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Murasaki no Maho

Yamato x Ken, Taichi x Yamato
von

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Mind over Matter

Rating: PG-13 Slash

Warning: Shônen-Ai (Yaoi), lime
 

Pairing: Yamato x Ken
 

Disclaimer: Digimon ist Eigentum von TOEI Animation und BANDAI. Diese Fanfiction dient keinerlei kommerziellen Zwecken.
 

Anmerkung: Ich lese mir die Kommentare der FF Autoren zu Beginn der FF nie durch, deswegen will ich auch euch nicht damit belästigen. Diese FF wurde bereits unzählige Male korrigiert und bearbeitet.
 

Ok. vielleicht doch eine kurze Anmerkung. Nach akribischer Rechnung geht das Alter der Charaktere nicht auf. Yamato und Co. wären bereits siebzehn und wahrscheinlich in der dritten Klasse der Oberstufe. Allerdings war diese Anpassung unausweichlich. Ich bitte dies zu entschuldigen.
 

Über Kommentare (lügen wir uns nichts vor) freut sich jeder Fan Fiction Autor, auch meine Wenigkeit. Stehe auch gerne für Fragen oder Diskussionen zur Verfügung, für Beleidigungen jedoch weniger.

Danke, danke.
 

____________________________________________
 

- Murasaki no Maho -
 

Teil 1/3 - Mind over Matter
 

Yamato’s POV
 

Es gibt solche Tage, an denen ich glaube, dass ich wirklich den Mut dazu habe. Ich könnte einfach meine Hände um seinen Hals legen, ihn packen... und er wäre einmal! Alle meine Probleme, die hauptsächlich er mir einbrockte, wären beseitigt und würden mich nie wieder heimsuchen.
 

„Taichi!“
 

Fragend hob er den Kopf und blickte mich mit seinen großen braunen Augen an, anscheinend ahnte er noch nicht einmal annähernd, was er mir mit seiner Schusseligkeit angetan hatte.
 

„Was ist?“, fragte er so unschuldig, dass man es ihm fast abnehmen konnte, ich jedoch wusste es besser.
 

Schließlich war ich; Ishida Yamato, das bemitleidenswerte Wesen, das er in diesen ganzen Schlamassel hinein geritten hatte. Seufzend – er schien noch immer keine Ahnung zu haben wovon ich geredet hatte -, streckte ich ihm die berühmt berüchtigte Liste entgegen, auf der die Namen aller Schüler unseres Jahrgangs verzeichnet waren, zugeordnet war ihnen je ein Projekt. Genauer gesagt, ging es um die Projektwoche für die wir uns letzte Woche einschreiben sollten, um so unsere Arbeitsgemeinschaften zu wählen.
 

Zugegebenermaßen hatte ich ausgerechnet an diesem Tag blau gemacht. Zurückblickend hatte es sich noch nicht einmal gelohnt, besonders nicht, wenn ich mich nun diesem Problem hier zu stellen hatte. Ich hielt meinem besten Freund immer noch das Stück Papier entgegen. Glücklicherweise schien Taichi jedoch endlich zu begreifen, wofür ich ihn gern erdrosselt hätte.
 

„Spanisch?“, fragte ich in einem Ton, der nur so vor freundlicher Ironie strotze. Taichi jedoch hob nur abwehrend die Hände und schlurfte weiter den Gang entlang.
 

„Hey, das war das einzige was noch frei war“, murmelte er und gähnte ausgiebig. Er machte sich eindeutig lustig über mich.
 

„Seh’ ich aus als könnte ich auch nur ein Wort Spanisch?“
 

„Ne, dafür wirst es ja dann lernen.“
 

Er grinste, dieses alberne Grinsen, das man anstatt einer ernst gemeinten Antwort viel zu oft von ihm bekam. Ich wartete noch eine Weile ab. Irgendwie gab ich die Hoffnung, dass vielleicht doch noch eine vernünftige Antwort seinerseits bekam nicht auf. Doch er enttäuschte mich wie so üblich.

Gemeinsam verließen wir das Klassenzimmer und ich fing langsam an mich damit abzufinden, dass ich mich jetzt eine Woche lang mit einer neuen fremden Sprache, die ich nie wieder gebrauchen würde, auseinandersetzen dürfte.

Glücklicherweise oder vielleicht auch unglücklicherweise, hatte Taichi sogar daran gedacht mir den Flyer der Arbeitsgruppe zu besorgen. Misstrauisch besah ich mir den Wisch auf den ich mir keinen Reim zu machen wusste. Ein Großteil des Textes war in seltsam verschnörkelten Buchstaben geschrieben.
 

Mein einwöchiges Schicksal war wirklich nur noch zu bedauern, nicht genug damit, dass die Schulleitung meinen Vater über meine Schwänzerei informieren würde, nein... jetzt durfte ich auch noch ernsthaft für dieses Projekt anfangen zu lernen. Schlechte Noten konnte ich mir in keinem Fach mehr erlauben. Ich hatte ja wenigstens die Hoffnung gehabt, Taichi hätte mich in ein Projekt eingetragen, wo ich mich nicht unbedingt so anstrengen müsste, irgendeines mit Musik oder desgleichen. Das war allerdings schon zu viel Logik für ihn, die war ihm einfach nicht zutrauen.
 

Na ja, mehr als mit einem tiefen Seufzer ließ sich die derzeitige Situation sowieso nicht quittieren. Während wir uns auf den Heimweg machten und Taichi gut gelaunt über sein neues Handy telefonierte, besah ich mir diesen Flyer noch einmal genauer. Ich entdeckte einige deutlich lesbare Romaji auf dem Papier und hoffte für einen Moment, dass es vielleicht nicht schwerer wäre als Englisch.
 

„Sind Daisuke-kun und die anderen heute eigentlich in der Digiwelt?“, fragte er mich, nachdem er sein Telefonat beendet hatte.

„Hm, glaub schon, seit einigen Tagen sind sie öfter dort. Besuchen ihre Digimon.“
 

Er schien sich nicht zufrieden zu geben mit meiner halbherzigen Antwort, besonders nicht, weil mich die Entzifferung dieses Flyers all meine Aufmerksamkeit kostete.
 

„Wollen wir heute vielleicht auch gehen?“
 

„Hm.“ Ich war gar nicht sicher ob er was gesagt hatte, grübelnd hielt ich ihm das Papier unter die Nase.

Sag mal, ist das ein spanischer Buchstabe?“
 

Skeptisch musterte er mich und blickte mich an, als ob er sich fragen würde, ob die Frage ernst gemeint sei. Dabei war sie es, todernst.
 

„Nein, das ist ein B“, sagte er und hob eine Augenbraue.
 

Ich hielt den gelben Zettel etwas von mir weg.

„Aha, ein „B“ also.“
 

Als er mich auslachte, streckte ich ihm nur die Zunge raus.
 

~*~
 

Die Wochenenden verbrachte ich die meiste Zeit mit der Bandprobe, zwischendurch kamen Taichi und Koushirou vorbei, um mich zum Lernen zu motivieren, was aber nahezu aussichtslos war, da ich nach acht Stunden Proben absolut fertig mit der Welt war und nur noch schlafen wollte. Ich glaube ich bin sogar über ein paar der Mathe Aufgaben hinweg eingedöst. Und heute hatte ich es tatsächlich geschafft mich für den ersten Projekttag aufzuraffen. Und ich bereue es noch jetzt.
 

Die Arbeitsgemeinschaft war voll gestopft mit der gesamten Hochintelligenz meines Jahrgangs. Von allen Kurse die es gab, hatte mich Taichi ausgerechnet in diese Spießergemeinde verfrachtet. Ich überlegte ein effektives Mittel, mit dem ich ihn zur Strecke bringen konnte. Mir war wirklich danach ihn einfach umzubringen, noch nie in meinem ganzen Leben hatte ich mich so gelangweilt!
 

Nach sieben langen Schulstunden, saß ich nun endlich wieder zu Hause, konnte genau so wenig Spanisch wie zuvor und musste mich trotzdem mit einer Hausaufgabe auseinandersetzen, von der ich ungefähr soviel Ahnung hatte wie vom Kinder kriegen.

Seufzend legte ich die Arbeitsblätter zur Seite und ließ den Oberkörper auf den Schreibtisch sinken. Vor meinen Augen pappte der Flyer für das Nachwuchsband-Special in Harajuku auf das wir uns schon seit Monaten vorbereiteten. In zwei Wochen war es soweit und ehrlich gesagt hatte ich grade aus diesem Grund, besseres zu tun als meine Zeit mit Schule und vor allem solchen Dingen wie „Projektwoche“, zu verschwenden. Es ging ja schließlich um meine Karriere, zweifellos.
 

Ich glaubte meinen Vater heimkommen zu hören. Ungewöhnlich, dass er so früh von der Arbeit zurückkehrte, besonders heute. Mich packte die notorische Faulheit und ich sagte mir, dass er sich die Pizza in der Tiefkühltruhe auch selbst warm machen konnte. Eigentlich war noch Miso-Suppe und Curry von gestern übrig, aber da ich seit Tagen den Reiskocher nicht gespült hatte, würde auch das sich erledigen. Ohnehin würde ich gleich wieder zu hören bekommen, dass die Wohnung aussah wie nach einem Bombenanschlag, ich schon seit Monaten meine Pflichten vernachlässigte und wie launisch ich geworden war. Mittlerweile machten solche Gespräche unsere gesamte Kommunikation aus. Wir verstanden uns einfach nicht mehr so gut wie noch vor ein paar Jahren. Wahrscheinlich waren wir beide einfach nur älter geworden. Insbesondere ich.
 

Kurz entschlossen schnappte ich mir das Jackett meiner Schuluniform und stürmte aus meinem Zimmer. Ich belächelte kurz das gewohnte Chaos, um es schon im nächsten Moment zu ignorieren. Wie hatte ich es vor Takeru nochmal betitelt? Ah ja! Männerhaushalt! Aber damit hatte ich nicht gelogen, hier wohnten nun mal ein pubertierender 16-jähriger und sein Vater.
 

Als ich mir grade ein Weg durch die am Boden liegenden Klamotten bahnte, stellte sich mir plötzlich ein Blondschopf in den Weg. Ich sah auf und erblickte meinen kleinen Bruder kurz vor meiner Nase. Erschrocken fuhr ich zusammen. Also war er es, den ich hier rumwuseln hab hören und nicht unseren Vater. Wie kam er überhaupt an die Schlüssel? Oder hatte ich mal wieder vergessen die Tür zu schließen und sie nur angelehnt?
 

„Ah, Nii-san!“, begrüßte er mich, seine Lippen umspielte ein triumphierendes Grinsen, das verriet, wie sehr er sich darüber freute seinen großen Bruder erschrocken zu haben.
 

„Ich krieg noch nen’ Herzinfarkt!“, murmelte ich und atmete aus.
 

Takeru lächelte und schritt an mir vorbei um sich – so vermutete ich -, den Bombeneinschlag anzusehen, den ich liebenswerter Weise als Wohnung bezeichnete.
 

„Gott, wann wurde hier das letzte Mal aufgeräumt?“, stöhnte er und schüttelte nahezu fassungslos den Kopf, zugegebenermaßen sah es heute besonders schrecklich aus.
 

Ich schüttelte nur lachend den Kopf und führte ihn in die Küche, um ihn an den Tisch zu setzen.

„Vor der französischen Revolution und jetzt sag mir was du hier machst.“
 

Er zuckte nur die Schultern und lächelte, dieses gar kindliche Lächeln das er immer noch besaß und um das ich ihn so sehr beneidetete. Damit müsste er im Stande sein, alles zu bekommen was er nur wollte.
 

„Ich dachte, ich besuche dich einfach mal. Hatte grade Zeit und war hier in der Nähe.“
 

„Wart ihr heute nicht in der Digiwelt?“
 

„Hmm.“
 

Takeru nickte nur und setzte sich schließlich, schob eine der dreckigen Teller beiseite und sah sich weiterhin von seinem Platz aus in der Wohnung um.
 

„Aber nicht lang“, sagte er nach einer kurzen Pause und blickte mir wieder in die Augen. Derweil war ich damit beschäftigt wenigstens etwas Ordnung zu schaffen und räumte die alten Zeitungen vom Tisch. Zugegeben interessierte mich eigentlich gar nicht wirklich, was mein kleiner Bruder zu sagen hatte. In Gedanken war ich immer noch bei diesem Musik Festival, das für unsere Band so wichtig war. Vielleicht würden wir dann endlich mehr Auftritte bekommen. In den letzten Monaten hatten wir so gut wie gar keine.
 

Hinter mir zuckte Takeru die Schultern und seufzte, stützte das Kinn in der Handfläche und starrte an die Wand.
 

„Wir waren ja dort, aber irgendwie hat Ichijouji-kun es fertig gebracht, sich von uns zu entfernen, bis er plötzlich verschwunden war und wir ihn über eine Stunde gesucht haben. Zum Glück hat er uns noch gemailt, dass er einen Ausgang gefunden hat und durch diesen heim ist.“
 

In jedem anderen Augenblick hätte ich meinem jüngeren Bruder gerne zugehört aber heute schien mir die mögliche Bandprobe – sollte ich noch alle anderen zusammen getrommelt bekommen -, wie eine Flucht vor einer wahnsinnig nervigen Pflicht. Und diese Pflicht hieß unter anderem: Spanisch! Was ich natürlich nur diesem Idioten von Taichi zu verdanken hatte, was mich wiederum daran erinnerte, ihn bei der nächst besten Gelegenheit irgendwo aufzuhängen.
 

Ich druckste ein wenig herum, als Takeru nur langsam mit seinem Fallbericht hervor rückte.
 

„... Daisuke-kun wollte eigentlich noch weiter durch die Prärie pirschen, aber letztendlich hatte keiner mehr Lust dazu.“
 

„Und wo genau ist dann bitte das Problem?“ Ich zuckte vor meiner eigenen Stimme zusammen, sie hatte wirklich genervt geklungen. Takerus große fragende Augen bestätigten mir, dass ich wirklich wie in unheimlicher Eile klang.
 

„Sag mal stör’ ich dich grade?“
 

Ich seufzte und gab es auf, rechtzeitig bis heute Abend um sechs, die gesamte Band zusammenzutrommeln und setzte mich stattdessen zu meinem kleinen Bruder, der mich früher mal so gebraucht hatte, heute aber alles ganz gut allein hinbekam.

Vieles hatte sich seit früher geändert, sowohl nach unseren Sieg über den Digimon Kaizer sowie auch den über Marlomyotismon. Alltagsleben war eingekehrt und wir alle führten eigentlich, bis auf ein paar kleine Besuche in der Digiwelt, ein ganz normales Leben. Und es war so viel geschehen, wir alle wurden älter, veränderten uns, wandten uns Neuem zu. Der Wechsel in die Mittelschule für mich damals, den jetzt auch Takeru hinter sich hatte, die ganzen anderen Geschehnisse hier und in der Digiwelt. Das alles war an uns vorüber gezogen, hatte ihre Spuren hinterlassen und uns geprägt.
 

Früher hatte ich immer Takeru, den es zu beschützen galt, heute glaube ich, lebe ich nur noch wirklich für mich, versuche alles zu meiner Zufriedenheit zu erledigen. Schule, Band, Freunde. Das ganz normale Leben eines Teenagers nun mal. Und dass ich sogar die Aufnahmeprüfungen für die Oberschule geschafft hatte, frönte mich noch immer voller Stolz.

Taichi, Jyou-san, Sora, Koushirou und ich gingen tatsächlich auf dieselbe Oberschule. Ich weiß noch wie sehr wir uns angestrengt hatten und wie oft wir mit Jyou-san zusammen Abend um Abend gelernt hatten. Noch etwas über ein Jahr und die Oberschulzeit war auch vorbei. Und dann würden sich unsere Wege endgültig trennen.
 

Ich glaube mein Blick verriet wie sehr mir jedes Mal die Veränderungen zu schaffen machten sobald ich über sie nachdachte. Takeru legte den Kopf schief und schien mich fast besorgt zu betrachten. Ich hatte die Teller in meiner Hand in die Spüle sinken lassen und starrte einfach geradeaus.

Langsam drehte ich mich zu ihm um und besah mir meinen jüngeren Bruder, ich musste lächeln. Eigentlich war es doch egal, ich konnte Takeru wohl schlecht davon abhalten erwachsen zu werden oder? Besonders da er es ja noch lange nicht war. Vierzehn. Auch ich war einmal so alt. Wie lange ist das nun her, 30 Jahre? So kam es mir jedenfalls vor.
 

Sachte legte ich ihm die Hand auf die Schulter, als ich um den Tisch herum zu ihm ging. Ich bin ein schlechter Zuhörer und wohlmöglich ein ebenso schlechter Erzähler. Der Kleine schien mir meine Stimmung anzumerken, schaute mich fragend an, bevor er wieder lächelte.
 

„Was hast du noch vor, Nii-san?“
 

Ich holte tief Luft und streckte mich, vom vielen Sitzen vor meinen Spanisch Aufgaben, hatte ich mir wahrscheinlich sämtliche Wirbel verrenkt.
 

