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Das ist das Leben

ehem. A Story about Love between two Boys
von

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Act 1: Schule

Ok, er hatte sich vertan. Sehr wahrscheinlich kam er doch zu spät zur Schule.

Kikuyu rannte gehetzt.

Eigentlich wäre er noch pünklich gewesen, aber dieser verdammte Stadtteil Tokios war ja nur so von Häusern, Kreuzungen und Gassen überfüllt!

Mist, Mist, Mist, dachte er bei sich, das musste ja so kommen! Der Neue kommt zu spät, war ja klar!

Während er – wieder einmal – über eine der vielen Kreuzungen lief, hörte er auf einmal noch weitere Schritte neben sich. Irritiert drehte er den Kopf, sodass er sehen konnte, wer da hinter ihm lief, als besagte Person auch schon panisch schrie: „VORSICHT!“

Er spürte nur noch einen Stoß und einen Aufprall, dann wurde alles schwarz.
 

Dumpfe Laute erreichten seine Gedanken. Benommen vermutete er, dass es wahrscheinlich ein schimpfender Mann sein musste. Kikuyu stöhnte. Er hatte schreckliche Kopfschmerzen, und versuchte, an möglichst nichts zu denken.

Das öffnen und schließen einer Tür nahm er nicht wirklich wahr. Doch die sanfte Stimme, die ihm leise beruhigende Worte zuflüsterte, bemerkte er.

Mit Mühe schlug er die Augen auf, und wurde erst mal von einem Schwall Helligkeit geblendet. Dann sah er ein wunderschönes Gesicht. Strohblonde halslange Haare, die abgestuft waren, und einige Strähnen einen kleinen Teil der linken Stirn verdeckten, nicht aber die wunderschönen Hellblauen, kristallklaren Augen von denen er neugierig gemustert wurde.

Für Kikuyu stand sofort eines fest: So ein wunderschönes Wesen hatte er bis jetzt noch nie gesehen. Und er bezweifelte, dass es solche Geschöpfe auch wirklich gab. „Bist du... ein… Engel?“, fragt er leise und gepresst, da sein Kopf immer noch schmerzte.

Die blauen Kristalle weiteten sich ungläubig, bevor ein zurückhaltendes leises Lachen zu hören war.

„Und war der Mann da eben Gott?“, fragte er weiter.

Das anfängliche Kichern wandelte sich in ein amüsiertes Lachen. „Na, wär ja noch schöner! Dann könnte der alte Sack uns ja noch mehr terrorisieren!“, lachte die Person. „Nein nein, das war Tanaka-san, unser Rektor. Er behauptet immer unglaublich viel Einfluss zu haben, da er ja angeblich aus einer alteingesessenen Yakuza-Familie kommt und droht uns damit, uns unser ganzes Leben zur Hölle zu machen, wenn wir nicht fleißig in der Schule sind.“, der angebliche Engel schnaubte. „ Aber wenn er wirklich so eine Abstammung hätte, würde er damit sicher nicht so rumprahlen. Also wenn du mich fragst, hat der einfach nur ne Schraube locker!“

Die blonde Schönheit zeigte mit dem Zeigefinger an ihren Kopf, drehte ihn und ihre Augen einmal im Kreis, um die Aussage zu verdeutlichen.

Kikuyu stand der Mund offen. Was für eine Stimme!, dachte er sich nur.

„Und übrigens“, die Blonde beugte sich über den Jungen und hauchte mit einer, für Kikuyus Geschmackt unheimlich erotischen Stimme: „Ich bin zwar kein Engel, aber ich sehe das mal als Kompliment an. Dankeschön.“

Der Schwarzhaarige bekam eine Gänsehaut.

„Ach, übrigens“, die Blauäugige sprang auf und verbeugte sich einmal tief. „ Mein Name ist Zulu Sabi Elangeli! Freut mich, dich kennen zu lernen!“

Erst jetzt erkannte Kikuyu, was ihn schon die ganze Zeit an diesem Anblick gestört hatte: Die Schuluniform! Er wurde blass. Dieses wunderschöne Wesen war ein... „Junge!“, keuchte er. „Du bist ein Junge!“

Zulu grinste. „Hast wohl was anderes erwartet, wie? Ach, keine Sorge, Schätzchen“, er beugte sich zu dem Liegenden herunter und hob sein Kinn mittels Zeigefinger, sodass sie sich ansahen und lächelte lasziv. „Für dich kann ich auch gerne mal ne Frau sein.“

Angesprochener wurde schlagartig knallrot.

