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Staub und andere Überraschungen

von

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Die Mission

„Tut mir leid, ich habe mich mal wieder auf dem Weg des Lebens verlaufen!“, sagte Kakashi in entschuldigendem Ton, als er sich Iruka an ihrem vereinbartem Treffpunkt näherte. Iruka stemmte die Hände in die Hüfte und hörte, wie die Ninja in ihrer Wachstation hinter ihm zu kichern begannen.

„Ich sag es dir, Izumo, es müssen noch Zeichen und Wunder geschehen, damit Kakashi einmal pünktlich kommt“, sagte Kotetsu amüsiert, darum bemüht, ein weiteres Lachen zu unterdrücken.

„Nein, nein, im Gegenteil, es ist wohl eher ein Zeichen des Untergangs, falls Kakashi mal nicht zu spät kommen sollte. Wenn das passiert, ist alles aus, das kannst du mir glauben.“

Die spitzen Kommentare der zwei Chunin schienen an Kakashi abzuprallen, als dieser eine Hand auf Irukas Schulter legte und ihn anlächelte.

„Dann machen wir uns mal auf den Weg, nicht wahr? Unterwegs werde ich dir alle Einzelheiten erklären, die du für unsere Mission wissen musst. Eigentlich wäre das Tsunades Aufgabe gewesen, aber du hast ja mitbekommen, wie sie uns aus dem Büro geworfen hat.“

„Sie wird ihre Gründe gehabt haben“, sagte Iruka und versuchte das heitere Lachen, dass die beiden Chunin nicht mehr hatten zurückhalten können, zu ignorieren. Stattdessen blickte er seinen Kollegen mit Zuversicht ins Gesicht.

„Ich denke, das dürfte das Beste sein, lass uns die Mission antreten, damit wir sie so schnell wie möglich erledigt haben.“

„Das ist die richtige Einstellung“, erwiderte Kakashi und schien von seiner eigenen Aussage überzeugt zu sein.

Kakashi nahm die Hand von Irukas Schultern und gemeinsam machten sie sich auf den Weg hinaus aus dem Dorf. Iruka warf noch einen letzten Blick auf Izumo und Kotetsu, die sich gerade die Lachtränen aus den Augen wischten. Als sie seinen Blick merkten, winkten sie ihm fröhlich zu.

„Viel Erfolg euch beiden!“, konnte er sie beide noch rufen hören, dann lag das Dorf Konoha hinter ihnen und er beschleunigte seine Schritte, um zu Kakashi aufholen zu können.

 

Während sie gemeinsam den Weg entlangliefen, informierte Kakashi Iruka über sämtliche Details, die es über den Auftrag und das Gebäude zu wissen galt. Kaum waren sie auf dem gleichen Wissensstand, legte Iruka seine Hand ans Kinn und winkelte nachdenklich den Zeigefinger ab.

„Verstehe, Tsunade geht davon aus, dass sich Hinweise in diesem verlassenen Gebäude befinden? Das könnte sein, bei Orochimaru weiß man nie, was er als nächstes plant. Jetzt verstehe ich auch, was Tsunade mit ihrer Warnung gemeint hat … gütiger Himmel, dann müssen wir ja wirklich aufpassen! Um ehrlich zu sein habe ich keine Lust, dass mir ein Stück Haus auf den Kopf fällt.“

Kakashi klang sehr amüsiert, als er auf Irukas sorgenvolle Gedanken einging.

„Ach was, das wird nicht passieren. Wenn wir die Augen offenhalten, wird schon alles glatt laufen, glaub mir!“, sagte er, während sich Iruka fragte, woher sein Kollege die Zuversicht nahm. Weitere Diskussionen hielt er jedoch für wenig zielführend, weshalb er eine Karte vorherholte und sie genau studierte.

„Hat dir Tsunade auch gesagt, wo sich dieses verlassende Gebäude befindet? Ich meine, es ergibt wenig Sinn, uns an einen Ort zu schicken, ohne zu wissen, wohin wir genau gehen müssen.“

Kakashi holte ebenfalls eine Schriftrolle hervor und wedelte damit in der Luft herum.

