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Beautiful Behavior

von

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Hiobsbotschaften

Jodie starrte die Decke an. In ihrem Zimmer war es trostlos. Es gab zwar einen Fernseher, aber sie wollte nicht andauernd mit den Nachrichten und dem Tod von Sharon Vineyard konfrontiert werden. Das führte allerdings dazu, dass sie einfach nur da lag und wartete. Immer wieder kamen Ärzte und Krankenschwestern rein, ab und an sahen auch die FBI Agenten nach ihr. Und auch wenn die Ärzte der Meinung waren, dass es ihr besser ging, fühlte sie sich nicht so. Ihr Körper heilte zwar, aber ihre Seele hatte es viel schlimmer getroffen – vor allem jetzt, wo sie sich wieder erinnerte. Wann auch immer Jodie ihre Augen schloss, sah sie die Bilder der Vergangenheit. Abermals erlebte sie, wie sie ihren Vater erschossen hatte. Sie war eine Mörderin und dies würde ewig an ihr haften. Wie sollte sie damit nur weiterleben? Ein Leben war schon schlimm genug, aber nun hatte sie auch noch ein zweites Leben genommen. Auch wenn sie von Sharon Vineyard zum Schuss gezwungen wurde, fühlte sie sich schuldig. Letzen Endes war sie nicht stark genug, um sich gegen die Ältere zu wehren. Stattdessen konnte sich Jodie kaum bewegen und ließ es zu.

Alles James und Ed zu erzählen war schon nicht einfach. Wie sollte es dann sein, wenn sie eine offizielle Aussage machen musste oder sie sich Befragungen stellen musste. Egal wie es werden würde, sie würde jede Strafe akzeptierten. Mord verjährte nicht und sie konnte auch nach 20 Jahren dafür belangt werden. Allerdings war sie damals noch ein kleines Kind und in einer Ausnahmesituation. Sie hatte es nicht gewollt, große Angst und um ihr Leben gefürchtet. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie nicht bestraft wurde, war groß. Allerdings würde sie ihr Leben lang dafür büßen. Sie würde ihren Vater nie vergessen und auch nicht das, was sie ihm damals antat. Bei Sharon Vineyard war es schon anders. Auch wenn die Schauspielerin wollte, dass sie schoss, es war schwer zu beweisen. Und jetzt, wo Sharon tot war, gab es niemanden, der ihre Version bestätigen konnte.

Wenigstens hatte ihr James verziehen und bot seine Hilfe an. Es war mehr als das, was sie sich erhofft hatte. Aber danach fühlte sie sich müde. Unglaublich müde. Auch noch nach zwei Tagen.

In ihren Gedanken vertieft, hatte Jodie das Klopfen an der Tür nicht realisiert. Erst, die sich nähernden Schritte, nahm sie wahr. Jodie sah auf die Person. „Roy…“ Auch vor der Begegnung mit ihm, hatte sie sich gefürchtet. Und wenn sie ehrlich war, hatte sie auch gehofft, dass diese erst später stattfinden würde.

Der FBI Agent warf einen verstohlenen Blick auf seine Ex-Freundin. „Hey…es ist…lange her. Wie geht es dir?“

„Das ist es“, murmelte Jodie. „Es geht…mir den Umständen entsprechend.“

Er zog einen Stuhl zum Bett und setzte sich. „Ich habe gehört was passiert ist und wollte nach dir sehen. Wenn ich ehrlich bin, wollte ich schon eher zu dir kommen, aber sie sagten, dass es keine gute Idee sei.“

„Ich verstehe. Ich wollte, auch mit dir sprechen. Aber…jetzt bin ich hier...“

Roy nickte. „Hätte ich später kommen sollen?“

Jodie schluckte. „Schon okay.“ Früher oder später hätten sie sowieso miteinander reden müssen. Was machte es da aus, wenn es jetzt war? „Es tut mir leid, Roy. Was damals passiert ist…“

Er schüttelte den Kopf. „Schon gut. Du musst mir nichts erzählen, was du nicht möchtest.“

„Doch das muss ich“, sagte sie und atmete tief durch. „Wir wollten damals zusammen ein neues Leben anfangen. Das wollte ich so sehr, aber dann hat mich Ed gefunden. Er ist Privatermittler und wurde von James beauftragt. Er brachte mich zurück nach New York und wir wollten eigentlich zu James, aber…dann entschied er sich, mir bei der Suche nach der Mörderin meiner Eltern…meiner Mutter zu helfen. Ich hatte das damals nicht geplant und…wir haben beide nicht gedacht, dass es zwei Jahren dauern würde. Wir dachten, dass er als Privatermittler bessere Chancen haben würde als ich. Es tut mir leid, was du wegen mir alles durchgemacht hast. Ich hätte mich melden müssen, aber…ich konnte nicht.“

