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Schattenspinner

Im Spinnennetz düsterer Magie
von

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Schattenträumer

Ihn umgab eine Ahnung von Dunkelheit und Kälte, aber ein Schutz aus seidigem weichen Material wärmte ihn. Dann und wann drang das Echo von aufgeregten Stimmen an sein Ohr, doch sie waren nicht mehr als zwitschernde Vogelstimmen, die verstummten, als der Träumer sich erhob und aus der dunklen Höhle des Schlafes ins Licht eines Traumes trat....
 


 

Dayin stand auf einer kleinen Lichtung und blickte sich verwirrt um. Er konnte sich nicht erinnern, wie er an diesen Ort gekommen war, denn dies war der Wald seiner Kindheit, den er so nicht mehr kannte. Um ihn herum erhoben sich die hohen Bäume, manche knorrig und verbogen von Wind und niedergedrückt vom Regen, andere gerade und hoch gewachsen. . Durch das Blätterdach fiel Licht und malte wirre Muster auf seine Haut und seine Kleidung, die manchmal wie Bilder schienen.

Er sah sich vorsichtig um. Das Gras und die Pflanzen des Waldbodens reichten bis zu den Knien, so daß er nicht sehen konnte, was zu seinem Füßen war.

Und doch - er wußte, daß er nicht an einem altvertrauten Ort stand, sondern inmitten eines Trugbildes. Die Farben der Blätter und Bäume wirkten verwaschen, ja fast grau - als seinen sie nur eine blasse Erinnerung, an das, was einmal gewesen war und etwas fehlte: Der Gesang der Vögel, der nur in den kalten Wintermonaten verstummte. Doch jetzt war es mitten im Sommer. Wie konnte das sein? War er nicht schon längst vorüber? Vergangen wie eine Erinnerung an schönere Zeiten. Den Elfen durchrann ein heißer Schauer, als er erkannte:
 

Erinnerung war der Schlüssel zu allen Geheimnissen die ihn umgaben.
 

Dayin spürte es mit jeder Faser seines Wesens, und doch fühlte er sich kraftlos und wie gelähmt, als fürchte er sich davor, Dinge zu entdecken, die ihn noch tiefer in den Abgrund stürzen konnten. Warum sprang er nicht gleich in die Schlucht in einem anderen Teil des Waldes und endete sein Leben, vielleicht war er dann endlich frei von den quälenden Gefühlen, die an seinem Geist nagten?

Plötzlich zuckte er zusammen, denn in den Büschen, die die Schneise begrenzten, raschelte es. Aber wie konnte das sein, wenn er doch das einzige lebendige Wesen hier war, abgesehen von einigen flatternden Schatten am Rande seines Sichtfelds, die vielleicht Schmetterlinge sein konnten.

Lebendig? Lebte er überhaupt noch, oder schwebte er bereits in einem Zustand zwischen Sein und Nicht-Sein, wie schon einmal vor langer, langer Zeit? Da war das Flattern einer Erinnerung, die zaghaft näher kam, und blitzschnell entfloh, als er nach ihr haschen wollte.

Dayin holte tief Luft und sah in die Richtung, aus der die Geräusche kamen.

Nun bemerkte, daß sich dort auch die Blätter bewegten. Ein schmaler braun befellter Körper tauchte zwischen den Blättern auf und dunkle glänzende Augen sahen ihn aufmerksam, ja fast ernst an.

"Squirrit?" Den kleinen Marder hatte er schon seit dem Sommer nicht mehr gesehen und angenommen, daß sein Tierfreund sich eine Gefährtin gesucht und eine Familie gegründet hatte. "Was machst du denn hier?"

"Quiiier!" gab ihm der Marder zur Antwort, ehe er leise fiepte lossprang und an seinen Hosenbeinen hochkletterte, bis er ganz unter dem weiten Hemd verschwunden war. Dayin holte tief Luft. Daß der Marder kein Trugbild war, spürte er an den scharfen Krallen, die sich in seine Haut bohrten, wenn Squirrit den Halt im Leder verlor und den warmen Körper unter dem struppigen weichen Fell, der sich fest an ihn drückte.

Der Elf seufzte.

Doch gerade, als er das Tier unter seinem Hemd wieder hervorholen wollte, hörte er in seiner Nähe die hellen Stimmen von Elfen, dann ein unheimliches Brüllen und einen spitzen Schrei. Er riß die Augen auf. Nun fühlte er sich in eine Zeit versetzt, die er vergessen geglaubt hatte...
 

Vor ihm teilten sich die Büsche und wuchsen in die Höhe.

Plötzlich war er wieder kaum zwei Wechsel der Jahreszeiten alt, einsam und verängstigt. Weinend streckte er die Arme nach Mama aus, doch die war zu weit weg - auf der anderen Seite der Büsche, am Bach.

Seine Väter kauerten bei ihr und verdeckten seine Sicht auf Mama. Warum taten sie das?. Der kleine Elf versuchte sich bemerkbar zu machen: "Maaaaaaaaammmmmaaaa, Paaaaaaaappppppp...." klagte er, aber die beiden Älteren beachteten ihn nicht. Warum schimpften sie jetzt mit Mama, schüttelten sie und schrien sich jetzt auch noch an, als hätte einer von ihnen was getan, was er nicht durfte?

