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Schatten der Vergangenheit

Lost-Fanfic Die Schatten der Vergangenheit holen Jack und Sawyer schneller auf der Insel ein, als sie gedacht haben....
von

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Kapitel 1

Die Tage waren lang geworden, seit dem sich die Gruppe der Gestrandeten in zwei Lager geteilt hatte. Jack war noch immer dabei, sich mit der einen Hälfte in den Höhlen eine Art " Behausung" einzurichten während Kate mit den anderen am Strand blieb und nach Rettung Ausschau hielt.
 

Die Situation am Strand war wie immer angespannt. Sayid hatte den ganzen Tag über Brennholz für den Abend gesammelt und war nun erschöpft unter der schützenden Plane in sich zusammen gesunken. Sawyer, der wie immer sein vorlautes Mundwerk nicht halten konnte, provozierte ihn so lange, bis der Iraker wütend aufsprang und auf den großen Blonden losging.
 

"Könnt ihr nicht mal wenigstens einen Tag ohne Schlägerei verbringen?" Kates durch dringende Stimme zeriss die wüsten Beschimpfungen der beiden Männer und sie schauten noch verdutzter, als die junge Frau zwischen die Beiden sprang und sie anfunkelte. "Ihr seit schlimmer als die Jungs in der Schule waren, nur mit dem Unterschied, dass ihr mal knappe 20 Jahre älter seit."

Ein wütendes Schnauben von der Seite von Sawyer ließ sie innerlich zusammen fahren. Er würde sie doch nicht angreifen? Doch noch während sie diesen Gedanken verdrängte, packte er sie schon am Arm und schleuderte sie bestimmt, aber nicht brutal zur Seite in den weichen weißen Sand.

"Freckles, misch dich nicht immer in Dinge die dich nichts angehen." zischte er noch hinter her und wand sich wieder dem Iraker zu.

"Du wagst es Hand an eine Frau zu legen? Das hätte ich selbst von dir nicht erwartet !" Sayids Augen waren zu Schlitzen zusammen gezogen und blitzen wütender denn je. Die Müdigkeit, die er noch bis vor wenigen Minuten gespürt hatte war gänzlich verflogen.

Einige Sekunden taxierten sich die beiden Kontrahenten noch, bevor sie sich mit einer Art Kampfschrei, aufeinander stürzten.
 

Kate die nun ein paar Meter weiter im Sand saß, schüttelte nur noch resigniert den Kopf. "Solche Kindsköpfe, tötet euch doch selbst verdammt." Damit stand sie auf und überließ den Männern ihr eigenes Schicksal.
 

Auf dem Weg zu Claire, die noch immer im Zelt lag, traf sie Locke. " Na haben sie es wieder getan?" fragte er mit einem leichten Grinsen. Er erkannte allein schon an der Mimik der Frau mit den langen dunklen Haaren, dass wieder etwas derartiges vorgefallen war. "Ja verdammt. Warum können sie sich nicht einmal zusammen reißen? Sie könnten sich einfach aus dem Weg gehen und alles wäre wunderbar."

"Meinst Du?" wieder ein wissendes Grinsen. "Du kennst doch inzwischen Sawyers Art mit Menschen umzugehen. Er kann scheinbar keine Zuneigung zeigen ohne zynisch oder aggressiv zu sein, sodass ihn niemand in seinen Gefühlsbekundungen ernst nimmt. Man reagiert automatisch genauso und schon hat man einen Teufelskreis. Sayid ist natürlich auch sehr empfindlich. Sawyer weiß ja leider auch, wie er ihn so provozieren kann, dass unser junger Iraker an die Decke geht."
 

Kate war mit Locke vor dem Zelt der schwangeren Frau angekommen. " Ich weiß das Sawyer oftmals böse ist. Aber ich denke er ist nicht von heute auf Morgen so geworden. Da steckt viel mehr dahinter, was wir zur Zeit nicht sehen oder einfach nicht wissen. Ich habe ihn seit dem Absturz sehr oft allein am Strand sitzen sehen. Gedankenversunken mit einem Stück Papier in der Hand. Er sah aus, als würde er weinen." Kates braune Augen wurden ein wenig traurig, bei dem Gedanken an den Anblick von dem großen Blonden.

Locke jedoch schaute sie nur ernst an " Glaub mir Kate, ich bin mir sehr sicher das unser Mister Obercool nur eine Maske trägt. Es hilft ihm mit der Situation hier klar zu kommen. Jeder verarbeitet solche traumatischen Erfahrungen anders und wer weiß, was für eine Vergangenheit er hinter sich hat."
 

