Nein, er verzog wie immer keine Miene, selbst hier nicht. Auch wenn ihm eindeutig danach zu Mute war genervt dreinzublicken. Fuji hätte an seiner Stelle wohl freundlich gelächelt und sich höflich bedankt. Er hingegen... Warum dachte er eigentlich an den Tensai? Wegen dem was am Vortag geschehen war? Nein, das war Geschichte! Darüber würde nicht mehr gesprochen werden.
Tezuka schüttelte leicht den Kopf und ließ die weiteren Worte über sich ergehen, nur um ab und zu ein "arigatou" einzuwerfen. Er war nicht der Typ, der sich einfach durch diese Mädchentraube hindurchkämpfte und verschwand. Dennoch nervt ihn gerade nichts mehr, als dieser Fanclub, der einen Narren an ihm gefressen zu haben schien. Warum, verstand der Captain selbst nicht! Es war ja nicht gerade so, als würde er ständig mit einem Lächeln durch die Gegend laufen, so wie es Fuji tat.
Schon wieder der Gedanke an ihn! Warum nur immer? Das war ja langsam genauso nervig, wie diese Mädchen hier. Wie lange die das wohl noch durchhalten würden?
Ohne großartig darauf zu achten, nahm Tezuka seinen ersten Liebesbrief an diesem Tag wieder einmal an, bedankte sich höflich und bemerkte hoffnungsvoll, wie sich einige Mädchen auf in ihre Klassenräume machten.
Als Fuji den Schulhof betrat fiel ihm die kleine Ansammlung von Mädchen sofort ins Auge und daher auch unweigerlich die große männliche Gestalt, die sich in deren Mitte befand. Sein typisches Lächeln wurde breiter und formte sich zu einem Grinsen, als er direkt auf die Mädchentraube zu steuerte und ohne großartig zu fragen mitten hineintrat. Das war eine Chance die gerade zu danach schrie ausgenutzt zu werden!
"Entschuldigt, doch ich muss ihn mir kurz ausleihen. Wichtige Dinge, die den Tennisclub betreffen. Ihr versteht?" Ein charmantes Lächeln in jede Richtung und einen Augenblick später hatte Fuji sich Tezukas Hand geschnappt und zog ihn mit sich in Richtung Schulgebäude aus seiner Umlagerung heraus. Ihnen folgte ein lauter Chor von schmachtenden Seufzern, der aus einem Shonen Ai Anime hätte stammen können und was den Tensai erneut zum Grinsen brachte. Die Vorstellung der Mädchen schien seiner nicht ganz unähnlich zu sein. Und er konnte es sich erlauben Tezuka zu entführen. Hätten die Mädchen ihm doch nie widersprochen.
Das Auftauchen Fujis war so plötzlich gekommen, dass Tezuka erst wieder richtig zu sich kam, als er die Seufzer der Mädchen nicht mehr vernahm. Mit einem trotzdem noch etwas undefinierbaren Blick betrachtete er den Tensai, der neben ihm herlief.
"Ich danke dir." Was nur der Wahrheit entsprach. Denn Tezuka hätte vorher alles dafür gegeben, da heraus zu kommen. Nur warum musste ausgerechnet Fuji sein Retter sein?
Nachdenklich betrachtete er den Tensai, der wie immer die Augen geschlossen hatte und lächelte. Ob er noch an den gestrigen Tag dachte?
"Gern geschehen. Aber wie wäre es mit einer kleinen Gegenleistung?"
Sofort standen die Beine des Captains still und mit ernsten Augen blickte er in die Fassade seines Gegenüber. Erst jetzt bemerkte er, dass Fuji noch immer seine Hand in der Seinen trug und riss sich unweigerlich los.
Warum nur kam er immer wieder in solche Situationen mit ihm? Warum verstand der Tensai nicht, dass es nicht mehr geben konnte, als freundschaftliche Nähe! Das war mehr als genug und mehr als Tezuka den meisten entgegenbrachte! Es ging einfach nicht mehr! Warum? Na ja, weil... Es ging einfach nicht!
