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Abendstern

von

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12. Dezember - 16. Dezember

KAPITEL 2: 12. DEZEMBER - 16. DEZEMBER
 


 

PHASE 5: VERLUST
 

Irgendetwas fehlte in ihrem Herzen. Kaji hatte nur wenige Wochen bei ihr gelebt, aber sie hatte ihn mit all seinen Fehlern schätzen und lieben gelernt. Seit 17 Tagen war er nun verschwunden.

Mittlerweile zählte sie bereits die Tage; am 25. November hatte sie ihn zuletzt gesehen, dann war er wie vom Erdboden verschluckt.

Am 27. November tauchte dann der zweite Engel auf. Rei hatte sich noch nicht so recht erholt, und somit hatte Shinji seinen ersten Einsatz. Natürlich hatte der Junge eine höllische Angst, und hätte fast alles verpatzt - am Ende mussten sie Rei doch aus ihrem Tiefschlaf im Nerv-Krankenhaus wecken und sie in den EVA 00 schicken.

Misato dachte schmunzelnd an diesen Tag, wie Shinji ein totales Nervenbündel war und danach zwei Tage nichts anderes als Joghurt essen konnte.

Der nächste Engel kam dann am 9. Dezember, vor drei Tagen. Shinji hatte bereits mehrere Tests hinter sich und wirkte ein ganzen Stück souveräner, mit Rei's Hilfe fiel es ihm leicht den Engel zu besiegen. Aber der Junge war sowieso in all den Tagen sehr viel selbstbewusster geworden. Vielleicht lag es an seinen neuen Freunden, Toji Suzuhara und Kensuke Aida die ihn nun jeden Tag zur Schule abholten. Oder es lag an -

"Misato!!!" Katsuragi hörte Shinji aufgebracht ihren Vornamen schreien. Es war früh am Morgen, gleich würde er in die Schule gehen.

"Was ist los, Shin-chan?", fragte sie unschuldig und sah den gerade erst aufgewachten (und zugegeben etwas zerzausten) Jungen schmunzelnd an.

"Du solltest heute morgen Frühstück machen - so steht es auf dem Küchenplan!"

Misato zuckte innerlich zusammen - hatte sie doch bei ihrem morgendlichen Monolog ihre Pflichten vergessen! Aber Shinji hatte es bereits aufgegeben sie wütend anzufunkeln, er schob zwei Scheiben Brot in den Toaster und verschwand ins Bad.
 

[Empfänger: Ikari Gendo - Nerv

Datum: 12. Dezember 2015 > Nachricht 1/1

Absender: Unbekannt

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Weitere Engel werden in den nächsten Tagen um Neo-Tokyo auftauchen. Wir haben bereits NEC und Waechter informiert, und im Namen des NERV-Hauptquartiers um Piloten gebeten. NEC wird in dieser Hinsicht bis zum Ende des Monats warten, aber Waechter wird übermorgen ihr First Children Soryu Asuka Langley als Hilfe für NERV nach Tokyo schicken. Richten sie sich darauf ein.]
 

Und immer wieder fiel sein Blick auf Rei. Sie saß zwei Bankreihen vor ihm und starrte leblos auf ihr aufgeschlagenes Heft, während der Lehrer etwas von Trigonometrie erzählte. Er hatte sich bis jetzt noch nicht getraut, ein wirkliches Gespräch mit ihr anzufangen - aber im Moment reichte es ihm ihren Hinterkopf anzustarren.

Dann klingelte es zur Pause, und sofort sammelten sich Toji und Kensuke um Shinjis Tisch.

"Hey, wie ist Misato eigentlich so privat???", fragte Suzuhara stürmisch, der genauso wie Aida von der gutaussehenden erwachsenen Mitbewohnerin Shinjis fasziniert war.

"Schlampig", murmelte Shinji vor sich hin und blickte instinktiv auf Rei's blaue zottelige Frisur.

Und plötzlich drehte sich Rei nach hinten um und sah den Jungen mit nichtssagendem Blick an. Er stockte.

Aber nichts passierte, eine Sekunde später hatte das Mädchen ihren Blick wieder in ihr aufgeschlagenes Heft vertieft. Toji hatte das ganze Schauspiel schmunzelnd beobachtet.

"Hey, soll ich für dich und Rei was arrangieren?"

Shinji ging auf Suzuharas Stichelei nicht ein, und letzterer hatte auch keine Zeit sich darüber zu beschweren - sofort wurde Toji von der Klassensprecherin Hikari gepackt und in schreiendem Wortlaut darauf hingewiesen dass er diese Woche mit dem Putzdienst an der Reihe war, und er sich heute nicht wie gestern davor drücken sollte.

Aida beobachtete die Situation mit einem breiten Grinsen, und auch Shinji's Miene entspannte sich langsam wieder. Ständig gab es Ärger zwischen Hikari und Toji.
 

"Immer noch nichts neues von Kaji?", fragte Ritsuko in der Mittagspause als sie mit Misato in einer entlegenen Ecke der Cafeteria saß.

"Nein", seufzte Katsuragi und versuchte sich ihre Trauer nicht anmerken zu lassen. Sicherheitshalber wechselte sie schnell das Thema. "Hat man irgendetwas neues über die Struktur der Engel herausgefunden?"

"Unser Supercomputer ist damit überfordert, nix zu machen."
 

Die Schule war vorbei und der Klassenraum war fast leer. Shinji befand sich mit Kensuke und Toji gerade auf dem Heimweg, während Rei mit Hikari den Klassenraum putzte. Hikari war eigentlich gar nicht mit Putzen an der Reihe, aber sie half dem blauhaarigen Mädchen als Vorwand um mit ihr ins Gespräch zu kommen. Sie hatte keine Ahnung was in Ayanami den ganzen Tag vor ging, und das wollte sie schleunigst ändern (schließlich war Hikari Klassensprecherin!).

"Verstehst du dich mit Shinji gut?", fragte sie und sah zu wie Rei unbeholfen mit dem Besen hantierte.

"Es geht", so die knappe Antwort.

"Er scheint dich zu mögen."

"Kann sein."

"Hey", fing Hikari fröhlich grinsend an, "wenn du Shinji erobern willst solltest du deine weiblichen Reize spielen lassen!"

Rei sah die Klassensprecherin perplex und etwas verärgert an, und sofort hörte letztere auf zu Grinsen. Stattdessen ging sie auf Ayanami zu und wies auf den Besen.

"Du musst ihn fester halten, so wie du kehrst wird der Raum wohl nie sauber werden." Wieder deutete Hikari ein freundliches Lächeln an, doch Rei erwiderte die Geste nicht sondern umklammerte den Besenstiel energischer.
 

