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Bittersweet Feelings

von

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Schuld und Sühne

Autor: CatherineMiller

Titel: Bittersweet Feelings

Fandom: Weiß Kreuz

Kapitel: Schuld und Sühne

Teil: 19/?

Pairings: RanxNagi; BradxKen; SchuldigxYohjixSchuldig; FarfxOmi

Warnungen: noch keine

Danksagung: Vielen Dank an mein Betas cap, Maria, Kariri und Corrychan, die sich fleißig durch meine tausend Tippfehler mühen!
 

Sonstiges: Soooo erst mal ein dickes, fettes Sorry, weil ich drei Monate fürs neue Kapitel gebraucht hab, aber Abi und Cosplay nähen hat mich doch ein kleines bisschen eingespannt *drop* Aber nu isses vorbei, bzw die dummen Kostüme fast fertig und ihr bekommt wieder was zu lesen *smile* Und das auch noch, bevor ich nächste Woche auf die Animagic fahr *mich soooo drauf freu* Sollte noch jemand hinkommen und Lust auf ein Treffen haben, einfach Mail schreiben, bis Mittwoch bin ich auf jeden Fall da und kann sie lesen ^^
 

Kommentare werden das nächste Mal beantwortet weil ich diesmal keine Zeit hatte, entschuldigung dafür *verbeug*
 

ANGEBOT: Bei mindestens zehn Kommentaren gibt's beim nächsten Upload zwei Kapitel auf einmal! Kommentare: siehe Kapitel 17
 


 

Es war dunkel und still. Vor seinem Fenster hörte er das Zwitschern eines einzelnen Vogels, nicht zu laut, angenehm. Die Decke lag schwer auf seinem Körper und der Geruch sagte ihm, dass er nicht in seinem eigenen Bett lag.

Seine glatte Stirn legte sich in Falten, als er versuchte sich zu erinnern, wie er hierher gekommen war. Nach der Schule war er nach Hause gelaufen, hatte sich vorher von Omi verabschiedet und dann... ja was? Genau, das Haus war verlassen gewesen, Schuldig bei Weiß und Brad mit Farf bei Takatori... er hatte sich noch geärgert, weil er hungrig war und das Essen nicht fertig. Also war er ins Wohnzimmer gewandert, hatte sein hastig geschmiertes Brot gegessen und bemerkt, dass es nicht so gut schmeckte, wie wenn es der Ire machte und gewartet.

Brad war wiedergekommen und dann... dann... dann war da ein großes, dunkles Loch. Er konnte sich noch erinnern, dass sein Leader etwas zu ihm gesagt hatte, etwas, dass ihn erschreckte, ihm Angst gemacht hatte, aber WAS das gewesen war, wusste er nicht mehr. Es musste wichtig gewesen sein, sonst... ja sonst wäre er wohl nicht ausgerastet.

Er kannte das Gefühl der Schwäche, dass seinen Körper beherrschte, die verschwommene Sicht, die leichten Kopfschmerzen. Die Kontrolle über seine Kräfte war ihm ein weiteres Mal entglitten. Er konnte wirklich nur hoffen, dass diesmal nicht allzu viel dabei kaputt gegangen war, sonst würde er sich wieder eine waschechte Gardinenpredigt von seinem Vormund anhören dürfen und Schuldig würde ihn die nächste Zeit gnadenlos damit aufziehen. Auf beides verzichtete er dann doch lieber dankend.
 

Langsam und zögernd öffnete er seine Augen. Schummriges Dämmerlicht herrschte in Brads aufgeräumtem Zimmer, alles war da, wo Nagi es in Erinnerung hatte. Also waren die Schäden zumindest nicht stockwerkübergreifend. Erst jetzt spürte er eine fremde Präsenz neben sich, offensichtlich war diesmal auch seine Wahrnehmung deutlich gestört. Normalerweise war er sich der Anwesenheit anderer Menschen wesentlich früher bewusst.

Warum überraschte es ihn nicht, dass sein Leader wieder einmal schlafend neben ihm lag? Ein kleines Lächeln huschte über das ernste Gesicht des Jungen. Brad sah schon wieder so verletzlich aus, so anders. Er mochte es, wenn der Amerikaner schlief, auch wenn er das niemandem gegenüber zugegeben hätte.

Nagi musterte die blassen, entspannten Züge eingehend und blieb an dem dunkelblau-violetten Bluterguss auf dem rechten Jochbein hängen. Die dunkle Vorahnung, dass die Schwellung seine Schuld war, beschlich ihn. Von schlechtem Gewissen geplagt biss er sich auf die Unterlippe und presste die Lider fest zusammen, als würde die Verletzung davon verschwinden.
 

Der Körper neben ihm bewegte sich leicht. Rasch öffnete er die Augen und begegnete der Besorgnis aus dunkelgrauer Iris. Nagi versucht, seine Lippen zum Lächeln zu bringen, doch Brads Blick bewies, dass es eher eine Grimasse wurde. Zu seinem Entsetzen spürte der Junge, wie Tränen in seiner Kehle aufstiegen, dort beim Zurückdrängen einen dicken Klos bildeten. Er wollte jetzt nicht weinen, er würde auch nicht weinen. Er würde stark sein!

Zittrig zog er seine Linke unter der Bettdecke hervor und berührte hauchzart die Schwellung im Gesicht seines Leaders.

„Tut mir leid“, wisperte Nagi und war erschrocken, wie erstickt seine Stimme klang, wie sehr sie zitterte und wie viel sie über seinen Gefühlszustand preisgab. Am liebsten hätte er sich jetzt unter die weiche, warme Bettdecke gegraben und sein Gesicht an Brads Brust versteckt. Aber er war kein kleines Kind mehr. Er war Schwarz.

Schlimm genug, dass er nachts so oft nicht alleine schlafen konnte, aber jetzt war es Tag. Er konnte sich nicht immer hinter seinem Anführer verstecken.
 

Der Amerikaner maß seinen Schützling einen Moment mit einem undeutbaren Blick, bevor seine Züge wieder weicher wurden. Nagi erinnerte in diesem Moment so sehr an den kleinen Jungen, den er damals von der Straße aufgelesen hatte. Genau so hatte er ihn vor acht Jahren auch angesehen und der Blick, erfüllt von Furcht und Zweifel aus großen, dunkelblauen Augen ging Brad heute noch durch und durch.
 

