Begegnung mit Seth
Kapitel 5 - Begegnung mit Seth
Vielleicht half es, wenn er die Augen schloss. Gedacht, getan. Die Knie an den Körper gezogen, die Arme verschränkt drauf gegeben und auf ihnen ruhte der Kopf des Blondschopfs....
Lange saß Jono auf den Boden und wäre fast eingeschlafen, als er Schritte hörte. Wieder begann er zu zittern und versuchte sich so klein wie möglich zu machen. Innerlich hoffte er nur, dass die Person ganz schnell an ihn vorbei gehen würde. Doch leider hatte er sich geirrt, wie immer in seinem verfluchten Leben....
"Na, da ist ja unser kleiner, blondhaariger Ausreißer! Wer hat dir erlaubt, dich aus deinem Zimmer zu entfernen?....Ich glaub, dass müssen wir bestrafen...." meinte eine raue Stimme hinterhältig. Als der 18-Jährige die Stimme plötzlich neben sich hörte, stand er vor schreck auf und wollte flüchten, doch er kam nicht weit, da seine Beine auf diese schnelle Aktion nicht vorbereitet waren und im nächsten Moment nach gaben. Fluchend versuchte es der Blondhaarige wieder, wurde aber auch schon grob am Oberarm gepackt und auf die Beine gezogen. "Wo willst du den so eilig hin? Dabei haben wir uns erst jetzt kennen gelernt, Blondhaar! Ausserdem müssen wir dir noch Manieren beibringen! Und dann lernen wir uns richtig kennen...." und mit diesen Worten erschien auf dem Gesicht des anderen ein bösartiges Lächeln, was seinem Gefangenen nichts gutes verspricht. Mit brutaler Gewalt stiess er Jono den Gang entlang, dorthin, wo kein Sklave gerne hinging, wenn man nicht gerade auf Schmerzen stand....
"Hey, Jungs! Ich hab jemanden mitgebracht, der ein wenig eigensinnig ist....!" Nachdem sie bei einer kleinen Gruppe junger Männer ankamen, wurde der Blondhaarige von allen Seiten umzingelt, von oben bis unten gemustert und als einer seine Hand an Jono's Hintern legte, schlug der 18-jährige diese Hand weg und funkelt seinen Besitzer wütend an. "Mensch, Badir! Wo hast du denn den her? Der ist ja wie eine richtige kleine Wildkatze!"
Äusserlich zeigte Jono nur seine Wut, aber innerlich hatte er Angst. So wie immer. Hatte er sich jemals mal Angstfrei gefühlt...Nein! Noch nie! Die Angst war eigentlich sein ständiger Begleiter, auf die er gerne verzichten würde. Und wie oft wiederholte er die Fragen, warum seine Mitmenschen ihn das antaten? Wenn sie sich doch nur die Mühe machten und ihn nicht nach seinen äusserlichen, sondern nach seinen inneren Werten beurteilen würden....Aber vielleicht verlangte er da zu viel von anderen....
"Der da ist derjenige, der von unserem zukünftigen Hohepriester Seth gerettet wurde!" Hatte Jono sich getäuscht oder lag da wirklich in der Stimme von diesem Badir ein Hauch von Verachtung...Verachtung ihm gegenüber, weil es ihm jetzt hier im Tempel gab? Oder hatte es etwas mit diesen mysteriösen Hohepriester zu tun?
Unerwartet begann es wieder in seinem Kopf zu pochen und der 18-jährige legte seine Hände auf diesen. Am besten er machte sich keine Gedanken mehr über seine alltäglichen Fragen. Wäre gut für seinen Kopf und auch für ihn.