„Nix, ich befürchte nur mein ganzes Leben zieht an mir vorüber und ich kann gar nichts dagegen tun.“
 

Das traf es so ziemlich auf den Punkt. Bedauerlich seufzend sank ich auf dem Stuhl zusammen. Takeru erhob sich jedoch und zwinkerte mir zu. Verdutzt blickte ich ihn an. Was war denn jetzt los?
 

„Dann will ich dich nicht länger stören Bruderherz, jetzt da Ichijouji-kun zu Hause ist und Daisuke beim Fußball, lohnt das eh...“
 

„Nani - was?“, fragte ich und merkte wie es in meinem Kopf zu rattern begann.
 

Ich fiel aus allen Wolken, als ich endlich merkte wie blöd ich die ganze Zeit über gewesen war. Warum war mir diese Möglichkeit nicht schon viel früher eingefallen? Skeptisch sah mich Takeru an.
 

„Ich sagte, dass ich...“
 

Aber ich wusste was er gesagt hatte. Ich hetzte schnurstracks in mein Zimmer zurück und riss mir die paar Unterlagen samt des Spanisch Flyers vom Tisch. Als ich wieder zurück in die Küche stürmte, stand der Kleine immer noch genau so verdutzt da wie zuvor. Ich wusste, dass er eine Erklärung verlangte also ließ ich ihn nicht länger ahnungslos, sondern bemühte mich ihm zu erläutern was für ein Genie ich doch war!
 

„Ichijouji-kun!“, sagte ich ihm ins Gesicht, während ich mir das blaue Jackett unserer Schule überzog, das ich vorhin noch so achtlos über den Stuhl geworfen hatte.
 

„Hah?“ Mein kleiner Bruder schien noch immer nicht zu verstehen.
 

„Na, Ichijouji kann doch spanisch!“
 

„Kann er das?“ Verwirrt blinzelte er.
 

Ich hätte mich zu gerne noch länger über den Gesichtsausdruck meines kleinen Bruders belustigt, aber dafür war viel zu wenig Zeit.
 

„Ja, ich war doch damals mit ihm in Mexiko und da hat er... ach ist ja auch egal!“
 

Flüchtig drückte ich dem verdutzten Jungen eine Instant-Packung Ramen in die Hände und sprintete raus aus der Wohnung.
 

„Machs dir bequem, Otou-san kommt auch gleich und heute Abend bin ich wieder da!“
 

Noch bevor er ein Wort erwidern konnte war ich bereits draußen. Warum war ich nicht schon vorher darauf gekommen? Wie konnte man nur so vergesslich sein? Zwei Jahre waren erst vergangen, da war ich mit Ken doch in Mexiko um die verirrten Digimon dort einzusammeln. Das kleine Wormmon hatte ihn schließlich angehimmelt dafür, dass der Junge die Sprache beherrschte! Gut! Dann kann er mir ja diesen dummen Flyer und das andere Zeug übersetzen und ich hätte ein Problem weniger!

Na ja, die Probe für die Band heute noch kurzfristig zu organisieren, würde ich wohl nicht mehr schaffen, aber immerhin hätte ich den Kopf dann frei für andere Dinge. Auf was für Genialitäten ich doch manchmal kam…
 

~*~
 

Mein Bruder und Daisuke-kun hatten mir irgendwann einmal erzählt, wo Ichijouji-kun wohnte.

Tamachi in der Südstadt.
 

Damals waren wir ebenfalls hier. Ich hatte eine fünfzehn Minuten Fahrt mit der Bahn hinter mir und inzwischen dämmerte es bereits. Ichijouji war der einzige von uns, der nicht in Odaiba wohnte. Abgesehen von der Entfernung, besuchte er auch eine ganz andere Schule wie Daisuke und die anderen. Es war diese Privatschule in Tamachi, diese deren Grundschule, Mittelschule und die Oberschule zusammen gelegt war. Ein riesiger Komplex, den ich bislang nur auf Broschüren zu Gesicht bekommen hatte. Die Aufnahmeprüfung auf diese Oberschule hätte ich mit Sicherheit auch in fünf Leben nicht bestanden. Doch wessen Eltern die Möglichkeit besaßen ihr Kind auf diese Schule zu schicken und wer im Stande war seinen Notenpegel auf höchsten Niveau zu halten, dem stand dort eine zwar harte aber chancenreiche Ausbildung bevor.
 

Außer Atem kam ich endlich vor dem Wohnhaus an. Ich hatte mich zuvor vollkommen verirrt und war durch die ganze Sucherei ins Schwitzen geraten. Es wäre gar keine so schlechte Idee gewesen, die Einladung zum Fußballtraining von Taichi anzunehmen. Ich hatte wirklich eine grauselige Kondition. Hätte ich doch nur gestern schon daran gedacht oder hätte ich Taichi noch vor Einschreiben der Projekte gekillt.
 

Ich suchte die Klingeln nach den paar Schriftzeichen ab und betätigte sie schließlich. Ich wartete. Nichts tat sich. Auch mein nächster Versuch erwies sich als vergeblich.

Verdammt! Was sollte das? Da hatte ich einmal einen genialen Einfall und dann das!

Erschöpft von der ganzen Rennerei, fuhr ich mir durch das inzwischen wirre Haar und blickte grübelnd an dem Gebäude hoch. Ich war schon kurz davor zu gehen, als sich die Tür neben mir plötzlich öffnete. Eine Frau kam aus dem Eingang heraus und ich nutzte die Chance um hinein zu schlüpfen. Vielleicht war ja nur die Klingel kaputt oder sie wurde überhört, irgendwas, es war mir so oder so völlig gleichgültig. Eilig lief ich die Treppe hinauf und schimpfte mich nach den ersten Stockwerken einen Volltrottel. Die letzten zwei Stockwerke fuhr ich mit dem Aufzug und klingelte an der Wohnungstür.
 

Das konnte einfach nicht wahr sein! Demotiviert ließ ich den Kopf hängen. Ichijouji musste doch zu Hause sein, Takeru hatte doch gesagt, dass er vorzeitig gegangen war! Auch jetzt war ich wieder kurz davor das Weite zu suchen, bis ich bemerkte, dass die Wohnungstür nicht geschlossen war. Sie war um einen Spaltbreit geöffnet und lockte so jeden einzutreten. Zaghaft klopfte ich und lauschte ob eine Antwort kam. Keiner öffnete mir, trat an die Tür. Eine ganze Weile stand ich da, bis es mir dann doch zu dumm wurde und ich schließlich eintrat.
 

„Sumimasen, Ichijouji-san?”
 

Keine Antwort.

Ich schritt durch den Flur und fühlte mich ein wenig unwohl dabei so unhöflich zu sein und einfach in die Wohnung zu schleichen. Daher versuchte ich es erneut.
 

„Ichijôji-san? Ken-kun?“
 

Immer noch nichts. Ich hatte nun ein flaues Gefühl im Magen, das sich immer mehr verstärkte, umso weiter ich die Wohnung betrat.
 

Ich rief noch ein paar Mal, während ich im Flur stehen blieb und einen Blick ins Wohnzimmer warf, dann zog ich mir die Schuhe aus.
 

Mein Rufen allerdings, blieb bisweilen unbeantwortet. Tja, vielleicht hatten sie einfach nur vergessen abzuschließen, das wird es wohl gewesen sein, ich sollte die Tür beim rausgehen trotzdem schließen, nicht, dass irgendeiner einfach ungefragt reinkam… so wie ich
 

Enttäuscht wollte ich mich nun endgültig auf den Rückweg machen, bis ich dann doch ein Geräusch vernahm. Das war doch... Ich lauschte weiter, im ersten Moment blieb es immer noch still doch dann hörte ich es wieder. Ich konnte es mir selbst nicht beschreiben. Zuerst war ich nicht sicher, doch ich hörte jemanden schluchzen. Das glaubte ich zumindest.
 

„Hallo?“
 

Endlich bestätigte sich mein Verdacht, denn wieder erklang dieses Schluchzen, das schließlich von irgendwo herrühren musste. Ich steuerte auf die Tür vor mir zu, auch sie war einen Spalt weit geöffnet. Keine Ahnung was mich da geführt oder getrieben hatte die Tür aufzustoßen, aber wahrscheinlich war es nur Neugier. Was ich jedoch kurz darauf hinter jener erblickte, sollte mir ewig im Gedächtnis bleiben.
 

Ich hatte ein Jugendzimmer betreten, so sollte es scheinen, und doch entdeckte ich hier kaum Anzeichen dafür, dass ein Junge in meines Bruders Alter hier wohnte. Der Raum schien mir eher wie ein Arbeitszimmer, das den Ernst eines Erwachsenen übermittelte, nur das kindliche Hochbett gab Anzeichen für einen Jugendlichen. Auf den ersten Blick machte ich keine persönlichen Gegenstände aus, bis auf ein paar Schulbücher.

Alles war so akribisch geordnet, dass ich Motivation empfand meine Bruchbude aus Scham niederzubrennen. Herrgott, wenn ich da nur an unsere Wohnung zurückdachte; mit all dem Chaos darin, war dieses hier fast steril. Hier hing kein einziges Poster, kein Bild. Meines dagegen war regelrecht tapeziert mit Postern von diversen J-Rock Bands.
 

Trotz diesem fast traurigen Erscheinungsbild, war meine Aufmerksamkeit gar nicht dem Zimmer gewidmet, sondern einem kleinen Knäuel von Mensch, was da vor dem Fenster hockte.
 

Ich schüttelte unsicher den Kopf, wollte nicht begreifen was ich da sah. Ichijouji-kun saß zusammengekauert auf dem Boden, ganz nah an die gläsernen Türen des Balkons gedrückt. Er hatte die Beine dicht an den Körper gezogen und verbarg das Gesicht in den Knien. Unsicher trat ich näher. In meiner Hand knisterten die Arbeitsblätter des Spanisch Projekts. Das Geräusch weckte mich aus meiner Starre, zum Glück. Denn nun sah ich endlich zu Boden und ich spürte wie sich meine Augen weiteten, als mein Hirn registrierte, was ich dort sah.
 

Ich dachte an einen dunkelroten Wollfaden, der sich quer durchs Zimmer erstreckte, aber das war es nicht. Ein Rinnsal Blut breitete sich auf dem Teppich aus, führte von meinen Füßen hinweg zu jenem menschlichen Knäuel.
 

Ich erschrak und wich automatisch einen Schritt zurück, was jedoch nichts daran änderte, dass schon Blut an meinen Socken klebte und ich es so auf dem Teppich verschmierte. Schockiert blickte ich auf und somit in seine Richtung. Nein, ich hatte mich eben nicht verhört, jemand hatte wirklich geweint. Und er tat es immer noch. Ich fühlte mich wie erstarrt und absolut unfähig mich zu bewegen. Ich schluckte und ließ die Papiere aus meiner Hand auf den Boden segeln, wie in Trance kniete ich mich vor den Jungen, konnte meinen Blick nicht von ihm losreißen.
 

Aber ich tat überhaupt nichts. Ich saß einfach nur da und starrte ihn an. Sein kinnlanges dunkles Haar hatte sich komplett um sein Gesicht gelegt und verhüllten jeden Zentimeter so, dass ich beim besten Willen sein Gesicht nicht hätte erkennen können.
 

Eigentlich wusste ich noch nicht einmal, ob er mich überhaupt bemerkt hatte. Bislang hatte er nicht einmal aufgeschaut. Ich zweifelte sogar daran, dass er wusste, dass ich es war, der hier vor ihm kniete. Wie zur Hölle verhielt man sich denn am besten in solch einer Situation?
 

Wir saßen nun wohl schon eine ganze Weile dort. Er ohne, dass er auch nur den Kopf hob und ich ohne auch nur ein Wort zu sagen. Irgendwann fiel mir schlagartig wieder das Blut am Boden ein, mittlerweile kniete ich in darin. Mein Blick wanderte Kens Körper entlang und schließlich bemerkte ich, dass sich an seinem Arm eine ganze Pfütze an Blut gebildet hatte. Weinte er deswegen, fragte ich mich und legte den Kopf schief. Ehrlich gesagt war ich ratlos. Aber da Ken keine Hand an die Wunde legte, sie völlig ignorierte, wurde mir klar, dass er nicht deswegen so fertig war.
 

Zugegeben, ich wusste nicht sehr viel über ihn, diese ganze Sache von früher hatte mehr die jüngeren von uns Digirittern beansprucht. Also was sollte ich dann hier? In diesem Moment hätte ich alles dafür gegeben, dass nicht ich, sondern Daisuke hier stände. Sein bester Freund konnte ihm bestimmt besser helfen wie ich, denn ich saß ja nur blöd rum und unternahm nichts, schwieg noch immer. Aber alleine lassen konnte ich ihn auch nicht. Ich hatte mich in den letzten Jahren wohl wirklich zu einem ignoranten Angeber entwickelt, jedenfalls hatte Sora-san das einmal erwähnt, aber ein absolutes Arschloch ohne Mitgefühl war ich nicht, noch nicht.
 

Ihn alleine zu lassen, das erschien mir in diesem Moment viel zu grausam. Es musste eine andere Lösung geben und so überwand ich schließlich mein Schweigen und sprach ihn an.
 

„Ichijouji-kun?“
 

Ich bemühte mich meiner Stimme einen ruhigen Ton zu verleihen, ich wollte ihn nicht erschrecken, da ich immer noch nicht wusste, ob er mich überhaupt bemerkt hatte. Doch es folgte keine Reaktion. Sachte streckte ich meine Hand nach ihm aus, um sie ihm auf die Schulter zu legen. Vorsichtig rüttelte ich ihn. Er fühlte sich ganz kalt und irgendwie steif an.
 

„Was ist denn los?“

Er schien sich nicht erschrocken zu haben, denn endlich hob er den Kopf etwas, das Haar glitt ihm übers Gesicht, blieb jedoch an den nassen Wangen kleben. Er hatte mehr geweint, als ich gedacht hatte. Ich schluckte und rückte etwas nach vorn, um ihm in die Augen zu sehen, jedoch blieben sie immer noch unter schwarzem Haar verborgen. Er wirkte wie ein Mädchen auf mich mit dieser Frisur und nicht grade wie ein hässliches Mädchen.
 

„Lass mich... bitte, Ishida-Sempai.“
 

Sempai! Also so höflich brauchte er nun auch wieder nicht sein, obwohl es mir schmeichelte, was ich in diesem Augenblick noch nicht verstand, aber der Vorname hätte schon gereicht. Trotzdem atmete ich auf, er hatte mich also doch bemerkt, sogar an der Stimme erkannt, womit ich eigentlich nicht wirklich gerechnet hatte.
 

„Du blutest ja, was ist denn passiert?“
 

Wieder verstrichen endlose Sekunden ohne, dass er mir antwortete, er saß einfach nur da, zitterte immer noch. Ich machte mir keine Hoffnungen, dass er mir sagen würde, was geschehen war denn, was für eine Beziehung hatte er schon zu mir? Scheiße, Daisuke du verdammter Trottel warum zur Hölle konntest du ihn nicht finden?
 

„Ich bin abgedriftet von den anderen...“, begann er plötzlich und starrte abwesend auf seine Füße.
 

Seine Stimme klang ganz krank, irgendwie heiser. Ich spürte tiefstes Mitleid in mir hochsteigen, obwohl ich dieses Gefühl hasste, es war immer besser einem Problem eine Lösung darzubieten, als die Situation einfach nur zu bedauern, aber hierzu fiel mir beim besten Willen keine ein. Ich musste einfach nur zuhören.
 

„... ein paar Digimon haben...“, sprach er weiter.
 

In genau diesem Moment erstarb seine Stimme, mit einem leisen Schluchzen fuhr er sich durch das Haar, er blinzelte um die Tränen zurückzuhalten, mittlerweile waren sie ihm sichtlich unangenehm und er zitterte immer noch. Ich Depp saß nur still daneben, konnte mich gar nicht rühren, fühlte mich in diesem Moment so unglaublich unwichtig.
 

Als er sich allmählich soweit beruhigt hatte, dass er weiter sprechen konnte, hob er wieder den Kopf und sah mich zum ersten Mal an. Mich traf fast der Schlag, ich wusste nicht warum, warum ich mich vor diesem Blick so erschrak. Seine Augen waren hell und durchdringend, sie bildeten einen unheimlichen Kontrast zu seinem pechschwarzen Haar. Keine Ahnung warum, vielleicht lediglich aus Neugier, wollte ich diese Augen auf einmal ohne die Tränen darin sehen, ohne all das Leid, das ich erst jetzt darin erkannte.
 

Ganz langsam erzählte er mir, was vorgefallen war.
 

„... sie haben mich angegriffen...“
 

Seine Stimme war nur ein Flüstern, den Blick hielt er wieder gesenkt so, als schäme er sich mir in die Augen zu blicken.
 

„... weil sie mich erkannt haben, weil sie wussten wer ich einmal gewesen bin.“
 

Mehr brauchte er gar nicht sagen. Daher also die Wunde an seinem Arm. Ich beschloss mir das wenigstens anzusehen und streckte meine Hände nach seinem Arm aus.
 

