Zum Inhalt der Seite

Zweiter Teil: Gift in Körper und Seele

Fortsetzung von "Du kennst mich nicht und doch hasst du mich"
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Terminus

Hinter sich schloss Kaiba die Tür und wandte sich ab. Frau Fukuyoka, die nun schnell nach Hause ging, um sich frisch zu machen, schenkte er keine Beachtung. Händeringend näherte er sich Pikottos Büro, rollte mit den Augen und öffnete die Tür. Nun, vielmehr riss er sie auf und lehnte sich in den dahinterliegenden Raum. Pikotto ließ die Kaffeetasse sinken und wandte sich ihm zu.

"Ich tu es!", verkündete Kaiba entschlossen und sah sich um. "Und ich schaffe es! So, jetzt weißt du es!"

Mit diesen Worten schloss er die Tür auf seine Art und Weise und wandte sich zum Gehen ab. Jetzt brauchte er einen Kaffee!

Die Minuten vergingen... sie vergingen schneller, als es Kaiba lieb war. Er saß hinter seinem Schreibtisch, vor ihm zwei gefüllte Tassen mit dem stärksten Kaffee, den es hier gab. Trübsinnig starrte er auf einen nicht existierenden Punkt und bewegte sich nur, um nach einer der Tassen zu greifen, wobei er mal die und mal die erwischte.

Wie würde es weitergehen?

Wie würde es weitergehen... ohne Joey?

Dessen Leben war ihm wichtiger als dessen Liebe. Würde er ohne ihn auskommen? Er würde ihn vermissen - jede Sekunde, jede Minute, jede Stunde... jeden Tag seines Lebens. Und im Geheimen malte er sich Chancen aus.

Vielleicht würde Joey doch zu ihm zurückkehren, nachdem er die Sache hinter sich gebracht hatte?

Vielleicht würde er ihm verzeihen?

Zweifelhaft…

Es würde ihm wehtun, vielleicht mehr, als Joey, wenn dieser seine Worte hörte. Sie würden kühl sein. Sie würden ihn zwingen, an all das Gesagte zu glauben.

Ja, er würde herzlos sein, würde all die Veränderungen abwerfen, die er Joey zu verdanken hatte. Er würde wieder am Anfang stehen.

Joey würde ihn hassen.

Doch er?

Könnte er sich belügen und den alten Hass zurückerlangen, den er Joey gegenüber vor langer Zeit verspürte? Würde er zu seiner Boshaftigkeit zurückfinden, all die Weiche ablegen, zu der Joey ihn gebracht hatte? Er würde die Beziehung zerstören, die Joey mit viel Mühe aufgebaut hatte. Er würde sie zerstören... mit nur wenigen Worten...

Als er aufblickte und zur Uhr sah, erschrak er. Wenn Joey pünktlich war, dann dürfte es nun soweit sein. Er musste sich zusammenreißen. Er musste es schaffen, sonst wüsste er nicht weiter. Ohne zu zögern erhob er sich, ging zur Tür und trat in den großen Vorraum hinaus, in dem das alltägliche Gedränge herrschte. Er schenkte den Menschen wenig Beachtung, wandte sich nach links und öffnete dort die erste Tür. Er betrat ein säuberliches Bad, blieb vor einem der Waschbecken stehen und beugte sich hinab. Er wusch sich kurz das Gesicht, um die Müdigkeit, ebenso die Niedergeschlagenheit aus seinem Gesicht zu verbannen. Er befeuchtete auch seine Haare und als er nach einem der Handtücher tastete, fiel ihm etwas ein, das ihn wiederum unsicher werden ließ.

Vor wenigen Stunden hatte er Joey noch angerufen…

Er hatte es getan, um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war. Und der junge Mann hatte es gemerkt und war darüber sehr erfreut gewesen. Hoffentlich gelang ihm sein Auftritt glaubwürdig genug. Er wollte nicht weiterhin darüber nachdenken, verbannte all die Gedanken, mit denen er in den letzten Stunden gekämpft hatte, aus seinem Kopf und trocknete sein Gesicht ab. Anschließend richtete er sich auf und besah sich den jungen Mann, der ihn anstarrte, im Spiegel. Er starrte zurück, atmete tief ein und setzte eine Miene auf, die man von ihm gewohnt war. Seine trüben und erschöpften Augen nahmen eine schneidige Kühle an, seine Gesichtszüge verspannten sich.

Kurz brachte er eine gewisse Ordnung in seine Haare, dann verließ er das Bad.

Nun konnte es beginnen. Er wollte es vor sich herschieben, so lange wie nur irgend möglich. Doch niemand wusste besser als er, dass es dazu nun zu spät war. Er hatte sich etwas in den Kopf gesetzt. Und was er sich vornahm, das tat er auch! Ohne sich einmal umzuschauen, kehrte er in sein Büro zurück, setzte sich und räumte seinen Schreibtisch auf. Er tat es nur so, um sich abzulenken oder weshalb auch immer. Er wollte den Anschein erwecken, dass alles beim Alten war. Joey sollte keinen Verdacht schöpfen, bis er sich direkt an ihn wandte. Die leere Tasse schob er zur Seite, nach der anderen griff er und lehnte sich zurück. Er schlug die Beine übereinander und trank einen kleinen Schluck; sein Blick schweifte über den Schreibtisch. Dann richtete er sich auf, griff nach einem Füller und schob ihn zwei Zentimeter zur Seite, dann einen Zentimeter zurück. Er war nervös. Doch diese Nervosität wurde schnell von der wilden Entschlossenheit, die er in sich trug, zu Nichte gemacht. Alles musste stimmen, jede Geste, jedes Wort. Er konnte sich keine Unglaubwürdigkeit leisten, keine Blamage. Nein, nicht in diesem Fall.

Als sich die Tür öffnete, hielt er in der Bewegung inne, ließ die Tasse sinken und blickte auf. Sonst hatte er sich stets über diesen Anblick gefreut, nun war es jedoch nichts dergleichen. Er spürte etwas, das man mit Angst und Unwillen vergleichen konnte.

Joey trug eine lässige Jeans und einen Kapuzenpullover. Außerdem ein Basekap. Seine Haare trug er diesmal offen. Kaiba schenkte ihm nicht zu viel Beachtung, ließ ihm lediglich ein stummes, grüßendes Nicken zukommen, als er sich zu ihm umdrehte und näher schlenderte. Dann starrte er auf seinen Computer und hob die Tasse wieder zum Mund. Joey kam bis zu seinem Schreibtisch, stützte sich auf ihm ab und neigte sich nach vorn, ihn musternd.

"Was hast du gemacht?", fragte er verwundert, Kaiba erwiderte seinen Blick. "Du siehst jedenfalls nicht so aus, als hättest du viel Schlaf gehabt."

"Stimmt", murmelte Kaiba knapp und schaltete seine Computer ein. In dieser Sekunde bemerkte er, dass er noch etwas Zeit benötigte. Er war noch nicht so weit. Also beschloss er, Joey ganz schnell loszuwerden. Wenn auch nur für kurze Zeit. "Ich habe gerade keine Arbeiten, die du erledigen könntest", meinte er in den Computer vertieft, die Tasse stellte er ab. "Geh hinaus und frag die Anderen, ob sie etwas für dich zu tun haben."

Joey hob die Augenbrauen, richtete sich langsam auf und beobachtete Kaiba äußerst kritisch.

"Hey, ich kann nichts dafür, dass du nicht ins Bett gekommen bist. Also sprich nicht in diesem Ton mit mir."

"In Ordnung." Kaiba hob die Hand und winkte ihn nach draußen. Noch nahm es Joey mit der alltäglichen Zickigkeit. Er blähte die Wangen auf, rollte mit den Augen und wandte sich zum Gehen ab.

"Toll, echt toll", hörte Kaiba ihn noch seufzen, bevor er draußen verschwand. Und sobald das geschehen war, schenkte Kaiba dem Computer keinerlei Beachtung, lehnte sich zurück und starrte auf die Tür. Noch immer verweilten seine Augen in dem kühlen Ausdruck, der Joey noch nicht aufgefallen war. In ihnen fand jedoch ein grauenhafter Kampf statt. Mal und mal veränderte sich der Ausdruck, kehrte jedoch stets zu der gewohnten Härte zurück. Ungefähr eine halbe Stunde hörte er Joeys Stimme draußen unter den anderen. Scheinbar hatte er eine Arbeit gefunden. Klar, von ihr gab es hier reichlich. Und eine kostenlose Hilfe wollten sich die armen Mitarbeiter nicht entgehen lassen.

Kaiba machte keinen Finger krumm, saß einfach da und dachte an überhaupt nichts. In den letzten Stunden hatte er so viel gegrübelt, dass es für ein ganzes Leben reichte. Er wollte es nur hinter sich bringen und deshalb war er froh, als sich Joey bald wieder zu ihm gesellte.

