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In die Arme des Bösen

Wichtelgeschichte für Sturmdrache
von

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Chapter Two

Kyojuro wusste ganz genau, wie es sich anfühlte, wenn man eine dämonische Präsenz um sich herum spürte. Es war wie eine schwere Decke, die sich über einen legte und versuchte runter zu drücken. So intensiv, dass er es fragwürdig fand, wie sie immer noch keinem mächtigen Dämon hatten begegnen können – wie er sich vor Upper Moon Three hatte bewegen können.

Die einzige Lösung, die sich da für ihn ergab, war, dass Dämonen diese Präsenz verändern konnten, wenn sie es wollten. Zumindest bis zu einem gewissen Grad würde er dies vermuten.

 

Deshalb war dies sicherlich beabsichtigt.

 

„Ich weiß, dass du wach bist, Kyojuro~.“

 

Sein Auge zu öffnen war mittlerweile nicht mehr so schwer, wie zu Beginn. Er hatte sich auch daran gewöhnt, dass er nur noch auf einem Auge etwas sehen konnte. Dennoch fiel es ihm dieses Mal etwas schwerer; vielleicht aufgrund der andauernden Müdigkeit oder wegen dieser Präsenz.

Aber als er es endlich schaffte, sah er erst einmal ... nichts Besonderes. Die gleiche Zimmerdecke wie immer, schlicht wie wohl überall in diesem Anwesen. Vielleicht war es also nur so etwas wie ein Traum – eine Eingebung gewesen. Ein Trick seiner Müdigkeit und Besorgnis.

Davon hatte er viel.

 

„Du siehst komplett ruiniert aus.“

 

Die Stimme verleitete ihn dazu, seinen Kopf zu drehen. Er hatte kurz das Gefühl auf einem Boot zu stehen, vor seinen Augen wackelte alles, aber dann erkannte er sie.

Glühende Augen in der Dunkelheit und ein Grinsen, welches das Mondlicht zu spiegeln schien. Die Kreatur im Schatten offenbarte sich mit zwei kleinen Schritten. Kyojuro reagierte instinktiv, als er versuchte sich aufzurichten und nach seiner Hüfte griff, wo ohnehin kein Katana vorzufinden war.

 

„Ah, bemühe dich nicht, Kyojuro“, kicherte der Dämon, während er sich leichtfüßig dem Bett näherte und mit Druck auf seinen Schultern dafür sorgte, dass Kyojuro wie zuvor auf der Matratze lag. Die Kraft, die er dazu nutzte, war fast etwas zu viel, aber er unterdrückte ein Ächzen, weil er so etwas vor diesem Dämon nicht zeigen würde. „Jetzt zu kämpfen, wäre äußerst langweilig.“

 

Er runzelte die Stirn, als Akaza fast schon beleidigt davon zu sein schien. Viel wichtiger war derzeit jedoch, dass dieses Anwesen nicht leer war. Es gab Aoi und mit Sicherheit auch weitere Dämonenjäger, die hier Schutz und Ruhe suchten.

 

„Konzentriere dich auf mich!“, die zischenden Worte wurden unterstützt von eiskalten Fingern, die sich um seinen Kiefer legten und prompt war Kyojuros ganzes Blickfeld gefüllt von dem Gesicht des Dämons. „Genau das wird dich früher oder später in den Tod führen.“

 

Kyojuro's Hand bewegte sich wie von selbst, um das Handgelenk des Dämons zu umfassen, die kalte Haut wurde ihm dadurch nur noch bewusster, aber es half alles nichts. Der Griff war eisern und löste sich nicht ein bisschen unter seinen Bemühungen.
 

 

„Siehst du es nicht endlich, Kyojuro?“, hauchte Akaza ihm mit samtig-weicher Stimme entgegen. „Du bist so schwach. Deine Menschlichkeit macht dich so schwach. Als Dämon wärst du bereits verheilt und könntest dich frei bewegen. Wir könnten kämpfen.“

 

Seine Zunge fühlte sich so dick an, als könnte er kein Wort von sich geben, dennoch schaffte er ein Geräusch hervorzubringen, was an einem Knurren erinnern könnte, um Akaza zu zeigen, was er von dessen Worten hielt.

 

Absolut nichts.