Misato saß gelangweilt vor dem PC des Büros, das sie sich mit Ritsuko teilte. Letztere schien irgendwo im Nerv-Gebäude herumzulaufen, denn obwohl ihre Pause bereits seit einer halben Stunde vorbei war, befand sich Misato allein in dem Raum.

Genervt schaltete sie die einzelnen Überwachungskameras auf ihren Monitor. Die erste Kamera zeigte einen momentan leeren Gang, der direkt zu Cage 1 führte. Kamera 2 filmte einen leeren Abstellraum in dem sich verstaubte Akten befanden, Kamera 3 zeigte auf eine kleine Kammer in der sich die Putzutensilien befanden -

... bewegte sich da etwas???

Misato sprang energisch von ihrem Stuhl hoch. Irgendjemand schien sich hinter den zahlreichen leeren Eimern und Flaschen zu verstecken!

Katsuragi verließ ruckartig ihr Büro um der Sache auf den Grund zu gehen.
 

"Also ist Shinji nichts für dich?", fragte Hikari grinsend während sie Rei auf ihrem Heimweg begleitete. Sie wollte den Blauschopf nicht allein gehen lassen, sie wollte sich ihr Vertrauen gewinnen.

"Weiß nicht."

"Hast du einen anderen Freund?"

"Ich habe keine Freunde", antwortete sie emotionslos. Hikari stockte und warf einen verwirrten Blick auf Rei's Gesicht um an ihren Augen den Wahrheitsgehalt der Aussage ablesen zu können. Ayanamis Augen starrten ohne einen Ansatz von Belustigung nach vorne.

"Warum nicht?", fragte die Klassensprecherin perplex und ein wenig eingeschüchtert.

"Sie haben keinen Wert."

Rei vermittelte ein merkwürdiges Bild von sich selbst. Sie schien fast schon unmenschlich emotionslos, auf der anderen Seite aber auch stark und widerstandsfähig.

Und wirklich nicht gesellschaftsfreudig.

"Warum gehst du mit mir?", fragte Ayanami plötzlich und irritierte Hikari noch mehr.

"Ist dir meine Anwesenheit unangenehm?"

"Nein. Eher ungewohnt."
 

Abstellraum 04 - Misato stand direkt vor dem Ziel ihres kurzen Ausflugs. Die Tür ging mit einem kurzen Summen auf und zeigte eine kleine muffige Kammer die mit allerlei Putzutensilien voll gestapelt war. Wenn sich hier jemand verstecken sollte, musste er wirkliche Probleme am Hals haben.

"Ist da jemand?", fragte sie unbeholfen in den Raum und lugte durch die nebeneinander aufgetürmten Eimer.

Sie hörte eindeutig ein Atmen.

Blitzschnell hatte Katsuragi ihre Dienstwaffe in der Hand und hielt sie ausgestreckt vor sich.

"Misato Katsuragi - Nerv! Identifizieren sie sich!"

Zuerst blieb alles still, dann hörte sie eine leise Antwort.

"Keyko Urusawa."

Keyko Urusawa? Der Freund von Kaji???

"Wissen sie wo Kaji ist???"

Anstatt einer klaren Antwort war zuerst nur ein schweres Seufzen zu hören. Dann gab Keyko eine klare Arbeitsanweisung.

"Verriegeln sie dir Tür hinter sich und setzen sie die Sicherheitskamera in diesem Raum außer Gefecht."
 

Hikari musterte luftschnappend Rei's triste, kalte und völlig trostlose Wohnung. Als die beiden vor wenigen Minuten noch unten an der Straße waren wollte Rei die Klassensprecherin schon verabschieden. Doch Hikari blieb stark und antwortete dass sie nicht eher gehen würde bis sie einmal in Ayanamis Wohnung gewesen wäre.

Aufdringlich, aber effektiv. Hikari wollte mehr über Rei erfahren.

Doch diese lieblosen vier Wände verschlugen ihr wahrlich den Atem.

"Hier lebst du also?"

Rei antwortete mit einem verwirrten Blick, sie wusste nicht was an diesem Ort seltsam sein sollte.

"Völlig einsam in dieser trostlosen Wohnung?"

"Geh jetzt bitte wieder."
 

"Kennst du Kaji gut?", fragte Keyko die junge Frau.

"Ja, und egal wohin er verschwunden ist, ich hätte ihn gern wieder."

Keyko seufzte. "Ich war mit Kaji etliche Monate auf der Suche nach dem Mardukinstitut; ich kenne ihn auch gut. Vor mehr als 2 Wochen habe ich mich mit ihm in einer Kneipe getroffen und ihm von meiner letzten Operation erzählt - ich scheine ihn wohl neugierig gemacht zu haben."

Die Abstellkammer war abgeschlossen und verdunkelt. Misato hatte die kleine Überwachungskamera in der Ecke des Raumes mit einem gezielten Schuss ihrer Dienstwaffe außer Gefecht gesetzt.

"Warum verstecktst du dich hier, Keyko?"

"Ich habe zu viel gesehen, eure Leute sind hinter mir her."

"Unsere Leute???"

"Gendo hat mich seitdem ich in Japan angekommen bin, ausspionieren lassen. Du kennst ihn doch."

Misato atmete tief durch, diese Geschichte schien ihr nun deutlich zu unwirklich. "Wenn Nerv hinter dir her ist - warum versteckst du dich dann ausgerechnet im Nerv Hauptquartier?!?"

Keyko lachte kurz auf. "Erstens würde Nerv mich hier niemals erwarten - zweitens will ich hier etwas für Unruhe sorgen..."

Katsuragi fiel auf dass sie immer noch ihre Dienstwaffe ihren verschwitzten Händen hielt. Sicherheitshalber steckte sie die Pistole wieder ein.

"Aber wo ist Kaji nun?", fragte sie schließlich.

"Er wird wohl auf meinen Spuren weiterforschen. Also ist er in..."

Mit einem heftige Ruck ging die Tür auf. Der Code von Misato der dass Portal verriegelt hatte, schien außer Gefecht gesetzt worden zu sein und machte nun den Weg für fünf bewaffnete Nervagenten frei. Blitzartig zielten sie mit ihren Pistolen auf die völlig verschrockene Misato.

"Machen sie Platz, Offizier Katsuragi."

Misato verließ widerwillig den Raum.

"Gehen sie zurück in ihr Büro, mit Keyko werden wir allein fertig."

Als die Frau sich anfangs nicht vom Fleck bewegte, wurde sie grob von einem der Männer am Arm gepackt und weggeführt. Sie musste Keyko zurücklassen, und das Rätsel um Kajis Verschwinden schien sich immer mehr zu verkomplizieren.
 


 

PHASE 6: FASZINATION DER NEUEN EXISTENZ
 

"Hey, habt ihr schon das neuste über die UN gehört?", fragte Kensuke aufgeregt als er mit Shinji und Toji am folgenden Tag zur Schule ging.

