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Advanced Attraction

von

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Aussprache

Am liebsten hätte sich Jodie zu Hause verkrochen und wäre nicht nach draußen gegangen. Nachdem sie von Liams Betrug erfahren hatte, blieb sie das gesamte Wochenende über im Bett und stand nur auf, wenn sie auf die Toilette musste oder es an der Tür klingelte. Neben dem Bett hatte sie Wasserflaschen aufgestellt und sich sogar mit ein paar Süßigkeiten eingedeckt, die sie noch zu Hause hatte. Allerdings verspürte sie keinen Hunger. Stattdessen weinte sie sich immer wieder in den Schlaf.

Selbst als Elena zu Besuch war, saß Jodie wie ein Häufchen Elend auf dem Bett und ließ sich trösten. Elena war anders als Shuichi und hörte sich alles an, was Jodie zu sagen hatte. Selbst als Jodie nach Schweigen zu Mute war, blieb Elena bei ihr. Laut Elena stand Liam auch einmal vor der Wohnungstür, wurde aber nicht rein gelassen. Es traf Jodie schwer, dass er es nicht ein weiteres Mal versuchte und aufgab. In ihrem Kummer wurde sie allerdings glücklicherweise wieder von Elena aufgefangen. Trotzdem musste Jodie mit ihrem Schmerz alleine klar kommen und einen Weg finden, um auch in Zukunft damit umzugehen.

Da sie sich nicht ewig zu Hause verstecken konnte – und Elena sie am Montagmorgen aus der Wohnung schleppte – hatte sie kaum eine andere Wahl, als zur Arbeit zu gehen. Jodie entschied, sich zusammenzureißen. Als sie allerdings draußen war und das Licht der Sonne auf sie schien, rieb sie sich die Augen. Es kam ihr unendlich lange vor, dass sie das letzte Mal draußen war. Und als sie die vielen Menschen erblickte, glaubte sie, dass jeder in ihrem Gesicht ablesen konnte, was passiert war. Wäre Elena nicht gewesen, wäre Jodie möglicherweise wieder nach Hause gegangen, aber so landete sie irgendwann in der Buchhandlung. Sofort ging Jodie ins Hinterzimmer und machte sich fertig. Da sie sich nicht allzu gut fühlte um Kunden zu bedienen, begann sie damit die Bestellungen auszupacken und zu sortieren. Bücher, die direkt an Kunden herausgegeben wurden, legte sie ins Abholregal. Alle anderen verfrachtete sie in die richtigen Regale im Verkaufsbereich. Trotzdem versuchte sie sich nichts von ihrem Kummer anmerken zu lassen und begrüßte jeden Kunden, der den Laden betrat. Als sie Liam sah, stockte ihr der Atem.

„Jodie.“ Er hielt einen Strauß Blumen in der Hand. „Wir müssen reden, bitte.“

Die Angesprochene blickte zur Seite. „Ich…arbeite…“, murmelte sie leise.

„Dann warte ich eben. Oder du bittest deinen Boss, dass du heute frei machen kannst. Es geht schließlich um uns.“

Jodie zuckte zusammen. Uns… Gab es überhaupt ein uns? „Ich…“ Jodie biss sich auf die Unterlippe. Sollte sie ihm wieder nachgeben?

„Ist hier alles in Ordnung?“

Jodie blickte zu ihrem Chef. „Ja, Liam geht gleich wieder. Bitte entschuldigen Sie, er weiß natürlich, dass ich während der Arbeitszeit keine Zeit habe für Privatgespräche.“

„Es ist allerdings sehr dringend“, warf Liam ein. „Könnten Sie Jodie ausnahmsweise heute frei geben?“

Jodie sah Liam geschockt an. Wie konnte er einfach so für sie entscheiden? Gerade als Jodie etwas sagen wollte, stimmte ihr Boss zu. „Nehmen Sie sich heute den Tag frei. Dafür will ich Sie morgen umso motivierter sehen.“

„Das werden Sie“, entgegnete Liam und zog Jodie nach draußen.