„So etwas in der Art habe ich mir gedacht. Du hast getan, was du tun musstest. Es war das Richtige.“

„Dann…dann verzeihst du mir?“

„Was?“ Er sah sie perplex an, ehe ihm die Tränen kamen. „Natürlich verzeihe ich dir. Ich glaube sogar, dass es das Beste für uns gewesen ist.“

„Was meinst du?“

Roy seufzte. „Jodie, es gibt da noch etwas, das ich dir sagen muss.“

Sie schluckte. „Und…was?“

„Bevor ich zum FBI ging, habe ich einen Fehler gemacht und…dann wurde ich erpresst.“ Er atmete tief durch. „Ich hatte Angst, dass sie dir etwas tun würden und als das dann mit deinem Kommilitonen passierte, kam ich auf die Idee, dass wir außerhalb von New York ein neues Leben anfangen könnten. Ich habe dich zuerst weggeschickt, um hier alles zu regeln. Dann wollte ich nachkommen und…mit dir woanders hin. Mein Vorschlag war…also auch Eigennutz von mir. Aber als du dann…verschwunden bist, dachte ich, dass sie dir etwas angetan hätten. Stattdessen kontaktierten sie mich wieder und ich sollte Bescheid geben, wenn du wieder auftauchst. Ich habe mir damals nichts dabei gedacht und…vor einigen Tagen kontaktierten sie mich wieder. Sie haben mitbekommen, dass nach dir gesucht wird und haben dein Leben bedroht.“

Jodie schluckte.

„Ich habe Agent Black davon erzählt, aber dann wurde er angerufen und wir erfuhren, dass du auf dem Weg hierher bist.“
 

James saß im Besprechungszimmer und ruhte sich aus – falls das überhaupt möglich war. Ihm schwirrte viel zu viel im Kopf herum. Zu viele Agenten waren mittlerweile in der Sache involviert und jeder hatte seine eigene Meinung. Natürlich halfen sie und taten ihr Bestes, um Jodie zu entlasten, aber Black hatte auch den Zweifel in ihren Augen erkannt. Es war ganz natürlich, schließlich kannten sie Jodie nicht und mussten objektiv sein.

Im Geiste entschuldigte er sich bei seinem toten Partner. Er sollte derjenige sein, der auf Jodie ein Auge hatte, auf sie aufpasste, aber es war alles außer Kontrolle geraten. Irgendwann würde auch das Krankenhauspersonal Fragen stellen, immerhin hatten sie sich dort eingenistet und eine provisorische Einsatzzentrale errichtet.

James schloss seine Augen. Das Karussell drehte sich immer schneller, hielt aber nicht an und der Agent hatte Angst, was sie noch in den nächsten Stunden oder Tagen finden würden. Wie viele Geheimnisse kämen noch ans Licht? „Es tut mir so leid“, wisperte er leise. Hätte er doch nur den perfiden Plan der Organisation früher erkannt.

Als es an der Tür klopfte, blickte er auf. „Herein.“

Akai und Decker betraten den Raum. Sie waren zu dem Schluss gekommen, dass es für alle Beteiligte am besten war, wenn sie allein mit James sprachen. Sie hatten seine feuchten Augen gesehen, als er ihnen vom Mord an seinem Partner erzählte und dass sich Jodie als Täterin entpuppte. Sie war noch ein kleines Kind, verängstigt und würde dafür nicht belangt werden, aber der Schmerz würde bleiben. Bei Beiden.

James sah in ihre Gesichter. Er schluckte. Irgendwas stimmte nicht oder war schief gegangen. Oder sogar beides. „Was…was ist passiert?“, fragte er leise, unsicher, ob er es überhaupt erfahren wollte.

Shuichi schloss die Tür und lehnte sich gegen diese.

„Wir haben in den letzten beiden Tagen weitere Ermittlungen angestellt“, begann Decker.