„Es ist nicht schlimm... ich werde es schon überleben....“ Da versuchte er wirklich mal einen Scherz zu machen und was passierte? Überrascht blickte der Schwarz-Leader auf das weinende, zitternde Bündel hinunter, das sich unversehens an seine Brust geworfen hatte, sich jetzt in sein ohnehin schon völlig zerknittertes Hemd krallte und so noch weitere Falten produzierte. Er sollte das Scherzen sein lassen.

Ein wenig ungeschickt strich die große Hand des Schwarzhaarigen über den schmalen, zuckenden Rücken, die Schulter, den dunkelbraunen, verwuschelten Schopf. Er wusste nicht so recht, wie er mit der Situation umgehen sollte. Sicher, Nagi kam oft nachts zu ihm, aber er weinte nie. War er traurig, zog er sich in sein Zimmer zurück und ließ niemanden an sich heran. Die Augenblicke, in denen Brad in den letzten Jahren Tränen in den Augen des Jungen gesehen hatte, konnte man bequem an zwei Händen abzählen. Warum also gerade jetzt? Lag es nur an der Überbeanspruchung seiner Kräfte, dass der Kleine so emotional reagierte? Oder einfach nur daran, dass Nagi eigentlich noch ein halbes Kind war.
 

Schuldig hatte ihm mal erzählt, wie es für ein Psitalent war, wenn es seine Kräfte zu stark einsetzte und über das gesunde Normalmaß hinaus beanspruchte, wie zum Beispiel in Situationen großer Angst, Panik, Freude oder auch Erregung. Brad kannte so etwas nicht. Wenn er es mit seinen Visionen übertrieb, plagten ihn tagelang Kopfschmerzen, Übelkeit, Sehbeschwerden, manchmal so wie in jüngster Zeit auch Totalausfälle, je nach Intensität der heraufbeschworenen Bilder und der Verknüpfung seines Gehirns damit.

Als er noch jünger gewesen war, viel jünger, hatte er sich regelmäßig an seine Grenzen getrieben. Einerseits, um sich selbst besser einschätzen zu können, andererseits um sich die Überlegenheit über seinen Körper und Geist zu beweisen, indem er seine Visionen erzwang. Heute hatte er das nicht mehr nötig. Er tat so was nur noch, wenn es absolut notwendig war.

Brad wusste nicht, ob es an seinen präkognitiven Fähigkeiten lag oder an seiner persönlichen Selbstbeherrschung, aber er stürzte nicht in ein emotionales Tief, er hatte zumindest seinen Geist und seine Gefühle weiterhin unter Kontrolle, wenn auch oft seinen geschwächten Körper nicht. Das waren Umstände, mit denen er leben konnte. Aber er hatte Schuldig erlebt, wenn er seine Telepathie zu oft und zu viel benutzt hatte, er erlebte Nagi nach seinen Anfällen und immer wieder war er Rosenkreuz im Stillen für die harte Ausbildung dankbar, die er durchlaufen hatte. Niemals würde er zulassen, dass sie den kleinen Telekineten in die Finger bekamen, aber für ihn selbst war es gut so wie es war.

Sanft kraulte er durch Nagis Haare, wartete einfach still ab, bis der Junge sich wieder etwas beruhigt hatte. Dann hob er das schmale Kinn an und strich ungelenk die Tränenspuren von den blassen Wangen.

„Es ist gut.“
 

Nagi schniefte noch kurz, schluckte dann aber sichtbar und riss sich zusammen. Er war schon erstaunt, wie Brad auf ihn reagiert hatte, aber er musste die Geduld des großen Mannes auch nicht so sehr überstrapazieren.

„Was ist passiert? Was hast du zu mir gesagt?“, fragte er deshalb leise, die Stimme immer noch etwas schwankend, aber wieder beherrschter als zuvor. Stärke. Kälte. Lage sondieren.

Auch wenn Brad sich etwas dafür schämte, so war er doch froh, dass der Junge sich wieder einigermaßen im Griff hatte. Er war einfach nicht der Typ, der mit Emotionalität umgehen konnte, so war es schon wesentlich besser und er fühlte sich weniger überfordert, ein Zustand, der nur höchst selten vorkam, den er aber nichtsdestotrotz hasste, wann immer er auftrat.
 

„Wirst du deine Kräfte diesmal unter Kontrolle halten?“, fragte er ruhig nach. Er hing eigentlich schon an seiner Schlafzimmereinrichtung, so dumm das auch klingen mochte und hatte nicht vor, sich in nächster Zeit davon zu trennen, schon gar nicht durch einen kleinen, telekinetischen Hausunfall. Holzsplitter bekam man so schlecht aus den Wänden und der Haut wieder heraus.
 

Nagi nickte leicht. „Ich glaube, du hast mich einfach nur mit dem, was du gesagt hast, überrascht...“, versuchte er sich etwas stockend zu entschuldigen. Er konnte sich ja selbst nicht so richtig erklären, was den Schock ausgelöst hatte. Vielleicht würde Brads Aussage helfen.
 

Der Amerikaner überlegte einen Moment, wartete, ob ihn eine Vision warnen würde, doch die Bilder, die sich in seinem Kopf formten, zeigten nur das blasse, erschrockene Gesicht seines Schützlings, dass sich zusehends verschloss, den kindlichen, verletzlichen Ausdruck verlor, jedoch keine demolierten Schränke oder Fensterscheiben. Damit konnte er leben.

„Ich habe euch gesagt, dass Takatori Farfarello für irgendwelche Experimente haben will“, wiederholte er also seine Worte aus dem Wohnzimmer in einer kürzeren Ausführung. Mehr brauchte Nagi nicht zu wissen. Er würde den Kleinen immer noch zu Weiß schicken, jetzt vielleicht sogar erst recht, aber der Junge braucht nicht zu wissen warum. Brad hatte mehr als genug Übung im Lügen und Nagi war im Moment schon belastet genug, da musste er sich nicht auch noch mit den schmutzigen Plänen eines alten Lüstlings herumschlagen.
 