„In der Tat, das hat sie. Sie hat mir eine alte Aufzeichnung gegeben, die den Ort zeigt. Außerdem enthält die Schriftrolle einen Bauplan, der je nach Zustand des Krankenhauses aber eventuell wenig hilfreich sein wird.“

Sie beide steckten ihre Karten wieder weg und sahen sich an. Sie mussten ihre Gedanken nicht aussprechen, der Ausdruck in ihren Augen sprach Bände. Sie beide wussten, dass eine gute Vorbereitung nur die halbe Miete war. Karten und Vorkenntnisse ersetzten jedoch nicht das Wissen, welches man selbst vor Ort sammeln konnte. Nur zu gerne wichen Missionen von ihren harmlos klingenden Beschreibungen ab. Ein Risiko, welches stets über ihrem Ninja-Alltag schwebte wie eine Sense über einem schwerkranken Mann.

Den Rest des Weges beschritten sie größtenteils schweigend, nur hin und wieder unterbrachen sie das Schweigen mit oberflächlichem Smalltalk, der meist Naruto zum Thema hatte. Doch sobald sie sich nichts mehr zu sagen hatten, gingen sie stumm nebeneinander und hielten die Augen offen.

Zwar rechneten sie nicht mit einem Überfall, aber bei einer Mission konnte man nie wissen, ob es nicht doch ein unvorhergesehenes Ereignis geben würde, welches den Auftrag gefährden könnte.

In regelmäßigen Abständen warf Iruka einen verstohlenen Blick zu seinem Kollegen hinüber, immer genau dann, wenn dieser einen flotteren Gang an den Tag legte als er. Er studierte das wilde, graue Haar; Kakashis sportliche Statur oder achtete darauf, wie sich seine Hüfte bei jedem Schritt bewegte.

Zumindest so lange, bis Kakashi sich zu ihm umdrehte und sich nach seinem Befinden erkundigte.

„Bist du dir sicher, dass alles in Ordnung mit dir ist?“, fragte Kakashi, nachdem er sich zum wiederholten Male in Irukas Richtung umgedreht hatte.

„Ja, klar, mit mir ist alles in Ordnung. Ich bin nur ein wenig aus der Übung gekommen, das ist alles. Ich habe schon lange keine richtige Mission mehr gemacht. Dauert nicht mehr lange, dann habe ich mich wieder daran gewöhnt“, sagte er und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

In Kakashis Gesicht stand ein Fragezeichen, doch dann zuckte er nur mit den Achseln und setzte seinen Weg fort.

„Wenn du möchtest, kann ich Gai fragen, ob er dir ein Spezialtraining gibt, ich bin mir sicher, dass er sich da etwas Feines für dich überlegen könnte. Damit du wieder in Schuss kommst.“

Doch kaum hatte Kakashi den Vorschlag gemacht, nahm Iruka seine Beine in die Hand und sah zu, dass er so schnell wie möglich zu seinem Kollegen aufschloss. Allein der Gedanke daran, hunderte Mal das Dorf auf seinen Händen zu umrunden, bescherte ihm eine unangenehme Gänsehaut.

„Gar nicht nötig, siehst du? Meine Beine waren nur ein wenig eingerostet, aber nun sind sie wieder so klar wie der frische Morgentau. Absolut nicht nötig, siehst du?“

Kakashi blickte ihn mit seinem freien Auge an, Iruka dagegen vermied es Augenkontakt aufzubauen.

„Na gut, wenn du meinst – dann lass uns weitergehen“, sagte Kakashi nach wenigen Sekunden. Ob Iruka ihn hatte überzeugen können, das ließ sich der Kopierninja nicht anmerken.

„Ja, das sollten wir am besten tun!“

Mit festen Schritt, den Blick stur nach vorne marschierte Iruka, als hinge sein Leben davon ab, an der Seite von Kakashi den Weg entlang. Aus dem Augenwinkel sah er ein amüsiertes Aufblitzen im Gesicht des älteren Ninjas, bevor sich sein Gesichtsausdruck wieder normalisierte.