Etwas besonderes an diesem Menschen, vermerkte er sich in Gedanken, sie... nein, er nimmt kein Blatt vor den Mund.

„Sag mal... wie heißt du eigentlich?“, fragte der Blonde nachdenklich.

„Wieso willst du das wissen?“, fragte Kikuyu.

„Na, weil du doch wahrscheinlich der Neue bist! Den Schülern verraten sie ja keine Namen.“

„Und? Meinen Namen wirst du ja eh erfahren.“

„Aber wenn ich ihn eher weiß als die anderen, kann ich damit prahlen dich schon zu kennen!“, grinste der Kleinere. „Du hast keine Ahnung, wie so was auf die Schüler hier wirkt. Die stürzen sich auf dich und reißen dir die Kleider vom Leib, das ist sicher! Ich will dir nur helfen.“

Der Schwarzhaarige schnaubte. „Ja, klar. Allerdings denke ich nicht, dass gerade du beliebt auf dieser Schule bist. Ich schätze eher das Gegenteil. Wer will schon mit ner Schwuchtel befreundet sein?!“

Augenblicklich verschwand das Grinsen aus dem Gesicht des Blonden, und er wurde ernst. „So?“, sagte er. „Fein. Lass dir aber eins gesagt sein: Wenn du dich hier mit den falschen Leuten anlegst, wirst du dir garantiert wünschen, mit einer ’Schwuchtel wie mir’ befreundet zu sein.“

„Ach, und wieso?“

„Ganz einfach: Weil ich im Gegensatz zu den Arschlöchern hier auf der Schule harmlos bin! Und wenn du mich schon schlimm findest...“, Zulu lies den Satz unausgesprochen im Raum hängen, und verlies, Kikuyu eine eiskalten Blick zuwerfend, das Krankenzimmer.

Gerade in dem Augenblick fiel ihm ein, dass er gar nicht gefragt hatte, weshalb er überhaupt hier lag. „Ah, Mist!“, fluchte er wieder. Der Tag schien gar nicht gut anfangen zu wollen.
 

Zulu ging in Gedanken fluchend durch den Gang zu seinem Klassenzimmer. Toll, da lernte man mal einen richtig süßen Typ kennen, und ausgerechnet der war ein Schwulenfeind. Wirklich toll! Und nicht nur das, er hatte auch noch vergessen, auf den Namen des Schwarzhaarigen zu bestehen. Dreck!

Inzwischen bei seinem Klassenraum angekommen, blieb er stehen und klopfte an die Tür. Er wartete kurz, bis er von drinnen ein ’Ja?’ seines Lehrers hörte. Er öffnete die Tür, trat ein und schloss sie wieder.

„Ah, Elangeli-kun, schön, dass du uns auch mal mit deiner Anwesenheit beehrst.“, herrschte Tsubaki-sensei seinen Schüler auch schon an.

„Gomen nasai“, murmelte Zulu „Auf dem Weg zur Schule gab es heute Morgen einen Unfall. Ich habe zusammen mit einem Mann, der dabei war, den betroffenen Schüler ins Krankenzimmer gebracht und war bis eben bei ihm.“

„Noch n schnellen Fick aufm Krankenbett gehabt, was Zulu?!“, grölte einer der Machos der Schule, und verfiel mit seinen Freunden in schallendes Gelächter.

Zulu blickte ihn überlegen an. „Tja, wenigstens hab ich was zum ficken, DICH will doch sicher niemand haben!“

Das Gelächter verstummte, und die Jungen sahen Zulu, der durch den Gang auf seinen Platz in einer der hintersten Reihen zuschritt, wütend hinterher.

Dieser ließ sich davon aber nicht beeindrucken und setzte sich auf seinen Platz neben Tui-So, die ihn schon erwartete. „Ich hasse diese Idioten!“, grummelte er.

„Jaja, ich weiß“, winkte die Chinesin desinteressiert ab. „Und jetzt erzähl, wie ist dieser Typ so? Oder hast du geflunkert?“

„Quatsch, das is nich gelogen!“, protestierte der Bonde leise, da Tsubaki-sensei ihnen schon mahnende Blicke zuwarf. Und das am Anfang der Unterrichtsstunde, dachte er.

„Dann sag doch endlich!“

„Naja, also...“, Zulu wurde rot, was Tui-So mit immer größer werdenden Augen bestaunte.