Damit stoppten sie das Gespräch und traten in das weiße Leinenzelt ein. "Hallo Claire, na wie geht's Dir?" Charlie der neben ihr saß, bedeutete den beiden leise zu sein. " Psst, es geht ihr soweit gut. Sie hat kein Fieber mehr und schläft seit zwei Stunden ganz ruhig."

Charlie hatte sich von Anfang an sehr um Claire bemüht. Er hatte ihr geholfen als es ihr besonders schlecht ging und war anschließend nicht mehr von ihrer Seite gewichen.

"Ist gut." flüsterte Kate zurück " Dann pass mal gut auf sie auf. Wenn etwas sein sollte, ich lege mich jetzt ein bisschen schlafen."

Locke folgte ihr hinaus und verabschiedete sich dann ebenfalls " Schlaf gut Kate und mach dir nicht mehr soviel Gedanken! Die Insel wird schon alles zum Guten wenden!" damit drehte er sich um und lief Richtung Wasser davon.
 

Die junge Frau hatte gerade ihr provisorisches Bett unter den Palmen hergerichtet, als sie aus dem Dunkeln hinter sich Schritte hörte. "Wer ist da?" fragte sie vorsichtig, da sie niemanden erkennen konnte. Plötzlich fühlte sie eine Hand auf ihrer Schulter und als sie warmen Atem an ihrem Ohr fühlte, erstarrte sie vor Schreck. " Angst, Freckles?" die Stimme klang tief und ein bisschen furchteinflössend. Dennoch entspannte sie sich wieder, als sie die fremde Person als Sawyer erkannte.

"Du unsäglicher Idiot!" schrie sie ihn wütend an. "Weiter so Wildkatze, ich steh darauf wenn du dich aufregst!" Er drehte ihren Kopf zu ihm und ihre Nasen waren nur noch Millimeter von einander entfernt. "Verschwinde du Mistkerl !" schrie sie ihn erneut an, doch auch diese Aufforderung zu gehen ignorierte er gekonnt. Stattdessen ließ er sich neben ihr auf die Decke fallen. "Nein." Sie hörte sein typisches Sawyer lachen und brodelte innerlich vor Wut. Was bildete sich dieser Typ eigentlich ein? Vorhin, ja da hatte sie sich noch Gedanken über ihn gemacht. Warum er so geworden war und ob es ihm vielleicht schlecht ging. Doch jetzt?!
 

Als Sawyer merkte, dass Kate den Spaß, den er eigentlich hatte machen wollen, nicht verstand legte er sich zurück " Ach Freckles, glaubst du wirklich ich würde dir was tun?" seine Stimme klang ein wenig deprimiert. Etwas das die Frau seit Ankunft auf der Insel noch nie erlebt hatte.

"Ich weiß nicht." Sagte sie vorsichtig. " Vorhin bei dem Streit mit Sayid und dann eben, Sawyer ich kenne dich nicht. Ich kann dich nicht einschätzen. Du bist der typische Bösewicht, wer weiß zu was du fähig bist." Diese Worte hatte sie sehr leise gesagt. Sie wusste das sie ihm damit sicher, wenn er nur ein bisschen Gefühle haben sollte, weh tun würde. Vielleicht aber schaffte sie es auch ihn damit einmal aus der Reserve zu locken.

Doch die gewünschte Reaktion blieb aus. Sawyer erwiderte nichts sondern stand ohne ein Wort zu sagen auf und lief in den Dschungel zurück.

"Super!" schimpfte Kate jetzt leise mit sich selbst. So wirst du nie einen Zugang zu ihm finden.
 

Sawyer hatte sich indes an seine Lieblingsstelle zurück gezogen. Unter einem riesigen Blatt eines Farns lag er auf dem Rücken und betrachtete den dichten Urwald über ihm. Es drang kein Licht hier her, weder Sterne noch der Mond waren im Stande, dass dicke Blätterdach zu durchbrechen. Einzig seine glimmende Zigarette leuchtete als kleines rotes Licht.

Seine Gedanken waren beim heutigen Tag. Er hatte es wieder nicht lassen können, Sayid zu provozieren, bis er auf ihn losging. Bei dem Gedanken befühlte er seinen Bauch, der sich wieder einige blaue Flecken davon getragen hatte.

