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Beautiful Behavior

von

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Ein neues Kapitel

Sie ist wieder verschwunden. Und sie hat schon wieder einen Abschiedsbrief hinterlassen.

Shuichi blickte schockiert drein. Eigentlich dachte er, dass sie über diesen Punkt hinaus wären. Ohne es damals wirklich zu wollen, hatte er doch viel Zeit mit Jodie verbracht. Nachdem sich ihre Wege eigentlich wieder trennten, hatte sie sich dazu entschlossen, einen Sprachkurs zu belegen und japanisch zu lernen. Immer wenn sie Fragen zu dem Unterrichtsstoff, den Hausaufgaben oder Hilfe beim Lernen brauchte, hatte sie sich an ihn gewandt. Aus ihrem zaghaften Neuanfang hatte sich eine ganz besondere Freundschaft entwickelt. Jodie vertraute sich ihm oft an – besonders dann, wenn ihr etwas auf dem Herzen lag. Er hingegen redete wenig, aber es passte gut zusammen.

Doch dann wurde es noch komischer. Wie ausgehandelt, hatte Jodie eine Therapie begonnen und alles, was geschehen war, aufgearbeitet. Nach und nach konnte sie mit der Situation leben, ohne in Tränen auszubrechen. Sie beendete ihr Studium, arbeitete für einige Wochen in Vollzeit in der Detektei von Edward Sherman und bewarb sich für eine Ausbildung zur FBI Agentin. Die Voraussetzungen dafür erfüllte sie auf jeden Fall. Von ihren Plänen hatte Akai sehr spät erfahren, eigentlich sogar erst dann, als alles in trockenen Tüchern war. Er war zwiegespalten, denn einerseits freute er sich, dass sie Pläne für ihr Leben hatte, aber andererseits wusste er nicht, ob es das Richtige für sie war.

James hingegen nahm es nicht so positiv auf. Statt Jodie zu unterstützen, versuchte er sie davon zu überzeugen, dass sie für das Leben einer Agentin nicht geschaffen war. Aber Jodie ignorierte seine Argumente und seine Versuche, denn sie hatte ein klares Ziel vor Augen: Die Organisation vernichten.

Nur durch einen Zufall kam Jodie dahinter, dass Sharon nicht allein gearbeitet hatte. Seitdem hatte sie ein neues Ziel in ihrem Leben und sich vehement in den Kopf gesetzt, die Hintermänner einzusperren und dafür zu sorgen, dass andere Familien nicht leiden sollten. Nicht so wie sie zu jener Zeit. Als sie dann noch Zugriff auf die Fallakten ihres Vaters erhielt, gab es für sie kein Halten mehr. Eigentlich waren diese streng vertraulich, aber als Familienangehörige hatte sie einen ganz anderen Stellwert. Anders als erwartet, blieb Jodie sogar ruhig, als sie die ganze Wahrheit langsam zusammensetzen konnte. Es hatte sich alles gefügt und das Rätsel gelöst, warum es Sharon auf ihren Vater abgesehen hatte. Es machte alles Sinn. Danach hatte sie sich in den Kopf gesetzt, das Team zu unterstützen, welches nach Japan geschickt wurde. Mit ihren Sprachkenntnissen hatte sie gute Chancen gehabt, doch letzten Endes fehlte ihr immer noch die Erfahrung, die die anderen Agenten besaßen. Zumindest war das die offizielle Begründung für die Ablehnung.

Zwei Tage bevor Akai abgereist war, hatte er sich von Jodie verabschiedet. Das Knistern zwischen ihnen bestand schon länger, entlud sich aber erst, als ihr Abschied bevor stand. So hatten sie die Nacht zusammenverbracht, waren aber dennoch kein Paar. Und wollten es auch nicht sein.

