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Heartbeat

von

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Erwachen

Nur langsam gelang es mir meine Augen zu öffnen. Mein Kopf war schwer, ein dumpfer Schmerz ließ mich leise stöhnen. Ich lag auf dem Rücken, meinen Kopf zur Seite gedreht. Als ich meine Umgebung bewusst wahrnahm, sah ich mich um, ohne jedoch meinen Kopf zu bewegen. Aus Angst, mich übergeben zu müssen. Ich kannte keines der Möbelstücke. Auch das Bett, in dem ich lag, war mir unbekannt. Was ist passiert? Wo bin ich? Angestrengt versuchte ich mich an den Abend zu erinnern. Ich war in diesem Club. Crow hatte mir geschrieben, dass er nicht mehr kommen würde. Dann hatte mich dieser Kerl an der Bar geküsst. Er war mir nach draußen gefolgt. Hatte mich bedrängt, und dann… Nichts. Als hätte irgendjemand die Erinnerung aus meinem Kopf geschnitten. Ich fuhr mir mit der Hand durchs Gesicht, drehte langsam meinen Kopf. Zum Glück wurde der Schwindel nicht stärker, auch die Übelkeit hielt sich in Grenzen. „Auch schon wach?“
 

Ich zuckte furchtbar zusammen, versuchte etwas Platz zwischen mich und die Stimme zu bringen und fiel dabei samt Decke vom Bett. Ich stöhnte schmerzerfüllt, als ich auf dem harten Boden landete. Langsam richtete ich mich ein Stück auf und massierte meine Hüfte, auf der ich aufgekommen war. Mit schrecken fiel mir dabei auf, dass ich komplett nackt war. „Ausgenüchtert?“ fragte wieder jemand. Ich hob meinen Blick. Musste die Augen zusammenkneifen, weil ich nicht glauben konnte, wer neben mir im Bett lag. „Jack?“ vergewisserte ich mich irritiert.

„Sag bloß, du hast einen Filmriss.“

Noch immer verwirrt kämpfte ich mich wieder auf die Matratze und legte mich hin. Bedeckte schnell das Nötigste. Die Aktion hatte meinem dröhnenden Kopf nicht wirklich gut getan. „Wo sind wir?“

„Also doch Filmriss“ sagte er mehr zu sich selbst. Ich sah ihn ernst an, versuchte dabei die Hitze in meinem Gesicht zu ignorieren. Ich hätte vor Scham im Boden versinken können. Er hatte sich mit dem Ellbogen im Kissen abgestützt und lag auf der Seite, den Kopf in seiner Hand gebettet. „Ich hab dich gestern Abend mit zu mir genommen. Du warst komplett neben der Spur. Wie viel hast du bitte getrunken, dass du nichts mehr weißt? Du warst doch sonst immer so abstinent.“

„Ich hab nichts getrunken!“ verteidigte ich mich. „Ein Bier, das war’s.“

Skeptisch musterte er mich. Erst jetzt fiel mir auf, dass er unter der dünnen Decke, die nur seine intimsten Stellen verdeckte, wohl ebenfalls nichts an hatte. Oh, bitte sag mir nicht, wir hatten Sex! Erneut fingen meine Wangen Feuer. Ich drehte meinen Kopf, legte mir den Arm übers Gesicht und seufzte ergeben. „An wie viel erinnerst du dich noch?“ fragte er.

„Keine Ahnung“ murmelte ich. Bildfetzen drangen in meinen müden Geist. Der Kerl fasste mir in den Schritt, dann tauchte Jack plötzlich auf. Er hatte uns gesehen und griff ein. Vorsichtig lugte ich unter meinem Arm zu ihm. Er sah mich abwartend an. „Nachdem du in der Gasse aufgetaucht bist, weiß ich nichts mehr.“

„Und was war davor?“

Ich ließ den Arm sinken und starrte angestrengt an die Decke. „Dieser Kerl aus der Gasse hat mir an der Bar einen Kuss aufgedrückt. Dabei hat er mir irgendein Getränk aufgezwungen. Es war widerlich. Vermutlich mit irgendwelchen Drogen gepanscht, anders kann ich mir die Sache nicht erklären. Dann bin ich rausgerannt und er ist mir hinterher. Den Rest weißt allerdings nur du.“ Ernst betrachtete ich ihn. „Klär mich bitte auf. Was ist da gestern passiert?“