Nagi erbleichte sichtlich und kurz wackelte das Gestell des Bettes, doch wie er versprochen hatte, hielt er sich diesmal zurück. Nichts ging zu Bruch, die dunklen Augen leuchteten nur schwach auf, bevor sich die üblich, kühle Maske über die schmalen Züge schob.

„Wirst du zustimmen?“, fragte er reserviert, auch wenn er das eigentlich nicht glaubte. Man konnte seinem Leader wirklich viel ankreiden, er mochte oft genug ein arroganter, eiskalten Bastard sein, vor allem, wenn es um den Job ging, aber er hatte noch nie ein Teammitglied im Stich gelassen.
 

Brad schüttelte leicht den Kopf. „Nein, wir werden uns von Takatori lösen.“ So viel konnte und sollte Nagi ja durchaus wissen, immerhin war er ja ein Teammitglied und sie würden ihn sicher nicht nur als Hacker brauchen, sondern auch seine Kräfte als wirkungsvolle Waffe, sollte es hart auf hart kommen. Dem Schwarzhaarigen war bei diesem Gedanken gar nicht wohl. Er schickte seinen Ziehsohn nicht gerne auf Mission, hatte es bis jetzt nur dann getan, wenn es wirklich unbedingt notwendig gewesen war, wenn sonst einem von ihnen etwas Gravierendes passiert wäre, wie etwa der Verlust eines lebensnotwendigen Körperteils. Ohne Kopf existierte es sich leider nur schlecht, genauso wenn etwas an einer entscheidenden Stelle darinsteckte.

Er hatte sogar mal eine Schussverletzung in Kauf akzeptiert, weil er auch gesehen hatte, dass er sie überleben würde. Er würde noch viel mehr in Kauf nehmen, damit Nagi nicht so wurde wie sie.
 

Sofort saß der dunkelhaarige Junge kerzengerade im Bett, die Augen schreckgeweitet. „WAS?! Bist du denn wahnsinnig? Und was ist mit Sz?“
 

Eine schwarze Augenbraue des Amerikaners hob sich leicht. Er verstand ja, dass Nagi aufgebracht war, aber das rechtfertigte noch lange keine solche Respektlosigkeit. Der weiche Ausdruck schwand von seinem Gesicht und machte der gewöhnlichen, professionell unterkühlten Miene Platz.

„Nicht das ich wüsste, aber danke der Nachfrage.“ Sein Ton war sarkastisch und durchzogen von leichtem Spott. Er wusste genau, dass er Nagi damit sehr traf, aber sonst würde er das Kommende wohl kaum durchstehen. Sicher, der Kleine würde wütend auf ihn sein, aber ein wütender, lebendiger, unversehrter Nagi war immer noch besser als ein toter, vergewa... nun ja auf jeden Fall besser als die mögliche Alternative.

„Du hast mich schon richtig verstanden.“ Auch Brad setzte sich nun auf und schwang die langen Beine über die Bettkante, erhob sich und drehte dem Jungen den Rücken zu. Er wanderte zum Fenster und zog die Jalousien nach oben.

Er konnte seinem Ziehsohn jetzt nicht ins Gesicht blicken, sonst würde sein Entschluss womöglich noch ins Wanken geraten. Das durfte er nicht, wenn er nicht die Sicherheit seines ganzen Teams gefährden wollte. Es MUSSTE alles nach Plan laufen, eine andere Möglichkeit gab es nicht.

„Und deshalb wirst du uns für eine Weile verlassen. Ich will, dass du alles Nötige bis heute Abend gepackt hast.“ Sein Ton wurde noch eine Spur kälter und es lag ein harter, befehlender Ton darin, der keinen Widerspruch duldete. Er wusste, was jetzt kam. Und er hasste es.
 

Wie angestochen sprang Nagi auf die Füße, strauchelte fast, weil seine schwachen Beine ihn kaum tragen wollten. „WAS??!! Ich soll weggehen? Du willst mich WEGSCHICKEN?!“ Seine Stimme hallte schrill durch den Raum, überschlug sich beinahe. Er konnte nicht glauben, was er da zu hören bekam. Das konnte doch alles gar nicht wahr sein! Was war denn in den letzten Stunden nur passiert? Sein ganzes Leben so wie er es kannte, geriet plötzlich aus den Fugen, schon seit er in die neue Klasse gekommen war. Konnte es nicht einfach werden wie früher? Es war doch gerade so... geregelt gewesen. Nicht perfekt vielleicht aber wenigstens lebenswert.
 

Crawfords Schultern strafften sich und er drehte sich betont langsam zu seinem Mündel um. „Mäßige deinen Ton und erinnere dich, mit wem du redest. Ich bin immer noch dein Teamleader und du wirst tun, was ich dir sage. Du wirst zu Weiß gehen und du wirst ihnen keine Schwierigkeiten machen, hast du mich verstanden? Sollte mir auch nur eine Klage zu Ohren kommen, dass du deinem Team Schande bereitet hast, wirst du was erleben. Du bist Schwarz, also benimm dich gefälligst auch so.“ Seine Stimme war eisig und hart wie Granit. Keine Spur mehr von dem liebevollen, fürsorglichen Mann, der er noch vor wenigen Minuten gewesen war.
 

Nagi zuckte zusammen, als hätte der Größere ihn geschlagen. Auf einmal war ihm eiskalt und er fröstelte. „Z-zu Weiß.... Brad... was... das kannst du nicht tun! Ich werde nicht zu Weiß gehen! Ich...“ Er verstummte abrupt, als die Fläche der linken Hand seines Leader mit einem überlaut wirkenden Klatschen seine rechte Wange traf. Perplex hielt er sich die brennende Gesichtshälfte und starrte seinen Anführer aus riesengroßen Augen an. Nie, noch NIEMALS hatte Brad ihn geschlagen, nicht einmal wenn er etwas falsch gemacht hatte oder etwas durch seine Unbeherrschtheit zu Bruch gegangen war. Nie hatte sein Ziehvater Hand an ihn gelegt. Entsetzt blickte er in die dunkelgrauen Augen, in denen ein schwarzes Feuer flackerte.
 

