückschlag erleiden würde und er ihn auffangen wollte. Es war für sie alle schwer, den Blauen so unglücklich zu sehen.
 

Nitta schien zu überlegen. "Wenn er gesund ist. Und es selber wünscht." formulierte Nitta vorsichtig. Er war sich nicht sicher, wie Leonidas weiter mit dem Jungen verfahren wollte.
 

Man konnte sehen, dass es nicht die Antwort war, die Zikél erhofft hatte, und bevor wieder etwas seine Hoffnung zerstörte, trat sein Kemjal an seine Seite. "Da hörst du es, Kätzchen. Du siehst ihn bestimmt wieder. Kannst du mir jetzt einen Gefallen tun und deinem Jaho sagen, dass ich ihn wegen der Einteilung für die Hütten sprechen möchte?"
 

Der Blaue zögerte einige Augenblicke, nickte dann jedoch und lief davon.
 

Suaresh sah ihm kurz nach, dann wandte er sich zu Nitta. "Und jetzt bitte Klartext. Habt ihr wirklich vor, ihn hierher zu bringen? Glaubst du, er will Zikél wiedersehen? Ich bitte nur um Ehrlichkeit, damit ich mich darauf einstellen kann, wenn meinem Sohn das Herz gebrochen wird. Er ist jetzt schon nahe daran, völlig zu verzweifeln und sieht schrecklich aus. Also?"
 

Nitta nickte und sprach in gedämpftem Ton weiter. "Wir hatten vor, ihn hier her zu bringen. Mao wäre in jedem Fall hier besser aufgehoben." Er machte eine Pause und sah sich um, er wollte nicht, dass dieses Gespräch mitgehört werden konnte. "Es sieht allerdings nicht so aus, als würde Mao wieder aufwachen. Nicht in den nächsten Wochen, vielleicht nie mehr. Wir haben eine Magierin damit beauftragt, sich um den Jungen zu kümmern und sie sieht wenig Hoffnung."
 

Plötzlich tauchte Leonidas hinter Nitta auf. "Ich frage mich, ob es nicht das beste wäre, Zikél zu sagen, dass Mao nie wieder kommen wird." Allen Umstehenden war klar, was er damit meinte und Nitta nickte langsam. Beide Männer sahen Suaresh an. "Aber das legen wir in deine Hand. Schließlich geht es um deinen Sohn."
 

Der Grau-getigerte schloss das eine Auge und holte langsam Luft. So etwas hatte er bereits geahnt. "Ich weiß nicht, was schlimmer für ihn wäre." gestand er leise und blickte die beiden Männer traurig an. Der Schmerz eines Vaters, der hilflos den Qualen seines Kindes gegenüberstand. "Ich werde darüber nachdenken." Sein Blick schweifte kurz an Leonidas vorbei und traf die blaugrauen Augen seines Sohnes. Zuerst war er schockiert, hatte der Junge etwas gehört? Doch dann wurde ihm klar, dass Zikél so ahnungslos war, wie eh und je.
 

"Jaho kommt gleich." sagte er kurz und wandte sich dann an Leonidas. "Werdet ihr noch bleiben?"
 

Nitta sah Leonidas an.
 

Dann antwortete der Schwarzhaarige. "Eine Weile, ich muss mich ausruhen. Aber vor Sonnenuntergang werden wir wieder aufbrechen."
 

Zikél nickte zum Zeichen des Verstehens und unterdrückte gleichzeitig das Bedürfnis, erneut zu bitten, dass er mitkommen dürfe. "Ich werde etwas zu Essen vorbereiten." Damit verschwand er wieder. Auch Suaresh trennte sich von den beiden Männern und berichtete Rana, was vorgefallen war, der genauso bestürzt reagierte.
 

Als es Zeit zum Essen war, setzten sich alle um das Lagerfeuer vor den Hütten und aßen. Suma und Daikan turtelten leise, wurden aber immer wieder durch tadelnde Blick von Rana aufgefordert es zu lassen, da Zikél immer weiter von ihnen abrückte. Schließlich setzte sich der Blaue direkt neben Leonidas und kramte in seiner Hosentasche. "Leonidas... würdest du... würdest du das hier Mao geben?" Er öffnete seine Hand und ein kleiner blauer Stein an einem Lederband kam zum Vorschein. "Es ist... es ist ein Talisman. Von den Wassergöttern, weil Mao doch Wasser so sehr mag. Er soll ihn... beschützen." Seine Stimme brach verräterisch am Ende des Satzes und er senkte schnell den Kopf.
 

Leonidas nahm den Stein an sich. "Das werde ich." sagte er. Und legte einen Arm um Zikél.
 

Die Gegenwart des mächtigen Mannes beruhigte ihn irgendwie etwas und Zikél hielt sich für den Rest der Zeit immer bei Leonidas. Dieser war auch auf eine gewisse Weise seine Verbindung zu Mao, deshalb wurde er immer bedrückter, je eher der Aufbruch rückte.
 

Der Tag neigte sich langsam dem Ende und Nitta gab Suaresh zu verstehen, dass es an der Zeit war, eine Entscheidung zu treffen. Er entfernte sich von der Gruppe um das Lagerfeuer.
 

Suaresh erhob sich unter dem Vorwand, nach dem Rechten im Dorf zu sehen. Langsamen Schrittes, als wolle er die Entscheidung von sich schieben, folgte er Nitta. "Wir haben uns entschieden." begann er knapp und sammelte sich, bevor er das Urteil aussprach.
 

"Wenn Maos Zustand sich nicht ändert oder schlechter wird, dann... ist es das Beste, wenn Zikél glaubt, er würde nicht mehr leben. Dann hat er eine Chance zu trauern und kann danach weiterleben. Doch wenn er immer die Hoffnung auf das Genesen des Jungen hat, wird er daran zerbrechen. Ich kann nicht sagen, dass mir diese Entscheidung leicht gefallen ist oder sie mir gefällt, dennoch halte ich es für das Beste."
 

Nitta nickte. "Wir werden in einigen Tagen zurückkehren und Telis zu euch bringen. Dann werden wir Zikél davon in Kenntnis setzen." erklärte Nitta.
 

Leonidas hatte Zikél gänzlich in seine Arme gezogen und wiegte den Tama-i leicht, während er sich mit Anderen des Stammes unterhielt.
 

Zikél schmiegte sich dicht gegen den warmen Körper und vergrub sein Gesicht an Leonidas' Schulter. Nach einer Weile konnte der Mann leichtes Zittern spüren, da der Blaue erneut lautlos weinte.
 

Früher hatte er das nie getan, doch nun schienen alle Dämme gebrochen zu sein und sein Brustkorb schien so zusammengequetscht, als solle auch noch die letzte Träne aus ihm gepresst werden. "Sag ihm, dass ich ihn vermisse, ja? Und das er schnell gesund werden soll." bat er leise und sah mit feuchten Augen zu Leondias auf.
 

"Auch das werde ich tun." versprach Leonidas.
 

Nitta tauchte neben ihm auf. "Leonidas..."
 

Leonidas nickte und schob Zikél sanft von sich. "Auf Wiedersehen, Zikél."
 

Mit tränennassen Augen blickte er zu dem schwarzhaarigen Mann auf. Dieser Abschied schmerzte auf eine endgültige Weise. Er hatte das Gefühl, die Beiden nie wieder zu sehen, obwohl das sicherlich nicht der Fall war. Schon allein wegen Telis. Dennoch... etwas störte ihn, doch Zikél schob diese Empfindung auf seine Sorge um Mao. "Auf Wiedersehen. Danke, dass du mir geholfen hast. Ich... ich kann dir gar nicht sagen, wie dankbar ich bin..." Erneut musste er sich stark zusammen reißen, um nicht zu weinen. "Pass gut auf Mao auf." Er versuchte ein wackeliges Lächeln.
 

"Sicher." lächelte Leonidas. Dann wand er sich an Suaresh und bedankte sich für die Gastfreundschaft der Tama-i. "Wir kehren bald zurück und bringen euch Telis." sagte er noch, bevor Leonidas und Nitta sich auf den Weg machten.
 

Suaresh nickte nur mit einer höflichen Erwiderung, doch er wusste, dass die Rückkehr des beiden Männer seinem Sohn das Herz brechen würde und alles in ihm schrie danach, Zikél davor zu bewahren. Doch es war das Beste für den Jungen.
 

Sie begleiteten Leonidas und Nitta noch aus dem Dorf, wobei immer wieder Tama-i kamen und sich bei ihnen bedankten, bis der Grau-getigerte sie alle wegscheuchte.
 

Zikél blickte ihnen lange nach, auch nachdem er sie nicht mehr sehen konnte. "Bringt ihn mir heil zurück." flüsterte er und schlich sich dann in ihre Hütte. Er wollte allein sein, auch wenn das keinem in der Familie wirklich gefiel.
 

~~~
 

In den nächsten Tagen versuchte jeder, ihn etwas aufzuheitern oder wenigstens abzulenken, was nur in den seltensten Fällen gelang. Die meiste Zeit wirkte Zikél abwesend und in Gedanken versunken. Niemand kam wirklich an ihn heran und wenn es doch mal gelang, brach all die Angst und Verzweiflung über dem Blauen zusammen und er kollabierte oder bekam Wutausbrüche.
 

Einmal geriet er heftig mit Suaresh zusammen, der ihn aus seiner Trostlosigkeit holen wollte, was fast schon in einem Kampf endete. Ohne Rana wären die beiden Tama-i wohl auf einander losgegangen. Danach sorgte Zikéls Mekjahor dafür, dass er jeden Tag beim Aufbau des Dorfes half, bis zur völligen Erschöpfung. So hatte der Junge weder Zeit noch Kraft für Streitereien.
 

Allerdings wurde er auch mit jeder Woche schmaler und schlaffer. Sein Appetit war gering und Rana bekam oft nur mit reichlich Druck etwas in seinen Sohn hinein. Nahrung war für Zikél nebensächlich geworden, denn was keiner wusste, war, dass er jeden Abend, so müde er auch war, dennoch nicht einschlafen konnte, weil seine Angst um Mao ihn nicht losließ.
 

Da diese gedrückte Stimmung sich auch auf die anderen Familienmitglieder übertrug, wurden sie zunehmend gereizter und Zikél merkte schnell, dass es besser war, wenn er diese Gefühle für sich behielt.
 

Es musste schon über einen Monat vergangen sein, seit Leonidas und Nitta das Dorf verlassen hatten, das mittlerweile wieder aufgebaut war, da ereignete sich ein freudiges Ereignis. Suma warf und das ganz Dorf war in Aufruhr. Es waren die ersten Kätzchen seit ihrer Gefangennahme. Die vier Jungen waren der ganze Stolz ihrer Väter und auch Zikél kam nicht drum herum, sich zu freuen. Dennoch hielt es nicht lange, denn der Gedanke, vielleicht nie eigene Kätzchen zu haben, weil sein Gefährte nicht wiederkehrte, versetzte ihm einen herben Rückschlag, er wurde wieder depressiv und hielt sich im Folgenden fern von seinen kleinen Neffen.
 

~~~
 

Eines Tages kam ein Mann zu ihnen in das Dorf. Er schien ein Reisender zu sein oder etwas Ähnliches und fragte nach Suaresh. "Wo finde ich ihn?" wollte er von dem ersten Tama-i, der ihm begegnete, wissen.
 

Misstrauisch wurde der Fremde beäugt und gleich mit zwei Patrouillen zu der Hütte von Suaresh geführt, nachdem man beratschlagt hatte, ob das eine so gute Idee war. Wie hatte der Mann ihr gut verstecktes Dorf gefunden? Wollte er Böses? Ein Späher feindlich gesinnter Völker? Doch schließlich standen sie vor Suareshs Behausung und der Grau-getigerte trat heraus. "Was ist los? Wer seid ihr?"
 

"Mich schickt Herr Tíllando. Ich soll euch einen Brief überreichen." sagte der offensichtlich nervöse Mann und suchte aus einer seiner vielen Taschen eine Schriftrolle heraus, die mit einem Siegel aus schwarzem Wachs verschlossen war. Es zeigte einen Drachenkopf. Der Mann übergab sie Suaresh mit dem nötigen Respekt, den der Graue ihm allein durch seine Gestalt abverlangte und sah unsicher zwischen den umstehenden Katzenwesen hin und her.
 

Zögernd nahm der Tama-i die Rolle an und starrte einige Augenblicke auf das Siegel. Ein ungutes Gefühl breitete sich in Suareshs Magen aus und er schloss kurz die Augen. Dann hatte er sich wieder gefangen und sah den Mann durchdringend an. "War das alles? Dann kannst du wieder gehen." Er musste den Fremden nicht erst warnen, nichts von diesem Ort zu verraten, denn das würden die Wachen schon übernehmen. Er war viel mehr mit der Nachricht beschäftigt. Mit einer kleinen Bewegung brach er das Wachs und entrollte das Papier.
 

Draußen machte der Mann umständlich klar, dass Herr Tíllando eine Antwort erwartete und er bleiben müsse, bis er diese bekommen hatte, während drinnen zwei Blatt Papier vor Suaresh lagen. Ein Schriftstück und ein Bild.
 

Hadynaseê, geehrter Suaresh!
 

Ich schreibe euch aus Selwia, einer Stadt kaum zwei Tagesreisen südlich eures Dorfes. Und ich habe euch drei ganz entscheidende Dinge mitzuteilen:
 

Das erste und wahrscheinlich Wichtigste ist, dass Mao nach langer Behandlung wieder erwacht ist. Er befindet sich auf dem Wege der Besserung und wird aller Wahrscheinlichkeit nach wieder völlig genesen. Seit einigen Tagen ist sein Körper wieder von Leben erfüllt.
 

Weiterhin - womit ich euch wahrscheinlich die naheliegendste Frage beantworte - war es uns dennoch nicht möglich, ihn zu euch zu bringen. Er ist ängstlich, isst schlecht, schläft kaum - und hat all seine Erinnerungen an das Geschehene und an sein bisheriges Leben verloren. Telis ist im Moment der Einzige, dem Mao sich unbefangen nähern kann, weswegen wir auch den Jungen noch nicht wieder in eure Obhut gegeben haben.
 

Ich möchte euch bitten, Zikél, so ihr es für richtig haltet, wenn nötig zusammen mit einem Vertrauten, hier her zu entsenden. Mao weigert sich, das Zimmer zu verlassen. Er verschließ sich vor der Welt um ihn herum. Und in mir lebt die leise Hoffnung, dass Zikél diesem Zustand ein Ende setzen kann.
 

Zu guter Letzt wurde mir aufgetragen, zu erklären, dass auf dem Bild Mao, Telis und Zikél zu sehen seien. Weiterhin Nitta und meine Person, da wir herzlich dazu eingeladen wurden, mit zu Telis nach Hause zu kommen.
 

Mein Bote ist angewiesen, entweder eine Antwort oder Gesandte eures Stammes zu mir zu bringen.
 

Saîlenné ejowa

Leonidas Tíllando
 

Nachdem er die Zeilen überflogen hatte, sank Suaresh erst einmal auf einen Hocker und atmete tief durch. Ihm fiel ein Stein vom Herzen, auch wenn die Nachricht nicht nur Gutes überbrachte - aber zumindest gab es Hoffnung. Ein kleines Lächeln huschte über die sonst so ernsten Züge, als er sich das Bild näher besah und grobe Ähnlichkeit zu den jeweiligen Personen erkannte. Es machte ihm Mut.
 

Rana betrat den Raum, da er von Anderen gehört hatte, was geschehen war. Nun nahm er seinem Gefährten den Brief aus der Hand und las ihn selbst. "Su! Das ist ja wunderbar! Das müssen wir gleich Zikél erzählen. Er wird überglücklich sein."
 

Bevor der Tama-i hinausstürmen konnte, hielt ihn der Grau-getigerte auf. "Was denkst du, Rana? Ist es das Richtige, ihn dorthin zu schicken? Er ist in so einem schlechten Zustand und Mao geht es auch nicht gut. Was wenn..."
 

"Das können wir vorher nicht wissen und mir ist in erster Linie wichtig, dass Zikél wieder Hoffnung schöpft. Su, er braucht Mao. Ohne ihn geht er kaputt. Lass ihn gehen, es ist das Beste, glaub mir."
 

Wie immer bei solchen Entscheidungen vertraute Suaresh dem Urteil seines Gefährten und ließ Zikél rufen.
 

"Mein Sohn, es ist etwas passiert. Leonidas hat mir einen Brief geschrieben, in dem es um Mao geht."
 

Mehr konnte der Grau-getigerte gar nicht sagen. Sein Sohn entriss ihm mit aufgeregten Händen das Papier und las mit angehaltenem Atem die Nachricht. "Er lebt!" hauchte er und sah langsam auf. "Er lebt!" Das erste Mal seit Monaten erschien auf dem ausgemergelten Gesicht ein Lächeln und der Blaue sprang seinem Kemjal um den Hals. "Wir müssen sofort aufbrechen! Mao braucht mich, wir müssen los. Ich packe schnell alles zusammen."
 

Suaresh hielt ihn auf, bevor er aus der Hütte rennen konnte. Sein Gesicht war sanft und er lächelte mit einer gewissen Ernsthaftigkeit auf seinen Sohn herab. "Wir müssen erst entscheiden, wer mit dir geht. Ich kann als Stammesoberhaupt nicht einfach verschwinden und Rana muss bei Suma bleiben wegen der Kätzchen. Dann bleibt nur noch..."
 

"Worauf warten wir denn noch?" ertönte die tiefe Stimme des schwarzen Katers und Castor lehnte lässig in der Tür. "Ich hab genug von diesem Trauerkloß. Je eher es los geht, desto besser."
 

Lange Reden konnten nicht mehr geschwungen werden, denn Zikél war viel zu aufgeregt. Aus ihm sprudelte regelrecht die Freude und er packte hastig alles zusammen. Castor wurde noch einmal eingebläut, dass er auf seinen Bruder Acht geben sollte und am gleichen Abend zogen sie los.
 

Dank des treibenden Tempos Zikéls brauchten sie kaum ein einhalb Tage. Sie kamen am Nachmittag in der kleinen Stadt an und wieder war es eine Gaststätte, in der Leonidas und Nitta sich einquartiert hatten. Der Bote brachte sie bis vor die Zimmertür seines Auftraggebers, an der er leise klopfte.

Kapitel 16

Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél

Teil: 16/30

Autor: Alaska & BlueMercury

Genre: Fantasy

Warnung: Depri
 

Kommentar: Hier gibt's endlich neues Lesefutter. Ich wünsche allen viel Spaß und haltet durch! Es geht auch mal wieder schneller weiter ^^'
 


 


 

~16~
 

Nitta öffnete, und man hätte fast glauben können, ein kurzes Lächeln auf seinen Zügen entdeckt zu haben. Er bat die beiden Tama-i herein und bezahlte den Boten. Dann begrüßte er beide und bat sie, sich zu setzen.
 

Zikél wäre Nitta fast um den Hals gefallen - fast. Seine Aufregung spiegelte sich deutlich auf dem Gesicht wider, doch man konnte auch die Anstrengung und Sorge sehen.
 

Da Castor den weißhaarigen Mann nicht so gut kannte, hielt er sich in Gefühlsregungen zurück und agierte als stiller Beobachter. Gleichzeitig musste er seinen Bruder aber auch zur Ordnung rufen, da dieser kaum still sitzen konnte. "Hör auf wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Gegend zu rennen. Du hast mich die letzten beiden Tage genug Nerven gekostet, also reg dich ab, verdammt." Hinter der schroffen Art stand wie gewöhnlich nur die Sorge, denn Castor war das alles nicht ganz geheuer. Er rechnete immer noch damit, einen völlig am Boden zerstörten Zikél zurück ins Dorf zu bringen.
 

Nitta bedachte Castor mit einem anerkennenden Blick. Dann erkundigte er sich kurz nach ihrer Reise, doch da Castor wenig gesprächig und Zikél völlig nervös war, kam er doch recht schnell zur Sache. "Leonidas möchte mit dir sprechen, bevor du zu Mao hinein gehst. Er wird gleich kommen." setzte er so die beiden Gäste in Kenntnis, was der Blaue hibbelig zur Kenntnis nahm. "Kann ich euch etwas zu Essen oder zu Trinken anbieten?" wollte Nitta schließlich wissen.
 

Zikél schüttelte den Kopf, Castor nickte. "Ja, am Besten etwas, dass ihn ruhig stellt." grummelte er und verschränkte die Arme vor der Brust.
 

"Ich will aber nichts essen." quengelte der Blaue und rutschte auf seinem Platz hin und her.
 

Castor verdrehte die Augen und packte ihm im Nacken. "Du isst etwas. Seit wir aufgebrochen sind, hast du kaum auch nur ein Stück Brot gegessen! Geschweige denn Fleisch. Du bist viel zu dünn geworden, also wirst du wenigstens jetzt etwas zu dir nehmen, sonst stopf ich es dir eigenhändig rein, klar?"
 

Zikél fauchte nur und schmollte dann, wobei man sehen konnte, dass seine Gedanken schon wieder ganz woanders waren.
 

Nitta verließ den Raum und kam wenig später mit Fleisch, Brot und Früchten zurück. Zudem hatte er eine Karaffe Wasser dabei und etwas, das sehr scharf roch und definitiv Prozente enthielt. "Bedient euch." Er stellte alles vor den beiden Tama-i ab.
 

Kaum, dass er sich wieder hingesetzte hatte, stand auch Leonidas in der Tür und sah anfänglich verwundert, dann erfreut zu seinen Gästen. "Zikél! Willkommen."
 

Castor hatte seinen Bruder gerade dazu bekommen, etwas Fleisch zu nehmen, als dieser auch schon aufsprang und zu dem Neuankömmling lief. "Ich geb's auf... es hat sowieso keinen Sinn..." knurrte der Schwarze und widmete sich nun seiner eigenen Mahlzeit. Dann sollte der Sturkopf doch zusammenbrechen, weil ihm die Kräfte fehlten.
 

"Leonidas! Es freut mich, dich zu sehen! Wie geht es Mao? Kann ich zu ihm? Und Telis? Ist er hier?" bestürmte der Blaue Leonidas gleich mit Fragen und klammerte sich an seinen Arm.
 

Leonidas schob Zikél zurück zu seinem Platz und streifte ihn dort von sich ab. "Alles zu seiner Zeit. Castor, Willkommen." begrüßte er auch den anderen Tama-i. "Mao geht es den Umständen entsprechend. Ja, kannst du, sobald wir geredet haben und ich deinen Besuch angekündigt habe. Und nachdem du was gegessen hast. Telis ist gerade bei ihm. Sie sind beide zwei Zimmer weiter." beantwortete er geduldig die Fragen des Blauen und verschwand unvermittelt wieder in einem anderen Nebenzimmer.
 

"Er zieht sich um..." erklärte Nitta nur kurz und sah Zikél belustigt und abwartend an.
 

Dieser wusste nicht ganz, was er tun sollte und starrte Leonidas nur verwirrt hinterher. "Umziehen? Wieso?"
 

"Klappe, iss." Damit patschte Castor ihm ein großes Stück Fleisch auf den Teller und beschäftigte sich wieder mit seiner Portion. Ihren Gastgeber hatte der Schwarze nur am Rande beachtet, obwohl seine Aufmerksamkeit nie einschlief, während er aß.
 

Widerwillig tat Zikél ein paar Bissen und verzog das Gesicht. Er hatte keinen Hunger und sein Magen rebellierte vor Aufregung. Wenn er jetzt etwas aß, würde er vermutlich gleich alles wieder erbrechen.
 

"Ich zähle bis zehn und wenn der Teller dann nicht leer ist, kannst du was erleben." An dem Tonfall von Castors Stimme erkannte der Blaue, dass sein Bruder es bitterernst meinte. Also beeilte er sich alles aufzuessen, während der Schwarze zählte. "Meine Güte, du bist wirklich anstrengend. Wie ein Kätzchen. Als hätten wir nicht schon genug mit Sumas Brut zu tun."
 

Zikél musste nun doch schmunzeln und knuffte seinen Bruder in die Seite, der nur aufbrummte und weiteraß. Auch den Becher, der ihm gereicht wurde, leere Zikél, wobei er den Geschmack scheußlich fand und seine Kehle danach brannte wie Feuer, sodass er einen halben Krug Wasser hinterher stürzen musste.
 

Leonidas kehrte ohne seine Robe in Hemd und Hose, wie gewohnt, zurück und setzte sich zu den anderen Drei. Er nahm sich ebenfalls etwas zu Essen und knusperte wenig motiviert an einem Stück Trockenfleisch. "Folgendes: Ich halte es für unnötig, in Mao die weniger angenehmen Erinnerungen an sein früheres Leben wachzurufen. Falls er sein Gedächtnis wiederfindet - nun gut. Aber bis dahin sollten wir ihn glauben machen, dass er in eurem Stamm aufgewachsen ist. Ihr beide habt mich besucht, danach habt ihr euer Dorf zerstört wieder vorgefunden. Den Rest der Geschichte kennst du selber. Dich kennt er als einen Freund." Leonidas trank einen Schluck und erzählte weiter. "Er ist sehr schreckhaft. Sei leise und vermeide es, deine Stimme zu erheben. Verunsichere ihn nicht und berühre ihn nicht, solange er das nicht von sich aus tut."
 

Zikél hörte aufmerksam zu und mit jedem Wort wurde sein Gesichtsausdruck trauriger. Es war wie ein Schlag in den Magen nach der übermäßigen Freude. Sicher, Leonidas hatte all das in Kurzform in seinem Brief geschrieben, aber wirklich bewusst war es ihm da noch nicht geworden. Allein die Nachricht, dass Mao aufgewacht war, hatte für ihn gezählt. Aber nun...
 

"Ein Freund? Ich bin nur ein... Freund?" brachte er leise hervor und schluckte. Bei ihrer ersten Begegnung durfte er ihn also weder umarmen, noch küssen, noch an vergangene Zeiten erinnern? "Aber wie..."
 

"Nimm, was du kriegen kannst und sei dankbar." war Castors einziger Kommentar.
 

Mit hängenden Ohren saß Zikél auf seinem Stuhl und von der Freude war kaum noch etwas übrig. Sein Bruder hatte ja eigentlich recht und doch... er hatte sich so lange nach Mao gesehnt, um ihn gezittert. "Gibt es... sonst noch etwas, das ich beachten muss oder kann ich... ihn jetzt sehen?" Mit trüben Augen blickte er zu Leonidas und wünschte sich plötzlich zurück ins Dorf, in die Hütte, in sein Bett, wo er sich verkriechen konnte.
 

"Ja." sagte Leonidas. "Es nimmt ihn sehr mit, dass er sich an nichts erinnert. Er hat starke Schuldgefühle deswegen. Das ist auch der Grund, warum ich ihm nicht gesagt habe, dass es sein Geliebter ist, der ihn besuchen möchte. Es würde ihn wahnsinnig machen, zu wissen, dass er dich geliebt haben soll und nun nichts mehr davon da ist." Leonidas' Blick ließ auf ehrliches Mitgefühl schließen, und als er aufstand, legte er seine Hand auf die Schulter Zikéls. "Ich gehe jetzt zu ihm und sage ihm, dass du da bist." Der Schwarzhaarige ging, und für einen Moment sah er unendlich müde und erschöpft aus. Es war plötzlich so wenig von dem Leonidas über, den Zikél anfangs kennen- und fürchten gelernt hatte.
 

Der Tama-i nickte schwach und sah Leonidas nach. Es war einleuchtend, was der Dracath gesagt hatte, dennoch tat es weh und Zikél wollte nur schreien. "Ich halt das nicht aus." flüsterte er und verbarg das Gesicht in den Händen.
 

"Dann geh nicht rein. Wir brechen auf und gehen zurück nach Hause." Castor schien völlig unbeteiligt und befüllte nur einen Becher mit Alkohol. "Aber dann hör auf rumzujammern und wie eine lebende Leiche rumzulaufen."
 

Zikél starrte seinen Bruder fassungslos an, doch dann nickte er mit einem kleinen traurigen Lächeln. Castor erwiderte es. "Ich weiß, dass ich der Falsche bin, um das zu sagen, aber... hab Geduld. Hör auf an dich zu denken und kümmere dich um deinen Freund. Du hast immer gesagt, er braucht dich. Dann sei jetzt für ihn da."
 

Zikél nickte und stand auf, doch Castor hielt ihn noch einmal zurück. "Hier, trink das. Das wird dir gut tun." Er zwinkerte grinsend und der Blaue schüttelte nur den Kopf, stürzte den Becher hinunter und begann erst mal zu husten. "Jetzt bist du bereit ihn zu treffen." lachte der Schwarze und klopfte ihm auf den Rücken.
 

Plötzlich huschte Telis hinein und wuselte aufgeregt um Zikél und Castor herum.
 

Das Kätzchen machte es Zikél leichter zu atmen und er lachte glücklich auf, als der Junge ihm um den Hals fiel.
 

"Zikél! Ich hab dich schon so vermisst!"
 

Er schloss den Kleinen in den Arm und drückte ihn fest an sich. "Ich dich auch, Kätzchen. Geht es dir gut, ja? Alles noch dran?" Er tat als untersuche er, ob Arme und Beine noch an ihrem Platz waren und kitzelte Telis dabei ordentlich durch. Der Junge quietschte vergnügt und machte es dem Blauen somit einfacher, sich unbekümmert zu geben.
 

Zikél setzte den strahlenden Jungen ab und schob ihn zu Castor, der sich gleich seiner annahm und sich von ihm necken ließ.
 

Dann tauchte Leonidas wieder auf und wies dem Blauen den Weg auf den Gang. "Die rechte Tür."
 