"Nich... weh tun!" Dayin schniefte und versuchte sich zwischen den Ästen des Busches durchzuwinden, aber die Blätter und Dornen piekten, so daß er es schnell wieder sein ließ. "Aua!"

Mama hatte ihn dahinter gesteckt, und war dann zum Bach gelaufen, weil sie was Schlimmes gehört hatte, was sie ihm nicht sagen wollte. Und dann war es ganz furchtbar laut geworden. Dayin hatte sich unter dem Laub versteckt und die Ohren zugehalten, bis es wieder leise geworden war.

Ganz schrecklich leise. Gerade als er hatte kucken wollen, waren dann seine Papas angelaufen gekommen ... und hatten ihn seither nicht mehr beachtet, obwohl er gerufen und geweint hatte.

Dayin verstand die Welt nicht mehr und reckte sich wieder Er konnte nur sehen, wie einer seiner Papas Mama auf den Arm nahm. "Mama weh?" fragte er vorsichtig, wurde aber wieder nicht wahr genommen, bis...

Der Elfenjunge quietschte, als ihn jemand hochhob, lachte aber wieder, als er den Schwarzhaarigen Elfen erkannte, der ihn auf die Arme nahm und schlang seine Arme um dessen Hals. "Ay ...da!"
 

Ayda.... Aydan. Wie ein Blitzschlag durcheilte Dayins Körper die Erkenntnis, und über das Gesicht des jungen Elfen aus seiner Erinnerung schob sich das eines älteren, in dessen Züge die Zeit ihre Spuren hinterlassen hatte. Der dunkle Jäger, dem er schon mehrfach im Wald begegnet war, mußte ihm seit frühster Jugend vertraut sein.

Aydan Schattenfänger war sein Bruder. Und das warf weitere Fragen auf, die in seinem Kopf hallten und ihn verwirrten. Aus den leisen, wispernden Stimmen seiner Vergangenheit schälte sich dann aber eine sanfte, die nicht aus seinem Geist kam. "Komm her mein süßer kleiner Welpe mit dem nußbraunen Fell!"

Dayin erstarrte und sah vorsichtig in die Richtung. Er schluckte heftig, denn da stand jemand, den er seit seinen Kindertagen nicht mehr gesehen hatte. "Ma...Mama?" wisperte er mit kindlicher Stimme.

Sie sah noch immer so aus, wie an dem Tag, an dem sie sich nicht mehr aus dem Schlamm des Bachufers erhoben hatte. "Ich bin hier!" sagte sie mit ihrer sanften aber starken Stimme und streckte lächelnd ihre Hand aus. "Die Fünffinger haben mir damals sehr weh getan, mein Sohn, und ich habe lange gebraucht, bis ich wieder gesund geworden bin." Ihre Augen leuchteten "Oh, wie groß du geworden bist. Ich bin so stolz auf dich."

Verwirrt schüttelte Dayin den Kopf und näherte sich ihr.. Seine Gefühle gerieten durcheinander, denn er wußte nicht, ob er an diese Worte glauben sollte. Was nach dem Ereignis am Bach geschehen war, wußte er nicht mehr zu sagen, denn seine Erinnerungen versiegten so schnell, wie sie gekommen waren. Seine Mutter war gestorben ... oder lebte sie doch noch?

Ein schmerzhafter Biß in seine Seite brachte Dayin wieder zur Besinnung und ermahnte ihn daran zu denken, wo er war. Er wich einen Schritt zurück - wie konnte er nur vergessen, daß an diesem Ort alles möglich war. Und Lügen zur Wahrheit werden konnten.

"Was ist mit dir?" fragte seine Mutter und ihre Augen weiteten sich fragend, als verstünde sie seine Ablehnung nicht. "Dayin, mein Kind, was hast du plötzlich?"

"Du bist nur ein Trugbild!" keuchte Dayin und wich noch weiter zurück. "Nichts weiter als eine Lüge" Dann drehte er sich um und rannte, so schnell ihn seine Füße trugen davon, sprang und stolperte über Stock und Stein. Der Wald lichtete sich und zwischen den Bäumen konnte er bereits das Steppenland sehen - den verbotenen Ort.
 

*Stehenbleiben!* Harsch klang die Stimme des Ältesten in seinem Geist, und der dünne, kleine Elfenjunge blieb stehen und blickte sich suchend um. Aber er konnte niemanden erspähen, obwohl ihm doch Aydan schon gezeigt hatte, worauf er achten mußte. Trotzdem wurde er das Gefühl nicht los, beobachtet zu werden.*Bis hier hin und nicht weiter. Warum setzt du dich schon wieder über das Gebot hinweg? Halte dich von den Fünffingern fern!*

"Aber ich bin doch ganz vorsichtig gewesen, und sie haben mich gar nicht bemerkt. Aydan hat mir viel gezeigt. Ich bin schon ganz groß!", piepste Dayin leise und spähte verlegen unter seiner struppigen Mähne hervor, die keine der älteren Elfen bisher gebändigt bekommen hatte. "Ich will doch nur zeigen, was ich schon kann..."