 

~

 

Iruka hatte absolut keine Ahnung, in welchem Zustand er sich das Gebäude hätte vorstellen sollen. Dennoch war er erstaunt, als er das Haus vor sich sah – oder zumindest die Überreste davon. Der Zerfall des Gebäudes war viel weiter fortgeschritten, als Kakashis Beschreibung es ihn hatte glauben lassen.

„Sieh dir das an, Kakashi. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte ich kaum glauben, dass hier Menschen behandelt wurden. Aus einem Ort, den viele Menschen fürchten, ist nun ein wahrer Albtraum geworden. Immerhin kommt man nur in ein Krankenhaus, wenn man verletzt ist oder um sein eigenes Überlegen ringt.“

Kakashi, den der Anblick des stark verfallenen Gebäudes ebenfalls kaum kalt ließ, überprüfte noch einmal mithilfe der näheren Umgebung seine Karte.

„Es wäre natürlich einfacher, wenn es sich um ein anderes Gebäude handeln würde. Doch zu unserem Unglück sind wir am richtigen Ort. Ach, Tsunade, wo hast du uns nur wieder hineingezogen …“

Er verstaute die Schriftrolle in seiner kleinen Tasche und wandte sich an Iruka.

„Natürlich weiß ich, dass Orochimaru sich an abgelegenen Orten aufhält. Ich bezweifle aber, dass er sich gerade hier aufhält. Angeblich experimentiert er mit heiklen Objekten und sogar mit Menschen. Er würde kein unnötiges Risiko eingehen, indem er sein Versteck in einem einsturzgefährdetem Haus einrichtet.

Mit seinem Blick scannte er das Haus ab, als wäre er auf der Suche nach einem bestimmten Detail.

„Nein, die einzigen Menschen, die sich hierher verirrt hatten, waren höchstens Banditen oder Teenager bei einer Mutprobe. Dennoch, Mission ist Mission, auch wenn ich nicht denke, dass wir da drin noch was finden.“

Iruka, der sich ebenfalls das Gebäude von außen näher angesehen hatte, kratzte sich gedankenverloren am Kinn.

„Möglicherweise finden wir einen versteckten Hinweis von einem der Menschen, die er für seine Experimente benutzt hat, … oder sogar deren Überreste“, sagte er und wurde augenblicklich blass im Gesicht.

Kakashi legte wieder eine Hand auf seine Schulter.

„Mach dir keine Gedanken. Selbst wenn Orochimaru irgendwelche Leichen hier im Keller entsorgt hat, dürfte das lange genug her sein, dass davon nur noch die Knochen übrig sind. Und Knochen können dir nichts tun, es ist ja nicht so wie in einer dieser modernen Romane, in denen die Skelette erneut zum Leben erwachen und dir ans Leder wollen“, sagte er mit einem Ton, der Iruka absolut nicht beruhigte.

Dennoch zwang sich Iruka zu einem Lächeln.

„Ha ha, ja, wer glaubt denn auch ernsthaft an Monster und Gespenster?“, stammelte Iruka und hoffte, dass es Kakashi nicht sonderlich auffiel.

Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf das verfallene Krankenhaus vor ihm und räusperte sich übertrieben laut.

„Nun denn, wir sollten am besten keine Zeit verlieren. Wie gehen wir am besten vor? Hast du einen Plan?“, wollte er von Kakashi wissen und dieser nickte. Iruka fand keine Spur mehr von der neckischen Aura, die den Ninja bis eben noch umgeben hatte. Stattdessen war seine Stimme nun klar und fest.

„Am besten betreten wir das Gebäude erstmal zusammen und sehen uns nach Fallen um, die uns bei der Arbeit behindern könnten. Wir müssen uns außerdem einen Überblick verschaffen, welche Gebäudeteile zugänglich sind und welche nicht.“

Kakashi drehte sich zu Iruka um und sah ihn mit einem düsteren Funkeln in seinem Auge an.

