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Luciana Bradley und der Orden des Phönix

von

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Wahrsagen und andere Katastrophen

Wahrsagen und andere Katastrophen

 

Nachdem Snape ihnen zwölf Zoll Pergament Hausaufgaben über die Eigenschaften von Mondstein und seine Anwendungen in der Zaubertrankzubereitung für Donnerstag aufgegeben hatte, war Luciana der Meinung, vor dem Mittagessen erst ein bis zwei Zigaretten auf der ‚Geistertoilette’ rauchen zu müssen. Der Geist, der übrigens Myrte hieß („ … man braucht ja auch nicht mit mir reden, man kann ja die weinerliche, fette und maulende Myrte ganz leicht IGNORIEREN!“), hatte es aufgegeben, über den Tabak zu meckern und war auf endloslange Reden umgestiegen, die sich ausschließlich auf ihr ach so schlimmes Leben (oder besser ‚Ableben’) bezogen.

     Am Gryffindortisch war Luciana dann sehr froh, in aller Ruhe ihren Kartoffel-Hackfleisch Auflauf essen zu können.

     Sie ärgerte sich noch immer über Snape und seine Art der Unterrichtsführung … Es war nicht einmal schlimm für sie, dass er ein Arschloch war. Der Punkt war einfach: Er war nur ein Arschloch zu den Schülern, die nicht in seinem eigenen Haus waren.

     „Leg dich bitte nicht mit Snape an, das kostet unser Haus nur noch mehr Punkte“, durchbrach Granger Lucianas Gedankengang und schaute sie auffordernd an.

     „Was kümmern mich Hauspunkte?“

     Daraufhin erwiderte Granger nichts mehr und sprach sie erst wieder an, als sich der Mittagstisch leerte.

     „Luciana, das ist Ron.“ Sie deutete auf den rothaarigen Jungen, der neben ihr saß. „Du wirst mit ihm zu Wahrsagen gehen, allein wirst du den Weg nicht finden.“ Mit diesen knappen Worten verließ sie den Tisch und die große Halle.

 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*

 

Der Weg zum Klassenraum, in dem sie Wahrsagen hatte, war lang. Er lag, laut Ron, irgendwo im Nordturm und das glich schon annähernd einer Odyssee durch ein karg bewachsenes Land.

     „Trelawney ist ziemlich seltsam … ein wenig wirr im Kopf, wenn du mich fragst.“ Professor Trelawney war die Lehrerin für Wahrsagen und was Luciana bis jetzt von ihr gehört hatte, ließ sie mittlerweile an ihrer Entscheidung zweifeln, Wahrsagen gewählt zu haben.

     „Das Beste an Wahrsagen ist, dass du nichts wiederholen oder lernen brauchst. Solang du ihr die schlimmsten Voraussagungen machst, ist sie glücklich.“

     In diesem Augenblick waren sie schon die siebte lange Treppe hinaufgekraxelt und langsam machte sich ihre Raucherlunge bemerkbar.

     „Fred und George haben mir erzählt, was du mit Malfoy im Zug angestellt hast. Respekt“, sagte Ron, nach einem Moment der Stille und bog in einen Gang hinein, indem sich an die Dutzend Rüstungen entlangzogen.

     „War nichts Großartiges, der Bengel brauchte einfach mal Kontra“, sagte Luciana darauf.

     „Leg dich nur nicht mit Malfoy in Snapes Unterricht an. Das ist sein Liebling und du bekommst nur Stress.“

     „Bist du mit George und Fred verwandt?“, fragte Luciana dann, als ihr die Ähnlichkeit zwischen den Dreien wieder in den Sinn kam.

     „Ja, sie sind meine Brüder. Meine Schwester Ginny geht auch nach Hogwarts. Bill und Charlie arbeiten schon … Ach ja. Mein anderer Bruder auch.“

     Sie näherten sich einer hohen Wendeltreppe. Luciana schrie bei ihrem bloßen Anblick schon innerlich auf.

     „Dann hast du ja eine recht große Familie.“

     Rons Ohren liefen dunkelrot an. Er nickte kurz und ging noch schneller die Stufen empor. Und endlich, als Luciana schon fast dachte, sie würde ein Sauerstoffgerät benötigen, hatten sie das Ende ihres Wegs erreicht (Notiert: Kein Training an den Tagen, an denen Wahrsagen auf dem Plan stand).

