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Queen of the Clouds

von

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Der äußere Schein

Sie warf einen Blick in den Spiegel und betrachtete die weiße Bluse, die sie trug. Alles in allem wirkte ihr Outfit, welches noch aus einem etwa knielangen, engen schwarzen Rock und einfachen Lackpumps bestand zwar sehr seriös, aber auch genauso langweilig. Auch ihr Haar, welches sie inzwischen bis zu ihren Schultern hatte wachsen lassen und offen trug, wirkte brav und vermittelte den Anschein, sie könne kein Wässerchen trügen. Hikari seufzte. War das der Eindruck, den sie vermitteln wollte? Die Antwort war: Nein. Aber es war auf jeden Fall das Bild, welches sie nach außen hin verkörpern musste. Immer perfekt, immer anständig, immer seriös.

Ein Klopfen riss sie aus ihren Gedanken und als sie: „Herein.“, sagte, erschien kurz darauf ihr Fahrer in der Tür. Es war Zeit, aufzubrechen. Mit einem weiteren Seufzen schnappte sich die junge Frau ihre Tasche und ihren schwarz-weiß karierten Mantel und folgte dem Chauffeur in den Flur. Völlig in Gedanken versunken, tippte sie auf ihrem Handy herum und checkte dort bereits ihre Termine für den heutigen Tag. Uni bis 14 Uhr, danach direkt ein Businessmeeting in der Firma. Na super, wahrscheinlich würde sie wieder den ganzen Tag im Büro verbringen.

Yagami- Corporation war die Firma, die ihre Mutter vor einigen Jahren gegründet hatte. Sie produzierten Lebensmittel und handelten mit allem, was in diesem Bereich fiel. Mittlerweile war ihr Konzern so erfolgreich, dass sie Partnerschaften auf der ganzen Welt hatten und zu den top Firmen von Japan gehörten. Unter anderem gehörten zu ihren Tochterfirmen einige Restaurantketten, etliche Supermärkte und seit neustem erschlossen sie sogar den Social Media Bereich, in dem sie einige der bekanntesten YouTube Stars und deren Kochshows sponserten. Hikaris Mutter hatte sich mit ihren Ideen und Träumen von einer Hausfrau zu einer erfolgreichen Geschäftsfrau hochgearbeitet. Und die junge Frau bewunderte sie dafür über alle Maße.

Als der Fahrer ihr die Autotür öffnete und sie einstieg, erschrak sie leicht. „Guten Morgen Schwesterchen.“, begrüßte sie bereits ihr großer Bruder. Sie schaltete ihr Handy aus und steckte es zurück in ihre Tasche. „Wow, Taichi. Du bist ja mal eher da als ich. Das ich das nochmal erleben darf.“, scherzte sie, während sie sich neben ihn setzte und sich anschnallte. Der Ältere grinste sie an und zog die Sonnenbrille, die er trug, ein Stück nach unten, um sie über die Ränder hinweg anzusehen. „Es sollen noch Zeichen und Wunder geschehen.“, erwiderte er. Hikari warf ihm einen Blick zu und musterte ihn. Sein Hemd stand viel zu weit offen und seine Krawatte war unordentlich gebunden. Sie schüttelte leicht den Kopf, lehnte sich zu ihm hinüber und begann, den Knoten zu lösen, um ihn neu zu binden.

„Wenn Mimi hier übernachtet, solltet ihr etwas vorsichtiger sein. Mama hätte euch gestern fast erwischt.“, flüsterte Hikari ihrem Bruder zu. Dieser grinste sie nur vielsagend an. Mimi Tachikawa war Taichis Freundin, auch, wenn seine Eltern noch nichts von ihr wussten. Er hatte sie kennengelernt, weil sie einen eigenen Kochkanal auf YouTube hatte, den Yagami-Corporation finanzierte. Es war Liebe auf den ersten Blick gewesen und die beiden trafen sich bereits seit 2 Jahren. Doch dass er seinen Eltern noch immer nichts von ihr erzählt hatte, hatte einen sehr schwerwiegenden Grund: sie hatten bereits eine Frau für ihn ausgesucht. Ihr Name war Meiko Mochizuki.