Er würde sein Bestes tun, sein Bestes, um ihn zu verletzen...

Diesmal ließ sich Joey in den Sessel auf der anderen Seite des Schreibtisches fallen, streckte beide Beine von sich und ließ die Arme baumeln. Dabei beobachtete er ihn heiter. Die Mitarbeiter hatten gute Laune, und er hatte viel mit ihnen gelacht.

"Hast du dich beruhigt?", fragte er guter Laune. "Kann man jetzt normal mit dir reden? Muss ich keine Angst haben, angemacht zu werden?"

"Das kannst du sehen, wie du willst", erwiderte Kaiba kurz angebunden und beschäftigt, auch stets auf den Ton achtend. "Habe ich deiner Meinung nach, keinen Grund, dich anzumachen, wie du so schön zu sagen pflegst?"

"Huh?" Joey wunderte sich. "Warum? Habe ich irgendetwas verbrochen?"

Kaiba schwieg, blickte jedoch auf und erwiderte seinen Blick mit der größten Härte, die er aufbringen konnte. Augenblicklich erkannte Joey den ungewohnten Ausdruck in seinen Augen und richtete sich langsam auf.

"Was... was ist denn los? Natürlich hast du keinen Grund. Jedenfalls nicht, dass ich wüsste. Was ist? Habe ich irgendetwas falsch gemacht?"

"Falsch gemacht... hm." Kaiba legte den Kopf schief, besah sich seine Tasse mit gespielter Gelassenheit. "Falsch gemacht könnte man nicht dazu sagen. Es gibt andere Worte dafür."

"Was ist denn mit dir los?" Joey schnitt eine Grimasse. "Du weckst mich halb zwei, jetzt komme ich zu dir um zu helfen und du... was soll denn das?"

Kaiba zwinkerte, schluckte unauffällig und richtete sich wieder auf. Er ließ Joey lange warten, warf ihm vereinzelte Blicke zu und spannte ihn auf die Folter. Er sah ihn so lange an, hielt das Schweigen so lange, bis Joey zappelig wurde. Und dann schnitt er ihm gekonnt das Wort ab und grinste auf eine schändliche Art und Weise, wie sie nur ihm gelingen konnte.

"Wie lange willst du dieses Spiel eigentlich noch weiterführen? Was erhoffst du dir von alledem?"

"Häh?" Joey verstand nicht.

"Ich wollte mich schon eher mit einem Anliegen an dich wenden." Kaiba faltete gemächlich die Hände ineinander. "Ich wollte dir schon lange sagen, was ich fühle aber zu deinem Glück oder zu meinem Bedauern fand ich Freude an dir... wenn auch nur für kurze Zeit."

"Ah ja." Joey nahm ihn nicht ernst und Kaiba musste zu härteren Mitteln greifen, um die Sache überhaupt erst einmal ins Rollen zu bringen.

"Lass es mich so ausdrücken." Ihre Blicke trafen sich. "Freizeitbeschäftigung, Langeweile, unbedeutende Abwechslung." Kaiba senkte die Stimme, bis sich ein verächtlicher Ton in ihr einfand. "Zeitverschwendung."

Joey verzog die Augenbrauen, öffnete langsam den Mund und lehnte sich stockend zurück. Aber Kaiba ließ ihm nicht die Zeit, all das Gesagte zu verstehen und zu überdenken. Er setzte zum vernichtenden Schlag an, oder zumindest einem von ihnen.

"Was ist es? Mein Geld? Mein Aussehen? Meine Arbeit? Oder mein Erfolg? Erhoffst du dir einen Vorteil, indem du mir Liebe vorheuchelst und die ganze Zeit über wie eine Klette an mir hängst?"

Joey öffnete den Mund weiter, nun war er sprachlos und Kaiba fuhr ungerührt fort, den Blick bohrend auf ihn gerichtet.

"Du warst nur einer unter vielen, ein unwichtiges Sandkorn in der Wüste. Vor dir hatte ich viele, also bilde dir nichts darauf ein, nur weil ich mit dir geschlafen habe. Es hat mir nichts bedeutet, lediglich eine Abwechslung, wie ich bereits sagte. Du scheinst alles etwas falsch verstanden zu haben! All das Techtelmechtel, das sinnlose Geschwafel von Liebe und Zukunft. Meinst du wirklich, darauf kommt es mir an? Ich kann alles haben, was ich will. Worauf ich Lust habe, das hole ich mir. Bedauerlicherweise verliere ich schnell das Interesse an solchen Dingen. Fühl dich angesprochen, denn auch du bist damit gemeint. Und wenn ich die Lust verliere... dann werfe ich es weg."

Joeys Gesicht hatte binnen wenigen Sekunden an Farbe verloren. Er starrte ihn mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Entsetzten an, und doch schüttelte er nach einem langen Schweigen den Kopf. Kaibas Blick hielt er stand.

"Was... redest du denn da?" Krächzte er heiser und stockend.

"Da kommt er wieder zum Vorschein." Kaiba lachte spöttisch. "Der dumme und ungebildete Junge, der in seinen Tagträumereien fest hängt. Ich wiederhole es gern noch einmal, damit es auch die verstehen, die vielleicht nicht all zu viel im Kopf haben. Ich wollte etwas Neues versuchen, nur für kurze Zeit um meinen Spaß zu haben. Du hast dich mir genähert und ich erkannte meine Chance. Es hat Spaß gemacht, das muss ich zugeben. Doch das Wahre ist es nicht. Nein, das war es noch nie. Nach der ersten Nacht hättest du verschwinden können, bedauerlicherweise hast du es nicht getan. Und ich habe mich darauf eingelassen, weshalb ich mich selbst nicht verstehe. Sieh mal, du bist nicht der für eine lange Beziehung. Für eine Nacht bist du gut, doch für mehr nicht. Ich habe darauf gehofft, dass du es selbst bemerkst. Da dies jedoch nicht der Fall ist, verschwende ich nun meine Zeit, um dir etwas bewusst zu machen, das jeder Blinde hätte bemerken können!"

"Das...", Joey schluckte, das Sprechen fiel ihm schwer, "… das meinst du nicht ernst. Was soll…"

"Vieles habe ich nicht ernst gemeint, doch das, glaub mir, das kommt aus tiefstem Herzen." Kaiba zwang sich ein Grinsen auf, klammerte sich an der Erbarmungslosigkeit fest und fuhr fort. "Du warst immer sehr anstrengend, hast meine kostbare Zeit in Anspruch genommen und mich von der Arbeit abgehalten. Du hast andauernd auf mich eingeredet. Doch ich, ich höre nur auf mich selbst! Und sicher bin ich nicht dazu bereit, mir von einer unbeholfenen Göre wie dir Vorschriften machen zu lassen! Du nervst mich, zwingst mich zu Dingen, die mich nicht interessieren, wie zum Beispiel, deinen Vater kennen zu lernen! Was interessiert mich ein armer Mann, der schuften muss, um sich und seinen ärmlichen Sohn über Wasser halten zu können! Ich stehe über diesen Dingen, habe so etwas wirklich nicht nötig! Mein Ruf könnte Schaden nehmen, würde man uns in der Öffentlichkeit sehen. Was denkst du! Weshalb bin ich nur abends mit dir losgegangen? Du bist wie eine verliebte Zehnjährige, nervtötend und dämlich! Und zur Hölle! Du musst dich nicht wundern, wenn du eine Kugel abbekommst, wenn du dich in meine Angelegenheit einmischst! Wegen dir hänge ich zurück, habe viel nachzuholen! Und dann muss ich mir auch noch Vorwürfe anhören! Von wegen, alles sei meine Schuld! Ist es aber nicht! Du trägst die Schuld! Und nur Du!"

"Mein Vater hat dir Vorwürfe gemacht?!" Endlich erwachte Joey zum Leben. Er schnappte nach Luft und sprang auf. "Aber ich habe ihm doch gesagt, wie es dazu gekommen..."

"Wie es dazu gekommen ist, ist völlig belanglos!", unterbrach Kaiba ihn ungerührt. "Ebenso belanglos wie alles, was du von dir gibst."

"Aber...", Joey ließ die Arme sinken, sein Atem raste, "... warte mal… ich…“

Kaiba stöhnte am Ende seiner Nerven, stützte die Stirn in die Handfläche und rollte mit den Augen. "Wenn du etwas zu sagen hast, dann behalte es für dich! Es interessiert mich nicht."