Zögernd sah er mich an und ich fragte mich wieder einmal, was ich hier eigentlich tat, was ich überhaupt vorhatte. Jyou-san wäre jetzt genau richtig gewesen, der mit seinem Tick für Medizin! Ja, jeder andere schien jetzt so geeignet hierfür, nur ich nicht.
 

Vorsichtig strich ich den Ärmel seines Hemdes weg, er zuckte kurz unter meiner Berührung. Die Wunde war nicht tief, blutete jedoch immer noch. Er schluckte und schüttelte den Kopf.
 

„Ist schon gut. Das ist nicht schlimm.“

Er griff nach meiner Hand und wollte sie wegziehen.
 

Verlegen - ich weiß bis heute nicht warum -, blickte ich ihn an und lächelte. Er erwiderte es und unter diesem so dunklen langen Haar wirkte er wieder wie ein Mädchen, wie ein selten hübsches Mädchen, das ich mir unter anderen Umständen sofort gekrallt hätte. Jedoch war dieses Mädchen hier ein Junge.
 

Man hätte eindeutige Schlüsse ziehen können und mich für immer und ewig als Homo hätte abstempeln, wenn man mich dort gesehen hätte, wie ich vor diesem Jungen kniete, er mein Handgelenk umfasste, und gesehen hätte, wie ich ihn anstarrte. Man hätte wer weiß was von mir denken können. Aber ich dachte an gar nichts. Wirklich! Ich redete mir lediglich ein, dass ich einem bildhübschen Mädchen in die hellen Augen starrte, ein Mädchen kein Junge! Yamato was für Wahnvorstellungen du hast, du kleiner bemitleidenswerter Idiot.
 

Er zog mich an sich oder warf sich mir in die Arme, ich weiß es nicht mehr. Irgendwann spürte ich nur seinen gesamten Körper an dem meinen. Einen zitternden, zierlichen, schwachen Körper. Er fühlte sich fast zerbrechlich an, ich glaube genau deswegen hatte ich auch Angst ihm meine Arme um den Rücken zu legen.
 

Diese Situation war völlig fremd für mich. Besonders da dieser Junge in meinen Armen fürchterlich weinte und ich selbst keinen Rat wusste, um ihm zu helfen. Die ganze Situation erschien mir seltsam. Wann tröstet man als Junge schon mal einen anderen Jungen, der weinte wie ein Mädchen?
 

Aber letztendlich musste ich hier sitzen bleiben, weil ich es mir selbst zur Pflicht machte. In den vergangenen Jahren war ich wirklich zu einem dieser klicheehaften Oberschüler herangewachsen, die wussten wie gut sie aussagen und in der Pause mit seinen Mitschülerinnen flirtete und den Kragen seiner Uniform offen trug. Nun jedoch saß ich hier, hielt diesen furchtbar zierlichen Jungen im Arm und strich ihm beruhigend über den Rücken. Mein Blick war ratlos geradeaus gerichtet.
 

Eine Weile kam es mir so vor, als wäre es Takeru, den ich dort hielt, jemanden den ich beschützen konnte. Das schien mir einen Augenblick lang soviel zu geben, schien eine kleine Lücke, die sich in meinem Leben gebildet hatte, aufzufüllen, mir eine Aufgabe zu geben. Ich spürte förmlich, dass dieser Moment irgendwas in mir veränderte, auch wenn es nur etwas ganz kleines, fast unscheinbares war.
 

Ich verließ erst gegen Abend die Wohnung der Ichijouji. Er hatte sich irgendwann von mir gelöst, mir entschuldigend in die Augen geblickt und sich über das nasse Gesicht gewischt.
 

„Tut mir leid, ich weiß nicht..., ich...“, stammelte er.
 

Ich versuchte ein beruhigendes Lächeln.
 

„Das macht doch nichts. Braucht dir nicht leid zu tun.“
 

Wir saßen uns still gegenüber, meine Hände, die ihm bis eben noch über den Rücken gestrichen hatten, ruhten auf meinen Knien.
 

„Weswegen bist du überhaupt hierher gekommen?“

Seine Worte waren freundlich, wenn auch ohne ein Lächeln. Ich dagegen grinste unsicher und griff mir mit der Hand in den Nacken. Das hatte ich ja schon fast vergessen!
 

„Nun, eigentlich deswegen.“

Verlegen hielt ich ihm den Flyer und diese blöden Spanisch Unterlagen entgegen. Sie erschienen mir im Moment so unwichtig, fast schon albern.
 

Er schniefte nur und nahm mir neugierig das Zeug aus der Hand. Für einen Augenblick erinnerte er mich an Koushirou, der sich ebenfalls so wissbegierig allem und jedem widmete. Kens Blick war zwar immer noch tränenverhangen, jedoch auch ganz anders als eben. Seine Augen fuhren die Zeilen ab, fast mühelos bewegten sich seine Lippen, schienen jedes einzelne Wort zu verstehen.
 

„Das ist spanisch“, sagte er schließlich.
 

„Ja“, antwortete ich unsicher und wollte ihm die Blätter aus der Hand nehmen, aber er behielt sie.
 

Er tippte mit dem Finger auf die erste Aufgabe, die ich auch ohne ihn hätte entziffern können, wenn ich im Unterricht mitgeschrieben hätte, und übersetzte sie mir ohne den Blick abzuwenden.
 

„Du sollst deinen Namen, deine Schule und die Klasse angeben, auf spanisch natürlich.“

Er hielt mir eines der Blätter unter die Nase und tippte wieder auf ein paar Worte.
 

„Da stehen die Verben, da die Nomen und auf der Rückseite die japanische Erklärung zur Grammatik. Du brauchst nur alles zusammenzusetzen. Das ist ganz leicht.“
 

„Aha.“, machte ich nur. Ich Dussel brachte es nur zu einem „Aha“!

Er musste mich für vollkommen bescheuert halten, ich hätte es auch getan.
 

Ich half ihm auf die Beine, nachdem er fertig mit Erklären war, ich bin mir bis heute nicht sicher warum ich es eigentlich tat. Unser Abschied war kurz, als ich ging. Ich dankte ihm und er dankte mir, aufmunternd versuchte ich ein Lächeln und wollte mich grade zum Gehen umwenden, als mir doch noch etwas einfiel. Verwundert blickte ich ihn an.
 

„Wo sind denn deine Eltern?“
 

„Die sind im Urlaub. Seit Mittwoch schon.“
 

Wieder einmal brachte ich es lediglich zu einem „Aha“ bevor ich dann endgültig ging.
 

~*~
 

Dieser ganze verdammte Tag brachte mich letztendlich sehr lange zum nachdenken, obwohl ich eigentlich nicht genau wusste, warum eigentlich. Die ganze Zeit ging mir Ichijouji Ken einfach nicht mehr aus dem Sinn. Wie er da saß, so völlig zusammen gekauert, wie er gezittert hatte und vor allem dieses Gefühl, wie sein warmer Körper an meinem gelehnt hatte, ich meine Arme um seinen Rücken geschlungen hatte. Mitten im Gehen blieb ich stehen und betrachtete wie ein Blöder den Boden zu meinen Füßen, hinter mir klingelte wütend ein Fahrradfahrer, von dem ich beinahe platt gemacht worden wäre. Mein verdammtes Mitleid stieg abermals in mir hoch und vermittelte mir das Bild dieses Jungen. Wäre er ein Mädchen gewesen, ich hätte diese Situation sofort ausgenutzt und sie geküsst.
 

~*~
 

Müde und hoffnungslos was die Proben für die Band anging, stieß ich die Tür zu unserer Wohnung auf und erblickte meinen Bruder und meinen Vater am Küchentisch. Ich murmelte irgendwas zur Begrüßung und trabte lustlos in mein Zimmer. Wie ein Toter ließ ich mich aufs Bett fallen. Immer noch meinen Gedanken nachhängend, streifte ich dann das Jackett ab und feuerte die Unterlagen in die nächst beste Ecke. Ich bemerkte Takeru kaum, als der sich plötzlich neben mir aufs Bett setzte. Ich legte mich lediglich wieder hin und vergrub den Kopf im Kissen.
 

„Nii-san?“
 

„Hm?“
 

„Hast du was?“
 

Ich drehte mich auf den Rücken, um ihn anzusehen.
 

„Du Otôto, du bist doch oft mit Ken-kun zusammen oder?“
 

Schon im nächsten Augenblick hätte ich mich gerne für diese Frage erschossen, was redete ich denn da? Falls es noch immer nicht in deinen Kopf geht Yamato, das ist ein Junge! J-U-N-G-E!!!
 

Takeru sah mich verwundert an und hob die Brauen.

„Wieso willst du das denn wissen?“
 

„Nur so“, log ich, obwohl ich die Wahrheit auch nicht besser wusste.
 

„Nun ja, nicht so oft wie Daisuke, die hängen ständig zusammen rum.“
 

Er sah mich an, um zu überprüfen, ob ich ihm zuhörte. Ich nickte.
 

„Ken-kun hat Daisuke ziemlich geholfen wegen der Aufnahmeprüfungen, da hat man die beiden nur zusammen gesehen. Eigentlich unternehmen wir kaum noch alle etwas zusammen. Aber warum fragst du denn? War irgendwas?“
 

„Ich habe mich verliebt.“

Wie blöde grinste ich ihn an, wenn er doch nur mit seiner dämlichen Fragerei aufhören würde, ich wusste doch selbst nicht warum ich ihm diese Frage gestellt hatte.
 

Takeru sah mich verwirrt aufgrund des Themenwechsels an.

„In Ken-kun oder was?“
 

Sein Gesichtsausdruck verriet Entsetzen und sah so komisch aus, dass ich laut loslachte bevor ich ihn mit einem dreckigen Grinsen ansah.
 

„Nein nein, in Hikari-chan, sie ist wirklich hübsch geworden.“
 

Beleidigt verpasste er mir einen Schlag auf die Schulter und errötete.
 

„Du Blödmann!“
 

„Ich weiß, ich weiß!“, sagte ich und wälzte mich lachend auf dem Bett.
 

„Kommst du noch essen?“, fragte er mich, nachdem er aufgestanden war, jedoch immer noch beleidigt aussah.
 

„Wer hat gekocht?“
 

„Papa.“
 

„Dann nicht“, antwortete ich, grinste aber wieder. Lächelnd betrachtete ich ihn eine Weile. Die grüne Uniform meiner ehemaligen Schule stand ihm wirklich perfekt. Irgendwie viel besser als sie mir je gestanden hatte.
 

„Ne, ne ich komm gleich.“
 

„Gut.“
 

Seufzend zog ich mir das Kissen übers Gesicht und atmete hinein. Ich brauchte dringend eine feste Freundin! Jetzt richtete ich meine Augen schon auf Jungs, die wie Mädchen aussahen und machte mir Gedanken um sie. Das ging wirklich zu weit. Nachdenklich ging ich schließlich in die Küche, um zu Abend zu essen.
 

~*~
 

„Hat dich irgendwas am Kopf getroffen oder was?“
 

Taichi saß hinter mir auf dem Küchentisch und verdrückte ungefähr das fünfte oder sechste Onigiri, die wir nach der Schule im Conbini gekauft hatten. Ich wünschte ihm echt, dass er daran erstickte. Ich war immer noch sauer.
 

„Wie war das jetzt?“

Mit klebrigen Fingern legte ich das Sushinori auf die kleine Bambusmatte und bemühte mich es nicht brutal zu zerpflücken.
 

„Yamato?“
 

„Ja, verdammt?!“
 

Momentan nervte er mich einfach nur, es kostete mich all meine Konzentration dieses verfluchte Sushi nicht zu ruinieren und das gestaltete sich weitaus schwieriger, als gedacht.
 

„Was machst du da?“
 

„Einen Plan für den Weltfrieden! Nach was sieht das wohl aus?“, fuhr ich ihn an, was ich dann allerdings doch bereute, da er letztendlich auch nichts dafür konnte, wenn ich mich zu blöd anstellte.
 

Taichi hatte sich mittlerweile von seinem Platz erhoben und sich hinter mich gestellt, sein warmer Atem spie mir in den Nacken und verpasste mir eine Gänsehaut. Ich zuckte zusammen und drehte mich zu ihm um, sah ihm direkt ins grinsende Gesicht.
 

„Was willst du, Taichi?“

Er machte mich nervös!
 

„Was wird das?“

Er sah nicht sonderlich überzeugt von meinem Kunstwerk aus. Schmunzelnd betrachtete er meine in Form gebrachte Sushirolle, die ich noch in Scheiben schneiden musste, auf halben Weg war mir zwar der Lachs ausgegangen, aber als so schlimm empfand ich das eigentlich nicht.
 

„Nach was sieht’s denn aus?“, gab ich patzig zurück, sein Blick regte mich tierisch auf. Was mich anging, war ich nämlich immer recht zufrieden mit meinen Kochkünsten gewesen.
 

„Na ja,...“ begann er und betrachtete weiterhin abschätzend das traditionelle Essen.
 

„Sieht aus wie ein Klumpen Seetang.“
 

„Na Dankeschön, “ murmelte ich.
 

Taichi der Idiot lachte nur und grinste vor sich hin.
 

„Ich glaub der Reis war schon zu kalt“, bemerkte ich und pickte ein paar der Reiskörner vom Holzlöffel. Immer noch hörte ich Taichi hinter mir lachen.
 

„Was?!“, fuhr ich wieder an, langsam reichte es wirklich!
 

„Sag mal für wen ist das denn?“
 

Warum ich auf seine Frage hin verlegen wurde und mir sogar die Hitze in die Wangen stieg, wusste ich nicht. Ich schnappte mir ein Messer und begann die Rolle in dicke Scheiben zuschneiden.
 

„Für meinen Vater heute Abend, was denn sonst?“, behauptete ich steif und fest.
 

Taichi glaubte mir nicht, warum bloß nicht? Konnte man mir so gut ansehen, dass ich log?
 

„Für Sora-san?“, fragte er grinsend.
 

„Quatsch!“
 

„Aha, für Jun-san!“
 

„Erst Recht nicht!“
 

Er lachte nur wieder, glücklicherweise hörte er danach endlich auf mir Fragen zu stellen. Sorgfältig packte ich die ganze Katastrophe in eine Pappschachtel und verpackte es als Bento. Zumindest sollte es ein Bento darstellen, obwohl es eher aussah wie ein verbeulter Schuhkarton. Zu meiner Verwunderung bemerkte ich Taichi im Laufe des restlichen Nachmittags fast gar nicht. Normalerweise hielt mich dieser Junge immer bis in die späten Abendstunden auf Trab. Also wenn das schon kein Zeichen war, dann wusste ich es auch nicht.
 

~*~
 

Ungefähr drei Stunden nach meinen Kochversuchen, stand ich wieder im Tamachi Viertel, besser gesagt stand ich mittlerweile schon vor der Haustüre der Ichijouji. Ich hätte auch keine Antwort geben können warum ich das tat. Vielleicht machte ich mir diesem Zeitpunkt tatsächlich nur Sorgen, wollte mich erkundigen wie es ihm ging. Unsinnigerweise erinnerte ich mich an ein Ereignis, das vorgefallen war, als ich so ungefähr fünf Jahre alt war. In den Büschen vor unserem damaligen Haus, als unsere Eltern noch nicht geschieden waren, hatte ich damals ein kleines Vogeljungen gefunden. Ich weiß noch, wie meine Mutter mich ausgeschimpft hat, weil ich mir die Klamotten ruiniert hatte bei der Aktion, das Junge wieder ins Nest seiner Mutter zu befördern. Tagtäglich hatte ich nachgesehen wie es dem Vögelchen ging, ich fühlte mich verantwortlich für das Kleine, weil ich es war, der in diese Situation eingegriffen und geholfen hatte.
 

Trortzdem schien es mir albern, dass ich mein derzeitiges Vorhaben mit diesem Erlebnis aus meiner Kindheit verglich. Ich schüttelte kräftig den Kopf um diesen Gedanken zu vertreiben. Ich stand mittlerweile vor Kens Haustüre und wartete darauf, dass man mir nach meinem Klingeln öffnete, binnen von Sekunden stand er vor mir und zeigte einen überraschten Gesichtsausdruck.
 

„Hi!“, sagte ich unsicher und legte den Kopf schief.
 

„Hallo.“

Er klang in der Tat verwundert und auch sein Blick verriet es.
 

Nachdem er sich aus seiner Verwunderung über meinen Besuch erholt hatte, bat er mich hinein. Ich zog schnell meine Schuhe aus und folgte ihm ins Wohnzimmer, wo er mir anbot mich zu setzen, aber ich blieb stehen und nestelte stattdessen an meinem Mantel herum.
 

„Was führt dich denn hierher, Sempai?“
 

Ich betrachtete ihn eine Weile, er machte einen ganz anderen Eindruck, als gestern, er wirkte ruhig, nicht sorglos sondern einfach nur gelassen.
 

„Ano...“

Zögerlich streckte ich ihm das Bento entgegen was ich mitgebracht hatte. Ein unbekanntes flaues Gefühl breitete sich in meiner Magengegend aus, irgendwie war es mir peinlich. Was hatte ich mir dabei nur gedacht?
 

„Ich dachte mir so..., verteidigte ich mich.