„er ist sooo süß, total niedlich! Ich hätte ihn am liebsten sofort, als ich ihn gesehen hatte, durchgeknuddelt! Er hat so tolle Augen, sie lassen ihn irgendwie total unschuldig wirken.“ Zulu seufzte verträumt, was seine Freundin mit einem Schmunzeln kommentierte.

„Kami, er ist so süß...“, der Blick des Jungen verfinsterte sich. „Aber ein totaler Arsch! Als er gesehen hat, dass ich ein Junge bin, hat er sofort auf stur gestellt, und mich auch noch beleidigt, von wegen ’wer will schon mit ner Schwuchtel befreundet sein?!’, verstehst du? Wahrscheinlich auch nur wieder einer von diesen Möchtegern-Playboys.“ Zulu wurde mit einem mal leicht traurig. „ Wär ja auch zu schön gewesen...“

„Ach Zulu...“, murmelte seine Freundin mitleidig und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Das wird schon wieder.“
 

Wie war das nur passiert?

Wieder strich Kikuyu mit seiner Hand über die große Beule an seinem Kopf.

Wie war das nur passiert??

Er konnte sich wirklich keinen Reim auf das Ganze machen. Vor ein Auto konnte er nicht gelaufen sein, er war in dem Moment ja schon wieder auf dem Bürgersteig gewesen.

Ein anderer Mensch war es sicher auch nicht gewesen, dann wäre die Beule jetzt nicht so groß.

Vielleicht eine Hausecke? Da war sicher eine. Aber das hätte eine Platzwunde gegeben.

Immer noch krampfhaft am überlegen, wurde er plötzlich von einer Hand hochgeschreckt, die sich auf seine Schulter legte.

„Na junger Mann, geht’s uns wieder gut?“, fragt ihn eine beruhigende, diesmal ganz sicher weibliche Stimme. Er blickte auf in das Gesicht der Frau, und sah freundliche Braune Augen, helle Haut, und schwarze, streng zu einem Zopf nach hinten gekämmte Haare. Dazu noch ein weißer Arztkittel. Das war dann wohl die Schulärztin.

„Wo ist den Zulu hin? Er sollte doch auf dich aufpassen.“

„Der? Auf mich aufpassen?“, fragte Kikuyu irritiert. „Wieso denn aufpassen? Das ich nicht aus dem Bett falle, oder was?“

Die Ärztin lachte. „Nicht doch, normalerweise bleibt immer ein Schüler da, wenn jemand im Krankenzimmer liegt. Wenn du zum Beispiel plötzlich keine Luft mehr bekommst, wenn du nicht bei Bewusstsein bist und ich noch nicht hier bin, kann wenigstens jemand Erste Hilfe leisten oder schnell einer Aufsichtsperson bescheid geben. So ist es eigentlich gedacht“, sie zuckte die Schultern. „Naja, wie auch immer. Also, warum ist er nicht mehr da?“

„Ähm... sein Lehrer wollte ihn wieder in der Klasse haben. Außerdem war ich ja sowieso schon wach“, grinste der Schwarzhaarige schief.

„So? Na gut. Wie heißt du und wie alt bist du? Ich muss schließlich eine Krankenakte erstellen. Und das schon am ersten Tag... Alle Achtung, mein Junge.“, grinste die Ärztin verschmitzt zurück.

Kikuyu wurde rot.

„Ähm, naja... ich heiße Kikuyu Tsukiyana und bin 15 Jahre alt.“, antwortete er ihr höflich. Allerdings konnte er es sich nicht verkneifen noch „Und Sie?“ hinterher zu fragen, worauf er schon wieder etwas rot um die Nase wurde.

Die Ärztin lachte wieder. „Ich heiße Tomomi Yakaiya und bin 27. Freut mich, dich kennen zu lernen, Kikuyu. Ich darf dich doch so nennen?“

„Ähm, ja natürlich.“

„Gut. Einen Augenblick.“ Yakaiya-san ließ sich auf einem Drehstuhl vor ihrem Schreibtisch nieder und zog ein Blatt Papier aus einer der Schubladen. Dann schrieb sie einige Dinge darauf, machte hin und wieder ein paar kurze Pause, und heftete den Zettel anschließend in einen leeren, flachen, roten Aktenordner, den sie auch noch beschriftete. Dann legte sie ihren Stift weg und dreht sich, immer noch sitzend, zu ihrem Patienten. „So“, sagte sie. „Hast du irgendwelche Fragen?“