 

     In einem kurzen Gang, der in einer Sackgasse endete und in dem es weder Türen, noch Eingangsbögen gab, standen schon einige Schüler versammelt und warteten auf den Stundenbeginn.

     Luciana fragte sich allmählich, ob der Unterrichtsraum der Gang war, in dem sie sich befanden – bis sie oben an der Decke ein Geräusch vernahm, das seinen Ursprung an einer runden Falltür hatte, auf dem ein Messingschild angebracht war: ‚Sibyll Trelawney, Lehrerin für Wahrsagen.’

     Die Falltür öffnete sich und heraus schwebte ein silberne Leiter, die sich mit einem dumpfen Schlag auf den Boden niederließ. Der Junge mit dem Branding auf der Stirn stampfte als Erster die Leiter hoch und verschwand in dem Loch.

     „Nach dir“, sagte Ron grinsend, als auch der letzte Schüler die Stufen hinaufgeklettert war und so betrat Luciana zögernd die erste Sprosse.

     Die Leiter führte sie in eine etwas zu groß geratene Dachkammer, die wie eine urgemütliche Wasserpfeifenbar eingerichtet war – nur die Wasserpfeifen fehlten.

     Der Raum war vollgestopft mit knallroten Sesseln, Sitzpolstern und mehr als zwanzig kleine Rundtischchen. Die Fenster wurden von Vorhängen verdeckt und farbige Tücher über den Lampen, tränkten die Umgebung in rötliches Licht. Der Laden wäre auf der Reeperbahn nicht aufgefallen.

     Entlang der runden Wände zogen sich Regale, die von den staubigen Federn, Kerzenstümpfen, Stapeln gebrauchter Spielkarten, mengen von Kristall-möchte-gern-in-die-Zukunft-Guckern und Massen von verschiedenen Teetassen ächzten.

 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*

 

     Ron hatte ihr nicht zu viel versprochen. Trelawney war eine sehr magere Person mit Brillengläsern so groß wie Unterteller und dick wie eine Lupe. Ihr Körper wurde von einem riesengroßen Seidenschal zusammengehalten und sie trug mehr Ketten um den Hals, als ein West-Side Hip-Hopper. Im Großen und Ganzem benahm sie sich wie ein Esoteriker auf einer Überdosis LSD.

     Nachdem Trelawney Luciana skurrile Vorhersagen über Menschen ihres Geburtsdatums gemacht hatte, schwafelte sie irgendetwas über ZAGs (Zaubergrad; irgendetwas, was man zum offiziellen Zaubern benötigte)  und gab der Klasse dann die Aufgabe, in dem Lehrbuch Das Traumorakel von Ingo Imago die Einleitung zu lesen.

     Trelawney setzte Luciana mit dem schüchtern aussehenden Jungen zusammen, den sie schon im Gryffindor Gemeinschaftsraum gesehen hatte.

     „H-hallo. I-ich bin Neville Longbottom.“ Er reichte ihr die Hand.

     „Luciana Bradley“, sie schüttelte seine etwas schwitzigen Finger und lächelte.

     Nach fünfzehn Minuten sollten sie mit der ersten Traumdeutung beginnen und nachdem Neville einmal angefangen hatte zu reden, war er gar nicht mehr zu bremsen.

     „ … aber dann taucht meine Großmutter auf und sagt mir was ich alles vergessen habe, aber ich kann sie nicht verstehen und die Pflanze um meinen Hals schlingt sich immer fester und dann verwandelt sich meine Großmutter in P-Professor Snape und dann …“ Neville stoppte abrupt mit seinem Traumerlebnis, schaute zur Seite und wechselte schnell das Thema.

     „Was träumst du denn so?“

     „Ich träume grundsätzlich nichts“, antwortete Luciana kurz angebunden und steckte ihre Nase wieder in Das Traumorakel.

     „So, meine Lieben …“ Es brauchte eine Moment, bis alle Schüler im Raum ihre Gespräche eingestellt hatten und ihre Aufmerksamkeit auf Trelawney richteten. „Die Stunde neigt sich wieder dem Ende zu. Doch damit euer Inneres Auge in Übung bleibt, werdet ihr für den nächsten Monat ein Traumtagebuch führen.“

     Sie machte sich nicht die Mühe diese Aufgabe zu notieren, da es in diesem Moment ohnehin läutete, woraufhin sich eine Schlange an der Leiter sammelte. Als Luciana wieder festen Boden unter den Füßen hatte, schlug ihr schwindelerregend die nicht-verräucherte Luft mit viel zu viel Sauerstoffgehalt ins Gesicht.