"Aida-kun - wir haben selbstverständlich NICHT das neuste über die UN gehört weil es uns nicht interessiert!"

Kensuke grinste über Tojis ungehaltene Äußerung. "Das hier wird euch aber sehr interessieren! Vor allem dich, Shinji!" Der angesprochene Junge blickte Aida fragend an. "Die UN transportiert heute ein ,unbestimmtes Objekt' unter enormen Sicherheitsaufwand von Deutschland nach Neo Tokyo!"

Shinji blickte Aida immer noch fragend an.

"Das kann doch nur ein neuer EVA sein!!!"

Nun wurde Aida nicht nur von Ikari sondern auch von Toji skeptisch angesehen, als zweifle man am Geisteszustand des Ersteren.

"Ihr habt alle kein Gespür für wichtige Neuigkeiten", brummte Kensuke verstört, und die anderen beiden konnten ihr Gelächter nicht länger zurückhalten.

"Das muss doch selbst für euch offensichtlich sein! Ein großer schwerer und gut bewachter Transport für ein ,unbestimmtes Objekt' aus Deutschland - da hat doch bestimmt Waechter seine Finger im Spiel!"

"Warum sollte Waechter uns ihren EVA schicken?"

Aida grinste Shinji schelmisch an. "Vielleicht weil du und Rei nicht allein mit den Engeln fertig werdet?"

Toji grinste gut gelaunt mit. "Oder um mich vor Hikari zu beschützen!"

"Ich weiß nicht", meinte Shinji nachdenklich, "ich glaube du und Hikari würdet gut zusammenpassen!"

Suzuhara verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust. "Keine 10 EVAs könnten mich mit dieser Schreckschraube zusammen bringen!"

"Mal sehen", meinte Aida verschwörerisch und beendete das Gespräch.
 

[Empfänger: Ikari Gendo - Nerv

Datum: 13. Dezember 2015 > Nachricht 1/1

Absender: Winston Druchov - Waechter

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Ich freue mich ihnen mitteilen zu können, sie in Zukunft durch einen unserer Piloten verstärken zu dürfen. Es handelt sich dabei um unser hochtalentiertes First Children Soryu Asuka Langley, die morgen um 16 Uhr im Flughafen von Tokyo eintreffen wird. Wir hoffen dass sie eine Unterkunft für Asuka bereitstellen können, und wünschen ihnen viel Glück für die Zukunft.]
 

"Und, was wollte Gendo von dir?", fragte Ritsuko ihre Kollegin Misato, die gerade den Raum betrat.

"Du warst bei Gendo?", platzte Maya die von ihren PC hervorschaute dazwischen und blickte Katsuragi neugierig an.

"Wir bekommen Verstärkung", verkündete Misato trocken. "Waechter schickt ihr First Children Soryu Asuka Langley zu uns."

"Klingt doch großartig! Was ist mit dem EVA?"

"Asukas EVA wird gerade per UN Flugtransporter hier hin geschafft, vermutlich ist er heute Abend schon da." Misato legte zahlreiche Akten und CDs auf Ritsukos Schreibtisch. "Das sind alles Unterlagen über EVA und die Pilotin - du sollst sie kurz für Gendo überfliegen."

"Ich werd mich sofort an die Arbeit machen! Wie ist Asuka denn als Pilotin so?"

"Ihre Synchronwerte sind höher als die von Shinji und Rei."

Ritsuko klatschte mit einem breiten gut gelaunten Lächeln in die Hände. "Großartig! Und warum machst du dann so ein geknicktes Gesicht?"

Misato seufzte. "Wir sollen für Asuka eine Wohnung bereitstellen, und Gendo hat angeordnet dass sie bei mir unterkommt."

"Weiß Shinji schon davon?"

"Wie denn - wo ich es doch selbst erst vor fünf Minuten erfahren hab! Er wird ganz schön irritiert sein."

"Ach was, ich glaube diese Asuka ist ein gutes Mädchen! Ein bisschen mehr Kontakt mit anderen Leuten wird unserem Shinji gut bekommen!"

Misato seufzte wieder und ließ sich in ihren Stuhl fallen. "Nebenbei, Ritsuko - kannst du mal nachgucken ob du in unseren Archiven etwas über ,Keyko Urusawa' findest?"

Die angesprochene Frau zog die Augenbraue hoch. "Keyko Urusawa? Wer ist das? Dein neuer Macker?"

"Pah, schön wär's..."

Misato schnappte sich Ritsukos halbvolle Kaffeetasse und nahm einen tiefen Schluck von dem heißen Gebräu.
 

"Shinji, kannst du mir Geld leihen?" Kensuke ging in der Pause zu Ikaris Tisch hinüber und blickte ihn fragend an. Auch Suzuhara schaltete sich ein und wartete auf einen Moment um sich in diese Unterhaltung einzumischen.

"Wofür?"

"Ich hab gestern in einem Schaufenster gesehen dass Generals 4 jetzt endlich auf dem Markt ist! Ich MUSS es haben!"

Shinji blickte ihn stutzig an. "Generals 4?"

"Na ja, diese neue super-realistische Kriegssimulation", erklärte Aida gefesselt. "Mir fehlen noch 2000 Yen, dann kann ich es mir direkt nach der Schule kaufen!"

Ikari dachte einen Moment lang nach. "Okay, aber dafür will ich ne Runde mitspielen."

"Logisch!", freute sich Aida und fing sofort begeistert an zu erzählen. "Ich hab gelesen dass man sogar eine Fokker D 7 mit der Originallackierung aus dem zweiten Weltkrieg fliegen kann!"

Suzuhara fing an zu grinsen und schlug Kensuke auf die Schulter. "Warum gehst du eigentlich noch in die Schule? Los - auf in die Schlacht, Soldat!"

Aida runzelte die Stirn und Shinji brach in schallendes Gelächter aus, er teilte mit Toji die Meinung dass Kensuke viel zu viel Freizeit hatte und eindeutig ne Freundin brauchte.

"Hey, ihr wisst doch, ich bin hundertprozentiger Pazifist!", beteuerte Kensuke standhaft.

"Und dann willst du tatsächlich ein EVA Pilot werden?"

"Na ja... Engel bedrohen die Menschheit - das ist eine Ausnahme." Plötzlich leuchteten Aida's Augen hell auf. "Moment mal: wenn die UN tatsächlich einen neuen EVA nach Japan bringt und ihr dafür noch einen Piloten sucht - darf ich dass dann sein???"

Shinji wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als sich Rei zwei Bankreihen weiter zu ihnen umdrehte. Ihre helle Stimme tönte kaum lauter als ein Wispern, aber ihre kristallklar ausgesprochenen Worte waren trotzdem gut zu verstehen. "Neuer EVA?" Ihre emotionslosen Augen blieben an Shinji haften.