Sie riss sich los. „Liam. Ich hab doch…“

„Ja, ich weiß“, kam es sofort von ihm. „Aber wir müssen wirklich miteinander reden. Ich wäre hier auch nicht aufgetaucht, wenn mich deine Nachbarn nicht immer wieder weggeschickt hätten.“

„Was?“ Jodie wusste nur von einem Mal. „Du warst bei mir zu Hause?“

Liam nickte. „Das war ich. Ich hab auch mehrfach versucht dich anzurufen, aber du bist nicht rangegangen. Lass uns bitte jetzt reden. Wir können zu mir gehen oder zu dir…oder wenn es dir lieber ist, in ein Café.“

„Ich hol meine Sachen. Du wartest hier“, murmelte Jodie leise und ging wieder rein. Sie betrat das Hinterzimmer und holte ihre Tasche. Dann kramte sie in dieser herum und suchte ihr Handy. Nanu? Hab ich es zu Hause liegen gelassen? Jodie seufzte leise auf. Sie hatte Angst vor dem Gespräch, große Angst, aber jetzt gab es kein Zurück mehr. Als sie sich bereit fühlte, kam sie nach draußen.

Liam blickte erleichtert auf. „Ich hatte schon Angst, dass du über den Hinterausgang verschwindest.“

„Lass uns gehen…in ein Café.“ Jodie wollte auf keinen Fall mit Liam alleine sein.

„Hier in der Nähe ist eines“, sagte er und ging neben ihr her. Sie traten ein und Liam suchte ihnen einen Platz. Er legte die Blumen auf den Tisch und setzte sich. „Danke, dass du mir die Chance gibst, dir alles zu erklären.“

Jodie fühlte sich immer noch unwohl und eigentlich war sie auch noch gar nicht dazu bereit gewesen. Hätte er sie nicht überrumpelt, wäre sicher alles anders gekommen. Wie sehr hatte sie sich vor zwei Tagen gewünscht, dass er vor ihrer Tür stand und seine Reue bekundete, aber jetzt überkam sie die Angst. „Du…du wolltest reden…also sag, was du zu sagen hast.“

„Jodie, ich…ich weiß, ich bin ein Arschloch und ich kann nicht wieder gut machen, was ich dir angetan habe, aber ich möchte es trotzdem versuchen.“

Die Kellnerin kam. „Was darf ich euch bringen?“

„Für mich einen Kaffee mit Milch“, entgegnete Liam.

„Ich nehm einen Tee“, antwortete Jodie. Sie wartete bis die Getränke kamen und blickte dann in ihre Tasse. „Wie…wie lange…geht das schon?“

Liam schluckte. Er hatte diese Frage gefürchtet, aber noch schlimmer war die Antwort, die er geben musste. „Ein paar Wochen.“

„Wochen…“, wisperte Jodie leise. Wochen. Es war also keine einmalige Sache. Und obwohl Jodie es schon geahnt hatte, schockierte sie die Wahrheit. Jodie kämpfte mit ihren Tränen. „Wieso? Wieso hast du…es getan? Hab ich…dir nicht gereicht?“

„Jodie, so war das nicht…“, antwortete Liam. „Ich war damals mit der ganzen Situation überfordert. Versteh das bitte nicht falsch, aber als du nach London gekommen bist, hatte ich Sorge, dass du dein Leben wegen mir wegwirfst. Und ich wollte nie, dass du dich nur auf mich fokussierst, deswegen habe ich vorgeschlagen, dass wir getrennt wohnen. Aber als es dann soweit war und ich mitbekommen habe, dass du dich gut mit den Nachbarn verstehst, bin ich eifersüchtig geworden. Und ich habe geglaubt, ich würde dich verlieren, aber irgendwie…ich konnte meine Gefühle nicht in Worte fassen. Ich konnte dir nicht sagen, dass ich dich nicht teilen möchte. Deswegen habe ich versucht so viel Zeit wie möglich mit dir zu verbringen und dir mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Du hast trotzdem noch viel mit den Nachbarn unternommen und irgendwas in mir…hatte Angst, dass du aufhörst mich zu lieben. Wir hatten unterschiedliche Tagesabläufe und du wurdest eigenständiger, was ich zwar gewollt habe, mir aber auch unfassbar viel Angst machte. Und dann kam Claudia…sie hat mit mir geflirtet und es hat mir geschmeichelt. Ich fühlte mich gut dabei. Ich hatte immer ein schlechtes Gewissen, und ich glaubte, es würde besser werden, wenn wir mehr Zeit miteinander verbringen. Allerdings…wir hatten uns dann auch noch gestritten.“ Er seufzte. „Ich hab es falsch verstanden. Ich wollte mich bei dir entschuldigen, und hab dann wieder diesen Akai bei dir gesehen. Ich war wütend und als Claudia dann in die Boutique kam…ich war einfach so wütend, verstehst du? Und dann ist es passiert.“