Mit wild klopfendem Herzen ging Zikél an Leonidas vorbei, warf ihm noch einen kurz Blick zu und durchquerte die zwei Räume, bis er vor der ihm gewiesenen Tür stand. Sein Magen zog sich zusammen und die Knie fühlten sich an wie Butter. Ein letztes Mal wurde tief durchgeatmet, dann drückte er die Klinke runter und öffnete langsam die Tür.
 

Es war hell. Die Sonne warf ihre Strahlen in das Zimmer und tauchte es in warmes, freundliches Licht. An einem offenen Fenster saß Mao, die Gestalt abgemagert und ausgezehrt. Und doch lächelte er dem Blauen entgegen. "Hallo Zikél." ertönte die leise Stimme des Braunen.
 

Sein Körper war in eine leichte Decke gewickelt und er saß mit dem Rücken zur Wand und dicht an den Körper gezogenen Beinen auf dem breiten Fensterbrett. Neben ihm auf einem Stuhl stand ein kaum angerührtes Mittagessen und ein Glas Wasser. Außerdem lag dort Leonidas' Flöte.
 

Mao sah Zikél an und sein Blick war warmherzig und sanft, wie man es von ihm kannte. Nur trauriger. Viel trauriger.
 

Für einen Moment verschlug es ihm die Sprache und es kostete ihn viel Überwindung, nicht einfach auf den Tama-i zuzustürmen und ihn in seine Arme zu reißen. Angestrengt lächelte Zikél, versuchte die Unbekümmertheit, die er bei Telis empfunden hatte, aufrecht zu erhalten. "Hallo Mao, schön dich zu sehen." brachte der Blaue in freundlichem Ton zurück. Er versuchte, den Schrecken über den Anblick zu verstecken, denn Mao sah wirklich nicht gut aus. Sein Beschützerinstinkt schrie laut auf, aber Zikél hielt sich zurück. Langsam schloss er die Tür und trat auf den Braunen zu. Es tat weh, ihn so verletzlich zu sehen und ihm nicht helfen zu können. "Wie... wie geht es dir?"
 

"Gut, denke ich." Er wiegte leicht den Kopf hin und her und wirkte plötzlich ertappt. "Zugegeben, es könnte wohl besser sein..." Der Braune schlug den Blick nieder und knibbelte unruhig an irgendwas herum. Erst auf den zweiten Blick erkannte Zikél den Anhänger, den er Leonidas für Mao mitgegeben hatte.
 

Er lächelte schief und deutete auf den Anhänger. "Leonidas hat ihn dir also gegeben. Das ist gut. Er soll dich beschützen. Ich habe extra einen blauen Stein gewählt, weil du Wasser doch so magst." Unsicher trat er noch näher an das Fenster und somit auch Mao.
 

Mao betrachtete ihn, schien aber damit einverstanden. "Du hast ihn ausgesucht? Leonidas meinte, er wäre ein Geschenk von meinem Liebsten gewesen..."
 

"Ähm... ja... das war es auch..." Panisch suchte er nach einer Ausrede und schluckte schwer. Warum hatte er auch so etwas Dummes gesagt? Er hätte vorher mehr mit Leonidas besprechen sollen. "Ich habe den Stein gefunden und ihm gegeben. Für dich. Also... weil wir doch Freunde sind, dachte ich... er passt zu dir... und ihm hat er auch gefallen..." Die Lüge schmeckte bitter und Zikél betete in Gedanken, dass Mao irgendetwas aus seinem Gestottert verstanden hatte.
 

Der Braune nickte langsam. "Ich erinnere mich nicht einmal an seinen Namen. An nichts. Da ist nichts, gar nichts, kein Gesicht, kein Geräusch, nicht einmal ein Name, kein Name..." Maos Gestalt zog sich zusammen, als würde ein Krampf seinen ganzen Körper erfassen. Er hatte die Hände vor sein Gesicht geschoben und ballten sie dort zu Fäusten. Er rang mit seiner Fassung und gewann, behielt sie und entspannte sich wieder. Einmal atmete er hörbar ein und aus, dann versuchte er sich erneut an einem Lächeln. "Setz dich doch." Er stand auf und ging langsam zum Bett hinüber, setzte sich an dessen Kopfende im Schneidersitz hin und bot Zikél den Platz neben sich an.
 

Mit zitternden Knien folgte er der Aufforderung und war froh sitzen zu können, da er sonst wahrscheinlich einfach auf dem Boden zusammen gebrochen wäre. Dieser kurze Verzweiflungsausbruch hatte ihm schier das Herz zerrissen. Nur mit Mühe und Selbstbeherrschung konnte Zikél seine Hände bei sich behalten. Ihn umarmen, halten. Nur ein mal. Nur ein mal...
 

Doch er tat es nicht, sondern setzte sich nur ruhig neben den Braunen, so dicht, wie er es für richtig hielt, und lächelte ermutigend. "Lass dir Zeit. Deine Erinnerungen kommen bestimmt bald zurück. Du musst dich nur ausruhen und zu Kräften kommen. Deshalb musst zu auch ordentlich essen, weißt du?"
 

"Das solltest du wohl auch, wenn ich dich so ansehe..." gab Mao zurück und betrachtete Zikél. "Du fühlst dich nicht wohl, nicht wahr?"
 

"Was? Nein! Ich... mir geht's gut... ich... nein, das ist es nicht. Die Reise war nur anstrengend, wir haben kaum gerastet." Zikél verwünschte sich in Gedanken, dass er Mao schon wieder anlog. "Ich wollte dich so schnell es geht wieder sehen. Ich hab mir schreckliche Sorgen um dich gemacht."
 

"Leonidas meinte schon, dass du ziemlich mitgenommen wärst..." Mao sah wieder aus dem Fenster. Die Welt da draußen war ihm so fremd. Nicht, was er kannte, nur dieser Raum und eine Hand voll Leute. Er hatte Angst. Müde ließ er sich zur Seite fallen und rollte sich zusammen. Sein Blick klebte noch immer am Fenster, sein Ohren berührten, wenn sie zuckten, das Bein Zikéls.
 

Der Blaue schloss die Augen und brauchte einen Augenblick, um sich zusammenzureißen. Das letzte Mal, als Mao so gelegen hatten, hatte er sich zu ihm gelegt und sie hatten sich aneinander geschmiegt. Voller Vertrauen. Und das sollte nun alles verloren sein?
 

Vorsichtig streckte Zikél eine Hand aus. Er wollte ihn nur einmal kurz berühren. Ein einziges Mal spüren, dass Mao wirklich da war. Dass das kein Albtraum war. Seine Fingerspitzen berührten den Rand des Ohres und fuhren daran entlang.
 

Mao Ohr zuckte heftig, ebenso wie der Rest des Jungen. Wieder dieses krampfhafte zusammenziehen und ein erschrockenes Fiepen. Mao schoss hoch, sah Zikél panisch an. "Ich... es tut mir leid, ich hab mich nur erschrocken, alles in Ordnung, bitte... bitte sei mir nicht böse..." brabbelte Mao erst aufgebracht, dann immer müder werdend.
 

Auch Zikél schreckte zurück und presste seine Hand an die Brust. Er sah nicht minder entsetzt aus und ihm war einfach nur zum Heulen. "Nein, es war meine Schuld. Entschuldige bitte. Ich hätte dich nicht so einfach... berühren sollen. Ich bin dir nicht böse..." Er hob besänftigend die Hände und lächelte schwach. "Das könnte ich nie.." Die Worte und Ratschläge Leonidas' hallten in seinem Kopf wieder und er hämmerte sie sich ein und biss sich auf die Lippe. "Es tut mir leid. Ich habe dich nur so lange nicht gesehen, da... hat es mich einfach überkommen. Ich werde dich nicht wieder erschrecken..." Vorsichtshalber rückte Zikél unauffällig von Mao ab, damit er ihn nicht zufällig berühren konnte.
 

Mao sah Zikél traurig an. "Ich will mich ja gar nicht erschrecken..." protestierte Mao schwach. "Bitte geh nicht..." Es war eine eigentümliche Vertrautheit, die er Zikél gegenüber spürte. Ganz ähnlich der, die ihn mit Telis verband. Wenn Telis da war, erschreckte er sich kaum.
 

Mao zögerte, streckte dann aber eine Hand nach Zikél aus. Seine Finger tasteten vorsichtig über Ober- und Unterarm des Anderen. "Warne mich nächstes Mal einfach vor, ja? Gib mir Zeit, mich darauf einzustellen." Unsicher stich er mit seinem Fingerspitzen über den Handrücken Zikéls.
 

"Alle Zeit der Welt." versprach er leise und folgte der forschenden Hand mit den Augen. Sie wirkte zu zart und zerbrechlich. Und gleichzeitig zu verführerisch. Der Blaue hob langsam die Hand, blieb immer mit Maos verbunden und legte schließlich ihre Innenflächen aneinander, die Finger verschränkt. Dabei sah er immer wieder in das Gesicht des Anderen, um die Reaktion vorausahnen zu können.
 

Die Finger des Braunen waren kühler als seine eigenen und Zikél schloss für einen Moment die Augen, um diese wertvollen Sekunden auszukosten. Um Mao zu fühlen, ihn in sich aufzusaugen. Ich liebe dich... ich wünschte, ich könnte es dir sagen... ich liebe dich, Mao. Doch diese Worte blieben in seinem Kopf verschlossen.
 

Maos Kopf ruckte rum. "Hast du was gesagt?" Ihm war so, als hätte er etwas gehört. Aber irgendwie schien es ihm schrecklich unwichtig im Vergleich zu dem, was er da gerade mit Zikél tat. Er betrachtete ihre beiden Hände, legte den Kopf schief und fand es nach einer Weile richtig lustig. Zikéls Hand schien ein Eigenleben zu haben. Genau wie die seine. "Wie heißt er?" wollte Mao beiläufig wissen.
 

Zikél dachte gar nicht mit. Er konzentrierte sich nur auf ihre Berührung, auf seinen Daumen, der zärtlich über den Handrücken Maos fuhr. Er konzentrierte sich auf die Wärme, die sie austauschten, auf jede Kleinigkeit. Auf seinen Lippen lag ein seliges Lächeln und der Blaue hatte das Gefühl aufzutanken. Mao schien ihm neue Energie allein durch diese Art der Verbundenheit zu geben. Deshalb achtete er auch kaum auf die Worte. "Wer?"
 

"Mein Namuri..." antwortet Mao und sah dann auf. "Das bedeutet Geliebter..." Einen Moment wusste er diese Erkenntnis nicht einzuordnen, doch dann lächelte er, sah für einen Moment richtig Glücklich aus. "Mir fallen immer solche Kleinigkeiten ein. Manchmal merke ich es gar nicht, erst Tage später."
 

Anstatt sich mit Mao zu freuen, starrte Zikél ihn nur fassungslos an. Er war aus seiner Trance gerissen worden und saß nun zitternd im kalten Wasser. "Das ist... toll. Das freut mich für dich." Zu mehr war er nicht im Stande. Verzweifelt versuchte er, sich eine Ausrede einfallen zu lassen, einen Namen, irgendetwas. Aber in seinem Kopf herrschte gähnende Leere. Unbemerkt drückte er die Hand des Braunen fester. Ich bin es! Ich bin es! Warum erkennst du mich nicht? schrie es in Zikéls Inneren, doch er brachte keinen Ton heraus.
 

Mao drückte ebenfalls ein bisschen die Hand des Anderen. "Es ist auch egal, wie er heißt. Solange mir sein Name nicht einfällt..." Mao legte sich wieder hin, rollte sich dicht neben Zikél zusammen, ohne dessen Hand loszulassen. "Ich will ihn auch nicht sehen. Für mich wäre er nur ein weiterer Fremder, den ich nicht erkenne und zu dem ich die Gefühle, die ich hegen müsste, nicht spüre... aber für ihn wäre es bestimmt ein schreckliches Gefühl, wenn ich ihn nicht erkenne... so geht es ja schon dir..." überlegte Mao laut. Nein, seinen Geliebten wollte er erst sehen, wenn er sich an ihn erinnert hatte.
 

Ohne es zu wissen, erfand der Braune gerade eine neue Art der Folter. Es fühlte sich an, als stieße er immer wieder mit einem Messer in Zikéls Herz und drehte es dabei. Mit leerem Blick sank er neben Mao aufs Bett und starrte an die Decke. Könnte es noch schlimmer werden? Nein, er glaubte es nicht. Das war das Grausamste, was er sich vorstellen konnte.
 

"Ja, es ist wohl besser, wenn ihr euch nicht seht. Es wäre für ihn die Hölle, so erspart es allen Kummer." Sein Griff wurde immer fester und Zikél drückte sein Gesicht gegen Maos Hand. Es sollte endlich aufhören weh zu tun. Warum konnte es nicht aufhören? Qualvoll verdrängte er die aufsteigenden Tränen und kniff nur die Augen fest zusammen. Was hatten sie nur getan, dass sie so eine Strafe verdienten?
 

"Darf ich... darf ich dich umarmen?" wollte Mao leise wissen.
 

Langsam öffnete Zikél die Augen und blickte den Tama-i an, als hätte er in einer fremden Sprache gesprochen, doch dann streckte der Blaue einfach nur die Arme aus. Das vorher noch so beherrschte Gesicht verzog sich und er merkte, wie die Dämme risse bekamen.
 

Mao stürzte sich förmlich in die Arme des Blauen, presste ihn an sich, hielt sich an ihm fest. Er wusste nicht, warum, aber er spürte einen Knoten in seiner Brust, der zu schmerzen Begann und ihm die Luft abschnürte. Es war kaum erträglich, doch der andere Tama-i gab ihm Halt. Er fühlte sich das erste mal, seit er wieder erwacht war, zuhause. Stumm bahnten sich Tränen ihren Weg über sein Gesicht, versickerten in Zikéls dichtem Fell.
 

Auch der Blaue konnte sich nicht mehr halten. Er drückte Mao so dicht an sich, als habe er Angst, ihn im nächsten Moment wieder zu verlieren. Sein Körper, sein Herz, sein gesamtes Sein schrie nach diesem Geschöpf in seinen Armen und Zikél schluchzte unterdrückt auf. "Mao..." hauchte er und konnte gar nicht mehr aufhören zu weinen. Es war eine Mischung aus Erleichterung, Freude, Verzweiflung und Schmerz, die sich nun ihren Weg bahnten und ihn mitrissen. Sein Wunsch war in Erfüllung gegangen, es war wie ein Traum. Sein Geliebter lag in seinen Armen, an seinen Körper. Er konnte das Beben der Schultern spüren, süße Wärme der Tränen in seinem Fell. "Mein Mao..."
 

Plötzlich war da wieder etwas... Mao hatte eine Ahnung von dem, was einst gewesen war. Die Art, wie Zikél ihn hielt, und mit ihm sprach kam ihm so vertraut vor, so... richtig. "Er heißt Zikél..." wisperte der Braune schwach, gelähmt von dieser Erkenntnis. Es war nicht so, dass er sich erinnerte, es war vielmehr die Situation, der er jetzt gegenüber stand, die ihn in seiner Vermutung bestärkte. "Mein Namuri..."
 

Augenblicklich wurde Zikél steif und jeder Muskel seines Körpers war angespannt. Erinnerte sich Mao an ihn? Oder war es nur ein Fetzen, der aufgetaucht war und nichts weiter, als einen Namen Preis gegeben hatte? Wortlos drückte er Mao noch fester an sich und vergrub das Gesicht an seiner Schulter. Die Angst schnürte ihm die Kehle zu, sodass er keinen Ton herausbrachte. Aber was hätte er auch sagen können?
 

Also stimmte es. Mao sank förmlich in sich zusammen, lag auf Zikél wie eine leblose Puppe. Er war verwirrt und verletzt und wütend, auf sich und auf die Welt, die sich ihm so schrecklich fremd präsentierte. Er fühlte sich müde und erschöpft und schloss die Augen. Es gab keinen Zikél, keine gelöschten Erinnerungen mehr, nur noch Wärme und Leben unter ihm und ein Gefühl von Zuhause.
 

Auch Zikél schloss die Augen, allerdings wurden ihm die Gefühle versagt. Natürlich war es unglaublich schön, Mao so halten zu können. Dennoch quälte es ihn auch. Die Verzweiflung und Angst des Braunen traf ihn mitten ins Herz und die Hilflosigkeit machte ihn halb wahnsinnig. Doch er würde nichts sagen, er würde Mao nicht bedrängen, sondern einfach weiter still halten und den Schmerz ertragen. Mit trägen Bewegungen strich er über seinen Rücken und kraulte durch die Nackenhaare, wie er es früher immer getan hatte. Ihn einfach nur halten... das war mehr, als er sich erhofft hatte.
 

Eine ganze Weile blieb Mao noch so liegen, gab sich diesem ganzen Gefühlschaos hin und wurde dabei immer ruhiger. Doch irgendwann setzte er sich wieder auf, raffte die Decke um seinen Körper und sah auf dem Fenster. Es war seine einzige Verbindung zu der Welt dort draußen. "Wie lange bleibst du?"
 

Er fühlte sich etwas beraubt, als Mao sich ihm entzog und fröstelte leicht. Es war nicht kalt im Zimmer, doch in seinem Inneren schien tiefster Winter zu sein. Traurig und mit hängenden Ohren sah er seinen Geliebten an. "Solange ich darf." gab er leise zurück und zog die Beine an die Brust, um den Kopf auf ihnen abzulegen.
 

"Dann liegt es an Leonidas..." stellte Mao nur fest. Sein Blick verlor sich draußen, wo der Tag langsam zu neige ging. "Magst du mir von uns erzählen?"
 

Zikél wusste nicht, ob das eine so gute Idee war. Es konnte ihm zu leicht passieren, dass er sich verplapperte. Dennoch wollte, konnte, er Mao diese Bitte nicht abschlagen. Der Braune wollte sich so sehr an etwas erinnern. "Nun ja, was willst du denn wissen? Wir sind in unserem Dorf aufgewachsen und haben immer miteinander gespielt. Unsere... Familien sind befreundet, Nachbarn. Nachdem wir von Leonidas Besuch zurück gekommen sind, war alles völlig zerstört, aber jetzt sieht es fast so aus wie früher." Um seine Unsicherheit zu überdecken, lächelte er freudig. "Suma hat geworfen. Das ist mein zweiter Bruder. Die Kätzchen sind alle gesund und munter. Daikan, sein Namuri, muss ihm beim säugen immer helfen, weil nicht genug Platz für vier da ist. Zwei bekommen dann immer die Flasche."
 

Mao nickte. Obwohl er nicht verstand. Die Namen waren ihm fremd. "Ich meine... wie hat das mit... mit uns beiden angefangen?" Mao sah Zikél an. "Ich erinnere mich nicht. Ich weiß nicht, wie lange wir zusammen waren, wie wir zusammen gekommen sind..."
 

Gequält blickte Zikél auf die Laken und biss sich auf die Unterlippe. Er hasste es, Mao anzulügen, das würde den Anderen nur noch mehr verletzten, wenn er sich irgendwann erinnerte. Und war es ihm nicht auch unfair gegenüber ihm falsche Erinnerungen zu geben? "Ich weiß nicht, wann es angefangen hat. Aber nachdem wir von Leonidas zurück kamen und alles verwüstet vorgefunden haben... danach haben sich meine Gefühle für dich... verändert. Vielleicht lag es daran, dass ich dich beschützen wollte, nachdem unser Dorf entführt wurde. Jedenfalls sind wir uns bei der Rettung näher gekommen..." Zikél versuchte das Bild zu verdrängen, als er Mao und Leonidas im Bett erwischt hatte. Eigentlich war es erst danach ernster zwischen ihnen geworden.
 

"Das ist ja noch gar nicht so lange her..." lächelte Mao. Lächeln, immer lächeln. Was anderes blieb ihm auch nicht übrig. "Ich habe das Gefühl, dich zu kennen. Und ich fühle mich wohl in deiner Gegenwart. Ich weiß auch nicht, aber Leonidas und Nitta erschrecken mich mehr, wenn sie hier sind."
 

Zikél grinste breit. "Na ja, vor den Beiden kann man ja auch nur erschrecken. Nitta ist ein Riese und Leonidas' Ausstrahlung lässt einem manchmal das Blut in den Adern gefrieren." Eigentlich wollte er die Stimmung etwas auflockern, einen Witz machen, doch gelingen tat es ihm nicht wirklich. "Aber das ist auch nicht so wichtig. Ich bin froh, dass du... dich an mich... erinnerst. Oder dich wenigstens wohl fühlst mit mir. Die letzte Zeit war schrecklich ohne dich."
 

"Es tut mir leid." Etwas unsicher kratzte Mao sich an seinem Hals. "Ist Telis bei den anderen Beiden?" wollte er dann wissen.
 

"Ja, na ja, vorhin hat er mit Castor gespielt. Das ist mein erster Bruder." gab Zikél nervös zurück. "Willst du... zu ihm? Zu Telis?"
 

"Ich wollte nur wissen, wo er ist." Peinliches Schweigen breitete sich aus. Castor... wieder ein Name, den Mao noch nie zuvor gehört zu haben schien.
 

Wortlos nickte er und überlegte, was er als nächstes sagen konnte. Wenn er nur nicht solche Angst davor hätte, etwas falsch zu machen. "Du magst ihn sehr, oder?"
 

"Schon, ja. Er lässt einem aber auch keine andere Wahl. Und er behandelt mich nicht wie einen Kranken. Er erzählt mir immer, dass ich gar nicht so vergesslich sein kann, weil ich ja noch so jung bin." Da musste der Braune nun doch grinsen. "Ich verstehe vieles von dem, was er mir erzählt nicht, aber das kommt sicherlich noch."
 

"Da bin ich sicher. Telis und ich werden dir helfen." Das Lächeln war ehrlich und aufmunternd. Zikél war fest davon überzeugt, dass Mao irgendwann wieder alles wissen würde und dann würde er ihm beistehen und Halt geben.
 

"Ihr Beiden seid euch gar nicht so unähnlich. Er kann sich auch an einiges nicht erinnern, weißt du. Er hat bei dem Überfall auf das Dorf seinen Kemjal verloren. Sein Mekjahor ist schon vor ein paar Jahren gestorben und er hat seinen Verlust noch nicht überwunden. Deshalb meinte Leonidas, dass es das beste wäre, ihm diese Erinnerungen erst einmal zu nehmen. Wenn er alles wieder weiß, braucht er viel Zuwendung und bis jetzt hatten wir weder Zeit noch Kraft uns so um ihn zu kümmern. Aber ich werde jetzt für ihn sorgen und auf ihn aufpassen. Er wird es gut bei... uns haben." Schüchtern sah er Mao an und lächelte vorsichtig.
 

"Wir wollen ihn aufnehmen?" Mao nickte langsam. Der Gedanke daran, dass es ein einfacher Zauber ist, der Telis' seine Erinnerungen nimmt, machte ihn traurig. Er wünschte sich, es wäre bei ihm das Gleiche. "Vielleicht solltest du jetzt gehen."
 

Auch wenn sich alles in ihm dagegen sträubte, nickte Zikél und stand langsam auf. Er wollte nicht von Mao weg, er wollte bei ihm bleiben, ihn im Arm halten, aber wenn der Braune ihn wegschickte, würde er gehen. "Wie du willst. Soll ich Telis reinschicken?"
 

"Nein. Ich möchte allein sein..." Mao stand ebenfalls auf und bezog wieder seinen Platz am Fenster.
 

Mit einem letzten Nicken verließ der Tama-i den Raum und kehrte zu den Anderen zurück.
 

Nachdem die Tür geschlossen war, blieb er einfach dagegen gelehnt stehen und lächelte sie traurig an. Zikél bemerkte gar nicht, wie ihm die Tränen über die Wangen liefen.
 

Zwei Zimmer weiter begann auch Mao wieder, zu weinen. Er spürte, dass da was war, irgendwas in seinem Inneren sagte ihm, dass er Zikél kannte, aber seine Erinnerungen kamen und kamen nicht zurück zu ihm. Er konnte sich ja noch nicht einmal an sich selber erinnern. Am liebsten wäre er aus dem Fenster gesprungen, um dieser fremden Welt ins Gesicht zu spucken. Doch stattdessen zog sein Körper sich wieder zusammen und die Tränen flossen kalt über seine Wangen.
 

"Ich durfte ihn sogar umarmen, ihn halten..." erzählte er ungefragt mit brüchiger Stimme. "Warum fühlte ich mich dann nur so schrecklich allein?"
 

Leonidas war aufgestanden und ging auf Zikél zu. "Komm, setz dich." Damit legte er einen Arm um den Jungen und zog ihn mit sich zu einem der Sofas.
 

Bereitwillig ließ er sich führen und sank kraftlos auf die Polster nieder. Sofort vergrub er das Gesicht in den Händen und weinte lautlos. Castor, der die ganze Zeit mit Telis gespielt hatte, sah seinen Bruder besorgt an. Das konnte nicht lange gut gehen. Er wusste nicht, in welcher Verfassung Mao war, aber Zikél würde dieser Belastung sicherlich nicht mehr lange Stand halten. Er war jetzt schon krank.
 

"Ich will ihm doch helfen, aber ich weiß nicht wie. Er hat sich an den Namen seines Geliebten erinnert. An meinen Namen! Warum fällt ihm der Rest nicht auch ein? Für einen Moment dachte ich wirklich... es wäre wie früher."
 

Nitta verschwand. Leonidas nahm Zikél in den Arm, legte eine seiner Hände gegen seinen Hinterkopf und sprach lautlos einige Worte. Der Blaue sank in seinem Arm zusammen, in einen festen, erholsamen und vor allem traumlosen Schlaf gefangen.

Kapitel 17

Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél

Teil: 17/30

Autor: Alaska & BlueMercury

Genre: Fantasy

Warnung: eigentlich keine ^^'
 

Kommentar: Nach so langer Zeit geht es endlich weiter und ich möchte mich bei allen Lesern entschuldigen, dass es so lange gedauert hat. Aber jetzt ist mein Abistress endlich vorbei, ich habe bestanden *fähnchen schwenk* und nun auch wieder Zeit und Lust die nächsten Kapitel beta zu lesen. Wie in meinem Weblog schon erwähnt, sind die nächsten Teile allein von mir überarbeitet, weil Blue gerade...irgendwie verschollen ist >_< Nein, sie hat keine Zeit, deshalb teile ich die Sachen ein. Deswegen kann ich auch nicht versprechen, dass es 30 Kapitel werden, weil ich eigentlich längere Teile vorziehe und sie mir bis jetzt immer zu kurz waren. Gut, dieses ist jetzt nicht wirklich lang, aber ich versuche eben doch irgendwie an die 30er Grenze zu kommen ^^

An dieser Stelle möchte ich mich auch einmal ganz herzlich bei allen Kommischreibern bedanken, die so viel Geduld haben und trotz der langen Wartezeit noch Freude an dieser Geschichte haben. Ab jetzt wird alles besser, ich verspreche es! Ein spezieller Dank geht noch an Ulysses, der dieses Kapitel Korrektur gelesen hat und es hoffentlich auch weiterhin tun wird *fg*

Jetzt aber viel Spaß und bis bald!
 


 


 

~17~
 

"Er muss sich ausruhen." erklärte Leonidas knapp und ließ den Tama-i unnötig behutsam in die Kissen zurück sinken - denn er würde erst erwachen, wenn Leonidas den Zauber von ihm nahm.
 

Nitta kam wieder, eine Decke in der Hand. Er breitete sie über Zikél aus und setzte sich zu den Anderen.
 

"Wie lange bleibt ihr?" wollte dann Leonidas von Castor wissen.
 

Dieser sah ihn noch misstrauisch an, denn die Magie des Mannes war ihm nicht geheuer, weder jetzt, noch vorher im Wald bei ihrer Rettung. Er ließ Zikél nicht aus den Augen, löste sich sogar von Telis, um ihn sich näher zu betrachten und zu erschnuppern, ob sich etwas verändert hatte. Doch sein Bruder schien wirklich nur zu schlafen. Mit einem liebevollen Anschmiegen seiner Wange an die des Blauen ließ er ihn wieder in Ruhe.
 

"Ich weiß nicht, was Zikél vor hat. Meine Väter haben mich nur mitgeschickt, um auf ihn zu achten und im Notfall zurückzubringen, wenn etwas mit Mao schief geht. Ansonsten liegt es allein bei ihm...oder Mao." Nach einem kurzen Blick in die dunklen Augen des Dracath fügte er noch leiser hinzu: "Oder dir."
 

Telis krabbelte wieder auf seinen Schoß und kuschelte sich verwirrt an ihn. Diese Ernsthaftigkeit gefiel ihm gar nicht.

"Ist Zikél krank?" Große Augen sahen zu dem schwarzen Tama-i auf.

"Nein, er schläft nur. Er ist erschöpft. Es wird ihm bald besser gehen." Castor strich ihm beruhigend über den Kopf und lächelte, was ihm die übliche Härte und Genervtheit nahm und eine ganz andere Seite enthüllte.
 

Leonidas nickte. Nitta stand auf, hob Zikél von dem Sofa und legte ihn an der anderen Seite des Raumes auf eine schmale Liege. Seinen Kopf bettete er auf ein Kissen, dann verschwand der Tradon wieder.
 

"Was ist mit dir? Würdest du Mao einen Besuch abstatten wollen? Vielleicht mit Telis?" wollte Leonidas, der sich wieder gesetzt hatte und einen Schluck aus einem filigran gearbeiteten Kelch nahm, wissen.
 