„Ja, ich weiß.“

Agent Decker sah zu Akai. „Bitte, erzählen Sie.“

„Ich war noch einmal am Tatort. In Jodies Wohnung waren keine Wanzen versteckt und es gab auch keine Fingerabdrücke, die wir nicht erwartet hätten. Wir wissen, dass Jodie von hinten angeschossen wurde, aber dass Wie ist nicht beweisbar. Jodie erinnert sich nicht und Sharon Vineyard können wir nicht fragen. Und selbst wenn sie sich erinnern würde, jeder Anwalt würde ihre Aussage in Frage stellen. Man würde davon ausgehen, dass Jodie nach der Tat aufgebracht war und an die frische Luft wollte. Aber sie hatte nicht bemerkt, dass Sharon noch nicht tot war. Diese wiederum nutzte Jodies Unachtsamkeit und schoss sie an. Die Absplitterung vom Rahmen der Balkontür beweist leider gar nichts. Wer weiß, wie lange sie schon auf dem Boden lag. Der einzige Widerspruch sind die Patronenhülsen. Wenn der Schuss von draußen kam, dürfte es auch nur eine Patronenhülse geben. Allerdings…“

„Allerdings?“

„…allerdings könnte es sein, dass die Sanitäter oder die Ärzte die Patronenhülsen verschoben haben, als sie sich um Sharon und Jodie gekümmert haben. Der Arzt musste Jodies Zustand überprüfen, ehe er sich auf Sharon fokussierte. Und der Sanitäter tat alles, um die Blutung zu stoppen. Wir haben alle, die vor Ort waren, befragt, sie können nicht gänzlich ausschließen, dass sie in dieser Situation irgendwas versehentlich verändert haben. Normalerweise achten Ärzte und Sanitäter auf ihre Umgebung, gerade bei einem Schusswechsel, aber Menschen machen nun mal auch Fehler“, fügte Decker hinzu. „Und diesen falschen Sanitäter haben wir immer noch nicht finden können. Er könnte den Ausschlag geben.“

„Trotz Widerspruch könnte es so aussehen, dass keine Fremdeinwirkung vorlag und dass Jodie, dass sie…es geplant hat…“, wisperte James. „Was ist mit ihrer Angst vor Waffen?“

„Laut Tagebucheinträgen gehörte das auch zu ihrem Plan dazu“, entgegnete Akai. „Ich habe mir sämtliche Einträge durchgelesen. Agent Black, es sieht nicht gut für Jodie aus und das soll keine Wertung meinerseits sein. Ich kenne sie zwar nicht so gut wie Sie, aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass sie ein unschuldiges Opfer ist.“

„Danke, Agent Akai.“

„Ich habe auch Jodies Aussage überprüft. Der Rechtsmediziner ist damals davon ausgegangen, dass Agent Starling gesessen haben muss, als er erschossen wurde. Das führte ihn zu dem Schluss, dass der Täter kniete. Nur so wäre der Winkel erklärbar. Nach Jodies Aussage wäre es aber denkbar, dass sie tatsächlich den tödlichen Schuss abgab.“

„Wieso erzählen Sie mir das?“, wollte Black wissen.

„Weil das Jodies Angst vor Waffen untermauern kann. Sie hat die Erinnerung tief verschlossen, aber das Trauma war zu jeder Zeit präsent. Deswegen kann sie keine Waffe halten, ohne in Tränen oder Panik auszubrechen. Ed stellt uns alle Akten zusammen, die er zu Jodie angefertigt hat. Er schaut auch nach Videos, die er vom gemeinsamen Training gemacht hat. Wenn wir Glück haben, kommt auch ein Experte zu dem Schluss, dass sie den Mord an Sharon nie geplant haben kann.“

„Im Widerspruch stehen die Einträge im Notizbuch. Unglücklicherweise sagen unsere Handschriftenexperten, dass Jodie die Einträge verfasst hat. Ich habe sicherheitshalber zwei unabhängige Gutachter eingesetzt“, erzählte Decker.

„Wir geben aber nicht auf. Die Organisation hat vermutlich ihre eigenen Experten und ihre Handschrift sehr gut kopiert. Wir tun alles in unserer Machtstehende, um Jodies Unschuld zu beweisen.“

Black sah die Beiden irritiert an. „Unschuld beweisen? Es war Notwehr und damit können wir den Fall intern doch schließen. Das NYPD stellt keine Ermittlungen an, weil wir diese übernommen haben.“

„Ich weiß“, stimmte Decker zu. „Normalerweise würden wir alles über interne Berichte laufen lassen, alle Beweise dokumentieren und den Fall mit einem Verweis zu den Organisations-Akten schließen. Allerdings hat die Staatsanwaltschaft von der Sache Wind bekommen.“

„Was?“

„Wir wissen nicht, wie sie darauf gekommen sind, aber sie werfen uns vor, nicht objektiv zu handeln. Sie haben komplette Einsicht zu der Ermittlung gefordert.“

James schluckte. „Wir müssen kooperieren…“

„Das heißt aber auch, dass Sie nicht mehr Teil der Ermittlungen sind.“

„Agent Akai hat recht. Momentan bist du unsere einzige Schwachstelle diesbezüglich. Was wir dir heute gesagt haben, bleibt ein reiner Freundschaftsakt. Aber du musst dich aus allen weiteren Ermittlungen raushalten. Du darfst dich aber trotzdem mit Jodie treffen.“

„Ich…ich verstehe. Und…wie geht es weiter?“, wollte James leise wissen.