„Ähm... ich wüsste gerne, wie das hier“, dabei zeige er auf seine Beule. „passiert ist. Ich habe vergessen, Elangeli-kun danach zu fragen.“

„Aha. Zulu erzählte mir, dass du dich am Ende einer Kreuzung zu ihm umgedreht hast, und dann gegen einen Laternenpfahl geknallt bist. Dadurch die Beule. Anschließend bist du mit dem Kopf auf den Boden aufgeschlagen, was wohl ziemliche Kopfschmerzen und eine Gehirnerschütterung zur Folge hatte.“

„Mhm. Und, dass heisst...?“

„Dass du bis zum Wochenende, also noch 4 Tage, zu Hause im Bett bleiben wirst, junger Mann“, mahnte die Schwarzhaarige den Jungen. „Und wehe, ich höre etwas anderes. Ich werde Zulu täglich zu dir schicken, um nach dir zu sehen, und mit dir die anliegenden Hausaufgaben zu machen.“

Kikuyus machte große Augen. Das kann sie doch nicht machen, dachte er panisch, nicht diese Tunte!

Als er aber den intensiven, fragenden Blick Yakaiya-sans auf sich spürte, nickte er geschlagen und legte sich wieder hin.
 

Zulu seufzte entnervt. Er hasste Englisch Klausuren! Und sie schrieben gerade eine. Zu seinem größten Ärgernis hatte er auch noch vergessen zu lernen. Der Blonde seufzte wieder.

„Na, denkst wohl an dein Neuen, was?!“, lachte einer der Super-Typen.

„Pssst!“, mahnte ihn sogleich die ganze Klasse, und Zulu grinste ihn belustigt an.

Der Typ grummelte verärgert und drehte sich wieder zu seiner Arbeit um.

Zulu wandte sich ebenfalls wieder seiner Arbeit zu. Er versuchte es zumindest. Verdammt, wieso bin ich heute nicht bei der Sache?, fragte er sich zum wiederholten mal.

Er versuchte, unauffällig zu Tui-So hinüber zu schielen.

Diese bemerkte den Versuch und schob ihm ihre Arbeit ein Stückchen zu.

Zulu schrieb schnell die Antworten ab, die er sehen konnte. Dann nickte er seiner Freundin dankend zu. Die Schwarzhaarige lächelte ihn einmal kurz an, und nahm ihr Blatt wieder an sich.

Als er hektische Schritte wahrnahm, blickte der Halbafrikaner auf. Was?!, mehr konnte er nicht mehr denken, da Soyako-san ihm und Tui-So auch schon ihre Arbeiten weggerissen hatte. „So, Elangeli-kun, da du es anscheinend für besser hältst, bei Wang-san abzuschauen, als selbst zu lernen, wird es dir wohl nichts ausmachen, wenn ich dir deine Arbeit früher wegnehme. Und zu dir, Wang-san“, dabei sah sie die Chinesin böse an. „Ich halte es für keine gute Idee, Elangeli-kun auch noch zu helfen. Ihr bekommt beide eine sechs. Und nun schert euch raus!“

Zulu, sowie auch Tui-So, schluckte einmal trocken, bevor er sich mit seiner Freundin zusammen auf den Weg vor das Klassenzimmer machte. Nachdem die beiden auf den Flur getreten waren, machte Tui-So die Klassenraumtür zu. Zulu lehnte sich an die Wand und starrte aus dem Fenster.

Gerade als Tui-So sich zu ihm gesellen wollte, rutschte er langsam herunter und kam schließlich auf dem Boden zum sitzen. „Scheiße...“, murmelte er gebrochen. Er hatte die Beine angezogen und das Gesicht in seinen Händen vergraben.

Die Schwarzhaarige setzte sich zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Zulu-chan –“ wollte sie beginnen, wurde aber von ihrem Freund unterbrochen. „Verdammt! Ich kann mir nicht noch eine schlechte Note in diesem Fach leisten! Meine Versetzung ist eh schon gefährdet...“, schluchzte er. „Und noch dazu hab ich deine Note mit versaut. Entschuldige, Tui-So.“

Diese sah ihn bestürzt an. „Seit wann ist deine Versetzung gefährdet? Wieso hast du nichts erzählt??“

„... Ich weiß nicht... Es war mir peinlich... Entschuldige...“, stammelte er.