Castor schien seine Zweifel zu haben, denn eigentlich kannte er Mao nicht, jedenfalls nicht bei Bewusstsein und er vermutete den Anderen nach Zikéls Besuch ebenso verwirrt. Doch Telis war von dieser Idee begeistert und hopste auf seinem Schoß herum.

"Ja! Komm mit zu Mao, dann können wir alle zusammen etwas spielen!" Er krabbelte von Castor und zog diesen an der Hand.

"Komm! Komm!" Der Schwarze sah Leonidas lauernd an.

"Glaubst du, das ist das Richtige? Ich habe nichts dagegen den Gefährten meines Bruders kennen zu lernen, aber ich mache mir Sorgen um seine Reaktion auf einen Fremden."
 

"Ich machen mir Sorgen wegen der Tatsache, dass er seit Wochen alleine in einem kleinen Zimmer sitzt, sich nur mit Telis beschäftigt und sich weigert, sein Zimmer zu verlassen..." konterte Leonidas. "Ich glaube, es ist besser, als gar nichts zu tun."
 

Castor wirkte grimmig, doch grinste eigentlich, ob der Entgegnung. Er nickte dem Mann einmal zu, nahm Telis bei der Hand, der ihm mittlerweile fast den Arm auskugelte durch sein Ziehen und ließ sich von ihm führen.

An der Tür klopfte er zwar, wartete jedoch nicht, sondern trat einfach ein. Der kleine Katzenjunge trennte sich sofort von ihm und lief zu Mao.

"Mao! Mao, guck mal, du hast noch mehr Besuch. Das ist Castor, Zikéls Bruder." Das Gesichtchen strahlte den Braunen erwartungsvoll an.
 

Mao, der immer noch etwas verweint auf seinem Fensterplatz saß, freute sich sichtlich ob seines kleinen Gastes. Er öffnete die Arme und drückte Telis einen Moment an sich, dann sah er auf zu Castor. "Hallo." begrüßte er ihn typisch freundlich, legte allerdings den Kopf schief und musterte Castor etwas irritiert.
 

"Dich kenne ich nicht." stellte er fest und schien selbst am verwirrtesten über diese Tatsache zu sein. Es war nicht so, dass er sich nicht an Castor erinnern konnte... Leonidas, Nitta, Zikél und Telis - sie alle kannte er irgendwie, obwohl er sich nicht an sie erinnern konnte, doch Castor... Castor war ihm völlig fremd.
 

Trotzdem bot er ihm an, sich zu setzten. "Natürlich kenne ich dich nicht." wiederholte er etwas scherzhafter und grinste unsicher.
 

Einige Augenblicke hatte er die Beiden beobachtet und dann nur die übliche recht undurchsichtige Miene aufgesetzt. Castor nahm Platz und blickte sich im Raum um.

"Du kannst mich auch nicht kennen. Ich kenne dich auch nur vom Sehen. Ich habe damals auf der Flucht, als wir im Wald waren, Zikél immer von deiner Ruhestätte weggezerrt, damit er sich auch mal mit etwas Anderem beschäftigt. Du lagst nur halbtot da. Aber es freut mich trotzdem dich kennen zu lernen. Zikél hat viel von dir erzählt."
 

Mao runzelte die Stirn. "Du lebst nicht im Dorf?" wollte er wissen, während er Telis den Nacken kraulte.
 

Etwas verwirrt über diese Frage runzelte Castor die Stirn und schüttelte den Kopf.

"Natürlich wohne ich im Dorf. Aber in letzter Zeit auch vor dem Überfall war ich oft bei einem anderen Stamm, weil dort mein Namuri lebt." Zikél hatte ihn nicht über den neuesten Stand der Dinge und ihre gemeinsame Geschichte aufgeklärt, weshalb der Schwarze auch sehr irritiert wirkte.
 

Mao nickte. "Ach so..." Er betrachtete den Anderen eindringlich. Ihm war unwohl in dessen Gegenwart, irgendwie, aber zum Glück war Telis da. "Und du hast Zikél hierher begleitet?"
 

„Ja. Er hätte den Weg wohl kaum allein geschafft. Außerdem hätte ihn Jalla nicht gelassen ohne Begleitung, weil er nie seine Grenzen kennt, wenn ihm etwas wichtig ist.“ Er schenkte Mao einen bedeutungsvollen Blick.
 

Maos Miene verfinsterte sich. "Es muss ihn sehr viel Kraft kosten, mich zu besuchen." Das war mehr eine Feststellung, denn eine Vermutung, und Maos Ohren sanken ein ganzes Stück tiefer. Er fühlte sich unwohl. Durch seine Unwissenheit tat er so vielen weh. So vielen...

"Wie geht es ihm?" fragte er schließlich, obwohl er sich gar nicht so sicher war, ob er wirklich eine Antwort auf diese Frage haben wollte.
 

Castor beobachtete schweigend das Mienenspiel des Katers und überlegte, ob er ihm wirklich die Wahrheit sagen sollte. Er wollte Mao weder ein schlechtes Gewissen, noch Vorwürfe machen, aber hatte er nicht auch ein Recht darauf alles zu erfahren?

"Nun ja, im Moment schätze ich mal gut, denn Leonidas hat ihn einschlafen lassen. Ansonsten...du hast ihn doch selbst gesehen. Er ist zu dünn, weil er kaum isst, es sei denn, man zwingt ihn. Er hat Ringe unter den Augen, weil er sich jede Nacht unter Albträumen hin und her wälzt, was mich immer ganz wahnsinnig macht. Und er ist oft in Gedanken, starrt vor sich her, als würde er auf die Erleuchtung warten. Ich kriege ihn nicht mal zu einem Trainingskampf, weil er weder Kraft noch Lust dazu hat." Der Schwarze erzählte alles mit einer fast teilnahmslosen Stimme, die seine Sorge um seinen Bruder verbarg. Es war geradezu ernüchternd.
 

Die Ausführungen des Katers stachen in Maos Brust und er wandte verletzt den Blick ab und starrte aus dem Fenster. "Wäre ich nur gestorben..." wisperte Mao kaum hörbar. So hatte er sich sein Leben bestimmt nie vorgestellt. Alles, was sein Leben im Moment ausmachte, waren Schmerz, Trauer, Wut und vor allem Angst. Angst, andere zu verletzen, Angst davor, sich der Welt, die ihm so fremd war, zu nähern. War da der Tod nicht die bessere Alternative?

Einmal mehr fragte er sich, warum er sich nicht einfach aus dem Fenster auf die belebte Straße fallen ließ. Einfach so... doch in seinem Inneren sträubte sich etwas dagegen, schwach, aber solange dort etwas war, würde er wohl weitermachen, weiter warten, weiter hoffen.

"Lass mich allein." bat Mao matt ohne aufzublicken. "Und nimm Telis bitte mit."
 

Hätte er solche Worte von seinem Bruder gehört, hätte er ihn einmal ordentlich verprügelt, doch bei Mao hielt er sich zurück. Dennoch bedachte er ihn mit einem kalten Blick.

"Wenn du gestorben wärst, wäre Zikél zerbrochen. Selbst wenn es ihm jetzt weh tut, dass du dich nicht erinnerst, hat er immer noch Hoffnung. Es reicht ihm schon, wenn er in deiner Nähe sein kann. Zikél ist ein elender Weltverbesserer und wird erst aufgeben, wenn es vorbei ist. Ich warne dich, Mao. Wenn du Dummheiten machst, kriegst du es mit mir zu tun." In dem tiefen Bass schwang bitterer Ernst mit, denn Castor hielt nichts von Freitod. Leben bedeutete nun mal leiden, wie schwer es war, hing jedoch von jedem selbst ab.

Mit einem letzten Blick auf den Braunen nahm er wieder Telis’ Hand.

"Warum schickst du uns denn wieder weg, Mao?" wollte der Kleine wissen, da er gern mit dem anderen Kater zusammen war, auch wenn der traurige Blick ihn manchmal selbst bedrückte.

"Spielst du nachher noch mit mir? Du darfst auch meinen bunten Ball haben."
 

Mit hochgezogener Augenbraue betrachtete Mao den Kleinen. "Versprochen?"
 

"Ja!" Telis lächelte ihn freudig an und nickte bekräftigend mit dem Kopf. "Und du darfst auch meine Stifte haben. Dann malen wir etwas Schönes." Castor schmunzelte auf das Kätzchen herunter und wuschelte ihm über den Kopf.

"Na komm, Mao möchte allein sein. Wenn du willst, spiel ich mit dir." Der Schwarze sah den Anderen noch einmal an, nickte und ging mit Telis zur Tür.

"Okay, aber du bekommst den Ball nicht. Den kriegt nur Mao!" hörte man den Jungen noch beim Rausgehen und das folgende tiefe Lachen von Castor.
 

Auch Mao musste ob des Kleinen schmunzeln, wenn es auch ein weniger begeistertes Schmunzeln war. Ihm war zum Heulen zumute und komischer Weise würde er sich jetzt am liebsten ankuscheln. Von jemandem gehalten werden und gekost... und er hatte da auch jemanden im Sinn, dem er diese Aufgabe gerne zuteilen würde, doch der lag nach Angaben Castors in einem der Nebenzimmer und schlief.

Mao überlegte lange, bis seine Stimme leise den Namen des Weißhaarigen aussprach. Erstaunlicherweise klopfte es fast augenblicklich an seiner Tür und ohne ein Herein abzuwarten, trat Nitta ein.

Mao betrachtete ihn, legte den Kopf schief und öffnete nach einer Weile die Arme. Nitta trat näher an ihn heran und kaum war er nahe genug, schlossen sich die Arme des Braunen um Nittas Körper und Mao schmiegte sich eng an ihn.
 

~~~
 

Da Telis auf einmal müde geworden war und keine Lust zum Spielen hatte, weil Mao nicht da war, legte ihn Castor neben Zikél mit der Anweisung etwas zu schlafen. Natürlich protestierte der Junge erst einmal gähnend, kuschelte sich dann jedoch bald an den Blauen und schlummerte ein. Der schwarze Kater sah ihnen eine Weile zu, wobei seine Gedanken immer wieder zu dem braunen Elend ein paar Zimmer weiter schweiften.

Schließlich erhob er sich und setzte sich zu Leonidas an den Tisch.

"Er sieht wirklich nicht gut aus. Kann man nichts machen, um ihm seine Erinnerungen zurückzugeben?" Natürlich wusste Castor nichts von der Vergangenheit und sah deshalb auch keine Schwierigkeit darin, Mao alles zu erzählen.
 

Leonidas sah auf und musterte Castor abwägend, bevor er antwortete. "Sowohl meine als auch Claras Magie wirken nicht. Ich bezweifle, dass Magie überhaupt etwas bewirken kann in diesem Fall." Der Schwarzhaarige machte eine Pause und betrachtete Zikél und Telis, die so einträchtig nebeneinander lagen und schliefen. "Mao muss seine Erinnerungen selber wiedererlangen."
 

Castor schnaubte missmutig auf. Es gab also keine Möglichkeit ihm zu helfen.

"Und wenn man ihm einfach alles erzählt? Vielleicht erinnert er sich ja wieder daran, wenigstens teilweise. Oder man könnte ihn wenigstens aus diesem Zimmer scheuchen." Der Schwarze hatte es nicht so mit großer Geduld und packte Probleme lieber gleich an, anstatt abzuwarten, was geschah.
 

"Und wenn wir ihm alles erzählen, was bringt es? Er kennt die ganze Geschichte, seit er zu mir gekommen ist und erinnert sich trotzdem nicht. Dann müssen wir ihm nicht noch auf die Nase binden, dass er eine ziemlich unschöne Vergangenheit hat, wenn er sich vielleicht doch nie wieder daran erinnert." Leonidas' Stimme war lauter geworden, wenn auch nur sehr geringfügig. Das Ganze regte ihn auf.
 

Castor legte die Ohren an und seine Augen verengten sich. Er hatte durchaus die Schwankung in der Stimme vernommen.

"Es bringt aber genauso wenig, dazuhocken und zu warten, dass etwas passiert. Von mir aus bring ihn in Berührung mit Dingen, die er früher immer gemacht hat oder lenk ihn wenigstens ab durch irgendwelche Arbeiten! Er geht da drin noch ein, verdammt. Besser ihn an eine unschöne Vergangenheit zu erinnern, als ihn dort allein sitzen und über den Tod grübeln zu lassen" fauchte er scharf und nickte Richtung Tür.
 

Der Dracath verenge seine Augen und schwieg. Die Situation war schwierig und dass Castor kein sonderlich feinfühliges Wesen war, hatte er schon diverse Male demonstriert. "Und du denkst, ich soll jetzt zu ihm gehen, ihm erzählen, das diverse Männer jahrelang seinen Körper verkauft haben und er auch nie eine Familie hatte, weil er in Gefangenschaft geboren worden ist und höchst wahrscheinlich keiner seiner Stammesgenossen noch am Leben ist? Großartige Idee! Wenn du meinst, dass das der richtige Weg ist: Bitte, geh rüber und sag du es ihm." Wie sehr Leonidas es hasste, wenn Leute über Dinge redeten, von denen sie keine Ahnung hatten. Doch nur das rote Glimmen in seinen Augen verriet sein Ringen um Fassung.
 

Castor blieb sitzen. Seine Ohren zuckten leicht und die Körperhaltung war immer noch angespannt, doch er verzichtete darauf, etwas zu erwidern. Er mochte zwar forsch und manchmal ungehobelt sein, doch selbst ihn ließ solch eine Geschichte nicht kalt. Dennoch war er mit diesem Rumsitzen nicht zufrieden. Außerdem machten ihn die Augen des anderen Mannes nervös. Er wusste, dass in ihm ein mächtiges Ungetüm schlummerte und er hatte kein Interesse dieses zu reizen.

"Was hast du ihm denn erzählt, wie sein bisheriges Leben verlaufen ist? Hast du mal daran gedacht, dass es vielleicht viel schmerzhafter für ihn ist, wenn er sich plötzlich wieder an alles erinnert und feststellt, dass du ihn angelogen hast?"
 

"Hättest du die Chance nicht genutzt, ihm diese Erinnerungen zu nehmen?" fragte Leonidas nur, seltsam matt.
 

"Nein, ich bin der Meinung, man sollte schlechte Erfahrungen hinter sich lassen oder daraus lernen. Da man aus so einer Vergangenheit nicht lernen kann, würde ich ersteres wählen. Wenn er ewig in der Vergangenheit lebt, nützt es ihm auch nichts." Castor war von seiner Meinung überzeugt und ließ sich nicht davon abbringen. Er war einfach nicht der Typ, der an so etwas verzweifelte. Deshalb konnte er seinen Bruder auch nur teilweise verstehen. Anstatt so viel Rücksicht zu nehmen, sollte er vielleicht einmal etwas durchgreifen. Aber dafür war Zikél wiederum nicht der Typ.

"Wie lange willst du ihn noch schlafen lassen?" wechselte er das Thema, da sie wohl kaum weiterkamen.
 

"Was meinst du, wie viel Schlaf er braucht?" Leonidas sah zu dem Blauen hinüber und überlegte laut: "Vielleicht bis morgen früh?"
 

Der Schwarze nickte zustimmend und streckte sich.

"Eine Mütze Schlaf tut uns wahrscheinlich allen gut. Mal sehen, wie lange Telis schläft. Er hat Mao vorhin zum Spielen eingeladen und wird sicherlich nicht davon abzubringen sein, wie ich ihn kenne."
 

Nitta erschien in der Tür. "Mao lässt fragen, ob Zikél heute Nacht bei ihm schlafen würde." Er drehte den Kopf und betrachtete nun ebenfalls die beiden schlafenden Tama-i.
 

Leonidas sah erst Nitta, dann Castor an. "Was meinst du?"
 

Dieser zuckte mit den Schultern und folgte dem Blick des weißhaarigen Mannes.

"Warum nicht? Es ist gut, wenn sie sich wieder näher kommen. Und Zikél wird es sicherlich auch freuen."
 

"Dann wecken wir ihn." beschloss Leonidas. Er würde bei Mao schon schlafen können und wenn nicht, könnte er ihn immer noch schlafen schicken. Seine Hand beschrieb eine kleine Geste und Zikél begann, sich zu regen.
 

Zuerst zuckten nur die Ohren und der Schwanz. Dann begann sich der Blaue langsam zu räkeln und blinzelte. Natürlich bemerkte Zikél zuerst den kleinen Körper neben sich und lächelte leicht bei Telis' schlafendem Gesichtchen. Liebevoll küsste er ihn auf die Stirn und setzte sich dann auf. Erst da wurde er sich der Anwesenheit der drei Anderen bewusst.

"Wie lange hab ich geschlafen?" wollte er wissen und fragte sich gleichzeitig, warum er plötzlich weggenickt war. Anscheinend hatte ihn die Reise zu Leonidas doch mehr mitgenommen, als gedacht.

"Wie geht's Mao?" war gleich seine zweite Frage.
 

"Er lässt fragen, ob du ihm heute Nacht Gesellschaft leistest." lächelte Leonidas.
 

Die blaugrauen Augen wurden groß und der noch etwas verschlafene Ausdruck wich schlagartig aus dem Gesicht.

"Wirklich? Er hat nach mir gefragt?" Diese kleine Tatsache machte Zikél unendlich glücklich und er lief mit schnellen Schritten zu Castor, der ihn ruhig anlächelte.

"Hast du das gehört? Kann ich jetzt schon zu ihm?"

"Warum musst du nur immer alles überstürzen? Er hat gesagt heute Nacht. Jetzt ist es noch nicht einmal Abend." knurrte sein Bruder und verpasste ihm eine leichte Kopfnuss.
 

Leonidas warf Nitta einen Blick zu, woraufhin der Tradon verschwand. Leonidas nahm ein Glas und eine Karaffe zur Hand und schenkte Zikél etwas ein. "Hier, trink."
 

Zuerst wollte Zikél das Gefäß eigentlich nicht annehmen, da er keinen Durst hatte, doch kaum hatte er es an die Lippen gesetzt, trank er gierig.

"Habt ihr noch mal mit ihm geredet?" wollte er neugierig wissen und sah abwechselnd zu Leonidas und Castor.
 

Leonidas schwieg. Nitta tauchte noch einmal kurz auf, nickte Leonidas lediglich zu und verschwand wieder. Leonidas lächelte und sah Castor an, da er selbst auch noch nicht wusste, was Mao eigentlich zu ihm gesagt hatte.
 

Das ständige Rein und Raus des Tradon machte den Schwarzen unruhig, doch er sagte nichts dazu, sondern sah seinen Bruder wieder an.

"Ich war vorhin mit Telis bei ihm. Wir haben uns etwas unterhalten, aber er wirkte nicht wirklich aufgeschlossen mir gegenüber. Er wollte wissen, wie es dir geht und ich hab ihm die Wahrheit gesagt." Zikéls Augen weiteten sich.

"Verdammter Trampel! Musst du immer so ehrlich sein? Er macht sich schon genug Vorwürfe, da brauchst du ihm nicht noch mehr Sorgen machen! Mir geht's gut!" Der Blaue war sichtlich verärgert, denn er kannte seinen Bruder und dessen Taktlosigkeit.

"Wie auch immer. Reg dich ab, er wird schon nicht dran sterben." Castor verschränkte die Arme vor der Brust und begegnete den funkelnden Augen seines Bruders mit einer gewissen Gleichgültigkeit.

"Manchmal könnte ich dich wirklich erschlagen, Castor!" fauchte dieser und ballte die Hände zu Fäusten.
 

"Na na na..." tadelte Leonidas. "Streitet euch später. Mao hat nichts dagegen einzuwenden, wenn du jetzt schon zu ihm gehst. Tu mir nur den Gefallen und nimm noch etwas zu trinken für euch beide mit."
 

Zikél warf dem Schwarzen noch einen giftigen Blick zu und stand dann auf. Mit zwei Gläsern im Arm und der Karaffe in der Hand wandte er sich grummelnd ab.

Kapitel 18

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel 19

Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél

Teil: 19/30

Autor: Alaska & BlueMercury

Genre: Fantasy

Warnung: Zucker, Gewalt, Depri
 

Kommentar: Ich weiß, es hat mal wieder endlos lange Zeit gedauert, bis es hier was Neues zu lesen gibt >_< Es tut mir wirklich leid. Mit Uni im Nacken komm ich grad zu nicht so viel und vorher halt der Umzug und alles. Aber jetzt gibt es endlich wieder ein Update und ich hoffe, es sind wenigstens noch ein paar, die hier noch lesen ^^' Viel Spaß dabei!
 


 


 

~19~
 

Es klopfte. Nicht sonderlich zaghaft, aber auch nicht wirklich laut, als würde das Klopfgeräusch wissen, dass beide Tama-i auf der anderen Seite der Tür noch schliefen. Nitta war es, der das Paar störte. Er klopfte noch mal.
 

Mao kuschelte sich unwillig grummelnd noch etwas näher an Zikél und wollte schon allein aus Protest nicht richtig erwachen und wünschte sich, dass der ungebetene Besucher wieder verschwinden würde, wenn man ihn nur lange genug ignorierte.
 

Gleiche Hoffnungen hatte auch Zikél, denn er war noch viel zu müde, um auch nur einen Finger zu bewegen. Leise knurrend zog er die Decke weiter über sie und kuschelte sich mit Mao ein. Egal, wer vor der Tür stand, er war unerwünscht.

„Geh weg.“ murmelte der Blaue, als könne er so den Störenfried vertreiben.

Nun klopfte es doch etwas lauter und Nittas Stimme war durch die Tür zu hören: „Frühstück. Und Castor lässt ausrichten, dass du endlich deinen Hinter aus dem Bett schwingen sollst, es ist schließlich helllichter Tag.“ Nitta war fast ein bisschen amüsiert darüber, dass er diese Botschaft überbringen durfte.
 

Der Kopf war merklich zwischen die Schultern gezogen worden, aber auch nur, weil Zikél diese rüde Art geweckt zu werden, hasste. Da war ihm doch der warme Körper an seinem viel lieber.

„Sollen wir ihm den Gefallen tun?“ fragte er leise und knabberte an Maos Ohr. Er würde dieses Zimmer nicht ohne den Braunen verlassen, wollte so dicht es ging bei ihm bleiben, aus Angst ihn wieder zu verlieren. Schnurrend küsste er Nacken und Hals, um seinen Geliebten etwas munterer werden zu lassen, schließlich wusste Zikél, was passieren konnte, wenn man Castor warten ließ.
 

Dummerweise machten die Zärtlichkeiten Mao in einer Weise munter, die dem Versuch, das Zimmer - oder erst mal das Bett - zu verlassen, nicht sonderlich zuträglich waren. Außerdem war der Gedanke, das Zimmer zu verlassen, einer, den Mao nur mit Ziehen im Bauch erwägte und nicht unbedingt großartig fand. Murrend überwand er sich schließlich, Zikél zum Essen zu schicken. „Geh schon, sonst lässt er uns nie wieder in Ruhe.“
 

Schmollend schüttelte der Blaue den Kopf und rückte wieder näher an Mao, da er sich schon etwas entfernt hatte, um aufzustehen.

„Nein. Ohne dich geh ich nicht raus. Ich hab nicht großen Hunger, ich kann auch noch warten.“ Zikél seufzte und verfluchte Castor, Nitta und Leonidas im Stillen. Die Drei hatten sicherlich einen Heidenspaß daran sie zu stören.

Einen Arm um die Taille seines Namuri geschlungen, schloss er einfach wieder die Augen.

„Ich will nicht von dir weg. Ich bleib hier. Bin auch noch viel zu müde.“ gähnte er und beschloss Nitta zu ignorieren.
 

„Naja...“ schnurrte Mao verführerisch. „Gegen die Müdigkeit kenne ich ein Mittel...“ Doch noch bevor er sich Zikél nähern konnte, musste er herzhaft gähnen.
 

„Ich auch.“ grinste Zikél und stupste seine Stirn gegen Maos. „Schlafen. Oder aufstehen und mit mir essen kommen. Danach geht es uns beiden besser und...“ Er küsste den Jungen auf die Nase. „...wir können uns stärken für die nächsten Runden.“
 

Mao wurde kleinlaut. „Nenn es verrückt, aber ich habe wirklich Angst, dieses Zimmer zu verlassen...“
 

Anstatt etwas zu sagen, begann Zikél beruhigend zu schnurren und fuhr mit der Hand über den Rücken des Braunen, kraulte den Nacken und lächelte ihn sacht an.

„Warum? Was glaubst du, passiert dir außerhalb dieser vier Wände? Niemand will dir weh tun, Mao. Ich bin bei dir und Leonidas ebenso, wenn dich das beruhigt.“
 

„Ich hab die wahnwitzige Angst, dass ich mich hinterher nicht einmal mehr an diese vier Wände erinnere...dieses Zimmer kenne ich besser als mich.“ Schutzsuchend rutschte er näher zu Zikél.
 

Dieser drückte ihn eng an sich und schnurrte leise weiter. Die Vibrationen übertrugen sich auf den anderen Kater, während Zikél leise sprach.

„Wird es dann nicht Zeit dich kennen zu lernen? Du hast doch mich, um dich an alles zu erinnern. Außerdem glaube ich nicht, dass du jetzt noch etwas vergisst. Was jetzt ist, bleibt, Mao.“ Damit küsste er ihn hauchzart auf die Lippen und strich ihm über den Kopf und die Ohren entlang.
 

„Kannst du mir das versprechen?“ fragte Mao leise und etwas traurig und sah Zikél dabei eindringlich in die Augen.
 

Kurz flackerte in ihnen Unsicherheit auf. Leise Zweifel flüsterten dem Blauen ins Ohr, dass er keine Garantie geben konnte. Es war ein Risiko, aber Zikél wollte es nicht glauben. Das wäre völlig abwegig.

„Ja, ich verspreche es.“ antwortete er deshalb fest und die Entschlossenheit blitzte in seinem Blick auf.
 

„Dann...lass uns frühstücken gehen.“ Mao gab Zikél noch einen Kuss, bevor er sich auf ihn setzte, um an dessen Seite des Bettes aufzustehen. Seine Kleider lagen noch immer am Boden. „Aber wir müssen uns beeilen.“
 

„Warum? Bist du so hungrig?“ grinste Zikél und folgte ihm. Bevor Mao sich allerdings anziehen konnte, ließ er seine Hände noch einmal über dessen Körper gleiten und knabberte über den Hals. Ein kleiner Klaps auf den Allerwertesten folgte und der Blaue suchte lachend seine eigene Hose. Als er sie übergestreift hatte, sah er erwartungsvoll zu Mao, streckte ihm seine Hand entgegen und machte einige Schritte zur Tür.

„Komm her, Nari.”
 

Um ihm die kleine Zärtlichkeit heimzuzahlen, fasste Mao ihm beim Näherkommen direkt in den Schritt und ließ seine Hand dort einen Augenblick, bis er sich sicher war, dass es seinen Partner nicht kalt gelassen hatte. „Schon da, wie ich sehe...“ gurrte er dann, drehte sich um und öffnete die Tür -
 

- und taumelte geschlagen zurück. Castor stand in der Tür, aber statt gegen das Holz hatte er gegen Maos Nasenbein gehämmert.
 

Zikél war noch mit dem aufwallenden Gefühlen in seinem Unterleib beschäftigt, so dass er gar nicht merkte, wie seinem Geliebten diese unsanfte Behandlung widerfuhr. Doch als Mao gegen ihn prallte, war er sofort hoch alarmiert.

Es dauerte einige Augenblicke, bis er den Zusammenhang zwischen Castors erhobener Faust, seinem verdutzten Gesicht und Maos Hand vor der Nase verstand.

„Sag mal, hast du sie noch alle? Warum schlägst du ihn, verdammt noch mal?!“ fauchte der Blaue und schob die Hand vorsichtig von dem Gesicht seines Namuri, um zu sehen, ob er blutete.

„Das kommt halt davon, wenn ihr nicht gleich hört.“ schnappte Castor beleidigt und brummelte eine leise Entschuldigung in Richtung Mao. Zikél war wenig überzeugt davon und knurrte seinen Bruder weiterhin an. Beschützend lag sein Arm wie selbstverständlich um Maos Taille und hielt ihn an sich.

„Reg dich ab, ich hab es nicht mit Absicht getan.“

„Ja, aber du bedauerst es auch nicht sonderlich.“

„So was passiert.“

„Aber nicht meinem Namuri!“ Zikél ließ seinen Gefährten los und baute sich vor Castor auf. Dieser ließ diese Drohgebärde nicht auf sich sitzen und begann ebenfalls dunkel zu knurren.

„Wenn du Streit suchst, musst du es nur sagen, Kleiner.“ grollte der große Kater. Castor war leicht reizbar, wenn er Hunger hatte und wollte nicht noch mehr Zeit mit diesen beiden verliebten Turteltauben verbringen.
 

„Nicht doch, nicht doch...“ Mao, immer noch mit leicht zerknautschtem Gesichtsausdruck stellte sich zwischen die Beiden und schob Castor an den Schultern ein Stück zurück. „Und schon gar nicht vor dem Kleinen!“ fauchte Mao plötzlich, als er Telis neben der Tür entdeckte. „Hey, dich kenn ich, du hast mir einen bunten Ball versprochen!“ zwinkerte er, bevor er in die Hocke ging und Telis begrüßte.
 

Dieser flog geradezu in seine Arme und sprang gleich wieder aufgeregt heraus.

„Heißt das, du kommst zu uns frühstücken? Ja? Ja? Du kommst mit?“ Das Kätzchen grabschte nach einer Hand des Braunen und zog daran.

„Sachte, Kleiner, du reißt ihm ja den Arm aus!“ lächelte Zikél liebevoll und strich ihm über den Kopf. Er hatte sich mit Castor hinter Maos Rücken ein wildes Blickduell geliefert, das allerdings unentschieden ausgegangen war.

Nun ignorierte er ihn einfach.

„Na los, jetzt sollten wir aber wirklich mal essen gehen. Sonst knabbere ich noch jemanden an.“ Er grinste süffisant in Maos Richtung.
 

Mao verdrehte die Augen und lief Telis nach. Als er Leonidas und Nitta bereits am Tisch sitzen sah, konnte er sich eines seligen und stolzen Lächelns nicht erwehren und beschlagnahmte gleich den Platz neben dem Schwarzhaarigen. „Guten Morgen.“ grüßte er.
 

Zikél und Castor folgten ihnen und der Blaue setzte sich selbstverständlich auf den Stuhl neben seinem Namuri und konnte das ebenfalls stolze Grinsen nicht aus seinem Gesicht verbannen.

„Ist es nicht ein wunderbarer Morgen? Mann, hab ich einen Hunger!“ Unter der Tischplatte griff er nach Maos Hand, drückte sie kurz und entließ sie dann. Danach war er eher damit beschäftigt Telis dabei zu helfen sich nicht mit den Köstlichkeiten auf dem Tisch zu bekleckern.
 

Leonidas sah fröhlich auf und betrachtete den Braunen. „Schön, dass du mit uns frühstückst.“
 

Mao nickte kurz und lächelte, bevor auch er sich den Speisen zuwandte.
 

Der Blick des Dracath ruhte noch einen Moment auf dem Körper des Braunen, dann lachte er kurz und leise und fuhr ebenfalls mit seiner Mahlzeit fort. „Wir brechen nach dem Frühstück auf und gehen in die Stadt.“ meinte er dann kurz und betrachtete die Anderen.
 

Nitta nickte, und auch Mao lächelte. „Ich wünsche euch viel Spaß dabei.“
 

„Den werden wir haben.“ bestätigte Leonidas. „Heute findet ein großes Fest statt.“
 

„Ein Fest?“ fragten Telis und Zikél wie aus einem Mund und sahen Leonidas groß an. Dem Kätzchen stand sogar der Mund offen, so dass man sein zerkautes Fleisch sehen konnte, was jedoch umgehend von dem Blauen behoben wurde, indem er das Kinn wieder hochklappte.

„Was ist das für ein Fest?“

„Darf ich mitkommen? Wollen wir nicht alle zusammen gehen??“ rief Telis freudig, packte euphorisch Zikéls Schwanz und wedelte damit rum. Dieser ließ es geschehen und strich ihm nur einmal lächelnd über den Kopf.

„Kommst du auch mit Mao? Bitte!! Das wird bestimmt lustig! Ein Fest ist immer ganz toll, wirklich! Und es macht auch ganz viel Spaß!“ Maos Schwanz wurde nun ebenfalls gepackt und beide an die Brust des Kätzchens gedrückt.
 

„Nun mal nicht so wild...“ lachte Mao und rettete seinen Schweif aus dem Griff des Kleinen. „Also, was ist das für ein Fest?“ wiederholte er Zikéls Frage.
 

„Hmm...Nitta?“
 

Nach kurzem Schweigen begann Nitta, zu erzählen. „Es ist ein Fest zu Ehren der Fee Almeda. Sie ist die Fee der Reisen und der Suche. Diese Stadt hier lebt vom Handel und von den Reisenden, weswegen Almeda hier als Schutzgeist geehrt wird.“
 

Telis’ Augen wurden noch größer, wenn das überhaupt noch ging. Er ruppte nun nur noch an Zikéls Schwanz, der daraufhin leise knurrte und ihm dem Kleinen entzog.

„Eine Fee? Eine richtige Fee? Kommt sie denn auch zu Besuch? Können wir hingehen? Bitte, bitte, bitte, bitte!“ Telis legte seinen schönsten Bettelblick auf und sah Mao flehend an. Nach so langer Zeit, die der Junge hauptsächlich in Hotelsuiten verbracht hatte, war dieses Fest eine Abwechslung, die er sich nicht entgehen lassen wollte.

„Telis, ruhig. Setzen, essen, Mund halten.“ wies Zikél resolut an und gab ihm noch ein Küchlein.

Castor sah sich die Szene nur kopfschüttelnd an und aß schweigend weiter.
 

Der Prinz schien die Gedanken des Braunen zu erahnen. „Es wird erst heute Abend richtig losgehen. Bis dahin könnt ihr es euch ja überlegen. Wir müssen vorher eh einige Besorgungen erledigen.“
 

Das war ein Vorschlag, mit dem Mao leben konnte. „Was meinst du?“ fragte er seinen Partner.
 

Zikél nickte aufmunternd und nahm Telis in den Schwitzkasten, der gerade versuchte erneut an seinen Schwanz zu kommen. Unbeeindruck von dessen Fauchen und Befreiungsversuchen, lächelte der Blaue Mao an.

„Ich finde die Idee hervorragend. Warum auch nicht? Es macht sicherlich Spaß und der kleine Wildfang bekommt mal wieder Auslauf.“ Er wuschelte Telis über den Kopf und entließ ihn dann.

„Wer ist hier ein Wildfang?“ protestierte der Kleine und wandte sich zu Mao, um sich dort Beistand zu suchen.

„Zikél ärgert mich!“
 

„Och...“ Zärtlich verpasste Mao dem kleinen eine leichte Kopfnuss. „Zu Recht, meinst du nicht auch?“
 

Nitta räusperte sich. „Vielleicht ist es etwas überstürzt, wenn du heute gleich in die Stadt gehst.“
 

Schweigen. Und alle Blicke ruhten verwirrt auf Nitta. Selbst der des Dracath. „Ich denke, es wäre ein enormer Fortschritt für Mao, wenn-„
 

„Du warst noch nie sonderlich geduldig.“ fiel der Tradon seinem Träger ins Wort.
 

Leonidas' Miene verfinsterte sich. „Meinst du nicht, dass du deine Befugnisse überschreitest?“ grollte der Mann seltsam ruhig und drohend.
 

„H-hey, Leute. Seid friedlich, ja? Ich finde, wenn Mao zu dem Fest will, sollte er auch die Möglichkeit bekommen. Ich werde ja die ganze Zeit an seiner Seite bleiben und wenn es ihm zu viel wird, gehen wir einfach ins Hotel zurück.“ Zikél sah Nitta und Leonidas ernst an. Seine Hand lag über Maos und drückte sie leicht. Es lag dem Blauen wirklich sehr am Herzen, dass sein Gefährte wieder mehr vertrauen fasste und sicherer wurde im Umgang mit seiner Umwelt.

„Ich verstehe deine Einwände Nitta, aber...lassen wir doch ihn entscheiden.“ Alle Blicke wandten sich nun auf den Braunen.
 

Nur Nitta stand auf und verließ den Raum. Leonidas wollte ihm etwas nachrufen, ließ es aber doch. „Selbstverständlich ist es allein deine Entscheidung, ob du dem Fest beiwohnen möchtest oder nicht.“
 

Mao nickte. „Ich denke, ich werde mir noch ein wenig Zeit lassen mit meiner Entscheidung.“ verschmitzt lächelte er Zikél zu. „Obwohl mich kandierte Früchte schon locken würden...die wird es doch geben, oder?“
 

„Höchst wahrscheinlich.“ lachte Leonidas.
 

Zikél beeilte sich das Lächeln zu erwidern, denn kurz hatte er sich Gedanken um Nitta gemacht. Manchmal tat ihm der Mann, der eigentlich nichts weiter, als ein Diener war, leid, denn Leonidas schien ihn immer nur bis zu einem gewissen Grad an sich heranzulassen und stieß ihn dann weg. Dabei spürte er deutlich, dass dort weit mehr im Spiel war, als die Herr-Diener-Beziehung.

„Kandierte Früchte. Ja. Bestimmt. Kriegst du alles, Nari.“ Er führte die Hand des Braunen zu seinem Mund und küsste ihren Rücken.

„Ich auch! Ich auch!“ meldete sich Telis lautstark und strahlte in die Runde.

„Ja, du auch. Aber nur, wenn du ab jetzt brav bist.“ Ein heftiges Nicken war die Antwort und das Kätzchen verzog sich zu Castor, der den Jungen bereitwillig auf seinen Schoß nahm.

„Bevor wir rausgehen, solltest du deinem Gefährten aber mal eine kleine Wäsche verpassen, Bruder.“ Der Schwarze lächelte süffisant, was bei ihm fast schon gruselig wirkte.

„Er riecht nämlich sehr reizend.“ Zikél, zuerst verwirrt, verstand und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Castor hatte es also bemerkt. Wie sollte er auch nicht? Jeder Tama-i verströmte während seiner Rolligkeit einen Duftstoff, der etwaige Partner anlocken sollte. Natürlich grenzte sich das bei Paaren auf den Gefährten ein, doch das bedeutete nicht, dass Andere nicht angelockt wurden. Normalerweise konnten es nur die Angehörigen der eigenen Rasse erschnuppern, allerdings hatten sie es auch schon bei anderen Arten erlebt, dass sie neugierig wurden.
 

Mao rümpfte beleidigt die Nase und verschränkte die Arme vor der Brust. Leonidas tat derweil betont unbeteiligt, obwohl er sich ein leises Lachen nicht verkneifen konnte. Was bewirkte, dass er den Ellenbogen Maos in die Rippen bekam und hörbar ausatmete.
 

„Das ist nicht nett.“ schmollte Mao und wurde unter seinem hellen Fell blassrot.
 

Zikél nutzte diese Chance natürlich und beugte sich zu seinem Geliebten herüber, um ihm einen hauchzarten Kuss in die Halsbeuge zu geben.

„Mach dir nichts draus. Ich finde, du riechst...aufregend.“ knurrte er dunkel in das Ohr des Braunen und biss leicht hinein. Selbstverständlich wurde der Blaue ganz besonders von diesem Duft gereizt, der sich mit den Gefühlen für Mao vermischte. Aber er wusste sich sehr wohl im Zaum zu halten.

„Du bist süß, wenn du rot wirst.“ neckte er ihn grinsend und bekam prompt auch einen Ellenbogen in die Rippen.
 

„Pass bloß auf...“ murrte Mao. „Können wir bitte das Thema wechseln?“
 

„Natürlich. Alles, was du willst, Nari.“ Zikél gefiel es zunehmend Mao so zu nennen. Die Koseform für Gefährten weckte in ihm ein ganz besonderes Gefühl der Zusammengehörigkeit.

„Wo ist Nitta hingegangen?“ wollte der Blaue wissen und sah zur Tür.
 

Schweigen. Leonidas reagierte nicht auf die Frage. Erst, als er alle Blicke auf sich spürte, seufzte er leise, faltete seine Serviette und stand auf. „Ich werde mal nach ihm sehen.“ Er verließ ebenfalls den Raum.
 

Er fand Nitta in ihrem gemeinsamen Schlafzimmer. Er stand am Fenster und betrachtete die Stadt.
 

„Was fällt dir eigentlich ein?“ begann Leonidas nun fast schon ungehalten und trat energisch auf seinen Diener zu. „Hör mir mal zu! Du-„
 

„Nein, du hörst mir jetzt einmal zu. Ist dir klar, in welcher Stadt wir uns hier befinden? Ist dir klar, was für Gefahren sie birgt?“ Nitta war wütend, bewahrte aber eine leise, aber umso eindringlichere Stimme.
 

„Du wagst es...“ grollte Leonidas und schlug zu. Der Tradon taumelte, fing sich aber.
 

Plötzlich war es ganz still. Die Beiden maßen sich mit Blicken und waren angespannt, als ginge es in diesem Kampf um Leben und Tod.
 

„Seid vorsichtig, mein Prinz.“ zischte Nitta schließlich, ging an Leonidas vorbei und verließ die Hotelsuite.
 

Der Schwarzhaarige sah ihm wütend und aufgewühlt hinterher.
 

Als er sich wieder etwas beruhigt hatte, gesellte er sich wieder zu den Tama-i. Zikél musterte ihn aufmerksam und legte den Kopf schief. Castor hatte sich mit Telis in ein Nebenzimmer verzogen, um etwas mit ihm zu spielen.

Allein schon die Haltung des Mannes verriet dem Blauen, dass das Gespräch nicht unbedingt positiv verlaufen war. Und wenn diese nicht, dann sicherlich das rote Flackern in den Augen.

„Ihr habt euch gestritten, hm?“
 

„Zikél...“ Leonidas seufzte. „Das geht dich absolut nichts an. Halt dich raus.“ Es klang nicht gerade so, als wäre das ein freundlich gemeinter Rat.
 

Mao legte den Kopf schief und stand auf, um Leonidas entgegenzutreten und ihn in die Arme zu schließen. Erstaunlicherweise erwiderte der Dracath die Geste und so standen sie dort einen Moment, Arm im Arm, bis der Schwarzhaarige sich löste und wieder seinen Platz einnahm.
 

Zikél beobachtete dies schweigend und kämpfte mit sich.

„Aber...er hat sich doch nur Sorgen um Mao gemacht. Du hast ihn ziemlich angefahren vorhin...“
 

„Rede nicht von Dingen, von denen du nichts verstehst!“ fuhr Leonidas den Blauen an.
 

„Dann sei du nicht so verdammt stur und eingebildet! Nitta ist immer der Leidtragende bei deinen Launen! Dabei tut er alles für dich!“ fauchte Zikél zurück und legte die Ohren an.
 

„Das sagt genau der Richtige.“ meinte der Dracath sarkastisch. „Das sagt wirklich genau der Richtige.“
 

Mao sah unentschlossen zwischen den Beiden hin und her. „Ihr entschuldigt mich?“ meinte er nur leise, bevor er das Esszimmer verließ und sich wieder in sein Schlafzimmer begab.
 

„Los, folge ihm.“ höhnte Leonidas.
 

Zikél musste dem Impuls in der Tat einen Augenblick unterdrücken, da er Mao nicht allein lassen wollte. Außerdem fühlte er sich verletzt von Leonidas’ Art.

„Manchmal versteh ich dich wirklich nicht. Wieso stößt du die Leute, die dich mögen, immer gleich weg, wenn sie dich mal kritisieren? Nitta mag dich! Er mag dich sehr! Das habe ich gesehen, als wir in der Hütte im Wald waren und du so krank warst. Ich habe ihn noch nie so besorgt erlebt. Aber dir ist es wohl egal, was?“ Der Blaue hatte nun den Tisch umrundet und stand vor dem Dracath, die Hände in die Seiten gestemmt.
 

„Das war keine Sorge, das war Eigennutz.“ stellte Leonidas richtig. „Zikél, mach mich nicht wütend. Ich will und ich werde mit dir nicht über Nitta reden. Akzeptier das oder trag die Folgen.“
 

Durch diese glatte Verleumdung etwas geschockt, starrte er den Mann einen Moment fassungslos an, doch dann glomm wieder der alte Trotz in den graublauen Augen auf.

„Eigennutz? Von wegen! Mag sein, dass er vielleicht noch andere Beweggründe hatte, das weiß ich nicht, aber sicherlich war er nicht nur das! Verdammt, bist du so blind? Er hat Tag und Nacht an deinem Lager gewacht, dich versorgt! Warum blickst du so tief auf ihn herab? Das hat er nicht verdient.“ behaarte der Tama-i und schüttelte den Kopf.

„Du tust mir leid. Fühlst du dich nicht einsam, wenn du niemanden an dich heranlässt?“ Die letzte Frage klang zwar wütend, aber auch traurig und verständnislos.
 

Nachdenklich betrachtete Leonidas ihn. „Erinnerst du dich an unsere Diskussion über monogame und polygame Völker?“
 

Verwirrt, da er nicht wusste, auf was Leonidas hinaus wollte, nickte Zikél.

„Ja, ich erinnere mich.“ Aber was hatte das nun mit ihrer Auseinandersetzung zu tun?
 

„So, wie sich dort die Meinungen teilen, teilen sie sich auch in anderen Bereichen. Du fühltest dich einsam, nicht ganz, irgendwie fehlerhaft, bevor du auf Mao getroffen bist. Er komplettiert sich und dein Sein. Ohne ihn wärst du nur noch ein halber Geist. Aber die Dracath kennen so etwas nicht. Wir sind nicht einsam. Wir sind nicht zerrissen. Wir lieben nicht. Wir beschützen und wir umsorgen, aber wir lieben nicht. Nicht in der Weise, wie ihr es tut.“ Der Blick der schwarzen Augen war eindringlich auf die Zikéls gerichtet.
 

Dieser erwiderte ihn unbeeindruckt und presste die Lippen aufeinander.

„Das kann ich mir nicht vorstellen. Wer schützt und umsorgt, liebt auch. Du hast selbst gesagt, dass es Ehen mit Frauen aus Liebe gibt. Und ich glaube dir nicht, wenn du behauptest, dass es bei euch keine Liebe zwischen Männern gibt. Richtige Liebe. Nicht nur körperlich. Du willst es dir nur nicht eingestehen, weil es eine Schwäche bedeutet!“
 

„Du hast doch überhaupt keine Ahnung, was Schwäche wirklich ist! Nitta stirbt, wenn ich ihn nicht stetig mit Zaubern davor schütze. Ich dagegen kann ohne Weiteres auf ihn verzichten. Zikél, Liebe entsteht aus Gleichberechtigung und Respekt, nicht aus Abhängigkeit und Loyalität.“ Er lachte. „Sieh es ein. Nitta beschützt mich, weil mein Tod auch den seinen bedeutet. Nicht mehr, und nicht weniger. Er versucht nur, das Beste daraus zu machen.“
 

Er war sichtlich geschockt von dieser Aussage. Es überlief ihn regelrecht kalt und seine Nackenhärchen stellten sich auf.

„Du bist derjenige, der keine Ahnung hat! Wenn Nitta dir nichts bedeutet, warum hältst du ihn dann am Leben? Das muss doch eine Last sein, oder? Und wenn du so über Liebe denkst...hast du nicht ihren wahren Kern begriffen.“ Damit drehte er sich einfach um und ging hinter Mao her, was er von Anfang an hatte tun wollen. Diese Diskussion bracht rein gar nichts! Leonidas WOLLTE es einfach nicht verstehen. Er war so festgefahren in seiner Meinung, dass er nichts anderes akzeptierte.

Mit einem lauten Knall flog die Tür zu Maos Zimmer auf und wieder zu. Zikél war wütend und lief unruhig auf und ab.

„Dieser Kerl! Er will es einfach nicht einsehen!“
 