„Wir werden alle Vorschriften genauestens befolgen. Und das heißt, dass wir die Wahrheit finden müssen – egal wie sie auch aussieht.“

„Danke“, wisperte James. „So wie ihr ausseht, gibt es noch mehr Hiobsbotschaften.“

„Agent Fallon und Jackson haben die Leiche überprüft. Alle Ergebnisse bestätigen, dass es sich um Sharon Vineyard handelt. Sie ist tot und die Medien sind immer noch in Aufruhr. Fans haben sich vor ihrem Hotel und dem Leichenschauhaus versammelt. Sie legen Blumen und Teddybären ab, zünden Kerzen an und versammeln sind. Was auch immer die Organisation vor hatte, sie haben Sharon Vineyard dafür geopfert. Ganz bewusst“, entgegnete Decker. „Chris Vineyard ist bereits auf den Weg nach New York. Vielleicht erfahren wir, ob ihre Mutter krank war, weswegen sie bei dem Plan der Organisation mitmachte. Trotzdem mache ich mir wenig Hoffnung, auch weil wir Chris in ein paar Details einweihen müssen…“

„Oh nein…“

„Es ist noch nicht vollkommen verloren“, warf Akai ein. „Ich war in der Detektei und hab noch weiteren Wanzen gesucht. Es gab leider keine, aber ich hatte bereits an jenem Abend welche sichergestellt. Wir prüfen die Fingerabdrücke und vielleicht können wir diese mit Sharon in Verbindung bringen. Außerdem haben wir die Aussage von Daniel – einem der Ermittler. Er kann bezeugen, dass Jodie mit Milena zu sich nach Hause ging. In der Nähe der Detektei gibt es einen kleinen Supermarkt mit Videoüberwachung, auch vom Außengebiet. Wir haben die Beiden auf dem Video. Mit einem Zeitstrahl können wir nachweisen, dass Sharon Jodie in eine Falle lockte. Im Tagebuch stand nichts dazu, dass Jodie die Verkleidung durchschaute, das heißt, wir können den Tatbestand des Vorsatzes entkräften.“

„Das ist gut“, murmelte James.

„Allerdings heißt das nicht, dass Jodie die Schauspielerin nicht anders in ihre Wohnung gelockt hat. Sharon Vineyards Manager gab an, dass sie komische Briefe bekommen hat. Alle ohne Absender und nur mit dem Satz: Ich kriege dich. Sie haben die Sicherheitsmannschaft bei den Dreharbeiten verstärkt und Sharon nie allein ins Hotel fahren lassen. Die Polizei haben sie allerdings nicht eingeschaltet“, sagte Decker.

„Vermutlich, weil dann jeder ein Auge auf sie geworfen hätte.“

Der ältere Agent nickte. „Und weil sie sonst nicht ihren Plan hätten umsetzen können. Wir haben bereits Fingerabdrücke genommen und gleichen sie ab. Da Sharon eine Frau des öffentlichen Lebens war, irritiert es niemanden, dass das FBI den Fall untersucht. Noch wurde kein Zusammenhang zwischen Jodie und Sharon hergestellt. Und das soll auch so bleiben.“

„Natürlich“, nickte James. „Was ist mit Tripton? Wir haben doch seine Aussage, dass jemand Jodie bedroht hat.“

„Haben wir. Und als es passiert war, war er bei dir. Aber auch das könnte man als geplant ansehen, wenn man wollte. Die Vernehmung wegen der Waffe und seiner Mitschuld ist noch offen.“

„Immer noch?“

„Wir sind nicht davon ausgegangen, dass er untertaucht, und haben uns erst einmal auf andere Bereiche fokussiert.“ Sein Handy klingelte und Decker zog es aus der Hosentasche. Er las die eingehende Nachricht.

„Was ist?“

„Ich bat den Agenten vor Jodies Tür mir Bescheid zu geben, wenn Besuch kommt.“

James fürchtete sich davor zu fragen, wer bei Jodie war.

„Tripton ist bei ihr.“

Sofort riss Akai die Tür auf und alle drei Männer liefen los.



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