     Im Klassenraum für Verteidigung gegen sie Dunklen Künste kam der nächste Schlag. ES saß am Ende des Raumes am Lehrerpult, mit der rosa Strickjacke und einer schwarzen Samtschleife auf ihrem Schädel. Musste das Etwas ausgerechnet dieses Fach unterrichten? Dass sie unfähig sein musste, irgendeinen Fluch auf die Reihe zu bekommen, stand außer Frage.

     „Nun, einen guten Tag!“, sagte ES, als sich alle Schüler gesetzt hatten und Luciana in der letzten Reihe verschwunden war.

     „ Guten Tag“, fühlten sich einige der Anwesenden gezwungen zu antworten.

     „Tss, tss. Das reicht aber nicht oder?“

     „Sei froh, dass du überhaupt etwas zu hören bekommst“, murmelte Luciana.

     „Ich möchte doch bitten, dass Sie ‚Guten Tag, Professor Umbridge‘ antworten.“

     „Ich geb dir gleich nen guten Tag …“, wisperte Luciana weiter.

     „Noch einmal, bitte. Guten Tag, Klasse!“

     „Guten Tag, Professor Umbridge“, antwortete die Klasse im Chor. Luciana blieb stumm.

     „Schon besser“, sagte ES mit einem mädchenhaften Grinsen. „Zauberstäbe weg und Federn raus, bitte.“

     Feder? Welche Feder? Luciana hatte nur Füller und Kugelschreiber, Federn schmierten oder schrieben gar nicht. Sie packte ihr Buch und Schreibzeug aus.

     ES öffnete ihre Handtasche, zog einen Zauberstab heraus, der mindestens so kurz, wie ihr IQ hoch war, und klopfte damit eifrig auf der Tafel herum; sofort erschienen Wörter darauf:

 

Verteidigung gegen die dunklen Künste

Eine Rückkehr zu den Grundprinzipien

 

     „Nun denn, Ihr Unterricht in diesem Fach war doch einigermaßen unstet und bruchstückhaft, nicht wahr?“ ES stellte sich mit gefalteten Händen vor die Klasse.

     „Der ständige Wechsel der Lehrer, von denen einige offenbar keinem vom Ministerium anerkannten Lehrplan gefolgt sind, hat leider dazu geführt, dass Sie weit unter dem Niveau sind, welches wir in Ihrem ZAG-Jahr erwarten würden.“

     „Sie werden sich jedoch freuen zu erfahren, dass diese Probleme nun behoben werden sollen. Wir wenden in diesem Jahr einen sorgfältig strukturierten …“ „Deine Oma ist strukturiert“, kommentierte Luciana murmelnd, „ …, theoriezentrierten …“ „Yup, ich schwafel nem Angreifer einfach Verteidigungs-Paragraphen vor“, „… vom Ministerium anerkannten Kurs durchführen“, „bis er vor Langweile umkippt“, „Schreiben Sie bitte Folgendes ab.“

     Wieder klopfte ES gegen die Tafel; die ersten Wörter verschwanden und an deren Stelle traten die ‚Ziele des Kurses’.

 

Verständnis der Grundprinzipien defensiver Magie.

Erkennen von Situationen, in denen defensive

Magie auf rechtlicher Grundlage eingesetzt werden

kann.

Den Gebrauch defensiver Magie in einen Zusammenhang mit praktischem Nutzen stellen.

 

Luciana setzte ihren Kugelschreiber an und begann zu schreiben: ‚Liebes Tagebuch …’

 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*

 

     „Haben alle ein Exemplar der Theorie magischer Verteidigung von Wilbert Slinkhard?“, fragte ES dann, als alle die Federn niedergelegt hatten.

     Ein paar Schüler murmelten ES zustimmend zu.

     „Ich glaube das versuchen wir noch mal“, sagte ES.