„Wage es nicht, dich mir zu widersetzen. Widersprich mir nicht noch einmal, ich warne dich. Bisher habe ich dich immer bevorzugt, aber diesmal wirst du ohne Wenn und Aber gehorchen. Geh packen! Sofort! In drei Stunden will ich dich mit Koffer in der Eingangshalle sehen. Und jetzt raus hier!“ Trotz seiner harten Worte war seine Stimme immer noch ruhig. Gefährlich ruhig und sie jagte Nagi einen Schauer über den Rücken. Es war die Stimme, mit der Oracle seine Opfer ansprach, bevor er ihnen eine Kugel durch den Kopf jagte. Der Junge drehte sich um und rannte aus dem Zimmer.
 

Hätte Nagi nur etwas genauer hingesehen, hätte er wohl den wehmütigen Blick in Brads Augen wahrgenommen, der der kleinen Jungengestalt beim Verlassen des Raumes folgte. So aber floh er nur, geschockt, verwirrt, erschüttert bis ins tiefste Innere. Crawford hatte ihn geschlagen. Er hatte mit ihm geredet wie er sonst nur mit Schuldig sprach, wenn der etwas Unvertretbares angestellt hatte, wie zum Beispiel einen Gefangenen vor der Befragung zu töten. Er floh aus dem Schlafzimmer, in dem er sich immer so gerne aufgehalten hatte, das für ihn immer Geborgenheit und Sicherheit gewesen war. Er floh vor dem eisigen Blick und vor der harten Stimme. Blind rannte er durch den Gang in seine eigenen Räume und knallte die Tür hinter sich zu.

Das Holz vibrierte stark, als er sich von innen dagegen fallen ließ, doch er ließ seinen Kräften nicht noch einmal freien Lauf. Wie ein Mantra wiederholte er immer und immer wieder unsinnige Worte im Geist, konzentrierte sich voll und ganz darauf, bis er sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Er war immer noch aufgewühlt, wütend, traurig, entsetzt, geschockt, ihm war zum Heulen zumute, alles auf einmal, doch alles was er tat, war sich am Türstock nach unten rutschen zu lassen. Am Liebsten hätte er jetzt irgendwas mit Absicht kaputt gemacht, vorzugsweise etwas, das Crawford mochte.

Wenn es doch nur nicht so unglaublich weh tun würde. Er hatte immer gedacht, dass ihn mit seinem Vormund mehr verband als die Beziehung von Anführer und Teammitglied, von Vorgesetztem und Mitarbeiter. Dass er für den Amerikaner mehr war als nur ein guter Hacker mit praktischen, telekinetischen Kräften. Er hatte sich offenbar getäuscht.

Doch sein Geist weigerte sich schlicht und ergreifend, dass all die Jahre eine Lüge gewesen waren, die unzähligen Nächte, in denen Brad ihn einfach nur festgehalten hatte, die vielen Male, die er ihn beschützt und ihm mit kleinen, fast unsichtbaren Gesten bewiesen hatte, dass er etwas Besonderes war. Das konnte doch nicht alles nur Show gewesen sein. Vor allem, was sollte es seinem Anführer nützen, so etwas vorzugaukeln? Das wäre doch nur Zeit- und Energieverschwendung.

Dagegen stand allerdings das seltsame Verhalten. Wollte Brad ihn wirklich nur zu Weiß schicken, um ihn aus der Schusslinie zu haben? Aber wer würde dann die Aufträge planen, die Informationen sammeln und zusammenstellen? Er war wichtig für Schwarz, das wusste er nur zu gut, vielleicht nicht unentbehrlich und unersetzlich, aber doch wichtig.

Das alles verwirrte ihn einfach nur, seine Gedanken liefen Amok hinter seiner Stirn, aber er wagte es nicht, sich Crawford erneut zu widersetzen und dessen Wut wieder auf sich zu ziehen. Ein gewalttätiger Ausbruch am Tag reichte ihm wahrhaftig und seine Wange pochte immer noch. Schnell erhob er sich und wischte sich über die brennenden Augen. Einmal Weinen am Tag war auch genug, befand er und schluckte ein paar Mal kräftig, um den schmerzenden Kloß in seinem Hals wegzubekommen. Nicht, dass es etwas genutzt hätte, aber einen Versuch war es wert gewesen.

Zu Weiß. In die Höhle des Löwen. Na schön. Die kleinen Hände ballten sich entschlossen zu Fäusten. Er war Schwarz. Er würde dem Team keine Schande machen. Und Brad auch nicht.
 

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Seufzend trat er wieder ans Fenster und starrte blicklos in den großen Garten hinaus. Wie lange würde er diesen Anblick noch genießen können? Die friedliche Ruhe, die Stille, die ihn dabei immer durchzog. Seine linke Hand ballte sich zur Faust. Es war die einzige Möglichkeit und doch...

Er spürte unvermittelt eine fremde Präsenz hinter sich. Umdrehen musste er sich nicht, er wusste auch so, wer da stand.

„Solltest du nicht im Bett liegen, Schuldig?“, fragte er ruhig und lehnte die Stirn gegen das kühle Glas. Eine Geste der Schwäche, die er sich nur selten gestattete. Aber er fühlte sich müde und erschöpft, seelisch wie körperlich. Nur einen Moment Ruhe, nur einen kleinen Augenblick, bevor er wieder seinen Pflichten nachkam.

Er protestierte nicht, als sich Arme von hinten um ihn schlossen, versteifte sich nur kurz, bevor er die körperliche Nähe für ein paar Augenblicke zuließ.
 

„Mach dir keine Vorwürfe, es war die einzige Möglichkeit...“, drang die vertraute Stimme des Deutschen leise an sein Ohr. Schuldig klang genauso müde, wie er sich fühlte, genauso ausgelaugt. Die Situation zehrte an ihnen allen, es wurde Zeit, das Ganze zu beenden, damit sie wieder ruhig schlafen konnten.
 

„Ich weiß“, erwiderte er ruhiger als er sich fühlte. Seine Lider schlossen sich kurz und er atmete tief durch.