Shuichi hatte nicht daran geglaubt, dass er Jodie in den nächsten Jahren wiedersehen würde. Aber der Anruf verhieß etwas Anderes. Seine Gedanken rasten und er hatte eine leise Ahnung, was noch auf ihn zu kommen würde. Der Agent verengte die Augen. „Was soll das bedeuten? Sie ist wieder verschwunden…“

James seufzte leise auf. „Jodie hat mir eine Nachricht, nein, einen Abschiedsbrief hinterlassen. Sie wollte nach Japan.“

„Sind Sie sicher, dass es ein Abschiedsbrief war?“

„Natürlich bin ich mir sicher“, antwortete James. „Sie hat mir damals auch einen Abschiedsbrief geschrieben.“

Der Agent überlebte. „Damals hat Jodie geschrieben, dass sie Abstand braucht und ein neues Leben anfangen will. Zu jener Zeit wusste keiner, wo sie sich aufhielt. Dieses Mal hat sie Ihnen einen Ort angegeben. Das ist schon mal ein Fortschritt.“

„Schon“, murmelte er. „Aber…das wurde nicht autorisiert.“

„Autorisiert? Ich weiß, dass Jodie mit nach Japan wollte, um uns zu unterstützen“, fing er an.

„Und das haben wir ihr untersagt“, unterbrach der Ältere.

„Das heißt, sie hat gegen die Arbeitsanweisungen des FBIs verstoßen.“ Shuichi wusste, dass damit Jodies Karriere endete, ehe sie überhaupt anfing. „Ich denke, Jodie hat Ihnen keinen Abschiedsbrief hinterlassen. Sie wollte nur, dass Sie wissen, wo sie ist. Es ist nicht das gleiche, was sie vor einigen Jahren tat.“

„Agent Akai.“ Er wurde böse. „Sie müssen mir die Worte nicht im Mund umdrehen. Es reicht doch aus, dass Jodie wieder einfach so gegangen ist.“

„Dann wird das FBI sie für diese Handlung maßregeln. Wenn ich sie in Japan sehe, setze ich sie in den Flieger zurück.“

James schwieg.

„Agent Black?“

„Jodie hat seit gestern Urlaub“, murmelte der Agent. „Sie hat den Antrag schon vor einigen Wochen gestellt und…geplant nach Japan zu fliegen.“

Shuichi seufzte. „Sir, ich verstehe, dass Sie wegen Jodie besorgt sind. Sie ist damals verschwunden, weil sie sich in einer Ausnahmesituation befand. Aber jetzt ist es ganz anders. Jodie will uns jetzt nur helfen. Sie müssen aufhören daran zu denken, was damals passiert ist. Die Situationen sind nicht vergleichbar. Jodie hat an sich gearbeitet und sie weiß, was sie Ihnen damals angetan hat. Versuchen Sie mit ihr umzugehen, wie mit jedem anderen Agenten. Sie sollten ihr nicht immer jeden Wunsch erfüllen und genau so dürfen Sie nicht immer alles verneinen. Sie gehen bei Jodie von einem Extrem ins andere. Wenn Sie damit weitermachen, verlieren Sie sie möglicherweise wirklich. Agent Black? Sie können nicht alles kontrollieren und Sie sind in der Vergangenheit gefangen.“

James schluckte. „Ich…“

„Denken Sie in Ruhe darüber nach“, begann Akai. „Sie haben gesagt, dass Jodie Urlaub genommen und nach Japan gekommen ist. Seien Sie darüber froh, Sie wissen, wo Jodie ist. Es ist also nicht wie damals. Das sind für uns alle gute Nachrichten.“ Es wäre schlimmer, müsste er wieder aktiv nach Jodie suchen.

„Aber Jodie…sie…sie wird…“

„Ich weiß, sie will aktiv gegen die Organisation ermitteln. Aber nur weil sie es will, heißt das nicht, dass sie es auch tun wird. Wenn ich sie in Japan treffen sollte, werde ich sie daran erinnern, dass sie eine Agentin ist und dass sie nicht tun kann, was sie möchte. Wenn es sein muss, zeige ich ihr Tokyo und setze sie nach ihrem Urlaub in das Flugzeug nach New York. Können Sie damit leben?“

„Ja…“, murmelte James leise. Er war frustriert, wusste aber, dass es so das Beste war. Am liebsten hätte er sich sogar sofort selbst in den nächsten Flieger gesetzt und wäre nach Japan gekommen. Doch das war nicht der Plan.