Sein Blick war unergründlich, während er mich musterte. „Das mit den Drogen ergibt Sinn. Das würde auch dein Verhalten erklären.“ Langsam wurde ich ungeduldig, doch er setzte zu einer Erklärung an. „Ich hab den Kerl von dir weggezerrt. Als ich mit ihm fertig war, hast du am Boden gehockt und warst fast schon apathisch. Ich dachte, das wäre der Alkohol. Weil du weder Ausweis noch sonst was dabei hattest, wusste ich nicht, wo du wohnst. Also hab ich dich mit nach Hause genommen. Rückblickend wäre ein Krankenhaus wohl die bessere Alternative gewesen.“

Kein Ausweis? Hatte ich in dem ganzen Chaos auch meine Brieftasche verloren? Aber eine andere Frage lag mir dringlicher auf der Zunge. Wieder wurden meine Wangen warm. „Und warum bin ich nackt?“

Ein kleines Grinsen erhellte seine Züge, das mich gleich schlucken ließ. „Als wir hier waren, hast du dich praktisch an meinen Hals geworfen.“

Ich zog die Decke über den Kopf und stöhnte verzweifelt. Inständig hoffte ich, gleich im Boden zu versinken. Sein darauffolgendes Lachen machte die Situation auch nicht besser. Peinlich berührt sah ich ihn wieder an. „Also, hatten wir…“

Er schüttelte belustigt den Kopf. „Nein, keine Angst. Du bist nackt, weil du komplett durchnässt warst. Deine Klamotten sind im Trockner. War allerdings nicht einfach, dich da raus und endlich still ins Bett zu bekommen. Irgendwann hab ich dich in die Decke eingewickelt, dann bist du schnell eingeschlafen.“

Seine Worte beruhigten mich etwas, trotzdem war mir die Sache unendlich unangenehm. „Tut mir wirklich leid.“

Er schüttelte nur den Kopf, sein Blick wurde wieder ernst. „Muss es nicht, aber vielleicht solltest du dich im Krankenhaus mal durchchecken lassen und dann eine Anzeige aufgeben.“

Ich nickte, konnte mir meine folgende Frage aber nicht verkneifen. „Warum hast du eigentlich nichts an?“

Er zuckte mit den Schultern, stand langsam auf. „Ich schlafe immer so.“
 

~*~
 

Nahezu geräuschlos rollten die Räder langsam über den Asphalt, blieben vor dem Eingang zur Notaufnahme schließlich stehen. „Ich kann dich noch reinbringen, aber dann muss ich los“ meine Jack, während er sich abschnallte. Ich nickte flüchtig, betrachtete mit schnell schlagendem Herzen den Eingang zum Krankenhaus. Keinen Ort hasste ich mehr, als diesen hier. Die Tür auf meiner Seite öffnete sich. Überrascht blickte ich auf. War ich so in Gedanken? „Was ist? Abschnallen schaffst du wohl noch.“ Zögerlich drückte ich den Knopf, ließ den Gurt von allein zurückschnellen. Den Kloß in meinem Hals versuchte ich runterzuschlucken. Mit mäßigem Erfolg. Jack stützte mich ab, schlug die Tür hinter mir zu. Ohne seine Hilfe hätte ich es nicht einmal von seiner Wohnung bis zum Auto geschafft.

„Danke“ sagte ich matt. Sah flüchtig zu ihm. „Für einen Rennfahrer war das eine wirklich sanfte Fahrt.“

Er zuckte mit den Schultern, den Blick auf unser Ziel gerichtet. „Ehrlich gesagt, hatte ich einfach keine Lust, dass du mir ins Auto kotzt.“

Ich schnaufte belustigt, ließ mich von ihm zum Wartebereich begleiten. Vorsichtig setzte ich mich. Dieser Schwindel war mehr als anstrengend. „Ich melde dich an, dann muss ich los.“ Wieder nickte ich flüchtig, beobachtete ihn, wie er zum Empfang schritt. Jahre hatten wir uns jetzt nicht gesehen, aber er verhielt sich noch immer wie damals. Schroff, aber führsorglich. Ich schmunzelte. Wenn ich das Crow erzähle, glaubt er mir sicher kein Wort.