Sie war die Tochter eines angesehen Diplomaten, der mit Taichis und Hikaris Vater zusammenarbeitete. Meiko war ein herzensguter Mensch. Sie war schön, freundlich und Taichi verstand sich sehr gut mit ihr, doch er liebte sie nicht. Und das wussten sie beide. Daher hatten sie beschlossen, nur Freunde zu bleiben und Meiko bestärkte ihn immer wieder, seinen Eltern endlich die Wahrheit über Mimi und ihn zu sagen. Doch Taichi hatte sich bisher einfach nicht getraut. Hikari hatte ihrem Bruder schon einige Male angedroht, dass wenn er es nicht bald tat, sie es für ihn in die Hand nehmen würde. Die junge Frau sah ihrem Bruder in die Augen, als sie sagte: „Ich möchte nur, dass du glücklich bist. Dass ihr beide glücklich seid.“ Sie ließ seine Krawatte, die nun ordentlich gebunden war, los und Taichi lehnte sich ein Stück zurück. „Ich weiß. Ich sage es ihnen auch bald, versprochen.“, erwiderte er. Als ihr Fahrer einstieg, schwiegen sie, er sollte von ihrem Gespräch lieber nichts mitbekommen.

Als sie auf dem Parkplatz der Uni hielten, sah Hikari noch einmal auf ihr Handy und ihren Terminkalender. „Musst du heute ins Büro?“, fragte ihr Bruder, der versuchte, unauffällig auf ihr Telefon zu schielen. Sie nickte. „Leider. Ich werde wahrscheinlich auch erst spät zuhause sein. Wir haben heute ein  Meeting mit den Motomiyas.“ Als Hikari diesen Namen sagte, fing Taichi an zu grinsen. „Ein Meeting, oder ein Meeting?“, fragte er und sah sie an. Beim zweiten Wort formten seine Finger Gänsefüßchen in der Luft und seine Augenbrauen hoben sich. Hikari sah ihn an und verdrehte die Augen. „Nein, es ist ein Businessmeeting. Glaub es oder nicht, es gibt auch noch Menschen, die ihre Finger bei sich behalten können.“ Mit diesen Worten schnappte sie sich ihre Sachen und stieg aus, als ihr der Fahrer die Tür öffnete.

Den Motomiyas gehörten einige Restaurants, die von Yagami-Corporations aufgekauft wurden. Im Moment besprachen sie grade, wie sie expandieren und ihre Partnerschaft erweitern konnten. Sie gehörten ebenfalls zu einer sehr erfolgreichen Familie und ihr Sohn, Daisuke, war in Hikaris Alter. Und er war außerdem ihr Freund. Es war eigentlich ein Arrangement, welches ihre Eltern eingefädelt hatten, doch die beiden verstanden sich gut und Hikari mochte Daisuke, daher hatte sie sich gerne mit ihm verabredet. Außerdem wusste sie, dass es gut für ihre Familie war, mit ihm zusammen zu sein. Also gab es, aus ihrer Sicht, nichts schlechtes an dieser Beziehung.

Einen Moment lang überlegte die junge Frau, ohne ihren Bruder in das Gebäude zu gehen, doch dann entschied sie sich, doch auf ihn zu warten. Ihr Blick schweifte über den Campus, wo sie einige bekannte Gesichter sah. Sie belegte jetzt im 3. Semester BWL an dieser Uni. Sie war sehr exklusiv und die Aufnahmekriterien extrem streng. Hikari bezeichnete sie heimlich gerne als Eliteuni für die Superreichen. Aufgenommen wurde nur, wer von gutem Stand war oder wer das nötige Geld dafür hatte. Oder, wer ein Stipendium besaß, aber das hatten hier die Wenigsten. Die Absolventen der Uni wurden alle ausnahmslos Führungspersönlichkeiten, hochranginge Politiker, weltbekannte Stars oder welche erfolgreiche Position sie auch immer haben wollten. Daher hatten die Eltern der Yagami Geschwister auch darauf bestanden, dass sie beide hier studierten. Hikari BWL und Taichi Politikwissenschaften. 

Als sie wartete, spürte sie plötzlich, wie jemand neben sie trat und seinen Arm um ihre Schultern legte. Im ersten Moment dachte sie, es sei ihr Bruder, doch als sie sich zur Seite drehte, erkannte sie eine andere braune Mähne, als die von Taichi. „Guten Morgen, wo guckst du denn so gedankenverloren hin?“, fragte Daisuke und grinste sie an. Hikari schob seinen Arm von ihrer Schulter und stellte sich vor ihn. „Dir auch einen guten Morgen. Ich habe eigentlich auf meinen Bruder gewartet. Aber der hat mich scheinbar stehen gelassen.“, antwortete sie. Jetzt lehnte sich der junge Mann vor und legte seine Hände an ihre Wangen, um sie zu sich zu ziehen. „Dann musst du wohl mit mir vorlieb nehmen.“ „Damit kann ich leben.“, antwortete sie und ließ es zu, dass er ihr einen Kuss gab.