"Oje, hat Blondhaar ein Aua, Aua am Kopf? Na ja, mir würde dieser Kopf auch weh tun, wenn ich solche Haare hätte!" Badir begann zu lachen und seine Freunde machten einigen Sekunden mit. Am liebsten hätte der Jüngere jeden aus dieser aufgeblasenen Gruppe seine Faust ins Gesicht geschlagen, aber sein Verstand sagte ihm, dass Gewalt in dieser Hinsicht auch nichts brachte. Es würde sich nur noch negativ auf ihn ausrichten, also sollte er es bleiben. Aber genau in diesem Moment explodierte etwas in Jono. All die Wut, die er jahrelang in sich hineingeschluckt hatte, brach wie eine Welle über ihn ein und so stürmte er zu dem schwarzhaarigen Badir, der sich noch immer vor lachen den Bauch hielt. Er bekam nicht mit, dass der Blondhaarige auf ihn zu rannte und überraschend traf ihn eine Faust ins Gesicht. Durch die Wucht dieses Schlages wurde Badir zu Boden geschickt und blieb einige Zeit dort liegen. Es dauerte etwas, bis er keine Sternchen mehr vor seinem geistigen Auge sah. Dann griff er sich auf seine Nase, wo ihn sein Angreifer getroffen hatte und fluchte....Blut! Das soll ihm der Kleine büssen!
Seine blutende Nase haltend, stand er auf und sah zu den Jüngeren hinüber, der von zwei seiner Freunde gehalten wurde und ein anderer auf ihn einprügelte. Trotz dieser Übermacht versuchte sich der Blondhaarige mit all seinen Kräften zu wehren. Es geschah dem Verletztem doch ganz recht, dass er jetzt im wahrsten Sinne des Wortes bluten musste!
Dennoch musste sich Jono eingestehen, dass er besser auf seinen Verstand hätte hören sollen, den jetzt wurden zu seinen alten Wunden noch neue hinzugefügt.
Doch trotz der harten Schläge kam kein laut über seine Lippen. Er wollte den Personen in diesem Raum beweißen, dass sie ihm damit nichts mehr an haben können.
Plötzlich begann etwas seine Nase zu kitzeln. Verdammt! Warum aus...aus...JUH!!!!
Als ihn der nächste Schlag hätte ihn ins Gesicht treffen müssen, neigte Jono wegen dem Niesen seinen Kopf nach vor und die Faust verfehlte knapp seinen Kopf, doch stattdessen traf sie einen der beiden Männer, die ihn fest hielten. Dieser wurde für einige Zeit ins Land der Träume geschickt. Und der andere liess, aus welchen Grund auch immer, ihn auch los. Zwar fragte sich der Blondhaarige, was jetzt kaputt ist, aber nahm die Gelegenheit wahr und flüchtete. Kurze Zeit später wurde er schon verfolgt...
Verdammt! Nicht schon wieder! Immer wenn er schlafen wollte, begann sein Geist auf Wanderschaft zu gehen. Hat der eigentlich nie was von Auszeit gehört? Seit damals, hatte er nicht mehr schlafen können. Ok, geschlafen hatte er, aber sein Geist war Aktiv und kehrte immer an den selben Ort zurück. An den Ort, wo...
"Bleib stehn, du kleiner Schmarotzer! Du Nichtsnutz! Wenn wir dich in die Finger kriegen, dann gnaden dir die Götter!"
Wer, um Ra's Willen, schreit hier so rum? Wenn die unbedingt Fangen spielen wollen, dann sollen sie das leise machen....Schliesslich brauchte er als zukünftigen Hohepriester Schlaf. Aber irgendwie wollte es ihm nicht gelingen und ausserdem riet ihm eine kleine Stimme, dass es besser wäre, wenn er nach schauen würde, wenn die eigentlich jagen.
Jono war gerade bei einer Ecke abgebogen, als er auch schon das Geschreie gehört hatte. Verzweifelt sah er sich nach seinen Verfolgern um. Die waren aber echt flink. Das musste der 18-jährige doch neidlos zu geben. Dann seufzte er niedergeschlagen. Warum haben die Götter die falschen mit der Schnelligkeit ausgestattet? Oder waren Dunkelhaarige wirklich besser als andere? Hatten sie alle doch am Ende recht, dass Jono überhaupt nichts wert war? Warum, verdammt noch mal, war er überhaupt am Leben, wenn er eh zu nichts taugt? Noch einmal sah er zurück und bog wieder unbewusst in eine Ecke ein.