Letzterer war mit dieser Situation völlig überfordert und lief erst mal feuerrot an. "Na ja... Äh.... Das ist noch nicht sicher..." Schließlich erlöste ihn Aida von seiner Qual und antwortete dem Mädchen.

"Die UN ist dabei etwas großes von Deutschland nach Japan zu transportieren - dann KANN doch nur ein EVA sein!"

"Ah", murmelte Rei und drehte sich wieder nach vorne.

Einen Moment lang war alles still.

"Sie hat dich angesprochen", flüsterte Toji zu Ikari mit belustigtem Unterton. "Das ist ein gutes Zeichen!"

Und als ob sich alle gegen den rot angelaufenen Jungen wenden würde, bemerkte er dass er selbst von Hikari merkwürdig angesehen wurde.

Kurz bevor ihr Blick auf Toji fiel und seine Gesichtskonturen aufgeregt musterte.
 

Misato stand allein in ihrer Wohnung. Sie hatte bis morgen Zeit ein Zimmer für Asuka herzurichten, und musste so schnell wie möglich Platz schaffen. Wenn der neue Pilot männlich wäre, dann gäbe es keine Probleme - dann könnte er mit Shinji in einem Zimmer schlafen. Aber bei einem Mädchen war die Sache schon komplizierter...

Plötzlich klingelte das Telefon. Reflexartig hob Misato den Hörer ab.

"Misato, hier ist Ritsuko! Ich habe Informationen über Keyko Urusawa!"

"Leg los!"

"Es hat etwas länger gedauert, er ist nämlich kein Mitglied von Nerv. Aber Gendo heuerte ihn vor Jahren mal als Söldner in einer geheimen Mission an - über die ich leider keinen Zugriff habe. Jedenfalls schien er sich mit Kaji gut verstanden zu haben, denn Monate später machten sich beide laut Unterlagen auf die Suche nach möglichen Aufenthaltsorten des Marduk Instituts. Mit eher zweifelhaftem Erfolg."

"Aha. Und sonst hast du nichts gefunden?"

"Doch", raunte Dr. Akagi in den Telefonhörer. "Laut Unterlagen ist Keyko gestern gestorben."

Misato zuckte zusammen. Diese verfluchten Nerv-Angestellten hatten ihn also tatsächlich..!

"Danke Ritsuko. Ich werde mich morgen ausführlich bedanken."

"Kein Problem."

Sie legte auf. Eines war Misato nun klar geworden: Kaji schien in großer Gefahr zu sein.

Doch wieder wurde sie aus ihren Gedanken gerissen; die Wohnungstür öffnete sich und Shinji trat herein. "Hallo Misato", begrüßte er sie fröhlich.

"Du kommst spät. Wo warst du?"

"Bei Kensuke, er hat ein neues Computerspiel und..."

"Ja, ja! Hilf mir lieber!"

Shinji sah seine Mitbewohnerin fragend an. "Helfen?"

"Ja! Nerv bekommt Verstärkung! Eine neue Pilotin wird ab morgen hier wohnen und wir müssen ihr ein Zimmer herrichten."

Eine neue Pilotin? Dann hatte Kensuke also tatsächlich Recht gehabt?
 

Rei lag in ihrem Bett. Ihre Augen schweiften herum und begutachteten ihre Behausung.

[Hier lebst du also? Völlig einsam in dieser trostlosen Wohnung?]

Hikaris Worte gingen ihr nicht mehr aus dem Kopf hinaus. Was war an dieser Wohnung trostlos? Und was war an ihren grauen Wänden so schlimm? Schließlich war doch sowieso alles egal.

Und mit diesem Gedanken fiel sie in einen traumlosen Schlaf. Stunden vergingen, bis sie kurz nach Mitternacht in ihrem Bett aufwachte.

Vor ihrem inneren Auge sah sie Shinji.

"...Rei... Ich weiß nicht wie ich es sagen soll..."

Das Mädchen kniff sich mit aller Wucht die Augen zu und zwang sich an etwas anderes zu denken.
 

Ihre roten Augen blickten Shinji im Schlaf an. Er sah ihr Gesicht vor sich und begutachtete ihre Pupillen aufs Genauste.

Es half nichts, er musste mit ihr reden. Es würde ihn krank machen, wenn er noch einmal neben ihr her gehen würde als wären sie Fremde.

Sie waren weitaus mehr als das.
 


 

PHASE 7: SPHÄRE DES LICHTS
 

"Es gibt also wirklich einen neuen EVA?", fragte Kensuke begeistert nachdem er mit Shinji ins Gespräch gekommen war. "Und eine Pilotin?"

"Ihr Name ist Soryu Asuka Langley, Misato holt sie heute um 16 Uhr am Flughafen ab."

Toji fing an zu grinsen und klinkte sich geschickt ins Gespräch ein. "Hoffentlich sieht sie gut aus und kommt in unsere Klasse - wär' mal ne Abwechslung zu den ganzen Schreckschrauben hier."

Unglücklicherweise hatte Hikari Suzuharas letzten Satz mitgekriegt und fauchte ihn nun wütend an, es entstand eine kleine Rangelei in der Toji das Gleichgewicht verlor und Shinji mit sich riss. Pech für Ikari, er knallte mit der Wange gegen das Fensterbrett und zog sich eine leichte Prellung zu. Langsam kam er wieder auf die Beine und hielt sich schützend seine dicke Wange.

"So ein Mist! Es tut mir so Leid!", rief Hikari und rannte aus der Klasse um dem Jungen einen Eisbeutel zu besorgen.

"Großartig", murmelte Shinji und setzte sich wieder auf seinen Stuhl.

"Frauen bringen nur Ärger", grinste Kensuke und ahnte gar nicht dass er damit den Leitspruch des Tages ins Leben gerufen hatte.
 

"So Shinji, ich hole Asuka jetzt ab. Du bist sicher dass du nicht doch mitfahren willst?"

"Nein", raunte Shinji während er am Esszimmertisch saß und sich einen klobigen Eisbeutel an die Wange presste.

"Wenn du meinst..." Misato warf einen letzten Blick in den Spiegel und machte sich dann auf den Weg nach draußen. Sie musste zum Flughafen.

Frustriert ließ Shinji die Minuten verrinnen und dachte über seine zukünftige Mitbewohnerin nach. Er versuchte natürlich optimistisch zu denken - ein weiblicher Zimmernachbar hatte durchaus seine Vorteile - aber irgendwie hatte er das dumpfe Gefühl als ob die nächsten Wochen hart werden würden.

Dann klingelte es plötzlich an der Tür, und noch bevor Shinji sich hatte Gedanken machen können wer nun da eben auf die Klingel gedrückt hatte, war er bereits aufgesprungen und hastete zur Klinke. Er brauchte dringend etwas mit dem er sich ablenken konnte, und Besuch kam da gerade recht.