„… na ja, weil deine Eltern doch im Urlaub sind und...“
 

Schwer schluckte ich. Was war denn mit mir los? Normalerweise war ich überhaupt nicht so wortkarg wie jetzt, im Gegenteil sogar, mir fiel es oft leicht die richtigen Worte zu finden, ganz besonders einem Mädchen gegenüber. Prompt versetzte ich mir eine mentale Ohrfeige. Yamato hör’ auf zu spinnen, das ist ein Junge, immer noch!
 

Ken lächelte nur und nahm mir das Bento schließlich aus den Händen, um es auf den Tisch zu stellen. Ich stand wie versteinert da. Hatte Ken meine abgedrifteten Gedanken bemerkt? Irgendwie nervös fuhr ich mir mit der Hand durchs Haar und sah mich hektisch im Zimmer um, versuchte irgendwie einen Ausweg aus dieser Situation zu finden. Ich war tatsächlich verlegen, weil er gelächelt hatte.
 

„Möchtest du was trinken?“
 

Ich nickte. „Gerne.“
 

Yamato, du musst dich setzen, sagte ich mir, als Ken in der Küche verschwand. Ich ließ mich auf die Couch gleiten und gönnte mir einen Moment Ruhe, ich brauchte sie wirklich. Mein Herzschlag schien mir ungewöhnlich schnell, aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein. Seufzend zog ich meinen Mantel aus und lehnte mich wieder zurück. Aus der Küche konnte ich hören, wie er darin herumwuselte. Da es mir ohnehin schwer fiel ruhig sitzen zu bleiben, stand ich auf und folgte ihm.
 

Mir war mittlerweile bewusst, dass ich dem Jungen regelrecht auflauerte, ihn mit meinen Blicken verfolgte, aber egal was ich tat... Mir ging dieses Lächeln nicht mehr aus dem Kopf. Ich wollte testen ob ich ihn noch einmal dazu bringen konnte es mir zu schenken. An den Türrahmen zur Küche angelehnt, beobachtete ich ihn.
 

„Wie geht’s deinem Arm?“ fragte ich und wunderte mich, dass er sich nicht erschrocken hatte, weil ich plötzlich dort stand. Normalerweise hätte ich mich so angestellt, wenn es darum ging ein interessantes Mädchen rumzukriegen. Da konnte ich mich wirklich drum bemühen, nicht so wie in der Schule. Wie ich auf die ganzen kreischenden Weiber bei den Auftritten mit der Band wirkte, wusste ich bereits. Jedoch hatte ich keine Ahnung wie ich auf Jungs wirken könnte, auf Ken wirkte. Zeit es einmal auszuprobieren, beschloss ich schließlich, scheiß auf diese ganze Mädchen-Junge Sache, ist mir doch egal!
 

Ich glaube damals war das noch mehr ein Spaß als glatter Ernst. Es war nur eine alberne Aktion meinerseits, die nichts zu bedeuten hatte.
 

Fragend drehte sich Ken zu mir um und sah mir genau in die Augen, was mir das dämliche Grinsen in meinem Gesicht schlagartig wegwischte.
 

„Danke, gut.“
 

Er bedachte mich mit einem Blick, den ich nicht zu deuten vermochte. Ein Blick, der irgendwo zwischen Skepsis und Unsicherheit lag. Nach schier endlosen Minuten, setzten wir uns schließlich ins Wohnzimmer, er mir gegenüber auf dem Boden vor dem niedrigen Tisch kniend. Ich glaube ich verbrachte die meiste Zeit damit ihn einfach nur anzustarren. Mein Blick ließ sich einfach nicht von ihm losreißen, sein Anblick hielt mich auf unerklärliche Weise förmlich gefangen. Inzwischen wehrte ich mich nicht mehr dagegen ihn beobachten zu wollen, im Gegenteil. Mittlerweile fand ich sogar Gefallen daran, seine Art sowie sein Aussehen hatten mich zugegeben schon fasziniert, seit ich am Vortag in die Wohnung geplatzt war. Er stellte eine neue Herausforderung für mich dar, er war zu meinem Pokal geworden. Jetzt würde sich herausstellen wie toll ich wirklich war. Yamato der Herzensbrecher, der gut aussehende Nachwuchssänger auf den Jungs wie Mädchen standen. Gutaussehende respektable Jungs verstand sich natürlich!
 

Mit einem flauen, aber ehrgeizigen Gefühl in der Magengegend, krabbelte ich um den Tisch herum und setzte mich dicht neben ihn. Verwundert sah er mich an, schreckte aber nicht zurück. Mit einer fürwahr arroganten Geste, strich ich mir eine Haarsträhne hinters Ohr und zupfte danach an der Verpackung meines Bento, das ich mitgebracht hatte.
 

„Weißt du, du musst das unbedingt testen Ken-kun“, sagte ich und löste das Band um es ganz auszupacken.

„Ich glaub nämlich ich hab es aus Versehen vergiftet.“
 

Er grinste leicht über meinen Witz, zeigte jedoch keinerlei Reaktion auf meinen halben Annäherungsversuch, selbst nicht, als ich die Schachtel auf meinen Schoß zog und die Folie löste.
 

„Sieht aber trotzdem lecker aus. Danke Sempai.“
 

Daraufhin verließ mich jeder gesunde Menschenverstand, nicht, dass ich damals schon über diesen verfügte, aber ab diesem Moment an ritt mich der Teufel. Ich wurde übermütig, war selbstherrlich, absolut von mir überzeugt, als ich meinen Arm um ihn legte.
 

„Hey, „Yamato“ ist schon in Ordnung.“
 

Er lächelte wieder und nickte zustimmend. Ehe ich mich versah hatte Ken die Holzstäbchen aus der Packung gezogen und nahm ein Sashimi ins Visier, das meiner Meinung nach nicht wirklich gelungen war. Grinsend riss ich ihm die Stäbchen aus der Hand und schnappte mir stattdessen ein mit Lachs belegtes Sushi.
 

„Das hier musst du probieren, damit hab ich mir viel mehr Mühe mit gegeben.“
 

Er wollte mir die Stäbchen aus der Hand nehmen, doch ich zog sie wieder zurück und hielt ihm das Sushi genau vor seinen Mund. Schnell stellte ich die Schachtel wieder zurück auf den Tisch. Etwas verwundert blickte er mich mit großen Augen an. In diesem Augenblick fühlte ich mich selbst fast wie verzaubert von diesen ungewöhnlich hellen Augen. Es war eigentlich fast unmöglich, dass ein „Junge“ so hübsch sein konnte.
 

Von seinem Blick nahezu gefangen, stupste ich mit meinen Stäbchen gegen seine schmalen Lippen. Er wirkte kaum so überrascht wie ich es vermutet hätte, sah mich lediglich genau so verwundert wie zuvor an, sagte aber kein Wort.

Kurz bevor ich überlegte ihn einfach mit dem Sushi zu füttern, beugte ich mich schließlich vor. Ja, ich hatte genau das vor, wonach es aussah und ich gab dabei den Anblick des Verführers ab, ich hatte es wirklich vor. Ernsthaft. Er erinnerte mich wirklich an das hilflose Vögelchen von damals, in meiner Gegenwart war er mir absolut ausgeliefert. Ich hätte alles mit ihm machen können, was ich nur wollte, doch in diesem Moment wollte ich nur eines. Einmal nur ihn spüren.
 

Inzwischen war ich ihm so nah gekommen, dass ich seinen Atem an meinem Hals spürte. In genau diesem Augenblick, verführt von dem Anblick seiner unschuldigen Lippen, verflog der letzte Gedanke daran, dass ich einem Jungen schöne Augen machte. Alles schien unwichtig, als ich meine Augen schloss und noch ein Stück näher rückte. Ja, alles schien fürwahr unglaublich bedeutungslos, als ich seine weichen Lippen schließlich auf den meinen spürte. Mir war, als klopfte mein Herz stärker, deutlicher, es tat fast schon weh. Doch diesen Schmerz ertränkte ich in wunderbar süßen Lippen die auf meinem Mund lagen, ihm jedes Wort raubend das ich wohl eh nicht gesprochen hätte.
 

Achtlos warf ich die Stäbchen blind auf den Tisch, meine Augen weigerten sich sich zu öffnen. Vorsichtig griff ich nach seinem Kopf, fühlte sein feines Haar, wie es durch meine Finger wie Sand rieselte. Ich begann damit zu spielen, während meine Lippen die seinen leicht auseinander zu drücken begannen. Als er sie öffnete, war das die erste Reaktion, die ich auf meinen Kuss bekam. Im Laufe der Zeit hatte ich so viele Mädchen geküsst, dass ich mich damit brüstete zu sagen, ob es ihr erster war. Ebenso erging es mir bei ihm. Er wirkte so unerfahren, unschuldig und ein wenig überrascht und doch wehrte er sich nicht, stieß mich nicht von sich, sondern ließ einfach zu was grade geschah. Ein kleiner Seufzer entwich ihm, was ich als Aufforderung nahm weiter zu machen. Endlich erwiderte er meinen Kuss, zwar etwas ungeschickt, aber ich glaube in diesem Moment gab es keinen glücklicheren Menschen als mich. Ken schmeckte gut, schmeckte so süß, dass ich mehr davon wollte, noch mehr.
 

Meine Hand die immer noch seinen Hinterkopf festhielt, übte einen leichten Druck auf seinen Nacken aus, der ihm deuten sollte näher zu mir zu kommen. Er tat es. Wenn auch zögerlich, rückte er mir entgegen. Voller Ungeduld zog ich den schlanken, fast mageren Körper an mich und presste seine Wärme gegen meine Brust. Mit meiner anderen Hand wurde ich mutiger und strich ihm über den Oberschenkel, während ich von seinen Lippen abließ nur um noch einmal nach ihnen zu haschen. Ich wollte diesen Geschmack auf keinen Fall verlieren. Ich strich höher mit meiner Hand, streichelte über seine Kleidung, seine Hüften und den Oberkörper während meine Lippen noch immer seinen gehörten.
 

Ich musste mich zu Tode erschrocken haben, als ich seine Hände ebenfalls an meinem Rücken spürte, denn ich erinnere mich, dass sich unsere Lippen kurz voneinander lösten, ehe sie sich wieder fanden. Seine Hände machten mich fast wahnsinnig, jagten eine unglaubliche Hitze in meinen gesamten Körper und stachelten mich dazu an mehr zu wollen. Durch seine Berührungen wurde ich immer gieriger. Sein zierlicher Körper fühlte sich zerbrechlich unter meinen Händen an, er war so schlank, seine Hüften unheimlich schmal.
 

Verzweifelt versuchte ich einen Weg unter sein Hemd zu finden, strich mit meinen Fingern über die Grenzen seines Gürtels, versuchte den Stoff seines Hemdes aus seiner Hose zu ziehen. Ich wollte ihn so gerne berühren, wollte seine wunderschöne und fast weiße Haut erkunden, sie küssen, ich wollte ihn stöhnen hören, am liebsten meinen Namen. Ich malte mir deutlich aus wie er unter mir liegen würde, die Lider gesenkt, seine fahlen schwarzen Wimpern Schatten auf seine schimmernd weiße Haut werfend. Völlig nackt, nur mein Körper den seinen bedeckend. Seine Haare würden ein Teil seines Gesichtes bedecken, an seinen feuchten Lippen kleben, die ich immer wieder küssen würde, während ich mich langsam über ihn bewegte.
 

Er holte mich aus meinen Fantasien zurück, indem er meine Hände ein wenig von sich drückte, anscheinend ging ihm das ein wenig zu schnell. Ich wunderte mich nicht, aber schämen tat ich mich auch nicht. Sachte drückte er meine Hände schließlich ganz zurück und entfernte sich etwas. Zaghaft lächelte er und senkte verlegen den Kopf, seine Wangen verrieten Röte, auch wenn sie von seinem Haar verborgen blieben. Ausdruckslos sah er mich an, ich wagte es nicht auch nur ein Wort zu sprechen bis er dann plötzlich doch noch das Wort an mich wandte.
 

„Danke.“
 

Verwirrt blickte ich ihn an, unfähig zu begreifen was er meinte, schon wieder war er es, der mich aus meinem Sumpf von Unwissenheit rettete. Er lächelte wieder, aber nicht dieses kleine bestimmte Lächeln das auf mich so verführerisch gewirkt hatte, vom dem ich mich hinreißen hatte lassen. Es war eher ein zufriedenes Lächeln, aber leider nicht das, was ich wollte.
 

„Dafür, dass du gestern da warst.“, erklärte er schließlich.

Noch bevor ich etwas darauf erwidern konnte, nahm er mich in den Arm. Ich stockte, wollte grade etwas sagen, schluckte meine Worte jedoch hinunter und legte zögernd meine Hände auf seinen Rücken.
 

Es dauerte leider nicht allzu lange und wir standen uns schon an der Wohnungstüre gegenüber, um uns zu verabschieden. Ich hatte morgen Schule und außerdem wäre mein Vater gar nicht davon begeistert gewesen mich zum wiederholten Male spät in der Nacht heimkehren zu sehen. Fasziniert blickte ich ihn ein letztes Mal an, bevor sich die Tür schloss. Mir war, als würde ich ein violett-graues Farbenspiel in seinen Augen erkennen, sie schimmerten hell von einem untrüglichen blau und doch hatten sie etwas mystisches was ich mit der Farbe Lila verband. Es blieb mir ein Rätsel welche Farbe seine Augen wirklich hatten.
 

Ich war schon im Begriff zu gehen, da riss er plötzlich die Türe auf.

„Kommst du morgen wieder?“, fragte er und biss sich unsicher auf die Unterlippe.
 

Hätte er auch nur ein Wort gesagt, ich hätte meinen Vater in den Wind geschossen und wäre die ganze Nacht bei ihm geblieben, hätte ihn geküsst, ihn gestreichelt, ihn überall berührt. Jedoch brachte ich es nur zu einem dummen Nicken. Als er den Kopf neigte und mit ein paar Schritten bei mir war, um mir auf einmal einen Kuss auf die Wange zu hauchen, dachte ich mein Herz würde sofort aus meiner Brust springen, ich empfand ein bittersüßes Gefühl dabei, als er die Türe endgültig hinter sich schloss. Er ließ mich völlig verdattert stehen. Ich hob meine zitternde Hand und berührte die Stelle, die er geküsst hatte. Verdammt, er trieb mich wirklich in den absoluten Wahnsinn, meine Hormone, es mussten einfach die Hormone sein um das es sich da handelte, spielten vollkommen verrückt. Wie auf Wolken schwebte ich letztendlich nach Hause.
 

~*~
 

„Yamato? Huhu? Jemand zu Hause?“
 

Es war Freitagnachmittag, in knapp zwei Stunden hätten wir auch diesen Tag rumgekriegt und das Wochenende würde uns erwarten, noch hatte ich nichts vor, vielleicht würden wir einfach in Shinjuku abhängen, ein paar der Ältere hatten mich schon darauf angesprochen. Entspannt lehnte ich mich auf der Bank im Schulhof zurück und genoss die warmen Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht, der Herbst hatte uns bis jetzt nur wenig davon geschenkt und deswegen empfand ich es als besonders ärgerlich, dass Taichi sich genau vor mich stellte und mit der Hand vor dem Gesicht herum wedelte.
 

„Ich bin da, ich bin da! Was gibt’s denn?“
 

Genervt öffnete ich die Augen und blickte ihn missbilligend an. Nur für ein paar Minuten am Tag wollte ich gerne alleine sein!
 

„Kommst du nach der Schule mit zum Karaoke? Sora-san und Koushirô kommen auch. Wir geben eine Liebeskummerparty für Miyako-chan.“
 

Ich seufzte, das konnte doch wirklich nicht deren Ernst sein.
 

„Auf so etwas albernes kann ich verzichten“, gab ich zur Antwort und nahm einen Schluck aus meiner Getränkedose, die sich Taichi sofort klaute, als er sich neben mich setzte.
 

„Dann betrachte es einfach als belangloses Zusammensitzen, wir haben lang nichts mehr unternommen.“
 

„Ne, ich will heute noch zur Bandprobe, nächstes Wochenende ist das blöde Festival und darauf müssen wir vorbereitet sein.“
 

Die Antwort war halb gelogen, denn eigentlich hatte ich nicht vor zur Probe zu gehen. Im Moment war mir selbst dieser scheiß Auftritt absolut egal.
 

„Sag mal hast du irgendwas?“ fragte Taichi und stellte die Dose mit einem Knall zurück auf die Bank.
 

Ich hob beschwichtigend die Hände und schnappte mir meine Schultasche, die ich anschließend lässig über die Schulter schwang. Ich hatte einfach genug.
 

„Nein, nein was sollte ich denn schon haben? Lass mich einfach in Ruhe, ich gehe!“
 

„Du hast noch Spanisch!“, protestierte er und sah mir entsetzt hinterher, als ich den Kampf gegen die Pausenaufsicht aufnahm und auf das Schultor zuging. Absolut entnervt verdrehte ich die Augen und wand mich zu ihm um, schnitt eine Grimasse.
 

„Das ist mir doch scheißegal!“
 

Taichi schmunzelte.