     „Wenn ich Ihnen eine Frage stelle, möchte ich, dass Sie ‚Ja, Professor Umbridge‘ oder ‚Nein, Professor Umbridge‘ antworten. Also: Haben alle ein Exemplar der Theorie magischer Verteidigung von Wilbert Slinkhard?“

     „Ja, Professor Umbridge“, schallte es durch das Klassenzimmer. Lucianas Mund blieb weiterhin geschlossen, wie bei ein paar wenigen anderen im Raum.

     „Gut“, meinte ES. „Nun schlagen Sie bitte Seite fünf auf und lesen Sie ‚Kapitel eins, Allgemeinheiten für Anfänger‘. Ich möchte keine Unterhaltungen hören.“

     Luciana wollte gerade ihr Buch aufschlagen, als eine Bewegung ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Die gesamte Klasse hatte mit dem Lesen begonnen, nur Granger saß mit hocherhobenem Arm an ihrem Platz und starrte ES unentwegt an. Doch diese saß am Pult und ignorierte die Meldung gekonnt. Das ging solange, bis alle Schüler nicht mehr auf das Lehrbuch, sondern auf Granger fixiert waren. ES hob anschließend langsam ihre entstellte Birne und setzte ein gekünsteltes Lächeln auf.

     „Wollten Sie eine Frage zu dem Kapitel stellen, meine Liebe?“

     „Nein, nicht zu dem Kapitel“, sagte Granger und senkte ihren Arm.

     „Nun, wir lesen es gerade“, erwiderte ES und bleckte ihre Beißerchen. „Wenn Sie andere Auskünfte wünschen, können wir das am Ende des Unterrichts erledigen.“

     „Ich möchte eine Auskunft über Ihre Kursziele“, sagte Granger.

     Jetzt sah ES unheimlich überrascht aus.

     „Und Ihr Name ist?“

     „Hermine Granger.“

     „Nun, Miss Granger, ich denke, die Kursziele sind vollkommen klar, wenn Sie sie sorgfältig durchlesen“, erklärte ES, als ob sie Granger für ein dreijähriges, minderbemitteltes Kleinkind hielt.

     „Nun, mir nicht“, schnappte Granger. „Da steht nichts davon, wie man defensive Zauber einsetzt.“

     ‚Oh, jetzt wird’s interessant’, dachte Luciana und lehnte sich ein Stückchen weiter vor.

     Die Mehrheit der Klasse schaute sich nun die Kursziele an der Tafel noch einmal genau an.

     „Defensive Zauber einsetzt?“, plapperte ES nach und gab ein Geräusch von sich, was nahe an einen Lachversuch kam. „Nun aber, ich kann mir nicht vorstellen, dass in meinem Klassenzimmer eine Situation eintreten könnte, die es erforderte, dass Sie einen defensiven Zauber einsetzen, Miss Granger. Sie erwarten doch nicht ernsthaft, im Unterricht angegriffen zu werden?“

     „Oh Mann …“, nuschelte Luciana.

     „Wir gebrauchen keine Magie?“, rief Ron erschrocken in den Raum.

     „Die Schüler und Schülerinnen heben die Hand, wenn sie in meinem Unterricht zu sprechen wünschen, Mr-?“

     „Weasley“, sagte Ron und schoss seine Hand in die Luft.

     ES wandte sich mit einem triumphierenden Grinsen von ihm ab. Der Junge mit dem Branding auf der Stirn, genauso wie Granger, streckten nun auch beide ihre Arme zur Meldung.

     „Ja, Miss Granger? Sie wollten etwas anderes fragen?“

     „Ja“, sagte Granger. „Der springende Punkt bei der Verteidigung gegen die Dunklen Künste ist doch sicher, dass wir Zauber zu unserer Verteidigung üben?“

     Luciana beugte sich noch weiter über ihrem Tisch nach vorne. Das könnte sogar verdammt interessant werden, wer hätte das erwartet?

     „Sind Sie eine vom Ministerium geschulte Ausbildungsexpertin, Miss Granger?“

     „Nein, aber-„

     „Nun, dann fürchte ich, Sie sind nicht qualifiziert zu entscheiden, was der ‚Springende Punkt‘ eines Unterrichts ist. Zauberer, die viel älter und klüger sind als Sie, haben unser neues Studienprogramm ausgearbeitet. Sie werden auf sichere, risikofreie Weise etwas über defensive Zauber lernen –„

     „Was nützt denn das?“, sagte der Junge mit dem Branding auf der Stirn. „Wenn wir angegriffen werden, wird das nicht –„

     „Melden, Mr Potter!“, schnauzte ES in einem lieblichen Tonfall (ja, das war offenbar in Kombination möglich). Ah, der heißt Potter…

     Potter meldete sich daraufhin sofort. ES wandte sich augenblicklich von ihm ab und entschloss sich dazu, einen anderen Schüler zu Wort kommen zu lassen, denn mittlerweile meldeten sich nicht nur Potter oder Granger.