Überraschenderweise stand Rei Ayanami vor ihm.

Ihr emotionsloser Blick ging direkt durch Shinji hindurch und würdigte ihn in keiner Sekunde. Mit einer kurzen Geste hielt sie ihm eine zusammengefaltete Kopie hin. "Von Hikari."

"Hikari?" Shinji sah sich das Blatt an und überflog es kurz. Es war eine Einladung zu einem Klassentreffen bei Hikari in mehreren Wochen - eigentlich eine eher triviale Angelegenheit.

"Sie hat vergessen den Zettel heute im Unterricht auszuteilen", fügte Rei trocken hinzu.

Warum hatte die Klassensprecherin Rei geschickt um ihn diesen Zettel zu geben - obwohl es wirklich nicht schlimm gewesen wäre wenn sie die Einladung erst morgen ausgeteilt hätte?

Dann verstand Shinji.

"Rei, willst du nicht reinkommen?"

Zum ersten Mal am heutigen Tag blickte das Mädchen nicht durch Shinji hindurch sondern sah ihn genau an. Für den Bruchteil einer Sekunden stand die Zeit still, und es schien so als ob Rei in ihren Gedanken ertrunken wäre. Dann öffnete sie zaghaft den Mund.

"Ja."
 

[Empfänger: Ikari Gendo - Nerv

Datum: 14. Dezember 2015 > Nachricht 1/2

Absender: Unbekannt

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Morgen wird der nächste Engel Neo Tokyo erreichen. Richten sie sich darauf ein - das neue Children wird ihnen gute Dienste leisten.]
 

"Ikari, hier lebst du also?", fragte Rei wie schon Hikari am gestrigen Tag. Sie bemühte sich über ihren Schatten zu springen und nicht wie eine leblose Puppe zu wirken. Dennoch hatte sie keinen rechten Ausdruck im Gesicht als sie sich das Zimmer seines EVA-Kollegen ansah. Ein typisches Zimmer: Bett, Schrank, Tisch, CD Regal - vielleicht ein wenig bunter als ihr eigenes.

"Du kannst mich ruhig öfter besuchen kommen", meinte Shinji mit schüchterner Verlegenheit. Rei antwortete ihm nicht, sie gingen zurück ins Esszimmer.

Und für einen unendlich erhabenen Moment wurde die ganze Szenerie in einem schon fast unnatürlichem Licht getränkt. Einen winzigen Moment lang befanden sie sich an einem anderen Ort und lebten unter anderen Regeln. Einen klitzekleinen Moment lang war alles anders.

Dann war das Schauspiel vorüber. Shinji blinzelte kurz und sah Rei verwirrt an, während letztere sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Kopf hielt.

"Stimmt was mit dir nicht, Rei?", fragte der Junge besorgt und sah sie mitleidig an.

"Ikari, ich..."

Wieder kniff sie wehleidig ihre Augen zu. So einen Anfall hatte sie noch nie gehabt.

Der Junge merkte dass sie sehr wacklig auf den Beinen stand und hielt sie besorgt an den Schultern fest. "Geht es dir gut, Rei?"

Ihre rot leuchtenden Augen sahen ihn gleichgültig an.

Dann schmiss sie sich an ihn und legte ihre Lippen etwas unbeholfen an seine.

Sie hatte noch nie jemanden geküsst, und sie hatte nie gedacht dass sie es jemals tun würde.

Shinji war völlig überwältigt. Mit so einer Reaktion hatte er im Leben nicht gerechnet, und er konnte nichts anderes tun als das Gefühl der trockenen Lippen auf seinem Mund zu genießen.

Doch - er konnte etwas tun.

Der Junge legte seine Arme um sie und erwiderte ihre Geste in einem langgezogenen intensiven Kuss. Wie zusammengewachsen standen sie im Raum und tauschten ihre Körperwärme für ein Gefühl absoluter Geborgenheit aus, ließen ihre Zungen miteinander spielen.

So innig aneinandergekettet mussten sie wenigstens 2 Minuten gestanden haben, doch es kam beiden wie eine einzige Sekunde vor. Eine einzige Sekunde - die wohl bedeutsamer war als ihr gesamtes bisheriges Leben.

Und gerade als Shinji dies realisiert hatte, und sich schwor Rei nie wieder loszulassen, ging die Tür mit einem heftigen Ruck auf und machte Platz für Misato und Asuka. Während letztere nur einen skeptischen Blick für das küssende Pärchen übrig hatte, war Katsuragi dem ausflippen nahe.

"Shinji! Ich WUSSTE doch dass du irgendwann aufweichst! Großartig!"

Der angesprochene Junge wurde rot wie ein Feuerteufel und befreite sich von Rei. Verzweifelt suchte er nach Ausflüchten, fand aber keine und starrte verlegen auf Asuka.

Und auch Ayanami zeigte eine Regung: Selbst das Mädchen dem niemand eine Emotion zugetraut hätte, bekam eine leichte Rotfärbung auf ihren blassen Wangen.

"Shinji", fing Misato breit grinsend an und zeigte auf dass neue Gesicht, "das hier ist Asuka!"

"Hallo", murmelte Ikari verlegen und wich schnell ihren stierenden Blicken aus.

"Asuka", Misato wies auf die beiden Children, "der übermütige Junge ist Shinji Ikari, und das Mädchen ist Rei Ayanami."

"Die weltberühmten Second und First von Nerv?", gab Asuka überrascht wie skeptisch von sich. "Ihr seid zusammen???"

"Nein!", japste Shinji, "es ist nur so..."

"Ja?", hakte Misato neugierig nach.

"Wir, also ich... Äh..."

Schließlich kam auch Rei an die Reihe, die sich an dem ganzen Gespräch bisher stillschweigend herausgehalten hatte.

"Ich gehe jetzt", meinte sie trocken.

Misato sah ihr verwirrt hinterher; wie Ayanami sich in Bewegung setzte und aus der Tür schritt bis nichts mehr von ihr zu sehen war.

"Willst du ihr nicht hinterher laufen?", fragte Katsuragi schmunzelnd den Jungen.

"Äh... Ich...", Shinji war endgültig am Ende.

"Und diese Pfeife ist also das weltberühmte Secondchildren", fasste Asuka zusammen und schüttelte den Kopf.
 

Noch am selben Abend saßen sie zusammen am Esszimmertisch. Während Asuka begeistert von ihrer bisherigen Laufbahn erzählte, war Shinji mit den Gedanken bei Rei. Er konnte sich beim besten Willen nicht auf Asukas Gespräch konzentrieren.

"Du wirst natürlich auf dieselbe Schule wie Shinji und Rei gehen. Auch in dieselbe Klasse", erklärte Misato gelassen. Sie hatte sich die neue EVA Pilotin wirklich anders vorgestellt.