"Das... das ist doch Blödsinn!!" Joey wurde laut, seine Stimme zitterte vor Wut. "Ich weiß, dass du... das ist hirnrissig! Das glaube ich dir nicht… nichts von alledem!! Was soll dieser Mist?! Dass bist doch nicht du…"

"Du! Du kennst mich überhaupt gar nicht!" Kaibas Augenwinkel zuckten, als er sich etwas aufrichtete. "Das bin ich! Nicht der, der sich zu jedem Mist hinreißen lässt! Nicht der, den du kennst! Es kotzt mich an, mich zu verstellen um noch etwas Spaß mit dir haben zu können! Alles was du bist, kotzt mich an! Du bist wie eine Pest, ein lästiges Geschwür, das man nicht loswerden kann! Du behinderst mich in all meinen Tätigkeiten, bist mir ein Klotz am Bein! Ich will dich endlich loswerden, will mein gewohntes Leben weiterführen! Und das schaffe ich nicht, solange du hier bist!"

"Du..." Joey verstummte, bekam kein weiteres Wort hervor. Er stand nur da und starrte Kaiba erschüttert an. Er hatte ihn schneller soweit gebracht, als er gedacht hatte.

"Fake!", rief er. "Alles Fake! Kann ich etwas dafür, wenn du zu dumm bist, um es selbst herauszufinden?! Ich will nur, dass du mich endlich zufrieden lässt, mich nicht mehr nervst und mich an den Rand der Verzweiflung drängst! Ist das zu viel verlangt?! Niemand hat das verdient, so eine Katastrophe um sich zu haben! Und genau das bist du, eine Katastrophe!!"

Joey öffnete den Mund und schloss ihn wieder, sprachlos. Noch immer regte er sich kaum, starrte ihn nur an und fand nicht zur Sprache zurück.

"Und es ist mir egal, ob du es glaubst! Es ist so! Und mir fehlen die Zeit und die Lust, Überzeugungsarbeit zu leisten! Komm selbst darauf... und zur Hölle, fang nicht an zu heulen! Das ist jämmerlich!"

„Ich heule nicht!!“ Unerwartet massiv erhob sich die Stimme des Blonden und wirklich war ihm nichts Derartiges anzusehen. Verbittert schüttelte er den Kopf.

Was er hier hörte, konnte er nicht verarbeiten.

Es war zuviel!

Er wusste nicht, an was er glauben, von Kaiba denken sollte. Hatte er ihn wirklich nur ausgenutzt...? Eine funkelnde Trotzigkeit entflammte in seinen Augen.

"Warum auch immer...!", stieß er aus, "… wieso auch immer du das tust... hör auf!"

"Ich sage es dir nicht, weil es mir Spaß macht." Kaiba wurde ruhiger, schlug wieder auf den verächtlichen Ton um. "Ich sage es dir, weil es so ist. Finde dich damit ab oder lass es bleiben. Ich habe keine Lust mehr, habe eine Firma zu leiten und kann so welche wie dich nicht gebrauchen. Wie soll ich es ausdrücken? Du taugst zu nichts... Wheeler!"

Ein Zucken durchfuhr die Mimik des Blonden und zu keinem Blinzeln war er fähig, als er aufblickte. Wie weggewischt war der Zorn, zerstört die Aufmüpfigkeit.

Mit nur diesem einen Wort hatte Kaiba sein Ziel erreicht. Mit einem triumphierenden Lächeln lehnte er sich zurück, seufzte gelangweilt und warf einen lässigen Blick aus dem Fenster.

Immer noch starr und reglos waren Joeys Augen auf ihn gerichtet und nun sagte er nichts mehr.

Auch Kaiba schwieg.

Es war grausam, das man Joey nur mit solchen harten Worten loswerden konnte.

Wenn man Joey sah, wusste man nicht, was in ihm vorging. Auch Kaiba verbarg sein wahres Befinden hinter einer eisernen Maske. Hinter dieser Maske tobte die Nervosität in ihm. Weshalb drehte sich Joey nicht endlich um und ging?!

Warum stand er dort?!

Auf was wartete er?!

Hatte er sich nicht klar genug ausgedrückt?!

Musste er wirklich fortfahren?!

Wie eine Rettung erschien es ihm, als sich die Tür hinter Joey öffnete. Einen besseren Zeitpunkt hätte man nicht finden können. Joey schenkte der jungen Frau, die mit einem Kaffeeservice eintrat, keine Beachtung. Seine Augen konnten sich nicht von Kaiba lösen, während sein gesamter Körper wie erstarrt schien. Dieser sah die Frau näher kommen und ein Grinsen zeichnete sich auf seinen Lippen ab.

In Wirklichkeit schrie er.

Er wollte es nicht.

Er wollte nicht fortfahren, am liebsten alles rückgängig machen.

Frau Fukuyoka warf Joey nur einen knappen Blick zu, räusperte sich leise und blieb neben Kaiba stehen, um das Tablett abzustellen.

Der letzte Schritt also…

Kaiba griff nach ihm, tat es jedoch erst nach einem kurzen Zögern. Zielstrebig hob er den Arm, schob die Hand über den Rücken der jungen Frau, über den schlanken Bauch… und mit einem Ruck zog er sie zu sich und auf den Schoß, schlang auch den anderen Arm um ihren Leib und schmiegte sich behaglich an sie. Frau Fukuyoka reagierte geistesgegenwärtig, erinnerte sich gut an Kaibas Worte und bot den starren Augen des Blonden ein entzücktes Schmunzeln. Behaglich drehte sie auch das Gesicht zur Seite und schenkte Kaiba ein Lächeln, das an Zärtlichkeit nicht zu übertreffen war. Kaiba hatte längst den Blick von Joey abgewandt, wandte sich nun ihr zu, als wäre dieser nicht mehr gegenwärtig. Er erwiderte das Lächeln perfekt, löste einen Arm und begann mit ihrem Haar zu spielen, das nun offen über ihren schmalen Schultern lag. Kaiba beschäftigte sich noch etwas mit ihren Haaren, lehnte sich an sie... und blickte dann auf. Wieder traf sein Blick auf Joey, den das Entsetzen nun vollständig gepackt hatte. Mit letzter Kraft stöhnte er und rollte mit den Augen.

"Was machst du noch hier…!", ächzte er. "Ich habe zu tun!"

Augenblicklich trat Joey einen Schritt zurück, näherte sich hinterrücks der Tür, den Blick noch immer auf Kaiba gerichtet. Noch einen Schritt tat er, dann fuhr er herum, grabschte nach der Klinke und riss die Tür auf. Nur wenige Augenblicke, bis sie scheppernd und donnernd in das Schloss krachte und sobald er verschwunden war, veränderte sich Kaibas Mimik schlagartig. Er starrte auf die Tür, löste die Umarmung, in der er die junge Frau hielt.

"Danke", flüsterte er leise, kaum hörbar. "Sie können gehen."

Frau Fukuyoka nickte hastig, erhob sich von seinem Schoß und ging zur Tür. Als sie sie öffnete, wandte sie sich kurz zu ihm um. Nur kurz spähte sie zu ihrem Chef zurück, bevor sie sich räusperte und ebenfalls das Büro verließ.

Kaiba blieb zurück.

Er saß dort an seinem Schreibtisch, schnappte nach Luft und begann am gesamten Leib zu zittern. Er blinzelte, seine Augen drifteten hektisch und ziellos nach beiden Seiten.

Ein unglaubliches Leiden brach über ihn herein und spiegelte sich in seinem Gesicht wieder. Er öffnete den Mund, schloss ihn und wandte den Blick von der Tür ab. Hilfesuchend schweifte er durch den Raum, nervös, zittrig, unkontrolliert.

Nun hatte er es getan.

Und mit jedem Wort, war auch er zu Grunde gegangen.

Doch ob es ihm schlimmer ging, als Joey?

War dieser nun wirklich in Sicherheit...?

Kaiba schluckte die vollendete Verzweiflung hinter, begann stoßweise zu atmen.

Seine Hände falteten sich zittrig ineinander.

Was hatte er getan...?

Er konnte es nicht fassen!

Er hatte den Menschen verletzt, den er liebte! Einen der wenigen, die einen festen Platz in seinem Leben gefunden hatten! Ihm hatte er vertraut! Ihm hätte er alles gegeben! Ihm hätte er sein Leben geschenkt!

"Verdammt…!" Ein heiserer Schrei entrann ihm, sein Körper erbebte unter heftigen Atemzügen und mit einem Mal ließ er sich nach vorn sinken und das Gesicht auf die Arbeitsfläche niedergehen. Verkrampft presste er sich auf die Platte, räkelte sich erschöpft und ließ alles aus sich heraus, was sich während des Gespräches in ihm angesammelt hatte.

"Joseph...!"
 