„Du Rebell.“
 

Ich grinste und ließ ihn dann einfach sitzen, spazierte einfach vom Schulhof und schwänzte somit die letzten beiden Schulstunden. Auf den Ärger, der mir deswegen bevorstand, war ich mehr oder weniger gewappnet, es war schlicht, wie so vieles mittlerweile, total egal. Die Tatsache, dass mir meine Lehrer und mein Vater die Hölle heiß machen würden, nahm ich gelassen hin, mein ganzes Leben konnte sich ja wohl nicht nur um die Schule drehen!
 

~*~
 

Da ich sowieso an nichts anderes dachte, als an „ihn“, wunderte es mich nicht, dass ich sofort die nächste U-Bahn nach Tamachi nahm. Ich war einfach in die Unterführung spaziert, ohne ein Vorhaben und war eingestiegen, erst in der Bahn wurde mir klar, dass ich zu „ihm“ wollte. Mittlerweile müsste er Schulschluss haben, hoffte ich jedenfalls.
 

Wieder einmal überfiel mich dieses Unbehagen, als ich vor seiner Tür stand, die Haustüre war nur angelehnt so, dass ich einfach durchs Treppenhaus spazieren konnte. Jetzt stand ich auf der Terrasse zur Wohnung und wagte mich nicht die Klingel zu betätigen. Der vergangene Abend bei Ken ging mir noch immer nicht aus dem Kopf. Wäre er doch bloß ein Mädchen, ich hätte mich in null Zurückhaltung üben müssen, wahrscheinlich hätte ich noch am selben Abend mit ihr geschlafen und mich nicht abwimmeln lassen, so einfach wäre ich nicht gegangen, dafür hatte ich mich in den letzten Jahren einfach zu sehr verändert.
 

„Komm doch rein.“
 

Er hatte sich noch immer nicht umgezogen, trug wie ich immer noch seine Schuluniform. Ich nickte dankend und zog mir die Schuhe aus, stellte meine Tasche im Flur ab. Die Gedanken, die mir durch den Kopf gingen, ließen meine Bewegungen schwer werden, ich fühlte mich kraftlos, weil ich so verwirrt war, hin und her gerissen zwischen Vernunft und Verlangen, als ich ihn mir so ansah. Er war genau so alt wie mein kleiner Bruder.
 

Er bot mir wieder was zu trinken an und ich nickte geistesabwesend, inzwischen hatte ich mich ins Wohnzimmer gesetzt, unschlüssig was ich hier eigentlich wollte. Im Grunde genommen wollte ich nur eins. Aber mein zurückgekehrter Verstand schollt mich das es falsch war. Aber ich wollte… ich wollte ihn so sehr. Als ich meine Augen schloss, schaltete ich meine innere Stimme komplett aus. Mein Körper hatte über meinen Geist gesiegt, so schien es mir.
 

„Nein, bleib“, hauchte ich, als er grade in die Küche gehen wollte.

Ken hob den Kopf, sah mich mit seinen unbeschreiblichen Augen an, die mir schier den Atem nahmen. Noch ehe ich mich versah, zog ich ihn an mich, schlag meine Arme um seine Hüften und versuchte eine Reaktion in seinen hellen Augen zu finden. Doch diese blickten mich nur völlig ausdruckslos an, sie waren so ahnungslos, schauten so unschuldig drein. Langsam hob ich meine Hand und legte sie ihm an die Wange, ließ meine Fingerspitzen über die Erhebungen seiner Wangenknochen gleiten. Wieder einmal war ich fasziniert, hingerissen von seinem Aussehen, das mich vergessen ließ, dass er ein Junge war.
 

Der Druck in meiner Lunge wurde unerträglich, ich hatte den Atem gespannt angehalten doch er rührte sich nicht, zeigte keinerlei Reaktion, sondern starrte mich nur mit leichter Verwirrung an, bis er die Augen schloss. In einem Seufzer atmete ich aus, bevor ich mich zu ihm hinunterbeugte und meine Lippen auf die seinen legte. Er wehrte sich nicht, erwiderte meinen Kuss aber auch nicht, sachte legte ich ihm die Hand auf die Schulter und neckte seine Lippen, bis er den Mund etwas öffnete, ich mit der Zunge über seine Lippen leckte und mir endlich meinen Kuss holte, aus dem immer mehr wurden.
 

Seine Hände krallten sich leicht in die Jacke meiner Uniform, aber er zog mich nicht an sich, drückte sich nicht gegen mich, sein ganzer Körper stand still. Stattdessen zog ich ihn enger an mich und strich ihm durch das Haar, setzte zu einem erneuten Kuss an und glitt mit einer Hand seinen Körper entlang, an seinen Seiten vorbei bis hin zu seiner Hüfte. Ich fühlte den rauen Stoff seiner Kleidung, die ich in diesem Moment als so störend empfand, die mir lästig war. Vielleicht war ich in dem Moment auch recht dumm, denn meine Hände schienen mir wie ferngesteuert, während ich den Jungen in meinen Armen immer noch küsste.
 

Einige Sekunden gönnte ich ihm noch um sich zu wehren, um sich mir zu entziehen, doch er tat es nicht und ehrlich gesagt hätte ich ihn jetzt auch nicht mehr gehen lassen. Nach seiner Chance drehte ich ihn plötzlich um so, dass er mir den Rücken kehrte und ich meine Arme um seinen Bauch schlingen konnte. Verträumt spielte ich mit meinem Gesicht in seinen Haaren, ließ meine Finger über seinen Bauch wandern, bis er sie irgendwann festhielt und mit seinen langen Fingern über die Innenflächen meiner Hände strich, den Kopf schief legte.
 

Sein Hals lag jetzt so frei, so einladend und unglaublich betörend. Um nicht wieder zur Vernunft zu kommen, vergrub ich schnell meine Lippen an seinem Hals, leckte mit meiner Zunge über seinen Nacken und sog den Duft seiner Haut ein. Entschlossen entriss ich ihm meine Hände und ließ sie über seine Hüften gleiten, ließ sie wieder nach oben wandern und öffnete schließlich die Knöpfe seines Hemdes, jedes Stückchen Haut das ich enthüllte würde ich gleich mit meinen Lippen berühren, davon war ich überzeugt.
 

Langsam strich ich ihm das Hemd von der Schulter, half ihm sich aus den Ärmeln zu befreien, bis es raschelnd zu Boden glitt. Nun fuhr ich mit meinen Händen über seine Brust, streichelte über die Ebenen seiner leichten Muskeln. Er fühlte sich unglaublich weich an, seine Haut so glatt und völlig unberührt. Meine Hände schienen mir so fern, völlig unlenkbar, wie von selbst wanderten sie seinen gesamten Oberkörper entlang, begannen ihn überall zu streicheln. Wir standen immer noch am selben Fleck, rührten uns nicht von diesem. Sachte beugte ich mich ein Stück weiter zu ihm hinab. Zu diesem Zeitpunkt wollte ich ihn bereits so sehr, dass ich es kaum noch aushielt, ich konnte mir selbst nicht beschreiben wie sehr ich ihn begehrte. Mein eigenes Selbst schrie nach ihm, wollte ihn spüren, ihn sich nehmen. Ich wollte ihn ganz, seinen ganzen Körper.
 

Ich tat einen entscheidenden Schritt und öffnete ihm die Hose, mit den Händen fuhr ich über seine Taille, die Hüften und ließ den Stoff so seine Beine entlang rutschen. Ein wenig ungeschickt, weswegen ich lächeln musste, stieg er heraus und stolperte einen Schritt zurück. Grinsend drehte ich ihn wieder zu mir herum und zog ihn in meine Arme damit ich ihn wieder küssen konnte, dann drängte ich ihn zu dem Sofa hinter uns, packte ihn an den Schultern und drückte ihn herunter bis er sich mit dem Rücken auf nach hinten sinken ließ. Endlich konnte ich mich über ihn beugen, mich halb auf ihn legen, fast sowie in meinen Fantasien, ich war nahe dran diese Wirklichkeit werden zu lassen.
 

Er hatte den Kopf auf die Seite gelegt, so dass ich seinen Hals küssen konnte, meine Lippen wanderten über sein Schlüsselbein während ich mir mit einer Hand das Hemd öffnete. Bislang hatten immer die Mädchen, mit denen ich im Bett war, das übernommen, obwohl es leider Gottes übertrieben wäre zu sagen, dass dies bisher schon besonders viele waren. Immerhin war ich sechzehn, ich hatte noch Jahrelang Zeit dafür mit besonders hübschen Mädels ins Bett zu steigen. Dies hier würde eine Ausnahme bleiben, davon war ich überzeugt.
 

Ich hatte mich von meiner Uniformjacke entledigt und mir das Hemd aufgeknöpft, vollführt hatte ich das ganze alles mit einer Hand, meine andere hatte ich auf Kens Schulter gelegt, meine Lippen küssten noch immer die seinen. Mir war schrecklich warm geworden und ich wollte mich grade ganz meines Hemdes entledigen, als er mir die Hand gegen die Brust stemmte und mir in die Augen sah. Ich lächelte beruhigend und ergriff seine Hand, führte sie an die Lippen und küsste seine zarten Finger, seinen Handrücken und das Handgelenk. Vorsichtig setzte ich mich auf, strich mit der anderen Hand leicht unter den Bund seiner Shorts, streichelte die leicht hervorstehenden Hüftknochen und zog ihm das letzte Stück Soff so weit es ging hinunter.
 

Ich hob mein Becken etwas an und wollte mir grade die eigene Hose öffnen, als ich seine Stimme hörte.
 

„Yamato..., nicht.“
 

Seine Worte klangen leise und ein wenig heiser und doch bemerkte ich, dass er mich das erste Mal so genannt hatte. Langsam lüftete sich der dichte Nebel der mir meinen Verstand verhüllt hatte und machte mir, wieder einmal, klar was ich hier tat. Aber ich wollte ihn in diesem Moment so gerne spüren, wollte ihn unbedingt haben so wie ein Kind ein Spielzeug will, welches es im Schaufenster gesehen hatte. Jetzt war er mein Spielzeug. Ich hätte wirklich alles mit ihm machen können was ich nur wollte, hätte meine Stärke ihm gegenüber ausnutzen können. Er war mir absolut hilflos ausgeliefert. Vor meinem geistigen Auge hab ich wirklich das gesehen was ich sehen wollte. Mich mit ihm. Er bei mir. Wie groß war die Versuchung ihn jetzt einfach zu nehmen, einfach mit ihm zu schlafen und ihm seine Unschuld zu rauben? Viel zu groß.
 

Nein, das war falsch, alles was ich hier tat war so falsch wie es nur sein konnte.

Als hätte ich mich an ihm verbrannt, riss ich mich los, stolperte wie von Sinnen auf die Füße und drehte mich sofort um, damit ich ihn nicht anblicken musste. Plötzlich war ich mir so sicher. Ich hatte wie ein kleines dummes Kind gedacht. Ja, Yamato du bist hier das Kind, nicht er.
 

„Entschuldigung.“
 

Meine Stimme erstickte an diesem Wort. Er sagte nichts und ich erwartete auch nichts, vielleicht schwieg er auch aus Höflichkeit, obwohl ich das wahrlich nicht verdiente. Im nächsten Augenblick schnappte ich mir Jackett und Schultasche und stürmte blindlings hinaus aus der Wohnung, ich wollte nur weg. Weg von ihm.
 

Erst der kühle Wind draußen machte mir klar, dass ich mein Hemd noch immer offen trug. Ich ließ meine Tasche fallen um es schnell zuzuknüpfen, was sich als nicht ganz einfach darstellte, da meine Hände zu zittern begonnen hatten. Die kalte Luft draußen klärte ein wenig mein Verstand und mir wurde klar wie albern es ausgesehen haben musste, als ich so plötzlich aus der Wohnung stürmte.

Wie in Trance stolperte ich in die Bahn und ließ mich atemlos auf einem der Sitze nieder, lauschte meinem Herzschlag. Als ich in Odaiba ausstieg, fand ich mich fast orientierungslos wieder. Um nicht weiter nachzudenken, rannte ich einfach los. Ich wusste gar nicht mehr wohin ich lief, wie lange ich lief. Meine Lungen brannten wie Feuer, die Luft die ich ausspie kam mir wie eine Wolke voller Schmerz vor meinem Gesicht vor. Ich wollte einfach nur laufen, laufen bis ich nicht mehr konnte, den Kopf frei kriegen.
 

Nach einiger Zeit stiegen mir heiße Tränen in die Augen, ob es von Laufen herrührte oder aus einem anderen Grund, konnte ich nicht sagen und ich wollte es auch gar nicht wissen. Irgendwann registrierte ich doch noch, dass ich Richtung nach Hause lief, denn die Straßenecken kamen mir seltsam bekannt vor, obwohl sie unter dem Schleier von Tränen mehr als nur undeutlich wirkten. Die Luft wurde mir inzwischen wirklich knapp, doch ich wollte immer noch laufen, sah es als Ausweg um nicht zu denken, mir nicht die Geschehnisse der letzten Stunde wieder und wieder durch den Kopf zu jagen.
 

Ich sprintete grade um die Ecke unseres Wohnblocks, als ich mit voller Wucht gegen irgendwas prallte. Erschrocken kniff ich die Augen zusammen und japste nach Luft, ich stolperte einen Schritt nach hinten und fiel über meine eigenen Füße. Erschöpft sackte ich auf die Knie, außer Atem versuchte ich mich trotzdem sofort wieder aufzurichten. Mittlerweile war ich so betäubt, dass ich nichts mehr um mich herum wahrnahm. Ich wollte nur weiterlaufen, doch plötzlich hielt mich irgendetwas fest. Nein, nicht irgendetwas. Jemand. Arme die nach meinen Schultern griffen und mich fest packten. Panisch versuchte ich mich heraus zu winden, doch irgendwer hielt mich weiterhin fest.
 

„Yamato? Bist du das? Was ist denn los?“
 

Völlig fertig und atemlos hob ich endlich den Blick. Seine Stimme hallte in meinen Ohren wieder, doch meine Augen erfassten ihn kaum. Sein wohlbekanntes Gesicht verschwamm vor mir, Tränen schwammen kalt in meinen Augen, als ich sah, dass Taichi vor mir stand, sein besorgter Blick auf mich gerichtet. Doch seine Stimme schien mir fern und ich mir selbst auch, es war als stände ich neben mir und beobachtete die Situation. Ich war mir selbst ein Fremder geworden…
 

„Yamato, du zitterst ja“, hörte ich ihn sagen, dann verlor sich Taichis Stimme im Nichts.
 

tbc...

Ordinary

Rating: PG-16

Warning: Shônen-Ai (Yaoi), lime, het
 

Pairing: Yamato x Ken, Yamato x Sora
 

Disclaimer: Digimon ist Eigentum von TOEI Animation und BANDAI. Diese Fanfiction dient keinerlei kommerziellen Zwecken.
 

Anmerkung: Ich habe dem nichts hinzuzufügen!
 

____________________________________________
 

- Murasaki no Maho -
 

Teil 2/3 - Ordinary
 

Yamato’s POV
 

Er hatte mich von der Straße aufgesammelt, so vermochte ich es auszudrücken. Meine Kleidung war schmutzig von dem Asphalt, auf dem ich gekniet hatte, nachdem meine Beine mich nicht mehr halten konnten. Noch immer spürte ich Tränen auf meinen Wangen, die einfach nicht trocknen wollten.
 

„Lass uns in dein Zimmer gehen. Kommt dein Vater heute früher heim?“
 

Taichi schloss die Wohnungstür und schob mit dem Fuß ein Stapel Altpapier beiseite. Ich hörte ihn seufzen.
 

„Montags und Freitags arbeitet er lange“, murmelte ich. Er nickte und legte mir für einen Moment die Hand auf die Schulter, danach führte er mich in mein Zimmer, ich selbst kam mir steif und abhanden gekommen vor, es war dieses eigenartige Gefühl direkt neben sich zu stehen, sich selbst zu beobachten.
 

„Was ist denn passiert?“
 

Taichis Stimme klang heiser, ein wenig unsicher, während er mir eine Dose Tee aus meinem eigenen Kühlschrank in die Hand drückte, mir gegenüber Platz nahm, während ich schmutzig, verheult und mit zerzausten Haaren auf meinem Bett hockte. Ich musste furchtbar ausgesehen haben.
 

Der Tee war angenehm kalt, als ich trank. Noch immer war mir warm vom Laufen und ich spürte kühlen Schweiß meine Stirn hinunter rinnen. Auf seine Frage hin schüttelte ich den Kopf.
 

„Es ist nichts.“
 

„Ja klar, als ob ich dir das jetzt glauben würde.“

Er verzog die Lippen zu einem Grinsen und stützte die Ellenbogen auf die Knie.
 

„Es geht doch bestimmt um irgendein hübsches Mädchen, das dich nicht ranlassen wollte, oder? Ich liege doch richtig?“
 

Am liebsten wäre mir, irgendetwas Schweres hätte ihn in diesem Moment am Kopf getroffen.
 