„Aber das muss dir doch nicht peinlich sein. Aber... aber wieso? Ich hätte doch mit dir lernen können! Hast du mal darüber nachgedacht, was ist, wenn du echt sitzen bleibst? Was ist mit mir? Liegt dir an mir gar nichts? Was soll ich denn ohne dich machen?“ Tui-So war nahe an der Verzweiflung. Sie wusste, dass ihr Gerede egoistisch war, aber das war ihr im Moment egal. „Sag doch was, Zulu...“

Doch der 15-jährige sagte nichts. Er weinte nur bitter, und ab und zu verstand man Worte wie „Tut mir Leid“ oder „Entschuldige“.

Die Chinesin nahm ihren Freund in den Arm und drückte ihn hilflos an sich. So niedergeschlagen hatte sie ihn lange nicht mehr gesehen.
 

Kikuyu lag währenddessen immer noch im Krankenzimmer und starrte gelangweilt an die weiße Decke. Yakaiya-san hatte ihm gesagt, dass er erst nach der Schule mit Begleitung nach Hause gehen konnte, da seine Mutter nicht erreichbar war. Er konnte sich schon vorstellen, welche ’Begleitung’ sich die Ärztin ausgesucht hatte.

Aber bis zum Schulschluss dauerte es noch. Bis dahin, hatte er beschlossen, würde er einfach die nicht vorhandenen Muster an der Decke identifizieren. Irgendwie musste man sich ja beschäftigen.

Nach ein paar Minuten an-die-Decke-starren war der Junge eingeschlafen.
 

Endlich hört Zulu die sonst so verhasste Schulglocke. Hiermit war die letzte Stunde beendet.

Der Blonde schlenderte über den Gang, auf der Suche nach Tui-So. Die letzten zwei Stunden waren AGs gewesen, und die hatte die beiden nicht zusammen.

„Zulu!“, rief plötzlich jemand hinter ihm.

Er drehte sich um, in Erwartung auf Tui-So zu treffen, sah aber stattdessen Yakaiya-san.

„Tomomi-san“, stellte er verblüfft fest. „was ist denn los?“

„Hach, ich dachte schon, ich finde dich gar nicht mehr.“, keuchte sie. „Du musst mir mal deinen Stundenplan geben. Ich bin auf der Suche nach dir durch das halbe Schulgebäude geflitzt!“

Zulu grinste. Er mochte diese Ärztin wirklich, sie sprach manchmal so lustig. Lag wohl daran, dass sie aus Osaka kam. „Was wollen sie denn?“

„Ich wollte dich fragen, ob du den Jungen von heute morgen nicht nach Hause bringen kannst. Du bist der Einzige, den er hier kennt.“

Zulu schluckte.

„Außerdem hast du ihn ja schon auf dem Hinweg getroffen. Ihr müsst also beide in die gleiche Richtung.“

Dem Blonden war etwas mulmig. Ja, er mochte diesen Kikuyu, aber der mochte ihn ja nicht. Und auf Streit hatte er nun wirklich keine Lust. Als er die Schwarzhaarige aber anblickte, konnte er nicht anders, als geschlagen zu nicken. Gott, diese Frau guckte sich wirklich zuviel von den Schülern hier ab. So einen Hundeblick hatte er noch nie gesehen. Zulu schüttelte den Kopf. So professionell sie als Ärztin auch war, sie war manchmal noch ein halbes Kind. Aber gerade das mochte er ja so an ihr.

„Danke, Zulu!“, freute sie sich, und war auch schon um die nächste Ecke verschwunden.

Zulu schaute ihr einen Moment nach, beschloss dann aber, zum Krankenzimmer zu gehen

In Gedanken versunken, wollte er gerade um eine Ecke gehen, als er mit jemandem zusammenprallte. Er wäre wahrscheinlich hintenüber auf den Boden geknallt, hätte ihn nicht im letzten Moment jemand am Arm gepackt und hochgezogen.

Zulu wollte sich gerade bedanken, als er sah, gegen wen er da gestoßen war.

Es war Steve, er war Amerikaner, und hielt sich für etwas besseres, da seine Eltern zu den höheren 10.000 gehörten. Und er war der Junge, mit dem Zulu sich heute Morgen, nach dem Aufenthalt im Krankenzimmer, im Klassenraum kurz gestritten hatte.

„Na, wen haben wir denn da, wenn dass nicht unsere kleine Transe ist!“, lachte Steve fies.

Der Blonde schluckte und wich einen Schritt zurück. So, wie Steve kannte, würde der sich jetzt für heute morgen rächen. Und er behielt Recht.