Er war einfach nicht fähig irgendwelche sozialen Verbindungen einzugehen. Nicht mal bei Kate schaffte er es, nur zwei Minuten eine normale Unterhaltung zu führen. Dabei gab sie sich seit Beginn ihrer unfreiwilligen Ankunft hier alle Mühe Kontakt zu ihm zu bekommen. Er schüttelte den Kopf. "Ich bin einfach geboren um ein Außenseiter zu sein." Nuschelte er traurig und schloss die Augen in der Hoffnung in seinen Träumen eine andere, weitaus fröhlichere und freundlichere Welt ihm gegenüber zu sehen.
 

Am nächsten Morgen wurde er durch einen lauten schrillen Schrei aus seinen Träumen gerissen.

Es musste Kate sein, die aus Leibeskräften nach Hilfe schrie. Mit einem Schwung war er hoch geschossen und lief so schnell er konnte in Richtung Strand zurück. Was er da sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren....
 

Kapitel 2
 

Die junge Frau kniete neben jemanden, der offensichtlich starke Verletzungen hatte Die Haare am Kopf waren nicht mehr erkennbar und auch Kleidung war so gut wie nicht mehr vorhanden.

"Oh Gott, oh mein Gott!" hörte er sie immer wieder vollkommen verzweifelt schreien, bis auch die anderen aus allen Ecken des Strandabschnitts angelaufen kamen.

Sayid hatte sie als erstes erreicht und auch Sawyer war fast an der Stelle angekommen.

"Ruhig Kate, sag mir was passiert ist." sprach der Iraker sanft auf die Amerikanerin ein, der Tränen wie Sturzbäche über die Wangen liefen. "Er ist aus dem Wald gekommen!" schluchzte sie laut " ist dann an mir vorbei und zusammen gebrochen."

Sawyer warf einen Blick auf den verbrannten Körper vor ihm. Der Mann lebte anscheinend noch, kam ihm aber nicht bekannt vor. Scheinbar konnte es keiner von der Gruppe sein, die schon einige Zeit hier am Strand war.

Ein leises Ächzen ließ ihn aus seinen Gedanken auffahren " Wasser, Wasser bitte!" stöhnte der Verletze aus einem Mund, der nahezu nicht mehr erkennbar war.

"Bring sie weg Sayid!" sagte Sawyer ernst und ohne einen Gedanken an ein Wiederwort zu verschwenden zog der Mann mit den langen dunklen Locken die geschockte Kate in Richtung Bäume zurück.

Sawyer zur selben Zeit kniete sich nun ebenfalls neben den Verletzten. Ihm wurde schlecht bei dem Geruch des verbrannten Fleischs und auch das ganze Blut setzte ihm mächtig zu, doch er verbot sich jetzt in dieser Situation Schwäche zu zeigen.

"Ruhig Mann." sprach er beruhigend auf den anderen ein, der versuchte seinen Körper in eine aufrechte Position zu bringen. "Bleib liegen. Wir holen Jack, den Doc. Ich weiß nicht ob du jetzt was trinken darfst."

Der Verletzte stöhnte erneut und unter einem gurgelnden Geräusch konnte Sawyer noch ein "bitte schnell" heraus hören.
 

Charlie der die ganze Sache von weitem betrachtet hatte, stürzte unterdessen in den Dschungel um Jack, aus den Höhlen zu Hilfe, zu holen. Auch wenn der Doc vielleicht nicht die richtigen medizinischen Geräte zu Hilfe hatte, aber vielleicht gab es ein paar Medikamente in seiner Bevorratung die dem Verbrannten Linderung bringen konnten.
 

Sayid war mit Kate im Zelt von Claire angekommen. Er legte die junge Frau auf das zweite Feldbett und nahm den nassen Lappen, der im Eimer neben Claire lag. " Ruh dich einen Moment aus Kate. Du hast einen Schock. Das geht bald vorbei."

Claire die sich in der letzten Nacht sichtlich erholt hatte, sah Sayid fragend an. " Ich erzähl dir später was passiert ist. Kannst Du ein bisschen auf sie aufpassen?" die dunklen Augen sahen das schwangere Mädchen forschend an.

"Ja kann ich. Geh ruhig."
 

Nachdem er sich vergewissert hatte, dass Kate wirklich in guten Händen war, verließ er das Zelt und machte sich wieder auf dem Weg zu Sawyer. Es wunderte ihn, dass der sonst so desinteressierte Blonde noch immer neben dem Mann hockte und sich scheinbar so gut es ging um ihn kümmerte.
 

Von weitem hörte er die tiefe Stimme des Südstaatlers " Bleib ruhig . Es wird bald Hilfe da sein. Ich bin übrigens James Sawyer. Auch so ein armes Schwein, das mit dem Flieger hier abgestürzt ist. Zum Glück aber mit dem Mittelteil, wie ich jetzt an dir sehe."