Schuldbewußt blickte er zu Boden und malte mit den Zehen einen Kreis in die Erde. Dann blitzte es jedoch in seinen Augen auf und er schoß, wie der Blitz zurück in das Dickicht des Waldes, rannte über einen umgestürzten Baumstamm, sprang über ein paar spitze Steine hinweg und kroch durch ein Loch unter den Dornenbüschen in ein Versteck unter hohen, dunklen Nadelbäumen. Das war nur einer der Orte, die er hier entdeckt hatte, und an die er sich zurückzog, wenn wieder einmal Ärger im Anzug war.

Goldfederfell würde bestimmt schimpfen, wie so oft, wenn er seine Nase in Dinge steckte, die ihn gar nichts angingen, oder sich zu weit vorwagte. Dabei war er doch nur neugierig und wollte mehr von allen Dingen erfahren, damit er gut vorbereitet war. So wie Aydan es ihm beigebracht hatte.

Nachdem er eine Weile mit angezogenen Beinen unter den niedrigen Ästen gehockt hatte, glaubte er sich endlich sicher und beschloß, durch die andere Lücke zu kriechen, die er entdeckt hatte, um herauszufinden, was dahinter lag. Dayin schob sich bäuchlings durch den schmalen Spalt und fand sich plötzlich an einem seltsamen Ort wieder ....

Vor ihm erhob sich ein grauer Felsen, so hoch und breit wie zwei Fünffinger. Er war in der Mitte gespalten, und aus dieser Vertiefung erhob sich ein alter, knorriger Baum mit Rinde, die ihn an verwesendes Aas erinnerte.

Jemand, der genauer hinsah, und die Phantasie besaß, konnte sich darin die Gestalt eines Elfen vorstellen, der seine Hände zum Himmel reckte, den Kopf zu den Sternen erhoben und das Gesicht in einem Schrei verzerrt.

Dem Elfenjungen liefen kalte Schauen über den Rücken. Es war unheimlich hier und roch nicht gut, so als hätte hier noch vor kurzer Zeit ein totes Tier gelegen?

Trotzdem wagte er sich weiter vor und umrundete den Felsen, immer argwöhnisch den Baum beobachtend. Zwischen den Wurzeln des Baumes und dem Felsen verbarg sich eine Höhung, die bestimmt groß genug war, um auch einen so großen Elfen wie Goldfederfell aufzunehmen.

Und was blitzte da zwischen dem vermodernden Laub?

Neugierig schob der Elfenjunge die zerfallenden Blätter beiseite und japste, als ihm ein Schädel entgegengrinste. Nicht der eines Tieres ... nein ... die die Reste der porösen Knochen eines Elfen. Etwas strich über seinen nackten Arm, hinauf zu seiner Schulter und ihm war, als richteten die leeren Augenhöhlen ihren Blick auf ihn. Einsamkeit, Zorn und Verzweiflung strömten auf ihn ein, aber auch Gier - Verlangen nach ihm.

"Iiiiiieeeeeeee!"

Da verließ den kleinen Frechdachs doch der Mut und er wich zurück, als er eine Berührung spürte, die keinen sichtbaren Ursprung hatte. Mit zitternden Gliedern und heftig pochendem Herzen floh er von diesem Ort.

Da nahm er doch lieber die Predigt des Ältesten auf sich und die Strafe, die sein Ungehorsam nach sich ziehen würde. Denn die Beklommenheit und die Ahnung, etwas sehr Schlimmes aufgeschreckt zu haben, wich erst, als er den Nadelbaumring vor sich sah und die ersten Elfen sah. Jetzt war er ganz sicher, denn hier beschützten die Älteren ihn.
 

Er blieb vor den hohen Nadelbäumen stehen, die den Hain begrenzten und blickte sich verwirrt um. Goldfederfell, Morgenlicht, ja selbst Rosenlieb gingen an ihm vorüber, als sei er nicht da, sondern nur eine körperlose Seele. Er blickte genauer auf die Gestalten und schauderte: Wirkten die Elfen, die ihm entgegen kamen nicht selber wie Schatten?

Der Elf ballte die Fäuste und preßte die Lippen fest aufeinander. Enthielten diese falschen Bilder nicht ein Fünkchen Wahrheit? Gehörte er wirklich noch in den Hain der Schattentänzer? Hatte er überhaupt ein Recht, dem Stamm anzugehören, wenn er sich selber nur an Fetzen seines Lebens erinnern konnte, und immer wieder das Gefühl hatte, eine große Schuld zu tragen?

Der Älteste, die geliebte Freundin, die Geschwister ... und all jene mit denen er sein Leben geteilt hatte... Sie waren ihm vertraut, aber doch fremd. Zwischen ihnen und ihm stand eine Mauer des Vergessens und der Angst..

"Erkennst du es nun. Du und ich, wir sind uns ähnlicher als du denkst. Und wir teilen das gleiche Los. Wir sind einsam. Wir sind Schatten inmitten der Fröhlichkeit und Verbundenheit der anderen." Etwas berührte ihn.