Als er seinen Kopf nach vorn drehte, stoppte er. Sackgasse! Heute war wirklich nicht sein Tag....Korrektur, wann war jemals sein Tag gewesen?
Ungläubig schüttelte er seinen Kopf. Warum kann er sich nicht einmal auf etwas konzentrieren, ohne dass sich seine Gedanken überschlugen?
"Na?...Hat dich deine Blödheit in die falsche Richtung navigiert?" War ja klar, dass die Typen ihn erreicht haben...
"Ich hab ihn gefunden!" rief er seinen Kumpels zu, die sich gleich auf den Weg zu ihm machten. Angst machte sich wieder in seinen Körper breit, wo noch vor kurzer Zeit die Wut geherrscht hatte. Warum musste er das Gegenteil machen, wenn sein Verstand an seine Vernunft appelliert? Irgendwie hatte der Blonde das Gefühl, dass seine Vernunft für einige Zeit verabschiedet hatte, sonst hätte die sicher etwas unternommen.
"Sag mal, Bürschen! Könnte es sein, dass du denkst, du hättest das gleiche Recht wie wir anderen?" fragte ihn einer aus der Gruppe. Und wenn, was ist daran falsch, dachte Jono, jedoch antwortete er nicht und hatte den anderen noch immer den Rücken zugewandt. "Was den? Hast du etwa das Sprechen verlernt? Aber egal! Deine Antwort ist für uns ohnehin nicht von Bedeutung. Den eines kann ich dir jetzt schon flüstern..." Langsam, Schritt für Schritt konnte der 18-jährige fühlen, wie der andere auf ihn zu kam. Ein Zitterattacke erfasste seinen Körper, aber er war starr vor Angst.
Mit einen Mal konnte er den Atem des anderen in seinen Nacken spüren, worauf eine unangenehme Kälte seinen Körper erschaudern liess. "...es wird sich nie jemand für deine Meinung interessieren! Du bist eine Missgeburt, die niemals hätte entstanden werden sollen und die nie jemand lieben kann!" Das traf Jono mitten ins Herz. Das kleine Fünkchen Hoffnung in ihm verblasste mit jeden Wort, so wie auch seine Augen mit jeden Wort leerer wurden. Grinsend strich der andere über die Haut des Jüngeren. Er will den Stolz, der in diesen Jungen noch vorhanden ist, brechen, Stück für Stück demütigen und anschliessend töten, denn was soll er dann noch mit diesem baldigen Häufchen Elend anfangen, der dann zu nichts, wirklich zu nichts mehr gebrauchen kann.
"Eigentlich hätte dich dein Vater töten müssen, wenn er nicht die Ehre seiner Familie beschmutzen möchte.... Es wundert mich, dass du am Leben geblieben bist? Gib es dafür ein Grund, Bürschen?" Seine Hand strich weiter über die zarte Haut des anderen, wanderte tiefer... "Hat er dich vielleicht am Leben gelassen, weil du nur in einer Hinsicht wertvoll bist?" Ungewollt zuckte Jono zusammen, als die Hand bei dem Bund seines Rockes(?) angekommen war. Sofort drehte er sich um und stiess den anderen von sich. Reine Panik konnte man in seinen Augen lesen, was dem zu Bodengestoßenen noch breiter Grinsen liess. Gemächlich stand er wieder auf und trat zu dem Blonden. Der Braunäugige wich jedoch von ihm, bis er mit dem Rücken gegen die kalte Steinwand stiess.
Mensch, Junge, dass ist eine Sackgasse! Da kommst nicht so leicht heraus, jeden Falls nicht lebend. Und dass wird sicher der Fall sein, wenn sie erst einmal mit dem, was sich Jono lieber nicht ausmalen möchte, fertig sind und genug von ihm haben....Oder aber es passiert ein Wunder, was eigentlich unvorstellbar ist.