Sayid schüttelte innerlich den Kopf. Wirklich aufmunternde Worte waren es ja nicht die sein selbsternannter Intimfeind sprach, dennoch wusste er das Sawyer es im Moment wirklich nur gut meinte.

"Charlie kommt gleich mit Jack wieder." Sagte der Iraker als er die beiden endlich erreichte.

"Hilfe kommt gleich. Ich bin Sayid" sprach er den im Sand liegenden und kontinuierlich vor Schmerzen stöhnenden an.

Plötzlich begann der Verwundete nach Luft zu schnappen. "Hilfe hilfe!" hörten die beiden den Mann noch röcheln, bevor die Geräusche endgültig verstummten.

Sawyer sah Sayid mit Schreck geweiteten Augen an " Was machen wir jetzt verdammt?" er sprang auf und blickte gehetzt Richtung Dschungel aus dem jeden Moment der Doc kommen sollte.

"Bleib ruhig. Es ist zu spät. Er hatte zu schwere Verletzungen." Sayid sprach leise und ruhig. " Nein, es kann nicht zu spät sein." Die blau grauen Augen von Sawyer flogen panisch vom Verbrannten zum Urwald und wieder zurück. "Nein niemals!" schrie er jetzt Sayid an, dessen Augen nur traurig hochsahen und versuchten ihm das Unausweichliche begreiflich zu machen.

"Doch Sawyer, wir konnten nichts mehr für ihn tun."

Das war zu viel und der blonde Mann begann zu rennen. Einfach ohne Ziel. Er hatte schon einige Menschen sterben sehen. Ja, er hatte sogar versucht den Marschall zu töten, um ihn von seinem Leid zu erlösen. Das hier war aber etwas anderes. Er starb ihm unter den Händen weg. Er hätte ihn doch retten wollen....
 

Als Jack zehn Minuten später am Ort des Geschehens eintraf, konnte er auch nur noch den Tod des Unbekannten feststellen. "Er hatte doch keine Chance, oder Jack?" fragte Sayid verunsichert. "Nein hatte er nicht. Die Verbrennungen sind zweiten und dritten Grades und das über den ganzen Körper verteilt. Es wundert mich, dass er überhaupt noch laufen konnte." Jack zuckte mit den Schultern, " Aber irgendwie scheint auf dieser Insel ja so einiges anders zu funktionieren." Damit deutete er auf Locke, der ihnen am letzten Abend am Feuer seine Geschichte erzählt hatte.
 

"Kannst Du Dich bitte gleich noch um Sawyer kümmern?" Der Iraker sah den Arzt bittend an. " Er scheint nicht damit klar gekommen zu sein, dass der Mann hier unter seinen Händen weggestorben ist. Was mich ja eigentlich wundert, denn beim Marschall..." Jack nickte " Ja mach ich. Wenn du gehen würdest, hätte es eh keinen Sinn. Ihr streitet euch ja sowieso nur.

Das mit dem Marschall war aber etwas ganz anders. Er konnte ihn einfach nicht mehr leiden sehen und er hatte ja schließlich auch um Erlösung gebeten.

In diesem Fall aber wollte der Mann Hilfe."

"Ich verstehe was du meinst. Hat mich aber gewundert, dass unser ach so kalter und abgebrühter Südstaatler plötzlich derartig Gefühle zeigen kann." Er stoppte kurz " Ich meine natürlich außer Hass und Wut auf andere."

Ein leichtes Lächeln schlich sich auf Jacks Gesicht als er an Sawyer dachte. Ja dieser Mann war wirklich die Arroganz, Ignoranz und alles was sonst noch als negative Eigenschaften zu nenne war in einem. Selten hatte man seine andere Seite zu sehen bekommen, doch wenn hatte diese Jack sehr gut gefallen.

"Ich denke Sawyer ist nicht halb so böse wie er immer tut. Ich denke es ist eine Art Maske die ihn davor schützt durch andere Menschen verletzt zu werden."
 

Damit stand Jack auf und deutete auf den toten Körper vor sich. " Könntest du dich mit Charlie oder Locke darum kümmern, dass der Mann beigesetzt wird. Am besten verbrennen?" fragte der Arzt nun und wusste, dass es sicher nicht einfach sein würde. Auch nicht für den recht psychisch stabilen Iraker, der schon sehr viel im Krieg gesehen hatte.

"Ja ich kümmere mich Doc."
 