"Was ist mit meiner Bezeichnung? Bei Waechter war ich das First Children!"

"Ja, und bei NERV bist du das Third Children. Shinji und Rei waren vor dir da."

Asuka machte einen empörten Gesichtsausdruck. "Aber ich war eine der ersten Piloten die für die EVAs ausgebildet wurden! Ich wurde noch vor Shinji rekrutiert!"

"Okay", meinte Misato grübelnd, "da ist was dran. Ich werde mit Kommandant Ikari reden, damit du ab morgen Second Children wirst. Shinji wird dann das neue Third Children."

Der Junge stocherte weiterhin abwesend in seinem Essen rum.

"Sag mal Asuka", fing Katsuragi mit erhobener Augenbraue an, "wie ist Waechter eigentlich? Sind sie ähnlich strukturiert wie Nerv?"

"Ja", meinte Asuka redegewandt. "Winston Druchov ist das Oberhaupt, und eigentlich sehr nett. Er hat mich schon etliche Male gelobt!"

"Wie wird Waechter genau finanziert? Allein durch die EU?"

"Ja, Waechter ist offiziell ein Projekt der europäischen Union. Besonders große Geldmittel werden aber durch Russland, Deutschland und vor allem Italien verfügbar gemacht."

"Reicht dass Geld denn?"

"Eigentlich schon, obwohl ständig neue Ausgaben entstehen." Das Mädchen hatte von solchen Dingen nicht allzu viel Ahnung und zog es vor, dass Thema zu wechseln. "Was ist jetzt mit Ikari? Ist er wirklich mit Ayanami zusammen???"

"Äh... Na ja...", fing Misato schmunzelnd an, "frag ihn doch selber! Ich würde aus auch gerne wissen! Was ist los, Shin-chan?"

"Was soll los sein?", stotterte der Junge irritiert.

"Du und Rei natürlich! Was ist nun zwischen euch?"

"Nichts", beteuerte Shinji energisch.

"Das sah eben aber nach was ganz anderem aus! Ihr habt euch ja wirklich süß umarmt!"

"Hör auf damit, Misato", grummelte der Junge vor sich hin.

"Nur wenn du mir sagst was zwischen euch los ist!"

"Nichts!", schrie Ikari plötzlich und rannte in sein Zimmer.
 

[Empfänger: Ikari Gendo - Nerv

Datum: 14. Dezember 2015 > Nachricht 2/2

Absender: Occasio

---

Hallo Gendo, alter Knabe!

Ich muss mich wirklich bei dir bedanken - wenn du mir nicht so ausdrücklich davon abgeraten hättest Keyko zu treffen, wäre ich auf seine Einladung niemals eingegangen! Jetzt bin ich Italien und werde seine Reise fortsetzen. Vermutlich hast du bereits mehrere deiner Männer im Auftrag Seele's auf mich losgeschickt, aber es wird dir nichts bringen. Ich habe mich hier hinter mehreren Identitäten versteckt und kann bald meine Trumpfkarten ausspielen. Bitte sorg dafür, dass es Misato und Shinji in meiner Abwesenheit gut geht!

Mit freundlichen Grüßen, Ryoki Kaji]
 


 

PHASE 8: NICHTS BLEIBT ÜBRIG
 

"Na Shinji? Gut geschlafen?"

Der Junge setzte sich grummelnd zu Misato an den Frühstückstisch. Er hatte natürlich NICHT gut geschlafen, sondern die meiste Zeit wach gelegen und sich hin und her gewälzt.

"Wo ist Asuka?", fragte er beiläufig.

"Im Bad", seufzte Misato. "Seit einer vollen Stunde."

Plötzlich kam das angesprochene Mädchen zur Tür rein. Ihre Haare waren weich, glänzend und sauber gekämmt.

"Hey! Wer lästert hier über mich?!? Dabei habe gerade ICH Grund zu lästern - japanische Badezimmer sind furchtbar klein!"

"Tja, damit wirst du leben müssen."

Shinji stand auf und ging ins Bad.
 

Asukas erster Schultag in Japan verlief für sie mehr als nur großartig. Sofort wurde sie von sämtlichen männlichen Wesen der Klasse umringt und mit etlichen Fragen bombardiert. Toji und Kensuke machten da keine Ausnahmen, und ließen Shinji allein an seiner Bank sitzen. Depressiv packte er seinen Discman aus und hörte Musik.

Verträumt und in den Klängen seiner CD versunken, schwenkte sein Blick durch die Gesichter der Klasse. Asuka... Toji...

Hikari?

Die Klassensprecherin stand direkt an Rei's Bank und schien irgendetwas mit ihr zu bereden. Irgendetwas, dass nichts mit schulischen Dingen zu tun hatte, denn Hikari grinste breit.

Rei saß einfach nur ausdruckslos da und antwortete ab und zu ein paar Satzfetzen.

Shinji schaltete den Discman aus und versuchte so unauffällig wie möglich zu lauschen was die beiden Mädchen zu bereden hatten. Unglücklicherweise stellte er aber schnell fest dass sein Unterfangen sinnlos war - das Gespräch von der Klassensprecherin und Ayanami wurde von Asukas neuen Verehrern schnell übertönt.
 

[Empfänger: Ikari Gendo - Nerv

Datum: 15. Dezember 2015 > Nachricht 1/1

Absender: Unbekannt

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Gendo, es ist äußerst wichtig. Wir von Seele haben lange über die Situation bezüglich Kaji nachgedacht, und eine Entscheidung getroffen. Senden sie bitte sämtliche Söldner die sie auf ihn gehetzt haben wieder zurück! Kaji muss unbedingt am leben bleiben!

Wie sie wissen ist es schon lange nicht mehr wichtig große Besitztümer zu haben - mächtig allein machen in unserer Gesellschaft nur noch Informationen. Wer Wissen hat, ist mächtig. Und Kaji scheint im Moment ein Geheimnis um den Vatikan aufzudecken, dass selbst für unsere Augen unsichtbar ist. Er ist ein fähiger Mann, und darf erst getötet werden nachdem wir durch ihn erfahren haben, was WIRKLICH in den Kellern des Vatikanpalastes steckt.

Diese Anweisungen haben in unseren Plänen höchste Priorität.]
 

Misato saß gelangweilt an ihrem PC und nippte an ihrer Kaffeetasse. Sie brauchte den Kaffee um sich nach ihrem allmorgendlichen Bier wieder zu erholen und die Arbeit bei Nerv mit klarem Kopf zu erledigen.

Natürlich machte sie sich Gedanken über Asuka und Shinji. Nach Katsuragi's Einschätzung würden die beiden wohl eher weniger gut miteinander auskommen.

Und da war ja noch Rei.