Daisuke schob seine Finger zwischen Hikaris und verschränkte sie miteinander. Hand in Hand betraten sie das Gebäude der Universität und gingen in Richtung ihres Hörsaals. „Heute wird ein langer Tag.“, seufzte Daisuke und sah auf seinen Terminkalender. „Hmh.“, stimmte ihm Hikari zu und sah ebenfalls auf ihr Telefon. Daher bemerkte sie auch nicht, dass vor ihr im Gang jemand mit dem Rücken zu ihr stand, den sie nun mit voller Wucht anrempelte. Und weil dieser Jemand einen guten Kopf größer und stabiler gebaut war, als die zierliche Hikari, ging sie zugleich zu Boden und fiel unsanft auf ihr Gesäß.

„Autsch…“, sagte sie und rieb sich die Stelle an der Stirn, wo sie gegen die Person gelaufen war. Jedenfalls dachte sie, dass es ein Mensch war, gegen den sie gestoßen war, angefühlt hatte es sich wie eine Wand. Bestand der Körper der Person etwa aus Stein? Ihr Blick ging in die Richtung, aus der sie grade zu Boden gegangen war und dort entdeckte sie, dass sich ihr bereits eine Hand entgegen streckte. „Alles in Ordnung?“, fragte eine tiefe, melodische Stimme. Ihr stockte der Atem. Sie war tatsächlich mit einem Menschen zusammengestoßen. Und mit was für einem.

Sie ergriff seine Hand und ließ sich von ihm hochhelfen. „Ja, danke. Entschuldige bitte, ich habe nicht aufgepasst.“, sagte sie mit etwas zittriger Stimme und starrte den Fremden vor sich fasziniert an. Er trug ein weißes Hemd und eine dunkele Anzughose, dazu eine grüne Krawatte. Seine Ärmel waren hochgekrempelt und gaben einen Vorgeschmack auf seinen trainierten Bizeps preis. Generell wirkte er sehr gut gebaut, was auch erklärte, warum er sich beim Aufprall so hart angefühlt hatte. Bei diesem Gedanken errötete Hikari leicht. Ihr Gegenüber kam einen Schritt näher und musterte sie besorgt. „Ist wirklich alles in Ordnung? Du siehst aus, als wäre dir schwindelig.“, sagte er. Seine blauen Augen fixierten sie und schienen sie regelrecht zu durchbohren.

Schnell schüttelte Hikari den Kopf. „Nein, es ist alles okay. Wirklich.“, versicherte sie. Ihr Gegenüber fuhr sich mit der Hand durch das kurze blonde Haar und trat dann einen Schritt zurück. So richtig überzeugt schien er noch nicht. Da vernahmen die beiden plötzlich ein Räuspern neben sich. „Du bist neu hier, oder? Ich bin Daisuke Motomiya.“ Der braunhaarige stellte sich dicht neben seine Freundin und streckte dem anderen seine Hand entgegen. Einen Moment sah dieser ihm prüfend in die Augen, dann erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht und er ergriff sie, als er antwortete: „Freut mich. Mein Name ist Takeru Takaishi. Ja ich bin neu. Und du bist?“ Sein Blick ging zu der jungen Frau, die ihn angerempelt hatte. „Hikari Yagami.“, sagte sie. In Takerus Augen schien für einen kurzen Moment etwas aufzublitzen, doch es war bereits so schnell wieder verschwunden, dass Hikari glaubte, es sich nur eingebildet zu haben. Sein Lächeln jagte ihr eine Gänsehaut ein, als er erwiderte: „Sehr erfreut, Hikari Yagami.“

 

Tagträume

„Sag mal, kanntest du den?“ Sie waren bereits um die nächste Ecke gebogen, als Daisuke sie mit seiner Frage aus ihren Gedanken riss. „Was? Nein, wie kommst du darauf?“, gab Hikari zurück und fühlte sich ertappt. Eigentlich hatte sie gar nicht an Takeru Takaishi denken wollen, doch irgendwie ging ihr dieser gut aussehende Neuling nicht mehr aus dem Kopf. „Weiß nicht, er hat dich so komisch angeschaut, als ob ihr euch kennt.“, antwortete Daisuke. In seiner Stimme schwang Missmut. Erst jetzt bemerkte Hikari, dass er, seit sie Takeru begegnet waren, seinen Arm demonstrativ um sie gelegt hatte. Unbehagen breitete sich in ihr aus und am liebsten hätte sie sich, nun, da sie es registriert hatte, aus seiner Umklammerung gelöst.