Jack war schon ein ganzes Stück den Strand hinunter gelaufen, als er auf den Felsen ein paar hundert Meter vor ihm eine Gestalt in sich zusammen gesunken sitzen sah. Im Moment war es noch zu weit um das Gesicht der Person zu erkennen, aber er war sich sicher, dass es nur der Blonde sein konnte, den er suchte.
 

Und wirklich, als er näher kam erkannte er ihn sofort. Diese hoch gewachsene Statue, die langen blonden Haare, der inzwischen wild gewachsene Drei-Tage-Bart, die zerrissene Jeans und das schwarze T-Shirt machten den Mann mit dem starken Süd-Staaten Akzent aus.
 

"Hey!" rief er aus noch einiger Entfernung um ihn nicht zu erschrecken. Dieser jedoch reagierte nicht. "Sawyer, hey darf ich mich zu dir setzten?" Jack stand inzwischen fast neben ihm, doch noch immer kam keine Reaktion. Sawyer blickte weiter aufs Meer hinaus. Die Augen auf den weiten Horizont gerichtet. Jack erschrak, als er die blau grauen Augen sah. Sie wirkten leer und ganz weit aus der Realität entschwunden.

Aus seiner Studienzeit wusste er noch, dass er sehr behutsam mit Personen umgehen musste, die unter Schock standen. Leider hatte er nicht wirklich viel Erfahrungen mit psychischen Problemen gemacht, da er sich relativ schnell für die Chirurgie entschieden hatte, aber ein paar Grundkenntnisse hatte er dennoch.
 

"Sawyer, du konntest ihn nicht retten. Die Verbrennungen waren einfach zu schwer." Sprach er leise auf den blonden Mann ein.

"Ich weiß das du dich jetzt furchtbar fühlen musst. So ging es mir auch, als der erste Patient auf dem OP-Tisch gestorben ist, für den ich verantwortlich war. Aber es ist leider so Sawyer... Menschen sterben und wir können manchmal einfach nichts tun." Er stoppte und wartete ob er auf die Aussage irgendwie reagieren würde, doch noch immer passierte nichts.

"Ich glaube es wäre besser, wenn du jetzt nicht allein bist und dir hier zu viele Gedanken machst. Komm mit, Hurley wollte etwas von dem Wildschwein machen, das Locke gestern gefangen hat."

Jetzt drehte Sawyer das erste Mal langsam den Kopf zu Jack, der ihn besorgt ansah.

"Wie kannst du jetzt nur ans Essen denken Doc?" er schüttelte den Kopf. " Der Mann ist elendig verreckt. Er hatte Schmerzen und ich habe nichts getan." Die Stimme klang gebrochen. Nicht so, wie ihn der Doc sonst kannte. Nichts erinnerte in dem Moment an den zynischen Mann, der jedem einen Spruch an den Hals warf, der es wagte ihn anzusprechen.

"Du konntest nichts tun Sawyer. Glaub mir. Du hast ihm bei gestanden in der schwersten Zeit. Du warst bei ihm und hast ihm Geborgenheit gegeben." Sawyers Augen begannen auf einmal wild zu leuchten " Ich habe ihm Geborgenheit gegeben? Ich weiß ja nicht mal selbst wie es ist, diese zu erfahren." Damit sprang er auf und ließ den komplett verwirrten Jack zurück.
 

Sawyer lief und lief, bis er an seinem Lieblingsplatz angekommen war. Dort ließ er sich fallen und vergrub sofort sein Gesicht in seinen Armen. Die Tränen kamen schneller, als er reagieren konnte und kurze Zeit später schluchzte er hemmungslos.
 

Jack war inzwischen zu den anderen zurückgekehrt und sah nach Kate, die noch immer bei Claire im Zelt saß. "Geht's wieder? Ich habe gehört, dass hat dich vorhin sehr mitgenommen?!" er sah die Frau mit den dunklen Locken besorgt an. " Mach dir keine Sorgen, mir geht's schon wieder gut. War wohl nur der Schock. Mein Kreislauf ist ein bisschen durcheinander geraten und dann bin ich halt innerlich zusammen geklappt. Aber wie gesagt, ich bin soweit wieder fit."

"Dann ist ja gut. Sawyer scheint es nicht so schnell wieder besser zu gehen." Kate sah ihn fragend an. "Ich war eben bei ihm. Er saß abseits auf den Felsen und war total in sich zusammen gesunken. Ich habe versucht ihn zu trösten in dem ich ihm gesagt habe, dass der Mann auf jeden Fall gestorben wäre. Aber er hat mich gar nicht wirklich wahr genommen und ist dann irgendwann einfach hochgesprungen und weg gelaufen." Die dunklen Augen des Mannes spiegelten extreme Besorgnis wieder.