~~~
 

„So denkst du also über uns.“ Nitta tauchte wie ein Geist aus dem Schatten der Tür auf und schloss diese hinter sich. Mit undurchsichtiger Miene betrachtete er Leonidas. „Abhängigkeit. Und Liebe beruht nicht darauf?“ Nun musste er kalt lächeln. „Und das aus deinem Munde.“
 

„Verschwinde...“ murmelte der Prinz und sank auf seinem Stuhl zusammen. „Lass mich in Ruhe.“
 

„Du hasst es, wenn andere Recht haben.“ bemerkte Nitta zufrieden.
 

„Er ist aber nicht im Recht.“
 

„Sondern?“
 

Genervt sah Leonidas auf. „Was willst du denn jetzt von mir?“
 

„Nichts, Herr. Außer ihnen zu Diensten zu sein.“
 

„Lass das.“
 

„Was denn, Herr?“ Nitta kam langsam auf seinen Träger zu. „Soll ich euch nicht mehr berühren?“ Seine Hände fuhren über die Arme des Dracath zu seinen Schultern, in seinen Nacken. „Soll ich euch nicht das entgegen bringen, wonach ihr euch so sehnt?“ Er küsste den freigelegten Hals flüchtig und stellte zufrieden fest, dass Leonidas leicht zur Seite kippte und die Augen geschlossen hatte. „Aber ihr liebt mich nicht, nicht wahr?“
 

„Warum sollte ich? Es wäre Verschwendung.“
 

„Verschwendung? So so...“ Damit zog er den Schwarzhaarigen auf die Beine und gab ihm einen innigen Kuss, der begierig erwidert wurde.
 

Ewig, so schien es dem Prinzen, standen sie so da, sich haltend, sich küssend.
 

„Leonidas...?“
 

„Hm?“
 

„Wie fühlt es sich an? Wie fühlt es sich an, ein Herz aus Eis in seiner Brust zu haben?“ Nittas Blick war schneidend, sein Tonfall verletzend. „Ich erledige die Besorgungen allein.“ Er wandte sich ab.
 

Leonidas blieb erstarrt zurück, verletzt, wütend. Und er tat das, was er in solchen Situationen immer getan hatte. Er schnellte vor, griff sich Nitta und warf ihn zu Boden. Sein dahingeschmissener Zauber verriegelte die Tür und die Augen des Dracath kündigten Nitta an, was nun unweigerlich folgen würde.
 

„Umdrehen.“ grollte die Stimme des Dracath im Kopf des Tradon, und gefügig tat er, was ihm befohlen wurde. Leonidas fasste ihm in die Haare und drückte sein Gesicht unsanft gegen die raue Wand, während er sich seinen Diener nahm, wie er es so oft getan hatte. Und Nitta? Nitta verharrte reglos, ignorierte den Schmerz und wünschte sich einmal mehr, sich von seinen Ketten befreien zu können.
 

~~~
 

Derweilen regte sich Zikél immer noch über ihren Gastgeber auf und schmiss sich irgendwann zu Mao aufs Bett.

„Kannst du mir sagen, warum er sich so dagegen wehrt? Als wäre Liebe etwas Schreckliches!“ Frustriert knurrend vergrub er das Gesicht in einem Kissen und biss hinein.
 

„Woher willst du denn wissen, wer wen in welchem Ausmaß liebt? Du kennst die Beiden doch kaum. Besonders Nitta. Wer weiß schon, welche seine Beweggründe sind?“
 

Maos Kopf ruckte rum. „Hast du das auch gehört?“ Er lauschte, doch er schien sich getäuscht zu haben.
 

Zikél hob seinen Kopf aus dem Kissen und horchte ebenfalls, konnte aber nichts ausmachen.

„Ich spüre es einfach, okay? Du hast ihn doch gesehen, als Leonidas krank war....da muss irgendetwas sein.“ Er drehte sich herum und schmiegte sein Gesicht gegen Maos Bauch.

“Ich kann mir nicht vorstellen, dass er nicht lieben kann. Wenn es so wäre...muss sein Leben sehr traurig sein.“ Er umarmte den Körper des Jungen und seufzte.
 

Mao betrachtete Zikél traurig. Du hast ihn doch gesehen...hallte es in seinem Kopf wider. „Da irrst du dich...“ wisperte er und vergrub seinen Kopf an der Schulter Zikéls.
 

Dieser brauchte einige Sekunden, bis er den Zusammenhang verstanden hatte und hätte sich dann am liebsten selbst getreten. Fest schlossen sich seine Arme um Mao und drückten ihn an sich.

„Entschuldige, Kätzchen...“ Er küsste zärtlich die Schläfe des Braunen und begann zu schnurren. Um ihn auf andere Gedanken zu bringen, ließ der Blaue seine Hände über den Rücken wandern, testete all die Punkte aus, die er im Laufe der letzten Nacht kennen gelernt hatte.
 

„Nenn mich nicht Kätzchen! Ich bin doch kein Kind mehr!“ Schmollend drehte sich Mao weg von Zikél. Im sicheren Wissen, dass der Blaue so noch viel besser an seinen Rücken gelangte.
 

Dieser grinste breit und setzte Mao sofort nach, knabberte an dessen Nacken und Schultern und strich mit einer Hand die Wirbelsäule bis zum Schwanzansatz hinunter.

„Nein, das bist du nicht. Das hast du mir letzte Nacht des Öfteren bewiesen.“ hauchte er ihm ins Ohr und knabberte daran, während seine Hände weiter auf Wanderschaft gingen.

„Namuri.“
 

„Ahh, Zikél...“ stöhnte Mao leicht gequält auf. „Du weißt, dass das ein ungünstiger Zeitpunkt ist, mich zu necken...“ Ganz deutlich wallte in dem Braunen die Lust wieder auf, aber sie konnten schlecht den ganzen Tag im Bett liegen und sich lieben....obwohl...
 

Der Blaue ließ sich nicht von seinem Vorhaben abbringen und lachte nur leise vor sich hin.

„Warum ungünstig? Ich habe den Eindruck es wäre für dich ungünstig, wenn ich jetzt aufhören würde.“ Zikéls Hand strich um den Braunen herum und fühlte deutlich eine Regung in dessen Schritt. Er rollte sich über Mao und presste seine Lippen mit leichtem Druck auf dessen Mund.

„Außerdem fällt es mir schwer die Finger von dir zu lassen.“ Eben diese gingen nun auf Wanderschaft und entdeckten erneut jede Stelle von Maos Körper.
 

~~~
 

Es war vorbei. Doch dieses Mal fühlte er sich nicht besser. Im Gegenteil.
 

Nitta blutete. Nur leicht, aber er blutete. Und das war nicht gut. Das alles war nicht gut. Gar nichts mehr war gut.
 

Der Tradon lag noch immer am Boden, wagte nicht, sich zu erheben. Er kannte seinen Träger. Er wusste, das dies noch nicht das Ende war. Die Platzwunde an seinem Kopf blutete leicht und schloss sich nur langsam. Sein Körper dröhnte vor Schmerz und die Steinplatten, auf denen er lag, machten seinen Körper seltsam taub vor Kälte.
 

Leonidas saß nicht weit von ihm auf einem Stuhl. Sein Blick wanderte über den athletischen Körper und in seinem Inneren regte sich etwas. Er stand auf und kniete neben Nitta nieder.
 

„Hast du starke Schmerzen?“
 

Keine Antwort.
 

„Es tut mir leid.“
 

Ein Wispern. „Ich weiß.“
 

Vorsichtig half der Dracath seinem Diener auf. Nitta stand, wackelig zwar, aber er stand. Es waren weniger die körperlichen Wunden, als mehr die seelischen, die ihn taumeln ließen.
 

Schweigend machte Leonidas die Kleidung des Tradon wieder zurecht. Und seine. Danach führte er ihn in ihr gemeinsames Schlafgemach.
 

Ohne nachzudenken entkleidete der Tradon sich und ließ sich auf das Bett fallen, seinem Herrn den nackten Rücken zugewandt, die Blutspuren deutlich sichtbar. Gleich würde Leonidas ihn ein weiteres Mal nehmen, sanft, liebend, und Nitta würde sich zwingen, es vorüber gehen zu lassen, ohne allzu sehr Anteil zu nehmen. Wie immer.
 

Leonidas hatte sich ausgezogen. Legte sich zu dem Weißhaarigen. Und zog ihn in die Arme.
 

„Du wirst dir untreu.“ merkte Nitta schwach an.
 

„Wer weiß...“ antwortete Leonidas.
 

Die beiden Gestalten lagen reglos, schlummernd. Nitta wagte nicht zu schlafen, zu kostbar schien ihm diese Stunde. Seit langer, langer Zeit war es das erste Mal, dass sein Herr sich nicht wie ein Herr verhielt. Seit so langer Zeit...

Kapitel 20

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Kapitel 21

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Kapitel 22

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Kapitel 23

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Kapitel 24

Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél

Teil: 24/30

Autor: Alaska & BlueMercury

Genre: Fantasy

Warnung: Zucker, Depri (?)
 

Kommentar: Nach langer, langer, sehr langer Zeit nun endlich ein neues Kapitel. Tut mir leid, ich hatte etwas stressige Klausurenphase in der Uni und und und. Ich hoffe, es gibt nach all der Zeit noch jemanden, der die Geschichte liest, wir freuen uns wie immer riesig über Kommentare und danken allen Kommentierenden ganz herzlich.
 


 


 


 

~24~
 

Mao lag gegen Zikéls Brust gelehnt, die sich stetig hob und senkte. Sein Namuri schlief und Mao selbst bekam nicht genug davon, ihm zuzusehen. Es beruhigte ihn, den Anderen so anzuschauen.
 

Lange beobachtete er ihn, träumte vor sich hin. Bis er etwas hörte. Vorsichtig löste er sich von Zikél und ging dem Geräusch auf den Grund. Es kam aus dem Zimmer von Telis. Er weinte.
 

„Zikél...Zikél, wach auf.“ weckte er sofort seinen Partner.
 

Noch reichlich verschlafen sah er zu Mao auf und lächelte.

„Hast du noch nicht genug?“ Eine Hand fuhr ihm in den Nacken und er wollte den Braunen schon zu sich ziehen, doch dieser wehrte sich. Erst jetzt hörte auch Zikél das leise Wimmern und war sofort hellwach.

„Telis! Ist er wach?“ Schnell stand er auf und lief in das andere Zimmer. Das graue Kätzchen wälzte sich nun mehr herum, hatte sich in die Decke verkrallt und weinte. Ohne zu zögern nahm Zikél ihn vorsichtig in den Arm und strich ihm über das Köpfchen.

„Er wird wach. Claras Spruch wirkt nicht mehr lange...“ Besorgt sah der Blaue Mao an.
 

„Soll ich...jemanden holen?“ wollte Mao wissen, setzte sich aber erst mal zu den Beiden. „Telis...“ wisperte er und begann, den Jungen zu kraueln. „Hörst du mich?“
 

„Nein, noch nicht. Wenn zu viele auf einmal um ihn herum sind, bekommt er nur Angst. Außerdem sind wir jetzt seine Familie, wir müssen das auch allein schaffen.“ Zikél zog die Brauen zusammen und versuchte sich zu beruhigen. Sie durften jetzt nicht die Nerven verlieren. Er wusste, wie Telis sein konnte und machte sich auf das Schlimmste gefasst.