„War es ein Fehler? Ihn wegzuschicken? Er war wütend...“ Es tat ihm so unendlich leid, Nagi geschlagen zu haben, aber seine Visionen hatten ihm gezeigt, dass es die einzige Möglichkeit gewesen war, den Protest des Jungen im Keim zu ersticken. Nie hatte der Kleine so offen gegen ihn rebelliert, auch wenn er es durchaus nachvollziehen konnte. Immerhin sollte Nagi ja ins Haus des Feindes überwechseln, wer würde sich da nicht wehren? Er war sich sicher, dass es das Beste war und doch blieben Zweifel. Und Schmerz.
 

Schuldig lachte leise und streichelt flüchtig über die breite Brust unter seinen Händen. „Sag du es mir, Bradley, du bist das Orakel...“ Der Orangehaarige löste sich wieder von seinem Leader, denn er spürte, dass der kurze Augenblick des Innehaltens vorüber war. Seine grünen Augen waren leicht glasig vor Müdigkeit und mentaler Schwäche und er machte den Eindruck, jeden Moment umzufallen.
 

Brad seufzte leise und drehte sich um. In seinen Augen war ein Funken Besorgnis zu erkennen, als er den Telepathen musterte. „Geh wieder ins Bett Schuldig... ich weck dich, bevor ich Nagi zu Weiß bringe, damit du dich verabschieden kannst...“ Kurz berührte er den Kleineren an der Schulter, als er an ihm vorbei zur Tür ging und den Raum in Richtung seines Büros verließ. Es war noch viel zu tun.
 

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Aya betrat die Küche wieder. Die emotionslose Maske seines Gesichts verbarg wirkungsvoll den Aufruhr hinter seiner Stirn. Am liebsten hätte er den Deutschen kalt gemacht. Mit dem vermaledeiten Kochlöffel, wenn es sein musste.

Innerlich kochend vor Wut nahm er seinen Platz am Herd wieder ein, als wäre nichts geschehen, als würde nicht immer noch ein feindlicher Killer in ihren Mauern weilen und widmete sich auch den äußerlich brodelnden Dingen, die bereits einen angenehmen Duft verbreiteten. Vielleicht würde die Anderen die Nachricht ja besser aufnehmen, wenn sie satt und rund waren. Vollgefressen flippte es sich bekanntlich schwerer aus.

Trotzdem spürte er die Blicke seiner Kollegen wie Nadelstiche im Nacken, auch wenn er sich entschloss, sie vorerst zu ignorieren.
 

„Äh... Aya... Mastermind... steht immer noch im Flur...“, meldete sich da zögernd die Stimme ihres Jüngsten.

Ein kühler Blick aus violetten Augen traf Omi und er fühlte sich irgendwie durchbohrt.
 

„Dann bring ihn raus.“ Weia, die Stimme des Leaders war noch unterkühlter als sonst, ok, auch kein Wunder, wenn man bedachte, wer da draußen rumschnüffelte und scheinbar gar nicht daran dachte, zu verschwinden.

Seufzend erhob sich der blonde Junge von seinem Platz am Tisch und schlich unter den mitleidigen Blicken seiner Kollegen nach draußen. Pah, die hätte ihm ruhig helfen können, aber nein... sicher beneideten sie ihn nicht um seine Aufgabe. Er tat es auch nicht.
 

Er ließ sich nichts anmerken, als er in den Flur kam und den Deutschen kurz dabei beobachtete, wie dieser die Fotos an ihrer Wand studierte. Das Bild, dass er dabei abgab, störte Omi gewaltig. Nicht nur, weil er den Telepathen nicht mochte, sondern auch, weil Mastermind gerade dabei war, einige ihrer liebsten und privatesten Erinnerungen anzusehen. Der junge Killer empfand das als mehr als unangebracht. Er wartete noch ein paar Sekunden, doch da der Orangehaarige keine Anstalten machte, von ihm Notiz zu nehmen, räusperte er sich leicht.
 

„Aya hat gesagt, ich soll dich rausbringen...“, fügte er auf einen fragenden Blick des Anderen hinzu. Warum sollte er wohl sonst hier sein, als dazu, den Feind wieder vor die Tür zu setzen? Meinte der etwa, er würde ihn zu Essen einladen? So weit kam‘s noch, ein Schwarz an ihrem Tisch! Aya würde sich wohl eher selbst aufschlitzen oder an Yohjis Drähten erhängen, je nach Stimmung, bevor er so etwas zuließ. Natürlich erst, nachdem er Mastermind gekillt hatte.
 

Was ihn allerdings eher verwunderte, war die Tatsache, dass er keine fremde Präsenz in seinen Gedanken spürte. Sollte sich der Kerl wirklich dran halten und seinem Kopf fernbleiben? Omi zweifelte doch sehr stark daran, auch wenn er dafür mehr als dankbar gewesen wäre. Er hatte im Moment Sorgen, die niemand sehen sollte, schon gar kein Schwarz. Vor allem kein Schwarz.

Dafür kreisten seine Gedanken viel zu oft um ein gewisses, weißhaariges Mitglied, des gegnerischen Teams. Ein Umstand, den er sich keineswegs erklären konnte oder wollte, aber die Tatsachen ließen sich nun mal weder leugnen noch schön reden. Er war zwar ein wahres As im Verdrängen seiner Probleme, aber manchem musste auch er sich stellen. Je schneller er diese Situation in den Griff bekam, desto schneller verschwand sie auch wieder, dessen war er sich sicher. Er musste den Dingen nur auf den Grund gehen und Berserker würde wieder aus seiner Gedankenwelt verschwinden, dorthin, woher er gekommen war.