"Er ist lange nicht so hart und kalt, wie er immer versucht uns glaubend zu machen." Sagte Kate leise. "Ich weiß und ich hoffe das er sich bald wieder fangen wird. Morgen werde ich auf jeden Fall noch einmal versuchen mit ihm zu reden."

Damit beendeten sie das Gespräch und Jack ging nach draußen zum Lagerfeuer. " Ich bleibe heute hier, falls es euch nichts ausmacht." Sagte er zu den Jungs die ums Lagerfeuer herum saßen und auf Stöcken Fleischstücke brieten.

"Hey Jack, wie kommst du auf so eine dumme Idee. Schön das du da bist." Sagte Hurley und deutete auf den Platz neben sich.
 

Gerade als er sich gesetzt hatte, hörte er leises Schluchzen aus Dickicht. "Ich bin gleich wieder da..." entschuldigte er sich und machte sich auf den Weg um den Klagelauten nachzugehen.

Kapitel 3
 

Als er sich langsam durch das dichte Farnkraut kämpfte hörte er die Laute immer deutlicher. Der jenige der so weinte schien wirklich verzweifelt zu sein und in seinem Kopf machte sich immer mehr die Vermutung breit, dass es sich hier um keinen anderen als Sawyer handeln konnte. Am Strand hatte er alle gesehen, die nicht mit in die Höhlen gekommen waren und jemand anderen vermutete er hier nicht wirklich.
 

Zwei Minuten später war er dem Geräusch so nah wie nicht zuvor. Er blickte unsicher hin und her, konnte aber niemanden ausmachen. Die Blätter der Farnkräuter waren hier teilweise einen Meter hoch, so dass man nicht auf den Boden sehen konnte. Doch da, bewegte sich eines der Blätter. Sein Blick glitt sofort nach unten. Da lag er, der starke Blonde. Zusammengerollt wie ein kleines Kind schüttelten die Schluchzer den so durchtrainierten Körper. Sein Gesicht noch immer in seinen Armen vergraben, bot er einen furchtbar traurigen Anblick.

"Sawyer?" sprach er ihn leise an. "Ist gut, ich bin's nur, Doc." Er benutzte absichtlich den Spitznamen, dem Sawyer ihm gegeben hatte. "Pst, es ist doch alles gut." Er hatte sich neben den Mann fallen lassen und strich ihm nun sanft über den Rücken. Er selbst hatte keine Ahnung wie die Reaktion des anderen darauf ausfallen würde, aber eine andere Art ihn zu trösten fiel ihm nicht ein.

Und tatsächlich, nach einer Weile beruhigte sich dieser ein wenig und schniefte nur noch leise vor sich hin.

Jack der das, jetzt schon ein wenig beruhigt, zur Kenntnis nahm hörte aber nicht auf, den anderen mit ein paar Streicheleinheiten zu zeigen, dass er für ihn da war.

"Es ist gut, dass du es raus lässt Sawyer." beugte er einer eventuellen Schamreaktion des anderen vor. " Es ist keine Schwäche zu weinen. Gerade nach dem was wir hier alles erlebt haben!" sprach er weiter. " Ich habe auch abends oft gelegen, in den Himmel geschaut und geweint. Es hilft und befreit." Langsam merkte er, wie der Atem des anderen immer ruhiger wurde und der andere scheinbar einschlief.

"So ist gut. Schlaf ein wenig, morgen sieht die Welt vielleicht schon wieder ganz anders aus." damit strich er ihm noch einmal sanft über die langen Haare und stand auf um zu gehen, aber ein leises , fast nicht zu verstehendes " Bitte bleib." Ließ ihn umkehren. "Keine Angst, ich bin gleich wieder da. Ich hole nur kurz eine Decke für Dich." Damit stand der Doc auf und lief zum Lagerfeuer zurück.

Die Nacht war sehr unruhig. Sawyer schlief zwar durch, aber er schien immer wieder in Alpträumen gefangen, sodass ihn Jack immer wieder durch sanfte Streicheleinheiten beruhigen musste. Irgendwann jedoch musste er selbst auch eingeschlafen sein, denn als Jack am nächsten Morgen aufwachte und neben sich blickte, war Sawyer verschwunden.

Es war ihm klar gewesen, dass sich nicht auf einmal alles geändert haben konnte und dennoch hatte er es nach dem gestrigen Abend gehofft. Sawyer hatte sich ihm in gewisser Hinsicht anvertraut. Hatte ihn gebeten, bei ihm zu bleiben. Es war wenigstens ein Anfang auf einem langen Weg.
 