     „Und Ihr Name ist?“, fragte ES einen Gryffindor Jungen.

     „Dean Thomas.“

     „Nun, Mr Thomas?“

     „Also, es ist doch, wie Harry gesagt hat, nicht? Wenn wir angegriffen werden, wird das nicht risikofrei sein.“

       „Ich wiederhole“, erwiderte ES und klang trotz ihrem Lächeln sehr genervt, „erwarten Sie, dass Sie während des Unterrichts angegriffen werden?“

     „Nein, aber –„

     „Ich möchte die Art und Weise, wie diese Schule bislang geführt wurde, nicht kritisieren“, bemerkte ES unglaubwürdig, „aber Sie wurden in diesem Fach einigen sehr unverantwortlichen Zauberern ausgesetzt, wirklich sehr unverantwortlich – ganz zu schweigen von äußerst gefährlichen Halbblütern.“

     „Wenn Sie Professor Lupin meinen“ Lupin?? Was zur - „er war der Beste, den wir je –„

     „Melden, Mr Thomas!“

     „Wagen Sie es nicht, solch einen Mist über Menschen zu verbreiten, von denen sie einen SCHEISSDRECK wissen!“ Luciana war aufgesprungen; von einer Sekunde zur nächsten rot vor Zorn im Gesicht.

     „SETZEN, Miss Bradley. Wir sprechen uns nach dem Unterricht.“ Das Lächeln war von dem Mund von ES verschwunden. Die Schüler wandten sich mit erschrockenen Gesichtern wieder ES zu, die sich geräuspert hatte.

     „Wie ich schon sagte – es wurden Ihnen Zauber vorgeführt, die kompliziert, für Ihre Altersgruppe ungeeignet und potentiell tödlich sind. Man hat Sie in Angst versetzt und glauben gemacht, dass Sie praktisch jeden Tag schwarzmagischen Angriffen ausgesetzt sein könnten –„

     „Nein, das ist nicht wahr“, sagte Granger, „wir haben nur –„

     „Ihre Hand ist nicht oben, Miss Granger!“

     Granger hob ihre Hand. ES wandte sich von ihr ab.

     „Meines Wissens hat mein Vorgänger rechtswidrige Flüche nicht nur vor Ihnen, sondern auch an Ihnen ausgeführt.“

     „Na ja, es hat sich ja rausgestellt, dass er wahnsinnig war, oder? Und trotzdem haben wir `ne Menge gelernt“, entkam es Thomas.

     „Ihre Hand ist nicht oben, Mr Thomas!“, wiederholte ES zum x-ten Male. „Nun, es ist die Auffassung des Ministeriums, dass ein theoretisches Wissen mehr als ausreichend ist, um Sie durch die Prüfung zu bringen, und das ist es schließlich, worum es in der Schule geht. Und Ihr Name ist?“, sprach ES mit dem letztem Satz ein Mädchen aus Lucianas Schlafsaal an.

     „Parvati Patil, und gibt es nicht einen praktischen Teil in unseren ZAG-Prüfungen in Verteidigung gegen die dunklen Künste? Sollen wir nicht zeigen, dass wir tatsächlich die Gegenflüche beherrschen und alles?“

     „Wenn Sie die Theorie fleißig genug studiert haben, gibt es keinen Grund, warum Sie nicht in der Lage sein sollten, Zauber unter sorgfältig überwachten Prüfungsbedingungen auszuführen“, antwortete ES.

     „Ohne, dass wie je zuvor geübt haben?“, entgegnete Parvati.

     „Wollen Sie damit sagen, dass wir erst bei den Prüfungen richtig zaubern dürfen?“

     „Ich wiederhole, wenn Sie die Theorie fleißig genug studiert haben-„

     „Und was wird uns die Theorie in der wirklichen Welt nützen?“, sagte Potter wütend, während er sich erneut meldete.

     „Wir sind hier in der Schule, Mr Potter, nicht in der wirklichen Welt“, sagte ES mit einem Anflug eines Lächelns auf dem Gesicht.