Dayin blickte vorsichtig zu der Hand hin, die sich auf seine Schulter gelegt hatte. Sie war schlank, schmal und bleich. Er drehte seinen Kopf und dann seinen Oberkörper, bis er die bleiche Erscheinung ganz vor sich sehen konnte, während die Umgebung um ihn herum sich verdunkelte und verzerrte.

Das Gesicht der Elfe war unter den wirren farblosen Haaren, die wie Spinnengewebe wirkten, verborgen. "Wir sind überall fremd, und wir werden es auch immer sein, wenn wir nicht mit Herz und Geist aufgenommen werden! Nur weil sie uns nicht verstehen, oder unser Denken und Fühlen begreifen wollen", sagte sie anklagend. "Und es sogar hassen."

"Das ist nicht wahr!" widersprach Dayin mit erstaunlich fester Stimme. "Um jemandem anzugehören, muß auch ich mein Herz und meine Seele dem anderen offenbaren. Nur so kann Vertrauen entstehen und wahre Verbundenheit."

Er zuckte zusammen. Der Schmerz in seinem Kiefer war wie die Narben verschwunden.

"Du willst nicht verstehen!" Ihre kalte eisige Stimme jagte einen Schauer durch seinen Leib, während ihre Finger sich tiefer in seine Schulter krallten. Dayin zitterte am ganzen Leib, doch ein Bild, das kurz vor seinem inneren Auge erschien, gab ihm die Kraft sich ihrem Griff zu entziehen. "Was willst du eigentlich von mir?" Und nach einer kurzen Pause, in der er tief Luft holte: "Warum verfolgst du mich schon mein ganzes Leben? Was habe ich dir getan?"

"Was du mir getan hast?" Die Stimme klang sanft und traurig. "Mein Liebster, du hast mir nichts getan, aber du hast mich bis jetzt nicht verstanden. Vielleicht fällt es dir jetzt leichter, denn ich brauche deine Hilfe."

Die schmalen Hände schoben das Haar beiseite und enthüllten ein spitzes maskenhaftes Gesicht, in dem nicht einmal mehr die grauen Augen lebten. "Verstehst du mich jetzt? Aus mir ist alles Leben gewichen. Du kannst es mir wiedergeben. Allein das habe ich von dir erbitten wollen, du jedoch hast mich nie verstanden." In ihrer Stimme klang Einsamkeit und Verzweiflung mit. "Jetzt aber vermagst du es."

Dayin sah sie an und nickte langsam. Ja, jetzt verstand er.. Ihre Stimme rührte sein Innerstes. Wie ein Schwarm Schmetterlinge stoben die Schatten seiner Vergangenheit auf und irrten in seinem Geist umher. Doch der Elf haschte nicht nach ihnen, denn die Falter waren farblos und grau- ein besonders großer sogar schwarz. Er hatte Angst davor, sich ihnen zu stellen, denn eine Ahnung sagte ihm, daß sich in ihnen Geheimnisse verbargen, für deren Enthüllung er noch nicht stark genug war.

"Wer bist du eigentlich?" fragte der Elf rasch um die Erinnerungen zu vertreiben.

"Ich bin nur ein Schatten meines wahren Selbst!" Sie hob die Arme und blickte zu den Sternen. "Sieh hinauf. Einst war ich ein Teil von ihnen und frei dorthin zu gehen, wohin ich wollte, wohin wir wollten. Doch dann folgten wir einem Ruf, ohne zu ahnen, daß dies unser Verhängnis sein würde ... und der Fluch dieser Welt ereilte uns."

Sie sah zu ihm hinunter. Zum ersten Mal schimmerte in ihren Augen eine Regung. "Aber was verstehst denn du schon von der Zeitlosigkeit eines unendlichen Lebens? Du, der einmal den Keim der Sterblichkeit dieser Welt in dir getragen hast - wenn auch nur für kurze Zeit. Was verstehst du von der Grenzenlosigkeit der Macht Myriellins, von der du nicht einmal einen Hauch besitzt?"

Der Wahnsinn irrlichterte in ihrem Blick, als sie weitersprach. "Ich habe versucht, diesem Ort, dieser Welt zu entkommen, nachdem ich gesehen habe, welche Zwänge sie uns auferlegte ... aber statt dessen hat sie mich noch fester in ihre Fesseln geschlagen."

Sie schrie gequält auf und schien ihn vergessen zu haben, denn ihre Worte richteten sich an jene, die Dayin nur aus den Geschichten der Ältesten kannte. "Warum habt ihr mich nie verstanden. Warum hat ihr meinen Traum nie teilen wollen, sondern immer nur euren Kopf darüber geschüttelt und behauptet, es sei ein sinnloses Unterfangen? Vor allem du Trillian, für den ich immer nur Achtung und Bewunderung empfunden habe?"

Ihr hysterisches Lachen ging in ein hoffnungsloses Schluchzen über und sie sank in die Knie. "Warum habt ihr aufgehört, gegen diese Welt zu kämpfen, und sich ihr ergeben?"

Diese verzweifelte Wut war echt.