Sayid stand gerade am Feuer als Sawyer an ihm vorbei lief. " Hey Ali, habt ihr mir wenigstens noch etwas zu Essen übergelassen?" Der Iraker sah ihn irritiert an und wollte schon zu einer Schimpftirade ansetzten, als er bemerkte, dass Sawyer ja gar nichts bösartiges gesagt hatte.
 

"Ja da drüben." antwortete der gutmütige Hurley, bevor Sayid etwas erwidern konnte.

Sawyer ging zur Tragfläche, auf der einige Essensvorräte aufgereiht lagen. Ein paar Stücke Fleisch und ein Stück Mango schienen ihm zuzusagen, denn ohne ein weiteres Wort packte er die Sachen in die kleine Tasche die er bei sich hatte und ging den Strand entlang zu dem Felsen, auf dem er auch am vergangenen Tag gesessen hatte.
 

Zur selben Zeit traf Jack auf Kate, die gerade aus dem Krankenzelt von Claire kam.

"Wo warst du die Nacht ? Wir dachten eigentlich du wolltest hier bleiben." Kate sah ihn mit großen fragenden Augen an.

"Ich habe mich um einen Patienten gekümmert." sagte er abwesend und suchte den Strand mit seinen Augen ab. "Welchem Patienten denn? Es ist doch nicht wieder jemand verletzt worden?"

"Nein keine Angst. Es war Sawyer." Er wusste was jetzt kommen würde, doch er hatte sich auf diese Situation vorbereitet.

"Du warst bei Sawyer? Er hat das zugelassen? Weißt du mehr über ihn und seine Vergangenheit? Sag schon."

Er atmete einmal ruhig durch um dann mit der Antwort zu beginnen. "Er hatte keine andere Wahl als es zuzulassen! Es ging ihm schlecht. Er ist kein schlechter Kerl! Im Gegenteil, er ist glaube ich sehr sensibel. Ich weiß nicht mehr über ihn, wie vorher. Ich bin einfach nur über Nacht bei ihm geblieben, damit er nicht allein war." Innerlich klopfte er sich auf die Schulter. Er hatte viel gesagt, aber eigentlich ohne wirklichen Inhalt. Er wollte ihr nicht sagen, wie schlecht es Sawyer wirklich ging. Schließlich hatte er sich extra versteckt um nicht von den anderen in seiner Schwäche gesehen zu werden.

"Unglaublich. Du bist halt doch ein Wunder, Doc." sagte Kate und folgte dem besorgten Blick, der wieder über den Strand wanderte, scheinbar aber sein Ziel nicht fand.

"Er sitzt wieder hinten bei den Felsen." Ein leichtes Lächeln glitt über ihre Lippen. Ihr war von Anfang an nicht entgangen, dass Jack sich immer sehr um den schwierigen Blonden bemüht hatte. Alle anderen hatten nach kurzer Zeit resigniert aufgegeben, nur Jack suchte immer wieder das Gespräch, obwohl er oft genug harsche und schroffe Worte an den Kopf geschmissen bekommen hatte.

"Du machst dir große Sorgen oder?" fragte sie jetzt, obwohl es offensichtlich war.

Er wurde ein bisschen rot und nickte dann. Das reichte Kate als Antwort und mit einem leichten Stupser in den Rücken sagte sie "Geh zu ihm. Rede mit ihm. Wenn er jemanden an sich ran lässt und vertraut, dann dir."
 

Und so machte sich Jack erneut auf den Weg zu den schroffen Felsen, die ins Meer hinein ragten.

"Kann ich kurz mit dir reden?" kündigte er sich schon von weitem an. Er hatte Angst, dass die alte Maske wieder voll da war und er gleich eine schroffe Abweisung bekommen würde. "Worüber?" die Stimme klang wie immer. Kalt und unnahbar.

"Über die Ereignisse gestern?!" antwortete Jack vorsichtig.

"Da gibt's nichts zu reden Doc. Der Mann ist tot und das war's." Sawyer hatte die Augen bereits wieder aufs Meer gerichtet und erwartete scheinbar, dass Jack dies als Aufforderung zum Gehen verstehen würde.

"Nicht nur darüber Sawyer. Vor allem über den Satz den du gesagt hast." er schluckte und traute es dann auszusprechen " Das du nie Geborgenheit erfahren hast." jetzt war es raus und Jack atmete ein wenig erleichtert aus.

"Wie bitte?" die Stimme des Blonden klang aufgebracht und aggressiv. "Na ja, das hast du gesagt, gestern hier." Jack fühlte, wie der andere sich immer mehr in seiner Wut hoch puschte.