Sicher, er fühlte sich schuldig wegen seiner Schwester und bestimmt war es der Hass auf den Schwarz, der dafür sorgte, dass er ständig das einzelne, goldene Auge, die Narben, die Messer, das irre Lächeln vor sich sah. Aber warum ging ihm dann auch das Gespräch nach der Mission nicht mehr aus dem Kopf? Warum spielte es sich immer und immer wieder vor seinem inneren Auge ab? Warum hatte er das Bedürfnis, dem Irren noch weitere Fragen zu stellen? War es einfach nur Neugierde oder Wissensdurst, jetzt, wo er wusste, worin das Geheimnis des Verrückten lag? Der Grund dafür, dass der junge Mann niemals Rücksicht auf sich selbst nahm, denn klar, wenn man keine Schmerzen spürte, musste man auch nicht vorsichtig sein. Sicher kannte der die Bedeutung des Wortes Angst überhaupt nicht. Andererseits hatte er sie sicher schon oft genug in den Augen seiner Opfer gesehen. Aber war das das Gleiche? Schließlich hatte er auch schon mehr als einmal Schmerz gesehen.

Omi war nahe daran, frustriert aufzustöhnen. Seine Gedanken drehten sich schon wieder wirr im Kreis und seine Schuldgefühle verstärkten sich im gleichen Maß. Er sollte Berserker einfach nur hassen, nicht am Ende noch nach seinen Beweggründen fragen. Der Mann war ein Monster, sonst nichts.

Der Fluss an Informationen in seinem Geist stoppte, als er die Ladentür erreichte. Eigentlich hatte er erwartet, dass Mastermind nun wirklich ging, doch der stand einfach nur da und schaute ihn mit einem so seltsamen Blick an, dass unwillkürlich Misstrauen in Omi aufstieg. Las der etwa doch seine Gedanken, ohne dass er selbst etwas davon bemerkte? Konnte er das denn? Hatte Oracle nicht gesagt, dass der Telepath sich aus ihren Köpfen raushalten würde? Aber was wollte man von so einem schon erwarten, der log doch wie gedruckt. Omis Misstrauen verstärkte sich noch.

Doch da schien sich der Orangehaarige wieder zu fangen. Er nickte dem Blonden noch einmal spöttisch zu und verließ den Blumenladen ohne dass Omi noch einmal etwas sagen musste. Kurz sah der Junge noch der hochgewachsenen, schlanken Gestalt in dem dunkelgrünen Gehrock nach, bevor er den Kopf schüttelte und die Ladentür wieder abschloss. Komischer Vogel, aber wenn er sich über DEN auch noch den Kopf zerbrach, dann wurde er wohl wirklich verrückt. Ein Schwarz am Tag der seine Gedanken einnahm, genügte völlig.
 

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In der Küche breitete sich eisiges Schweigen aus. Aya machte mit mühsam beherrschtem Zorn das Essen fertig, auch wenn der Umstand, dass sein Gemüt am Kochen war nur einem wirklich aufmerksamen Beobachter aufgefallen wäre. Es lag an der Art, wie er sich bewegte, etwas ruckartiger, abgehackter als sonst, jeder Handgriff verlief etwas zu akkurat, als müsse er sich zwingen, seine Finger präzise die Handgriffe ausführen zu lassen, die sie schon hundertmal und mehr gemacht hatten.
 

Ken und Yohji wechselten unsicher-fragende Blicke, doch keiner von beiden traute sich, den Rothaarigen anzusprechen, wenn dieser so kurz vor der Explosion stand. Und das er es tat, daran bestand kein Zweifel, so gut kannten sie ihn dann doch. Also senkten beide nach einer Weile betreten den Blick auf die Tischplatte, schämten sich ein bisschen für ihre Feigheit und warteten auf die Rückkehr ihres Jüngsten.

Erst als der kleine Blonde wieder den Raum betrat, wagten sie es, aufzuatmen und wieder aufzusehen.
 

Ken zwang sich zu einem wackeligen Lächeln und räusperte sich leicht. Das hartnäckige Schweigen zerrte an seinen Nerven. Er hasste die Stille, die sich zwischen ihnen ausbreitete und wieder einmal aufzeigte, wie tief der Graben zwischen ihnen und ihren Anführer war.

„Na, Omi, wie war die Schule?“, erkundigte sich der Fußballer etwas heiser, nur um die unerträgliche Stille zu brechen. Irgendwer musste ja mal was sagen.
 

Omi lächelte zurück. „War wie immer... wir haben mit einer Projektarbeit zum Thema Umweltschutz angefangen, die wir bis nächste Woche paarweise erledigen sollen...“ Der Junge bemühte sich um einen unbeschwerten Ton, doch so ganz wollte ihm das nicht gelingen. Sein Lächeln wurde etwas gequält, als er daran dachte, WER sein Partner war. Seine Augen weiteten sich etwas, denn er konnte Kens nächste Frage praktisch von dessen Gesicht ablesen. Nein, bitte nicht, bittebitte.... er schüttelte hastig den Kopf und versuchte, dem Brünetten ein Zeichen zu machen, möglichst so, dass es Aya nicht auffiel, doch seine Versuche, das Unausweichliche zu verhindern, scheiterten kläglich.
 

„Und wer ist dein Partner?“, fragte Ken neugierig nach. Vielleicht kannte er Omis Partner.... oh oh... Als er das deprimierte Gesicht des Jungen und den ängstlichen Blick, den er ihrem Leader zuwarf, sah, erkannte er, was er wieder angerichtete hatte. Fettnäpfchen, ganz böses Fettnäpfchen.

„Oh...“, machte er leise, als könnte er dadurch sein Ungeschick erklären.
 

Omi nickte leicht. „Ist schon gut, Ken-kun... spätestens übermorgen wäre es sowieso rausgekommen, weil wir nachmittags zusammenarbeiten müssen...“ Er atmete noch einmal tief durch und sah Aya verzeihungsheischend an. „Mein Partner ist Nagi...“, gab er dann leise zu und seine schmalen Schultern sanken etwas herab, als er sich auf ein Donnerwetter gefasst machte.
 

Der zu erwartende Blitzschlag, der ihn in Form eines death-glares hätte treffen sollen, blieb allerdings seltsamerweise aus. Ein Muskel zuckte in Ayas angespanntem Gesicht, seine amethystfarbenen Augen verengten sich etwas, bevor er den Kopf leicht senkte, so dass die roten Haarsträhnen seinen Blick verdeckten. Mehr nicht. Unheimlich. Beängstigend!
 