Die Elfe sank in sich zusammen und zitterte heftig. "Ich wollte uns doch nur die Freiheit zurückgeben... aber du hast mich verstoßen, Trillian! Warum nur?" Sie krümmte sich wie in Schmerzen. "Wenn ich es dir doch noch einmal erklären könnte. Aber du wußtest keinen anderen Weg mehr, als mich allein herumirren zu lassen."

Trotz aller Vorsicht fühlte Dayin Mitleid, schließlich war er einmal in einer Lage gewesen, in der Trost seinen Schmerz gelindert hatte.
 

"Hab keine Angst vor uns." Die zarte Stimme einer Elfe und ihre kühlen, heilenden Hände waren die ersten Wahrnehmungen, die ihn aus dem Meer der Schmerzen rissen. Er öffnete die Augen und sah in große bernsteinfarbene Augen. "Wir, das sind ich und meine Brüder, haben dich schwerverletzt am Ufer des Flusses gefunden. Du hast dich immer noch an den Baumstamm geklammert, der dich ans Ufer getragen hat.

Wasser? Alles was er spürte, war Feuer, das in seinem Kopf und auf seinem Gesicht brannte. Er öffnete den Mund, doch außer einem erstickten Schmerzenslaut vermochte er nichts zu sagen.

"Nicht sprechen. Du kannst es uns später sagen", sagte sie und strich ihm vertrauensvoll über die Stirn. "Du brauchst erst einmal sehr viel Schlaf.

Er versuchte ihr seine Dankbarkeit zu senden, aber nicht einmal mehr dazu war er fähig. Sein Kopf war leer ... ausgebrannt. Verzweiflung erfaßte ihn. Die Elfe mußte das wohl in seinem Blick gesehen haben, denn sie legte nun beide Hände auf seine Stirn und tröstete ihn mit sanften Liebkosungen. "Schlaf jetzt und erhole dich. Schließe die Augen. Es wird alles wieder gut werden."
 

Nicht würde wieder gut werden, aber er verstand das Leid dieser Erscheinung seiner Albträume jetzt und konnte wenigstens die Freundlichkeit wiedergutmachen, die ihm damals von den Wanderern und vor allem ihrer jungen Heilerin Sonnenauge erwiesen worden war. Es schien ihm nur gerecht.

Dayin achtete nicht auf das protestierende Kratzen Squirrits auf seiner Haut.

Statt dessen trat er auf die Elfe zu und kauerte sich vor sie. Seine Hände legten sich wie von selbst auf ihre blassen Wangen, um sie zu trösten. Dann aber weiteten sich seine Augen. Mit Erstaunen bemerkte er, wie sich die kühle Haut der Elfe unter seiner Berührung erwärmte, sich die Muskeln darunter regten und die dünnen Lippen zu einem verzückten Lächeln hoben. Die Augen der bleichen Gestalt schlossen sich, und ihre langen Wimpern zitterten, als sie sich seinen Berührungen hingab, seinen Fingern, die über die Wangenknochen, den Nasenrücken strichen und den Schwung ihrer Augenbrauen nachfuhren. Ihre Lippen öffneten sich leicht. "Bitte höre nicht auf, mein Geliebter. Nimm mich in deine Arme ... denn ich bin dein. Bitte schenke mir deine Liebe ... dein Leben!" wisperte sie. "Umarme mich und halte mich fest - für immer!"

Ihre Hände krallten sich in seine Schultern. "Tröste mich. Liebkose mich", wisperte sie bittend und gierig zu gleich. Doch Dayin stieß sie nicht zurück, denn er verstand ihr Flehen jetzt. Der Marder zeterte.

**Unsere Seelen sind eins. Niemals werden wir voneinander getrennt sein, mag geschehen sein was wolle ... **, sang eine Stimme plötzlich in Dayins Geist. Er riß die Augen auf, während die bleiche Elfe plötzlich zusammenzuckte und den Kopf hob, als ihr Bann über ihn zerbrach! Ihre Lippen zitterten. vor Wut. "Vergiß sie!"

"Sie?" Noch während Dayin verwirrt dieses Wort aussprach, wußte seine Seele, wer gemeint war.

Er durfte Frühlicht nicht vergessen.

"Du weißt wen ich meine!" klagte die bleiche Elfe. "Sie hat immer noch nicht begriffen, daß ich dich will und dir viel mehr schenken kann als sie es je vermochte." Ihr Gesicht nahm einen flehenden Ausdruck an. "Du hast mich aus meinem langen Schlaf geweckt, obwohl du noch so jung warst, so süß und unschuldig. Und dann ist sie gekommen und hat dich mir entrissen."

"Das ist nicht wahr." Dayin schob die Hände der Elfe von seinen Schultern, hielt aber noch die dünnen Arme der Elfe fest. "Als ich noch ein Kind war, wußte ich nicht, was ich tat und später ... Frühlicht und ich sind eins. Sie hat mich dir nicht entrissen, denn ich habe dir niemals gehört, sondern nur immer ihr."
 