"Verschwinde Doc oder ich kann für nichts mehr garantieren." Die blau grauen Augen blitzen den Arzt gefährlich an.

Jack hatte ja mit einer ähnlichen Reaktion gerechnet, aber dass sie so heftig ausfallen würde, hätte selbst er nicht vermutet.

Als er nach ein paar Minuten des Schweigens noch immer da stand sagte Sawyer in einem gefährlichen Ton " Halt dich von mir fern und jetzt geh mir aus den Augen."
 

Jack zuckte resigniert mit den Schultern. Also hatte sich nichts verändert. Sawyer war noch immer der Mann mit der kalten Maske, die so perfekt saß, das man nicht mal die Ansatzpunkte erkennen konnte.

Aber er würde nicht aufgeben. Irgendwann würde er die Maske runter reißen und den so sensiblen James Sawyer zum Vorschein bringen.
 

Es vergingen mehrere Tage. Jack war zwischenzeitlich mehrmals in den Höhlen gewesen, um nach den dort verbliebenen Leuten zu sehen. Es ging allen gut und so entschied er sich bis auf weiteres sein Leben wieder an den Strand zu verlegen.

Abends saß er oft mit Said oder Kate am Feuer und sprach über ihr gemeinsames Sorgenkind, dass sie seit Tagen komplett ignorierte.

"Es ist ein Wunder, dass sich sogar Sayid Sorgen um Sawyer macht." sagte Kate lachend, als sie sich ein Stück Fleisch aufspießte um es zu braten.

"Na ja, er vermisst sicherlich den täglichen Streit mit ihm. Das war für ihn eine Art konstante Position hier. Er wusste, wenn Sawyer kommt gibt es Ärger bei dem er auch seinen eigenen Frust ablassen konnte. Nun aber geht Sawyer ihm aus dem Weg und provoziert nicht mehr und das ist etwas was unser Iraker ganz und gar nicht verarbeiten kann." Jack grinste bei dem Gedanken. Sonst war es immer der Blonde gewesen der ankam und Sayid versucht hatte, zur Weißglut zu treiben. Jetzt lief das Spiel genau anders herum. Nur mit der Einschränkung das der Mann aus den Süd-Staaten nicht auf die Beschimpfungen oder Neckereien einging.

"Du hast Recht. Ich sehe Sayid ganz oft grübelnd irgendwo sitzen. Wahrscheinlich versucht er sich neue Sachen auszudenken um den anderen vielleicht doch auf die Palme bringen zu können." Die dunkelhaarige Frau lehnte sich ein wenig zurück und genoss das warme Feuer, das den recht feuchten und Verhältnis mäßig kühlen Abend erträglicher machte.

"Bestimmt. Wie die kleinen Kinder." Jack lachte nun richtig, denn die Kinder seiner Freunde daheim waren auch nicht anders.

"Ich sag es ja immer. Aber was soll's... lassen wir die beiden machen..:" damit war das Gespräch über die beiden beendet und Kate und Jack widmeten sich ein wenig den anderen.
 

Sawyer hingegen lag wieder einsam unter seinem Farn und starrte ins dunkele Blätterdach.

Seine Gedanken wanderten zu dem Abend, an dem Jack bei ihm war und ihm eine so schmerzlich vermisste Wärme gegeben hatte. Er war sich bewusst, dass Jack sich wirklich Sorgen um ihn machte und das die Zuneigung die er spürte sicher nicht gespielt war, doch er konnte sie einfach nicht annehmen. So gern er es auch getan hätte. Er konnte und durfte es sich selbst einfach nicht erlauben.
 

Jack hatte sein Nachtlager in der Nähe des Farnkrautes in dem auch Sawyer lag aufgeschlagen. Somit hatte er immer die Möglichkeit den anderen, aus sicherer Entfernung, im Auge zu behalten.

Als er am Abend noch da lag und die Sterne betrachtete hörte er auf einmal wieder dieses verzweifelte Schluchzen.

Ohne lange zu überlegen sprang er auf und stürzte durch das Dickicht hin durch.....



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2012-06-06T17:22:17+00:00 06.06.2012 19:22
uiii :3 tolle geschichte.. schreibst du noch weiter?

Von:  Haeufchen
2009-03-21T21:37:14+00:00 21.03.2009 22:37
Hallö. :]
Erste. XD

Fand es bis hierher eigentlich ganz gut! :D
Wäre auch ganz interessiert wie das ganze weiter geht. ^^

Lieben Gruß,
das Häufchen.


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