„Danach können wir uns aufteilen und nach Informationen suchen. Wer weiß, vielleicht finden wir doch noch den einen oder anderen neuen Kalziumfreund im Keller.“

Dabei hob er seinen Daumen, als wäre das eine vollkommen normale Aussage oder als hätte er Iruka nach der Mission auf eine Nudelsuppe eingeladen.

Dieser dagegen grummelte genervt vor sich hin.

„Darüber sollte man keine Witze machen … lass uns lieber hineingehen, ja?“

Kakashi beobachtete ihn noch für ein paar Sekunden, bevor er sich selbst in Bewegung setzte.

„In Ordnung, von außen verrät uns das Krankenhaus sicher nichts von dem, was wir wissen wollen.“

 

~

 

„Vorsicht, da ist noch ein Draht, direkt unter dem anderen. Und ich gehe davon aus, dass dieser echt ist“, sagte Kakashi und zog Iruka wie schon mehrere Male zuvor vorsichtig am Oberarm zurück. Dieser ließ sich aus der Gefahrensituation bergen und sah in die Richtung, in welcher Kakashi den Draht vermutete.

„Wahnsinn, wer weiß, was ich ohne dein Sharingan damit aktiviert hätte“, sagte Iruka beeindruckt, aber auch leicht eingeschüchtert. Sie hatten bereits unzählige Briefbomben, Drahtfallen und Falltüren aufdecken und entschärfen können. Doch dieses Mal schien etwas anders zu sein. Anstatt auf Irukas Kompliment einzugehen, studierte Kakashi mit beiden Augen den kompletten Raum und versuchte das zu erkennen, was für die Augen seines Kollegen nahezu unsichtbar war. Dann, als er fündig wurde, schob er Iruka sachte, aber bestimmt in den Nebenraum zurück.

„Gut, ich denke, zwei Kunai dürften genügen“, sagte er, warf erst eins, dann das zweite, welches gegen das erste Kunai prallte und seine Flugbahn änderte. Iruka hörte, wie in der Nähe ein Draht durchtrennt wurde, dann ein weiterer. Erst jetzt bemerkte Iruka, dass er die Luft angehalten hatte.

Kaum hatte er wieder angefangen normal zu atmen, kehrte Kakashi zu ihm zurück.

„Das dürfte die letzte Falle gewesen sein, zumindest kann ich nichts mehr entdecken, selbst mit meinem Sharingan nicht“, sagte er und schob sich sein Stirnband wieder über das Gesicht. Beeindruckt starrte Iruka an die Stelle, an welcher bis soeben das kraftvolle Auge sichtbar gewesen war.

„Vielen Dank, dass du mich gerade gerettet hast. Ich hätte nur ungern herausgefunden, was sonst mit mir passiert wäre.“

„Nun, ich gehe davon aus, dass du dank der großen Mengen Sprengstoff, die an dem Draht befestigt war, in viele kleine Einzelteile gesprengt worden wärst. Aber keine Sorge, das Schicksal hätten wir uns geteilt. So gesehen habe ich uns beiden das Leben gerettet“, sagte Kakashi vergnügt und heiter, während Iruka sämtliche Farbe aus dem Gesicht wich.

 „Wir … wir wären hier fast ums Leben gekommen? Und dann kannst du das so munter aussprechen … kein Wunder, dass du bei den Anbu warst. Ich hätte da nicht die Nerven dafür, ganz und gar nicht.“

Während Iruka versuchte, sein Frühstück daran zu hindern, seinen Magen zu verlassen, sah Kakashi ihn mit einem verwunderten Blick an. Ein weiteres Mal fand seine Hand den Weg auf die Schulter des Jüngeren.

„Dafür bin ich ja hier, um solche Gefahren zu erkennen und zu bannen. Jetzt ist es nur noch ein kaputtes Stück Draht, das niemandem was kann. Keine Angst, ich werde schon auf dich aufpassen, damit dir nichts passiert.“

Etwas in diesem Ton, wie Kakashi den letzten Satz ausgesprochen hatte, machte Iruka stutzig, doch er beschloss, nicht näher darauf einzugehen.