„Nein, darum geht’s nicht! Es geht nicht um irgendein Mädchen!“
 

„Ja, dann sag mir doch worum es geht!“
 

Ich entdeckte leichte Wut in seinem Gesicht, mittlerweile kam es recht selten vor, dass wir stritten, dass er mir gegenüber überhaupt laut wurde. Wahrscheinlich sahen wir uns auch viel zu wenig dafür, und wenn wir uns sahen, ging er mir die meiste Zeit auf die Nerven. Was tat er denn noch? Er fraß mir den Kühlschrank leer, wenn er hier war, schleppte mich zu irgendwelchen todlangweiligen Fußballturnieren, oder schrieb mich in irgendwelche unsinnigen Spanischkurse ein! Wunderte es ihn da, dass ich mehr Zeit mit meiner Band verbrachte, als mit ihm?
 

Ich war aufgestanden und hatte ihm den Rücken gekehrt. Was war mit uns geschehen? Früher hatten wir uns alles erzählt, selbst Taichis nervige Art hatte mich zum reden gebracht, mich amüsiert. Wir gaben nicht mehr das perfekte Bild von zwei besten Freunden ab, ich wusste noch nicht einmal mehr darüber Bescheid was Taichi so trieb, mit wem er seine Freizeit verbrachte, ich konnte nur Mutmaßungen darüber anstellen.
 

„Schon gut, du musst mir nichts sagen, es war ein Versuch, tut mir leid Yamato.“

Der Sarkasmus in seiner Stimme war unüberhörbar und so fuhr ich herum und schrie ihn an.
 

„Dann hau doch ab! Verpiss dich, als ob ich mit dir über meine Probleme reden würde!“
 

„Früher hast du das getan!“
 

In diesem Augenblick verlor ich die Beherrschung und warf die Dose mit Tee nach ihm, sie traf ihn hart an der Wange und der Inhalt ergoss sich über seine Schuluniform. Er verzog nicht eine Miene, ich jedoch war außer mir vor Wut.
 

„Früher, früher… wir leben aber nicht in der Vergangenheit! Ich hab mich eben geändert, Yagami!“
 

Taichi schüttelte abwertend den Kopf und funkelte mich mit zornigen Augen an. Ich verspürte leichte Befriedigung über seine Reaktion, nach all den Monaten, den Jahren, hatte ich ihn endlich wieder wütend bekommen. Ich wusste selbst nicht warum ich mich ausgerechnet über diesen Triumph so sehr freute.
 

Atemlos vor Zorn, glaubte ich zu spüren, dass diese Wut ausschließlich mir alleine galt. Schließlich war ich es gewesen, der erst vor einer knappen Stunde, fast mit einem vierzehnjährigen geschlafen hätte. Ich schämte mich dafür ja, aber das konnte ich Taichi unmöglich erzählen und erst jetzt wurde mir klar, dass wir beide uns nicht voneinander entfernt hatten, sondern, dass ich es war, der auf Distanz gegangen war. Ich war so sehr beschäftigt mit meiner Band, den Mädchen und sämtlich anderen Dingen, dass kein Platz mehr für meine Freunde geblieben war. Die einzigen mit denen ich wirklich noch regelmäßig etwas unternahm, waren die Älteren aus der Abschlussklasse, aus denen ich eher meinen Nutzen zog, als wirklich gut mit ihnen befreundet zu sein. Wegen ihnen hatte ich angefangen gelegentlich zu rauchen und zu trinken, die langen Nächte, die wir in Shinjuku verbrachten, führten offensichtlich wirklich zu nichts anderem.
 

Taichi hatte begonnen sich mit einem Papiertaschentuch den Tee vom Hemd zu wischen. Ich starrte ihn einfach nur an, ehe ich den Blick kurz zu Boden senkte. Eine ganze Weile herrschte Stille zwischen uns.
 

„Du hast dich wirklich verändert, früher waren wir echte Freunde, haben uns alles erzählt und heute?“

Er zuckte die Schultern, fuhr sich durchs Haar und warf mir einen nahezu mitleidigen Blick, den ich als zutiefst beleidigend empfand.
 

„Tja, heute bist du nur einer der vielen Arschlöcher an unserer Schule, die irgendwelche Weiber für eine Nacht aufreißen und sich danach in der Stadt betrinken gehen, einer dieser obercoolen Typen, die wissen, wie gut sie aussehen und dies auch tagtäglich ausnutzen. Selbst Sora-san hast du eiskalt links liegengelassen und bis heute…“
 

„Hör auf! Halt deine verfluchte Schnauze!“
 

Bevor ich wusste was ich tat, hatte ich Taichi mit beiden Händen fest am Kragen gepackt, seine sonst so friedlichen und irgendwie treudoofen Augen blickten mich müde an, ich konnte förmlich die Enttäuschung darin lesen, sogar das gewisse Maß an Verachtung, das er mir entgegenbrachte. Doch ich war so verbissen in meine Wut, dass ich nicht begriff, was er mir klarmachen wollte.
 

Ich schüttelte ihn, während ich spürte, wie mir Tränen des Zorns in die Augen stiegen.
 

„Wen ich ficke geht dich nen Scheiß an! Dir geht’s doch nur darum, dass ich meinen Spaß mit Kimura-Sempai und den anderen habe! Bist du eifersüchtig, weil du immer noch wie ein kleiner Junge deinen Träumen als Fußballer hinterher jagst, aber nichts erreichst, während ich drauf und dran bin mit meiner Band Karriere zu machen? Geht’s dir darum?“
 

Ich krallte meine Finger fest in sein Hemd und zog ihn näher, bis ich seinen Atem im Gesicht spürte. Taichi packte meine Hände und versuchte sie von sich zu zerren doch ich war der Stärkere von uns beiden und das wusste er. Auch er begann nun zu schreien.
 

„Karriere, du spinnst doch! Ihr würdet noch nicht einmal bei irgendeiner kleinen Independent Klitsche unter Vertrag kommen! Wer will schon einen herumhurenden versoffenen Sänger haben?!“
 

Schweigend starrten wir uns nach seinen Worten sekundenlang an, dann ließ ich ihn los, Taichi stolperte einen Schritt zurück, bis er sich mit einer Hand am Türgriff festhielt. Mir selbst ging der Atem schnell, ich hatte mich aufgeregt, über seine Worte, über ihn. Und doch war mir klar, dass er derjenige von uns beiden war, der die Wahrheit aussprach, ich wollte sie nur nicht wahrhaben. Was heute geschehen war, hatte mir ein Bild von mir selbst vermittelt, das auch mir irgendwie unheimlich war.
 

~*~
 

Kimura Shingo, Uchida Shohei und Yoshino Eiji waren drei zwielichtige Gestalten aus der letzten Klasse unserer Oberschule. Mittlerweile verbrachten wir so jedes dritte Wochenende miteinander in Shinjuku. Obwohl ich der Jüngste unter ihnen war, behandelten sie mich weder besser noch schlechter und das stellte mich zufrieden. Jedes Mal, wenn wir durch die Stadt zogen, taten wir dies ohne Plan. Wir hingen in Spielhöllen ab, besetzten die Bänke vor dem Convenience Store und tranken unerlaubt Bier oder hielten Ausschau nach hübschen Mädchen im Star Bucks.
 

Nachdem Taichi an diesem Abend mit einem finsteren Gesichtsausdruck, anstatt mit verabschiedenden Worten, gegangen war, kam eine SMS von Kimura-Sempai. Ich hatte mich nach dem Streit einfach flach aufs Bett gelegt und die Decke angestarrt, bis ich durch das Piepen meines Handys auf die Nachricht aufmerksam gemacht wurde.
 

> Ishida! Heute ist Party! Ich hol dich in einer halben Stunde von zu Hause ab, Uchida und Yoshino sind schon unterwegs. Sei gefälligst zu Hause! Kimura <
 

Die SMS kam mir grade recht, denn ich wollte mich ablenken, mich amüsieren, einfach nur diesen beschissenen Tag vergessen, Ken aus meinen Kopf kriegen und Taichi. Ken… Ich kniff die Augen zusammen um nicht mehr an ihn denken zu müssen, verdrängte das was in seiner Wohnung vorgefallen war. Ich musste es einfach vergessen.
 

Die Zeit war knapp. Es war bereits abends und normalerweise gab mir Kimura immer früher Bescheid, wenn er mal wieder vorhatte etwas in Shinjuku zu unternehmen. Hastig stürzte ich zum Kleiderschrank während ich versuchte gleichzeitig eine Antwort auf seine SMS zu schreiben.
 

> Ich bin dabei, warte unten vorm Haus auf mich, ich komm runter! <
 

Dankbar machte ich mich fertig, nach diesem Tag konnte die folgende Nacht nur besser werden, das hoffe ich zumindest.
 

~*~
 

Von meiner Schuluniform befreit, saß ich anderthalb Stunden später im schwarzen Rollkragenpullover, dunkelgrauen Jeans und dem grauen Kapuzenmantel, der mich erst vor ein paar Monaten fast mein gesamtes Geburtstagsgeld gekostet hatte, mit den Jungs im Star Bucks und genoss den Trubel um mich herum. Die Stille zu Hause nachdem Taichi gegangen war, kam mir unerträglich vor.
 

„Hey Ishida! Ist das da nicht deine Freundin aus der Schule?“
 

Ich drehte mich um und erblickte Sora mit ein paar Freundinnen aus dem Tennisclub an einem der vorderen Tische. Sie schien mich nicht bemerkt zu haben, mich allerdings erstaunte es etwas sie hier zu sehen.
 

Grinsend stieß Uchida Yoshino in die Seite und verschluckte sich fast an seinem Kaffeegemisch, als ich mich wieder zu ihnen umdrehte.
 

„Der hat Ishida doch eiskalt den Laufpass gegeben, nachdem er sie endlich in die Kiste bekommen hat.“
 

Auf diese Worte wusste ich nur die Augen zu verdrehen und stand auf.
 

„Wo willst du denn jetzt hin?“
 

„Ich komm gleich wieder!“
 

War ich wirklich ein so schrecklicher Typ geworden?, ging mir durch den Kopf. Es stimmte nicht ganz was Uchida gesagt hatte und auch Taichi hatte es damals völlig falsch aufgefasst. Nie hatte ich die Absicht gehabt mit Sora Schluss zu machen, das hatte sich einfach so ergeben, ich hatte andere Interessen entwickelt und wahrscheinlich warf Taichi mir diese Sache nur immer wieder vor, weil er selbst an ihr interessiert war.
 

Ob sie noch immer sauer auf mich war, wusste ich nicht. Wir sprachen in der Schule kaum ein Wort miteinander und seit unserer Trennung, waren wir nie wieder ausgegangen. Ich hatte selbst die Treffen unter uns allen vermieden, mich mit Proben für die Band und so weiter herausgeredet bis mich keiner mehr eingeladen hatte. Selbst wenn es nicht meine Schuld war, dass Sora und ich kein Paar mehr waren, sie fasste es genau so auf wie Taichi, dass ich sie sitzengelassen habe, nachdem ich sie ins Bett bekommen hatte.
 

„Sora?“
 

Sie erschrak ein wenig, als ich ihr von hinten die Hand auf die Schulter legte. Ihre Freundinnen schauten verdutzt und musterten mich skeptisch, dennoch schmeichelten mir ihre folgenden schmachtenden Blicke.
 

„Yamato? Was machst du denn hier?“
 

„Das könnte ich dich auch fragen.“
 

„Wir feiern unseren Sieg, also der Tennisclub meine ich.“
 

„Aha.“ Ich nickte. Trotzdem war es ungewöhnlich sie hier zu treffen.
 

„Ihr feiert in einem Star Bucks?“ Skeptisch hob ich eine Braue, was sie wohl irgendwie zu stören schien, denn sie schnappte sich ihre Handtasche und stand auf, ihre Freundinnen folgten ihr.
 

„Was willst du eigentlich?“
 

„Hey, hey! Ich hab dich doch freundlich begrüßt!“
 

Beschwichtigend hob ich die Hände und lief ihr mit einem Grinsen hinterher. Kimura rief mir irgendwas nach, ich ahmte mit Daumen und dem kleinen Finger ein Telefon nach und gab ihm so zu verstehen, dass ich ihn nachher anrufen würde. Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen winkte er mir hinterher, als ich Sora folgend, das Lokal verließ.
 

~*~
 

Mir entwich ebenfalls wieder ein Grinsen, als ich ihr durch das Haar strich und danach wieder ihre Lippen küsste. Ishida der Frauenheld war wieder da! Zum Teufel mit Ken, mit unreifen Jungs die nichts zu bieten hatten, als weiche helle Haut und ungeküsste Lippen. Wenn meine Hände über ihren Körper strichen, merkte ich ganz genau, warum Frauen für Männer gemacht waren. Ich wollte den Ansatz ihrer lieblichen Brüste unter meinen Fingern spüren, ganz und gar ohne die störende Kleidung, die sie mich aber nicht abstreifen ließ. Wahrscheinlich war das auch besser so.
 

Wir saßen seit einer Stunde im Shinjuku Garden und stellten allerlei Dinge mit unseren Lippen an. Mittlerweile wusste ich gar nicht mehr wie ich es angestellt hatte, dass wir uns wieder in den Armen lagen, charmant war ich gewesen, hatte ihr geschmeichelt und ihr meinen Mantel angeboten, als ihr kalt geworden war, vielleicht lag es ja daran.
 

„Yamato, ich muss jetzt gehen!“
 

Sie stemmte die Hände gegen meine Brust und versuchte mich von sich zu drücken, ich jedoch hielt sie fest und ging auf ihre Worte nicht ein. Ich wollte sie einfach weiterhin küssen, ich wollte vergessen, dass meine Hände noch vor einigen Stunden, einen anderen Jungen berührt hatten, dass sie ihn ausgezogen hatten bis auf die Unterwäsche, dass ich fast mit ihm geschlafen hätte, weil ich mich verführen hab lassen, weil ich schwach geworden war. Ich wollte diesen Fehler in die dunkelste Ecke meines Hirns verbannen, wollte es einfach aus meinem Gedächtnis löschen.
 

„Du bist doch mit Freundinnen hier und ihr habt euren Eltern vorgelogen, ihr würdet beim jeweils anderen übernachten, oder?“
 

Sie sah mich erstaunt an und legte den Finger auf meine Lippen, weil ich grade einen neuen Versuch starten wollte sie zu küssen.
 

„Woher weißt du das?“
 

„Das konnte ich mir denken.“
 

Das Fell der Kapuze meines eigenen Mantels war mir im Weg und ich strich es zurück, um ihren Hals zu liebkosen, ihre Haut war kalt und von leichter Gänsehaut überzogen, als meine Lippen sie berührten. Sie seufzte und lehnte sich endlich zurück.
 

„Wie bist du hergekommen?“, fragte sie mich.
 

„Kimura-Sempai hat mich auf dem Motorrad mitgenommen.“
 

„Aha“, machte sie und ich sah wie sie die Augen schloss, als ich einen Kuss auf ihre Wange hauchte, danach widmete ich mich wieder ihren Lippen.
 

„Möchtest du mit mir in ein Hotel gehen?“, fragte ich sie.
 

Sora schüttelten den Kopf und stieß ein leises Lachen aus.

„Als ob du dir das leisten könntest, außerdem lassen die uns da noch gar nicht rein, die würden unsere Ausweise sehen wollen.“
 

„Ich könnte die Jungs bitten ein Zimmer auf ihren Namen zu reservieren.“
 

„Und das Geld?“

Sie klang so, als hätte ich sie schon überredet und wollte nur die Details abklären.
 

„Leihe ich mir von Kimura und Uchida, die schulden mir noch was.“
 

„Dann wäre ja wirklich für alles gesorgt.“
 

Ich nickte.
 

„So ist es.“
 

Ihre für das Wetter viel zu dünne Bluse, hatte ich ihr bereits bis auf den dritten Knopf geöffnet, darunter kam der karierte Spitzen-BH zum Vorschein, den ich ihr am liebsten jetzt schon abstreifen wollte. Ungeduldig senkte ich den Kopf und vergrub meine Lippen zwischen ihren Brüsten. Sie kicherte und versuchte mich zurückzuhalten. Ich liebte es, wenn sie lachte. Ihre Hand fuhr durch meine Haare und strich sie mir aus der Stirn, dann zog sie mir etwas unsanft den Kopf nach oben.
 

„Und was machst du dann in dem Hotelzimmer mit mir?“ fragte sie und kräuselte skeptisch die Lippen. Daraufhin konnte ich wieder nur grinsen und küsste sie immer wieder auf den Ansatz ihrer Brüste.
 

„Ich will dich nur verwöhnen, lass dich einfach überraschen, es wird dir gefallen“, versicherte ich ihr.
 

Letztendlich überredete ich sie dazu, sich mit mir für eine Nacht in ein billiges Love Hotel einzumieten. Zum Glück klappte alles so wie ich es geplant hatte. Mit dem Handy verabredete ich mich mit Kimura und den anderen vor dem Park und er und Uchida liehen mir das Geld, danach arrangierte Yoshino, der Älteste, das Zimmer. Die drei verabschiedeten mich breit grinsend und Kimura klopfte mir gratulierend auf die Schulter. Keine Ahnung, wo die drei die Nach bleiben würden und was ich meinem Vater erklären würde, wo wiederum ich geblieben war, aber im Moment war das alles ziemlich unwichtig. Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen, schlenderte ich mit Sora die Treppe zu unserem Zimmer hoch.
 