Doch sie wusste, dass die Gefahr bestand, dass er dies vielleicht falsch auffassen könnte. Eigentlich war Daisuke ein wirklich lieber Kerl. Er war witzig, großzügig, loyal und sehr liebevoll. Aber er konnte auch besitzergreifend und eifersüchtig werden. Hikari versuchte immer, ihm so wenig Anlass wie möglich dafür zu bieten, doch in manchen Situationen, so wie eben, zeigte er anderen Männern gerne, dass sie zu ihm gehörte. Es war anstrengend und belastend. Sie hatte schon oft versucht, mit ihm darüber zu sprechen, doch meist antwortete er nur: „Ich möchte nur, dass alle wissen, dass sie keine Chance bei dir haben. Das ist meine Art zu zeigen, wie sehr ich dich liebe.“ Und mehr gab es für ihn dann auch nicht zu besprechen. Also ertrug sie solche kleinen Demonstrationen seiner „Liebe“ meist nur noch stillschweigend und nahm sie hin.

Während ihrer Vorlesung schweiften ihre Gedanken immer wieder zu Takeru. Sie konnte nichts dagegen tun, er hatte sie einfach umgehauen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Sie dachte daran, wie er sie mit seinen blauen Augen fixiert hatte. Ihre Farbe war so intensiv, wie das Meer an einem Sommertag. Und seine Haare… wie gerne hätte sie einfach die Hand ausgestreckt und wäre mit ihren Fingern durch seine Haar gefahren, um herauszufinden, ob sie sich genauso weich anfühlten, wie sie aussahen. Ein verträumtes Seufzen entfuhr ihr. Sie dachte an den melodischen Klang seiner Stimme, als er ihren Namen gesagt hatte: „Sehr erfreut, Hikari Yagami.“

„Hikari Yagami.“ Ein Schnipsen, direkt vor ihrem Gesicht ließ sie unsanft in die Wirklichkeit zurückkehren. Es war Daisuke, der nun mit der Hand vor ihrem Gesicht rumwedelte. „Sag mal, ist alles okay bei dir? Du scheinst mir heute schon den ganzen Tag irgendwie nicht richtig anwesend zu sein.“, sagte er und wirkte etwas besorgt. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass die Vorlesung bereits zu Ende war und sich die meisten Studenten schon nach draußen begaben. Oh Gott, sie konnte Daisuke doch nicht sagen, von wem sie grade geträumt hatte… Schnell setzte sie ein Lächeln auf und sagte daher: „Ich hab einfach schlecht geschlafen, ich bin nur müde, das ist alles.“ Sie erhob sich von ihrem Platz, nahm ihre Tasche und packte ihre Sachen hastig hinein. Dann drehte sie sich zu ihrem Freund um und sah ihn prüfend an. Doch er zuckte nur mit den Schultern und nahm sich ebenfalls sein Zeug. „Na gut, aber du musst besser auf dich achten. Überarbeite dich nicht.“ Sie nickte und folgte ihm dann aus dem Hörsaal.

„Hikariiiiiii.“ Als sie den Saal verließen, wurde sie bereits freudig von jemandem umarmt. Es war Miyako, ihre beste Freundin und die Tochter der Inoue Handelskette, mit der Yagami-Corporation seit gut 5 Jahren zusammenarbeitete. So hatten sich die beiden Mädchen damals auch kennengelernt und waren, trotz ihres unterschiedlichen Charakters, beste Freundinnen geworden. „Hallo Miyako.“, lachte Hikari und erwiderte die Umarmung. „Warum warst du denn gar nicht in der Vorlesung?“, fragte sie. Da Miyako, trotz ihres jungen Alters bereits CEO der Inoue Handelskette war, lag es nahe, dass auch sie, genau wie Hikari und Daisuke, BWL studierte.