„Ja, danke, ich fühle mich auch schon viel sicherer“, sagte er und blickte sich um, als gäbe es einen geheimen Schatz zu entdecken.

„Sollen wir uns dann lieber umsehen? Ich meine, die Fallen sind alle deaktiviert und das Gebäude sieht doch sicherer aus, als wir es von außen vermutet hatten … damit wir an die Informationen für Tsunade kommen können“, sagte Iruka und kratzte sich nun unsicher an der Wange.

wanderte sein Blick zurück zu Kakashi, blieb an dessen normalem Auge haften und versank in dem geheimnisvollen Dunkel, das ihm entgegenblickte. Er brauchte ein paar Sekunden, bis Iruka bemerkte, dass Kakashi ihn ebenfalls in die Augen sah.

„Kann es sein, dass ich was im Gesicht habe? Oder warum siehst du so auffällig oft in meine Richtung?“, fragte Kakashi in einem unverfänglichen Ton; dennoch zuckte Iruka erschrocken zusammen.

„Nein, nein, das ist nur Zufall, das bildest du dir ein“, sagte Iruka und sah weg.

„Du weißt doch, wir sollen hier auf Fallen und herunterfallende Gebäudeteile achten, da kann es doch nicht schaden, wenn man mal einen Blick oder zwei mehr auf seinen Missionspartner riskiert, nicht wahr?“

„Missionspartner, verstehe … und damit du das jetzt so gut kannst, hast du auf dem Weg hierher fleißig geübt, nicht wahr? Ja, das vorhin ist mir nicht entgangen.“

Irukas Gesicht färbte sich puterrot, seine Wangen brannten und nun konnte er Kakashi erst recht nicht mehr in die Augen sehen.

„Ach, das… ja, das ist nur ein großes Missverständnis. Ich war schon so lange nicht mehr auf einer Mission und ich dachte, wenn ich dich beobachte, kann ich sicherlich die eine oder andere Wissenslücke auffüllen“, sagte er, spielte nervös an seiner Jacke herum und lachte abgehackt.

„Sag mir lieber, warum du heute so gesprächig bist, das kenne ich ja gar nicht von dir.“

Aus dem Augenwinkel sah er, wie Kakashi seine Hand auf Irukas linke Wange legte, als wollte er ihn auf diese Weise beruhigen. Dabei sah er ihn mit einem Blick an, den Iruka bestenfalls als stark amüsiert bezeichnen konnte.

„Das hat keinen bestimmten Grund, mir ist einfach danach. Mich interessiert vielmehr, wie viel du davon gelernt hast, mich auf dem Weg hierher zu studieren. War es denn aufschlussreich? Hast du gefunden, was auch immer du dabei gesucht hast und noch viel wichtiger: Hat es dir gefallen?“

Iruka hämmerte das Herz in der Brust, er war die lebendige Definition der Nervosität geworden. Seine Hände wurden schwitzig und er versuchte, sie so unauffällig wie möglich an der Jacke abzuwischen. Ohne, dass Kakashi es mitbekommen sollte.

„Ich … ich habe keine Ahnung, was du damit meinen könntest … ich meine, ist ja nicht so, als hätte ich dich … wie sagt die heutige Jugend … abgecheckt, nein, ich wollte mir wirklich nur von einem erfahrenen Jonin etwas abschauen, das ist alles.“

Kakashi sah ihn mit einem Blick an, den Iruka nicht deuten konnte. Er schien alles zu bedeuten und gleichzeitig nichts.

„Außerdem stehe ich nur auf Frauen, auch wenn ich bei ihnen keine allzu große Chance habe … naja, es gibt Schlimmeres, nicht wahr? Ich meine, wem sage ich das, bei deiner Vergangenheit?“

Iruka bemerkte, dass sich sein Mund in Gebiete vorwagte, die er eigentlich nicht betreten wollte, und beschloss, in eine anderen Richtung zu gehen. Leider war sein Mundwerk dabei schneller als der rational denkende Teil seines Gehirns.