Jodie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. „Ich hab…das alles nur für dich getan. Du wolltest, dass ich mir eine eigene Wohnung suche. Also hab ich mir die Wohnung gesucht. Du wolltest auch, dass ich mich mit den Nachbarn anfreunde und nicht immer nur etwas mit dir mache. Das hab ich getan und jetzt sagst du mir, dass ausgerechnet das es war, weswegen du mich betrogen hast?“, fragte sie leise. „Hättest du mich nicht betrogen, wenn ich mich geweigert hätte, mir eine eigene Bleibe zu suchen?“

„Ich weiß es nicht“, antwortete Liam. „Vielleicht…wäre es mir dann zu eng geworden und ich hätte mich auch auf Claudia eingelassen. Es tut mir so leid, Jodie, ich liebe dich, wirklich. Und ich war auch froh, dass du hergekommen bist, aber zu der Zeit war ich noch nicht bereit, um mit dir zusammen zu leben. Ich glaube, ich war noch nicht bereit für unsere Beziehung…wir waren nur kurz zusammen und dann hatten wir eine Fernbeziehung. Es war zu viel für mich. Und ich hatte Angst, dass du es bereust, hergekommen zu sein. In den ersten Tagen haben wir uns selten gesehen, ich fühlte mich unter Druck gesetzt, dass ich mich um dich kümmern muss. Aber auch als wir getrennt wohnten, haben wir uns selten gesehen. Es war irgendwie ein Teufelskreis. Ich fühlte mich dadurch allerdings zurückgesetzt und als sie dann kam, ging es mir für den kurzen Augenblick besser.“ Liam atmete tief durch. „Ich wollte wirklich, dass es eine einmalige Sache blieb, aber…bei uns wurde es nicht besser und als sie wieder in die Boutique kam, ist es wieder passiert. Ich hab mehrfach versucht es zu beenden, aber ein Teil von mir konnte es nicht. Und ich wollte es dir auch sagen, aber ich wusste, dass ich dich nur damit verletzen würde. Deswegen habe ich irgendwann geschwiegen. Ich wollte nicht, dass du mich verlässt.“

„Mir ging es mit dem allen auch nicht gut“, murmelte Jodie. „Das hast du doch gewusst und trotzdem…“

Er griff nach ihren Händen. „Ich weiß, Jodie, wir haben beide Fehler gemacht. Wenn wir nur mehr über unsere Gefühle gesprochen hätten…“

Jodie zog ihre Hände weg. „Du sagtest…du warst mehrfach bei mir zu Hause…“

„Ja“, nickte er. „Ich bin dir nachgelaufen. Als ich bei deinem Wohnhaus ankam, hast du dich bereits von Akai trösten lassen und deswegen…bin ich wieder gegangen. Aber ich habe es bereut und bin wieder zurück. Als ich bei dir Klingeln wollte, kam er aus deiner Wohnung und…sagen wir es mal so, er schickte mich weg.“ Dass er dabei nicht gerade nett war und er nahezu nach draußen eskortiert wurde, verschwieg er. „Ich habe es erneut versucht, aber Elena hat nicht zugelassen, dass ich zu dir kann. Als ich es am Sonntag wieder versucht habe, hat mich Akai wieder vor die Tür gesetzt. Ich mag den Kerl nicht, ihr habt so viel gemeinsam und…ich weiß, du hast mir mehrfach versichert, dass er nur ein Nachbar ist…aber…“ Er seufzte. „Ich bin froh, dass er heute nicht in der Buchhandlung war.“

„Hast du dich…in den letzten Tagen wieder von ihr trösten lassen?“

„Jodie, das…“

„Liam, hast du sie in den letzten Tagen gesehen?“

Er schüttelte den Kopf. „Nein, ich war zu Hause und sie weiß nicht, wo ich wohne.“

Jodie schluchzte.

„Jodie?“

Sie saß schweigend da.

„Jodie? Bitte sag doch was. Die Stille ist…unangenehm.“

„Hast du…es beendet?“

„Ja, natürlich“, entgegnete er.

„Eben sagtest du, dass du die ganze Zeit zu Hause warst“, murmelte sie.