Steve und seine Freunde stürzten sich auf Zulu und nagelten ihn an der Wand fest. Der Amerikaner schlug ihm mit ganzer Kraft in den Bauch. Seine Freunde ließen den Jungen los. Zulu sankt, die Arme um seine Körpermitte geschlungen, auf den Boden. Steve grinste diabolisch. „So, dann werden wir dich mal ein bisschen erziehen.“ Er holte mit dem Fuß aus, und trat mit voller Wucht zu. Nach zwei Tritten taten seine Freunde es ihm nach. Zulu schrie immer wieder unterdrückt auf. Tränen rannen über sein Gesicht.

Die vorbeikommenden Schüler interessierte das nicht im Geringsten. Die meisten warfen dem am Boden liegenden Jungen nur einen kurzen, desinteressierten Blick zu und gingen dann weiter, während die Jungen immer noch auf den Hilflosen einschlugen, wobei sie aber darauf achteten, nicht sein Gesicht zu treffen, um keine auffälligen Male zu hinterlassen.
 

Tui-So stellte sich auf eine Bank und überflog die Schülermenge. Sie fand es seltsam, dass sie Zulu noch nicht gefunden hatte. Normalerweise ging das bei ihnen doch immer recht schnell.

Auf einmal sah sie einen Schwarzhaarigen Kopf, der mit dem dazugehörigen weißen Kittel ziemlich aus der Menge herausstach. „Tomomi-san!“, rief sie, sprang von der Bank und rannte auf die Ärztin zu, die sich zu ihr umgedreht hatte. „Tomomi-san, haben Sie Zulu gesehen?“

„Ja, ich habe ihn zu dem Jungen auf dem Krankenzimmer geschickt. Er soll ihn nach Hause begleiten.“

„Achso...“, erwiderte Tui-So enttäuscht. Normalerweise gingen sie doch immer zusammen nach Hause. Aber dann ging ihr ein Licht auf. Vielleicht würde Zulu diesem Kikuyu ja doch gefallen. Wenn sie sich auf dem Weg ein wenig ausprechen würden, würden sie sich ja vielleicht noch richtig kennen lernen. „Dann wünsche ich Ihnen noch einen schönen Tag!“ Sie verbeugte sich vor Yakaiya-san, und rannte dann vom Schulhof auf die Straße.

„Dir auch, Tui-So!“, rief ihr die Ärztin noch nach, und winkte zum Abschied.

Die Chinesin tat es ihr lächelnd nach, und bog dann um eine Hausecke.
 

Kikuyu saß gelangweilt auf dem Krankenbett und ließ die Beine baumeln. Er ärgerte sich, da Zulu schon längst hätte da sein müssen. Diesem Idioten kann man wohl keine wichtige Arbeit auftragen, dachte er selbstgefällig. Seit einer Viertelstunde sitz ich nun schon hier! Mir ist langweilig!

Noch einmal sah er sich gründlich in dem Raum um. „Pfff... mein Gott, wo bleibt dieser Kerl?“ Langsam die Geduld verlierend, stand der Schwarzhaarige auf und stapfte auf die Tür zu. Doch dann stockte er. War da nicht gerade ein schwaches Husten von draußen gekommen?

Leise ging er auf die Tür zu. Da! Da war es schon wieder! Entschlossen näherte er sich dem Ausgang, und riss die Tür auf.

Doch da war nichts. Verwirrt sah er sich im Gang um. Dann schlug er sich gedanklich vor den Kopf. Es war nur ein Husten! Kein Grund zur Aufregung also. Allerdings schien er eben das nach dem langweiligen Aufenthalt im Krankenzimmer als geradezu spektakulär anzusehen, wenn er sich dadurch so aus dem Häuschen bringen ließ. Oder er war ganz einfach paranoid geworden. War auch eine Möglichkeit, überlegte er sich.

Dann entschloss er sich, einfach mal nach links zu gehen. Er schloss die Tür hinter sich, und machte sich auf den Weg.

Schon nach kurzer Zeit stellte er fest, das es hier fast genauso öde war, wie vor ein paar Minuten noch. Er seufzte, kurz bevor er stehen blieb. Hatte er nich schon wieder etwas gehört?

Kopfschüttelnd rief er sich zur Ordnung. War wahrscheinlich nur ein Vogel oder sonst was im Gebüsch neben dem überdachten Durchgang, der Draußen lag. Sich einredend, dass er Gespenster sehe, ginge er geradeaus weiter und schenkte dem Gang, der nach rechts abzweigte, keine Beachtung. Dadurch übersah er auch den ohnmächtigen Zulu, der mit kaputter Schuluniform gedemütigt und blutend zusammengekauert auf dem Boden lag.
 