"Wo willst du nur hin, mein kleiner Welpe?" Die Jägerin packte lachend in Dayins lange Haare und verhinderte damit, daß er ihr entwischen konnte. Der junge Elf gab einen unwilligen Laut von sich. "Frühlicht ... bitte laß mich hinterher, ich kriege das Reh schon noch."

"Nein!" sagte die Elfe mit den braungoldenen Haaren. "Das hat keinen Sinn mehr. Im Dickicht findest du es nie."

"Doch, ganz bestimmt!" verteidigte sich der junge Elf, der erst kurz bei den Jägern weilte, und ihnen aus unerklärlichen Gründen schon mehrfach Beute verjagt hatte. Nur Frühlicht sah in dem schlanken Halbwüchsigen mehr als einen großen Tollpatsch und verteidigte ihn gegenüber den anderen Jägern, auch wenn Dayin ihre Beweggründe nicht verstand. Sie strich ihm die wirre, braune Mähne aus dem Gesicht. "Und wie kommst du darauf?" wollte sie wissen.

"Na ja, die Kaninchen im letzten Winter - sie sind nicht weggelaufen, als ich sie fangen wollte, und das Reh hatte auch keine Angst vor mir, bis ... bis du gekommen bist!" druckste der junge Elf herum.

"Sie haben dich nicht gerochen!" Frühlicht lachte. "Dann glaubst du wohl, du hast Macht über die Tiere? Das wüßte ich aber ..." Sie runzelte die Stirn. "Obwohl es möglich sein könnte, daß ..."

Sie blickte Dayin nachdenklich an und ließ seine Haare los. "Nun gut. Versuchen wir unser Glück noch einmal."

"Na endlich verstehst du!" Sturmtänzer huschte zwischen die Büsche und sie folgte ihm dichtauf. Sie folgten der Spur des geflohenen Rehs immer tiefer in den Wald, bis sich vor ihnen eine größere Dornenhecke erhob.

Der junge Elf blieb verwirrt stehen.

* Du glaubst doch wohl nicht, daß das Tier da durch ist?* meinte die erfahrene Jägerin an seiner Seite. *Da müssen wir lang.*

*Ich weiß nicht.* Dayin faßte sich verwirrt an den Kopf. Warum war er plötzlich so durcheinander beim Anblick dieser Hecke, die nicht einmal mehr so hoch wirkte, wie in seiner Erinnerung? Er wußte noch, daß er sich noch vor ein paar Jahren hier gerne vor Goldfederfell und den anderen Ältesten versteckt hatte, bis ...

Frühlicht sah sich mißtrauisch um. Ihr Gesicht war angespannt, und ihre Nasenflügel zitterten, als wittere sie etwas wie ein Wolf. Dann seufzte sie. *Alte Gewohnheiten vergesse ich nicht so schnell.* lächelte sie kurz und wurde wieder ernst. *Laß uns aber trotzdem hier verschwinden. Ich mag diesen Ort nicht und werde Goldfederfell bitten, ihn sich einmal genauer anzusehen.*

*Ja* ,entgegnete Dayin fröstelnd. Für einen Moment huschte das Bild eines Elfenschädels - unter Laub und Dreck verborgen durch seinen Geist. * Ja, ich mag ihn auch nicht!* Doch er konnte Frühlicht nicht davon erzählen. Doch bevor sie ihren Weg fortsetzten, warf er noch einmal einen Blick auf die Hecke und es war ihm, als blickten ihn zwei silbrig grau schimmerde Augen aus dem Dornendickicht, die ihn um etwas anflehten. Er schnappte nach Luft.

*Komm von hier fort!* Frühlichts schmerzhafter Griff um seinen Oberarm, brachte ihn in die Wirklichkeit zurück. *Suchen wir nach anderer Beute! Schließlich will ich nicht mit leeren Händen nach Hause kommen!*
 

"Aber ich habe mich verborgen und nicht gezeigt, als Trillians Kind und die anderen Erstgeborenen kamen, und auf IHR Geheiß diesen Ort absuchten. Ich war klug und stark genug, ihren Sinnen zu entgehen", wisperte die Elfe gefährlich leise. "Ich habe mich immer nur Auserwählten gezeigt - und von all jenen liebe ich vor allem dich." Ihre Augen wurden wieder sanft und nachgiebig.

Dayins Stimme zitterte, als er ihr antwortete. "Goldfederfell nannte es einen Ort böser Magie, und riet allen, ihn zu meiden."

"Wie töricht, denn es war nicht der einzige Ort, an den ich gebunden war, wie du später heraus gefunden hast," konterte sein Gegenüber und musterte ihn genau. "Denn du hast nicht ruhen können, mich wiederzufinden."

"Das mag sein", entgegnete Dayin und versuchte ihr keine Blöße zu bieten oder sich zu verraten. "Doch ich habe für diesen Fehler bitter bezahlt."

"Nicht genug, wie mir scheint!" Die bleiche Erscheinung lachte böse, und entzog sich seinem Griff. Mit einer weit aus holenden Geste richtete sie sich wieder auf. "Ich glaube, du hast einiges vergessen. Sieh hin und begreife endlich!"

Dayin kauerte weiter im Gras und blickte wie gebannt zu ihr hin.