„Gut. Wenn ich Jodie getroffen habe, werde ich Sie anrufen. Nein, wir werden Sie zusammen anrufen. Und Agent Black? Dürfte ich Ihnen noch einen Rat geben?“

„Ich dachte, das eben war der Rat?“

„Nein, das war meine Meinung.“

„Na gut, sagen Sie, was Sie sagen wollen.“

Akai kannte Jodie gut. Sie würde sich nicht davon abbringen lassen in Japan zu bleiben. Der Urlaub war bereits ein guter Schachzug. Aber irgendwann musste sie wieder zurück. Selbst wenn sie kündigte, konnte sie nicht ewig in Tokyo bleiben. Irgendwann würde sie ein Visum brauchen und auch dieses war nicht ewig gültig. Er runzelte die Stirn. „Ich weiß, dass Jodie für den Fall abgelehnt wurde, aber sie wird nicht aufgeben. Wie wir anderen hat sie sich auch darauf vorbereitet. Wenn Sie nicht möchten, dass Jodie irgendwas auf eigene Faust macht, reden Sie mit Agent Decker und sorgen Sie dafür, dass Jodie in Japan ermitteln kann. Sie wird Ihnen dafür dankbar sein, dass Sie es von sich aus gemacht haben.“

„Mhm…“, gab Black nachdenklich von sich.

„Denken Sie in Ruhe darüber nach. Ich weiß, es ist für Sie schwer, aber Jodie ist erwachsen. Sie muss ihre eigenen Entscheidungen treffen.“ Er stand auf. „Ich muss das Gespräch jetzt beenden. Wie gesagt, wenn ich Jodie getroffen habe, melde ich mich. Auf Wiederhören“, fügte er hinzu und legte auf.

„Agent Akai…“ Aber es war zu spät. James seufzte und grübelte.

Shuichi steckte das Handy in seine Hosentasche und ging in den Flur. Er zog sich Jacke und Schuhe an und ging nach draußen. Ein klein wenig ärgerte er sich über sich selbst. Er kannte Jodie und er hätte wissen müssen, dass sie nicht einfach so aufgab. Er war ihr aber auch dankbar, denn es lenkte ihn von seinem Jetlag ab. Doch das würde er nicht zugeben.

Mit dem Bus fuhr Shuichi zum Flughafen. Dort angekommen, blickte er auf die Anzeigetafel. Hätte Jodie im gleichen Flugzeug gesessen, hätte er sie bemerkt. Also musste sie in einem späteren Flieger sitzen – wenn sie am Flughafen in Haneda landete. Akai hörte auf sein Bauchgefühl und begab sich in die kleine Flughafenbar. Dann wartete er. Und wartete. Und wartete.

Einige Stunden später klingelte sein Handy. Er holte es hervor und strich über das Display. Anschließend las er die eingegangene Nachricht. Sie war von Jodie: Überraschung ;) Ich bin jetzt auch in Japan. Jodie

Der Agent lachte. Damit hatte er nicht gerechnet. Sie schaffte es, ihn zu überraschen. Shuichi stand auf und machte sich auf den Weg zur Gepäckausgabe. Als er ihr blondes Haar erblickte, ging er zu ihr. Gerade als sie nach ihrem Koffer greifen wollte, kam er ihr zuvor.

Sie blickte zu ihm. „Shu.“ Jodie lächelte. „Das ging ja schneller als erwartet.“

„Weißt du eigentlich, was du getan hast?“

„Natürlich“, nickte Jodie. „Ich habe Urlaub genommen und bin hergekommen. Drei Wochen für Sightseeing. Ist das nicht großartig? Aber du musst mir nicht alles zeigen, ich will dich ja nicht von der Arbeit abhalten.“

Er seufzte. „Du wusstest, dass mich Black anrufen würde, nicht wahr?“

„Natürlich“, antwortete Jodie. „Ich kenn ihn schon seit Jahren. Was hat er dir denn erzählt? Das ich einfach so verschwunden bin? Wenn ja, stimmt das nicht. Ich habe mich mit James vor einigen Tagen sehr ausgiebig über das Thema unterhalten und er lehnte ab, dass ich euch unterstützen kann. Er hat sogar dafür gesorgt, dass mich Agent Decker ungeeignet fand. Sie haben es dann damit begründet, dass ich zu wenig Erfahrung habe. Aber weißt du was? Wie soll ich Erfahrungen sammeln, wenn mir keiner die Chance dazu gibt? Also dachte ich mir, dass ich einfach mal herkomme. Und in drei Wochen, wenn mein Urlaub vorbei ist, fliege ich wieder zurück.“

„Du machst es dir wirklich einfach. Er meinte, du hättest den Urlaub schon eher eingereicht.“

„Das stimmt. Es war eine Absicherung.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Es ist ja auch so einfach. Außerdem habe ich James doch darüber informiert. Ich weiß gar nicht, was das Problem ist. Ich habe James sogar geschrieben, dass ich gut gelandet bin und auch, dass ich mich bei dir gemeldet hab. Soll ja keiner auf die Idee kommen, dass ich abgehauen bin.“

„Du bist wirklich eine Nummer für sich, Jodie.“

Sie schmunzelte. „Das nehme ich mal als Kompliment.“

„Du willst also wirklich hier bleiben?“ Er wirkte unsicher.