„Das stimmt. Aber ich musste noch meine Sachen aus dem Laden holen und meine Schicht beenden. Sie war noch dort, also hab ich es beendet. Ich habe…meiner Chefin auch schon eine Mail geschrieben, dass ich meine Schichten ändern muss.“

Jodie schluckte. „Wenn du…sie wiedersehen solltest, kannst du…kannst du ihr widerstehen? Kannst du es, auch wenn wir…uns streiten oder Probleme haben?“

„Was? Ja, natürlich. Das kann ich. Ich werde dir nicht noch einmal weh tun. Bitte, glaub mir das. Gib mir noch eine zweite Chance. Gib uns eine zweite Chance. Wir machen es jetzt anders. Es wird nicht wieder passieren. Ich verspreche es.“

Jodie war verunsichert. Konnte sie ihm tatsächlich glauben und vertrauen? Konnte sie ihm diese Chance geben? Sie biss sich auf die Unterlippe.

„Ich kann…auch mein Studium in New York fortführen. Wir müssen nicht hier bleiben. Wir gehen wieder nach Hause. Lass uns mit deinen Eltern darüber reden oder…“ Er räusperte sich. „Hast du ihnen schon von unseren…Problemen erzählt?“ Wusste Sharon auch bereits Bescheid?

„Shuichi und Elena sind die einzigen die davon wissen“, antwortete Jodie. „Glaubst du, dass die Rückkehr nach Hause es bessermacht?“, wollte sie wissen. „Es ist nicht nur diese Frau…es gibt überall Frauen, Frauen die dich attraktiv finden und mit dir flirten. Dabei ist es egal, ob du in London oder New York bist. Es kann immer irgendwo eine Frau geben und es kann immer passieren, dass es gerade nicht gut bei uns läuft. Ich möchte mir nicht jedes Mal Sorgen machen, dass du mich betrügst.“

„Was soll das heißen?“, wollte Liam wissen.

„Ich weiß nicht, ob ich dir verzeihen kann.“

Liam sah sie geschockt an. So hatte er sich den Ausgang des Gesprächs nicht vorgestellt. Egal welches Szenario er in seinem Kopf ablaufen ließ, Jodie kam immer zu ihm zurück.

„Im Augenblick möchte ich dich nicht sehen. Ich brauche Zeit für mich und muss nachdenken. Wenn es…nur ein einmaliger Ausrutscher gewesen wäre…vielleicht hätte ich dir das verzeihen können. Aber es war eine Affäre und du hast selbst gesagt, dass es sich gut anfühlte, begehrt zu werden. Was passiert, wenn es wieder bei uns kriselt? Wobei die Frage doch eher ist, wann kriselt es wieder bei uns. Wir sind jung und wir werden immer irgendeinen Grund haben, warum es gerade nicht gut läuft. Ich schaff es nicht, wenn ich jedes Mal Angst haben muss, dass du mich betrügst. Du hast selbst gesagt, dass wir beide Schuld daran hatten. Aber ich werde immer die Schuld bei mir suchen, auch wenn es nicht meine Schuld ist. Ich…“, sie brach ab.

„Jodie, was…was willst du mir damit sagen?“

Sie sah zu ihm. „Ich war so verliebt in dich und jetzt…bin ich enttäuscht von dir und…ich kann dir gerade jetzt nicht mehr vertrauen. Ich brauch Zeit um mir über einiges klar zu werden.“ Sie atmete tief durch. Es tat gut, diesen Gedanken auszusprechen und ihr wurde so einiges bewusst. „Ich glaube, wir sollten eine Pause machen.“

Pause! Alles in Liam verkrampfte sich. „Jodie, weißt du eigentlich, was du gerade sagst? Du willst eine Pause? Also willst du, dass wir uns trennen.“

Sie blickte nach unten und wischte sich die Tränen weg. „Liam, bitte, du kannst nicht erwarten, dass ich dir nach einigen Tagen verziehen hab. Also wenn du die Pause als Trennung verstehst…dann ist es eine Trennung.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Nickay
2022-04-27T21:13:31+00:00 27.04.2022 23:13
Thihi scheint so, als wollen alle, dass Liam Jodie fernbleibt.
Er betrügt sie und denkt, sobald er einen Kerl bei ihr sieht, dass sie es ebenso macht.
Trottel.
Ich wünschte nur, Shuichi hätte sie wirklich getröstet xDD
Ich würde mal sagen, das nennt sich Karma.
Ich würde es ja feiern, wenn Shuichi ihm eine so richtig verpasst *pfeif*
Antwort von:  Varlet
01.05.2022 14:38
Danke für deinen Kommentar,
ja, das stimmt schon, er hat ne gewisse Doppelmoral.
Hm wer weiß, vielleicht wird dein Wunsch ja in Erfüllung gehen


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