     „Demnach sollen wir gar nicht vorbereitet sein, was uns dort draußen erwartet?“

     „Dort draußen erwartet Sie nichts, Mr Potter.“

     „Ah ja?“, sagten Luciana und Potter gleichzeitig – Luciana war schon wieder von ihrem Stuhl aufgesprungen und Potter schenkte ihr lediglich einen kurzen Blick, bevor er sich Wieder ES zuwandte, die wieder begonnen hatte zu sprechen.

     „Wer, glauben Sie denn, will Kinder wie Sie angreifen?“ ES machte sich mit ihrer ironisch klingender Stimme und ihrem nimmersatt Grinsen über sie lustig. Der Punkt war erreicht. Luciana war allmählich stinksauer.

     „Erstens würde ich fünfzehn bis sechszehn Jährige nicht mehr als Kinder bezeichnen, was Sie auch ganz sicher nicht tun würden, hätten Sie auch nur den Funken einer Ahnung von Pädagogik und Zweitens gibt es genug Menschen und Kreaturen dort draußen, die sich so ziemlich an jedem vergreifen … Vergewaltiger, Mörder, Dementoren …“, Potter unterbrach sie, „Oder vielleicht … Lord Voldemort?“

     Die Reaktion auf diesen Namen war unglaublich. Ron japste nach Luft, Lavender schrie grell und kurz auf und Neville kippte gleich ganz vom Stuhl. Nur ES saß, wie zuvor, an ihrem Platz und zeigte den Gesichtsausdruck von grimmiger Genugtuung. Voldemort … Lord Voldemort … Gabriel hatte diesen Namen einmal erwähnt … oder war es Johnny gewesen?

     „Zehn Punkte Abzug von Gryffindor, Mr Potter.“

     Stille. Niemand wagte es auch nur ein Wort zu sprechen. In Lucianas Kopf arbeitete es währenddessen unermüdlich weiter.

     „Nun, lassen Sie mich einige Dinge klar und deutlich sagen.“

     Voldemort … Luciana fiel es wie Schuppen vor die Augen … Anfang diesen Jahres hatte Gabriel eine Konferenz einberufen …

     „Man hat Ihnen gesagt, dass ein gewisser schwarzer Magier von den Toten zurückgekehrt sei – „

     Ja, an diesem Abend, wo Luciana sich eine Schachtel Zigaretten bei Gabriel hatte borgen wollen …

     „Er war nicht tot“, Potters Stimme drang nur halbwegs in Lucianas Gehör. Man hatte ihr gesagt, Gabriel sei im Konferenzsaal … und bevor sie die Tür ganz geöffnet hatte, war dieser Name gefallen … „aber ja, er ist zurückgekehrt!“ –„Voldemort ist wieder bei vollen Kräften. Und es wird nicht wie letztes Mal – er ist kaum noch ein Mensch…“ – Dies was das erste Mal, dass Gordons Stimme ängstlich geklungen hatte. Und wenn Gordon sagte, dieser Voldemort sei zurückgekehrt, dann war das auch so.

     Die Stimme von ES, nun gar nicht mehr so freundlich, drang in Lucianas Bewusstsein.

     „Mr-Potter-Sie-haben-Ihrem-Haus-schon-zehn-Punkte-Abzug-eingebracht-nun-machen-Sie-die-Sache-für-sich-nicht-noch-schlimmer … Wie ich eben sagte, man hat Ihnen mitgeteilt, dass ein gewisser schwarzer Magier erneut sein Unwesen treibe. Das ist eine Lüge.“

     „Das ist KEINE Lüge!“, entgegnete Potter, vor Zorn schon ganz rot im Gesicht. „Ich habe ihn gesehen, ich hab mit ihm gekämpft!“

     „Nachsitzen, Mr Potter!“

     „Das ist keine Lüge!“ Stille. Luciana hatte diese Worte in einem sehr ruhigen und festen Tonfall gesprochen und sah ES feindselig in die Augen.