"Sushi schmeckt am Besten, wenn man es in diese Soße tunkt." Mokuba gluckste heiter, fischte mit den Stäbchen nach einer der kleinen Rollen und zog die Soße zu sich. Bikky verfolgte das Geschehen mit unglaublichem Interesse. Er hockte mit Mokuba in der Küche und bekämpfte die frischen Sushi, die die Köche spontan für sie zubereitet hatten. "Meerrettich... das ist auch gut." Mokuba lehnte sich zurück und schob sich das Röllchen in den Mund. Auch Bikky griff nach ein paar Stäbchen.

"Wollen wir mal schauen, was noch alles dazu schmeckt?"

Somit genoss auch er das leckere Essen, Mokuba sah kauend auf, beobachtete ihn kurz und sah sich dann um.

"Mit... Kepfupp?"

"Kepfupp." Bikky nickte. "Ja, und... öhm... Worcester Sauce, Oliven, Käse...?"

"Mm... lecker!" Mokuba lief das Wasser im Mund zusammen.

Bikky schnappte sich das nächste Sushi.

"Wollen wir uns nachher einen Hot Dog machen?"

"Oh... na klar!" Mokuba weitete die Augen, tunkte den Finger in die leckere Soße und leckte ihn ab. "Ich habe heute so gute Laune! Und ich weiß nicht einmal, woran es liegt!"

"Und ich lache schon den ganzen Tag!", rief Bikky.

"Und ich habe den Gärtner dreimal umarmt!", warf Mokuba ein. "Nicht zweimal, so, wie sonst immer."

"Und ich... ich...", Bikky grübelte hektisch, "... ich hab heut fünf Muffins verputzt und wäre beinahe geplatzt!"

"Oh, warte!" Mokuba erschrak, ließ die Stäbchen fallen und schluckte hinter. "Ich geh mal hoch und frag Seto, ob er auch einen Hot Dog mag!"

"Na klar, dann lachen wir zusammen und feiern ein bisschen!" Bikky fuchtelte erregt mit den Armen. "Wir können essen und essen und dann beschmeißen wir uns mit Oliven!"

"Okay!" Da sprang Mokuba schon auf und rannte aus der Küche. Er rannte durch den Speiseraum, rannte durch das Foyer, die Treppe hinauf und durch den Gang. Dann endlich erreichte er das Arbeitszimmer seines großen Bruder. Schnaufend blieb er stehen, klopfte an und öffnete die Tür.

"Seto! Wir wollen..." Er lehnte sich hinein und sah sich um. Aber das Arbeitszimmer war leer. Verwundert hob er die Augenbrauen, zuckte mit den Schultern und trat in den Gang zurück. Anschließend durchsuchte er sein Schlafzimmer. Doch auch dort war er nicht. Er war jedoch nach Hause gekommen. Er hatte seine Stimme gehört und dann war er verschwunden. Grübelnd blieb er stehen, rieb sich das Kinn und sah sich um. Wo konnte er nur sein? Auch, als er nach langer Suche einen Bediensteten fragte, kam er nicht voran. Herrje, er befürchtete, dass Bikky in der Zwischenzeit die Küche leerte. Vielleicht war Kaiba nur kurz hier gewesen und in der Zwischenzeit schon längst wieder in die Firma zurückgekehrt? Gemächlich machte er sich auf den Rückweg. Seit gestern hatte er ihn nicht mehr gesehen. Schlenkernd trödelte er weiter, blieb nach wenigen Minuten jedoch stehen und drehte das Gesicht zur Seite. Nachdenklich besah er sich eine Tür, dann trat er an sie heran und klopfte an.

"Seto? Seto, bist du im Bad?"

Keine Antwort.

Mokuba klopfte erneut, dann zuckte er wieder mit den Schultern, wandte sich ab und kehrte in die Küche zurück, um Bikky den ganzen Spaß nicht allein zu überlassen.
 

Das trübe Wasser des großen Beckens begann sich zu bewegen. Dann tauchte Kaiba auf, schob sich zurück und lehnte sich gegen den warmen Marmor. Kurz wischte er sich das Wasser aus dem Gesicht, fuhr sich über die nassen Haare und spuckte etwas Wasser zur Seite. Dann legte er einen Arm über den Beckenrand und verblieb reglos. Die Augen behielt er geschlossen. Im Gang hörte er noch Schritte. Er schenkte den Geräuschen keine Beachtung, blieb liegen und atmete tief durch. Viel Zeit zur Entspannung blieb ihm jedoch nicht, denn sein Handy meldete sich. Langsam öffnete er den Mund, stöhnte und tastete nach dem Störenfried. Endlich hatte er es. Die Augen hielt er geschlossen, als er sich tiefer sinken ließ, abnahm und das Handy an sein Ohr legte.

"Ja."

Es war Pikotto.

"Du hast mir nicht gesagt, dass du nach Hause fährst", meldete er sich, jedoch keinesfalls vorwurfsvoll. Kaiba blinzelte müde, zog den Arm vom Beckenrand und rieb sich die Stirn.

"Wer bist du. Mein Babysitter? Mir geht’s nicht gut, sonst nichts."

"Was plagt dich?", erkundigte sich Pikotto.

"Meine Knie fühlen sich an, als hätte ich an einem Marathon teilgenommen."

"Kreislaufprobleme?"

"Was weiß ich." Kaiba räusperte sich leise. "Nimm es mir nicht übel, aber ich will nur meine Ruhe haben. Ich muss morgen auch wieder in die Schule."

"Ja, natürlich." Eine kurze Stille folgte in der Leitung. Pikotto schien zu grübeln und Kaiba ahnte Schlimmes. "Wegen... ich wollte nur fragen..."

"Nein, du willst gar nichts fragen!", enterbrach Kaiba ihn genervt. "Ich will nicht darüber sprechen!"

Mit diesen Worten legte er auf, warf das Handy zur Seite und schloss die Augen. Er wollte nicht darauf angesprochen werden! Er wollte nichts damit zu tun haben und erst recht nicht darüber nachdenken!

Er wollte nichts von alledem, um sich nicht noch ein größeres Leiden aufzubürden. Der morgige Tag würde schon schlimm genug werden. In der Schule, wenn er Joey sah.

Lange blieb er noch liegen und war kurz davor, einzuschlafen. Nur würde diesmal niemand hereinkommen, in die Badewanne springen und ihn aus dem Wasser ziehen. Erst nach knapp einer halben Stunde, als ihm die Augen schwer wurden, richtete er sich langsam auf, kämpfte sich aus dem Wasser, tastete matt nach seinem Bademantel und zog ihn sich über. Seine Stärke war nicht zurückgekehrt. Er fühlte sich matt und sehnte sich nach seinem Bett, obgleich es noch nicht sehr spät war. Er ließ alles liegen, zog sich den dünnen Stoff straff um den Leib, schloss die Tür auf und trat in den Flur hinaus. Er ging langsam und vorsichtig, verschränkte die Arme vor dem Bauch und sah sich kurz um. Er erspähte den Arzt, der soeben auf der Treppe verschwand. Er beobachtete ihn, doch rufen tat er ihn nicht. Es war nicht nötig. Ein heißer Tee und eine Mütze voll Schlaf wirkten immer wieder bei einem kleinen Unwohlsein. Als er die Treppe erreichte, blieb er stehen und grübelte, den Blick nachdenklich auf die Stufen gerichtet. Er könnte sich Tee hinaufbringen lassen. Auf der anderen Seite... nein, wenn er sich selbst einen Tee machen würde, würde es schneller gehen. Er müsste nicht herumtelefonieren und eine direkte Beschreibung des Tees abgeben, den er wünschte. Und diesen kleinen Umweg würde er schon überleben. Dennoch zögerte er kurz, bevor er die Treppe hinab stieg. Es war ein merkwürdiges Gefühl. Beinahe grundlos war sein Körper geschwächt, seine Knie weich und zittrig. Seine Schritte wirkten etwas unbeholfen, seine Hand tastete sich das Geländer hinab.

Zu Beginn hatte es die Übelkeit gegeben und Kaiba hatte noch nie zuvor so etwas Grausames erlebt. Es war ihm sehr, ja, sehr schlecht gegangen in dieser Zeit und er hatte es verharmlost... eben um Joey keine Sorgen zu bereiten, die sich dieser so wie so gemacht hatte. Der Schwindel war dicht gefolgt. Erst schwach und unauffällig, doch dann, in der Kneipe, in die Joey ihn geführt hatte, da war er einfach umgekippt. An mehr konnte er sich an diesem Abend nicht erinnern. In der Nacht war er schweißgebadet aufgewacht.

Und nun?

Nun litt er unter Schwäche.