Die junge Frau mit den lila farbenen Haaren und der Brille grinste ihre beste Freundin an und winkte einen jungen Mann mit schwarzen Haaren zu sich heran. „Ken und ich hatten heute einen Termin, wegen der Hochzeit.“, sagte sie fröhlich und hakte sich bei ihrem Verlobten unter. Ken Ichijouji, Sohn des Polizeichefs von Tokio, der ebenfalls Kriminologie studierte, um eines Tages in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, sah etwas verlegen aus, als er sagte: „Hallo Hikari. Wo ist denn Daisuke? Ich muss noch etwas mit ihm besprechen.“ Hikari sah sich suchend nach ihrem Freund um. Ja stimmt, wo war eigentlich Daisuke? Er war eben noch genau vor ihr hergelaufen. Sie sah Ken entschuldigend an, als sie antwortete: „Wahrscheinlich ist er in die Cafeteria gegangen, um sich etwas zu essen zu holen. Wolltest du ihn etwas wegen seines Trauzeugenamtes fragen?“

Ken nickte und sagte dann seufzend: „Ich mache mich mal auf die Suche nach ihm.“ Mit einem Winken verabschiedete er sich von den beiden jungen Frauen. Hikari drehte sich zu Miyako und grinste ihr verschwörerisch zu. „Also, ich hole heute Abend dein Kleid ab und bringe es morgen in die Reinigung.“, sagte sie und Miyako quietschte sogleich verzückt auf. „Du bist die allerbeste Trauzeugin auf der Welt!“, rief sie und zog Hikari in ihre Arme. Diese konnte zur Erwiderung nur lachen. „Ich verspreche dir, wenn es bei Daisuke und dir mal soweit ist, dann werden Ken und ich genauso für euch da sein, wir ihr jetzt für uns!“ Bei Miyakos Worten zuckte die Brünette kaum merklich zusammen. Zwar hatten ihre Eltern schon oft übers heiraten gesprochen, doch Hikari war sich noch gar nicht sicher, ob sie überhaupt schon bereit für eine Ehe war. Und dann auch noch mit Daisuke.

Doch das konnte sie niemandem sagen. Für alle anderen stand außer Frage, dass sie eines Tages den Namen Motomiya annehmen würde. Vor allem für ihre Mutter. Und die wollte sie auf keinen Fall enttäuschen. Also lächelte sie ihre Freundin nur an und drückte ihre Hand. Ob mit Daisuke an ihrer Seite, oder nicht. Sie war dankbar, dass Miyako da war. Und wenigstens das konnte sie ihr zeigen. Doch sie wusste auch, dass wenn sie offen über ihre Sorgen mit ihr sprach, die kleine perfekte Welt ihrer besten Freundin zusammenbrechen würde. Immerhin waren nicht nur die beiden jungen Frauen eng miteinander verbunden, sondern auch ihre Partner. Miyako hatte Ken erst durch Daisuke kennengelernt. Die beiden Männer kannten sich vom Fußball und waren seit der Kindheit beste Freunde. Und als sie Ken vor 2 Jahren das erste Mal gesehen hatte, war es gleich um Miyako geschehen gewesen. Und auch wenn Ken wesentlich länger gebraucht hatte um zu begreifen, was er für sie empfand, konnten die beiden jetzt nicht mehr ohne einander sein.

Hikari überlegte bereits, wie sie geschickt auf ein anderes Thema lenken konnte, doch das war gar nicht mehr nötig, denn in diesem Moment tippte ihre beste Freundin ihr energisch gegen die Schulter und bedeutete ihr, sich umzudrehen. „Wow, wer ist denn dieser heiße Kerl?“, schwärmte sie. Auch, wenn sie bereits bald heiraten würde, einen gut aussehenden Mann auch als diesen zu benennen, ließ sich Miyako trotzdem nicht nehmen. Hikari wollte sich unauffällig umdrehen, auch, wenn das bei der Reaktion ihrer Freundin eigentlich gar nicht mehr möglich war.