Erneut veränderte sich die Umgebung. Ein schwefelgelbes Licht gab den Bäumen, Büschen und Pflanzen eine seltsame Farbe. Gräser und Blätter raschelten in den aufkommenden Windböen, und über das Geheul des nahenden Sturmes hinweg vernahm er immer lauter werdenden Donner. Ein so schlimmes Gewitter hatte er zuletzt erlebt, als er trotz der Warnungen der ...

Der Elf erstarrte als zwischen ihnen ein Schwarm grauer Schmetterlinge hochstob. Ihre kleinen Schatten verdunkelte hell leuchtende Silhouette der Elfe. Deren Gestalt war von einem gelblich weißen Licht umgeben, wie der Baum auf dem Hügel zu dem er gelaufen war. Dayins Augen weiteten sich, als sich ein schwarzer Schmetterling auf seine Nase setzte und seine Flügel unruhig bewegte. Sie zitterten im Takt seines Herzschlags, seines ...

"Aaaaaaaaaaaaahhhhhhh!"

Dayin schrie auf, als sich kleine scharfe Zähne in sein Ohr gruben und das Ohrläppchen durchbissen. Blut benetzte seine Wange und seine Hals und lenkte seine Sinne auf jemand anderen als die Bilder. Squirrit war unter dem Hemd hervorgeschossen und klammerte sich an seinem Hemd fest. Der Marder keckerte ihm laut ins Ohr.

** Laß dich nicht von ihr wegreißen mein Geliebter, verbanne ihre Bilder aus deinem Geist!**

* Ich .... ich!* Schmerzerfüllt warf Dayin den Kopf in den Nacken. Der Schmetterling stob auf und umkreiste ihn, als wolle er nicht von seiner Beute ablassen. In die Beine des Elfen kam wieder Leben, als ihn der Marder mit weiteren Bissen auf die Beine trieb.

** Lauf weg! Sammle Kraft, denn noch bist du nicht stark genug, für die Wahrheit!**

Dayin riß seine Augen auf. Für einen Moment trafen sich sein und Squirrits Blick, und nun verstand er, wer die ganze Zeit bei ihm gewesen war. ** NYX! **

** Ja mein Geliebter, ich bin hier. Und nun tu, was ich dir sage, ehe sie bemerkt was geschieht!**

Ein lautes Krachen in seiner Nähe und der Geruch von schwelendem Holz weckte Dayin aus seiner Erstarrung. Schwere Regentropfen prasselten auf den braunhaarigen Elfen herunter und durchnäßten ihn im Nu. Sie machten seine Kleidung schwer.

Und noch immer noch war das Lachen der Elfe über den Donner zu vernehmen. Sie schien vom Regen nicht niedergedrückt zu werden, sondern hatte die Hände zum Himmel gehoben und schien die unter den schweren Wolken tanzenden Blitze zu sich rufen zu wollen.

Doch plötzlich hielt sie in ihrem Freudentaumel inne und schrie wütend auf. "Nein, du kommst mir nicht mehr dazwischen!" Schneller als ein Lichtstrahl schoß sie vor - und packte - ehe Dayin begriff, was geschah - den Marder. "Jetzt werde ich dich ein für alle Mal aus unserer Mitte vertreiben!"

"Neeeeeiiiiiiinnnnnnn!" Dayins Schrei ging im Dommerhall unter. Er setzte der bleichen Elfe nach, die das Tier in ihren Händen zerdrücken wollte, während er sich mit Zähnen und Klauen zur Wehr setzte, sich wand wie eine Schlange und schrill quiekte.

** Nyx! Halte durch. Ich komme!**

** Nein, mein Geliebter! Geh, wie ich dir gesagt habe! Sie kann mich nicht töten!**

Der Marder schrie vor Schmerz und schien das Senden lügen zu strafen. Dayin wollte und konnte es nicht glauben und versuchte die bleiche Elfe festzuhalten, doch sie entzog sich ihm immer wieder, während sie durch den Wald tanzte und ihn in zu einigen schroffen Felsen lockte. Der Elf wußte, daß er sich immer mehr der Schlucht näherte.

**Zurück mein Liebster. Zurück! Auch hier kannst du den Sturz in die Tiefe nicht überleben!**

** Ich kann dich nicht in ihren Händen zurücklassen!** schrie Dayin gequält. **Versteh doch!**

** Du mußt um unseretwillen, mein Liebster.** Für einem kurzen Augenblick bohrte sich der gequälte Blick des Marders in seine Augen. die Erscheinung war inzwischen an der Schlucht angekommen und hob ihn hoch über ihren Kopf um das Tier mit aller Macht in die Tiefe zu schleudern.

"Neeeeeeiiiiiiinnnnnn!" Dayin sprang vor um sie daran zu hindern und sürte, wie ihn sein Schwung über den sicheren Boden hinaus trug.

** Bitte verzeih mir das, was ich jetzt tue, denn es ist der einzige Weg, um dich zu retten.**

Und dann vernahm er einen Laut in den Tiefen seines Herzens und seiner Seele, der die Umgebung um ihn herum erschütterte und in tausend Scherben zerspringen ließ, so daß um ihn herum nur noch Schwärze war.