Vorsichtig wagte es Omi, sich wieder aus seiner zusammengesunkenen Haltung zu erheben. Der Rotschopf war manchmal unberechenbar, wer wusste, ob der nicht nur seine Kräfte für einen Wutausbruch sammelte.

Ratlos wechselte der blonde Junge einen Blick mit seinen Teammitgliedern. Keiner von ihnen wusste mit der Situation wirklich umzugehen. Alles hätten sie erwartet, von einem tobenden Aya, der Omi anschrie, bis hin zum Hausverbot für den kleinen Telekineten – was ihrer Meinung nach die logischste Konsequenz ihres Leaders wäre – aber dieses permanente Schweigen zusammen mit dem sturen Rühren in dem verdammten Kochtopf... das machte sie alle nervös.
 

„Aya-kun...“, murmelte Omi bittend, nur um irgendeine Reaktion zu erhalten. Er fühlte sich so schon schlecht genug, auch wenn er nichts dafür konnte, dass sie die Arbeit mit ihrem Banknachbarn zu erledigen hatten. Aber Ayas Schweigen machte alles nur noch schlimmer. Der Junge konnte nicht einschätzen, ob der Rotschopf einfach versuchte sich mit der Situation abzufinden oder ob es jetzt endgültig einen Riss in ihrer Gemeinschaft gab, den man nicht so einfach wieder kitten konnte.
 

Aya hob kurz den Kopf und atmete tief durch. „Na dann gibt es wenigstens mit der Schule keine Probleme...“, murmelte er eigentlich mehr zu sich selbst, aber laut genug, dass es die anderen noch mitbekamen. Dass die durch diese kryptische Aussage noch mehr verunsichert wurden, kümmerte ihn im Augenblick wenig. Er war immer noch mit dem Problem beschäftigt, wie er seinem Team beibringen sollte, dass sie ab heute abend einen Schwarz unter ihrem Dach beherbergen würden. Zumindest konnte er wohl davon ausgehen, dass Omi es akzeptierte, von Ken erwartete er ähnliches, ihr gutmütigen Fußballer war zu einigen Kompromissen bereit und sah in dem Telekineten wohl keine unmittelbare Bedrohung. Yohji dagegen machte ihm wirklich Sorgen, denn dessen Halsstarrigkeit war manchmal schon sprichwörtlich. Wenn der Playboy Prodigy ablehnte, war da so schnell kein Licht am Horizont zu sehen und Vernunft war nun auch nicht wirklich die Stärke des Blonden.

Vielleicht sollte er den Jungen ja in ein Kleid stecken? Trotz allem musste Aya bei dieser Vorstellung innerlich grinsen. Nein, lieber nicht, sonst klebte er schneller mit gebrochenem Genick an irgendeiner Wand, als er den Vorschlag wieder zurückziehen konnte. Er musste eben sehen, wie er klarkam.

Am meisten beunruhigte ihn allerdings der mangelhafte Zustand seiner eigenen Beherrschung. Noch hatte er sich unter Kontrolle, schaffte es, die Wut und den Hass tief in sich zu verschließen, aber wie lange noch? Aya war weder blind noch dumm und litt auch nicht unter Schizophrenie. Er wusste ganze genau um sein zeitweise sehr impulsives Temperament und wie wenig es manchmal brauchte, um ihn in Rage zu bringen. Geschah das, sah er einfach nur noch rot und egal, was sich ihm in den Weg stellte, wurde eliminiert. Er fürchtete nicht so sehr um seine eigene oder Prodigys Sicherheit, der Kleine konnte sich garantiert mit seinen Kräften besser verteidigen als er selbst mit seinem Katana.

Aber er fürchtete um die Sicherheit seines Teams, denn Crawford würde einen Angriff auf seinen kleinen Goldschatz sicher nicht ungerächt lassen. Und nicht zu vergessen, da war ja auch die Zukunft seiner Schwester, die fast ausschließlich von Ayas Kooperationsbereitschaft abhing. Konnte er es wagen, die Gesundheit und Genesung seiner geliebten Kleinen von ihm selbst abhängig zu machen? Alles stand und fiel mit ihm. Er hatte keine andere Wahl, Alternativen gab es nicht. Nur die eine, dass alles so blieb wie bisher.

Er könnte nicht mehr in den Spiegel schauen, wenn er zuließe, dass der Zustand seiner Schwester nur wegen seiner Abneigungen unverändert blieb, das konnte er ihr nicht antun. Sie hatte etwas besseres verdient, als in einem Krankenhausbett vor sich hin zu vegetieren!
 

Schnell füllte er das Essen in Schüsseln um und stellte alles auf den Tisch, setzte sich dann wortlos. Er ignorierte die fragenden, drängenden Blicke und war nicht das erste Mal froh, dass sein Team so viel Respekt vor ihm hatte. Es gestattete ihm, alles noch ein wenig aufzuschieben und dabei zu hoffen, dass sich die Gemüter wieder etwas beruhigten. Allen voran sein Eigenes. Elender Feigling!

Er musste jetzt die Nerven behalten, er war der Anführer, er trug die Verantwortung für die anderen.
 

Nach einigem Zögern nahmen auch die Anderen ihre Plätze ein und bedienten sich am lecker duftenden Essen. So richtig Appetit hatte ja niemand von ihnen, aber sie wollte Aya auch nicht vor den Kopf stoßen und womöglich noch mehr aufbringen. Der Rotschopf reagierte im Allgemeinen sehr gereizt, wenn man sein Essen verschmähte, ob nun aus Sorge um sie oder wegen der Beleidigung seiner Kochkünste hatte noch nie jemand zu fragen gewagt.
 

Ken versetzte Omi unter dem Tisch einen Schubs, von Yohji folgte ein auffordernder Blick. Der Junge verdrehte leicht die Augen und schüttelte vorsichtig den Kopf. Was dachten die beiden sich denn? Auffälliger ging es ja wohl kaum! Und er war nicht sonderlich Suizid gefährdet. Auch wenn das Katana sauber aufgeräumt im Zimmer des Rothaarigen stand so konnten auch Essstäbchen eine durchaus wirksame Waffe sein.

Das Drängen wurde deutlicher und man sah, dass vor allem Yohji vor Neugier fast platzte.
 