~*~
 

Die Tage vergingen wie im Flug. Taichi sprach nur noch notgedrungen mit mir und ich ignorierte ihn fast vollkommen. Meistens wechselten wir nur ein paar Worte, um voneinander die Hausaufgaben abzuschreiben, ansonsten gingen wir uns praktisch aus dem Weg. Und so erfuhr ich kein einziges Mal, wenn die anderen Digiritter sich gemeinsam trafen. Ich nahm es keinem übel, mir fehlte sowieso jegliches Interesse daran mich mit ihnen zusammenzusetzen und über alte Zeiten zu quatschen. Dieses Leben in der Vergangenheit, das sie allesamt zu führen schienen, kam mir naiv und kindlich vor, oder wie die Erinnerungen von alten Menschen und ich war weder ein Kind noch irgendein Opa, der sich über die heutige Zeit beklagte.
 

Während die anderen scheinbar an Herbstdepressionen litten, erlebte ich die beste Zeit meines Lebens! Unsere Band stand kurz vor ihrem Auftritt in Harajuku zu dem Nachwuchs Band-Special und unsere Proben liefen immer einbandfreier. Seit Tagen verzeichneten wir keine Verletzten mehr und auch der Verstärker hielt Stand, es war ein Traum! Ab und zu traf ich mich mit Sora. Ich war froh über unser unkompliziertes Beisammensein, den Stress einer lästigen Beziehung hätte ich mir ohnehin nicht erlauben können. Mittlerweile war soviel Zeit vergangen, dass uns bis zum Konzert nur noch eine Woche blieb. Eine einzige Woche.
 

~*~
 

Ich begegnete ihm gleich Samstag. Völlig unverhofft und unabsichtlich. Gesehen hatte ich ihn schon von weitem, er mich wiederum allerdings nicht. Es wunderte mich ehrlich gesagt, ihn hier zu sehen, und das auch noch an einem Samstagabend. Die Sonne ging grade unter und versank weit hinten, irgendwo hinter dem Toyosu Pier, im Wasser. Im blutig-orangefarbenen Licht wirkte seine Haut leuchtendweiß, seine Lippen schimmerten blassrosa, was mich an fruchtige Grapefruits erinnerte und ein trockenes Gefühl in meiner Kehle auslöste. Er war wunderschön und ich ihm erneut verfallen. Das musste ich mir eingestehen.
 

Er saß auf einer spärlich rostigen Bank am Hinode Pier und las in einem Reclam Heft. Das kinnlange dunkle Haar, das durch die untergehende Sonne kräftig violett glänzte, verdeckte sein Gesicht und umschmeichelte seine zarten Wangen. Ich wusste nicht, ob es an ihm selbst lag oder merkwürdigerweise an dem Sonnenlicht, das die Farbe von ausgepressten Blutorangen hatte, aber am heutigen Tage, wirkte er auf mich noch zierlicher, noch zerbrechlicher und noch mädchenhafter als sonst. Er trug keine Schuluniform, was ich als ungewohnt empfand, aber die Kleidung, die er ausgesucht hatte, stand ihm gut, sie ließ ihn niedlich erscheinen, viel jünger und kindlicher, als ohnehin schon der Fall war.
 

„Konban wa, Ken-kun“, begrüßte ich ihn und empfand es mir selbst gegenüber als seltsam, mich nun einfach neben ihn zu setzen. Vor ein paar Tagen noch hatten meine Hände diesen zierlichen Körper fast überall berührt und gestreichelt, ihm die Schuluniform ausgezogen und dann panisch von ihm abgelassen, kurz bevor ich aus der Wohnung gestürzt war. Und doch erschien mir diese Erinnerung mittlerweile nur noch wie eine von vielen, es war fast so, als wäre dieser Junge zu einer meiner vielen Verflossenen geworden. Wie viele Mädchen hatte ich mittlerweile so wie Sora berührt und geliebt? Dass sich dieses “geliebt“ nur auf die körperliche Ebene bezog, stellte mich weder besonders unzufrieden, noch hatte ich das Gefühl etwas verpasst zu haben. Im Gegenteil, für mich war es wie der Ruf nach Freiheit, dem ich unwiderruflich gefolgt war, während Taichi nur zu träumen schien, anstatt zu handeln. Ich grinste ich mich hinein. Vielleicht lag es an mir, auch dem Ungewöhnlichen eine Chance zu geben, wenn ich es nicht probieren würde, vielleicht hätte ich ein gar wunderbares Erlebnis verpasst. Und verpassen wollte ich gar nichts im Leben.
 

„Was liest du da?“
 

Ich versuchte ein beruhigendes Lächeln, irgendwie wirkte er verstört durch meine Anwesenheit.
 

„Ist das für die Schule?“
 

Er schüttelte den Kopf und klappte das Heft zu.
 

„Nein, einfach nur so.“
 

„Hm, schon seltsam. Mein Bruder liest in seiner Freizeit Manga und du…“
 

Ich versuchte den Titel in Romaji Schrift zu lesen, doch seine zierlichen Händchen umklammerten leicht verkrampft das kleine Heft und verdeckten den Titel.
 

„Hey, wegen letztens…“
 

Sein Haar fiel ihm ins Gesicht so, dass mir seine Züge verborgen blieben, nur seine Hände schienen ein wenig zu zittern, was andeutete wie unangenehm ihm das Thema war. Ich beschloss es sein zu lassen und stand auf, eigentlich war ich auf etwas anderes aus gewesen.
 

„Nun, ich denke ich mach mich dann mal auf den Weg, ich sollte ohnehin noch etwas üben.“
 

In diesem Moment sah er endlich auf und mir so zum ersten Mal seit unserer Begegnung hier, aufrichtig ins Gesicht.
 

„Für die Prüfungen?“
 

Seine Frage allerdings verwunderte mich und ich schüttelte den Kopf.
 

„Unwichtig, ich mein für den Auftritt unserer Band in Harajuku.“
 

„In Harajuku?“
 

Ich merkte, wie meine rechte Braue seltsam zu zucken begann, wie konnte er das nicht wissen? Schließlich hingen in ganz Tokyo Plakate dafür aus und bei den anderen hatte das sicherlich auch die Runde gemacht.
 

„Hast du noch nichts davon gehört?“, fragte ich ihn und er schüttelte den Kopf.
 

Seufzend griff ich in meine Jackentasche und zog zwei der Tickets heraus, die ich ehrlich gesagt nur bekommen hatte, weil ich mehr Verwandte angegeben hatte, als überhaupt existierten. Angehörige der Teilnehmer, bekamen nämlich Gratiskarten und das Angebot hatte ich ausgenutzt.
 

Ich reichte ihm die zwei zerknitterten Karten aus dem Vorverkauf und drückte sie ihm in die Hand.

„Hier, geh mit Daisuke hin. Datum und Uhrzeit stehen drauf, die anderen kommen vielleicht ebenfalls.“
 

„Hast du Yagami-san schon eine gegeben?“
 

Taichi, das unaussprechliche Thema seit Tagen.
 

„Der ist im Moment nicht gut auf mich zu sprechen.“
 

„So desu ne.“
 

Danach verabschiedete ich mich von ihm, ich wollte wirklich noch ein wenig für mich alleine proben, solange mein Vater noch nicht zu Hause wäre, könnte ich noch die ganze verdammte Bude in einen Probenraum verwandeln und mir die Kehle heiser brüllen.
 

Ich legte ihm die Hand auf die Schulter und er lächelte, dieses gewisse unschuldige und doch so verführerische Lächeln. Er wusste nicht wie anziehend es auf mich wirkte, wie verrückt er mich damit machte und doch nickte ich nur und verschwand. Ich bereute es, aber der Kampf den sich mein Gewissen und mein Körper in diesem Moment lieferten war zu dem Zeitpunkt noch nicht ausgestanden.
 

~*~
 

Mein Gewissen und somit mein ganzer Verstand, verlor den Kampf eineinhalb Stunden nachdem ich mich von ihm verabschiedet hatte. Ich hielt mit zitternden Fingern mein Handy in der Hand und starrte auf die SMS die mein Vater mir geschickt hatte.
 

> Yamato, ich hab auf der Arbeit noch etwas zu erledigen, es wird ziemlich spät, vielleicht komm ich auch erst morgen, wir haben technische Probleme mit dem Netzwerk, da müssen wir ran. Kauf dir doch was zu essen und lern zur Abwechslung mal ein wenig für die Prüfungen. <
 

Der Wahnsinn. An einem Samstagabend hatte ich die ganze Bude für mich allein, Problem: Ich war auch allein. Der Gedanke daran, was ich alles anstellen konnte, ließ mich schwach werden, es war als wäre ein Schalter in meinem Kopf umgelegt worden, mein Verstand schaltete sich einfach aus, ich kannte keine Gewissensbisse, keine Moral oder wirkliches Nachdenken. Ich handelte nur, grade noch mit den nötigsten Gedanken. Heute hasse ich mich dafür, aber zu diesem Zeitpunkt kannte ich kein Richtig und kein Falsch. Ich handelte wie der Egoist, der ich geworden war.
 

~*~
 

Ich stand um halb acht vor der Wohnung der Ichijoujis und grinste wie ein Volltrottel, als mir Kens Mutter verwundert die Tür öffnete.
 

„Konban wa“, grüßte ich und verbeugte mich leicht, natürlich war es mir unangenehm zu so später Stunde noch hier zu erscheinen.
 

„Entschuldigen Sie, aber kann Ken-kun vielleicht heute bei mir übernachten?“
 

Seine Mutter blinzelte überrascht, hinter ihr stand Ken und gab mir hektisch irgendwelche Handzeichen, die mich aber nicht kümmerten, denn seine Mutter stimmte in diesem Moment zu und ich zog mir die Schuhe am Eingang aus, als sie die Tür hinter mir schloss. Wahrscheinlich war sie einfach nur für jeden Freund dankbar, den ihr Sohn hatte.
 

Noch als ich mich herunter beugte um meine Schnürsenkel zu lösen, spürte ich Kens Atem an meinem Ohr, sein seidiges Haar an meiner Wange.
 

„Yamato-san, was soll das denn? Übernachten? Was machst du plötzlich hier?“
 

Ich grinste über seine Verzweiflung, packte ihn aber am Handgelenk und zog ihn in sein Zimmer. Nachdem ich die Tür zugeschoben hatte, wich er fast ängstlich ein paar Schritte zurück.
 

„Nun pack' schon ein paar Sachen, komm schon, ich lad' dich doch nur ein, ist doch nichts dabei“, beruhigte ich ihn und registrierte zufrieden, dass er schließlich gehorchte. Ich wusste, dass ich ihn überrumpelt hatte, aber es kümmerte mich nicht, es war zu diesem Zeitpunkt schon zu spät gewesen, hätte ich nicht das bekommen was ich wollte, ich hätte es mir einfach genommen.
 

Selbst Schuld, dachte ich auf dem Weg zu mir, als Ken neben mir in der U-Bahn saß. Er war doch auch selbst schuld. Dass ich in diesem Augenblick wie ein trotziges Kind dachte, war mir nicht wirklich klar, mein Verstand war vernebelt von meinem jugendlichen Leichtsinn und meiner Sturheit. Ich hatte abgeschaltet, ich wollte weder an Konsequenzen noch an Vernunft denken, ich wollte leben ohne Gewissensbisse, ich wollte auskosten was sich mir bot. Das schien mir im Moment das einzig Wichtige, es würde ja niemand erfahren, was ich getan hatte, ich würde es niemanden erzählen und so würde es auf ewig mein kleines dreckiges Geheimnis bleiben.
 

~*~
 

Nachdem wir bei mir angekommen waren, entschuldigte ich mich für das Chaos und schob Ken in mein Zimmer. Nachdem er sich auf mein Bett gesetzt hatte, war ich es der am meisten redete. Eigentlich saß er nur da, hielt den Kopf gesenkt und nickte ab und zu auf meine Worte hin. Manchmal fragte er mich was, klang aber stets eher höflich, als wirklich interessiert. Ich plapperte nur so vor mich hin, die Bierdose in der Hand kritisch von Ken beäugt, redete ich den reinsten Blödsinn. Ich erzählte von der Band, den blöden Angewohnheiten meiner Klassenkameraden, von den abstehenden Ohren meines Lehrers. Irgendwann, nach ein paar Dosen mehr, während ich Ken nur Tee und Saft angeboten hatte, wurde mir schlecht und ich ließ mich bäuchlings auf mein Bett fallen. In meinem Kopf herrschte ein undurchdringlicher Nebel, alles drehte sich und mir war warm.
 

„Yamato-san? Ist alles in Ordnung?“
 

„Hmm… jaja, alles ok, “ murmelte ich und winkte mit einer Hand ab, wahrscheinlich klang ich nicht sehr überzeugend.
 

„Bist du sicher? Du hast ziemlich viel getrunken.“
 

„Ach ja, hab ich das? Dann frag dich doch mal woran das wohl liegen mag.“
 

Ich spürte, dass ich ihn verwirrt hatte, denn seine Worte kamen zögernd. Ich konnte ihn nicht sehen, da ich mit dem Gesicht in meinem Kopfkissen vergraben lag, aber ich stellte mir seine blauen Augen vor, wie sie fragend auf mich herab sahen. Ich wollte es mir nicht länger vorstellen, ich wollte ihn sehen und so drehte ich mich herum. Sein kinnlanges Haar umschmeichelte sanft seine Wangen, sein Blick wirkte etwas getrübt, während ich ihn einfach nur anstarrte.
 

„Liegt es an mir?“, fragte er und seine Stimme klang heiser, unsicher.
 

Ich zuckte die Schultern. Natürlich lag es an ihm, ich fühlte mich zu ihm hingezogen, obwohl ich wusste, wie falsch das war. Mir war nicht klar, wie oberflächlich ich über ihn dachte, innerlich redete ich mir immer wieder ein, dass mich auch seine Art anzog, nicht nur sein Aussehen.
 

„Irgendwie liegt es schon an dir, dass ich dich immer wieder sehen will. Du bist nun mal…“
 

Ich schloss für einen Moment die Augen und ließ das Karussell in meinem Kopf noch ein paar Runden drehen, als die Fahrt zu Ende war, musste ich niesen, Haare hingen mir im Gesicht. Der völlig falsche Zeitpunkt.
 

„Wie bin ich denn?“, fragte er, seine Stimme klang nach wie vor heiser, rauchig, unglaublich betörend.
 

Anschließend spürte ich seine Fingerspitzen an meiner Wange, sie strichen mir eine störende Strähne meines Haares hinter die Ohren. Ich merkte wie ich schwach wurde, wie sich das Karussell wieder in Bewegung setzte, alles um mich herum sich unaufhörlich zu drehen begann, in meinem Kopf war alles so wirr, die Worte purzelten mir nur so über die Lippen.
 

„Du bist hübsch, weißt du das denn nicht?“
 

In Gedanken winkte ich meinem Verstand zum Abschied, schickte mein Gewissen gleich mit in den Urlaub, meine Worte schienen mir so fern, so unlenkbar, ich war nicht mehr Herr über meine Sinne, als ich meine Hand nach ihm ausstreckte und ihm über die Wange strich, ich legte sie ihm in den Nacken und zog ihn näher. Sekunden später, spürte ich seine Lippen auf den meinen, als ich ihn so weit hinuntergezogen hatte, dass ich seinen Atem spüren konnte.
 

Ich blinzelte und seufzte gegen seine Lippen, mein Verstand war in Dunkelheit getaucht, als ich ihn ganz über mich zog und danach über ihn beugte. An den Schultern hielt ich ihn auf meinem Bett fest und begann ihn immer wieder zu küssen. Mein Kopf war von solch einem dichten Nebel beherrscht, dass es mir unmöglich war mich zurückzuhalten, ich wurde ferngesteuert, von meinem eigenen Verlangen das die Kontrolle übernommen hatte.
 

Zurückhaltung und Vernunft waren in diesem Augenblick Fremdwörter für mich. Stück für Stück bahnte ich mir meinen Weg unter Kens Kleidung, bis seine samtige Haut zum Vorschein kam. Sie erinnerte mich an Milchcreme, an weiße Süßigkeiten mit einer glatten Oberfläche, die man einfach kosten musste. So erging es mir mit seinem Körper. Ich wusste nicht ob er sich wehrte, weil ich es gar nicht wissen wollte. Für mich war er mein Spielzeug an dem ich mich austoben konnte, er sollte einfach nur still daliegen während ich ihn mir nahm, ich musste, ich brauchte es so dringend.
 

„Sempai…“
 

Ich wollte seine Stimme nicht hören. Seine Anrede klang so distanziert und wollte so gar nicht zu dieser Situation passen. Doch es blieb bei diesem Wort. Ich hörte ihn leise schniefen, eigentlich wollte ich mich aufrichten um zu sehen, ob er weinte, aber ich tat es nicht. Oberhalb seiner rechten Hüfte, hinterließ ich einen dunkelroten Fleck mit meinen Lippen, mit den Fingern strich ich fasziniert über die feuchte Stelle, die auf seiner hellen Haut so deutlich hervorragte.
 