Übelkeit, Schwindel, Schwäche…
 

Nach grauenhafter Anstrengung erreichte er das Foyer, bog nach rechts und näherte sich dem Speiseraum. Als er das große Zimmer durchquerte, drangen heitere Stimmen an seine Ohren. Die Olivenschlacht schien im vollen Gange zu sein. Er runzelte die Stirn, rieb sich den Nacken und trödelte weiter. Als er die Küche betrat, wühlte Bikky im Kühlschrank und Mokuba bearbeitete einen Brothumpen mit einem stumpfen Messer. Als Kaiba stehen blieb, wurden die beiden Jungs auf ihn aufmerksam. Mit vollem Mund krabbelte Bikky zurück, Mokuba wirkte überrascht.

"Seto? Ich dachte, du bist in der Firma?"

Kaiba besah sich die Unordnung. Es sah in etwa so aus, als er Joeys Küche ausgeräumt hatte... auf der Suche nach Kaffee. Bikky schien bei der Suche leer ausgegangen zu sein und hatte dennoch etwas gefunden, womit er sich den Mund voll stopfen konnte. Kaiba runzelte die Stirn, doch wirklich für das Schlamassel schien er sich nicht zu interessieren.

"Was macht ihr denn", nuschelte er nur.

"Hot Dog's!", rief Bikky heiter. "Wollen Sie auch einen?!"

"Nicht so laut." Kaiba zog eine Grimasse. "Meine Ohren sind zurzeit etwas empfindlich."

Mit diesen Worten stieg er über die am Boden liegenden Zutaten, nahm sich eine Tasse aus einem der großen Regale und öffnete ein Schubfach. Somit war das Gespräch für ihn beendet. Er achtete nicht mehr auf die beiden Jungs und wühlte wie abwesend in den kleinen Schachteln. Mokuba ließ das Messer sinken, schob das, was nicht mehr als Brot zu erkennen war, von sich und wandte sich ihm mit einem dicken Grinsen zu.

"Kommt Joey morgen wieder?", fragte er, Bikky nickte hastig und wandte sich wieder dem Kühlschrank zu. Kaiba hielt kurz in der Bewegung inne, zwinkerte und suchte weiter. "Warum war er heute eigentlich nicht hier? Weißt du, Bikky hat ein neues Spiel für die Playstation mitgebracht. Da wird er sich sicher freuen!"

Kaiba antwortete nicht. Nun hatte er versucht, all das zu verdrängen, sich selbst zu belügen und seine Gefühle lahm zu legen... und nun so etwas! Schweigend warf er einen kleinen Beutel in die Tasse, griff nach dem Wasserkocher und drückte eine kleine Taste.

"Weiß nicht", murmelte er dann.

"Warum weißt du das nicht?", fragte Mokuba verwundert.

"Ich weiß es nun einmal nicht!" Kaiba vergriff sich im Ton. "Ich habe keine Ahnung, also hör auf zu fragen!!"

Mit geblähten Wangen richtete sich Bikky auf, Mokuba starrte seinen Bruder an, wusste nicht so recht, was er jetzt sagen sollte. Kaiba stützte sich auf die Ablage, flüsterte etwas Verworrenes und wandte sich letzten Endes ab, ohne den Jungs einen Blick zu schicken. Langsam ging er aus der Küche und die Beiden sahen ihm nach.

"Und... dein Tee?", hob Mokuba an, bevor sein großer Bruder den Raum verlassen konnte. Dieser blieb sofort stehen und wandte sich zu ihnen um.

"Welcher Tee!"

"Der Tee?" Mokuba warf dem dampfenden Wasserkocher einen flüchtigen Blick zu und grinste verunsichert. Kaiba schloss sich seiner Beobachtung an und runzelte die Stirn. Er brummte leise. Dann kehrte er zurück, stieg wieder durch den ganzen Kram und grabschte nach der kleinen Kanne. Ohne den Blick von der Tasse abzuwenden, füllte er sie mit dem heißen Wasser, nahm sie und verließ die Küche endgültig. Wieder sah Mokuba ihm irritiert nach. Auch Bikky wandte sich um, starrte auf den Ausgang und schluckte hinter.

"Du, der will ganz sicher keinen Hot Dog."

"Hm." Mokuba nickte langsam.
 

Wieder kämpfte sich Kaiba die Stufen hinauf, sein Gesicht wirkte verbissen.

Fragen dieser Art konnte Mokuba unterlassen!

Er stöhnte leise, ließ die letzte Stufe hinter sich und trödelte durch den Gang. Sein Blick richtete sich unterdessen auf den kühlen Marmorboden.

Nein, Joey kam morgen sicherlich nicht!

Und er würde auch übermorgen nicht kommen!

Er würde vermutlich nie wieder hier sein!

Kaibas Schritte verlangsamten sich, bis er stehen blieb. Seine Miene veränderte sich allmählich, verlor diese verkrampfte Härte. Er seufzte leise, blickte auf und wandte sich zur Seite, um zur Treppe zurückzuschauen.

"Oh Gott." Stockend wandte er sich ab und schüttelte von sich selbst enttäuscht den Kopf. "Jetzt schreie ich schon Mokuba an."

Er ging weiter, öffnete die Tür seines Schlafzimmers und trat ein. Vor seinen Fenstern rauschte ein furchtbarer Regen. Er prasselte gegen das Glas, ließ die Gegend noch düstrer erscheinen. Kaiba wollte sich keinen Regen betrachten, also stellte er die Tasse ab und zog die langen Vorhänge zu.

Anschließend ließ er sich mit der Tasse in einen weichen Sessel fallen, legte die Füße nach oben und lauschte in die Stille. Auch Blitze und lautes Donnergrollen konnte er nach kurzer Zeit vernehmen. Geistesabwesend starrte er vor sich hin, blieb sitzen und rieb die Hände an der warmen Tasse. Nur kurz kam ihm der Gedanke, nun mit Joey hier zu sitzen. Er bekämpfte ihn schnell, verbannte ihn aus seinem Kopf. In das Bett, so wie er es sich vorgenommen hatte, ging er nicht.
 

Eingemummelt in einer Decke, lag Duke auf dem Sofa und starrte gelangweilt vor sich hin. Das tat er schon seit zwei Stunden. Nachdem er herzhaft gegähnt hatte, kämpfte er die Decke zur Seite und kam auf die Beine. Und nachdem er über einen Zipfel der Decke gestolpert war, der sich an seinen Fuß verfangen hatte, trottete er in Shorts in die Küche. Müde rieb er sich den Hinterkopf, griff auf dem Weg nach einem Haargummi und band sich einen Zopf, als er die Küche betrat. Er war zwar hundemüde, hatte aber trotzdem keine Lust, seinem Bett einen kurzen Besuch abzustatten. Stattdessen begann er in seinen Schränken nach etwas Essbarem zu suchen. Während in der Flimmerkiste im Nebenraum aller mögliche Blödsinn lief, begann er zu wühlen und hatte letzte Endes doch nur ein paar Toasts und eine Büchse Cola in der Hand. So kehrte er wieder zum Sofa zurück, warf sich nieder und mummelte sich erneut ein. Dann begann er lustlos zu knabbern und öffnete die Büchse. Eine ganze Zeit verfolgte er dann einen Trickfilm, in dem so eine blöde Katze eine noch blödere Maus jagte und sie doch nicht zu fassen bekam. Und das sollte lustig sein? Duke kratzte sich am Bauch. Wahrscheinlich hatte er einen Witz verpasst. Es kam ihm nicht der Gedanke, einfach wegzuschalten. Er blieb dort sitzen, schob den Toast über den Tisch und warf dem Fernseher nebenbei gelangweilte Blicke zu. Doch dann, nach wenigen Minuten, war die dümmliche Serie vorbei und die Nachrichten kamen. Hoffentlich erzählten die wenigstens etwas Spannendes.

In den ersten Minuten liefen nur unwichtige Dinge. Die Probleme anderer Menschen konnten ihm gestohlen bleiben und auch auf eine Katze, die in einem Abwasserrohr stecken geblieben war, war er nicht neugierig.

Während Reporter quakten, Augenzeugen jammerten, Polizisten schrien und Politiker debattierten, tat Duke das Seine dazu und krümelte die Decke voll. Morgen war Schule. Eigentlich sollte er schon längst... sein Blick wanderte zur Uhr. Blödsinn, es war doch erst halb zehn. Er drehte sich zur anderen Seite, griff nebenbei nach der Büchse. Gemütlich trank er ein paar Schlucke und suchte anschließend nach dem Toast, das ihm wohl vom Sofa gerutscht sein musste. Er beugte sich zur Seite, tastete auf dem Boden... da klingelte es und er erschrak so sehr, dass er kippte und sich kurze Zeit später auf dem Boden wieder fand. Eine junge Frau im Fernsehen brach in lautes Gelächter aus und schlug sich auf die Oberschenkel.