Leise redete er auf ihn ein, hielt ihn.

Das Weinen nahm nach einiger Zeit ab, wurde nur zu leisem Gemurmel, aus dem Zikél deutlich ein Wort heraushörte: Jalla.
 

Die Blicke der Kater trafen sich. Mao rutschte noch ein bisschen näher und strich dem Jungen beruhigend über den Kopf. „Telis...Kätzchen...“ schnurrte Mao und hoffte, dass der Junge bald erwachen würde.
 

Telis zuckte unter Maos Hand, verzog das Gesicht. Die Ohren und der Schwanz bewegten sich unruhig und die Augenlider flatterten. Doch es dauerte noch eine ganze Weile, bis man endlich das Dunkelblau erkennen konnte. Noch etwas verschlafen, blickte sich der Junge um. Er wirkte verwirrt, unruhig, wollte sich von Zikél los machen. Die kleinen Öhrchen lagen dicht am Kopf, als er den Blauen groß ansah.

„Ich habe was ganz schreckliches geträumt.“ schniefte er und blickte zu Mao.
 

Maos Züge wurden weich. „Wir sind hier, Kätzchen. Wir sind bei dir.“ Er ergriff die Hand des Kleinen. So gerne hätte er Telis in den Arm genommen.
 

Zikél umschloss Telis fester von hinten und drückte seine Lippen gegen die Schläge des Kleinen, welcher auf einmal schrecklich zitterte.

„Warum...sagst du das?“ Der Junge schien Maos beruhigende Worte als Anlass zum Misstrauen genommen zu haben, denn er wandte sich nun zu dem Blauen, leise Furcht in den Augen.

„Ich will zu Jalla...wo ist mein Jalla?“ Die ersten Tränen liefen dem Jungen über die Wangen, Zikél atmete tief durch und strich sie ihm weg.

„Telis, es tut mir wirklich leid, aber dein Jalla....nun, er ist jetzt bei deinem Jaho.“ Erschrocken legte der Graue die Ohren noch dichter an und schüttelte erst langsam, dann heftiger seinen Kopf.
 

„Du hast nicht geträumt, Telis. Du erinnerst dich doch an den Überfall...und an die Zeit bei Leonidas...und an mich...wir sind da. Und...viele andere auch...“ Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, verfluchte er sich auch schon dafür. Mao war kein guter Tröster, nicht im Umgang mit Kindern. Hilfesuchend sah er zu Zikél.
 

Dieser starrte ihn mit einer Mischung aus Entsetzen und Verzweiflung an. Er wusste, dass der Braune nur das Beste wollte, aber bei Telis musste man sehr vorsichtig sein, wie dieser auch gleich unter Beweis stellte.

„Nein! Du lügst! Ich will zu Jalla! Lass mich los! Ich will nicht bei euch bleiben!“ schrie der Junge und wehrte sich gegen Zikéls Klammergriff, dem er allerdings nicht entrinnen konnte.

„Beruhige dich, Kleiner. Ich weiß, du willst-“

„NEIN! LASS MICH LOS!! ICH WILL DAS NICHT HÖREN!“ Der Graue presste die Hände auf die Ohren und schüttelte wild den Kopf.
 

Mao biss sich auf die Lippe. „Ich...es tut mir so leid...“ wisperte er und ließ die Ohren hängen.
 

Der Blaue hatte im wahrsten Sinne des Wortes alle Hände voll zu tun mit dem Kätzchen, weshalb er seinen Namuri nur kurz ansah und nickte. Mao konnte nicht wissen, wie Telis gewesen war. Für ihn war er immer der kleine aufgeweckte Junge, aber dass er eigentlich ein fast schon cholerischer unbändiger Problemfall war, das hatte er nie zu sehen bekommen. Bis jetzt.

„Mach...die Tür zu.“ ächzte er und drehte den Kopf von Telis weg, da dieser nun schreiend dazu überging mit seinen Klauen um sich zu schlagen. Immer wieder rief er nach seinem Kemjal und wurde nur noch hysterischer, wenn Zikél versuchte ihm gut zuzureden.

„Telis, ich weiß, es tut weh, aber du bist nicht allein...“ Kleine Krallen bohrten sich in seinen Unterarm und hinterließen tiefe Spuren, doch der Kater biss nur die Zähne zusammen und versuchte seinen Schützling weiterhin festzuhalten.

„IHR LÜGT!! ER IST DA! ER WARTET AUF MICH!!“ kreischte Telis und trat dem Blauen hart in den Unterleib, so dass dieser aufkeuchte und ihn losließ. Diese Chance nutzte das Kätzchen natürlich und rannte auf Mao zu, der gerade die Holzwand vor dem Eingang anbringen wollte. Rücksichtslos stieß er den Braunen weg und verschwand nach draußen, wo er fassungslos auf das neue Dorf starrte. Alles war anders, nichts mehr da, wo er es kannte. Telis schrie erneut und tobte am Geländer.
 

Mao war ihm sofort gefolgt, hatte den Kleinen gepackt und bevor er richtig loslegen konnte, sich aus dem Griff des Braunen zu befreien, hatte er ihn zurück in die Hütte gezogen. „Telis, beruhige dich!“ sagte er laut und bestimmt. Das war keine Situation, in der Mao noch an Feinfühligkeit dachte.
 

„GEH WEG! LASS MICH LOS!! ICH HASSE DICH. ICH HASSE EUCH BEIDE!“ schrie Telis und schlug und trat fest nach Mao.

Zikél hatte sich mittlerweile wieder aufgerappelt und lief zu ihnen.

„Telis, hör auf! Wir können doch auch nichts dagegen tun! Dein Jalla hat dich geliebt! Er hat sich für dich geopfert! Damit du leben kannst!“ Erneut schrie Telis, warf sich zu Boden und zappelte und trat um sich, wobei Zikél erneut erwischt wurde.

„Telis, bitte!“ knurrte der Kater und versuchte ihn runterzudrücken.
 

Der Braune griff nach den beiden Händen des Kleinen und hielt sie fest. Mao hatte Tränen in den Augen. „Du hasst uns? Damit können wir leben. Du bist so undankbar! Dein Jalla ist nicht gestorben, damit du alleine bist, sondern damit du lebst und er wird immer bei dir sein! Wie kannst du daran nur zweifeln?“ Der Kater brüllte. Er brüllte den Jungen an und es war nicht nur der Schmerz über die Verzweiflung des Kleinen, sondern auch seine Wut auf sich selber und das Gefühl in seiner Brust...er selbst hatte seinen Jalla hängen sehen und wusste, wie Telis sich fühlen musste. Und trotzdem konnte er ihn nicht trösten. „Er ist bei dir. Sie sind beide bei dir. Und das werden sie immer sein, begreif das doch!“ flehte er nun mehr und presste die Handgelenke des Kleinen zu Boden.
 

Telis hörte dem Braunen gar nicht zu, schrie nur, weinte und versuchte sich loszumachen.

Zikél hörte den Schmerz in Maos Stimme und sah auch die Tränen. Binnen weniger Sekunden zog er die Schlüsse und schob seinen Geliebten nachdrücklich beiseite.

„Mao, geh! Geh und hol meinen Kemjal!“ fauchte er und bekam prompt einen Hieb, der rote Kratzer auf seiner Wange hinterließ.

„Telis, hör auf! Das hat keinen Sinn!“

„ICH WILL ZU JALLA! ER IST NICHT TOT....er ist nicht tot!“ schluchzte der Graue und Zikél schlang erneut die Arme um ihn, konnte die Verzweiflung, Angst und Trauer des Jungen geradezu spüren. Beschützend hielt er ihn und fühlte dabei deutlich Telis’ Krallen in seinem Rücken, wie sie sich an ihn klammerten.

„Mao! Geh endlich!“ fuhr er den Braunen erneut an, denn er wusste nicht, wie lange er das Kätzchen so ruhig halten konnte und sein Namuri war deutlich ungeeignet zum Trostspenden.
 

Wie geschlagen stand Mao auf, verharrte noch einen Moment und stürzte dann aus der Hütte. Er war kaum auf der Brücke, als er schon nach Suaresh rief. Er wischte sich die Tränen von den Wangen und lief einfach in die Hütte der anderen Beiden. „Suaresh!“
 

Suaresh sah auf, als Mao hereinstürmte. Er war gerade damit beschäftigt einige Schalen zusammen zusuchen für die Feier und stellte sie weg.

„Mao? Was ist denn los?“ Auch Rana kam nun aus dem Schlafzimmer, einige Decken in den Armen.
 

„Zikél braucht schnell deine Hilfe...“ presste Mao heraus und rang sichtlich um seine Fassung. „Schnell!“ Bittere Tränen traten ihm immer und immer wieder in die Augen und er barg sein Gesicht in seinen zitternden Händen.
 

Suaresh fragte gar nicht weiter nach, sondern rannte gleich los. Rana kam auf Mao zu und nahm ihn fest in den Arm.

„Beruhig dich, Kätzchen. Es wird alles gut.“ Er strich dem Braunen sanft über den Rücken und dirigierte ihn zu einem Stuhl.

„Was ist denn passiert?“ fragte er leise, obwohl er es sich schon denken konnte.
 

Mao kam nicht zum Reden. Er hielt sich an Rana fest und weinte unterdrückt und winselte irgendwann kurz: „Zikél hat mich weggeschickt...“ und weinte weiter. Er fühlte sich so schrecklich. Jetzt, gerade jetzt müsste er bei seinem Partner sein.
 

Rana schwieg darauf hin nur und gab Mao einfach die Nähe und den Trost, den er jetzt brauchte. Der Dunkelbraune hatte noch nie über etwas geurteilt, bevor er nicht beide Seiten einer Geschichte kannte und wie er seinen Sohn einschätzte, hatte dieser einen Grund gehabt, warum er Mao weggeschickt hatte.

In der Hütte einen Baum weiter tobte immer noch ein wilder Kampf, denn Telis war Zikél ausgebüchst und schlug nach allem, das ihn daran hindern wollte aus der Hütte zu kommen.

„Telis, hör auf zu schlagen!“ fauchte Suaresh beherrscht, da er bereits einige Kratzer kassiert hatte. Sein Sohn setzte gerade zum Sprung an und warf sich auf das Kätzchen, rollte aber ab, so dass Telis sich nicht weh tat.

„Du darfst weinen, Kleiner! Du darfst weinen! Aber hör auf anderen weh zu tun.“ redete Zikél überraschend ruhig auf ihn ein. Er konnte dem Grauen einfach nicht böse sein und er war sich sicher, dass es ihm gelingen würde den Jungen zu beruhigen. Und seine Worte schienen wirklich zu wirken, denn Telis’ Gegenwehr ebbte immer mehr ab und wurde zu herzzerreißendem Schluchzen. Suaresh kniete sich neben sie und umarmte beide, da sich mittlerweile auch Tränen bei dem Blauen zeigten. So schrecklich hatte er es sich nicht vorgestellt.
 

Mao beruhigte sich langsam. Er löste sich irgendwann von Rana, wischte sich abermals die Tränenspuren aus dem Gesicht und setzte sich mit hängenden Ohren vor Rana hin. „Ich habe das Gefühl, hier gar nicht her zu gehören...“ wisperte er, nicht sicher, ob es wollte, dass Rana ihn verstanden hatte oder nicht.
 

Der Dunkelbraune lehnte sich zurück und sah Mao liebevoll an. Natürlich fühlte dieser sich nicht wohl! Wie sollte man sich auch unter so vielen Fremden und mit einem tollwütigen Kätzchen wohl fühlen?

„Ich weiß. Aber das ist nicht schlimm. Weißt du, Mao...ich kann mir nicht anmaßen zu verstehen, was du fühlst oder nachzuempfinden, was du alles erlebt hast. Das ist unmöglich. Ich kann dir nur erzählen, wie es mir in ähnlichen Situationen ergangen ist. Ich bin genauso fremd wie du in dieses Dorf gekommen. Ich kannte nur Su und war blind vor Liebe. Ich wollte nichts sehnlicher, als mit ihm zusammen leben.“ Der Kater lächelte väterlich und legte eine Hand auf Maos.

„Aber nach nur einer Woche setzte das Heimweh ein. Mein Dorf liegt einige Tagesreisen von hier entfernt und ich bin in einer sehr behüteten Familie aufgewachsen. Das heißt, ich war schrecklich verzogen und verwöhnt. Und Su ist kein Partner, der dafür Verständnis hat. Er war zwar liebevoll und zärtlich, aber er war eben nicht mein Kemjal oder Mekjahor. Ich wollte zurück, so schnell wie möglich! Ich habe mein früheres Leben, die Sicherheit der Gewohnheit vermisst, ich brauchte sie! Ich war nicht selbstständig und war, was die Führung eines Haushaltes anging, eine wahre Enttäuschung. Kurz: es gab oft Streit, ich fühlte mich unwillkommen und einfach Fehl am Platz.“ Rana hob eine Hand und strich dem Braunen sanft über die Wange.

„Ich weiß, du hast keine Familie, zu der du zurück kannst. Aber Leonidas kam dem wohl am nächsten. Er hat dich beschützt, für dich gesorgt, du musstest ihm nur dienen. Aber das ist nun vorbei. Es ist schwer, unglaublich schwer und man will irgendwann einfach nur noch in sein altes Leben, weil es zu viel wird. Und es ist keine wirkliche Hilfe, wenn der Partner, der eigentlich für einen Sorgen sollte, mit dem Aufbau des Dorfes oder der Bändigung eines wilden Kätzchen beschäftigt ist. Ich glaube nicht, dass Zikél es böse gemeint hat. Im Gegenteil, wahrscheinlich wollte er dich schützen, euch beide. Er trägt viel Verantwortung mit seiner neuen Familie und auch er ist unsicher, was das betrifft. Ihr müsst zusammen lernen miteinander umzugehen. Frei...miteinander umzugehen. Du hast die gleichen Rechte wie er. Du darfst genauso mal auf den Tisch hauen und sagen, was dir nicht passt. Es ist nicht so wie früher, Mao, du musst nicht immer still sein und nicken. Ich weiß nicht, was genau vorgefallen ist, aber es ist wichtig, dass du mit Zikél nachher darüber redest. Dass du ihm sagst, wie du dich gefühlt hast. Was dir so weh getan hat. Mit Liebe allein werdet ihr nicht weit kommen in eurer Beziehung. Ihr müsst euch vertrauen, offen sein und dürft eure Gefühle nicht voreinander verstecken.“ Wieder lächelte der Dunkelbraune und drückte Mao die Hand.

„Suaresh und ich haben lange gebraucht, um das herauszufinden. Aber ich bin sicher, du und Zikél, ihr werdet das schnell schaffen. Er braucht dich, Mao. Und er würde alles für dich tun.“
 

Eingeschüchtert von der Wortflut nickte Mao nur und sah weiterhin betreten zu Boden. Er fühlte sich nicht besser, im Gegenteil, der Druck, sich anzupassen, wuchs. Wenn er so darüber nachdachte, hatte er sich noch nie so gefangen gefühlt wie hier.
 

„Ich weiß.“ seufzte er irgendwann. „Und ich enttäusche ihn nur.“
 

„Das glaube ich nicht. Er hat nur Angst um dich und ist von sich selbst enttäuscht, weil er dir das Leben hier nicht erleichtern kann. Aber wenn etwas Zeit vergeht...wer weiß, vielleicht findest du es dann hier ganz nett.“ Rana stand auf und ging zu der kleinen Kochstelle.

„Möchtest du etwas trinken?“
 

„Honigwein.“ antwortete Mao abwesend.
 

Kaum merklich zog Rana die Brauen hoch und drehte sich wieder um. Honigwein. Natürlich hatte er nie das da, was seine Gäste wollten. Ärgerlich begann der Dunkelbraune einen Beruhigungstee zu kochen und dort besonders viel Honig hineinzurühren.

„Es tut mir leid, aber Honigwein habe ich nicht im Haus. Ich hoffe, es schmeckt dir vielleicht trotzdem. Wenn nicht, lass es einfach stehen.“
 

„Was?“ fuhr Mao auf und schüttelte leicht lächelnd den Kopf. „Ist schon gut. Ich wollte auch gar nicht...ach, egal.“
 

Der Ältere sah entschuldigend auf den Namuri seines Sohnes und seufzte leise. Nachdem er sich ebenfalls Tee eingegossen hatte, allerdings mit weniger Honig, setzte er sich wieder zu dem Braunen und trank.

Es verging einige Zeit, da ertönte leises Poltern und Suaresh betrat die Hütte. Er sah zerzaust und teilweise zerkratzt aus, aber es schien ihm gut zu gehen.

„Teufelsbalg.“ zischte er und leckte sich über einen Kratzer am Arm.

„Hör auf so über Telis zu reden! Der Kleine hat verdammt viel mitgemacht!“ fauchte Rana plötzlich nicht mehr so ruhig und warf seinem Gefährten böse Blicke zu. Dieser grummelte nur leise eine Entschuldigung und verschwand im Schlafzimmer. Kurz darauf kam er mit Verbandszeug wieder und setzte sich an den Tisch.

„Er hat sich endlich beruhigt. Zikél hat es weit schlimmer getroffen als mich. Anstatt den Krallen auszuweichen, hat er sich regelrecht hineingestürzt! Ich versteh nicht, wie Amidas das ausgehalten hat.“ Rana nahm dem Getigerten den Verband ab und versorgte ihn.

„Mit viel Liebe.“

„Ja, und einem dicken Fell! Ich kann mich nicht erinnern, dass er jemals so zerkratzt aussah.“

„Verdammt, Su! Amidas war sein Kemjal! Natürlich verhält er sich da anders.“ Auch wenn er es nicht zeigte, nahm die ganze Sache den Dunkelbraunen ziemlich mit. Sein Gefährte senkte nur den Kopf und schwieg.

„Er hat übrigens nach dir gefragt. Zikél, meine ich.“ bemerkte der stämmige Kater nebenbei und sah Mao nachdenklich an.
 

„So? Was möchte er denn?“ fragte Mao, mehr aus Höflichkeit denn aus Interesse. Suaresh sah schlimm aus. Wenn er wieder bei Zikél wäre, würde er ihn erst einmal flicken dürfen...wie so oft.
 

Die beiden Kater sahen kurz verwundert auf, warfen sich einen Blick zu und beschäftigten sich wieder mit Suareshs Wunden.

„Er hat sich Sorgen um dich gemacht. Ich habe es nicht ganz verstanden. Als Telis endlich ruhig war und sich nur noch an ihn geklammert hat, murmelte er irgendwas davon, dass er dich weggeschickt hat. Er wollte sich entschuldigen oder so.“
 

Seufzend stand der Braune auf. „Ich bringe dir den Becher später wieder, wenn das in Ordnung ist.“ Den Tee in beiden Händen verließ er sie und kehrte zu den anderen Beiden zurück. Wobei...eigentlich begnügter er sich damit, die Hütte zu betreten und sich im ersten Raum auf die Bank zu setzten, seinen Tee immer noch vor sich. Vorsichtig nippte er an dem heißen Getränk.
 

Es war ganz still in der Hütte. Man hörte keinen Mucks.

„Mao?“ Die Stimme klang mehr nach einem Hauchen, als wolle man eine schlafende Person nicht aufwecken.
 

„Hier.“ antwortete er ebenso leise.
 

Dann blieb es wieder still. Kurz darauf hörte man das Rascheln von Decken, Flüstern und Wimmern. Wieder Stille.

„Könntest du ins Schlafzimmer kommen?“ Unsicherheit in der Stimme.
 

Mao seufze wieder, stand auf und wechselte das Zimmer. Immer seinen Tee dabei.
 

Zikél sah ihn mit angelegten Ohren an, lächelte schwach und nervös. Über seine Nase und die Wange zogen sich lange Kratzer und auch der Rest seines Körpers war stark in Mitleidenschaft gezogen. Telis saß oder eher kauerte auf seinem Schoß, das Gesicht ins Brustfell vergraben, die Beine angezogen, in eine Decke gewickelt.

„Er wollte mich nicht gehen lassen.“ Er sagte es, als würde es alles erklären.

„Es tut mir leid, Mao.“ Zikél löste eine Hand und streckte sie nach dem Braunen aus. „Ich wollte dich nicht so anfauchen.“
 

Lächeln. Mao nahm die Hand in seine, beugte sich herunter und küsste sie. „Das ist schon in Ordnung. Das weiß ich.“ meinte er. „Aber lass uns später reden.“
 

Zikél drückte Maos Hand fest, damit dieser wusste, dass er es ernst meinte.

„Nein, ist es eigentlich nicht. Aber ich erklär es dir später.“ Allerdings fragte er sich, wann das sein würde, denn Telis schien weder schlafen, noch ihn gehen lassen zu wollen.
 

„Soll ich Rana oder Suaresh Bescheid sagen?“ wollte Mao wissen und zog seine Hand zurück, legte sie wieder um die Tasse, aus der er noch einen Schluck nahm.
 

Mit hängenden Ohren sah sein Namuri ihn an. Zikél wurde kalt. Mao schien so abweisend und distanziert, als würde er gar nicht davon betroffen sein.

„Nein, aber...es wäre schön, wenn du dich etwas zu uns setzen würdest.“ murmelte der Blaue und sah betreten auf Telis herunter. Er musste Mao wirklich sehr verletzt haben.
 

Mao legte den Kopf schief, dann lächelte er. „Gut. Ich komme sofort.“ Er verließ das Schlafzimmer und stellte den Tee in der Wohnküche ab. Dann holte er eine Decke aus dem anderen Schlafzimmer, warf sie sich um die Schultern und huschte zurück zu Zikél. Dort ließ er sich neben ihm nieder, legte sanft dessen Kopf gegen seine Schulter und fasste nach seiner Hand. „Ich kümmere mich nachher um deine Verletzungen, ja?“
 

Dankbar hauchte er einen Kuss auf Maos Hals und drückte seine Hand, als wäre es der letzte Rettungsanker, den er hatte.

„Das brauchst du nicht. Das sind nur Kratzer, die heilen von selbst.“ flüsterte er und schmiegte seine Wange gegen die Schulter. Am liebsten hätte er ihn fest in den Arm genommen, doch Telis weigerte sich strikt auch nur einen Zentimeter wegzurücken.

„Danke.“
 

„Bedank dich nicht, das ist purer Eigennutz. Wer will schon einen völlig vernarbten Mann haben?“ stichelte Mao liebevoll und lehnte seinerseits seinen Kopf gegen den Zikéls.
 

Dieser verzog den Mund zu einem Schmunzeln, wurde aber schnell wieder ernst.

„Nein, danke, dass du für mich da bist, dass du hinter mir stehst und mich unterstützt.“ Er hob den Kopf, streckte sich etwas und küsste Mao sacht auf die Wange.
 

„Ist doch selbstverständlich.“
 

„Nicht unbedingt.“ Aber Zikél ging nicht weiter darauf ein. Er rutschte etwas unbehaglich hin und her, da langsam alles ab der Hüfte einschlief, ausgenommen von Telis, der sich immer noch still an ihn klammerte.

„Könntest...würdest du ihn kurz nehmen?“ wollte der Blaue vorsichtig wissen und spürte, wie sich kleine Hände in sein Fell krallten.
 

„Die Frage ist wohl eher, ob er mich nimmt.“ Probehalber schlug der Braune die Decke zurück und sah Telis fragend an. „Na, kommst du mal zu mir, damit Zikél seine eingeschlafenen Füße wieder wecken kann?“ Er grinste. „Du kannst ihn ja an seinem Schwanz festhalten.“
 

Telis sah den Braunen verschreckt mit großen Kulleraugen an, als hätte er ihn angeschrieen. Dann plötzlich stiegen ihm die Tränen in die Augen und er streckte die Arme nach ihm aus. Kaum dass Zikél ihn übergeben hatte, klammerte sich das Kätzchen an Mao fest und schluchzte laut auf. Der Blaue stand etwas wackelig auf und verzog das Gesicht, als es überall ziepte und zog.

„Ich komme gleich wieder.“ flüsterte er und wollte gerade das Zimmer verlassen, da schrie Telis auf und schnappte nach seinen Schwanz. Zikél blieb jäh stehen und sah zu dem wimmernden Fellknäuel.

„Telis, bitte, ich muss etwas herumlaufen. Ich komme gleich wieder. Mao, ist doch bei dir, hm? Er passt jetzt auch auf dich auf.“ Sichtlich überfordert schaute Telis in die braunen Augen und begann wieder zu weinen.

„Wirklich?“
 

„Ganz bestimmt.“ Den Jungen fest im Arm, stand Mao etwas wackelig auf. „Wir können ihn ja noch ein Stück begleiten.“ lächelte er und folgte, Telis in den Armen, Zikél in den Nebenraum. „Möchtest du etwas trinken, Telis? Ich habe hier ganz leckeren süßen Tee.“
 

Dieser vergrub nur wieder das Gesicht an der Brust und schüttelte leicht den Kopf. Zikél beobachtete die Beiden bedrückt, nahm sich aber mit einem leisen „Darf ich?“ den Becher und nippte daran. Ja, wirklich sehr süß! Doch er war froh überhaupt etwas zum Trinken zu haben. Die vielen Tränen erweckten bei ihm den Eindruck, dass er völlig ausgetrocknet war.

„Möchtest du vielleicht was essen?“
 

„Oh, gerne.“ antwortete Mao. „Ich habe ziemlichen Hunger...und wo wolltest du hinlaufen?“ Er setzte sich mit Telis auf die Bank und trank selber noch einen Schluck von seinem Tee, um den Becher danach dem Kleinen vor das Näschen zu halten.
 

„Eigentlich nur hier ein bisschen auf und ab. Etwas die Beine vertreten.“ Zikél trat an die kleine Wohnküche und sah sich etwas hilflos um. Das Essen würde er wohl erst mal jagen müssen, denn frisches Fleisch hatte er noch nicht da. Woher auch?

„Naja, vielleicht sollte ich mal kurz nach unten und sehen, ob sie schon mit dem Rehbraten angefangen haben.“ Allerdings war es ihm nicht so recht Mao mit Telis allein zu lassen. Sollte der Kleine wieder einen seiner Anfälle kriegen, war sein Namuri diesem sicherlich nicht gewachsen. Außerdem wollte er nicht, dass der Braune verletzt wurde.

Nachdenklich blickte er auf das graue Kätzchen, das nun an dem Becher nippte, den Kopf weiterhin gegen Maos Schulter gelehnt.
 

„Mach das. Wir bleiben hier...aber wenn du willst, Telis, stellen wir uns draußen hin und beobachten Zikél.“ Er knuffte den Kleinen leicht und sah ihn fragend an.
 

Dieser nickte nur und schnüffelte an Mao, um gleich darauf sein Gesicht in dessen Fell zu vergraben. Der Braune konnte spüren, wie es an seiner Haut feucht wurde.

Zikél stand noch etwas zögerlich in der Tür, verschwand dann aber.

In seinem zerkratzten Zustand trat er unter seine Freunde und Bekannte, die ihn alle etwas entsetzt ansahen. Einige umringten ihn sofort und fragten nach, was denn vorgefallen sei und wo sein Namuri war. Der Blaue antwortete zwar geduldig, spürte aber die Schwere um sein Herz. Es würde nie mehr so sein wie früher...

Als Suma ihn entdeckte, übergab er seine Kätzchen sofort an Daikan und stürmte auf seinen Bruder zu.

„Wie läufst du denn rum? Zikél, das muss doch versorgt werden. Dafür ist doch dein Partner zuständig.“ Der aufgeregte Kater sah hinauf zum Baumhaus und entdeckte Mao, den er vorwurfsvoll ansah.

„Nein, lass nur. Es sind nur ein paar Kratzer und-„

„Na und? Wenn sich einer davon entzündet, hast du schnell ein Problem! Also, hinsetzen und Mund halten.“ Zikél versuchte noch einige Male einen Einwand vorzubringen, doch Suma drückte ihn einfach auf einen Holzstumpf und holte sein Verbandszeug. Immer wieder schaute Suma zu Mao hoch und schüttelte dann nur den Kopf. Wieso musste sich dieser so abgrenzen? Damit verletzte er Zikél nur unnötig. Und dieser konnte nun wirklich allen Beistand brauchen.

„Zikél, ich finde es nicht gut, dass Mao da oben allein hockt und kein Interesse daran zeigt, uns kennen zu lernen.“

„Lass ihn in Ruhe. Ihr seid fremd, das alles ist fremd. Versteh das doch.“ Es klang genervt und erschöpft, doch der Blaue ließ es nicht auf sich sitzen. Suma nörgelte noch weiter, bis sein Bruder nach der Behandlung einfach aufstand, sich etwas Fleisch vom Spieß holte und zu seiner Hütte zurückkehrte.

„Hier...das ist für euch.“ murmelte er, als er oben war und ging ins Innere.

„Du kannst mir Telis geben, wenn du essen willst.“
 

Mao behielt Telis bei sich. Er hatte sich die ganze Zeit enger an das Kätzchen gedrückt. Er hatte nicht verstehen können, worüber sie geredet hatten, aber er hatte die Blicke gesehen, die ihm zugeworfen worden waren. „Ich hätte das auch gemacht...“ merkte er nur an und betrachtete die Verbände an Zikéls Armen und Beinen.
 

„Ich weiß. Aber Suma hat nun mal diesen übergroßen Beschützerinstinkt mir gegenüber seit meiner Entführung. Er muss mich immer umsorgen, wenn ich krank bin und so. Vergiss es einfach. Er übertreibt es.“ Zikél holte Teller aus einem Schrank und stellte sie bereit. Dann teilte er das Fleisch auf und legte noch etwas gegrilltes Gemüse dazu.