Beim Blonden angekommen, sah er ihn in die braunen Augen, die vor Angst weit aufgerissen sind. Jetzt hatte er den kleine dort, wo er ihn haben wollte. Zwar nicht so wie nach seinen Plan, zuerst seine Stolz brechen, aber dennoch konnte er nicht fliehen. Nur noch wenige Zentimeter trennten ihn von seinem Ziel...
"Was macht ihr da mit meinem neuen Sklaven?" hallte eine ruhige, jedoch kalte Stimme durch den Flur und alle fuhren zusammen.
Jono hatte die Augen geschlossen, den Kopf bei Seite gedreht und drückte sich so fest es geht gegen die Wand. Er bekam nicht mit, wie der andere plötzlich von ihm abliess. Er war mit seinen Gedanken gerade dabei, wieder mit sich zu kämpfen. Trotz allem wollte diesen Fünkchen Hoffnung nicht aufgeben, was dem 18-jährigen noch mehr Kopf zerbrechen bereitete. Und im nächsten Moment verliessen ihn seine Kräfte und er sank zum Boden...
Geschockt sahen ihn alle an, nur die von dem Blondhaarigen blieben geschlossen. Ein kurzer Blick zu den Jüngeren und Seth erkannte, dass der Junge völlig fertig mit den Nerven war und dringend Ruhe brauchte, was man bei den Hohlköpfen nicht bekommen kann. Wenn der Braunhaarige eins nicht mochte, dann waren es Vorurteile! Und er wusste, wo von er sprach. Er selbst wurde auch von seinem Vater, dem Bruder des Pharaos, in die Sklaverei verkauft. Zu seinem Glück hatte der Pharao seinen Bruden dafür bestraft und Seth zu sich in den Palast geholt, wo er zusammen mit seinem Cousin Atemu auf gewachsen ist. Doch die Vorurteile, die die Menschen wegen seinen blauen Augen hatten, wurde zu seinem ständigen Begleiter, so dass er sich eines Tages entschlossen hatte: Wenn er die Menschen nicht mit Freundlichkeit von seinen Fähigkeiten überzeugen konnte, dann musste er eben auf die harte und kalte Tour sein Können unter beweis stellen und siehe da, die Menschen verachteten ihn nicht mehr.
Aber es hatte lange gedauert, bis er sein Ziel erreicht hatte und deshalb möchte er dem Jüngern helfen. Er hatte die Wunden gesehen, die der Kleine mit sich herum trägt. Er hatte auch einiges aus den ,netten' Sklavenhändler heraus gekitzelt, der dem Blondhaarigen mit einem Knüppel eins übergebraten hatte. Nach diesem Gespräch hatte er dem anderen ein kleinen Beutel voller Goldmünzen zu geworfen und Jono in den Tempel gebracht, wo er sich anschliessend um den Jüngeren gekümmert hatte.
"Verschwindet und lasst den Jungen ein für alle mal in Frieden!" zischte der Blauäugige gefährlich und sah die Dienerschaft mit seinen eiskalten Blick an. "Ja...jawohl, Hohepriester Seth!" stammelten sie und liefen eiligst davon.
Gerade noch rechtzeitig, denn der Blonde drohte eine schmerzhafte Bekanntschaft mit dem Boden zu machen. Wie der Blitz war Seth bei ihm und fing ihn auf. Er musste hart schlucken. Der Körper in seinen Armen fühlt sich abgemagert an. Erst jetzt fiel es dem 19-jährigen auf, dass sie Rippen so unnatürlich hervor stachen. Mit einem konnte der 18-jährige wirklich jetzt schon rechnen, wenn er aufwachte bekam erst einmal eine große Portion Essen!
Vorsichtig nahm Seth den Unmächtigen in die Arme und brachte ihn in sein Gemach....
Sorry, dass ich erst jetzt wieder schreibe. ^^'
Ich hoffe, euch hat dieses Kapitel gefallen. Ich persönlich fand die anderen besser.
Freue mich auf eure Kommi.
Lg, Gwen