„Gefällt dir das?“, waren meine ersten Worte nachdem ich begonnen hatte ihn zu küssen, zu streicheln und auszuziehen. Aber auf meine Frage bekam ich keine Antwort, lediglich mein eigener schwerer Atem war das einzige Geräusch in dem Zimmer, das einer Stimme ähnlich kam.
 

Meine Sinne vermischten sich, um mich herum versank die Atmosphäre in eine Trägheit, die mir die Lider schwer werden ließ. Ich war müde und doch bis in die Haarspitzen erregt, als meine Hände sich wie von selbst zu bewegen begannen. Ken sah mich ängstlich an, doch ich lächelte beruhigend.
 

„Hab keine Angst, es tut nicht weh“, sagte ich und schollt mich weit hinten in meinen klaren Gedanken für diese Worte. Was redete ich da? Ich hatte keine Ahnung von dem was ich tat, ich hatte es schließlich auch noch nie mit einem anderen Jungen getan. Doch ich entdeckte den Vorteil meiner vernebelten Welt, diesen gewissen Vorzug. Ich brauchte nicht denken, ich handelte einfach und alles funktionierte wie von selbst.
 

~*~
 

Ihn danach zu beobachten weckte in mir die Lust ihn von neuem zu erobern, am liebsten hätte ich es wieder und wieder getan. Der anfängliche Gedanke etwas Abstoßendes zu tun, etwas das nicht der Norm entsprach, hatte sich aufgelöst in dem berauschenden Gefühl seiner duftenden Haut, dem Klang seines Stöhnens und auch leichten Wimmern. Unter meinen Fingern hatte sich sein Körper so zierlich angefühlt, wie Sora es mir nicht bieten konnte. Seine Haut war viel weicher wie ihre, viel heller und schmeckte viel besser, er schmeckte viel besser. Es war unvergleichbar und ich bereute nichts in diesem Moment, rein gar nichts.
 

Seine Augen mit diesem undefinierbaren Farbton blickten mich erschöpft an, ich erkannte Tränen in ihnen und er schien am ganzen Leibe zu zittern. Er hatte sich weder gewehrt, noch hatte ich irgendein Anzeichen vernommen, dass es ihm auch gefallen hätte. Zu dieser Erkenntnis kam ich erst jetzt. Ich war so damit beschäftigt gewesen seine Kleider abzustreifen, mit meinen Händen seinen ganzen Körper zu erforschen, dass ich nicht auf seinen Willen achtete. Ich hatte ihn die ganze Zeit beruhigt, mit sinnlosen Worten und mit meinen Küssen, von denen ich nicht wusste, ob er sie überhaupt spüren wollte.
 

Es war das Gefühl gewesen, ganz alleine die Tatsache, dass ich ihn spürte. Illusionen trieben mich zurück zu dem Moment, als ich mich über ihn beugte. An seinem Gesichtsausdruck, ob er mich überhaupt ansah, daran erinnerte ich nicht. Meine schweißverklebten Haare hatten mir die Sicht genommen, mich in ihm zu bewegen, mit ihm zu schlafen war ein seltsam anderes Gefühl gewesen, als mit einem Mädchen und es war viel ermüdender. Es war schwierig gewesen bis tief in ihn hervorzudringen, mich in ihm zu bewegen war ein ganz neues Erlebnis, es war unbeschreiblich anders gewesen. Jedes Wort, jede Emotion, jeder Sinn der etwas in sich aufgenommen hatte, seinen Geschmack, sein leises Stöhnen, sein gerötetes Gesicht, all das war mein alleiniger Besitz. Jeder Gedanke gehörte mir und ich spürte den bitteren Geschmack meines Egoismus, als er sich aufrichtete und die Beine übers Bett schwang.
 

Mit einem dumpfen Schlag, der in meinen Ohren dröhnte, wurde ich in die Wirklichkeit zurückgeholt. Das Rascheln seiner Kleider weckte mich aus meinem Fanatismus. Als er auf die Knie brach, wurde mir klar, dass ich zu weit gegangen war. Mein Stolz, meine Arroganz, in diesem Augenblick wurden sie gefressen von einem schattenartigen Dämon der sich Realität schimpfte.
 

tbc...

All the Lights, all the Sins

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Kommentare zu dieser Fanfic (17)
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Von:  demiveemon
2011-03-05T21:54:53+00:00 05.03.2011 22:54
Letztenendes war der letzte Teil nicht so wirklich mein Fall. Missverstehe mich nicht und nehme es nicht als schlechte Kritik auf, denn das soll es nicht sein, ist lediglich mein persönlicher Vorzug wie du weißt. ;3 Im Gegenteil, sie ist wirklich gut geschrieben und ich schätze, bewundere gar, wie du es schaffst Yamatos Handeln und Denken nachvollziehbar zu machen.
Wenn man Mal von Yamatos Person absieht, finde ich, dass die Gedanken und Selbstrechtfertigungen viele Einblicke in den Tiefen von so mancher Seele ermöglichen, mit der man sich sonst nur ungerne auseinandersetzen wollen würde. Das stiftet einen zum Nachdenken an und regt sogar an, die Welt mit etwas anderen Augen zu betrachten. Dafür verdienst du großes Lob!
Was mir persönlich nicht gefallen hat, ist dass Yamato es wirklich mit jedem getrieben hat und jeder hat es mit sich machen lassen. ;3 Da bleiben mir nur vier Worte zum Abschluss; Yamato, du verdammtes Arschloch!!! xD
Von:  Yurii-chan
2011-02-26T23:59:34+00:00 27.02.2011 00:59
Also, ich muss zugeben, dass ich diese Fanfic schon vor etwa 2 Jahren gefunden habe, damals schon festgestellt hatte, dass sie schon da länger auf das 3. Kapitel gewartet hatte... und ich dachte wirklich nicht, dass nach so vielen Jahren noch was kommen würde. - Bei dem letzten Update vor ein paar Tagen dachte ich schon ironisch 'kommt da doch noch was oder wie?', hatte es aber nicht geglaubt
- aber DOCH, es kam ECHT was! Ò.Ó

Bis zum 2. Kapitel war die Story schon hammer und vorallem angenehm anders. Ich konnte Yamatos Handeln dank deinem Schreibstil doch recht gut nachvollziehen, auch wenn mir Ken in dieser Geschichte mehr als der Leidtragende rüberkam. Der arme Junge musste Yamatos Launen machtlos über sich ergehen lassen.
Aber anscheinend hat er unbewusst Ken geholfen - denn das Händchenhalten zwischen Ken und Daisuke am Ende wird sicher nicht ohne Grund gewesen sein *zwinker*
Ich bin übrigens froh, dass du Yamato in deiner Story hast den Weg zurückfinden lassen, auch wenn er von dem Ziel noch weit entfernt ist. Beim Lesen hatte ich schon fast den Glauben daran verloren...

Na egal, es war jedenfalls eine grandiose Fanfiction von dir ^-^


LG Yurii-chan

Von:  Sayo_chae
2010-07-12T13:59:44+00:00 12.07.2010 15:59
Oha. o.o
Eigentlich mag ich Shônen-Ai bei Digimon ja überhaupt nicht...aber das ist ja mal ein ganz neues Pairing, was mir sogar...ganz gut gefällt.
Also mir gefällt dein Schreibstil sehr sehr gut, der Aufbau der Geschichte auch.
Die Story entwickelt sich sehr gut, nicht zu schnell und nicht zu langsam. Gefällt mir wirklich gut.
Sieht zwar nicht so aus, als würde die Fanfic beendet werden, aber schön wäre es, ich würde gerne weiterlesen.
Naja, mal sehen.
Auf jeden Fall eine tolle Story. :)
Von: abgemeldet
2008-06-13T16:14:32+00:00 13.06.2008 18:14
Bitttttteee ^^ du musst schnell weiter schreiben!!!
ich warte schon gaaanz ungeduldig...und ich hab mir deine ff bestimmt schon zum 3.mal durchgelesen.....^^

büüüüdee weiter schreiben...
Von: abgemeldet
2008-05-31T14:39:51+00:00 31.05.2008 16:39
echt schön...
ich bin echt schon gespannt wie es weiter geht..obwohl mir Ken gerade voll leid tut...ich hoffe das ändert sich noch^^

LG: Naddi
Von: abgemeldet
2008-05-31T14:08:43+00:00 31.05.2008 16:08
ich überhammer geil!!!!!
ich muss sagen ganz großen respekt!!!!
dein schreibstyl ist schön flüssig und es ließt sich echt gut..
und zu der story brauche ich glaube ich nix weiter sagen oder???=)
eifach nur toll!!!!Ich hab richtig mitgefiebert und ich freue mich schon weiter zulesen!!!!
Von:  kawaii_kamy
2007-06-01T16:43:27+00:00 01.06.2007 18:43
Phu... was soll ich bei diesen ganzen tollen Kommentaren noch sagen? Eigentlich ist ja alles gesagt xD klasse Schreibstil, Yamato ist der größte, Ken ist sweet (wenn mir hier auch etwas zu unlebhaft... es ist schade das man nicht wirklich weis was in ihm vorgeht, wehrend er so 'benutzt' wird)
Was mir auch unklar ist, was empfindet er nun wirklich für Ken und was fühlt Ken für Yamato.
Anfangs dachte ich Yamato wehre schon in Ken verliebt, wegen seinem ganzen verhalten aber eben nicht nur Körperlich, inzwischen bin ich mir nicht mehr sicher. ^^; Bei Ken dachte ich auch, er hätte was für ihn übrig, schon weil er fragte ob er morgen wieder kämme, aber vielleicht brauchte er nur etwas nähe... weil er sie nie wirklich hatte.
Ein großes Rätsel, das alles! ^-^
Ach eins wehre da noch! Warum denkt er das er einen großen Fehler gemacht hat mit Ken, schnappt sich dann aber Sora? Ist das nicht irgend wo der selbe Fehler? Also das fand ich nicht so nachvollziehbar. ^^
Aber die FF ist einfach nur wunderschön. Mehr kann man da eigentlich nicht sagen! Ich hoffe du schreibst auch mal weiter ^^ wenn werde ich es sehen, da dise FF jetzt auf meiner Favo-liste ist. *g*

also man list sich hoffentlich ^-^b
deine kawaii_kamy
Von:  Kriska
2006-08-25T09:13:45+00:00 25.08.2006 11:13
hi
zwar bin ich etwas später dran, als die anderen (hey, es sind ja nur ... 11 Monate -_-"), aber besser zu spät als nie^^°
ich hab die ff durch zufall entdeckt und kann nur sagen, dass sie einfach nur genial ist und ich mir am liebsten in den Hintern treten würde, dass ich sie nicht früher entdeckt habe.
als ich sie angefangen habe zu lesen, war ich so gebannt, dass ich gar nicht mehr aufhören konnte^^°
also respekt, solch einen effekt haben wirklich sehr wenig ffs... besonders vom genre Digimon.
Naja, wollte nur mal kurz sagen, dass mir die ff seeehr gefällt... doch eine frage hätte ich noch.
Wie hoch besteht die wahrscheinlichkeit, dass man noch das dritte Kapitel zu lesen bekommt? (nach 11 Monaten ist die frage wohl angebracht +drop+ obwohl zwischen den ersten beiden auch 8 Monate lagen^^°)
naja,
bye
+wink+
Kriska
Von:  demiveemon
2005-09-24T23:36:55+00:00 25.09.2005 01:36
Horr.. *~*
Schön mal eine Fanfic vor sich zu haben, wo man von dem üblichen Kliché etwas Abstand gewinnt, dass jede erdenkliche Kombination von Shônen zwangsläufig auch ein guter ist, ungeachtet wie passend/unpassend sie sein mag. Die Fanatismus so mancher Fan ist manchmal schon erschreckend... <.<;
Jedenfalls finde ich, dass diese Fanfic sehr gut die Themen und Problematiken anspricht, die sonstwo von den Fanficverzapfer verbissen ignoriert und gar idealisiert werden, nur damit man die persönlichen Favoriten zusammenbringen kann. Ein ausgesprochenes Lob dazu.
Auch zu der sehr schön ausgesuchten Perspektive aus der die Geschichte geschrieben ist, ein großes Lob. Normalerweise wird bei dieser Art Geschichten eher auf das Opfer und den "Wiedergutmacher" eingegangen, der eigentliche Übeltäter wird zur Nebensache. Hat er seinen Funktion erstmals erfüllt, und das Opfer der Geschichte in einer für den Authoren günstigen emotionalen Zustand versetzt, ist er völlig unwichtig geworden. Auf die komplexe Psychologie, eventuelle Beweggründe und sowas wie moralische Bedenken des Täters wird viel zu selten eingegangen. ^___^V Hut ab!

An Überzeugungskraft mangelt der Fanfic auch nicht. So manchen eingebissenen Taitofan mag es missfallen, dass Yamato dieses Mal als Übeltäter dargestellt wird. Aber denkt man erstmals nach, ist diese mögliche Entwicklung gar nicht mal so unabwiegig und die Rolle des absoluten Arschloches spielt Ishida hervorragend!
Die Darstellung der verschiedenen Beziehungen die in der Geschichte vorkommen; Perversen zum Opfer, Opfer zum Perversen, Perversen zu sich selbst, Yamato zu Taichi, Yamato zu Sora und Co... Die Liste könnte ich noch endlos lang machen. Ist alles sehr gut auf einander abgestimmt und realistisch dargestellt.
Normalerweise käme es mir nicht in den Sinn, einen 16-Jährigen als einen wahrlich Perversen zu betiteln, ist er aus meiner Sicht längst nicht erwachsen. Drei Jahre Unterschied wirken auf dem ersten Blick nicht sonderlich lang, aber gerade in dem Alter in dem sich die Jungs gerade befinden bedeutet sie einen Unterschied wie Tag und Nacht. Im Verhältnis zu Ken ist er der Erwachsene, der sich auf das Kind vergreift, denn im Grunde versteht er was er da macht und dass es nie richtig sein könnte, egal was er sich vorgaukelt. Einfach genial! Freu mich schon auf den nächsten Teil. *Freischalter bestech zum schneller lesen*
Weiter so!
Von:  Dels
2005-09-11T12:32:16+00:00 11.09.2005 14:32
Oha! *_*;

Also ich muss erst mal was gestehen. Vor dir steht/sitzt wohl der militanteste Fanfiction-Verächter in ganz Animexx. Also alles, was nicht ausschließlich aus Original-Charakteren besteht, wird tunlichst von mir ignoriert. Warum ich außgerechnet deine FF gelesen habe, ist mir auch etwas schleierhaft, vielleicht liegt es daran, dass ich mehr Infos über Digimon, speziell Ken sammeln wollte. Joah.. und nach ein paar Zeilen reinlesen saß die Tsche wie hypnotisiert vor dem Kasten und hat sich gierig durch die Seiten geklickt. ^^°

Ich kenne mich wie gesagt eigentlich überhaupt ned aus mit den Charakteren und somit hab ich das Ganze auch eher als eine Original-Fic behandelt. Es ist mir nämlich als erstes sehr erfreulich aufgefallen: dieses ganze spezielle Digimon-Kauderwelsch mit irgendwelchen -mons die sich in noch giga-mäßigere Giga-mons verwandeln und dieses ganze Zeug - das fehlt hier fast zu Gänze. Wunderbar! Schonmal ein fettes Plus für dich ^^

Und das zweite und wahrscheinlich wichtigste: dein Schreibstil ist wirklich toll! Die Charakterentwickung nicht zu schnell, glaubwürdig und ich wage mal zu behaupten, dass es nicht OOC ist. Oder zumindest sehr viel weniger als in anderen Fics, in denen die Digi-Boys schon ab den ersten zwei Sätzen übereinander herfallen wie läufige Hunde *drop*

Also, wirkliches Kompliment, die Story entwickelt sich sehr schön und macht unheimlich Laune, weiterzulesen. Vielleicht, weil es einfach realistischer anmutet, als bei der großen Masse anderer Fics in dieser Richtung. Ob jetzt dieser Yamato wirklich so ein "Arschloch" ist und Ken in Wirklichkeit ebenso nicht viel mehr rauskriegt als: "Hallo", das sei mal dahingestellt, insofern interessiert es mich auch nicht, wie die Charaktere der Serie sind. Die zwei Charaktere sind so wie DU sie schreibst und darstellst sehr interessant, vor allem die Beziehung zwischen den beiden doch sehr ungleichen Gestalten ^^

Also, man dürfte wohl rausgelesen haben, dass ich sehr gespannt auf die Fortsetzung bin (ich will jetzt echt ned drängeln, aber wär es arg viel verlangt, mir nur gaaanz kurz per ENS nen Wink zu geben, wann das nächste Kapi on ist? Ich fürchte nämlich, ich kann mir den Namen der Fic so schlecht merken ^^°°)

Nochmal beide Daumen hoch von mir!
(und wenn ich das zu einer FF sage, dann heißt das wirklich was ^^)

da tsche


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