     „Nachsitzen, Mr Potter, Miss Bradley. Beide. Miss Bradley, Sie heute Nachmittag. Fünf Uhr. Mr Potter, Sie gleich morgen Nachmittag, um dieselbe Zeit, in meinem Büro. Ich wiederhole, das ist eine Lüge. Das Zaubereiministerium versichert Ihnen, dass Sie nicht durch irgendeinen schwarzen Magier gefährdet sind. Wenn Sie sich dennoch Sorgen machen, dann kommen Sie unbedingt außerhalb der Unterrichtszeit zu mir. Wenn jemand Sie mit Flunkereien über wiedergeborene schwarze Magier in Unruhe versetzt, möchte ich davon hören. Ich bin hier, um zu helfen. Ich will nur Ihr Bestes. Und würden Sie nun bitte mit Ihrer Lektüre fortfahren. Seite fünf, ‚Allgemeinheiten für Anfänger‘. Miss Bradley, setzen Sie sich wieder hin!“

     Luciana dachte nicht mal dran. Potter anscheinend auch nicht, denn dieser war gerade von seinem Stuhl aufgesprungen.

     „Nun, Ihnen zufolge ist Cedric Diggory also ganz von allein tot umgefallen, ja?“  Cedric wer?

     Die Spannung im Klassenraum war greifbar. Die Schüler wechselten Blicke von ES zu Potter im Sekundentakt.

     „Cedric Diggorys Tod war ein tragischer Unfall“, sagte ES mit einem geschäftsmäßigen Diplomaten Tonfall.

     „Es war Mord. Voldemort hat ihn getötet und Sie wissen das.“ Potter machte noch immer nicht den Eindruck zu lügen. Die einzige Person, die das in diesem Augenblick tat, war das Vieh vorne am Pult. Und schon war Lucianas loses Mundwerk in voller Fahrt.

     „Der einzige tragische Unfall, den wir hier vorliegen haben ist, dass Sie Ihrer Mutter lebend aus der Fotze gekrochen sind.“ Luciana hatte dies ziemlich ruhig zu ES gesagt, doch der Effekt war derselbe, wie die Erwähnung von diesem Voldemort. Neville kippte das zweite Mal vom Stuhl und einige japsten nach Luft, wenn sie sich nicht die Hand vor den Mund geschlagen hatten.

     Umbridge zeigte keine Reaktion (abgesehen von dem leichten Zucken am Mundwinkel).

     „Kommen Sie her, Mr Potter, Miss Bradley.“ Luciana und Potter gingen beide nach vorne zum Lehrerpult.

     Die nächsten drei Minuten war ES damit beschäftigt, zwei rosa Pergamentrollen (wieso zum Teufel gab es rosa Pergamentrollen??) vollzukritzeln, sie nahtlos zu versiegeln und die eine Harry, die andere Luciana in die Hand zu drücken.

     „Bringen Sie diese zu Professor McGonagall.“

     Beide nahmen die Pergamentrollen wortlos entgegen und verließen, ohne sich umzublicken, das Klassenzimmer.

     Potter ging schweigend mit eiligen Schritten vor und bog in einen weiteren Korridor ein. Luciana rannte ihm hinterher – woher sollte sie auch wissen, wo das Büro von McGonagall war?

     Noch eine Treppe hinunter und dort – stand schon der Poltergeist von dem heutigen Morgen.

     „Oh, wen haben wir denn da, den kleinen Pottymatzi! Und er hat gleich seine neue Freundin mitgebracht …“

     „Lass es, Peeves.“

     „Oooh, der Knallkopf ist knarzig. Was ist es diesmal, mein feines Potter-Freundchen? Hört er Stimmen? Hat er Visionen? Spricht er –„, der Poltergeist schnaubte verächtlich – „in fremden Zungen?“

     „HALT’S MAUL!“

     Zu ihrer Linken flog eine Tür auf und Professor McGonagall trat heraus.

     „Was um alles in der Welt gibt es hier zu schreien, Potter? Warum sind Sie nicht im Unterricht?“, schnauzte sie und erblickte nun auch Luciana, die hinter Potter gestanden hatte. „Und was machen Sie hier, Miss Bradley?“

     „Man hat uns zu Ihnen geschickt“, antwortete Potter

     „Geschickt? Was soll das heißen, geschickt?“

     Potter streckte ihr seine Notiz von ES entgegen, die Professor McGonagall stirnrunzelnd entgegennahm und mit einem leichten Wink ihres Zauberstabs öffnete.

     Es dauerte nicht sehr lange, bis sie die Nachricht gelesen hatte.