Nach wenigen Minuten kam er mit einem Krankenpfleger im Schlepptau zu mir. „Herr, Fudo, würden Sie mich bitte gleich ins Behandlungszimmer begleiten?“ Überrascht sah ich ihn an, warf einen kurzen Blick in den Wartebereich. Da waren sicher ein Duzend Leute vor mir dran.

Wenig später hatte eine Krankenschwester mir mehrere Ampullen Blut abgenommen und einen Zugang gelegt. Sie hatte mir ein Schmerzmittel und etwas gegen die Übelkeit gespritzt. Langsam drehte sich nicht mehr alles und auch die Kopfschmerzen ließen nach. Jetzt lag ich hier, den Oberkörper frei und an einem Tropf angeschlossen, auf dem Behandlungstisch und wartete auf den Arzt. Der Geruch von Desinfektionsmittel lag in der Luft, während die grellen Neonröhren auf mich herabschienen. Ungewollt drangen beklemmende Erinnerungen in mir hoch. Mit jeder Minute wurde es schwerer sie zu verdrängen, mein Herz beruhigte sich kaum. Alles in mir schrie danach von hier zu verschwinden, aber ich wusste, dass es vernünftiger war, abzuwarten. Mittlerweile war ich mir ganz sicher, dass dieser Kerl mir irgendwelche Drogen untergejubelt hatte, und ich brauchte die Untersuchungsergebnisse, um ihn dranzubekommen. Wer weiß, wie oft er die Sache schon abgezogen hatte, und sicher kamen nicht all seine Opfer so glimpflich davon wie ich. Zu meiner inneren Unruhe gesellte sich Wut. Bei unserer nächsten Begegnung werde ich nicht mehr so wehrlos sein. Den Überraschungsmoment hatte er gekonnt ausgenutzt.

Ein Geräusch riss mich aus meinen Gedanken. Die Tür zum Behandlungszimmer wurde geöffnet. Überrascht musterte ich die Ärztin. „Aki“ murmelte ich.

Ein dezentes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, konnte die Sorge in ihrem Gesicht jedoch nicht verbergen. „Hallo, Yusei. Lange nicht gesehen.“

Ich hatte ganz vergessen, dass sie in diesem Krankenhaus arbeitete. Sie zog sich einen Rollhocker an die Liege heran und nahm Platz. Steckte eine ihrer roten Strähnen hinters Ohr, während sie das Tablet betrachtete. Schließlich sah sie mich besorgt an. „Ich würde dich gern nochmal abhören und deine Vitalwerte untersuchen.“

„Das hat doch deine Kollegin schon gemacht“ entgegnete ich irritiert.

Doch sie ließ sich nicht beirren, legte mir bereits die Blutdruckmanschette an. „Doppelt hält besser.“
 

Als sie fertig war, tippte sie irgendwelche Daten in das Tablet ein. „Wie lange hab ich noch?“ scherzte ich, um die unangenehme Stille zu durchbrechen.

Das entlockte ihr ein kleines Lächeln. „Mit ausreichend Sport und der richtigen Ernährung, sicher noch um die 70 Jahre.“ Doch dann wurde sie wieder ernst. „Aber dein Blutdruck ist extrem niedrig, bei einem zu hohen Puls. Bis sich das normalisiert hat, bleibst du bitte hier.“

Ich brummte unwillig.

„Ich meine es ernst, Yusei. Die nächsten Stunden stelle ich dich unter Beobachtung.“

„Mir geht’s schon besser“ verteidigte ich mich schwach.

Doch sie hob nur eine Augenbraue.

„Hast du schon die Ergebnisse?“ versuchte ich das Thema zu wechseln.

„Noch nicht alle“ erwiderte sie gedankenverloren. Sah dabei stur auf meinen Arm. Irritiert folgte ich ihrem Blick. Die Haut an meinem Oberarm war gequetscht und begann allmählich, sich bläulich zu verfärben.

„Mir geht’s wirklich gut“ versuchte ich sie zu beruhigen.