„Tut mir leid, mehr konnte ich nicht tragen. Aber ich kann noch mal runter gehen, wenn du willst.“ Er lächelte schief und zuckte mit den Achseln.

„Ich weiß, du bist von Leonidas besseres gewohnt. Morgen werde ich mehr bereit haben...“ versprach er und setzte sich.
 

„Nein, Leonidas hat mich verwöhnt.“ meinte Mao nur. Er setzte sich mit Telis an den Tisch und schob dem Kätzchen was zu Essen hin. „Iss was.“
 

Doch der Junge weigerte sich und drehte den Kopf weg.

„Telis, bitte, du musst was essen. Du magst doch Rehrücken, oder?“ Der Graue nickte, rührte aber trotzdem nichts an. Hilflos blickte er zu Mao und zog die Brauen hoch.
 

„Dann esse ich auch nichts.“ meine Mao nur und raffte den Jungen dichter an sich heran. „Vielleicht hast du ja später etwas Hunger...?“
 

„Mao, du musst aber was essen!“ protestierte Zikél, klang dabei aber doch sehr müde. „Ihr müsst beide etwas essen, ihr braucht es...“ Er schob ihnen die Teller weiter zu, doch Telis drehte sich nur weg.
 

Mao seufzte leise. Wenigstens hatte Telis etwas von seinem Tee getrunken. „Telis, möchtest du heute Abend mit uns mitkommen? Die Anderen feiern...“
 

„Nein, ich will zu meinem Jalla.“ nuschelte der Kleine und Zikél vergrub das Gesicht in den Händen. Innerlich musste er sich wirklich zusammen reißen.

„Telis, komm doch mit. Deine Freunde sind auch alle da. Und Rana will dich auch wieder sehen, hm?“ Er lächelte aufmunternd und der Graue schien wirklich zu überlegen, klammerte sich aber weiter an Mao fest.

„Außerdem wollen die Anderen Mao auch kennen lernen. Willst du ihn denn nicht deinen Freunden vorstellen?“
 

Maos Ohren zuckten entzückt und er lächelte Telis an. „Und du wolltest mir so viele Spiele beibringen.“ Er hielt dem Jungen probeweise noch einmal was zu essen vor die Nase.
 

Zikél nickte bekräftigend und aß ein kleines Stück vom Fleisch.

„Das schmeckt lecker. Probier doch mal.“ Telis sah skeptisch auf das Essen. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn aber wieder.

„Bleibst du bei mir?“ fragte er dann Zikél und dieser lächelte erleichtert.

„Natürlich. Wir bleiben beide bei dir.“ Kurz sah der Graue den Anderen an, als wolle er den Wahrheitsgehalt somit prüfen und nahm sich dann etwas von dem Fleisch.
 

Mao knuffte den Jungen und aß dann auch ein bisschen was. „Also kommst du mit, ja?“
 

Telis nickte und Zikél fühlte sich, als hätte er einen Sieg errungen. Das war doch ein Fortschritt, oder? Ein kleiner jedenfalls. Doch er machte sie keine Illusionen, dass es so bleiben würde, schließlich kannte er den Jungen dafür zu lange.

„Wenn wir aufgegessen haben, gehen wir runter und schauen mal, wie weit sie sind, in Ordnung?“ Er aß nur wenig, da sein Appetit irgendwo zwischen dem Streit mit Mao und dem Kampf mit Telis verloren gegangen war.
 

Mao ging es ähnlich, flößte Telis aber umso mehr ein und kümmerte sich eh die ganze Zeit um den Jungen. Irgendwie...irgendwie war Telis im Moment sein einziger Verbündeter.
 

Zikél sah ihm eine Weile zu und lächelte still. Er war froh, dass die Beiden sich so gut verstanden und Mao wenigstens das Kätzchen an sich heran ließ.

„Er steht dir.“ schmunzelte er und nickte zu dem Grauen. „Vielleicht solltest du dich mehr mit Kätzchen umgeben.“
 

Die braunen Ohren zuckten. „Was soll das denn heißen?2 wollte Mao etwas vorsichtig wissen. Wobei...mit etwas Glück...Pech...Glück! war er eh schon trächtig...
 

Die Kinnlade des Jungen klappte herunter. Da hatte er ja noch gar nicht dran gedacht! Schockiert und etwas verwirrt starrte er Zikél an.
 

Dieser verstand diesen Ausdruck nicht und lächelte nur sacht. Hatte er wieder etwas Falsches gesagt?

„Ich meinte nur....wenn Telis um dich herum ist, so wie jetzt, dann siehst du zufrieden aus, ruhig und ein Stück weit glücklich. Deshalb solltest du schnell seine Freunde kennen lernen. Vielleicht....gefällt es dir ja dann hier.“ Zikél gelang es wirklich sein freundliches Lächeln aufrecht zu erhalten ohne die leichte Traurigkeit durchscheinen zu lassen.
 

„Oh...“ verstand Mao etwas ungeschickt, klappte den Mund wieder zu und lächelte ebenfalls unsicher. „Was meinst du, Telis? Wollen wir zu den Anderen gehen?“
 

Der Junge schaute noch etwas skeptisch zu Zikél, der kräftig mit dem Kopf nickte und aufstand.

„Komm, wir begrüßen die Anderen.“ Er reichte Telis eine Hand, damit er von Maos Schoß rutschte. Das tat er auch, allerdings nicht, ohne Maos Hand ganz fest zu halten.
 

Mao stand ebenfalls auf und tappte hinter Telis her. Seine Ohren zuckten unruhig. Aber im Zweifel konnte er sich mit den Kindern absetzen.
 

Zikél führte sie hinaus und über eine Hängebrücke zu einer anderen Plattform, von der aus man bequemer über einen Flaschenzug in einem Korb nach unten gelangen konnte, so dass sie nicht klettern mussten.

Um das Lagerfeuer war bereits viel Trubel. Aus den Bodenküchen, die extra für solche Anlässe gebaut worden waren, aber auch allgemein von allen genutzt wurden, hörte man Lachen, Schreien und ab und zu sogar ein Klirren.

Einige Tama-i saßen im großen Kreis um das Feuer auf Baumstämmen, die Kätzchen tobten herum und die Älteren widmeten sich den übrigen Vorbereitungen.

Suma sah sie als erstes und kam auf die kleine Gruppe zu.

„Telis! Hallo, mein Kleiner.“ Der Graue ließ die Hände seiner Begleiter los und stürzte dem Kater in die Arme. Dieser nahm ihn hoch und knuddelte ihn durch.

„Schön, dass du da bist.“ Er ließ ihn runter und sofort trollte sich der Junge wieder zu Mao. Zikél schloss seinen Bruder herzlich in die Arme und hielt ihn einen Moment länger fest, als nötig, um die Zuneigung in sich aufzusaugen, wie ein Schwamm das Wasser.

„Darf ich dir meinen Namuri vorstellen? Das ist Mao.“ Zikél trat zu dem Braunen und legte einen Arm um seine Schultern.

„Das ist Suma, mein zweiter Bruder.“ Der Kater ging auf Mao zu, das lächeln wirkte etwas gezwungen, aber es war freundlich, allerdings reichte er ihm lediglich die Hand.

„Willkommen in der Familie.“
 

Schüchtern nickte Mao. „Danke.“
 

„Wenn ihr etwas essen wollt, müsst ihr euch noch ein bisschen gedulden, denn der große Braten ist noch nicht fertig.“ Suma deutete ihnen auf zwei Baumstämmen Platz zu nehmen.

„Danke, wir haben eben oben gegessen. Wir wollten nur mal hallo sagen und die Anderen begrüßen.“

„Daikan kommt auch gleich. Es schaut nach den Kätzchen.“

„Wie geht es meinen Neffen denn?“ lächelte Zikél und strich Telis über den Kopf, der auf Maos Schoß geklettert war.

„Davon kannst du dich gleich selbst überzeugen.“ brummte eine genervte Stimme neben ihnen und ein stattlicher Kater mit vier kleinen Fellbündeln auf dem Arm setzte sich zu ihnen. Sofort strahlte Suma über das ganze Gesicht und nahm zwei der Kätzchen an sich.

„Sie ließen sich nicht beruhigen, deshalb habe ich sie mitgebracht.“ Daikan wirkte etwas knurrig, was wohl daran lag, dass er in letzter Zeit wenig Schlaf durch die Jungen bekommen hatte. Suma kümmerte sich meistens am Tag um sie oder wenn sie nachts gesäugt werden mussten, aber ansonsten hatten sie sich auf diese Verteilung geeinigt.

„Gib mir doch mal den Kleinen.“ Zikél streckte die Arme zu Daikan, der ihm dankbar das winzige Fellknäuel übergab.

„Hallo, mein Süßer. Na? Erinnerst du dich noch an mich? Schau mal, dass ich Mao.“ Er wies mit einem Finger auf den Braunen und strich dann zärtlich über das kleine Gesichtchen.
 

Mao war schon wieder kreuz unwohl. Er fühlte sich so...beobachtet und so fehl am Platz. Und unwillkommen...also: Flucht nach vorn.
 

„Hi...“ säuselte er dem Knäuel entgegen und hob eine Hand zum Gruß. „Und deine Freunde, stellst du sie mir vor?“ wollte Mao hoffnungsvoll von Telis wissen.
 

Telis blickte zögernd zwischen Zikél und dem Kätzchen hin und her, nickte dann aber langsam. Es schien ihm nicht ganz recht zu sein, doch er nahm Mao bei der Hand und zog ihn zu einer kleinen Gruppe von Jungen, die einem Ball hinterher liefen.

„Viel Spaß euch beiden!“ rief der Blaue ihnen noch hinterher und in seinem Blick lag Enttäuschung. Er versuchte sich immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass das alles neu für seinen Namuri war und er Zeit brauchte, dennoch sah er es nicht gern, wenn der Braune sich von allen zurückzog. Ohne es zu merken, drückte er das Kätzchen enger an sich und schnurrte leise.

„Er scheint ja nicht wirklich kontaktfreudig zu sein.“ bemerkte Suma in leicht gereiztem Ton und sah seinen Bruder an.

„Er ist eigentlich ganz anders. Er muss sich nur eingewöhnen.“ Jedenfalls hoffte er das.

„Wenn du meinst. Du musst ihn ja sehr lieben, wenn du dich so behandeln lässt.“ Der Blaue überging diese Bemerkung einfach und lächelte glücklich, während seine Augen auf Mao gerichtet waren.

„Ja, das tue ich.“
 

„Ahh, und wer seid ihr?“ Mao war bei den Jungen in die Hocke gegangen und sah sie alle an. Nur wer ihn kannte, konnte in seinem Lächeln den verdrängten Schmerz über die Worte Sumas entdecken. Mao war nicht, wie die Anderen. Er gehörte hier nicht her, er war ein Fremder und würde es auch immer bleiben. Nur hier, bei den Kinder fühlte er sich weniger schlecht. Sie setzten ihn nicht auf den Prüfstand, alles was sie interessierte, war, wie gut er spielen und klettern konnte. Das war eine sehr angenehme, wenn auch etwas eintönige Abwechselung.
 

Telis erklärte Mao ausführlich das Spiel, das die Jungen spielten und nannte ganz nebenbei die Namen. Er schien nun wie ausgewechselt zu sein, keine Spur mehr von dem hysterischen Jungen. Aber ganz der Alte war er nicht, denn sein Lächeln war nur klein und kam nicht aus seinem Herzen.

Zikél warf immer wieder einen Blick zu ihnen hinüber und lächelte, wenn er Maos Gesichtsausdruck sah.

Doch lange konnte er sich nicht mehr auf den Braunen konzentrieren, denn das Kätzchen in seinem Arm begann zu maunzen und zu quengeln.

„Ich glaube, er hat Hunger.“ Suma nahm seinen Sohn entgegen und stand auf. Daikan folgte ihm mit den Anderen und sie verzogen sich in eine ruhige Ecke.

Nun saß der Blaue allein. Allerdings nicht lange, denn Rana gesellte sich zu ihm und erkundigte sich nach Telis und Mao.
 

Derweil tollte Mao mit den Jungen herum. Und er hatte sogar Spaß dabei. Seine Größe war natürlich ein unschätzbarer Vorteil und oft genug brachte er die Jungs mit seinen Tricks aus dem Konzept. Als ein recht junger Tama-i geradewegs gegen sein Bein rannte und daraufhin völlig benommen zu ihm aufsah, entrang sich ihm sogar ein ehrliches Lachen und er nahm den Jungen auf den Arm. „Alles in Ordnung bei dir?“ wollte er wissen und strich dem Jungen über den Kopf.
 

Das Kätzchen rieb sich über sein Näschen und nickte. Er musterte Mao neugierig und schnupperte an ihm.

„Du bist neu hier, oder? Ich hab dich noch nie hier gesehen. Bist du auch aus dem Lager? Jalla sagt, wir müssen zu den Neuen nett sein, weil sie doch ihre Familie nicht mehr haben. Deshalb wohnt jetzt auch Onkel Wanos bei uns. Es guckt zwar oft traurig, aber ist wirklich lieb. Er lässt mich immer auf seinen Knien reiten.“ plauderte der orangefarbene Junge.
 

Mao lächelte. „Nein, aus dem Lager bin ich nicht. Zikél hat mich mitgebracht.“ meinte er nur. Er ließ den Jungen wieder runter, der daraufhin strahlend Maos Bein umschlang, um dann zu Telis zu laufen und ihn über Mao auszufragen. Mittlerweile etwas abseits vom Geschehen stand Mao da, mit verschränkten Armen und betrachtete das Treiben der Kleinen.
 

„Willst du nicht mal zu ihm gehen? Er fühlt sich hier nicht wohl.“ Rana beobachtete Mao unauffällig und blickte dann seinen Sohn an.

„Meinst du? Ich weiß im Moment einfach nicht, was das Richtige ist. Soll ich ihm seine Ruhe lassen, soll ich bei ihm sein? Wenn ich versuche, ihn mit anderen bekannt zu machen, rennt er gleich wieder weg.“ Der Dunkelbraune lächelte sanft und nahm den Blauen in den Arm.

„Ach, Kätzchen. Du willst wieder mit dem Kopf durch die Wand. Ihr seid gerade erst angekommen! Beiß dich nicht daran fest, irgendwann merkt Mao bestimmt, dass es hier Tama-i gibt, die sich gern mit ihm anfreunden wollen.“ Zikél seufzte und vergrub kurz das Gesicht im Fell seines Mekjahor.

„Ich glaube, Suma mag ihn nicht.“ brachte er leise hervor.

„Das glaube ich nicht. Suma will nur immer auf dich aufpassen und sicher sein, dass es dir gut geht. Es ist gerade sehr schwierig, aber er versteht das nicht. Wir brauchen alle Zeit, Zikél. Ich weiß, dass du ungeduldig bist.“

„Ungeduldig ist gar kein Ausdruck.“ grinste der Blaue und machte sich von seinem Jaho frei.

„Na los, geh zu ihm.“ Noch einmal tief durchatmend stand Zikél auf und schlenderte wie zufällig zu Mao.

„Na? Hast du schon Freunde gefunden?“ lächelte er und küsste den Braunen auf die Schläfe.
 

Mao kam ihm erfreut entgegen und schnurrte leise auf. „Freunde? Einen ganzen Fanclub, glaube ich.“ dabei nickte er in Richtung Telis, der immer noch seinem Freund erklärte, wer Mao eigentlich war.
 

„Tja, wer könnte dir auch widerstehen?“ flüsterte Zikél ihm ins Ohr und lächelte.

„Falls du es noch nicht weißt, der kleine Bengel da ist Damon. Telis und er sind gute Freunde. Du wirst ihn also noch des öfteren bei uns sehen.“ Er legte einen Arm um Maos Taille und schnurrte leise.

„Möchtest du dich noch etwas ans Feuer setzen? Jaho hat noch eine Kleinigkeit für dich. Aber das kann auch warten, wenn du nicht willst.“
 

„Hat was für mich?“ Mao sah Zikél etwas verwundert an, löste sich dann von ihm und sprang in die Luft, immer wieder. „Ein Geschenk, ein Geschenk, ein Geschenk!!!“ jubelte er in bester Kätzchen-Manier und grinse Zikél verschmitzt an.
 

Dieser war zuerst etwas irritiert, lachte dann aber und knuffte Mao in die Seite.

„Spinner. Pass nur auf, dass du Telis nicht zu ähnlich wirst.“ Es freute ihn, dass der Braune etwas entspannter schien.

„Ich weiß auch nicht, was es ist, er hat es in Kahariblätter eingewickelt.“ Er nahm seinen Namuri bei der Hand und führte ihn zum Feuer, wo Rana mittlerweile an Suaresh gelehnt saß und sich kraulen ließ.
 

„Sieht gut aus, warum machst du so was nicht?“ neckte Mao und setzte sich zu den Beiden. „Na...?“
 

„Nun werd mal nicht frech hier!“ protestierte Zikél und schubste Mao vom Baumstamm, so dass er davor saß.

„Mach mal Platz, dann zeig ich dir, dass ich das viel besser kann!“ Er setzte sich hinter ihn, so dass er sich an den Stamm lehnen konnte und grinste selbstzufrieden, als er den Braunen an seine Brust ziehen konnte und damit begann ihn ausgiebig im Nacken zu kraulen.

„Nur weiter so, biete ihm ruhig die Stirn, das tut Zikél mal ganz gut.“ bemerkte Suaresh und knabberte Rana am Ohr, der darauf leise kicherte.

„Hör auf, ich will mich unterhalten!“ Der Getigerte brummte und legte schmollend das Kinn auf den Kopf seines Namuri, schließlich war Rana um einiges kleiner, als sein Partner.
 

„Erst stößt du mich von dir, und jetzt so was...“ schmollte Mao leise, begann dann aber doch leise zu schnurren. Das konnte Zikél ganz gut. Das Treiben hatte seinen Höhepunkt erreicht und viele warfen Mao interessierte Blicke zu. Er fühlte sich zwar noch immer beobachtet, aber nicht mehr so...ausgeliefert.
 

„Du solltest nur Platz machen.“ gab Zikél grinsend zurück und ließ seine Finger über die Wirbelsäule wandern, dann wieder hoch in den Nacken und hinauf zum Hinterkopf, wo er sanft massierte.

„Mao...Suaresh und ich wollten dir etwas geben. Es ist nichts Besonderes, aber vielleicht gefällt es dir ja.“ Rana holte das kleine Bündel hinter seinem Rücken hervor und reichte es weiter.
 

Mao öffnete fast andächtig die Verpackung aus Blattwerk.
 

Zum Vorschein kam ein recht mitgenommen aussehendes Stück Stoff in hellem Rot. Es war zusammen gefaltet und wies einige Flicken auf. Es sah nicht wirklich wertvoll oder neu aus und auch die kleine Katzenpuppe, die darin eingewickelt war, hatte schon einiges erlebt.

„Ich weiß, es sieht nicht sonderlich schön aus, aber...nun ja...das sind Zikéls Kätzchensachen. Das war früher einmal seine Schmusedecke und sein Lieblingsstofftier.“ Rana lächelte liebevoll auf die Sachen herab, obwohl auch ein leiser Sehnsuchtsschimmer in den dunklen Augen lag.

„Durch den Überfall auf unser Dorf haben wir fast alle Erinnerungsstücke an früher verloren. Als wir zurück gekommen sind, haben wir nachgesehen, ob noch etwas von unseren Sachen heil ist und da habe ich in den Überresten einer Truhe diese Sachen gefunden. Von Suma oder Castor haben wir nichts mehr, leider.“ Kaum merklich schlossen sich die Arme von Suaresh fester um seinen Namuri, als wollte er ihn trösten, denn Rana schien leicht aufgewühlt.

„Ich dachte, sie würden dir vielleicht gefallen....und über manche einsame Nacht hinweg helfen.“ Der Dunkelbraune lächelte schwach und schmiegte sich enger an seinen Partner.
 

Mao nahm die Sachen an sich und schnüffelte daran. Zikél, unverkennbar, aber auch Rauch...und Blut? Oder bildete er es sich ein? „Ich danke euch...“ wisperte Mao und schmiegte sich an die Sachen.
 

Rana sah sehr glücklich aus...und erleichtert. Er hatte wirklich befürchtet, dass der Braune vielleicht nichts damit anfangen könnte.

„Die alten Dinger habt ihr noch aufgehoben?“ bemerkte Zikél und strich über den Kopf der Puppe. In zahllosen Nächten hatte er sich an sie geklammert. Kein Tag verging, an dem er sie nicht im Arm durch das Dorf trug. Das kleine Stofftierchen war sein ganzer Besitz gewesen.

Es fühlte sich seltsam an, dass Mao es nun hatte. Der Schatz aus seiner Kindheit gehalten von seinem größten Schatz im Leben.

„Ich hatte leider noch keine Gelegenheit sie zu waschen. Oder habe es vergessen.“ Rana lächelte entschuldigend und kratzte sich an der Wange.
 

„Das ist nicht schlimm.“ meinte Mao und drückte die Sachen Zikél in die Hand. Dann stemmte er sich hoch und fiel Rana um den Hals. „Danke!“ hauchte er und vergrub sein Gesicht an Ranas Schulter.
 

Dieser war zunächst etwas überrascht, doch dann schloss er schnurrend seine Arme um den Braunen und drückte ihn an sich. Er lehnte seine Wange gegen Maos Schopf und lächelte zufrieden. Wie er es auch immer bei seinen eigenen Kindern machte, legte er auch eine Hand auf den Hinterkopf des Jungen und kraulte leicht durch das dichte Haar.

Es mussten keine Worte gewechselt werden, allein das gleichmäßige Schnurren des Dunkelbraunen war genug Bestätigung, dass er sich sehr über Maos Verhalten freute.

Auch Zikél strahlte über das ganze Gesicht und war sich das erste Mal sicher, dass es kein Fehler gewesen war, Mao mit ins Dorf zu bringen.
 

Der Abend wurde noch recht schön. Langsam kam Mao aus sich heraus, redet hier und da mit dem Einen oder Anderen und spät in der Nacht tanzte er noch als einer der letzten mit Zikél um das Feuer.
 

Rana saß still in den Armen von Suaresh, ließ sich kraulen und beobachtete die fröhlichen Gesichter. Besonders Zikél schien viel befreiter, als noch vor ein paar Stunden. Sein erschöpfter und hoffnungsloser Ausdruck, war Glück und Freude gewichen. Nun war er sich sicher, dass die Beiden ihren Weg gemeinsam finden würden. Mao hatte es sicherlich schwerer, als andere, doch er war stark und bekam genug Rückhalt.

„Wenn ich die Beiden so sehe, muss ich an unsere ersten Jahre denken.“

„Mit dem Unterschied, dass Mao nicht so verwöhnt und rechthaberisch ist, wie du damals.“ grinste Suaresh und bekam gleich einen leichten Rippenstoß.

„Altes Ekel.“ Schmunzelnd kuschelte sich Rana gegen die Brust seines Namuri und sah weiterhin dem Treiben um das Lagerfeuer zu.
 

Mao gab sich ganz der Musik hin und umschwärmte Zikél, dass der sich bald nicht mehr beherrschen konnte. Langsam klang seine Rolligkeit ab, was sehr schön war...aber immer noch einige Tage dauern würde und - bei Gott, er würde Zikél quälen...im positivsten Sinne.
 

Als er ihn das nächste Mal zu fassen bekam, fiel er dem Blauen in die Arme und küsste ihn zärtlich, verführerisch. „Zikél, ich wollte dich schon den ganzen Abend etwas fragen...“ Er sah seinem Namuri tief in die Augen, lächelte und flüsterte ihm dann kaum hörbar ins Ohr: „Wann feiern wir unsere Dama Liah'he?“
 

Der Körper des Blauen spannte sich unwillkürlich an und er starrte seinen Gefährten fassungslos an. Hatte er sich gerade verhört?

„Du willst...unsere...“ Die blaugrauen Augen wurden immer größer, als verstünde er erst nach und nach die Bedeutung dieser Frage. Und im Grunde war es auch so.

„Mao...“ flüsterte er und seine Mundwinkel zogen sich immer höher. Schwungvoll packte er den Braunen um die Hüften, hob ihn hoch und wirbelte ihn um seine eigene Achse. Die Freude strahlte aus jeder Faser seines Körpers und ein überquellendes Lachen drang aus seiner Kehle.

„Mao!! Du willst wirklich?? Du willst es?“ Auch wenn es eigentlich klar gewesen war, hatte Zikél Zweifel bekommen, ob er der richtige Partner für Mao war und er glücklich hier werden würde, doch diese Frage wischte alles hinweg.

Nachdem er sich genug gedreht hatte, ließ er den Braunen wieder runter, umfasste sein Gesicht mit den Händen und hauchte viele kleine Schmetterlingsküsse auf seine Lippen.

„Wann immer du willst! Wann immer du willst!“ Er umarmte ihn noch einmal fest, nur um wieder ihre Lippen zu vereinigen. Jetzt wusste er endlich, was es bedeutete, wenn man fast Platze vor Glück.

Kapitel 25

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel 26

Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél

Teil: 26/27

Autor: Alaska & BlueMercury (jetzt Loryas)

Genre: Fantasy

Warnung: Zucker
 

Kommentar: Wie versprochen gleich das nächste Kapitel hinterher ^^ Viel Spaß beim Lesen ^^
 


 


 


 

~26~
 

Der nächste Tag verlief relativ turbulent, da sie beschlossen hatten, Zikéls Familie die frohe Botschaft der Dama Liah’he zu erzählen, was Rana Freudenschreie ausstoßen ließ. Der Dunkelbraune machte großes Aufsehen darum und plapperte unaufhörlich von den Vorbereitungen, wie glücklich er sei und was alles zu bedenken war. Bis Suaresh es nicht mehr aushielt und ihn ins Schlafzimmer sperrte, unter dem Vorwand die Gewänder rauszusuchen oder besser sie zu nähen. Erstaunlicherweise klappte es, denn von dem Tama-i sah man den Rest des Tages nichts mehr.
 

Die erfreuliche Nachricht sprach sich schnell im Dorf herum und Zikél und Mao wurden mit Glückwünschen überhäuft. Jeder bot an, einen anderen Teil der Organisation zu übernehmen, so dass bald der ganze Stamm in die Vorbereitung der Festlichkeit vertieft war.
 

So hatten die Beiden genug Zeit, um sich um Telis zu kümmern, der durch den Albtraum noch sehr mitgenommen war. Er bekam sogar einen Wutanfall, während dessen er Zikél völlig die Arme verkratzte, so dass dieser sich dazu entschloss ein langes Hemd überzuziehen, damit man die Verbände nicht sah. Und das verblieb auch die nächsten Tage so. Manchmal musste er bis zu dreimal das Hemd wechseln, weil es entweder zerrissen oder mit Blut verschmiert war.
 

Mao konnte nur wenig tun, außer ihn immer wieder verbinden, da Zikél jedes Mal bei einem Ausbruch versuchte den Jungen von seinem Geliebten fern zu halten. Er wollte nicht, dass es Mao ging, wie ihm.
 

Nebenbei liefen natürlich die Festvorbereitungen. Rana sprang immer mal wieder herein und bekundete die neuesten Fortschritte und dass Ende der Woche die Zeremonie gehalten werden konnte. Zikél und Mao wurden immer wieder separat ‚entführt’, um die Liah’he-Kleidung anzuprobieren und auszubessern. Dabei verlief alles streng geheim, da Rana sie überraschen wollte.
 

Als der Termin näher rückte, lief Zikél nur noch mit langen Hosen und Hemden herum. Zum einen, weil er Telis nicht bloß stellen wollte, zum Anderen, weil er sich auch schämte für die Kratzer und Bisse. Es war schwer für den Blauen das Kätzchen und den Zeremoniestress unter einen Hut zu bekommen, doch er hatte eine hilfreiche Stütze. Mao.
 

Dann war der große Tag gekommen. Das Dorf war mit den prächtigsten Blumen und Palmwedeln geschmückt, überall hingen Girlanden aus Gräsern und Blüten, die einen lieblichen Duft verbreiteten. Fackeln für den Abend waren an den Bäumen angebracht und alles für das große Lagerfeuer aufgeschichtet. Für viele begann der Tag sehr früh, doch Zikél und Mao lagen noch im Bett, wobei der Blaue schon lange wach war und an die Decke starrte. Er spürte die Aufregung in seinem Magen rumoren und aus einem unbestimmten Grund fürchtete er den Moment, wenn seine Väter kamen, um sie abzuholen für die rituelle Reinigung. Sie würden sich erst auf der Zeremonie wiedersehen.
 

Mao kuschelte sich verträumt an seinen Partner. Er war, abgesehen von Telis und den Vorbereitungen für alles, zusätzlich noch dadurch erschöpft, dass seine Hitze vorbei gegangen war und er dementsprechend auf Abstand zu seinem Geliebten gegangen und auch nervlich nicht ganz auf der Höhe war.
 

Aber heute war das alles wie weggewischt und er hatte ein seliges Lächeln auf den Lippen, als er den Duft seines Partners einsog.
 

Zikél stimmte ein tiefes Schnurren an und legte einen Arm um seinen Namuri, kraulte dessen Nacken. Er wollte diese wenigen Stunden, wenn nicht Minuten, noch genießen.

„Bist du schon aufgeregt?“ fragte er leise und küsste Maos Stirn zum Morgengruß.
 

„Kein bisschen. Hab ich ja schon öfter gemacht...“ redete der Braune sich raus und rollte sich auf Zikél. Die Arme rechts und links neben dessen Kopf abgestützt, begann er, ihn sanft zu küssen.
 