Als Misato gestern Shinji mit dem Mädchen eng umschlungen gesehen hatte, wäre sie fast hinterrücks umgekippt. Sie hatten sich - für 14 jährige Kinder - fast schon LEIDENSCHAFTLICH geküsst, was sie dem Jungen beim besten Willen nicht zugetraut hatte.

Und Rei erst recht nicht. Wie war dieses emotionslose Mädchen zu so etwas fähig?

"Misato!", hörte sie plötzlich Dr. Akagis Stimme nach ihr rufen.

"Ich bin hier! Was ist los?"

"Ein Engel! Wir brauchen die Children!"
 

"Das ist also ein Engel?", fragte Asuka ungläubig als sie in ihrem EVA dem Engel gegenüberstand. Ein unmenschlich aussehender Klotz mit krakenartigen Armen und hell glühenden Augen.

"Konzentrier dich auf ihn!", rief Misato über Funk und wendete sich Rei und Shinji in EVA 00 und 01 zu. "Und ihr gebt Asuka Rückendeckung!"

"Verstanden!"

"Dann wollen wir mal", murmelte Asuka vor sich hin und stürzte sich energisch mit ihrem Progmesser auf den Engel. Letzterer jedoch konnte den Angriff gut mit seinen Armen abfangen und bot sich ein hektisches Handgemenge mit EVA 02.

"Rei, hilf ihr mal!", orderte Misato, und wurde von Shinji leise durch ein "Sei vorsichtig...." ergänzt.

Asuka nahm die ganze Sache locker und hielt den Engel geschickt auf Abstand. "Ich brauche keine Hilfe!" Um ihre Worte zu verdeutlichen verpasste sie der Kreatur einen gezielten Fausthieb auf die klobige Schnauze.
 

Shinji saß wie festgewachsen in EVA 01. Seine Augen waren weit aufgerissen, und doch erblindet. In diesem Augenblick hatte er einen Synchrowert von 120% - ohne es zu merken.

Vor seinem inneren Auge liefen hektische Bilder ab. Eine blitzartige Diashow voller vergangener Erlebnisse, und in deren Zentrum ein kleines Mädchen mit blauen zotteligen Haaren. Rei kontrollierte sein Denken.

"Würdest du dich in einem zeitlosen Raum nach dem Morgen sehnen?", hörte er ihre helle Stimme zu ihm sprechen. "Würde es dir wichtig erscheinen, was morgen geschieht?"
 

Asuka hämmerte mit ihren Fäusten auf die Kreatur ein, ohne viel Gegenwehr erwarten zu müssen. Es war eine einfach Angelegenheit, bis zum Zeitpunkt der Explosion.

[Die Zeit der Stille ist beendet! Spürt unseren Zorn!]

Ohne jegliche Vorwarnung zerplatzte der Engel in Tausend Einzelstücke und ging in einer enormen Flammensäule in Luft auf. Die Druckwelle riss Asuka direkt mit dich, und erwischte auch die etwas abseits stehenden Shinji und Rei. Keiner der Piloten war noch ansprechbar, Misato schrie sich in der Nerv Basis die Seele aus dem Leib.

Blitzschnell wurde ein Einsatzteam gebildet, dass die Children bergen und ins Nerv Krankenhaus bringen sollte. Asuka wurde noch am selben Tag operiert, ihr Zustand war kritisch.
 

"Was ist da passiert?", fragte Misato hysterisch während sie in Ritsukos Büro auf und ab ging. "Warum ist dieser Engel einfach explodiert?"

Ritsuko räusperte sich. "Ich habe eben mit Gendo geredet. Dieser Engel hat Asuka kein einziges Mal angegriffen, es schien ein spezieller Typ gewesen zu sein dessen einzige Verteidigung darin bestand, sich selbst in die Luft zu sprengen."

"Großartig!" Misato war außer sich vor Wut. "Und wie kannst du so ruhig dasitzen während unsere Children in kritischer Verfassung im Krankenhaus liegen?"

"So kritisch ist die Sache gar nicht. Shinji und Rei schlafen nur - wahrscheinlich eine Schockreaktion. Und Asuka kommt schon wieder auf die Beine, immerhin ist sie eine starke Pilotin."

Misato war in ihrer Raserei kurz davor Ritsuko zu ohrfeigen, konnte sich im letzten Moment aber noch mal bremsen.
 

Das beruhigende Weiß der Wände ließ ihn wieder zur Besinnung kommen. Als Shinji den Oberkörper aufrichtete, schwenkte sein Blick über das triste Krankenhauszimmer.

Er war noch niemals hier gewesen. Die bisherigen Engelkämpfe verliefen alle kontrolliert und stellten für Shinji und Rei keine große Gefahr dar.

[Rei!]

War mit Rei alles in Ordnung? Hatte sie die Explosion gut überstanden? Der Junge war in großer Sorge um sie - mit ihr konnte alles mögliche passiert sein! Aber vielleicht hatte Rei auch einen Platz in einem der Krankenhauszimmer, und er könnte einfach zu ihr rüber gehen..?

Einen Versuch war es wert, und wenn Misato ihn unterwegs ertappen würde, dann wüsste sie wenigstens dass Shinji mittlerweile wieder auf den Beinen war.

Plötzlich öffnete sich mit einem metallischem Klacken die Tür zu seinem Zimmer. Shinji drehte dem Besucher den Kopf entgegen und traute seinen Augen kaum. Es war tatsächlich Ayanami! Allein mit einem dünnen weißen krankenhausüblichem Nachthemd - durch das sich eindeutig ihre Brust hervorzeichnete - trat sie emotionslos zu ihm hin.

"Rei..?", fing Shinji fragend an und ließ sich seine Verwirrtheit deutlich anmerken.

"Ich wollte wissen wie es dir geht", entgegnete sie ausdruckslos. Der Junge lief sofort rot an und wurde noch irritierter. Ohne einen klaren Gedanken fassen zu können, starrte er Rei an.

"Mir geht es gut", sagte er schließlich. "Dir auch?"

"Ja, ich habe schon Schlimmeres erlebt." Rei zeigte keinerlei Gefühl. Es schien so als ob ihr ein Gespräch mit Shinji unangenehm wäre - aber warum war sie dann in sein Krankenzimmer gekommen?

Sie kam immer näher an sein Bett. Ihr linkes Augenlid zuckte unruhig, und mit jedem Schritt wurde der Schmerz in ihrer Hüfte stechender.

"Weißt du wie es Asuka geht?", fragte Shinji nervös um sich abzulenken.

"Nein." Rei kam immer näher.

"Ayanami.... Was machst du da?" Der Junge brannte innerlich. Sein Puls hatte alle messbaren Werte überschritten, und am liebsten wäre aus dem Fenster gesprungen. Ein höllischer Schmerz breitete sich in seiner Magengegend aus, und als Rei ihm keine Antwort gab sondern stattdessen immer weiter zu ihm hin ging, spürte er einen enormen Brechreiz in seinem Rachen.