Im Nachhinein fragte sie sich, wie sie es immer schaffte, sich in solche Situationen zu bringen. Doch noch in der Drehbewegung merkte die junge Frau, dass sie das Gleichgewicht verlor und zum zweiten Mal an diesem Tag fand sie sich auf dem Boden liegend vor. „Du liebe Güte.“, hörte sie Miyako rufen. Doch noch bevor ihre Freundin bei ihr war, kniete bereits jemand anderes neben ihr und ein melodisches Lachen drang an ihre Ohren. Hikari hob ihren Kopf und blickte direkt in die blauen Augen von Takeru. Verlegen starrte sie ihn an. Konnte es noch peinlicher werden? Er hielt ihr, wie schon am Morgen, seine Hand hin, um ihr aufzuhelfen. Als sie sie ergriff, lehnte er sich ein Stück nach vorne und raunte ihr so leise, dass nur sie es hören konnte, zu: „Jetzt liegst du mir ja schon wieder zu Füßen. Pass auf, sonst gewöhne ich mich noch an den Anblick.“

Hikari rief knallrot an, doch ihr blieb keine Zeit, etwas zu erwidern, denn Takeru hatte ihr bereits wieder auf die Beine geholfen und war mit einem Grinsen auf dem Gesicht weitergezogen. „Oh man, der sieht aber gut aus.“, sagte Miyako noch einmal und sah dem blonden Neuling hinterher. Zu Hikaris Erleichterung, denn so sah ihre Freundin nicht die verräterische Färbung, die ihre Wangen angenommen hatten. Ja, er sah gut aus. Und er schien das genau zu wissen. Dieser Arsch, dachte Hikari. Doch bevor sie sich noch weiter mit Takeru befassen konnte, hörte sie, wie Miyako freudig nach ihrem Verlobten rief: „Keeeeen, hier drüben sind wir.“ „Ich glaube, dass er das weiß, wir stehen immerhin noch genau da, wo wir vorhin auch standen.“, seufzte Hikari und schmunzelte. Manchmal war Miyako wirklich eine Nummer für sich.

Zusammentreffen

Hikari sah auf die Uhr. Das Meeting ging nun bereits fast 3 Stunden. Ihr entfuhr ein leises Seufzen. Wenn sie nicht bald Schluss machten, würde sie es heute nicht mehr schafften, Miyakos Kleid noch abzuholen. „Und darum bin ich der Meinung, wir sollten uns in diesem Jahr stärker auf diese Zahlen fokussieren. Ich habe Ihnen bereits eine Datei zukommen lassen, in der Sie alles Nötige dazu nachlesen können.“, schloss Koushiro seine Präsentation. Hikari tippte auf ihrem Laptop herum und entdeckte die erwähnten Dokumente in ihrem Postfach. Der Absender war Izumi- IT-Systems. Koushiro war ein guter Freund von Taichi, den er von der Uni kannte. Er studierte dort IT-Management, hatte aber bereits seine eigene Firma und genoss einen außerordentlich guten Ruf. Daher hatte Hikari vorgeschlagen, ihn für das Projekt als Berater mit hinzu zu ziehen und bis jetzt bereute keiner der Involvierten diesen Schritt.

„Danke Koushiro. Ich denke, das war es dann auch für heute. Ich lasse allen den Termin für das nächste Treffen zukommen. Vielen Dank.“ Die Anwesenden begannen, sich leise zu unterhalten, während sie ihre Sachen zusammenpackten. Auch Hikari fuhr ihren Laptop herunter und klappte ihn zu. Ihr Kopf schmerzte bereits seit einer geraumen Zeit und sie begann, sich mit dem Zeigefinger über die Schläfe zu streichen. „Du solltest dich ausruhen.“, vernahm sie Daisuke hinter sich und öffnete die Augen, die sie bis grade noch geschlossen gehalten hatte, wieder. Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, als er an sie herantrat und ihr sanft die Hände auf die Schultern legte.

Ihre Hand fand die seine und sie zog ihn ein Stück zu sich herunter, um ihm einen Kuss zu geben. „Ich passe schon auf mich auf, versprochen.“, sagte sie, als sie sich von ihm löste. Dann stand sie auf und nahm sich ihre Sachen. „Wo gehst du hin?“, fragte Daisuke und folgte ihr aus dem Konferenzraum. „Ich dachte, wir machen uns noch einen ruhigen Abend zu zweit.“ Er griff nach ihrer Hand und wollte sie zum Stehenbleiben bewegen, doch Hikari hielt nur kurz an und gab ihm noch einen raschen Kuss, ehe sie ihre Hand aus seiner befreite und sich wieder in Bewegung setzte. „Das hört sich wunderbar an, aber auf mich warten Trauzeuginnenaufgaben.“, sagte sie noch im Gehen und ließ ihren enttäuschten Freund zurück.