"Autsch! Verflucht!" Duke wälzte sich zur Seite, rappelte sich auf und kam auf die Beine. Dann wurde er wieder auf die Tür aufmerksam. Es klingelte kein zweites Mal. Duke hob die Augenbrauen, dann grabschte er jedoch nach einem Shirt, stülpte es sich schnell über und stolperte auf die Tür zu. Nachdem er sich an seinem Würfelsessel gestoßen hatte, erreichte er sie auch, riss sie auf und verließ seine Wohnung.

"Ach... Mist!" Endlich saß das Shirt richtig. Barfuss patschte er durch die obere Etage seines Ladens und stieg dann eilig die Treppe zum Erdgeschoss hinab. Dabei rieb er sich fröstelnd die Oberarme und führte ein kleines Tänzchen auf, denn auch der Boden hatte keine angenehme Temperatur. Nachdem er sich durch die Regale geschlängelt hatte, erreichte er endlich die große Tür. Er grabschte nach der Klinke und drückte sie hinab... da bemerkte er, das sie wie jede Nacht auch, abgeschlossen war.

Und der Schlüssel?

Der lag natürlich oben, wo denn sonst?

"Verdammich noch mal!", fluchte er genervt. "Einen Moment!!"

Somit wandte er sich wieder ab, lief den ganzen Weg zurück und stürmte seine Wohnung. Auf dem Wohnzimmertisch lag kein Schlüssel, auch im Flur und in der Küche war keine Spur von ihm zu sehen. Und was fluchte Duke. Die dumme Frau im Fernsehen lachte immer noch so blöde, so als wolle sie sich über Duke lustig machen! Im Bad wurde dieser endlich fündig. Hastig grabschte er nach dem Bund und ging den ganzen Weg erneut. Wieder hatte er sich keine Hose drüber gezogen... und wieder patschte er über den kalten Boden. Dann endlich, erreichte er die Tür und suchte nach dem richtigen Schlüssel. Hoffentlich war es etwas wichtiges, sonst würde er ausrasten! Endlich fand er ihn und schloss auf. Sofort öffnete er die Tür, und sobald sie einen Spalt weit offen stand, schlugen ihm eisiger Regen und ein schneidiger Wind entgegen. Er blinzelte, hob den Arm vor das Gesicht und öffnete die Tür ganz. Sofort überzog eine Gänsehaut seinen gesamten Körper und seine Zähne begannen zu klappern. Der Sommer war doch gerade erst vorbeigegangen? Fröstelnd schlang er die Arme um den Leib und erspähte seinen Gast. Überrascht ließ er die Arme sinken und öffnete den Mund.

"Joey?!"

Kein geringerer als Joey stand vor ihm. Er war bis auf die Haut durchnässt und scheinbar nicht einmal darauf bedacht, sich vor dem Unwetter zu schützen. Er trug nicht einmal seinen Pullover, hatte ihn nur um seine Hüfte gebunden. Das weiße Shirt klebte pitschnass auf seiner Haut, seine Haare trieften vor Nässe, kleine Rinnsäle liefen über sein Gesicht.

Duke wusste nicht, was er sagen sollte, was er jedoch wusste, war, dass das auf keinen Fall gesund sein konnte.

"Ja, bist du denn des Wahnsinns?!", rief er erschrocken, trat in den Regen hinaus und zog ihn zu sich hinein. Joey wehrte sich nicht dagegen, stolperte nach vorn und stand endlich im Trockenen, obgleich sich zu seinen Füßen sofort eine Pfütze ausbreitete. Hektisch schloss Duke die Tür hinter ihm, schloss ab und wandte sich ihm zu. Er starrte ihn an, musterte ihn von Kopf bis Fuß und öffnete fassungslos den Mund.

"Warum rennst du bei diesem Unwetter draußen herum?" Er raufte sich die Haare. "Du holst dir doch den Tod! Was soll denn das!" Er verstummte und versuchte einen Blick auf sein gesenktes Gesicht zu werfen. "Das ist doch Blödsinn! Komm mit! Komm rauf! Du bist ja völlig unterkühlt und durchnässt!"

Wieder packte er Joey am Oberarm und zog ihn mit sich. Er folgte ihm schweigend.

"Seit wann stehst du denn da?! Warum nur?! Warum bist du nicht zu Hause?! Warum bist du nicht im Bett?!" Duke regte sich auf, als er die Treppe erreichte und den jungen Mann vor sich her schob. "Warum machst du denn so einen Unfug?! Warum rennst du zu dieser späten Stunde noch draußen herum?! Ganz alleine! Da hätte sonst etwas passieren können! Oh Gott! Wurdest du überfallen?! Nein, sag nichts! Komm, beeil dich! Du musst dich erst einmal wärmen!"

Schnell erreichten sie das Ende der Treppe und Duke drängelte ihn weiter. Er drängelte ihn in seine Wohnung, schloss die Tür hinter sich und zog ihn in das Wohnzimmer. Und da lachte diese blöde Ziege ja schon wieder!! Hastig schaltete er den Fernseher aus und rannte in das Bad. Joey blieb stehen, behielt den Blick noch immer auf den Boden gerichtet und regte sich nicht.

"Du kannst froh sein, wenn du nur mit einer Erkältung davonkommst!" Duke kehrte schnell mit einem Handtuch zurück, warf es sich über die Schulter und blieb vor ihm stehen. Ohne zu zögern, griff er nach dem tropfenden Pullover und band ihn los. Unachtsam warf er ihn zur Seite, griff auch nach dem Shirt und zog es höher.

"Arme heben! Weg damit!"

Joey befolgte seinen Befehl und Duke streifte ihm den nassen Stoff über den Kopf, schmiss ihn ebenfalls in die nächste Ecke und drückte ihm das Handtuch auf den Kopf. Kurz rubbelte er seine Haare, dann betastete er seine Oberarme.

"Du bist ja schrecklich kalt!", erschrak er, wandte sich ab und grabschte nach der Decke, die noch zerknautscht auf dem Sofa lag. Fürsorglich legte er sie über seine Schultern, zog sie fester und begann wieder seine Haare zu rubbeln. Der junge Mann bewegte sich noch immer nicht, blieb nur stehen und ließ Duke machen. Nach kurzer Zeit zog dieser das Handtuch weg, schmiss es zu den Sachen und zog Joey zum Sofa. Auf dieses drückte er ihn nieder, hockte sich vor ihn und begann auch seine Arme zu reiben. Da blickte Joey langsam auf und traf auf seinen Blick. Duke rieb ihn weiter, doch schnell verlangsamten sich die Bewegungen und er starrte in die geröteten Augen seines Freundes. Langsam öffnete er den Mund, seine Hände lösten sich und sanken hinab. Wenn Joey ihn so ansah, dann musste etwas Grausames geschehen sein. Für kurze Zeit fand er keine Worte, brummte nur vor sich hin und Joey wandte den Blick ab.

"Warte." Duke räusperte sich leise und kam auf die Beine. "Ich mache dir einen heißen Tee. Der wird dir gut tun."

Wieder starrte Joey auf den Boden, doch unter der Decke begann sich etwas zu bewegen. Er hob die Hände und zog sie fester um sich. Wieder begannen seine Haare zu tropfen, wieder liefen kleine Rinnsäle über sein Gesicht. Aus der Küche ertönten laute Geräusche, die von hektischen Bewegungen zeugen konnten. Joey blieb dort sitzen und bewegte sich kaum, bis Duke nach ungefähr fünf Minuten zurückkehrte, sich wieder vor ihn hockte und ihm eine Tasse in die Hand drückte. Joey nahm sie mit bleichen Händen entgegen und Duke zog wieder das Handtuch zu sich und begann seine Haare von neuem zu bearbeiten. Währenddessen wärmte Joey seine Hände an dem heißen Tee, starrte gedankenverloren vor sich.

"Also Joey." Duke schien sich endlich beruhigt zu haben. "Willst du es mir sagen?"

Joey regte sich nicht, nur seine Hände schlossen sich fester um die Tasse. Sein müder Blick richtete sich auf einen nicht existierenden Punkt, dann schüttelte er langsam den Kopf.

Duke brachte ihm Verständnis entgegen, warf das nasse Handtuch nun endgültig zur Seite und stützte die Hände auf die Oberschenkel.

>Kaiba!<, ging es ihm sofort durch den Kopf. >Kaiba muss etwas damit zu tun haben! Wehe ihm, wenn er ihn verletzt hat!<

"Jetzt entspann dich erst einmal und trink deinen Tee." Er nickte verständnisvoll und kam auf die Beine. Da erspähte er den Toast, der auf dem Boden lag und schnappte nach ihm. Joey nickte langsam, hob die Tasse zum Mund und trank einen Schluck. Als Duke ihm kurz auf die Schulter klopfte und im Bad verschwand, blickte er auf und blinzelte müde.