„Sag mal, gibt es für dich eine besondere Art von Frau, die du interessant findest und gerne mal beobachtest? Oder einen Ninja, den du bewunderst? Da gibt es doch sicherlich wen, nicht wahr? Dann weißt du sicher, was ich meine.“

Sofort biss sich Iruka auf die Zunge, diese Fragen konnte Kakashi mit Sicherheit nur falsch verstehen. Doch dieser schwieg ihn weiterhin an, verschränkte die Arme vor der Brust und begann dann laut zu lachen.

Kaum hatte er sich beruhigt, kramte er in einer seiner Taschen herum und holte einen kleinen Gegenstand hervor.

„So so, verstehe. Na dann, Iruka, der mich nicht abgecheckt hat, ich würde vorschlagen, du kümmerst dich um den südlichen Teil des Gebäudes, während ich die andere Hälfte übernehme. Wir sollten uns am besten über unsere Funkempfänger kurzschalten, um in Kontakt zu bleiben.“

Kaum hatte er das gesagt, banden sich beide Männer die Funkempfänger um den Hals und steckten den Kopfhörer ins Ohr hinein. Dann nickten sie sich zu, weitere Worte waren nicht nötig, bevor sich ihre Wege trennten.

 

Iruka ging mehrere Schritte, durch eine offene Tür hindurch und lehnte dahinter sich an eine Wand. Kaum verschwand Kakashi außerhalb seiner Hörreichweite, sank Iruka auf den Boden hinab und versuchte, sein rasendes Herz zu beruhigen. Zwar schlug es ihm längst nicht mehr um die Ohren, dennoch war er noch immer aufgeregt. Und er wusste, dass das weder an den Fallen lag, die sie deaktiviert hatten, noch an dem unwahrscheinlichen Szenario, dass er auf Orochimaru oder einen seiner Gefolgsleute stoßen könnte.

Kakashi wusste es, er hatte es die ganze Zeit gewusst, dass Iruka ihn beobachtet hatte. Dass seine Blicke viel zu oft und viel zu lange auf ihm verweilt waren. Zwar konnte er von Glück reden, dass Kakashi ihm keine böswilligen Absichten andichtete, jedoch… die wahren Beweggründe wären Iruka nicht weniger unangenehm.

Kakashi sollte nicht wissen, dass er ihn nicht nur wegen seiner Fähigkeiten als Ninja bewunderte, wie es bei den meisten Dorfbewohnern der Fall war. Kakashi sollte nicht wissen, dass Iruka sich oft fragte, wie dieser unter seiner Maske aussah. Dass Iruka sich fragte, ob Kakashis restlicher Körper auch mit Narben übersäht war. Dass Iruka den festen Griff seiner Hände bewunderte und sich fragte, wie es sich anfühlte, von eben diesen Händen gehalten zu werden.

Erneut wärmten sich seine Wangen, auch seine Ohren und er schüttelte intensiv den Kopf, um sämtliche Gedanken zu verdrängen. Immerhin befanden sie sich auf einer Mission, nicht auf einem Date.

Zumal das Gebäude über keinen Strom mehr verfügte, schon lange nicht mehr und wenn er sich nicht auf das Licht seiner Lampe verlassen wollte, musste er zusehen, dass er die Räume so schnell wie möglich durchkämmte.

Schnell klatschte er mit den Handflächen auf seine Wangen, um seinen Gedanken einen Neustart zu verpassen, erhob sich und klopfte sich sämtlichen Dreck wie auch Staub von der Hose. Kurz lauschte er in Kakashis Richtung, konnte jedoch nichts vernehmen.

Dann nahm er seinen Teil der Mission auf, aktivierte den Funkempfänger und begann, Raum für Raum aufmerksam zu durchsuchen.