Es war schön gewesen seine Hand halten zu dürfen, einfach so neben ihm her zu gehen und diese wenigen Worte zu hören. Aber amüsanter war es die ernsten Augen auf sich gerichtet zu haben und wirklich beachtet zu werden! Tezuka reagierte genauso, wie Fuji es erwartet hatte. Mal wieder...
"Was willst du?" Der Captain schaffte Distanz in dem er einen Schritt zurücktrat. Das war so etwas wie ein Signal für Fuji, der die aufkommende Unsicherheit Tezukas für sich zu nutzen wusste und auf ihn zutrat.
"Wir wäre es mit einem Kuss?" Fujis Augen öffneten sich leicht, als er Tezuka, der bis an die Hauswand der Schule zurückwich, weiterhin folgte. Erneut hatte er den Buchou aus dem Konzept gebracht. Worauf sich der Tensai einiges einbilden konnte, denn das schaffte nun wirklich nicht jeder! Zumindest nicht so, dass man es ihm ansah. Wie gerade in diesem Moment, in dem sich Tezukas Augen unweigerlich weiteten und er gegen die Mauer stieß. Ein wirklich fast schon niedlicher Anblick, wie er versuchte zu fliehen.
"Das würdest du nicht wagen! Nicht hier!" Tezukas Besorgnis war regelrecht zu spüren und schien für Fuji nur noch anziehender zu wirken.
Dieser ließ seine Sporttasche sinken und trat direkt an den an der Wand stehenden Buchou heran, nur, um ihm eine Hand auf die Brust zu legen und ihn mit einem verführerischen Lächeln anzublicken.
"Du glaubst, das würde ich nicht?" Tezukas Augen wollten sich von seinem Gegenüber lösen, sie wollten sich umblicken. Feststellen, ob jemand in der Nähe war und wie das alles hier gerade aussah. Doch sie schafften es nicht. Es war fast so, als hätten die offenen Augen des Tensai ihn gebannt. Keine Chance zu entkommen!
Ebenso, wie seiner Hand, deren Wärme der Captain durch seine Schuluniform zu spüren schien.
"Fuji..." Er musste hier weg eindeutig! Wer wusste schon wirklich, WAS der Tensai nun wagte und was nicht!
"Ja?" Diese Augen... So voller Energie und Leidenschaft... Er würde! Ja, er würde es wagen! Tezuka war sich mehr als sicher. Doch das durfte einfach nicht schon wieder geschehen!
Mit einem Ruck löste sich der Captain von der Wand, ergriff Fujis Handgelenk und hielt den Kleineren so auf Abstand.
"Es reicht!" Sein Herzklopfen war so laut. So etwas hatte er noch nie erlebt! Ebenso wenig wie, dass sein Körper mehr zu sagen hatte als sein Kopf!
Fujis Antwort war ein Blick auf sein Handgelenk und ein zartes Lächeln, als er seine Augen wieder schloss. Er hatte seinen Buchou wohl doch etwas unterschätzt. Ganz so einfach war die Sache wohl nicht. Sein Kopf war stark! Ganz zu schweigen von seiner Beherrschung, die wieder einmal gesiegt hatte. Wirklich zu schade. Aber es gab sicher noch andere Möglichkeiten um das zu bekommen, was Fuji wollte und auf das er sicher nicht so leicht verzichten würde!
"Du solltest in dein Klassenzimmer gehen." Mit diesen Worten löste Tezuka seinen Griff und schnappte sich seine fallengelassene Schultasche, bevor er dem Tensai noch einen ernsten Blick zuwarf und sich dann ohne ein weiteres Wort entfernte.
Ob er Tezuka heute wohl noch einmal zu Gesicht bekommen würde? Etwas wehmütig blickte Fuji seinem Buchou hinterher. Die Chancen standen schlecht. Zumindest während der Schulzeit. Eigentlich schade, dass sie nicht eine Klasse teilten und das man Tezuka in der Mittagspause nie zu Gesicht bekam.
Mit einem leisen Seufzer nahm auch Fuji seine Tasche auf und folgte dem Captain des Tennisclubs in das Schulgebäude...