Als Duke sich selbst einen Tee machte, fluchte er leise bei sich, und bedacht so, das Joey nichts von alledem mitbekam. Er fluchte über sich selbst, über Kaiba und den Toast, den er nun in den Mülleimer werfen konnte. Dann kehrte er mit einer eigenen Tasse in das Wohnzimmer zurück. Noch immer hockte Joey an derselben Stelle und starrte niedergeschlagen auf den Boden. Leise seufzend, ließ sich Duke neben ihm nieder, setzte sich in den Schneidersitz und stellte die Tasse erst einmal auf dem Tisch ab. Dann lugte er zur Seite und beobachtete Joey. Dieser presste die Lippen aufeinander, blinzelte und ließ den Kopf sinken. Was sollte Duke denn sagen?

"Hey, alles wird wieder gut. Bald wird es dir wieder besser gehen, okay? Und jetzt sag mir, worum es geht."

Und zwingen, mit der Sprache rauszurücken, wollte er ihn erst recht nicht. Also schwieg er, auch wenn es ihm missfiel. Er sagte kein Wort, starrte vor sich hin und hörte alsbald, wie Joey die Nase hochzog und tief seufzte. Da wurde ihm schwer ums Herz und er blickte auf.

"Hey... Joey."

Der Junge reagierte nicht, löste eine Hand von der Tasse und fuhr sich über die Stirn. Kurz darauf atmete er tief ein, schloss die Augen und blickte auf, ohne Duke anzusehen.

"Er hat gesagt... dass ich ihm lästig bin", murmelte er leise. Nun sprach er es doch aus und Duke lauschte aufmerksam. "Er hat gesagt...", Joey stoppte und ließ den Blick sinken, sein Atem und seine Stimme zitterten, "… dass ich ihm die Liebe nur vorgeheuchelt hätte."

"Was?" Duke richtete sich auf.

"Er hat gesagt, dass ich ihm nichts bedeute." Joeys Stimme senkte sich, bis er leise schluchzte, das Gesicht verzog und es wieder sinken ließ. "Er hat es mir einfach so ins Gesicht gesagt, hat nicht mit der Wimper gezuckt. Er hat sich nie etwas aus uns gemacht." Joey schnappte nach Luft und beugte sich noch weiter nach vorn. "Er meinte, er könnte Jede haben. Ich wäre unbedeutend, eine nervige Göre, die dumm und lästig ist!" Ein Schluchzen unterbrach ihn. "Ich weiß nicht, was ich machen soll! So ist er nicht! Aber er... er... hat es mir direkt ins Gesicht gesagt!"

Mit diesen Worten brach er in Tränen aus.

Natürlich, Kaiba!

Sofort rutschte Duke näher heran, nahm die Tasse aus den zitternden Händen und stellte sie auf den Tisch. Seine Miene wirkte verbissen, als er Joey nach oben zog und ihn umarmte. Wieder musste er ihn trösten. Und wieder war der Grund Kaiba! Sogleich klammerte sich Joey an ihn, und er heulte, wie er es noch nie zuvor getan hatte. Duke seufzte anteilnehmend, als er seinen Rücken rieb. Herrje, nun verstand er überhaupt nichts mehr. Joey und Kaiba waren ein Paar gewesen und Joey der glücklichste Mensch der Welt. Und nun hatte Kaiba ihm eine eiskalte Abfuhr verpasst? Hatte er richtig gehört? Wütend biss er die Zähne zusammen und spürte immer wieder, wie Joeys Körper in seinen Armen und heftigen Atemzügen erbebte, wie sich seine Finger in seine Haut krallten.

"Und", Joey schnappte nach Luft, die Umarmung verstärkte sich verkrampft, "… und er hat nur mit mir geschlafen, weil er sich nach einer Abwechslung gesehnt hat!"

"Gesch..." Duke räusperte sich, verzog das Gesicht und rieb sich kurz die Nase.

Er brauchte etwas, um sich zu beruhigen, hielt Joey weiterhin fest und sah sich flüchtig um.

>Bei Jehosaphat!<, fluchte er bei sich. >Das kann doch nicht wahr sein!<

"Für eine Nacht bin ich gut, sagte er!", fuhr Joey fort. "Aber... aber... aus einer Nacht sind viele geworden!"

>Mutter Maria und Josef!< Duke rollte mit den Augen.

"Er hat mich ausgenutzt, hat sich verstellt, um sich noch etwas mit mir amüsieren zu können! Das hat er selbst gesagt!" Joey zog die Nase hoch. "Er hat mich als lästiges Geschwür beschimpft, das man nicht loswird! Er sagt, ich sei ihm ein Klotz am Bein! Ich sei eine Katastrophe!!"

Duke schloss die Augen, er musste all das erst verarbeiten.

"Aber das ist nicht wahr! Er hat gelogen, das weiß ich!"

"Was für einen Grund hätte er denn sonst, dir so etwas zu sagen?" Duke stöhnte leise. "Sicher nicht, weil ihn die Langeweile plagte und du gerade griffbereit warst."

"Wie kannst du so etwas nur sagen?!" Augenblicklich begann Joey wieder zu schluchzen. Er krallte sich an Duke und dieser schnitt eine Grimasse.

"Verzeihung, aber im Trösten war ich noch nie der Beste", ächzte er schnell und schunkelte etwas. "Jetzt beruhige dich erst einmal."

"Er war so unglaublich gemein!" Joey richtete sich hektisch auf, rieb sich die Augen und starrte ihn an. "So gemein, das kannst du dir nicht vorstellen! Und dabei haben wir bisher immer alles gemeinsam durchgestanden! Ich weiß, dass er mich liebt! Aber warum sagt er mir dann so etwas?!" Joey zog die Nase erneut hoch. "Und er hat es mir direkt ins Gesicht gesagt!!" Wieder warf er sich um Dukes Hals. "Ich fühle mich so grausam! Das kann er nicht so gemeint haben! Das darf nicht wahr sein!! Es ist unmöglich, dass er mich nur ausgenutzt hat! Sag doch etwas!"

>Was soll ich denn jetzt so schnell sagen?!< Duke fühlte sich zurzeit etwas überfordert, und deshalb schwieg er, bevor er Joey noch mehr Schmerzen zufügte, mit schlecht gewählten Worten. >Ich meinerseits, traue es ihm zu.<

"Anfangs hatten wir unsere Schwierigkeiten!", fuhr Joey jammernd fort. "Aber dann war er so unglaublich nett zu mir! Und... und er kann E-Gitarre spielen und... und... ich kann es nicht glauben, dass er nur mit mir gespielt hat!"

>Er scheint auch etwas durcheinander zu sein.<, dachte sich Duke.

"Er ist so ein Mistkerl!" Wieder richtete sich Joey auf, doch diesmal kam er auch auf die Beine und ballte die Hände zu Fäusten. "Was habe ich denn getan?! Ich habe nie einen Fehler gemacht! Zumindest nicht, dass ich wüsste!"

"Okay." Duke nickte und hob die Hände, worauf Joey sofort verstummte. "Habe ich Recht verstanden? Kaiba hat dir eine Abfuhr erteilt?"

"Eine Abfuhr?", wiederholte Joey ungläubig. "Eine Abfuhr??", schrie er dann. "Das war nicht nur eine Abfuhr, Duke!! Man hätte meinen können, er wollte mir das Herz zerfetzen und auf den Kompost schmeißen!! Das kannst du dir nicht vorstellen!!"

"Doch, kann ich", seufzte Duke.

"Und..." Hastig öffnete Joey den Mund, doch dann verstummte er, wischte sich die Tränen aus den Augen und starrte auf den Boden. "Ich weiß wirklich nicht, was ich getan habe, um so etwas über mich ergehen lassen zu müssen." Mit diesen Worten seufzte er erschöpft und ließ sich auf die Knie sinken. Dort hockte er, legte die Hände auf seinen Oberschenkeln ab und starrte vor sich hin. Die Wut schien vorerst vorbei zu sein, nun kehrte die grausame Niedergeschlagenheit zurück. "Habe ich wirklich den falschen Kaiba kennen gelernt? Ich kann nicht glauben, dass er sich die gesamte Zeit über verstellt hat."

"Was meinst du." Duke richtete sich auf und schob sich nach vorn, bis er vor Joey auf dem Sofa hockte. Der Junge Mann blickte matt auf. "Traust du es ihm zu? Meinst du, er hat sich lange verstellt oder nur heute, als er mit dir sprach?"

"Ich weiß es nicht." Joey sank wieder in sich zusammen. "Ich weiß überhaupt nicht, was ich denken soll! Ich bin völlig irritiert, kann keinen klaren Gedanken mehr fassen!" Joey stöhnte am Ende seiner Nerven. "Ich bin völlig fertig!"

Duke nickte mitfühlend.

