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Advanced Attraction

von

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Ende

Es ging alles so schnell. Ehe sich Jodie versah, saß sie auch schon auf der Arbeitsfläche in der Küche und wurde von Liam geküsst. Er hatte versucht Jodie zu manipulieren und anschließend die Situation ausgenutzt, um sie zu überrumpeln. In ihrem Kopf herrschte das Chaos und verschiedene Gedanken strömten hindurch. Sie dachte an den Tag an dem sie Liam kennenlernte, wie sie zusammenkamen, wie sie einander liebten und wie sie ihn beim Fremdgehen erwischt hatte. Sie erinnerte sich an all seine Worte, seine Vorwürfe und seine Bitten. Und dann fragte sie sich, ob er schon immer so manipulativ gewesen war, ob er schon immer alles tat, um sein Ziel zu erreichen und ob sie es einfach nur nicht sehen wollte. Hatte er sich möglicherweise schon viel früher dazu entschieden, Jodie irgendwie unter Druck zu setzen, damit sie wieder zusammenkamen? Sie erkannte, dass er den Autounfall für seine Zwecke benutzte, aber ob er auch absichtlich vom Rad gestürzt war?

Und dann war da noch das komische Gefühl, welches sie bei diesem Kuss verspürte. Er fühlte sich anders an, erzwungen und ohne Gefühle. Als ihr dann Shuichi in den Sinn kam, verkrampfte sie. Mit ihm war es ganz anders. Er war aufrichtig und ein guter Freund für sie geworden. Sie fühlte sich in seiner Nähe wohl, sehr wohl sogar und unternahm gerne etwas mit ihm. Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, schlug ihr Herz mittlerweile auch schneller, wenn sie an ihn dachte. Der Kuss mit ihm hatte ihr gefallen, sogar mehr als mit Liam. Und mit einem Mal überkam Jodie das schlechte Gewissen, weil sie gerade Liam küsste. Damit wusste Jodie ganz genau, wie es weitergehen würde. Sie mochte Liam zwar immer noch, konnte sich aber keine Beziehung mehr mit ihm vorstellen. Vielleicht würden sie Freunde bleiben können oder für immer getrennte Wege gehen. Aber das mit Shuichi…war was ganz anderes. Sie hatte sich in ihn verliebt. Jodie konnte nicht einmal sagen, wann genau es passiert war, aber sie war froh, dass sie es erkannt hatte.

Jodie löste den Kuss. Es war gerade rechtzeitig, da Liam bereits versuchte ihr Oberteil nach oben zu schieben. Energisch drückte sie ihn von sich weg und stieg von der Arbeitsfläche. „Lass das bitte“, gab sie von sich.

Statt etwas zu sagen, versuchte er sie erneut zu küssen, dieses Mal etwas ruppiger als vorher. Ein weiteres Mal drückte Jodie ihn von sich weg. „Ich hab Nein gesagt.“ Dieses Mal würde sie sich nicht von seinen Worten um den Finger wickeln lassen. Und wenn er versuchen würde ihr einen Kuss mit Gewalt aufzudrängen, würde sie ihm ihre Selbstverteidigungsfähigkeiten demonstrieren. Da war sie sich ganz sicher.

Liam wich erschrocken einen Schritt nach hinten. Er war selbst über sein übergriffiges Verhalten überrascht und konnte es nicht richtig einordnen. Er wusste, dass er zu weit gegangen war, aber es war alles nur um ihre Beziehung zu retten. Wochenlang ohne Jodie sein zu müssen, hatte ihm gezeigt, was sie ihm bedeutete und wie sehr er sie brauchte. Er bereute sein Verhalten und die Affäre mit Claudia. Er schämte und hasste sich dafür. „Jodie, ich…“