 

Akaza schnaubte, als er dennoch seine Hand von seinem Kiefer löste und Kyojuro wieder die Freiheit gab, seinen Kopf zu bewegen, der sich im Nacken ganz steif anfühlte.

 

„Es ist so erbärmlich.

 

„Bist du wirklich nur hier, um einen Monolog zu führen?“

 

Der Dämon runzelte die Stirn, eindeutig unzufrieden, während er die Arme vor seiner Brust verschränkte. Er trug dieselbe Kleidung wie bei ihrem Kampf, wodurch dessen Haut noch mehr zu leuchten schien, wenn das kühle Mondlicht auf sie traf. Jeder Muskel war fein definiert und ein Beweis für das vermutlich stählerne Training des Dämons.

Andererseits wusste Kyojuro wirklich nicht, inwiefern Dämonen ihren Körper formen könnten und ob das alles wirklich von Training kam.

 

„Als du halbtot im Bett lagst, könntest du mir besser gefallen haben“, meinte Akaza nun kritisch. „Du warst ruhig, dein Kampfgeist immer noch entflammt und ich konnte tun, was ich wollte.“

 

Aus irgendeinem Grund bekam Kyojuro eine Gänsehaut bei den letzten Worten. Fragen waren jedoch die ersten Worte vielmehr auf.

 

Halbtot im Bett?“

Es musste nichts bedeuten. Vielleicht meinte Akaza nur die Zeit, bevor Kyojuro jetzt gerade aufgewacht war. Ein Dämon würde nicht die Veränderung über die Zeit bemerken und erkennen, dass er nicht mehr halbtot im Bett lag.

 

„Sagte ich doch“, erwiderte der Dämon, ohne sich in die Karten sehen zu lassen. „Deine andauernde Schwäche ist weiterhin erbärmlich, aber dein Überleben ist beeindruckend. Dein Überlebensinstinkt ist wohl größer, als ich gedacht habe.“

 

Kyojuro hätte verbluten sollen. Wenn Akazas Faust irgendwas getroffen hätte, wäre er allein davon sofort gestorben.

War es Glück gewesen oder nicht doch irgendwie ... geplant? Konnte man so etwas überhaupt planen? Kyojuro war wirklich überfragt. Was, wenn das alles weniger überraschend war oder von Glück herrührte, als bisher jeder glaubte?

 

„Was tust du hier?“

 

„Ich besuche meinen neusten Lieblingshashira.“

 

„Wer war vor mir dein Lieblingshashira?“, schnaubte Kyojuro.
 

„Wer auch immer zuletzt mit mir gekämpft hat. Das ist aber wirklich schon sehr lange her.“

 

Wie oft trafen Dämonenjäger auf einen Upper Moon und niemand wusste es, einfach, weil es keine Zeugen gab oder diese Dämonenjäger gefressen wurden und deshalb unauffindbar waren? Wie viele hatte dieser Dämon bei ihm schon auf dem Gewissen?

 

„Ich will deine Gesellschaft nicht.“

 

„Ich schätze, es gibt nichts, was du dagegen tun kannst“, lachte Akaza heiter auf. „Sei doch froh darüber, dass meine Aufmerksamkeit allein dir gebührt. Ich kann den Herzschlag jeder Person hier wahrnehmen – es ist wie ein Buffet.“

 

Kyojuro fühlte sofort, wie er sich am ganzen Körper anspannte, er sollte verlangen, dass er sein Katana in der Nähe behalten durfte. Irgendwas musste ihn einfallen, um das zu begründen.

 

„Oh weh, entspann dich ... Wenn ich mich bedienen wollen würde, hätte ich das schon längst getan.“

 

Das war ihm klar. Es war nur leider nicht so beruhigend, wie Akaza es wohl gerne darstellen würde. Es verblieb eine innere Unruhe, die sich überall breitmachte und sie war fast so Kräftezehrend, wie ein körperlicher Kampf.

Akaza könnte einfach, wann immer er wollte, jeden in diesem Anwesen töten und Kyojuro könnte nichts dagegen tun. Shinobu war derzeit nicht einmal da und die Dämonenjäger hier, waren alle auf die eine oder andere Weise verletzt. Ganz davon zu schweigen, dass sie wohl nicht gegen einen Upper Moon bestehen würden.