Nachdem der Schwarzhaarige eine Zeit lang das Schulgelände erkundigt hatte, machte er sich auf den Weg nach Hause. Er war es leid gewesen, auf den Blonden zu warten, also ging er allein. Was sollte auch schon groß passieren?

Er war bei der Schulsekretärin gewesen und hatte seine Adresse und Telefonnummer dagelassen. Immerhin sollte der Blondschopf ihm seine Schulaufgaben bringen.

Nachdem er einige Minuten gegangen war, fing es plötzlich an zu regnen. „Verdammt!“, fluchte der Junge unterdrückt, hielt sich seine Schultasche über den Kopf und fing an zu rennen.

Was er allerdings vergessen hatte war, dass er keine Ahnung hatte, in welche Richtung er musste, um nach Hause zu kommen. So hatte er sich knapp drei Mal verlaufen, bis er die richtige Richtung gefunden hatte.

Nach einem Viertelstündigen Sprint kam er endlich klatschnass auf dem alten Anwesen an.

Schnell ging er hinein und zog sich die Schuhe aus. Dann huschte er in sein Zimmer, entledigte sich seiner nassen Kleidung und schmiss sich auf sein Bett. „Hatschi!!“

Kikuyu schniefte. Na toll, dachte er wütend, das wird sicher ne richtig schöne Grippe! Vielen dank auch, Schwuchtel.

Mit diesen Gedanken rollte er sich in seiner Decke zusammen und schlief kurz darauf ein.
 

Ein Grollen rief ihn zurück in die Wirklichkeit. Zulu stöhnte schmerzvoll auf und hielt sich den Kopf. Langsam öffnete er die Augen und blinzelte ein paar Mal, bevor er versuchte, sich aufzusetzen.

Stöhnend drehte er sich ein bisschen und lehnte sich an die Wand hinter sich. Er hustete, wobei er einen metallischen Geschmack in seinem Mund vernahm. Blut, dachte sich der Blonde angeekelt.

Er versuchte, sich hochzustemmen, ließ sich aber stöhnend wieder zurücksinken.

„Diese Ärsche…“, murmelte er gebrochen. Er sah auf den unüberdachten Schulhof, auf den der Regen prasselte. „Dem Wetter geht’s anscheinend genauso wie mir...“

Eine Träne verließ die Augen des zusammengekauerten Jungen.

Nach mehrmaligem Ein- und wieder Ausatmens, versuchte er nochmals, sich an der Wand hoch zu stemmen. Diesmal schaffte er es, musste sich aber wieder an der Wand anlehnen, um die aufkeimende Übelkeit zu vertreiben.

Dann wagte er vorsichtig ein Paar Schritte. Sich an der Wand abstützend, ging er auf das Schultor zu, sich bewusst, dass es noch lange bis nach Hause dauern würde. Wieder stöhnte er auf. Jede Faser seines Körpers schmerzte. Diese Schläger hatten sich wirklich nicht zurückgehalten.

Seine Mutter machte sich sicher schon Sorgen um ihn. Und er würde ihr auch diesmal nichts erzählen. Mit Grauen erinnerte er sich daran, was passiert war, als er es einmal getan hatte.

Er war damals neu auf der Schule gewesen. Nach seinem Auftreten wussten eh schon alle, dass er schwul war. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, auf so viel Ablehnung zu stoßen.

Als er das erste Mal verprügelt worden war, hatte er es unter Tränen seiner Mutter erzählt. Die hatte sofort bei den Eltern seiner Peiniger angerufen, und sich beschwert.

Doch sie war nur ausgelacht worden. Am nächsten Tag beim Einkaufen hatte man ihr und Zulu dann aufgelauert, sie bedroht und gedemütigt. Sie hatten gesagt, wenn Zulu noch einmal Lügen in die Welt setzen würde, würde etwas noch etwas deutlich Schlimmeres passieren.

Nach diesem Vorfall hatte Zulu sich nach jeder Schlägerei in Schweigen gehüllt, da er seine Mutter nicht gefährden wollte. Aber sie machte sich einfach zu viele Sorgen.