Shinji schluckte ihn mit letzter Kraft runter.

Er saß immer noch auf seinem Bett, konnte sich nicht bewegen.

Es war Nacht, vom Fenster des Zimmers aus konnte man den Mond sehen.
 

[Empfänger: Ikari Gendo - Nerv

Datum: 16. Dezember 2015 > Nachricht 1/2

Absender: Unbekannt

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Nein, wir können ihnen trotz ihrer Bitten keine genauen Informationen über den Engel ,Lacrima' schicken. Wir sind selbst im Unklaren darüber, warum er sich so plötzlich selbst in die Luft gesprengt hat.]
 

[Empfänger: Ikari Gendo - Nerv

Datum: 16. Dezember 2015 > Nachricht 2/2

Absender: Winston Druchov - Waechter

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Entschuldigen sie bitte diese Nachricht zu dieser Tageszeit. Mir ist bewusst dass sie es wohl nicht sehr angenehm empfinden, um 1 Uhr Nachts noch Mitteilungen dieser Art zu bekommen - aber seit Major Katsuragi uns mit der Nachricht dieser ungewöhnlichen Schlacht konfrontierte, ist das gesamte Waechterzentrum in Aufruhr. Uns ist klar, dass die Frage nach all dem was ihr Zentrum nach der Selbstzerstörung von Naeron durchmachen musste, egoistisch klingt - aber können sie uns sagen ob es Asuka gut geht? Wir sind alle sehr in Sorge.

Mit freundlichen Grüßen, Winston Druchov.]
 

"Rei, was..?" Sie hatte sein Bett erreicht und setzte sich an die Bettkante. Langsam umfasste sie seine Hand und sah ihm tief in die Augen. Der rechte Träger ihres Nachthemdes rutschte prekär über ihre Schulter.

Ihre eigenen Pupillen schienen unheimlich rot zu leuchten.

"Shinji, so darf es nicht enden."

"Enden?" Er war noch verwirrter als vorher. "Was meinst du damit?"

In diesem Augenblick war ein hauchdünnes Lächeln auf Rei's Lippen. Sie kletterte auf sein Bett und legte ihre Hände um seinen Hals. Zärtlich küsste sie ihn und drückte seinen Oberkörper zurück in eine liegende Position.

Sie lag direkt auf ihm - und Shinji war zwischen ihrer Umarmung gefangen.

Er wollte nicht dass sie aufhörte, aber er hatte angst.

Vorsichtig drückte sie mit ihren Füßen die Decke vom Bett und küsste ihn mit jedem Atemzug inniger. Ihre Hände ertasteten seinen Körper, und ihre weichen Brüste schmiegten sich unter dem schummrigen Licht der Zimmerlampe an seinen Oberkörper.

In Shinji brodelte eine Erregung die er sich nicht erklären konnte. Er versuchte sie zu kontrollieren, aber dazu war er beim besten Willen nicht in der Lage.

In ihren Armen war er hilflos.

Immer intensiver rieben sich ihre harten Brustwarzen an seiner Haut. Ihr Hemd rutschte zwischen diesen überschwänglichen Emotionen bei jedem neuen Kuss weitere Zentimeter höher, bis der Stoff schließlich über die Hüfte geschoben wurde. Unter diesem Bereich war sie völlig nackt, und ihr kleiner Po glänzte im schummrigen Licht.

Shinji bekam davon gar nichts mit, in seinem Sichtfeld war nur Ayanamis Gesicht. Ihre Wangen waren blass wie immer, aber eine dünne Schweißschicht hatte sich auf ihrer Haut gesammelt und verklebte langsam mit ihren zotteligen blauen Haaren.

Wieder verschlossen sie sich in einem innigen Kuss. Ihre Zungen spielten miteinander wie balgende Katzen und bescherten Shinji eine Nacht die er wohl niemals vergessen würde.

Es wäre wohl der schönste Augenblick seines bisherigen Lebens gewesen, wenn nicht plötzlich Misato die Tür geöffnet hätte.

Ihr Unterkiefer klappte reflexartig nach unten, und sie peitschte mit einem lauten Knall die Tür hinter sich zu.

Shinji sah in seinen Augenwinkeln eine feuerrot angelaufene Misato und schreckte explosionsartig auf. Er versuchte Rei an den Schultern zu packen und von sich zu stoßen, erwischte in seiner Hysterie jedoch nur den Träger ihres Hemdes und entblößte sie nur noch mehr. Von einem Augenblick auf den anderen war Rei nicht mehr der erhabene Mittelpunkt seines Denkens, sondern nur noch ein schwerer verschwitzter Körper.

"Shinji! Rei!", krächzte Katsuragi cholerisch.

Ayanami beobachtete die Szenerie wie ein unbeteiligter Zuschauer. Sie fühlte sich in ihrer Situation völlig überfordert und wusste absolut nicht was sie tun sollte - in einem Anflug von völliger Hilflosigkeit klammerte sie sich fester an Shinji.

Letzterer tickte endgültig aus und riss das Mädchen von sich. Rei fiel vom Bett und landete unsanft mit ihrem nackten Hintern auf dem harten Zimmerboden. Für sie selbst unbegreiflich, spürte sie Tränen auf ihrer Wange hinabgleiten.

Misato stand immer noch stocksteif da, schenkte Rei aber einen kurzen mitleidigen Blick.

Dann sah sie Shinji an, welcher panisch den Kopf wegdrehte.

Ayanami lag zusammengekrümmt auf dem Boden.
 


 

ENDE KAPITEL 2
 


 


 

VORSCHAU: PHASE 9 (9. JANUAR 2016)
 

Weitere drei Engel wurden mit Hilfe Asukas besiegt
 

Hikari übernachtet bei Rei
 

Asuka verwirrt Ikari Tag für Tag mehr
 

Misato führt mit Shinji ein Gespräch unter Männern



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2003-12-29T12:12:27+00:00 29.12.2003 13:12
Hey,
Dein FF gefällt mir bis jetzt super gut. Deine Schreibweise gefällt mir es liest sich alles Flüssig man kann eigentlich meinen man liest einen Film. Also n fettes Lob von mir die Geschichte ist echt spannend und die Charaktere kommen echt perfekt rüber. Besonderst Rei wie sie in ihrer Unbeholfenheit Gefühle zu zeigen, Shinji inmmer in peinliche Situationen bringt.

ok genug geschrieben
mfg Otogi
Von:  Nex_Caedes
2003-12-27T22:15:05+00:00 27.12.2003 23:15
Die story ist voller geheimnisse, dies macht sie erst richtig interesant.
Mach weiter so
nex


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