„Klar. Ich habe ja Urlaub und ich kann japanisch“, antwortete sie. „Können wir jetzt gehen? Ich hab Jetlag und möchte etwas Essen, aber auch duschen und dann schlafen.“

„In welchem Hotel bist du untergekommen?“

„Öhm…“, sie kratzte sich an der Wange.

„Das ist nicht dein Ernst…“

„Ich habe halt alles auf eine Karte gesetzt. Da ich gewusst habe, dass dich James informieren würde, bin ich davon ausgegangen, dass ich mit zu dir komme. Ich hätte ja auch ein Hotel gebucht, allerdings waren die meisten bereits ausgebucht. Und wenn es gar nicht gegangen wäre, hätte ich hier schon sicher irgendwas Überteuertes gefunden.“

Der Agent musterte sie. „Du traust dich ja viel.“

„Geht ja nicht anders“, gab sie von sich. „Ich hab in den letzten beiden Jahren sehr viel gelernt. Deswegen musste ich das auch tun. Kannst du das denn gar nicht verstehen?“

„Ich verstehe vieles“, entgegnete Shuichi. „Aber du kannst nicht nur das tun, was du willst. Auch wenn Black dafür gesorgt hat, dass man dich nicht für Japan auswählt, kannst du nicht einfach herkommen.“

„Du siehst doch, dass ich das kann.“ Jodie lächelte. „Aber mach dir keine Sorgen. Ich werde dich nicht bei der Arbeit behindern. Du wirst gar nicht mitbekommen, dass ich hier bin.“

„Oh man…“, murmelte Shuichi. „Dann lass uns gehen. Aber ich kann nicht versprechen, dass dich das FBI in Japan lässt, wenn dein Urlaub vorbei ist.“

„Das weiß ich doch“, nickte sie. „Vielleicht kann ich euch in den drei Wochen beweisen, dass ich hier her gehöre.“

„Ich dachte, du wolltest Urlaub machen.“

Sie streckte ihm kichernd die Zunge raus. „Manchmal muss man eben Hintergedanken haben. Und ich kann doch auch im Urlaub arbeiten.“

„Du bist wirklich eine Klasse für sich.“

„Danke“, gab Jodie von sich. „Oh, warte kurz“, fügte sie hinzu, als ihr Handy klingelte. Sie holte es aus der Handtasche und rief die eingegangene Nachricht auf. Sofort lächelte sie. „Schau mal.“ Sie hielt es ihm vor das Gesicht. „James schreibt, dass sich das FBI dazu entschlossen hat, mir in Japan eine Chance zu geben. Mein Urlaub ist aufgehoben und ich darf dich unterstützen. Erst einmal soll ich mich hier einleben und dir bei der Arbeit über die Schulter schauen.“

Ein wenig irritiert las Akai die Nachricht. Er hatte James zwar selbst dazu geraten, aber nicht geglaubt, dass es so schnell gehen würde. „Das ist…“

„Großartig, nicht wahr?“, wollte die Agentin wissen. Sie sah nun wieder selbst auf das Display und scrollte bei der Nachricht nach unten. „James kümmert sich um den Rest. Vielleicht arbeiten wir dann zusammen im Büro der Polizei. Da ist mein Plan doch gut aufgegeben.“

„Dein Plan…?“ Sie war wirklich etwas Besonderes.

Jodie schmunzelte. „Um ehrlich zu sein, bin ich nicht nur davon ausgegangen, dass James dich anruft, sondern auch, dass du ihn überzeugen würdest, dass ich hier bleiben und arbeiten kann.“

„Oh man…“ Shuichi schüttelte den Kopf und lachte. Damit begann ein neues Kapitel in ihrem Leben.



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