Schmunzelnd verschränkte er die Hände in Maos Kreuz und erwiderte die Zärtlichkeiten.

„Dann kannst du mir ja etwas von meiner Nervosität abnehmen.“ neckte er und knabberte sacht an der Unterlippe.
 

„Du musst es mal so sehen...wenn du heute Abend hier wieder mit mir liegst, bist du das glücklichste Kätzchen der Welt und dir steht die Nacht deines Lebens bevor...“ gurrte Mao und rieb seine Wange an der seines Partners.
 

Zikél grinste breit und selbstzufrieden.

„Das klingt wie eine Verheißung. Wie wäre es mit einem kleinen Vorgeschmack? Wenn wir ins Bett kommen, ist es schon späte Nacht und unsere Füße werden wund getanzt sein.“
 

Murrend begann Mao, den Blauen zu kitzeln. „Nicht gierig werden, mein Liebster!“ lachte er.
 

Zikél zuckte zusammen und versuchte Maos Händen Einhalt zu gebieten.

„Als ob dir das nicht gefallen würde! Aber du hast recht. Wenn Jaho uns dabei ertappen würde, gäbe es großen Ärger. Er nimmt die Traditionen sehr ernst. Ich wünschte nur, wir müssten nicht getrennt werden. Das fühlt sich so falsch an.“
 

„Es ist doch nur für einen Tag...außerdem werden dir die Augen rausfallen, wenn du mich nachher siehst...“ meinte Mao, ließ sich zur Seite fallen und zog Zikél mit sich herum.
 

Dieser rollte natürlich gleich wieder auf Mao und sah ihn neugierig an. In den graublauen Augen glomm Aufregung, Faszination und Ungeduld auf, denn nichts hasste Zikél mehr, als auf eine Überraschung zu warten.

„Wahrscheinlich werde ich neben dir albern und armselig aussehen. So wie ich Jaho kenne, bist du wunderschön und raubst allen den Atem.“ Er grinste breit und zwinkerte.

„Das gibt ein lustiges Bild. Ich suche meine Augen und der Rest erstickt langsam.“
 

„Und alle werden dich um deinen schönen Mann beneiden.“ beendete Mao die Überlegungen seines Namuri und sah ihn spitzbübisch an. „Du solltest gut auf mich aufpassen...“
 

„Glaub mir, das werde ich! Du bist doch das Kostbarste, was ich habe. Ich wüsste nicht, was ich gemacht hätte, wenn du bei Leonidas geblieben wärst.“ Er küsste sanft die leicht geöffneten Lippen und schnupperte an dem dichten Haar. Später würde es ein bisschen seines natürlichen Duftes eingebüßt haben durch die Öle, also musste er es sich gut einprägen.

„Ich liebe dich, Mao. Und du hast keine Ahnung davon, wie glücklich du mich heute machst.“
 

„Und du weißt nicht, wie glücklich ich an jedem Tag bin, an dem ich aufwache, und wie sehr du...“ Mao hielt inne und lachte. „Ach nein, das kommt ja später an diesem Tag.“
 

Zikél zog eine Flunsch und amte den typischen Gesichtsausdruck von Telis nach, wenn er schmollte, weil man ihm nicht noch fünf weitere Plätzchen gegeben hatte.

„Na komm, mir kannst du es doch sagen. Keiner erfährt es, dass wir unsere Gelöbnisse schon vor der Zeremonie ausgetauscht haben.“
 

„Da sei dir mal nicht so sicher, mein Lieber!“ ertönte es von der Tür und Zikél schreckte zusammen. Rana stand mit verschränkten Armen da, hinter ihm Suaresh, der milde lächelte.

„Wag es ja nicht darauf einzugehen, Mao! Das kommt alles später! Und was macht ihr überhaupt noch im Bett? Ihr solltet schon längst aufgestanden und angezogen sein! Los, auf! Turteln könnt ihr auch noch später.“ Rana stapfte resolut auf sie zu und riss ohne Vorwarnung die Decke von ihnen. Zikél fauchte auf und verdeckte Mao mit seinem Körper. Dafür lag seine Kehrseite blank.
 

„Muss das sein? Wir wären ja auch so gekommen.“ zischte er und funkelte seinen Kemjal an, der sich kaum das Lachen verkneifen konnte.

„Das befürchte ich ja!“ gab der Dunkelbraune nur zurück und drehte sich auf dem Absatz um, mit Decke, und verließ von Suaresh gefolgt das Schlafzimmer der Beiden, damit sie sich anziehen konnten.

„Ich hasse es, wenn er das tut!“ knurrte Zikél und sah seinen Gefährten entschuldigend an.
 

Mao hatte sich eben ein Lachen verkneifen können, jetzt jedoch brach er fast zusammen. „Ich glaube, ich mag ihn...“ stammelte er dann irgendwann. „Macht er das öfter?“ Mittlerweile war er aufgestanden und in seinen Gehrock geschlüpft, die Weste ließ er liegen. „Komm!“ Er hielt Zikél die Hand hin, und zog ihn, als dieser sie ergriff, in seine Arme, um ihn zu küssen.
 

Der Blaue schnaubte verächtlich, ließ sich dann aber von dem Kuss besänftigen. Verschmust schmiegte er seine Stirn gegen Maos und drückte ihn enger an sich.

„Du wirst bald herausfinden, dass mein Mekjahor in manchen Dingen keinen Sinn für Privatsphäre oder Anstand hat. Das eben war ein passendes Beispiel.“
 

„Zikél! Hör endlich auf zu quatschen und komm raus!“ schallte Ranas Stimme von draußen und der Angesprochene verdrehte murrend die Augen.

„Ist ja gut!“ schrie er zurück und gab Mao noch einen innigen Kuss. Nachdem er in seine Hose gestiegen war und auch das Hemd übergezogen hatte, so dass man die Verbände und Kratzer nicht mehr sah, schob er den Braunen aus der Tür, wo Rana und Suaresh bereits teils ungeduldig warteten.

„Mao, du kommst mit mir.“ lächelte er liebevoll, sah dann aber seinen Sohn streng an. „Zikél, du gehst mit deinem Kemjal!“ Es klang mehr wie ein Befehl und der Blaue fauchte leise.
 

Schief grinste Mao zu Zikél, hauchte ihm noch schnell einen Kuss auf die Lippen und hoppelte dann zu Rana. „Steht's zu Diensten, Chef!“ meinte er schmunzelnd.
 

„Siehst du, das ist ein braver Junge. Ganz im Gegensatz zu dir! Dir muss man alles erst zweimal sagen!“ Rana drehte sich demonstrativ um und führte Mao über eine Brücke davon. Zurück blieb ein finster dreinblickender Zikél, der leise vor sich hingrummelte.
 

„Das ist nur die Aufregung. Du glaubst gar nicht, wie sehr er sich auf diesen Tag gefreut hat. Schließlich bist du der Letzte, der seinen Namuri gefunden hat. Er ist schon heute morgen, als die Sonne noch nicht einmal aufgegangen war, durch die Hütte gelaufen und hat mich ganz wuschig gemacht.“ klagte Suaresh und deutete in die entgegengesetzte Richtung von Rana und Mao.
 

„Das glaub ich gern, aber er könnte ruhig etwas netter zu mir sein.“

„Aber Mao ist nun mal mehr seine Kragenweite.“ grinste der Getigerte und erhielt einen misstrauischen Blick von seinem Sohn.
 

„Was meinst du damit?“
 

„Na ja, Mao ist wirklich ein süßer Tama-i.“ Zikél fauchte und stürzte sich auf den Rücken seines Kemjals, der gar nicht versuchte sich zu wehren, dafür musste er viel zu sehr lachen.
 

Auf der anderen Seite hatte Rana den Braunen in eine väterliche Umarmung genommen und führte ihn von den Bäumen herunter auf den Boden.

„Sag mal, was hat dir Zikél eigentlich über die Zeremonie erzählt?“
 

Mao stutzte. „Nicht viel. Wir werden getrennt, sehen uns erst heute Abend wieder...rituelle Reinigung...“ Mao dachte nach. Da waren noch ein, zwei Sachen, aber irgendwie war sein Kopf plötzlich wie leergefegt und sein Bauch kribbelte. „Unsere Liebesschwüre...“ Der Braune legte den Kopf schief. „Warum?“
 

„Ach, nur so. Es gibt einige Dinge, die du bald erfahren wirst, andere...darf ich dir leider nicht verraten. Zikél wird es wissen, er war bei Sumas Dama Liah’he dabei, aber auch schon vorher bei anderen. Aber du...ich glaube nicht, dass es eine große Schwierigkeit wird. Hör einfach immer auf dein Herz und was es dir sagt, ja? Denk daran!“ Diese mysteriöse Andeutung weckte nicht unbedingt Vertrauen, aber Ranas Lächeln war beruhigend.

„Zuerst gehen wir zum Waschhaus. Es liegt etwas außerhalb am Fluss, damit man das Wasser nicht so weit tragen muss. Dort ist schon alles bereit für deine rituelle Reinigung.“ Er wies Mao den Weg durch das umliegende Unterholz, man hörte selbst hier noch das aufgeregte Schwatzen der Dorfbewohner, die die Vorbereitungen für die Feierlichkeit trafen.
 

Schweigend und nachdenklich...und zum Bersten neugierig folgte Mao, immer dicht hinter Rana. Es war ihm zwar etwas zuwider, dass so viele da waren - zu viele für seinen Geschmack, aber daran konnte er wohl nichts ändern.
 

Als sie beim Waschhaus ankamen, drang bereits ein süßlicher Duft aus der Tür, dazu dichter Dampf, der sich schnell verflüchtigte.

„Du brauchst keine Angst zu haben, es sind nur zwei weitere Tama-i hier und du wirst auch nicht völlig nackt baden müssen.“ Sie traten in die Wolke aus heißer Luft und der schwere Geruch aus entspannenden Kräutern und Blüten gemischt mit einem speziellen Öl tat sofort ihre Wirkung.
 

Die Hütte war spärlich eingerichtet. Zur Linken befand sich ein Paravent, hinter dem ein Hocker stand, auf dem Kleidung für Mao bereitgelegt war. Auf der anderen Seite, von Nebelschwaden umwunden, stand der große Zuber, aus dem es verheißungsvoll dampfte. Ansonsten war nur noch ein kleines Tischchen daneben und drei Hocker.

„So, du kannst dich hinter der Wand umziehen, deine Sachen werden gewaschen und in eure Hütte zurückgebracht. Am besten öffnest du gleich dein Haar und kämmst es etwas durch, damit es nicht verknotet.“
 

Mao verschwand hinter die Wand und hob eine Augenbraue. Was auch immer dieses Kleidungsstück darstellen sollte...nackt war wirklich in Ordnung. Jedenfalls, wenn er sich den Fetzen so ansah. Also schlüpfte er aus seinem Rock und legte ihn zusammen. Bevor er jedoch zu den anderen trat, schloss er für einen Moment die Augen und schnüffelte, versuchte, die Gerüche auseinander zu halten, gab schnell auf und atmete noch einmal tief den zarten Nebel ein. Dann trat er zu den Anderen und schob sein Kinn Richtung Zuber. „Soll ich?“ wollte er wissen, während er seine Haare öffnete und leicht schüttelte. Sie fielen ihm offen fast bis in die Knie und kitzelten ihn überall.
 

Rana hatte in der kurzen Zeit noch einmal alles kontrollierte, ob auch nichts fehlte und teste die Wassertemperatur. Sie war heiß, aber erträglich, genau richtig, um einen ein wenig einschlummern zu lassen.
 

Als Mao nun hinter der Abtrennung hervor trat, breitete sich ein liebevolles Lächeln auf den Zügen des Dunkelbraunen aus. Er kam zwei Schritte auf ihn zu und streckte eine Hand nach ihm aus, strich die schwere Mähne über die Schultern.

„Du hast so schönes Haar. Schneid es nie ab, ja? Es wäre eine Verschwendung.“ Dann trat er beiseite und ließ Mao in den Zuber steigen.

„Mach es dir erst bequem, entspann dich und lös dich von allen Gedanken, die dich möglicherweise bedrücken. Alle Last soll von dir gewaschen werden...“ Ein schelmisches Grinsen. „Und die Spuren der letzten Nacht.“
 

Maos Ohren sanken ein Stück und sein ganzer Körper tauchte tiefer in das warme Wasser. Und plötzlich grinste er. „Um Zikél in so ein Ding zu bekommen, braucht es drei starke Kerle und feste Seile, nicht wahr?“ Gleichzeitig stellte er sich vor, wie er in etlichen Jahren jeden Morgen aufstand und sich erst einmal die Haare um den Körper wickelte, um nicht ständig darüber zu stolpern. Seine Gedanken purzelten wild durcheinander und ihm kam eine Unsinnigkeit nach der anderen in den Kopf - ein sicheres Zeichen dafür, dass er aufgeregt war. Ohne zu fragen tauchte er einmal unter, verblieb einen Moment unter Wasser, so dass er alle Geräusche der Anderen wie durch Watte mitbekam, und als er wieder auftauchte, strich er sich das Wasser aus dem Gesicht und schloss die Augen. Wenn er Zikél nachher wiedersah, wenn sie wieder unter sich wären, dann würden alle wissen, dass sie zusammen gehörten. Und keine Macht der Welt würde sie auseinander bringen.
 

Eine leise, sanfte Melodie ertönte, denn Mao begann bei dieser Vorstellung unbewusst zu summen.
 

Rana stimmte mitein, selbst wenn er das Lied nicht kannte. Doch ihre Stimmen harmonierten vollkommen miteinander, als wenn sie beide das Gleiche sangen. Nun traten auch die anderen beiden Tama-i heran. Sie waren jünger als Rana, wirkten aber nicht minder sanft. Jeder von ihnen hatte eine Feile in der Hand und sie hoben zart Maos Hände aus dem Wasser und manikürten seine Krallen.

„Was glaubst du, warum Suaresh mit ihm geht und nicht ich? Es ist üblich, dass das Oberhaupt der Familie auch seinen Sohn begleitet auf dem Weg zur Einigkeit, doch in diesem Falle geht es gar nicht anders. Auch die beiden anderen Tama-i sind eher kräftig. Du kannst dir allerdings sicher sein, dass es nicht kampflos von Statten geht, geschweige denn, dass Zikél der Einzige ist, der nass wird.“ Rana lächelte amüsiert und begann nun Maos dickes Haar einzuseifen. Er begann direkt am Kopf und massierte die Haut dort, schnurrte leise. Es war eine friedliche und entspannte Atmosphäre, so wie es sein sollte.
 

Dabei summte Mao die ganze Zeit dieses Lied...es stimmte ihn gleichzeitig froh und schwermütig, denn es war das Lied, dass sein Kemjal ihm immer vorgesungen hatte, wenn er nicht schlafen konnte. Den Text kannte er lange nicht mehr, nur noch die Melodie, und während er vor sich hinsang, hatte er das Gefühl, dass auch seine Eltern heute bei ihm sein würden, so nahe bei ihm wie nie. Lautlos formten seine Lippen ihre Namen, die er seit Jahren hütete, wie einen kostbaren Schatz.
 

Rana war mittlerweile wieder verstummt und massierte schweigend Maos Kopf und Ohren, bei denen er zeitweise an bestimmten Punkten leichten Druck ausübte. Das hatte seine Kätzchen auch immer beruhigt und das war es auch, was Mao jetzt tun sollte. Er sollte sich von allem frei machen, Kummer, Sorge, aber auch Freude und Aufregung. Die rituelle Reinigung stellte den Moment des seligen Glücks in einer Partnerschaft dar.

Die Zeit verstrich unbemerkt. Nachdem die Krallen versorgt waren, wuschen die beiden Tama-i Maos Arme und verfuhren dabei ähnlich wie Rana eher massierend. Dieser arbeitete sich nun Stück für Stück an den langen Haaren entlang, kümmerte sich scheinbar um jede einzelne Strähne.

Wenn man Maos Leben früher mit diesem Moment verglich, wirkte das doch alles sehr abstrakt. Der Diener wurde nun behandelt, wie ein hoher Herr, ein König.
 

Der Braune streckte sich leicht, dämmert etwas weg, nur noch leise summend. Kaum noch, genaugenommen, weil seine Gedanken weit weg waren, irgendwo, auf Reisen, ohne bestimmtes Ziel und ohne Sinn. Er spürte die zärtlichen Hände auf seiner Haut, das warme, duftende Wasser um seinen Körper, und ganz am Rande fiel ihm auf, dass er, wo er die Augen geschlossen hatte, weder sagen konnte, wie die anderen beiden Tama-i aussahen, noch, wie sie hießen. Er wollte sie fragen, doch der Befehl seines Kopfes kam nicht bei seinen Lippen an.
 

Die Zeit verstrich im trägen Nebel ohne bemerkt zu werden. Maos Körper wurde nach und nach gewaschen, massiert und mit weichen Tüchern abgerieben. Sogar sein Gesicht bekam eine spezielle Behandlung durch Ranas Finger.

Niemand sprach, alle genossen den Augenblick, wobei niemand seine Aufgabe vergaß. Das Wasser wurde zwischendurch aufgegossen, damit es nicht zu kühl wurde.

Nachdem sie fertig waren, traten Rana und die anderen Beiden zurück und ließen Mao noch eine Weile allein.
 

Es war ein eigentümlicher Zustand, in dem Mao sich befand. Irgendwo zwischen Schlafen und Wachen, irgendwo zwischen Realität und Traum, irgendwo zwischen überirdischer Fülle und Reichtum und abgrundtiefem Schmerz...Schmerz darüber, dass er jetzt zwar eine Familie gefunden hatte, es aber nicht seine Familie war. Zum ersten Mal seit Jahren erlaubte Mao es sich, sie zu vermissen, sich an seine Väter zu erinnern...und sie zu beweinen. Er weinte still, fühlte sich danach aber wesentlich besser, tauchte noch einmal unter und als er wieder auftauchte, war es, als wäre die Trauer von ihm gefallen, er spürte ihre Gegenwart, ihre Liebe, die Liebe der Tama-i, die ihn umgaben und jeden Moment zurückkommen würden. Und er erwartete einen Mann, einen Tama-i, für den er der Einzige sein würde und auf den er sich immer verlassen können würde.
 

Rana wartete noch einen Augenblick, bis Mao sich beruhigt hatte, denn er hatte kurz herein geschaut und die Tränen des Braunen gesehen. Er wollte nicht wissen, was sie verursachte, noch ob er sie hätte trocknen können. Es war Maos Angelegenheit, es waren seine Gefühle und in diesem Moment gehörten sie nur ihm.

„Wenn du möchtest, kannst du jetzt aus dem Wasser kommen.“ Der Dunkelbraune hielt ein Handtuch bereit, das fast die Ausmaße eines Bettlakens hatte. Die Anderen standen mit weichen Bürsten und Tüchern hinter ihm.
 

Einen Moment dauerte es noch, dann öffnete Mao die Augen und stemmte sich aus dem großen Bottich, verließ das warme Wasser und wurde von den Anderen empfangen.
 

Das große Tuch wurde um den Braunen gehüllt und er sanft trocken gerieben.

„Komm mit nach draußen, dort trocknen deine Haare besser in der Sonne.“ Die kleine Gruppe verließ das Waschhaus und Mao wurde auf einen hohen, aber zum Sitzplatz abgeflachten, Stein gesetzt. Nun begannen die Drei ihn zu bürsten, das Fell zusätzlich zu pflegen, so dass es seidig weich wurde. Rana kämmte das nasse Haar trocken und brachte dabei eine unglaubliche Geduld auf. Wieder war es fast ganz still, bis auf das leise Schnurren des dunkelbraunen Katers.

„Du wirst wunderschön aussehen. Wie trägst du dein Haar am liebsten? Ich kann es dir wieder flechten, wenn du möchtest oder wir experimentieren etwas.“
 

Kein Zögern. „Ich möchte es eindrehen. Die Haare müssen geteilt und die beiden Strähnen fest verkordelt werden, dann drehen sie sich später von selber umeinander.“ Mao hatte seine Haare noch nie so getragen. „Warte nicht, bis sie ganz trocken sind, bitte...“
 

Rana lachte und schüttelte den Kopf, während seine Hände bereits die Arbeit begonnen.

„Kein Sorge, ich weiß, was zu tun ist.“ Der Dunkelbraune teilte die Mähne in zwei dicke Strähnen, drehte jede einzeln fest zusammen und umwickelte sie mit einem weißen und die andere mit einem blauen Band. Dann verknotete er sie unten und ließ los, so dass aus zwei ein dicker Zopf wurde, als sie sich von selbst umschlungen. Danach brachten die helfenden Tama-i Schalen mit weißen und blauen Blüten, die Rana zusätzlich ins Haar einarbeitete.

Als er endlich mit seiner Arbeit zufrieden war, trat er einen Schritt zurück und gab Mao einen kleinen Handspiegel, hielt einen zweiten hinter seinen Rücken, damit er den Zopf sehen konnte.
 

Dieser lächelte nur und deutete ein Nicken an. Von seinem Kemjal wusste er, dass sein Jaho seine Haare so getragen hatte, als sie den Bund eingegangen waren...
 

„Hier, jetzt musst du ihn anziehen.“ lächelte Rana und hielt Mao den kurzen Lendenschurz vor die Nase, den er schon im Zuber hätte tragen können.

„Für die Salbung solltest du nicht unbekleidet sein. Wir müssen allerdings noch warten, bis Suaresh kommt, denn nur er darf sie als Stammesoberhaupt vollziehen. Er gibt dadurch seinen Segen für die Dama Liah’he. Das Öl, das für die Salbung genutzt wird, ist sehr kostbar, da die Herstellung sehr aufwendig ist und der Strauch, von dem es gewonnen wird, selten. Wir versuchen ihn im kleinen Unfang anzubauen, aber es ist schwer, da er sehr empfindlich ist. Doch seine Blüten verströmen den süßesten Duft, den du jemals gerochen hast.“ schwärmte Rana und erinnerte sich an seine eigene Liah’he zurück.
 

Wiederwillig, aber folgsam streifte Mao den Fetzen über und betrachtete Rana. „Ich bin sehr froh, deinen Sohn kennen gelernt zu haben.“ meinte er dann leise, lächelnd.
 

„Und du glaubst gar nicht, wie froh ich bin, wir alle.“ Er strich Mao liebevoll über die Wange und sein Lächeln war warm wie die Strahlen der Sonne.

„Du hast ihn vorher nicht erlebt. Er hatte unglaubliche Angst, nie seinen Partner zu finden. Es hat sich langsam Verbitterung in ihm breit gemacht, was mir sehr weh tat. Er war immer ein Kämpfer, doch in diesem Punkt hatte er den Kampf aufgegeben.“ Der warme Ausdruck in Ranas Gesicht vertiefte sich noch.

„Aber dann bist du gekommen. Ich glaube, ihr beiden habt euch sehr gebraucht. Du hast seine Wunden geheilt und er die deinen. Wenn ihr euch bei der Zeremonie gegenübersteht, lass dein Herz sprechen.“
 

Dazu war nichts mehr zu sagen. Mao lehnte sich der Hand des Älteren entgegen und schnurrte leise auf. Sein Schwanz schwang langsam hin und her und die Sonne auf seinem Rücken wärmte und streichelte ihn.

Kapitel 27

Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél

Teil: 27/27

Autor: Alaska & BlueMercury (jetzt Loryas)

Genre: Fantasy

Warnung: Zucker
 

Kommentar: Meine lieben Kommi-Schreiber und Leser, ich muss mich wirklich bei euch entschuldigen. Ihr könnt Suzaku alle dankbar sein, dass sie mich aufgeklärt hat, dass da noch ein kleines Kapitelchen fehlt. Ich war die letzten Monate fest davon überzeugt, dass ich die Geschichte bereits abgeschlossen hatte! Es tut mir so leid, dass ihr alle so schrecklich lange auf das Ende warten musstet! Ich verstehe auch, wenn niemand zur Strafe einen Kommi hinterlässt ^^'

Jedenfalls ist dies nun hier das aller aller letzte Kapitel von Zikél. Ich weiß nicht, ob es ein Wiedersehen geben wird, aber es hat mich auf jeden Fall all die Jahre gefreut, wenn ich gelesen habe, dass euch unsere Geschichte gefällt. Danke für eure Unterstützung!

Zum Schluss noch etwas Werbung in eigener Sache ^^ Demnächst werde ich eine neue Geschichte von Ulysses und mir hochladen, in der ebenfalls ein Drache vorkommt. Wer diesen Aspekt der Geschichte also besonders gemocht hat, ist herzlich eingeladen auch hier mal einen Blick hineinzuwerfen ^^(wie immer gibt es für jeden Kommischreiber eine Benachrichtigung bei Updates)

Und nun viel Spaß!!
 


 


 

~27~
 

„Diesen Anblick könnte ich den ganzen Tag vor mir haben.“ Suaresh kam am Flussufer entlang und lächelte die Beiden an.

„Du sieht bezaubernd aus, Mao.“ Er gab dem Braunen einen überraschend sanften Kuss auf die Stirn. Bei Suareshs Größe konnte man schnell vergessen, dass in dem Tama-i nicht nur Kraft, sondern auch Zärtlichkeit und Sanftheit verborgen waren.

„Bist du bereit für deine Salbung?“
 

„Ich denke...auch wenn mir gar nicht gesagt wurde, was auf mich zukommt.“ Ein Seitenblick zu Rana. Dann ein entschlossener Blick in die Augen des Getigerten. „Ja.“
 

Suaresh schmunzelte und nickte.

„Dann knie nieder und senke dein Haupt.“ Rana reichte seinem Gefährten das Fläschchen mit dem kostbaren Öl.
 

Auf den Knien, das Kinn fast auf der Brust, die Arme auf dem Rücken verschränkt kniete Mao vor Suaresh nieder und wartete. Seine Ohren zuckten etwas unruhig.
 

Die beiden Tama-i wechselten einen kurzen Blick, bevor Suaresh seine große Hand auf Maos Kopf legte und mit den Fingerspitzen ganz leicht und sacht durch die Haare kraulte.

„Mao vom Stamme der Tajoh, durch das Öl des Mano-Strauches, geweiht in heiliger Erde, vollziehe ich deine Salbung zu Ehren deiner Dama Liah’he mit Zikél vom Stamme der Burmai. Mögest du immer unter dem Schutz der Götter wandeln und dein Leben dem deines Namuri geweiht sein.“ Er schüttete eine kleine Menge des Öls auf Maos Kopf und verrieb es.

„Und nun steh auf und empfange die Salbung.“ Rana und die anderen Tama-i, die sich dezent im Hintergrund gehalten hatten, traten näher und nahmen das Fläschchen von Suaresh entgegen.
 

Mao stand auf, einmal mehr mit geschlossenen Augen, und hob leicht seine Arme an.
 

Sanft wurden Beine, Brust und Arme mit dem süßen Öl massiert, das die Besonderheit besaß, das Fell nicht zu verkleben. Es gab ihm eher einen noch feineren Glanz.

„Du bist nun gereinigt und bereit in deine Kleidung gehüllt zu werden.“ Suaresh lächelte und trat zurück.

„Ich hoffe, sie gefällt dir. Ich habe sie selbst gefertigt.“ Man konnte den Stolz in Ranas Stimme nicht leugnen. Er reichte Mao einen schwingenden, zweischichtigen Wickelrock, der von einer kleinen Brosche geschlossen wurde. Vorne war ein rautenförmiger Bereich kunstvoll in den Farben seines Stammes bestickt und der obere Rock war deutlich kürzer und aus einem durchsichtigen, nur bläulich schimmernden schleierähnlichem Material. Dazu bekam er ein trägerloses Oberteil, eine Art Mischung aus Unterkleid und Korsage, das ebenfalls in den drei Farben Blau, weiß und schwarz gehalten war und ihm bis über den Po reichte (allerdings unter den Rock gehörte). Zusätzlich stülpte Rana ihm feine Handschuhe über, die bis knapp zu den Ellenbogen reichten und an den Händen pfeilförmig zuliefen, so dass sie nur mit einer kleinen Öse am Mittelfinger befestigt wurden. Sie waren aus dem gleichen bläulichen Schleier, wie der Überrock. Dann folgte der Schmuck. Der linke Oberarm wurde von einem filigranen blauen Armreif geschmückt, der sich dreimal darum wickelte. Es folgten drei Ringe in blau, weiß und schwarz, die auf den Schwanz geschoben wurden und fest genug saßen, damit sie nicht einfach runterrutschten. An die Spitze wurde ein weiterer schwarzer Reif mit blauen Bändern gesetzt. In den gleichen Farben bekam Mao auch einen kleinen Ohrring für das mittlerweile etwas zugewachsene Loch in seinem linken Ohr. Auch das Zopfende wurde auf diese Weise verziert.

Die Krönung war die Kette mit dem blauen Stein, die Zikél Mao geschenkt hatte. Sie ordnete sich hervorragend in das Gesamtbild ein und alle Mitglieder der kleinen Gruppe sahen Mao bewundernd an, als er fertig war.

„Wunderschön...“ hauchte Rana und lehnte sich an seinen Gefährten.

„Möchtest du dich ansehen, Mao?“
 

Der Braune sah an sich herab. "Gerne."
 

Rana lief schnell, um einen größeren Spiegel aus dem Waschhaus zu holen und kam schnaufend damit zurück.

„Hier...“ Er hielt den Spiegel vor seinem Körper, damit Mao sich betrachten konnte.
 