Die junge Frau schüttelte den Kopf. „Liam, es tut mir wirklich leid, aber ich kann das nicht. Es ist so viel passiert, du hast mir weh getan und mich dann zu einer Entscheidung gezwungen. Ich weiß, dass du dir damit erhofft hast, dass ich nicht die Trennung ausspreche, aber…weil du mir nicht die Zeit gegeben hast, die ich gebraucht habe, war mir nichts anderes möglich. Und dadurch hast du mir tatsächlich sogar geholfen. Ich bin hier in einer fremden Stadt, auf mich allein gestellt und ich komm trotzdem klar. Mir ist bewusst geworden, dass ich…“ Jodie räusperte sich. „Es tut mir leid, ich weiß nicht wie ich das anders ausdrücken soll. Mir ist klar geworden, dass ich dich nicht unbedingt brauche, um zu überleben. Liam, du hast mir so viel bedeutet und ich habe den Fehler gemacht und versucht mein Leben nur nach dir auszurichten. Ich wusste damals nicht was ich mit meinem Leben anfangen sollte, da war es einfach zu wissen, dass ich dir nach England folge. Und dann habe ich getan, was du wolltest und mich selbst dabei aus den Augen verloren. Die Zeit ohne dich hat mir das klar gemacht und dafür bin ich dir dankbar. Ich möchte wirklich nicht, dass du das alles falsch verstehst. Ich habe dich geliebt, Liam, aber…als unsere Beziehung ernster wurde und die Probleme auf uns zu kamen, haben wir es nicht geschafft. Wir haben beide Fehler gemacht, aber ich glaube, es hilft uns, um in die Zukunft blicken zu können. In unserer nächsten Beziehung machen wir diese Fehler nicht mehr, wir werden aus ihnen lernen und…glücklich werden. Nicht miteinander, aber trotzdem werden wir unser Glück finden.“

Liam schluckte. Er hatte es vermasselt. Nicht Jodie traf die Schuld, sondern ihn. Er hatte einen riesigen Fehler begangen und musste jetzt mit den Konsequenzen leben. „Wenn es wegen Claudia ist, ich hab sie nicht mehr gesehen…und ich habe kein Interesse an ihr. Ich will keine andere Frau. Jodie, kannst du mir die Affäre wirklich nicht verzeihen? Siehst du keine Möglichkeit, dass wir es miteinander versuchen?“

Er tat ihr leid, aber auch das änderte nichts an ihrer Entscheidung. „Selbst wenn ich dir das mit dieser Claudia verzeihe, ich kann nicht wieder mit dir zusammen sein. Wir hatten eine lange Zeit eine Fernbeziehung und sind dann nicht damit klar gekommen, dass wir uns wieder so oft sehen können. Vielleicht wäre es anders gewesen, wenn ich nicht direkt zu dir gezogen wäre. Keiner weiß, was passiert wäre, wenn wir anders gehandelt hätten. Aber eines ist mir klar geworden. Wir haben uns beide im Laufe der Zeit verändert. Ich bin nicht mehr die, die ich war als wir uns kennen lernten. Und ich glaube, wenn wir es wieder versuchen würden, würden wir sehr bald wieder vor den gleichen Problemen stehen. Irgendwann würden wir uns womöglich hassen und das möchte ich nicht. Du bedeutest mir immer noch sehr viel, Liam. Du warst mein erster Freund, meine erste große Liebe und ich werde die Zeit mit dir nie vergessen. Ich möchte, dass wir im Guten auseinander gehen. Lass es uns bitte so beenden.“

Liam sah sie an, aber er sagte kein Wort.

