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Zitadelle der Einsamkeit

Lieber Alice, was kommt jetzt?
von

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Das Schloss am Meer

Seit du nicht mehr da bist, fühle ich diese bewegte, dunkel-bunte und chancenreiche Welt nur noch zwischen zwei Extremen: Von sinnlos bis überwältigend.
 

Sinnlos ist dabei vielleicht etwas knapp gefasst – eher fühlt es sich an wie ein Berg von „los-en“. Trostlos, sinnlos, freudlos, mutlos, atemlos, tränenlos, einfallslos, farblos, leblos. Los - ohne etwas. Bei so viel Abwesenheit von Dingen entsteht eine Leere. Eine tiefe, gähnende, endlose Leere. Wenn man nicht aufpasst, wird Leere zu einer sich drehenden Spirale. Die verschluckt dann alles, zieht das Leben ins Bodenlose.

Da kommen wir dann zur Überwältigung. In dem Zustand war ich öfter.

Ich war von dieser fremden, dämonischen Welt ja von Anfang an überwältigt. Dies fühlte sich damals allerdings ziemlich anders an. Es war eine aufregende Überwältigung, eine prickelnde. Überwältigung, die Panik verursachte, aber auch Neues verhieß. Die unter den negativen Gefühlen auch Lust auf Unbekanntes machte – und aus welcher ich mich in den letzten Monaten ja auch heraus ziehen konnte, wenn ich in Sicherheit war. Zum Beispiel in Opis Haus – oder in deiner Nähe.
 

Ich kann mich auch wirklich nicht beschweren – an Nähe mangelt es mir momentan nicht. Viel eher ist mir alles und fast jeder etwas zu nah. Opi, Opera und alle unsere Freunde aus der Schule tun wirklich ihr Bestes um zu mir durchzudringen. Aber ich kann sie einfach nicht hinein lassen. Außer Clara.

Clara ist fast immer bei mir und hat ihren Kopf auf meinen Schoß gelegt. Ich lasse dann immer die Hand auf ihren Haaren ruhen. Sie vermisst dich auch sehr. Will kaum was essen – ich auch nicht. Kannst du dir das vorstellen? Wir haben einfach keinen Hunger, von Appetit ganz zu schweigen. Meist liegen wir vor meinem Fenster und sehen hinaus auf den Wald.
 

Er ist fast wie ein Meer, wenn man ihn lange ansieht. Wenn der Wind durch die Wipfel streicht, ist das als ob eine Welle durchs Wasser gleitet. Mir fällt manchmal auf, dass wir uns den Wald nie zusammen angesehen haben. Irgendwie haben wir daran gar nicht gedacht, oder? Dabei haben wir uns so viel zusammen angesehen!

Die Schule, das Feuerwerk, Walter-Park, die hohen Gipfel der Berge und die schönen Auen im Osten.
 

Ich erinnere mich immer an das Sommeranwesen deiner Familie. Das mit dem kleinen Türmchen, dass ich so sehr mochte. Wie wir abends immer dagesessen haben und auf das wilde Meer unter den Felsen schauen konnten!

Wie das schäumte und rauschte, wenn die mächtigen Wassermassen sich an dem schroffen Stein brachen. Hat mich richtig geschaudert! Da fühlte ich mich an meine Arbeit auf dem Fischerboot erinnert. Keine besonders schöne Erinnerung, normalerweise rief das immer Panik in mir hervor. Aber an diesem Abend war die Erinnerung irgendwie schwammiger.

Ich wollte meinen Blick zu dir lenken, immerhin hatten wir diesen Wellen jeden Abend einige Minuten schweigend zugehört und ich hatte mich nie beschwert. Nur ausgerechnet heute schipperte diese Erinnerung zu mir zurück.

Mein Blick traf allerdings den deinen nicht, sondern fiel auf dein leicht lächelndes Gesicht. Das ist eine meiner schönsten Erinnerungen an dich! Du sahst so zufrieden aus. Ein leichtes Lächeln über den spitzen, scharfen Eckzähnen, ein inspiriertes, doch ruhiges Leuchten in deinen Augen – dein Gesicht ganz entspannt und in Frieden. Du warst wirklich wunderschön! Ich weiß gar nicht, warum mir das damals, als du gelebt hast gar nicht so aufgefallen ist. Warum ich es dir nicht gesagt habe. Bestimmt hättest du dich gefreut – aber dann wiederum dachte ich, dass du das vielleicht gar nicht mehr hören konntest.

Es ist auch nicht unbedingt nur dein Äußeres, was dich so wunderschön gemacht hat. Mein allerliebster Freund, mein Vertrauter: Mir war das vielleicht nicht bewusst – wahrscheinlich auch, weil ich Anfangs solche riesen Angst vor dir und deiner Stärke hatte – aber du warst so vieles für mich. Wehrhafte Zitadelle, Ruheort, wandelnde Bibliothek, Führender durch diese Welt und ganz ohne Zweifel jemand, der mich bedingungslos geliebt hat.

Du warst mein erster Freund und wirst auf Ewig mein wichtigster sein.

Mein lieber, teurer Alice Asmodeus.



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