Das riss sich anscheinend aus ihren Gedanken. Besorgt musterte sie mich. „Was ist eigentlich passiert? Im Bericht stand nur etwas von kongrader Amnesie und Verdacht auf Drogenkonsum.“

„Unfreiwillig“ stellte ich klar.

Sie nickte verstehend. „Soll ich jemanden von der Polizei herkommen lassen?“

„Nein, lass nur. Ich fahre morgen hin, heute habe ich dafür keinen Nerv.“

Unschlüssig sah sie mich an. Schien anscheinend hin- und hergerissen. Doch sie beließ es dabei. Plötzlich ertönte ein leiser Signalton und sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf das Tablet. Scrollte durch irgendwelche Berichte.

„Und?“ hakte ich nach.

Sie sah wieder auf. Sorge war in ihrem Blick zu erkennen, auch wenn sie versuchte, es zu verstecken. „Du hast gesagt, du hast unfreiwillig etwas zu dir genommen. Weißt du zufällig, wann das genau war?“

Ich überlegte. Das war kurz, nachdem Crow mir abgesagt hatte. „Gegen elf, schätze ich.“

Sie nickte, sah wieder auf das Gerät in ihrer Hand. „Die Ergebnisse der Blutuntersuchung sind da. Du wurdest positiv auf Amylnitrit und GHB getestet.“ Dadurch wurde ich auch nicht schlauer und sah sie fragend an. „KO Tropfen“ sagte sie knapp. „Das erklärt auch die Amnesie. GHB wirkt sedierend, in Verbindung mit Amylnitrit steigert es nochmal die aphrodisierende Wirkung beider Substanzen. Man wird, wenn du so willst, willenlos gemacht. Die Dosis war ziemlich stark. Du kannst wirklich froh sein, dass dein Körper es vergleichsweise gut aufgenommen hat.“

Ich nickte flüchtig. Dann hatte es der Kerl wirklich darauf angelegt, mich zu vergewaltigen. Gruselig. Wäre Jack nicht aufgetaucht, hätte das ein böses Ende genommen. Wieder sah mich Aki unschlüssig an. „Ist… noch irgendwas passiert?“ fragte sie behutsam.

Fragend legte ich die Stirn in Falten.

„Naja, wenn so eine Straftat im Raum steht…“

Endlich verstand ich und versuchte sie zu beruhigen. „Nein, keine Angst. Ein Freund von mir hat mich da rausgeholt und bei sich schlafen lassen.“

Erleichtert atmete sie auf. „Glück im Unglück.“

Ich schnaufte belustigt. „Kann man so sagen, ja.“

„Soll ich jemanden anrufen, der dich später nach Hause bringt?“

„Nein, schon gut. Ich nehme mir ein Taxi.“

Wieder setzte sie diesen strengen Blick auf. „Was das angeht, bist du ein furchtbarer Patient! Ich lasse dich nicht allein nach Hause fahren. Wenn du das vorhast, weise ich dich ein und lasse dich erst morgen früh hier raus.“

Ich seufzte ergeben, mied ihren Blick. „Schön, dann rufe ich Crow an.“ Nach der Sache gestern, war er mir ohnehin etwas schuldig.

Sie schien zufrieden mit dem Ausgang des Gesprächs und erhob sich. „Ruh du dich aus, ich rufe ihn für dich an. Es wird regelmäßig jemand nach dir sehen und deine Vitalwerte checken. Dein Körper muss sich erst wieder erholen.“

Behutsam nahm sie mein Handgelenk und fühlte meinen Puls. Schließlich ging sie zu den Schränken und holte eine Ampulle heraus, zog etwas von dem Inhalt in eine Spritze. „Das ist zur Beruhigung“ erklärte sie. „Es stabilisiert deinen Blutdruck, hilft deinem Körper sich zu entspannen, und gönnt dir vielleicht etwas Schlaf.“

Sie spritzte das Mittel durch den Zugang. Fast augenblicklich wurde ich in eine wohlige Erschöpfung gehüllt. Meine Lider wurden schwer und mein Herz fühlte sich allmählich nicht mehr so an, als würde es jeden Moment zerspringen. Ich bekam noch mit, wie sie den Raum verließ, schließlich dämmerte ich in einen traumlosen Schlaf.



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