„Liam?“

„Du hast Recht…wir haben uns Beide verändert. Ich hab mich…teilweise zum Schlechteren verändert. Ich erkenn mich selbst nicht mehr wieder. Ich habe dich betrogen und dann unter Druck gesetzt. Ich habe im Krankenhaus darum gebeten, dass du informiert wirst, damit du dir die Trennung noch einmal überlegst. Ich habe mir verschiedene Szenarien ausgemalt, wie wir es noch einmal versuchen würden. Und dieses Mal wären wir glücklich miteinander geworden. Aber…wenn ich jetzt so darüber nachdenke, habe ich gehofft, dass dich die Sorge in meine Arme treiben würde. Ich habe versucht dich dadurch zu manipulieren und das…das bin nicht ich. Vermutlich…hast du auch recht, wenn du sagst, dass wir es nicht geschafft hätten. Ich hätte es wieder gegen die Wand gefahren.“

„Es ist nicht nur deine Schuld. Wir gehören…nicht zusammen. Es tut mir wirklich sehr leid, Liam…“

„Ich liebe dich immer noch, Jodie. Ich werde diese Gefühle nicht so schnell vergessen können. Liebst…liebst du mich auch noch?“

„Liam, bitte…mach es nicht noch schwerer für uns.“

„Bitte sag es mir. Ich mache dir keine Vorwürfe. Ich möchte es nur wissen.“

„Ich mag dich und…ich liebe dich auch auf freundschaftliche Art und Weise. Aber ich…ich liebe dich nicht mehr so wie früher. Diese Gefühle sind einfach nicht mehr da.“

Liam schluckte. „Ich verstehe…Das habe ich nicht gewollt.“

„Nein, Liam, mach dir bitte keine Vorwürfe.“ Sie biss sich auf die Unterlippe. Er tat ihr leid, aber nur aus Mitleid konnte keine Beziehung wachsen.

„Danke, dass du…zu mir ins Krankenhaus gekommen bist und nach mir gesehen hast. Das bedeutet mir viel. Ich werde…dich als meinen Notfallkontakt austragen und…ich denke, es ist besser, wenn wir uns auch weiterhin nicht mehr sehen werden.“

Jodie nickte verstehend. Sie wäre gerne weiterhin mit ihm befreundet gewesen, aber sie wusste, dass es ihnen Beiden nicht gut tun würde.

„Ich bin trotzdem sehr froh, dass du…zu dir selbst gefunden hast und nicht unbedingt einen Mann in deinem Leben brauchst.“ Er atmete tief durch. „Ich hoffe, du hasst mich nicht.“

Sie schüttelte sofort den Kopf. „Ich hasse dich nicht. Ich habe dich auch nicht gehasst, als du mich betrogen hast. Ich war verletzt und wütend, aber ich habe dich nicht gehasst.“

Liam versuchte zu lächeln. „Danke“, gab er leise von sich.

„Also…dann…ich sollte besser gehen.“

„Ich bring dich noch an die Tür“, murmelte er und ging mit Jodie in den kleinen Flur. Sie schlüpfte in ihre Schuhe und zog sich die Jacke an. Anschließend nahm sie ihre Handtasche und blickte zu ihm.

„Dann…ich möchte ehrlich gesagt nicht Leb wohl sagen, aber ich glaube, es wird ein solcher Abschied werden.“

Der junge Mann nickte. „Es ist in Ordnung. Ich wünsche dir alles Gute, Jodie.“

„Danke, ich dir auch“, sagte sie und öffnete die Tür.

Liam zögerte. Sollte er oder sollte er nicht? Schließlich entschied er sich dafür, dass er ihr noch eine Wahrheit sagen musste. „Jodie?“

Sie drehte sich zu ihm um. „Ja?“

„Ich muss dir noch etwas sagen. Es geht um deine Freundin Sharon.“

„Mhm? Um Sharon? Was ist mit ihr?“

„Ich möchte dir damit nicht weh tun. Allerdings denke ich, dass du die Wahrheit erfahren solltest, gerade wenn es um deine zukünftigen Beziehungen gehen sollte.“ Liam atmete tief durch. „Du weißt doch, dass mein Vater seinen Job verloren hatte und mit dem Trinken anfing. Um die Kosten zu decken, nahm er einen Kredit auf und…wir hatten Schulden. Sharon hat es herausgefunden und…mir angeboten, die Schulden zu begleichen und…die Entzugsklinik für meinen Vater zu bezahlen. Danach sorgte sie dafür, dass er einer gut bezahlten Arbeit nachgehen konnte…“