Es war bereits dunkel, als sie bei der kleinen Boutique ankam. Sie bedankte sich bei ihrem Fahrer, der ihr die Tür aufhielt und sagte ihm, dass er nicht auf sie zu warten brauche und sie sich bei ihm melden würde, wenn sie soweit war. Als sie das Geschäft betrat, war außer ihr noch eine weitere Kundin anwesend. „Ich finde, diese Bluse passt einfach perfekt dazu. Ich kann sie Ihnen auf Maß anfertigen, wenn Sie möchten. Wir können gerne einen Termin für alles machen, passt ihnen morgen um halb 12?“ Die junge Frau hinter dem Verkaufstresen notierte sich noch ein paar Details auf die Zustimmung der Kundin und verabschiedete sie daraufhin mit den Worten: „Also dann, bis morgen.“

Als die Frau das Geschäft verlassen hatte, verschloss die Verkäuferin den Laden hinter ihr und trat auf ihre Freundin zu. „Hallo Sora, schön dich zu sehen.“, begrüßte Hikari sie und nahm sie in die Arme. Diese erwiderte die Begrüßung und antwortete: „Oh ja, vor allem ist es schön, mal jemanden in meinem Alter zu sehen. Heute waren gefühlt nur alte Menschen hier.“ Hikari musste über ihren Kommentar kichern. Sora war so alt wie Taichi und studierte Modedesign, doch sie war, was man umgangssprachlich eine alte Seele nannte. Sie war viel reifer und erwachsener, als die meisten 24 Jährigen, was ihre Aussage über ältere Menschen, aus Hikaris Sicht, sehr sonderbar wirken ließ.

„Du kommst sicher, um Miyakos Kleid abzuholen, oder?“, fragte die Rothaarige nun, als sie bereits in Richtung Hinterzimmer ging, in das ihr die Jüngere folgte. „Ja stimmt, sie freut sich schon tierisch drauf. Wenn es in der Reinigung war, gibt es nächste Woche noch einmal eine letzte Anprobe bei mir. Sie möchte, dass du dann auch dabei bist.“, erwiderte Hikari. Sie zog ihren Mantel aus und hängte ihn an den Kleiderhaken. „Aber klar doch, immerhin ist es mein Meisterstück, was Miyako zu ihrer Hochzeit tragen wird. Da möchte ich doch dabei sein, wenn sie es allen präsentiert.“ Sora schenkte sich und Hikari ein Glas Wasser ein und reichte es ihrem Gegenüber. Diese nahm es dankend an. „Ein echtes Takenouchi, das trägt auch nicht jeder.“, sagte Hikari und erhob ihr Glas.

Sora und ihre Mutter hatten vor einigen Jahren gemeinsam ein Label für Designermode gegründet. Zu ihrem Kundenkreis gehörten nur die reichsten der Reichen und alle ihre Anfertigungen waren Einzelstücke. Auch Hikari besaß einige von Soras Kleidungsstücken, wie ihren über alles geliebten Mantel. Als Miyako verkündet hatte, dass sie heiraten würde, war für sie niemand anderes in Frage gekommen, um ihr Hochzeitskleid anzufertigen. Und für die junge Designerin war es eine große Ehre, dass man ihr so viel Vertrauen entgegen brachte. „Ich habe auch dein Kleid fertig. Möchtest du es heute auch schon mitnehmen?“, fragte Sora und sah Hikari erwartungsvoll an. Diese strahlte ihre Freundin an und nickte eifrig zur Bestätigung.

Sie begannen, sich über dies und jenes zu unterhalten, als ein Klingeln sie unterbrach. „Ishida?“, meldete sich Sora am Telefon. Hikari zuckte leicht zusammen. Sie vergaß oft, dass Sora mittlerweile diesen Namen trug. Vor etwa einem Jahr hatte sie geheiratet, ihre große Liebe, Yamato Ishida. Und den Namen zu hören löste bei Hikari noch immer eine Gänsehaut aus. Es war nicht so, dass sie Soras Mann nicht mochte, eigentlich war er wirklich nett. Er studierte ebenfalls an ihrer Uni, Journalismus. Er war ein eher stiller, nachdenklicher Typ. Doch wenn er seine Gitarre in die Hand nahm und begann zu singen, verwandelte er sich in einen ganz anderen Menschen. Und das wichtigste war: Er machte Sora glücklich.