 

„Willst du nicht doch ein Dämon werden, Kyojuro?“

 

Er lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf den Dämon, der an seinem Bett stand, als wäre er wirklich ein normaler Besucher – abgesehen von seinem fast gierigen Blick.

 

Kyojuro kniff direkt die Augen zusammen: „Kein Bedarf“, erwiderte er schließlich zynisch.

 

„Dein Sturkopf wird dich noch ins Grab bringen“, zischte der Dämon, das Lächeln, welches vorher sein Gesicht geziert hatte, verschwand prompt. „Schon jetzt blüht dir eine Zukunft, die du nur noch in einem Bett verbringen wird.“

 

„Ich komme wieder auf die Beine“, widersprach er sofort. „Du unterschätzt mich und die Stärke des Menschen an und für sich.“

 

Stärke?“, schnaubte Akaza. „Ich sehe hier keine Stärke, ich sehe hier nur einen Dummkopf, der sich etwas vormacht.“

 

Kyojuro könnte sich davon beleidigt fühlen, aber die Meinung eines Dämons – einerlei wie stark dieser auch war – hatte für ihn absolut keine Bedeutung. Noch weniger würde es ihn dazu bringen, plötzlich doch ein Dämon werden zu wollen.

 

„Warum bist du hier?“, fragte er ein weiteres Mal. „Ich werde niemals ein Dämon. Ganz egal, wie oft du mich fragen wirst.“
 

„Ich hatte Hoffnung darauf, dass du endlich erkennen wirst, dass du dazu auserwählt wurdest, ein Dämon zu werden, an meiner Seite.“

 

An meiner Seite klang so seltsam intim.

 

„Deine Hoffnung ist vergebens, nichts wird meine Meinung ändern können.“

 

„Deine Moral ist beneidenswert, aber du liegst falsch. Es gibt immer eine Möglichkeit, jemandes Meinung zu verändern. Man muss nur weniger so sein wie du.“

 

Es klang wie eine Drohung. Kyojuro vertraute auf seine Moralvorstellungen und alles, was ihn ausmachte. Er würde nicht brechen. Seine Sorgen gingen in eine andere Richtung. Bislang fragte oder bat Akaza ihn stets darum, ein Dämon zu werden. Er wusste nicht, wie eine Verwandlung genau ablief, aber er war sich sicher, dass dieser Dämon kein Problem damit hätte, ihn zu einer Verwandlung zu zwingen.

Vor allem jetzt, wo Kyojuro nicht einmal ansatzweise dazu fähig wäre, wirklich dagegen zu handeln. Er könnte nur dafür beten, dass er seine Erinnerungen behalten würde – dann könnte er den Freitod wählen. Sollte dies nicht der Fall sein ...

 

Kyojuro wollte nicht darüber nachdenken, zu welchen Monster Akaza ihn machen würde.

 

Ein Schreck ging durch seinen Körper, als er plötzlich eine Berührung wahrnahm. Er griff instinktiv nach Akazas Handgelenk, um es wegzudrücken und stellte fest, dass es mit seiner derzeitigen Kraft kaum möglich zu sein schien.

Er konnte fühlen, wie sie kühlen Finger an seinem Verband zupften, die sein verletztes Auge verdeckten. Zum Schutz vor Dreck und auch den Einflüssen von Licht und anderen Dingen. Kyojuro hatte bisher noch nicht gesehen, wie die Stelle unter dem Verband aussah.

 

„Wenn du ein Dämon wirst, würdest du es zurückbekommen“, sprach Akaza fast schon sanft zu ihm. Erst jetzt bemerkte Kyojuro auch, dass der Dämon sich auf den Rand seines Bettes gesetzt hatte. Er hielt das Handgelenk weiterhin eisern fest, auch wenn es keinen weiteren Zweck erfüllte. „So schöne Augen sollten doch nicht zerstört bleiben, findest du nicht auch?“

 

„Du bist es, der Schuld daran trägt“, erwiderte er schnaubend, immer noch versuchend die Hand wegzudrücken.