** K Y L **
 


 

Schmutziger halb getauter Schnee lag zwischen den Bäumen, Darunter kam graues Moos und verrottendes Laub zum Vorschein. Nebelschwaden zerrissen und fügten sich wabernd wieder zusammen, während sie jeden Laut verschluckten.

Die schwere Luft machte das Atmen schwer und die feuchte Kälte umgab die wenigen Gestalten, die in dicke Felle gehüllt unter den Bäumen umher huschten. Eine davon zog fröstelnd den Kragen höher, denn die Feuchte kroch unerbittlich unter die obersten Schichten der Kleidung.

Nein, das Wetter trug nicht dazu bei, die Stimmung der Schattentänzer zu heben, die von Tag zu Tag bedrückter und angespannter wurde. Nicht nur der frühe Wintereinbruch, sondern auch die Nomaden, die sie seit den Herbsttagen bedrängten, machten ihnen zu schaffen. Und zu dem Kampf gegen die Fünffinger würde bald noch ein anderer kommen - der gegen den Hunger, denn die Wintervorräte schrumpften zunehmend, da es den Jägern kaum noch möglich war, Beute mit nach Hause zu bringen.

Ahrian Silberschwinge wußte, daß Angst und Verzweiflung immer mehr um sich griffen und manche von denen, die ihr anvertraut waren zu Handlungen verleiten würden, die sie und der Stamm bitter bereuen würden. Und sie wußte im Moment keine Möglichkeit, das zu verhindern..

Mit diesen düsteren und sorgenvollen Gedanken betrat die junge Anführerin der Schattentänzer die Versammlungshöhle, in der sie über manches nachdenken wollte. Wie immer seit den letzten Jahreszeiten galt ihr erster Blick der eingesponnenen, reglosen Gestalt eines Elfen.

Sie lächelte bitter, während sie sich auf eine Bank in der Nähe setzte und ihn betrachtete. Konnte Dayin Schattenspinner, der vor langer Zeit Sturmtänzer gewesen war, sich wirklich glücklicher schätzen als die anderen, die Not und Hunger offenen Auges miterlebten?

Niemand wußte, was seinen Geist dazu gebracht hatte, sich so weit zurückzuziehen, daß selbst der Formgeber und die Heilerin ihn nicht mehr erreichen konnte. Oder ob nicht noch viel mehr mit im Spiel war, von dem niemand außer dem Schlafenden etwas wissen konnte. Sein Zustand war und blieb ein Rätsel für sie alle, genauso wie die Veränderung, die er seit seinem Verschwinden oder angeblichen Tot vor langer Zeit durchgemacht hatte. Sie runzelte die Stirn. Darüber nachzudenken, was geschehen sein mochte, lenkte sie von ihren eigentlichen Sorgen ab.

Vielleicht tat das auch einmal gut, die schwere Last einmal für eine Weile abzulegen

Jedenfalls hatte sie den in Webzeug gehüllten Körper in die Versammlungshalle bringen lassen, weil sie ihn hier, verborgen hinter einer Wurzel, sicherer wähnte als ihn seinem Nest, nachdem der Winter so früh hereingebrochen war und...

Sie schüttelte unwillig den Kopf, als ihre Gedanken schon wieder zu dem zurückkehrten, was sie bedrückte. Nein - sie kam davon nicht einmal für einige Augenblicke los. Vielleicht war es besser, mit jemandem zu sprechen und ...

Doch gerade als sie den Blick von dem Kokon abwenden und aufstehen wollte, bemerkte sie dort eine Bewegung. Sie hielt die Luft an.

Was machte ein lebendiger Schmetterling so tief im Winter hier? Das tiefviolette Insekt saß mit zitternden, glänzenden Flügeln, als sei es gerade erst geschlüpft, auf dem Webzeug. Das war doch völlig unmöglich.

Silberschwinge stieß die Luft zischend wieder aus. Durch den Windhauch getragen, stob der Schmetterling auf und flatterte in einem unruhigen Tanz an ihr vorbei auf die Öffnung zu.

Die junge Elfe schauderte, denn das Insekt berührte sie nur kurz ... und in dem Augenblick, da sie einen der samtigen Flügel an ihrer Wange spürte, hüllte sie ein Mantel von Traurigkeit, Verlassenheit, Zorn und Verzweiflung ein. Ein blasser Schemen blitzte kurz vor der Öffnung auf ... dann war der Spuk so plötzlich vorbei, wie er gekommen war, und ließ sie verwirrt zurück.

Silberschwinge rang nach Luft und blickte zögernd zu dem eingesponnenen Elfen hinunter. Welches düstere Geheimnis trug er mit sich herum, über das er nicht sprechen konnte und wollte? Und vor allem - konnte es dem Stamm einmal zur Gefahr werden?



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Firewolf
2005-03-06T21:02:59+00:00 06.03.2005 22:02
Oh je.
So viele Ortswechsel?
Da muss man erstmal durchsteigen.
Aber eigentlich geht das ganz gut, würde ich behaupten.
Mir is es auf jeden Fall recht leicht gefallen.

Wölfchen


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