„Ich versteh nicht ganz“, entgegnete Jodie. „Es ist doch nett, dass sie euch geholfen hat.“

„Als Gegenleistung wollte sie, dass ich mit dir ausgehe und als…ich hier an der Uni angenommen wurde, spielte ich mit dem Gedanken mich von dir zu trennen. Ich wollte dir die Fernbeziehung nicht aufhalsen. Aber sie hat mich…überzeugt, dass die Trennung keine gute Idee wäre.“

Jodie schluckte. „Das heißt…wenn Sharon nicht gewesen wäre…wärst du nicht…“

„Ohne sie wären wir vermutlich nicht zusammen gekommen. Sie war der Grund warum ich mich mit dir getroffen habe und…dir damit näher gekommen bin. Aber meine Gefühle für dich waren immer echt. Als ich dich gesehen habe, war es um mich geschehen. Das musst du mir bitte glauben. Doch wegen meiner familiären Geschichte wollte ich nicht mit dir zusammen kommen. Ich wollte dir meine Probleme nicht auch noch aufhalsen. Ich schwöre dir, ich habe mich nie dafür bezahlen lassen, mit dir zusammen zu sein. Und bis auf diese beiden Male habe ich sie auch nicht mehr gesehen.“

Sie blickte ihn schockiert an. „Du lügst“, wisperte sie.

„Ich wünschte, es wäre so“, gab Liam von sich. „Ich möchte, dass du…vorsichtig bist, was du ihr erzählst. Ich glaube, sie tut dir nicht gut und versucht…auch nur ihre Interessen voranzubringen.“

Jodie reagierte nicht.

„Jodie?“

Sie biss sich auf die Unterlippe. „Wieso…wieso sagst du mir das?“

„Ich will dir damit nicht weh tun, ich will dir auch keinen reinwürgen. Ich mache mir nur Sorgen, dass du irgendwann mit einem Mann zusammen bist, der keine Gefühle für dich hat.“

„Deswegen…deswegen hast du…mich damals gefragt, ob ich…meinen Liebsten in New York von deiner Affäre erzählt habe…“

Er nickte. „Ich hatte Angst dass…sie an meiner Familie Rache nehmen würde. Aber sie war nicht der Grund warum ich vehement versucht habe, wieder mit dir zusammen zu kommen. Das schwöre ich dir.“

Jodie verstand immer noch nicht, warum er ihr das sagte? Konnte er nicht einfach schweigen und Sharons Bestechung vor ihr verheimlichen? Es tat weh. Es tat so weh zu erfahren, dass sie von zwei wichtigen Menschen in ihrem Leben belogen wurde. Und was hieß das für ihre Zukunft? Würde sie jede Beziehung hinterfragen müssen?

„Jodie?“

„Danke, dass du…mir das gesagt hast“, wisperte sie und drehte sich um. Anschließend verließ Jodie seine Wohnung und machte sich auf den Weg nach Hause.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Nickay
2022-05-28T22:26:20+00:00 29.05.2022 00:26
Habs dann auch mal geschafft wieder rein zu schauen.
Echt krass das Liam so weit geht…
Aber zumindest ist sich Jodie sicher, dass es endgültig vorbei ist und sie ihn nicht mehr liebt. Und Shuichi hat sie geküsst!
Ich hoffe nur, dass sie ihm das auch sagt…
Antwort von:  Varlet
29.05.2022 20:04
Danke für deinen Kommentar.
Das mit Liam hat sich ja schon recht früh so abgezeichnet. Aber jetzt weiß es auch endlich Jodie. Schauen wir mal, ob sie trotzdem noch anderen Menschen vertrauen kann


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