 

Dieses Unterfangen stellte sich letztlich als leichter heraus, als es Iruka anfangs bewusst gewesen war. Zwar waren die Räume nicht allzu groß oder mit sonderlich vielen Möbeln ausgestattet, doch die schiere Größe des Gebäudes sorgte dafür, dass man sich eine Menge Zeit nehmen musste. Er konnte sich vorstellen, dass Kakashi erleichtert war, nicht allein auf diese Mission geschickt worden zu sein.

Doch all die Schränke, Schubladen, Spinte und Kommoden gaben ihm nichts, absolut nichts, was ihn für den ganzen Einsatz entlohnt hätte. Nicht ein einziges interessantes Blatt Papier oder eine kleine Schriftrolle konnte er entdecken und er gab langsam die Vorstellung auf, überhaupt fündig zu werden.

Selbst wenn sich Orochimaru tatsächlich an diesem Ort aufgehalten hätte, hatte er seine Spuren gründlich verwischt. Iruka fand nur spärliche Spuren des ursprünglichen Krankenhauses. Die meisten Überreste, die, die nicht absichtlich zerstört worden waren, waren wohl dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen, dachte Iruka.

Immer mehr Enttäuschung breitete sich in ihm aus und als er auch den ersten Stock mit leeren Händen verließ, wurde es nicht besser. Ihm blieb nur noch der Keller, ein Ort, an welchem man mit Vorliebe die geheimsten aller geheimen Dokumente aufbewahrte. Doch Iruka erwartete inzwischen nichts weiter als noch mehr Spinnweben, Staub in mehreren Schichten und Schimmel, der mittlerweile eine eigene Hochkultur entwickelt haben musste.

Für einen kurzen Moment beneidete er Ninjas, die stets eine Atemmaske mit sich trugen oder auch Kakashi für seine Stoffmaske. Er selbst hatte keinerlei passenden Dinge in seiner Ausrüstung, als Ausbilder war er selten mit derartigen Situationen konfrontiert.

Dennoch, es führte kein Weg daran vorbei und zur Not konnte Iruka immer noch einen Arzt in Konoha aufsuchen, sollte er zu viel von dem gefährlichen Schimmelporen eingeatmet haben.

Er atmete ein letztes Mal tief ein, bevor er sich vornahm, so flach wie möglich zu atmen, dann stieg Iruka die dunkle Treppe hinab. Zwar hatten sie den Keller kurz zuvor auf Fallen untersucht, dennoch kam ihm der Ort nun unheimlicher vor. Nicht nur, weil Irukas Lampe schwächer leuchtete als die von Kakashi. Dieses Mal betrat er den Keller allein und die Vorstellung gefiel ihm kaum.

Zumindest musste er sich um die Fallen keine Sorgen mehr machen. Es war viel mehr seine Fantasie, die in den dunklen Ecken und verwinkelten Gängen Dinge sahen, die rein aus seiner Einbildung entstanden. Mit dem Unterschied, dass er sich ihnen nun allein stellen musste.

Iruka schluckte, es führte kein Weg mehr daran vorbei. Zumal er sein Gesicht gegenüber Kakashi nicht verlieren wollte, nur, weil er sich nicht in den Keller traute.

Also schluckte er ein weiteres Mal, festigte den Griff um seine Lampe und ging die letzten Treppenstufen hinab.

Er musste mutig sein und das würde er auch, das bisschen Dunkelheit würde ihm nichts anhaben.

„Alles klar bei dir? Oder hast du einen Frosch im Hals?“, erkundigte sich eine Stimme in seinem Ohr und Iruka brauchte ein paar Sekunden, um zu verstehen, dass Kakashi gerade mit ihm kommunizierte. Sie hatten so lange vor sich hin geschwiegen, dass Iruka den Funkempfänger komplett verdrängt hatte.

„Ja, ja, ich habe nur ein bisschen zu viel Staub eingeatmet, das ist alles. Kein Grund zur Sorge“, sagte Iruka und fragte sich, in wie viele Fettnäpfchen er an diesem Tag noch treten würde.

„Dann ist ja gut. Hast du schon etwas gefunden?“, wollte Kakashi nun von ihm wissen.