Überwältigt drehte und wendete Mao sich vor dem Spiegel, bewegte sich und tanzte probeweise ein paar Schritte, ging in die Hocke und hob die Arme über den Kopf. Er freute sich sehr über dieses schöne Festkleid und fiel kurz darauf Rana um den Hals und bedankte sich überschwänglich. "Das ist wunderbar, vielen Dank!“
 

Auch der Dunkelbraune umarmte Mao fest und lachte erleichtert, denn er hatte wirklich Angst gehabt, dass Mao die Sachen nicht gefielen oder passten. Aber all diese Sorge war nun wie weggeblasen, wenn er in das glückliche Gesicht des Jungen blickte.

„Nun ist bald der große Augenblick gekommen, Kätzchen. Aber bis dorthin wirst du erst in Dunkelheit wandeln müssen, bis du dein Licht wiedersiehst.“ Rana zog eine lange seidene Augenbinde aus seiner Hosentasche und hielt sie Mao hin.

„Keine Sorge, das Erste, was du nachher sehen wirst, ist dein Namuri.“ Vorsichtig legte er dem Braunen die Binde an und lächelte.

„Nun wird dir dein Herz den Weg weisen und erkennen, was dir am Wichtigsten ist.“ Er küsste Mao auf die Augen und gemeinsam führten sie den Jungen zurück ins Dorf.

Nun war der Augenblick ihrer Einigkeit nicht mehr fern und sie würden sie nach einem langen Tag der Trennung endlich wieder gegenüberstehen.
 

Unruhig peitschte sein Schwanz hin und her, als er zum Festplatz geführt wurde. Zikél konnte das leise Murmeln um sich herum hören und es machte ihn noch nervöser. Es bedeutete, dass die Zeremonie immer näher rückte, also auch sein Wiedersehen mit Mao. Ob dessen Tag genauso Nerven aufreibend gewesen war, wie sein eigener? Sein Kemjal hatte ihn fast schon mit Gewalt zu der rituellen Reinigung zwingen müssen, da Zikél bekanntlich Wasser verabscheute und auch nur das Nötigste über sich ergehen ließ. Er konnte sich nicht, wie vorgesehen, entspannen und die Kräuter und Öle auf sich wirken lassen. Als es hieß, er könne aus dem Zuber, konnten die Helfer gar nicht schnell genug das Handtuch reichen.

„Ist er schon da?“ wollte der Blaue an Castor gewandt wissen, der ihn zur Zeremonie brachte.

„Kannst du mal bitte damit aufhören, mich alle zwei Minuten danach zu fragen? Mao wird dort sein, wenn du auch da bist, also halt endlich die Klappe, verstanden?“ Zikél schmollte und schwieg.
 

Auch Mao wurde zum Festplatz gebracht und ohne es zu wissen, stand das Paar sich plötzlich gegenüber. Suaresh nahm seine Stellung vor oder besser neben ihnen ein, so dass er die Dorfbewohner ansehen konnte, die sich im Halbkreis versammelt hatten, alle in ihren festlichen Roben.

Zikél spürte Maos Anwesenheit, wusste aber, dass ihnen noch eine Hürde auferlegt wurde.

„Lasst uns die Dama Liah’he von meinem Sohn Zikél und seinem Namuri Mao vom Stamme der Tojah feiern. Seid ihr Beiden bereit, so legt eure Hände aneinander.“ Der Blaue hob ohne zu zögern seine Arme und hielt seine Handflächen von seinem Körper weg. Sogleich berührte ein anderes Händepaar die seinen und ihre Finger verschränkten sich.
 

Mao war aufgeregt, seine Ohren zuckten die ganze Zeit umher, weil er so viele Geräusche hörte, die er kaum zuordnen konnte. Die Gegenwart seines Geliebten machten ihn etwas ruhiger und er seufzte erleichtert, als sie sich fassten und er drückte die Hände seines Gegenübers sanft, bekam jedoch keine Reaktion. Das war ungewöhnlich, und aufmerksam durch diese Tatsache konzentrierte er sich auf die Hände in seinen, befühlte sie und ließ sie schließlich los, wich einen Schritt zurück und begann, an der Augenbinde zu friemeln.
 

Sofort schritt Suaresh lächelnd ein und schob Maos Hände aus dessen Gesicht.

„Ist gut Mao. Warte noch einen Moment.“ murmelte er ihm leise zu und brachte ihn wieder dazu, dass er einen Schritt vortrat.

„Wollt ihr nun wirklich mit diesem Tama-i den Bund eingehen?“ fragte der Getigerte laut und Zikél antwortete überzeugt mit nein. Er hatte sofort gemerkt, dass es nicht Mao Hände waren. Sie waren viel zu groß und fellig. Die Finger seines Namuri waren jedoch feingliedrig und seidig weich.

„Und du Mao?“
 

„Hmm...“ überlegte Mao laut, einfach um Zikél zu ärgern und sich dafür zu rächen, dass er ihn nicht eingeweiht hatte, grinste dann nervös und verkündete ebenfalls sein nein.
 

„Ihr habt Beide die rituelle Täuschung bestanden. Vor Zeugen ist nun bestätigt, dass nicht nur eure Augen den Partner erkennen, sondern auch eure Herzen.“ Suaresh machte eine Geste und die beiden Täuschenden nahmen Zikél und Mao die Augenbinden ab. Der Blaue kniff zuerst noch die Lider zusammen, da das Licht blendete, doch als er wieder klare Sicht hatte, verschlug es ihm den Atem. Er starrte Mao überwältigt und mit offenem Mund an, konnte sich an dessen Schönheit gar nicht satt sehen. Die Liah’he Kleidung stand ihm ausgezeichnet und betonte seinen schlanken agilen Körper. Das lange Haar sah mit den Blüten und Bändern noch schöner aus und Zikél fasste nach den Händen seines Namuri, drückte sie leicht.

Er selbst trug einen knöchellangen Wickelrock mit langen Schlitzen an den Seiten. Er war in einem dunklen Rot gehalten und wurde von einem grünen Gürtel gehalten, der mit runde Applikationen und Fransen verziert war. Seine Arme steckten mit fast zu den Schultern in leichten grünen Handschuhen, die, ähnlich wie bei Mao, zu den Händen spitz zuliefen und am Mittelfinger befestigt waren. Um den Hals trug er eine breite hölzerne Kette, die ebenfalls mit roten und grünen Bändern umwickelt und verziert war. Besonders auffällig war eine Art Turban, den er auf den Kopf trug. Man konnte die komplizierte Technik der Wickelung deutlich erkennen. Seine langen Enden hingen locker von hinten über Zikél Schultern auf die Brust, reichten bis zum Bauchnabel. Auch hier fanden sich die Stammes Farben rot und grün wieder.
 

Mao betrachtete seinen Gefährten mit mehr als simplem Gefallen und fiel ihm, ganz egal ob erlaubter Weise oder nicht, erst einmal um den Hals, rieb seine Wange kurz an Zikéls und wisperte: „Ich habe dich vermisst.“
 

Zikél lächelte glücklich und küsste den Braunen auf die Schläfe.

„Ich dich auch. Sie haben mich zum Baden gezwungen.“ Sein schelmisches Grinsen strafte den jammernden Ton lügen.

Unauffällig räusperte sich Suaresh zum Zeichen, dass er mit der Zeremonie fortfahren wollte.
 

Mao grinste. „Wäre ich gerne dabei gewesen.“ Dann nahm er Zikéls Hände und die Beiden stellten sich vor Suaresh auf.
 

„Das glaube ich dir aufs Wort.“ zischte Zikél, verstummte dann aber, als sein Kemjal ihm einen tadelnden Blick zuwarf, bevor er mit der Feierlichkeit weiter machte.

„Es ist immer wieder eine Freude für jeden von uns zu sehen, dass sich zwei Seelen verbunden haben und beschließen für die Ewigkeit vereint zu bleiben. Dama Liah’he bedeutet nicht nur ‚Fest der verbundenen Herzen’, es ist auch das Versprechen der Partner auf ewige Treue und festen Zusammenhalt. Mao, Zikél, bringt nun eure Gelöbnisse vor.“ Suaresh lächelte freundlich zu dem Braunen, damit er begann.
 

Mao schloss kurz die Augen, schwieg einen Moment, lauschte in sich hinein. Er hatte sich einen Text zurechtgelegt, aber irgendwie klangen gerade andere Töne in seinem Inneren...
 

„Als ich dich kennen gelernt habe, habe ich dich abgrundtief gehasst.“ seufzte er und ließ den Kopf hängen. „Du bist dickköpfig, stur, unsensibel, ein unglaublicher Hitzkopf und lässt dir nichts sagen. Du kannst so eingebildet und stur sein, dass ich dich manchmal am liebsten erwürgen würde!“ Er sah seinen Partner tadelnd an, aber seine Züge waren weich.
 

„Trotz allem... du warst einer der Ersten, die mich als lebendes Wesen, als Person gesehen haben, nicht als Besitz. Du warst der Erste, dem es darum ging, dass es mir gut geht und nicht darum, dass ich eine tadellose, lächelnde Maske trage. Du warst der Erste, der es geschafft hat, durch meinen mühevoll gebauten Panzer zu brechen und mein Herz zu berühren, und damit hast du mir die ganze Welt geschenkt. Es ist das erste Mal, dass mich jemand liebt, und es ist das erste Mal, dass ich mich trauen darf, diese Liebe zu erwidern. Trotz all deiner Fehler und Makel, weiß ich, dass du mich nie im Stich lassen wirst und immer an meiner Seite bist und das macht mich unendlich glücklich, und ich möchte das Gleich für dich sein. Ich möchte dein Freund sein. Dein Geliebter. Dein engster Vertrauter, deine Zuflucht. Deine Hoffnung, dein Glück. Ich möchte dich zum Lachen bringen, dich in den Schlaf wiegen, dir ein Zuhause geben und die Sicherheit, die ich verspüre, wenn du bei mir bist. Ich möchte alles sein in deinem Leben, wie du alles bist für mich."
 

Tiefe Sehnsucht und Liebe lag in seinem Blick. Er war so konzentriert auf das, was er sagte, weil es so wahr und ernst war, dass er nicht einmal mehr lächelte, als er Zikél ansah. „Ich liebe dich. Mehr als alles andere.“
 

Nachdem Mao geendet hatte, blieb es still. Niemand sagte ein Wort, alle mussten dieses ungewöhnliche Gelöbnis erst einmal verdauen. Nur Zikél stand halb lächelnd, halb ernst da und blickte seinen Namuri voller Liebe an.

Bevor Suaresh noch das Wort ergreifen konnte, begann er selbst mit seinem Gelöbnis.

„Das war eines der Dinge, die ich als erstes an dir gemocht habe, auch wenn du mich damit das eine oder andere Mal verletzt hast. Deine Ehrlichkeit und die Art, wie du deine Meinung sagst, ist für manche vielleicht gewöhnungsbedürftig, aber für mich ist es genau der richtige Gegenpart. Ich weiß, du warst nicht immer so und hast dich gerne verschlossen, dein Leben war nicht das beste, aber durch dich habe ich endlich einen Weg aus meiner Einsamkeit und Verzweiflung gefunden. Als ich die Hoffnung auf meinen Lebensgefährten schon aufgeben wollte, kamst du und hast mich eines Besseren belehrt.“ Zikél hob eine Hand und legte sie Mao an die Wange. Sein Lächeln vertiefte sich noch weiter.

„Du warst meine Rettung aus dieser Hoffnungslosigkeit. Du hast meinem Herzen den richtigen Weg gewiesen und nun kann ich dir endlich die Gefühle entgegen bringen, die du verdient hast. Ich möchte auch für dich alles sein, was du längst für mich bist. Ich will dein Herz beschützen und alles Leid von ihm fern halten, ich will dich wärmen, wenn dich Trauer und Verzweiflung fast erfrieren lassen. Ich kann dir kein einfaches Leben versprechen, aber ich verspreche dir, dass ich alles tun werde, damit es leichter für dich wird. Du bist das Kostbarste, das ich jemals besessen...nein...dass mir jemals geschenkt wurde, denn das bist du für mich. Ein Geschenk der Götter. Ich wünschte, ich könnte dir zeigen, wie sehr ich dich liebe, doch das ist unmöglich. Das Wort Liebe beschreibt nicht mal im Ansatz meine Gefühle für dich, aber ich hoffe, dass du es tief in deinem Herzen doch spürst. Ich will mein ganzes Leben mit dir verbringen, ich will morgens neben dir aufwachen und abends mit dir einschlafen. Und selbst in der Ewigkeit werde ich nicht von deiner Seite weichen....Mao...“ Die letzten Worte waren nur ein Flüstern und Zikél konnte sich einfach nicht mehr zurückhalten. Er küsste seinen Geliebten zärtlich auf die Lippen.
 

Ganz automatisch schlangen sich die Arme Maos um den Hals seines Namuris und er erwiderte den Kuss, glücklich, überwältigt, sehnsüchtig.
 

Suaresh grinste breit, verdrehte aber die Augen. Wenn das so weiter ging, würde die Zeremonie noch ewig dauern. Aber er ließ den Beiden ihren Willen, schließlich war es ihre Liah’he, da hatte niemand das Recht sie zu unterbrechen.

Die Umstehenden sahen das ähnlich, denn sie blickten entweder freundlich auf das Paar oder sahen ihre eigenen Partner verliebt an.

Zikél nahm nichts außer Mao wahr und drückte ihn fest an sich. Er versuchte verzweifelt seinem Geliebten seine Empfindungen zu vermitteln und hatte doch das Gefühl zu scheitern.

Schließlich räusperte sich Suaresh erneut und der Blaue schmunzelte gegen die Lippen des Braunen. Er setzte noch ein paar kleine Schmetterlingsküsse darauf und blickte ihn dann verliebt an.

Suaresh wurde nun eine kleine Schüssel mit einer Art rotem Brei gereicht.

„Zum Zeichen eurer Liebe besiegelt den Bund.“ Zikél tauchte den Finger in die dickflüssige Masse und fuhr damit von Maos Nasenspitze über die Stirn bis zum Haaransatz, sodass ein langer Strich entstand. „Ich nehme dich, Mao, zu meinem Lebensgefährten und gelobe dir ewige Treue und Liebe.“
 

Mao senkte leicht den Kopf, als würde er eine Verbeugung vor seinem Partner andeuten wollen und tat es ihm nach. Er zog den Strich ebenfalls durch Zikéls Gesicht und sprach: „Ich nehme dich, Zikél, zu meinem Lebensgefährten und gelobe dir ewige Treue und Liebe.“
 

„Mit diesem Versprechen sei euer Bund besiegelt. Möge eure Liebe wachsen und euer Leben erfüllen.“ Der Getigerte breitete die Arme aus und legte eine Hand auf Maos und Zikéls Schulter.

Nun brach plötzlich lauter Jubel aus und die Dorfbewohner klatschten und pfiffen. Dann wurde das traditionelle Dama Liah’he-Loblied angestimmt und das Fest begann.
 

Mao sah sich überwältigt um, blickte dann zu Zikél, sprang ihm um den Hals und begann wieder, ihn zu küssen. Seine Beine wickelten sich dabei, soweit es eben mit dem Rock ging, um die Hüfte des Anderen. „Ich liebe dich!“
 

Zikél lachte auf, was schnell durch die Lippen des Braunen erstickt wurde, und hielt Mao fest, wirbelte ihn glücklich herum.

„Und ich liebe dich! Ich liebe dich! Nur dich, Mao!“ Die Freude strahlte aus seinen Augen und in seinem Bauch kribbelte es so heftig, als würde eine Ameisenarmee sich einen wilden Kampf mit einem Schwarm Schmetterlinge leisten.

„Lass uns feiern! Ich will betrunken werden von diesem Glück und deiner Liebe!“
 

„Ja, wie geht es denn weiter? Essen? Tanzen? Essen und Tanzen?“ Er kam näher an Zikél heran. „Naschen jedenfalls kommt später...“
 

Der Blaue grinste dreckig und ließ seine Hände anzüglich über Maos Körper wandern.

„Muss ich wirklich noch so lange warten? Sie merken es doch gar nicht, wenn wir uns jetzt schon verabschieden.“

„Mao! Zikél!“ schrie plötzlich eine hohe Jungenstimme und Telis stürmte auf sie zu. Er hatte einen Strauß frisch gepflückter Blumen in der Hand, die er Mao nun empor streckte.

„Herzlichen Glückwunsch euch beiden! Du siehst wunderschön aus, Mao! So soll mein Namuri auch einmal aussehen!“ plapperte der Junge und Zikél verzog kurz das Gesicht, schnappte ihn sich dann aber und hob ihn auf die Arme.

„Pass auf, was du sagst, das ist jetzt offiziell mein Namuri!“ lachte er und gab dem Grauen einen Kuss auf die Wange.

„Tanzt ihr mit mir? Onkel Rana hat gesagt, ich soll heute Nacht bei ihm schlafen, darf ich? Er hat sogar einen Kuchen für mich gebacken!“
 

Mao kicherte leise. „Ja, das darfst du.“ Er steckte eine der Blumen mit in sein Haar, was Telis strahlen ließ. Auch Damon kam angewackelt, schüchtern, und streckte Mao seine Hand entgegen. „Bitteschön. Herzlichen Glückwunsch.“ murmelte er. Irgendwie... wenn er Mao so sah, fand er es doof, dass Zikél ihm zuvor gekommen war.
 

Mao nahm auch Damons Geschenk entgegen und fand zwei sehr ähnlich aussehende, schöne Steine in seiner Hand. Und verstand. „Danke dir, Damon.“ Er nahm den Jungen hoch und Damon nutzte seine Gelegenheit und umarmte Mao ganz fest, wobei er von da an ein zufriedenes und überlegenes Grinsen vor sich her trug.
 

Zikél beobachtete die Beiden genau und schmunzelte leise vor sich hin. Als die Jungen davon liefen, da jemand behauptet hatte, das Essen sei fertig, trat der Blaue dicht an seinen Gefährten.

„Ich glaube, ich muss Damon zu einem Duell herausfordern. Der Kleine macht dir ganz klar Avancen! Muss ich mir Sorgen machen, dass du dich doch noch umentscheidest ?“
 

„Hmm... wenn ich es recht bedenke... Damon ist nicht so ein Kindskopf wie du.“ stichelte Mao sanft und schob Zikél einen der Steine unter den Gürtel.
 

„Tz, kaum bin ich den Bund eingegangen, muss ich mir so etwas sagen lassen! Lass uns lieber zum Lagerfeuer, sonst kriegen wir nichts mehr zu essen ab. Und dann will ich mit dir tanzen! Bis wir beide nicht mehr können.“ Ohne Vorwarnung hob er Mao auf seine Arme und trug ihn zum Feuer.

Dort wurden sie erneut freudig begrüßt und beglückwünscht. Fleisch und Brot wurde verteilt, die Musikinstrumente hervorgeholt und ausgelassen getanzt. Zwischen den erwachsenen Tama-i tummelten sich noch eine Vielzahl von Kätzchen, manche konnten noch nicht einmal richtig laufen, aber lachten quietschvergnügt in die Runde und wurden immer mal wieder hochgenommen und durch die Luft gewirbelt, was ihnen ganz besonders gut gefiel.
 

Maos neue Lieblingsbeschäftigung war, neben 'Zikél ärgern', seit kurzem 'Telis und Damon beobachten'. Damon hatte so einen tollpatschigen Charme. Während er sich unterhielt, und aß, und beobachtete, und ärgerte, bemerkte er beiläufig, dass es jetzt gar nicht mehr so schlimm war zwischen all diesen Fremden. Viele waren auch schon keine Fremden mehr.
 

Immer wieder setzten sich Tama-i zu ihnen und sprachen mit dem frischen Paar, scherzten, lachten und forderten sogar zum Tanz auf. Als Zikél gerade solch einer Aufforderung nachkam, setzten sich Rana und Suaresh zu Mao und der Dunkelbraune legte sofort einen Arm um seinen Schwiegersohn.

„Ich freue mich so für euch. Das war das schönste Geschenk, das ihr mir hättet machen können. Naja, wenn man mal von Nachwuchs absieht. Aber lasst euch damit noch etwas Zeit, ich bin gerade sehr mit Sumas Kätzchen beschäftigt.“ lachte er und klopfte Mao auf sein Knie.

„Wie fühlst du dich? Wünscht du dich immer noch an einen anderen Ort?“

„Wenn man mal von eurem Schlafzimmer absieht.“ bemerkte der Getigerte und grinste breit, erhielt aber sofort eine Kopfnuss von seinem Partner.
 

„Nein, nicht mehr so sehr. Außerdem könnte ich gar nicht weg, denn euch zu verlassen würde Zikél das Herz brechen.“ antwortete Mao ehrlich. Dann grinste er. „Suaresh, liebster Schwiegervater zwei... schwingst du mit mir das Tanzbein oder bist du aus der Form?“ Es war Mao irgendwie ein Bedürfnis, auch zu Suaresh ein etwas engeres Verhältnis aufzubauen.
 

„Oh, Mao, du weißt nicht, auf was du dich da einlässt. Wenn dir dein Leben lieb ist, nimm die Beine in die Hand und lauf! Su ist ein miserabler Tänzer.“ Rana warf dem Braunen einen mitleidigen Blick zu. Der Getigerte erhob sich allerdings mit einem beleidigten Ausdruck.

„Das sagt der Richtige. Meine Zehen sind immer noch ganz blau von dem letzten Fest. Pass bloß auf. Wenn du so weiter machst, schläfst du heute Nacht draußen!“ Suaresh reichte Mao eine Hand und führte ihn hocherhobenen Kopfes zum Tanzplatz neben dem Feuer.

Es stellte sich heraus, dass Mao doch nicht so sehr um Leib und Leben fürchten musste, wie Rana ihn hatte glauben machen wollen. Suaresh führte hervorragend und verhinderte sogar immer erfolgreich das Anrempeln gegen andere Paare.
 

Und Mao musste gestehen, dass er es sehr reizvoll fand, mal mit einem so männlichen Exemplar von Tama-i zu tanzen... Su war größer und kräftiger als Zikél und der Braune genoss es sehr. Nach einer Weile hatten sie sich gut aufeinander eingestimmt und tanzten und tanzten und Mao lachte viel und hatte wirklich Spaß. Bis irgendwann Zikél in seinem Blickfeld auftauchte und ihn vorwurfsvoll ansah, was Mao dazu veranlasste, Su zu umarmen, ihm für den Tanz zu danken und zu seinem Geliebten zu hoppeln.
 

„Es freut mich, dass du dich so gut mit meinem Kemjal verstehst, aber ich will auch noch was von dir haben.“ Er packte Mao um die Taille und riss ihn regelrecht an sich. „Geht dir schon die Puste aus oder wagst du noch ein Tänzchen?“ Er knabberte liebevoll an Maos Ohren und bekam gar nicht genug von dem Gefühl seinen Schatz an seinem Körper zu spüren.
 

Der Braune warf seine Haare zurück. „Wenn du mir noch die Möglichkeit lassen würdest, mich zu bewegen, wäre das kein Problem.“ lachte Mao und schwang sich um seinen Partner.
 

„Wenn das dein einziges Problem ist...“ Er ließ ihn los, griff aber nach seiner Hand und zog ihn zurück zur Tanzfläche. Die Musik wurde gerade etwas langsamer und Zikél legte seine Arme erneut um seinen Namuri und küsste ihn auf die Nase.
 

Mao legte ihm die Arme um den Hals. „Meine Probleme fangen doch jetzt erst richtig an.“
 

„Nun hat er doch noch jemanden gefunden.“ Suaresh hielt seinen Namuri von hinten umarmt und schmiegte sich gegen ihn. Sie standen am Rande der Tanzfläche und beobachteten ihre Kätzchen.
 

Rana lächelte nur sanft, die Augen nicht von seinem Sohn und dessen Geliebten lassen könnend. „Ja, unglaublich... aber wahr.“



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Kommentare zu dieser Fanfic (83)
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Von:  Alexa_Sasako
2013-02-28T17:59:41+00:00 28.02.2013 18:59
Eine wunderschöne Geschichte, besonders der Schluss gefällt mir. Schade nur das die jetzt schon aus ist. Obwohl ich diese Geschichte bereits zum zweiten Male durchgelesen fand, konnte ich mich nur schwer von der Geschichte lösen.
Ich fände es schön, wenn die Geschichten mit Zikél und Mao weitergehen würde.

LG Alexa
Von:  Luca191
2011-12-29T08:42:05+00:00 29.12.2011 09:42
Eine wunderschöne Geschichte. Hab sie vor 2 Tagen gefunden und regelrecht verschlungen. Obwohl ich am Anfang erst dachte das Leonidas sein richtiger Partner ist, fand ich den Umschwung doch richtig schön. Wirklich eine süße, traurige und spannende Geschichte. Kann man nur empfehlen.
LG Luca
Von: abgemeldet
2009-08-19T15:57:36+00:00 19.08.2009 17:57
oh mein gott...
ich hab geheult wie ein wasserfall...
wie gemein und grausam. aber so ist es nun mal, denn ohne großen leid -kein großes glück!! ich drücke den beiden die daumen. auf dass alles gut wird!!
die ersten 14 kapitel hab ich bei boyxboy gelesen und bin gar nicht losgekommen und nun hier die fortsetzung!! =*__*= YAY (wobei mir schon die augen weh tun vom ganzen heulen und comprumgeglotze!!)

und je weiter ich lese, desto mehr jucken meine hände-ich fange an stimmen zu hören: *zeichne was*. daher...(frage an autor/in) dürfte ich mir die frechheit rausnehmen und die hauptcharas zeichnen??

P.S.: giebts zu der story schon fan-arts??
Von:  Kiyomi
2008-06-29T16:38:57+00:00 29.06.2008 18:38
woah wie schön *_*
aber..erstmal sorry fürs späte Reviewen..gomen ^^'
na ja..eine Frage seh ich am Ende aber noch ungeklärt: wie stehts mit Nachwuchs? :D
Von:  Silverdarshan
2008-03-21T20:28:22+00:00 21.03.2008 21:28
*tränchen wegwisch*
war das ein schönes kapitel Q/////Q
ich musste ja wirklich ein bisschen lachen, als du sagtest, du hättest vergessen, dass noch ein kapitel fehlt xD
und ich dachte immer nur 'die wird ja wohl auf den letzten metern nicht aufgeben?!'
und dann erhalte ich einen tag später deine ENS *lach*
und ich bin wirklich froh, dass du uns dieses wunderbare Ende dieser Story nicht vorenthalten hast.
Ein bisschen wehmütig war ich schon die ganze Zeit über beim lesen, da ich ständig dran denken musste, dass dieses das letzte kapitel ist... und ich hasse abschiede T^T
Ich wünsche euch/dir dennoch weiterhin alles gute und viele Ideen für weitere fanfics! hau in die tasten und mach so weiter ;D
ich werd immer wieder mal reinschnuppern und schauen, was du so gezaubert hast ^^

grüßelchen
_BleedForFuckinLovE_
Von: abgemeldet
2007-09-10T03:29:45+00:00 10.09.2007 05:29
O hayo ^^

schönes Kapi...^^
hat mir sehr gut gefallen...^^
finds schön dass er sich langsam einlebt...^^
mata ne
spinnchen
Von:  Suzaku
2007-09-08T05:19:28+00:00 08.09.2007 07:19
Natürlich werden eure neuen Kapitel gelesen. Von mir auf jeden Fall. ^__^
Und diese beiden sind wieder einfach super klasse geworden.

Ich finds schon, dass Telis die beiden so gut als neue Familie aufgenommen hat. Auch wenn er immer noch ausraster hat. (Kann ich ja verstehen.)

Und ich freu mich auf das letzte Kapitel. =) Schon die Vorbereitungen in diesem hier verheißen doch wirklich einsuper großes Happy-End. <3
Was meiner Meinung nach auch alle verdient haben.

Bitte bitte, lasst uns nicht so lange auf dieses letzte Kapitel warten.

Und vor allem schreibt bitte weiter so tolle Storys, wo man durch alle Höhen und Tiefen gehn kann. ^^

Baba
eure Suza
Von:  feuerregen
2007-05-14T14:26:48+00:00 14.05.2007 16:26
endlich erfährt man mehr über leonidas' und nittas beziehung!
ich hab mal versucht, ein cover zu erstellen.....vielleicht bekomm ich's hin! ^^
könntest du mir nochmal eine genauere beschreibung der charas schicken?

lg, feuerregen

ich kann die nachfolgenden kappis nicht lesen!!! *heul*
Von: abgemeldet
2007-05-09T21:05:16+00:00 09.05.2007 23:05
Hallöle ^^
das ist wirklich ein schöönes Kapi...
die beiden glücklich zu sehen tut gut...
armer Telis...ich hab richtig mitgelitten...
hoffe dass Mao und Zikel ihm über dass schlimmste hinweg helfen können...
einfach suuuper geschrieben...
bis zum nächsten mal
mata ne
Von:  Silverdarshan
2007-05-08T20:56:40+00:00 08.05.2007 22:56
herrlich <3
ein großartiges kapitel nach der (doch leider) vieel zu langen wartezeit ^____^
Telis, der kleine, tut mir wirklich sehr leid, ich habe regelrecht mitgelitten.
doch auch mit mao fühle ich mit ;__;
dass er sich so schwer an alles gewöhnen kann und dann auch noch die anfängliche abweisung... wirklich schlimm für den braunen *seufz*
und dennoch ein kapitel happy end ^^
super! ^___^
mehr gibt es nicht zu sagen.
...
doch!
eines hätte ich noch ^___~
bitte nicht mehr so lange, bis zum nächsten kapitel *zwinker*

grüßelchen
deine Rei


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