 

„Und deshalb biete ich dir ja auch die Heilung an.“

 

Die Finger schlichen sich frech unter seinen Verband, lockerten und schoben ihn etwas hoch, sodass sich der Verband an seiner Augenbraue etwas anstaute. Da es kein Licht gab, gab es auch nichts, was sein Auge empfindlich reagieren ließ. Laut Aoi war es komplett vernarbt und er würde es nicht wieder nutzen können, da Shinobu es nicht geschafft hatte, es zu retten. Ein minimaler Austausch dafür, dass er dennoch am Leben sein durfte.

Jetzt waren da kalte Fingerkuppen, wie in Tinte getränkt, die sanft über die dicken Hautlappen strichen, die das Auge schützten. Kyojuros medizinisches Wissen war nicht gut genug, um zu wissen, was genau all das, was Shinobu oder Aoi machten, für eine Wirkung hatte.

 

Er vertraute ihnen aber sein Leben an.
 

„Es fühlt sich dick und hart an.“

 

Schnaubend drehte Kyojuro nun den Kopf weg, um die Berührung zu unterbrechen – ignorant für das wohlige Empfinden der kalten Finger auf seiner erhitzten Haut.

Er war froh darüber, dass Akazas freche Finger nicht versuchten, seinem Kopf zu folgen, auch wenn es unbequem war, sich seitlich zu halten, um diesen Abstand aufrechtzuerhalten. Abstand, der im Grunde nur minimal war.

 

„Hm“, machte Akaza, mit einem fast abwesenden Blick.

 

Für einen Moment wirkte der Dämon komplett ruhig, fast schon entspannt, wie er neben ihm auf diesem Bett saß. Kyojuro war erfahren genug, um zu wissen, dass diese Art der Ruhe alles andere als beruhigend für ihn war und er wünschte sich zum unzähligen Male, dass sein Katana in der Nähe wäre. Selbst wenn seine Anwendung miserabel für seinen Rang wäre, so würde es ihm ein Gefühl von Sicherheit vermitteln.

 

„Ich werde deinem Körper auf die Sprünge helfen.“

 

Kyojuro empfand ein unangenehmes Ziehen im Körper, noch bevor er wirklich die Worte verstanden hatte. Sein Körper reagierte, noch bevor sein Verstand es konnte.

Seine Hände versuchten den eisernen Griff zu unterbrechen, als der Dämon ihn an der Kleidung packte und unter sich festnagelte. Das weiche Kissen, welches seinen Kopf betten sollte, fühlte sich plötzlich genauso bedrohlich an, wie die Gestalt über ihn war.

 

„Was tust du da?“, knurrte er mit seinen lächerlichen Versuchen sich zu befreien.

 

Er zappelte und strampelte, versuchte alles, um Akaza zu treten, aus dem Gleichgewicht zu bringen oder irgendwas dergleichen.

 

„Shhh ... du weckst sonst noch alle auf, Kyojuro.“

 

Kyojuro wollte schimpfen und brüllen, diesen Dämon von sich stoßen und ihm den Kopf abschlagen. Für diesen Moment der Aufregung, fühlte er nicht einmal die Schmerzen, welche seinen Körper heimsuchten.

Doch als er den Mund öffnete, um zumindest die ersten Gedanken umzusetzen, fühlte er nur, wie sich etwas Kaltes dagegen drückte, ehe er mit geweiteten Augen wahrnahm, wie etwas in seinen Mund tropfte. Dann nahm er auch den Geschmack nahm, wie Eisen und ein wenig salzig. Blut.

Panisch versuchte er den Arm wegzudrücken, welcher das dämonische Blut in seinen Mund tropfen ließ, während er gleichzeitig alles tat, um nicht zu schlucken. Sein Mund füllte sich mit Speichel und Blut.

 

Er wusste nicht, wie viel Zeit verging, aber während er kämpfte und alles dafür tat, nicht zu schlucken, löste sich der Arm irgendwann von ihm. Sofort richtete sich Kyojuro auf, spuckte aus, was sich in seinem Mund gesammelt hatte, hüstelte und spuckte noch mehr.

 

So ein durcheinander ...“, summte Akaza.

 

Und als er sich umdrehte, war da niemand mehr. Nichts, was auch nur ansatzweise daran erinnerte, dass Upper Moon Three eben noch hier gewesen war. Stattdessen war da aber weiterhin der metallische Geschmack in seinem Mund und Kyojuro bemerkte, dass er sich in seiner Panik wohl selbst auf die Lippe gebissen haben musste.



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