„Nein, leider nichts, und du?“

„Ebenfalls negativ. Der Laden ist leerer als Narutos Kühlschrank und glaub mir, das ist eine Leistung.“

Iruka, der lieber nicht wissen wollte, warum Kakashi derartige Dinge wusste, streckte seinen Arm mit der Taschenlampe in diverse Richtungen, um wenigstens ein bisschen Licht ins kellerliche Dunkel zu bringen. Doch auch hier fand er kaum etwas, was in seinen Augen hilfreich oder interessant wäre.

Ein veralteter Rollstuhl, ein Behandlungsstuhl, dessen Leder abblätterte und leere Kartons, die schon beim Ansehen auseinanderfielen, nichts davon einen weiteren Blick wert.

Wieder schwiegen sie vor sich hin, und Iruka wusste nicht, was ihm lieber war. Zwar hätte er nichts dagegen, wenn Kakashi ihn ablenken würde. Doch auf der anderen Seite sagte ihm sein Bauchgefühl, dass er trotz deaktivierter Fallen vorsichtig sein sollte. Wer wusste, ob die beiden Ninja nach wie vor allein in diesem Gebäude waren, oder ob sie nicht in der Zwischenzeit Gesellschaft bekommen hatten.

So warf er immer nur einen kurzen Blick in den nächsten Raum, hielt dann seine Lampe hinein, um eventuelle Gefahren zu blenden, bevor er selbst das Zimmer betrat.

Auf diese Art fühlte sich er am sichersten, und der Plan schien auch aufzugehen. Außer leerer Behandlungszimmer und noch leeren Vorratskammern fand er nichts weiter als Dunkelheit, Spinnweben im Gesicht und Staub an den Fingern.

Bis ein Geräusch seine Aufmerksamkeit weckte. Ein Geräusch, welches verzerrt von den dunklen Wänden des Kellers widerhallte.

Iruka hielt inne, versuchte sich auf den Funkempfänger in seinem linken Ohr zu konzentrieren, ob das Geräusch nicht vielleicht von Kakashi gekommen war. Doch als das Geräusch erneut erklang, musste Iruka zu seinem Schrecken feststellen, dass er es in seinem rechten Ohr hören konnte. Ein merkwürdiges Geheul, gefolgt von etwas, was über Fliesen schabte, das in unregelmäßigen Abständen erklang.

Irukas Vorstellungskraft ging wieder mit ihm durch, vorsichtig wagte er sich aus dem Raum hinaus und blickte sich unsicher um, bereit, Kakashi jederzeit um Verstärkung zu bitten.

Jedoch nicht, bevor er sich nicht eine Übersicht über die Situation verschafft hatte. Seinen Kollegen kopflos in eine möglichen Hinterhalt zu locken, lag absolut nicht in Irukas Absicht.

Dann geschah alles ganz schnell, zu schnell für sein Empfinden. Iruka hörte, wie sich das Schaben näherte und mit ihm das seltsame Heulen und er drehte sich in die Richtung, aus welcher die Geräusche stammten.

Vor ihm leuchtete ein Augenpaar auf, das sich in einer schier unmöglichen Geschwindigkeit näherte. Iruka blieb keine Gelegenheit darauf zu reagieren, bevor er getroffen wurde. Ein Schrei hallte in seinen Ohren und aus dem Funkgerät kam ein Rufen. Dann wurde die Welt schwarz und Iruka sank in ein tiefes, dunkles Loch, in dem er weder sehen, noch hören konnte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Kruemelteemonster
2023-02-18T11:52:14+00:00 18.02.2023 12:52
Iruka mit seinem stärksten Talent in Aktion: Sich in Verlegenheit bringen? XDD

Hmm... irgendwie erwarte ich gerade, dass Kakashi ihn da unten im Keller ein bisschen foppen wollte.
Antwort von:  KiraNear
19.02.2023 15:38
Der Gute hat ja auch schon lange keine Mission mehr gemacht, aber irgendwie schien er wohl allgemein nahe am Fettnäpfchen zu stehen XD


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