Irgendwann wurde es Aya einfach zu viel. Er hasste Unruhe und Gerangel am Esstisch. „Ihr werdet euch wohl gedulden können. Esst!“ Das war ein klarer Befehl und schon waren zwei blonde und ein dunkler Schopf über die Teller gebeugt und ausschließlich damit beschäftigt, das Essen in ihre Münder zu befördern, zu kauen und zu schlucken.
 

Zufrieden mit dem Ergebnis widmete sich auch der Rothaarige wieder seiner Mahlzeit, auch wenn es nicht gerade viel war, was sich da auf seinem Teller befand. Er aß nun mal nicht gerne, meistens nur das Nötigste. Seit er in Weiß eingegliedert worden war, hatte sich das auf das Drängen seines Teams hin gebessert, aber im Moment brachte er es kaum fertig, etwas hinunterzuwürgen. Sein Magen wollte allein schon bei dem Gedanken daran revoltieren.

Trotzdem zwang er sich, die Fleisch- und Gemüsestückchen nicht einfach nur hin und her zu schieben, sondern sie auch wirklich in seinen Magen zu befördern. Dafür brauchte er allerdings länger als die drei anderen, was bei dem Mengen, die vor allem Ken verdrückte, schon was heißen wollte.
 

Als die Schüsseln schließlich geleert waren, erhob sich Aya, um das Geschirr wegzuräumen, anstatt das, wie sonst, einen der Anderen machen zu lassen. Er brauchte einfach noch ein paar Minuten für sich.

„In zehn Minuten im Missionsraum“, lautete die klare Ansage, damit waren seine Kollegen entlassen und machten auch umgehend, dass sie aus der Küche verschwanden. Wer hielt sich schon gerne in der Nähe eines Vulkans auf?



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Kommentare zu diesem Kapitel (9)

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Von:  Azazel_Il_Teatrino
2007-05-30T10:04:24+00:00 30.05.2007 12:04
uiuiui... jetzt werden sies gleich wissen...^^
ich bin ja mal gespannt... bin mir nicht mehr so sicher ob ich die beiden letzten kapis schon mal gelesen hab, aber da hier kein kommi von mir steht, kriegst du noch mal eins...^^
greets
meiyû
Von:  Mia
2006-12-01T22:54:07+00:00 01.12.2006 23:54
8 von 10
Ich will auch 2 Kapis

Du hast dir grade eine neue Dauerleserin geschaffen.
Die Paarings gefallen mir seltsamerweise obwohl sie recht ausgefallen sind ^^
FarfXmi ist am interessantesten ich hoffe da wird was nettes draus

Freue mich schon wenn es mal weiter geht
Caro
Von:  MissKai
2006-10-02T09:58:29+00:00 02.10.2006 11:58
Deine ff ist echt interessant.
Du bringst so klasse die Gefühle und Gedanken rüber. Schon genial! Es ist teilweise echt amüsant.

Jetzt bin ich aber total gespannt, wie die drei reagieren, wenn Aya die Bombe platzen lässt. War schon ein bissel gemein von dir an dieser Stelle auf zu hören.

Ich hoffe, das Brad möglichst schnell etwas einfällt, um Farfie vor diesem Verrückten zu beschützen. Nagi hat er ja erstmal aus der Schusslinie geschafft. Wenigstens einer der einigermaßen in Sicherheit ist. Hoff ich.

Jetzt wart ich aber gespannt auf's nächste Kapi.

Also bis zum nächsten Kapi.
MissKai
Von: abgemeldet
2006-09-09T17:55:13+00:00 09.09.2006 19:55
Schreib bitte ganz ganz ganz ganz schnell eiter kann es nicht mehr erwarten zu lesen wie Aya die Bombe platzen läst.Ich hoffe Nagie und Farf passiert nicht.
Von:  Karin21
2006-09-09T17:52:12+00:00 09.09.2006 19:52
Die Geschichte wird von mal zu mal Spannender ich hoffe das anderre auch schnell schreiben. Damit es schnell weiter geht. Aber dan 2 Kapis.
Hurra ^^
Von: abgemeldet
2006-07-29T17:58:35+00:00 29.07.2006 19:58
Juhu neues Kapitel^^ Finde diese ganze Vater-Sohn Beziehung zwischen Nagi und Brad wirklich gut beschrieben und vorallem das du Brad nicht zu sehr verweichlichts. Diese Härte ist ihm nun mal zu eigen und alles wäre unpassend. Bin mal gespannt was die anderen Weiß zu Nagis einzug sagen und wie der kleine sich behauptet. Spann uns nicht zu lange auf die Folter *g*
Ganz liebe Grüße
Kayla
Von: abgemeldet
2006-07-29T15:18:27+00:00 29.07.2006 17:18
Schön wieder von dir zu hören. ^^
Das Kapitel war klasse, trotz der Länge hatte ich es flugs durch... Sprich, es war mal wieder ziemlich spannend. ^-^
Nagi und Brad können einem leid tun, was du mit deinen Charas anstellst... *kopschüttel*
Die Spannung bei Weiß hast du gut rübergebracht, ich freu mich schon auf die Reaktionen auf die Nachricht... die du ja fieserweise verschoben hast. *knuffel*

Mata ne,
erdschlange
Von: abgemeldet
2006-07-26T13:29:04+00:00 26.07.2006 15:29
Endlich wieder ein neues Kapitel *jubbel*.
Ich hoffe bei deinem Abi lief alles gut?
Find deine Story so geil. Armer Nagi, gibt ihn Brad doch einfach eine Ohrfeige, aber wenn das die einzige Möglichkeit war, hm, trotzdem irgendwie gemein. Ich hock wie auf heißen Kohlen, ich bin ja so gespannt wenn Aya die Bombe platzen läßt. Mach weiter so, ich hoffe du bekommst die 10 Kommis, will nämlich auch zwei Kapitel *g*. Nur nicht entmutigen lassen, wenn es mal weniger sind, du schreibst spitzenmäßig!!!
Bye Rowan ;)
Von:  Luii-Fau
2006-07-25T23:04:55+00:00 26.07.2006 01:04
1 von 10! ich will das nächste mal 2 Kapis ^^


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