"Ich kann dir auch nicht sagen, was ich von alledem denke, denn dazu kenne ich Kaiba zu wenig. Du selbst musst wissen, was du über diese Sache denkst. Lass dir ruhig etwas Zeit und überlege, bevor du eine Entscheidung triffst." Duke zögerte kurz, und sein Gesicht verdunkelte sich unauffällig. "Auf der anderen Seite nehme ich es Kaiba wirklich übel, dass er dir so etwas gegen den Kopf wirft! So etwas Rücksichtsloses und Verletzendes."

"Und es ist ungefähr fünf Stunden her", murmelte Joey bekümmert. "Seitdem saß ich im Park oder bin sinnlos herumgelaufen."

"Ja bist du denn von allen guten Geistern verlassen?" Duke erschrak. "Du hättest dir sonst etwas holen können! Und was wäre, wenn dir etwas passiert wäre?!"

"Ich will nicht nach Hause!", antwortete Joey verbittert.

"Na gut, dann bleibst du eben über Nacht." Fasste Duke einen netten Entschluss. "Es wäre unverantwortlich von mir, dich wieder auf die Straße zu setzen."

"Ich würde mir etwas antun!", zischte Joey.

"Jetzt red nicht so einen Blödsinn!" Auch Duke erhob sich und blieb neben ihm stehen. "Ich verstehe dich ja, aber das ist noch lange kein Grund, um..."

"Ach ja?", unterbrach Joey ihn grantig. "Du hast doch keine Ahnung, wie sehr ich an ihm hänge! Ich kann ohne ihn nich leben..."

"Oh doch, du wirst staunen, wie einfach das geht." Duke rollte unauffällig mit den Augen und hockte sich neben ihn. "Wenn Kaiba wirklich so ein Schweinehund ist, dann hat er dich doch gar nicht verdient!"

Verdutzt drehte Joey das Gesicht zu ihm.

"Ah ja...?"

"Natürlich." Duke puffte ihn an. "Wenn er nicht zu schätzen weiß, was er an dir hat und dir so etwas gegen den Kopf schleudert, dann ist er dir nicht würdig! Und wenn er es auch nicht zu schätzen weiß, was du schon alles für ihn getan hast, dann kannst du ihn gleich vergessen!"

"Was habe ich denn schon für ihn getan?" Joey wandte sich trübe ab. "Er war es doch, der ständig zu mir kam und sich gesorgt hat. Er hat mich zu sich geholt, als es mir schlecht ging. Und fast wäre ich in der Badewanne ertrunken, wenn er mich nicht hinausgezogen..."

"Was?" Allmählich verstand Duke überhaupt nichts mehr. Er wirkte geschockt, als er Joey unterbrach. "Du wärst fast ertrunken? Warum weiß ich davon nichts?!"

Joey zuckte nur mit den Schultern, auf diese Sache wollte er sich jetzt nicht festlegen.

"Er hat mich ständig bemuttert und auf mich aufgepasst und ich habe mich in seinen Armen so geborgen gefühlt." Joey stoppte, um zu schlucken. "Und er hat sich auch die gesamte Schuld zugewiesen, als ich angeschossen wurde..."

Unter einem heiseren Keuchen ließ sich Duke nach hinten fallen und lag ausgestreckt auf dem Boden.

"Angeschossen...?", japste er. "Der Arzt sagte, du hättest dich beim Sport verletzt..."

"Nein, da gibt es einen Typen, einen ehemaligen Angestellten, der seit seiner Entlassung nicht gut auf Kaiba zu sprechen ist. Er hat versucht, ihn umzubringen, hat aber mich erwischt. Na ja, eigentlich habe ich mich ja vor ihn geworfen. Aber zuvor hatte er versucht, Mokuba umzufahren und Pikotto erwischt."

"Oh Gott." Duke rieb sich das Gesicht. "Gibt es noch etwas, das ich vielleicht wissen sollte?"

"Als ich zufällig an eurem Picknick erschien bin und geheult habe, da ging es auch um etwas völlig anderes. Kaiba war sehr sauer auf diesen ehemaligen Angestellten und wollte ihn umbringen. Aber ich wollte ihn abhalten und so bekamen wir uns in die Haare."

"Umbringen, ja?" Langsam wunderte sich Duke über gar nichts mehr. "Und noch etwas?"

"Aber es hat sich alles gebessert. Er war immer für mich da. Nun ja, fast immer. Als mich Chester in der Wohnung fast vergewaltigt hat, war er nicht da, aber er kam schnell, als ich ihn darum bat."

"Hör auf...!" Leidend rollte sich Duke auf dem Boden. "Das kann doch nicht wahr sein! Warum erfahre ich all das erst jetzt?!"

Joey grübelte, seine Finger fuhren über den Boden.

"Hm... er hat nichts gegen dich", murmelte er dann. "Er hat auch nichts gegen Tea, Bakura und Tristan. Er kennt sie nur nicht und meint, er hätte Besseres zu tun, als sich mit ihnen anzufreunden."

"Wow." Duke schnappte nach Luft, musste sich erst von den ganzen Schocks erholen. "Und was ist mit Yugi?"

"Herrje." Joey schnitt eine Grimasse. "Frag mich nicht."

"Okay." Duke nickte, wusste ganz genau, weshalb Joey die Antwort verschmähte. Tea, Tristan oder Duke hatte Kaiba nie konkret angefallen. Nur Yugi war durch was auch immer, in seine Ungnade gefallen. Und Joey hatte es natürlich auch gegeben, an dem er sich gern ausgelassen hatte.

"Aber das ist doch jetzt egal!" Joey schüttelte hastig den Kopf und stellte sich auf die Knie. "Wenn dieser Mistkerl meint, mit mir spielen zu können, dann hat er sich geschnitten!!"

Duke hob die Augenbrauen und Joey sank wieder in sich zusammen, wurde kleiner und kleiner.

"Aber ich vermisse ihn so und will nicht, dass es so endet. Zumindest den Grund möchte ich erfahren, bevor ich mich zufrieden gebe", ächzte er. "Es kann doch nicht sein, dass er so ohne weiteres die Nase von mir voll hat, oder?"

Duke öffnete den Mund.

"Sag nichts!" Joey streckte ihm die Hand entgegen. "Ich gebe ihm keine Chance mehr, werde ihm nicht nachlaufen! Wenn er etwas will, soll er zu mir kommen!! Und ich erwarte eine richtige Entschuldigung!! Immerhin... immerhin habe auch ich Gefühle!" Er stöhnte und

mit diesen Worten ließ er sich zur Seite fallen und blieb liegen.

"Die Welt ist nicht fair", fluchte er. "Ich habe alles getan, damit er mich mag. Und schnell hat es mir auch Spaß gemacht. Ich habe mich immer um ihn gesorgt und musste auch so einiges einstecken und dann habe ich die Zeit bei ihm genossen. Weißt du?" Joey atmete tief durch. "Ich habe mich freiwillig verletzen lassen, damit er nicht leiden musste. Ich habe ihm Aufmerksamkeit geschenkt, Liebe... sogar meine Unschuld."

>So genau will es nicht wissen.< Duke verdeckte das Gesicht mit dem Arm und stöhnte.

"Und da sagst du, du hättest nichts für ihn getan? Du hast ebenso viel für ihn getan, wie er für dich, wenn nicht vielleicht sogar mehr?"

"Meinst du wirklich...?"

"Natürlich." Duke kam schwungvoll nach oben und verschränkte die Arme vor dem Bauch. "Denk über alles nach, Joey. Und jetzt lass uns erst einmal schlafen. Ich glaube, das hast du dringend nötig."
 

~*to be continued*~



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2009-02-23T16:09:43+00:00 23.02.2009 17:09
Jetzt komm ich hier mal richtig weiter. Sofort als ich Zuhause war hab ich mich an den rechner gesetzt und angefangen zu lesen. =) Das Kpaitel hat mich total traurig gemacht! Wie kann seto so fies zu Joey sein?? hoffentlich wird alles wieder gut!
Ich liebe die geschichte!! :))))
Von:  TyKa
2008-11-29T17:45:45+00:00 29.11.2008 18:45
kann ich obigen post zustimmen
das ist hammer
aber seto tut dies ja wirklich nur
um den blonden zu schützen
(was so kawaii ist *_*)

wieder super kappi

mach weiter so
^^

lg
TyKa
Von:  Mikeito
2008-11-29T11:44:39+00:00 29.11.2008 12:44
Woah...
Ich kann net glauben,was Kaiba da gemacht hat!
Armer Joey... :(
Aber wir wissen ja das Kaiba das nur gemacht hat,um ihn zu beschützen.
Trotzdem find ich das schrecklich.
Hoffe,dass es wieder gut wird mit den beiden und das sie mal friedlich
leben können(das haben sie sich vedient! >_<)

Freue mich schon auf's nächste Kapi!

lg Yumari_Nii


Zurück