     „Ich gehe davon aus, dass auch Sie eine solche Nachricht von Professor Umbridge haben, Miss Bradley?“

     Luciana überreichte ihr ebenfalls ihr Pergament.

     Wieder öffnete sie es mit ihrem Zauberstab – doch diesmal zog McGonagall beim Lesen scharf die Luft ein.

     „Sie kommen beide hier rein.“

     Sie folgten ihr ins Büro. Hinter ihnen schloss sich automatisch die Tür.

     „Miss Bradley, wie können Sie es wagen?“

     Luciana betrachtete dies als nicht wirklich ernst gemeinte Frage und setzte sich auf den freien Stuhl vor dem Schreibtisch.

     „Das hier“, McGonagall hielt Luciana das Pergament vor die Nase und deutete mit ihrem Zeigefinger auf die Stelle, an der ES fein säuberlich jedes Wort von Lucianas etwas beleidigenden Kommentar aufgelistet hatte, „bietet genug Grund, um Sie gleich an Ihrem ersten Tag hier von der Schule zu weisen.“

     „Sie hätten gerade mal im Unterricht dabei sein müssen, die Al- … Professor Umbridge ist keine Lehrkraft, sondern eine Zumutung“, sagte Luciana und schaute McGonagall geradewegs ins Gesicht.

     „Es ist hier auf dieser Schule von höchster Priorität, dass Schüler den Lehrern Respekt entgegenbringen, egal wie sehr sie sich auch gereizt fühlen. Sie können von Glück sagen, dass Professor Umbridge Ihnen lediglich eine Woche Nachsitzen erteilt hat.“

     McGonagall nahm hinter ihrem Schreibtisch Platz und deutete Potter sich ebenfalls zu setzen.

     „Potter, haben Sie Professor Umbridge eine Lügnerin genannt?“

     „Ja.“

     „Sie haben ihr gesagt, Er, dessen Name nicht genannt werden darf, sei zurück?“

     „Ja.“

     „Und Sie haben Potter bei seinen Aussagen unterstützt?“, fragte McGonagall an Luciana gewandt.

     „Ja“, antwortete sie.

     „Nehmen Sie sich einen Keks.“

     „Einen was?“, fragte Harry verwirrt, während sich Luciana einen Ingwerkeks aus einer Dose mit Schottenmuster griff und ihn sofort genüsslich verschlang.

     „Nehmen Sie sich einen Keks, Potter.“

     Zögernd, mit einem sehr verwunderten Gesichtsausdruck, griff Potter darauf auch in die Dose.

     „Potter, Sie müssen vorsichtiger sein. Und Miss Bradley, egal welch gute Absichten Sie auch gehegt haben mögen, einen Klassenkameraden zu unterstützen, kann Sie dieses Verhalten in Dolores Umbridges Unterricht beide viel mehr kosten als Hauspunkte und Nachsitzen.“

     „Was meinen Sie?“ Potter schien das Konzept noch nicht ganz aufgegangen zu sein.

     „Die kommt von der Regierung; die machen dich mit ihren ganz eigenen Methoden fertig und wenn denen was nicht passt, werden Gesetze und Regeln passend gemacht“, sprach Luciana seufzend, schnappte sich einen weiteren Keks und warf ihn sich in den Mund.

     „So in etwa, Miss Bradley. Und deswegen werden Sie Ihr Mundwerk auch in Schach halten müssen“, fauchte McGonagall sie an.

     „Ich gebe mein Bestes.“ Mit diesem Versprechen stand Luciana auf (genau in diesem Moment läutete die Glocke zum Ende der Stunde), angelte sich noch drei weitere Kekse aus der Dose und machte sich auf den Weg zur Tür.

     „Ihre Strafarbeit fängt heute um fünf Uhr an!“, rief ihr McGonagall hinterher.

     „Wird erledigt!“

    

    

 

     

 

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  ai-lila
2014-09-11T22:19:24+00:00 12.09.2014 00:19
Hi~~

Oha... nun wird es doch ein klein wenig ungemütlich. Fragt sich nur für wen? ^______^

lg ai
Von: abgemeldet
2005-11-17T10:21:31+00:00 17.11.2005 11:21
Hey,deine Geschichte gefällt mir wirklich sehr gut!
du musst umbedingt ganz schnell weiter schreiben, bin nämlich total gespannt darauf wie es weiter geht!
liebe grüße ebbie


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