Zulu war inzwischen in der Wohnung über einer Bäckerei angekommen. Gerade als er die Tür aufschließen wollte, wurde diese auch schon von innen aufgerissen, und seine völlig aufgelöste Mutter kam zum Vorschein. Ihre Augen waren gerötet und weiteten sich bei dem Anblick ihres Sohnes. „Nein“, hauchte sie, „bitte, nicht schon wieder...“ Mit diesen Worten zog sie Zulu in eine sanfte Umarmung und schloss die Haustür.
 

TBC



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Kommentare zu diesem Kapitel (11)
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Von:  xhinnon
2008-02-08T18:39:21+00:00 08.02.2008 19:39
diese arschlöcher! das man aber auch meistens nicht ernsthaft was gegen solche typen machen kann!!!*ärger luft mach*
dennoch, ein lob ist an dieser stelle auch an gebracht. denn du beschreibst sehr gut die situationen, was das lesen echt interessant macht. deshalb: mach weiter so!
lg die solche-typen-hassende xhinnon
Von: abgemeldet
2004-12-10T16:55:19+00:00 10.12.2004 17:55
Schreib die Geschichte bloß weiter, ich find die echt spannend und cool!! Ich hoffe irgendwie, dass die Kikiyu und Zullu sich mögen (lieben) oder so ertwas!! *gg**^-^
Von:  EmilyStrange
2004-10-29T09:34:11+00:00 29.10.2004 11:34
huhu^^
mir gefällt deine ff sehr gut^^
hast du aufgehört sie zu schreiben?
weil da steht das sie abgeschlossen ist *schnüf
Ich fände das wirklich sehr schade, du könntest die personen zwar wirklich ein wenig besser beschreiben, aber es ist ja noch kein meister vom himmel gefallen ^.~
nun ich fände es schön wenn du doch weiter schreiben würdest *g

grüße emily
Von:  Nightmaker
2004-09-07T23:26:43+00:00 08.09.2004 01:26
So dann will ich dir auch mal ein aufbauendes kommi geben, also *räusper* Die geschichte ist ja sooooo mega geil geschrieben,.. ich lese nicht viele fanfic also eigentlich fast nie, aber deines, lesen, hat richtig spaß gemacht...
Ich finde deine geschichte echt klasse.... X3333

Also da du ja auch kritik willst geb ich dir welche ^^ Also ich finde du solltest die figuren ein bisschen mehr beschreiben,... zum beispiel die chinesin, hast du nicht richtig beschrieben ich kann sie mir irgendwie nicht so gut vorstellen.... Aber trotzdem ist die geschichte genial also mach ja schnell weiter.......

bye bye Nasaki
P.S: Ach und ab heute bin ich einer deiner offiziellen fan's X33333
Von: abgemeldet
2004-09-06T15:14:31+00:00 06.09.2004 17:14
Ich stimme Niedy zu: Meeeeehhhhhhhr! Der Arme tut mir zwar jetzt schon schrecklich leid- aber ich möchte trotzdem wissen, wie's weiter geht!!!!!!!!!

LG. Snuggles

PS.: Ich war ganz erstaund, als ich gesehen hab, das das Chap noch weiter ging, gut das ich nochmal reingeguckt, und nicht nur auf die Kapittelzahl geguckt habe!
Von:  Niedy
2004-09-02T20:17:00+00:00 02.09.2004 22:17
Meeeeeeeeeeeeeeehr *_____* Armer Zulu ;___; K....irgendwas (ich merk mir namen so schlecht ^^;;;) soll ihn trösten, JAWOHLJA!!! ^____^

LG Julia
Von: abgemeldet
2004-08-28T16:12:54+00:00 28.08.2004 18:12
ich find die geschichte toll, aber das du den armen zuku nicht geholfen hast...schlimm sowas
Mach schnell weiter
mata ne
Moon-chan
Von: abgemeldet
2004-08-26T20:28:54+00:00 26.08.2004 22:28
gefählt mir gut *übers ganze gesicht smile* und hoffe du schreibst bald weiter ^^°
Von:  mathilda
2004-08-13T18:46:29+00:00 13.08.2004 20:46
Ooch!! armer zulu!! *tätschel*
naja schreib auf jeden Fall weiter!!
bye thildchen
Von: abgemeldet
2004-08-13T14:54:03+00:00 13.08.2004 16:54
Und nochmal hi *g* Zja, diese "Tunte" Ist absolut süß! Und wie er schwärmt*lächel* schön weiter machen! Leider kann ich erst weiter lesen, wenn ich wiederkomme, bin jetzt nämlich erstmal ne Woche im Urlaub. Aber dan würde ich wirklich gerne was zum lesen haben!

Tschau Snuggles


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