Nein, an Yamato lag es nicht, dass ihr der Name Ishida so ein Unbehagen bereitete. Sondern an seiner Familie. Ihnen gehörte die Ishida- Media Group, der unter anderem eine Zeitung, mehrere Onlinemagazine und sogar ein Fernsehsender unterstanden. Ihr Leiter war Yamatos Vater und gegen seine Wünsche, eigentlich Musiker zu sein, war Yamato ihr CEO. Ishida-Media Group ließ keine Gelegenheit aus, über Klatsch und Tratsch der erfolgreichsten Familien und Konzerne zu berichten und dachte sich auch gerne mal Fake-News aus. Und oft betraf es Yagami-Corporation. Sora hatte Hikari einmal erklärt, dass Yamato nichts dafür konnte und eigentlich gar nicht für seine Familie arbeiten wollte, doch es fiel ihr trotzdem manchmal schwer, privates und geschäftliches zu trennen.

„Nein ist gut, dann weiß ich Bescheid. Bis später.“ Sora beendete ihr Telefonat und legte das Handy zur Seite. Sie sah Hikari entschuldigend an, die ihr zulächelte. „Also, soll ich die Kleider holen?“, fragte die Ältere und stand bereits auf. „Oh ja, bitte.“ Als Sora mit zwei Kleidersäcken zurückkam, ließ Hikari ihre Finger ehrfürchtig darüber gleiten. „Ich bin schon so gespannt, wie ihr beide sie finden werdet.“ „Wenn die Kleider genauso sind, wie deine Entwürfe, dann sind sie wahrscheinlich absolut umwerfend!“, schwärmte Hikari. Bisher hatte sie das Resultat der Arbeit noch nicht an, Sora hatte die Absteckarbeiten immer einzeln gemacht und das Kleid dann alleine fertiggestellt. Das Ergebnis sollten die Braut und ihre Trauzeugin dann gemeinsam mit all ihren Freundinnen bei Hikari sehen. Doch bei Soras Fähigkeiten hatte niemand Zweifel, dass die Kleider einfach perfekt werden würden.

„Ich mache mich dann auch mal langsam auf den Heimweg. Der Tag war so lang und ich bin wirklich müde.“ Hikari erhob sich und zog ihren Mantel an. Dann umarmte sie ihre Freundin und ließ sich mit den Kleidersäcken helfen. An der Tür sagte Sora noch zu ihr: „Wir sehen uns dann spätestens nächste Woche bei dir.“ Hikari lächelte ihr nur zu, statt zu winken, da sie beide Hände voll hatte und verließ Soras Geschäft. Draußen angekommen, nahm sie einen tiefen Atemzug. Die pochenden Kopfschmerzen, die sie seit dem Mittag verspürte, waren nicht weniger geworden und die frische Luft tat wirklich gut. Sie ging ein paar Schritte die Straße herunter, um noch etwas Sauerstoff zu tanken. Die Erschöpfung breitete sich nun schlagartig aus und sie verspürte ein leichtes Schwindelgefühl. Als sie den nächsten Schritt machte, taumelte sie etwas.

„Na hoppla. Also so langsam werden unsere Zusammentreffen ja schon zur Gewohnheit.“, vernahm sie hinter sich eine Stimme. Ihr war im ersten Moment gar nicht aufgefallen, dass sie mit jemandem zusammengestoßen war, doch als sie sich nun umdrehte, war es ausgerechnet Takeru Takaishi, der sie angrinste. Doch als er ihr ins Gesicht sah, verschwand sofort jegliche Belustigung aus seiner Miene und er musterte sie besorgt. „Du siehst aber gar nicht gut aus.“, stellte er fest und legte seine Hände auf ihre Oberarme, um sie zu stützen. Dann hob er den Kopf und sah sich um. Als er entdeckte, wonach er gesucht hatte, sagte er: „Komm, da vorne ist eine Bank. Du solltest dich wirklich hinsetzen.“ Ohne ein Wort zu sagen, ließ sie sich von ihm begleiten.

Das Sitzen tat gut und nach einer Weile ebbte der Schwindel ab. „Danke.“, sagte Hikari und drehte ihren Kopf, um Takeru, der neben ihr saß, anschauen zu können. Auch er sah sie an und musterte sie eingehend. Dann fragte er: „Hast du sowas häufiger?“ Hikari wollte eigentlich direkt verneinen, immerhin kannte sie ihn kaum. Doch aus irgendeinem Grund veranlasste sie ein Blick in Takerus Augen dazu, ihm die Wahrheit sagen zu wollen. Also war sie ehrlich. „Wenn ich mich überanstrenge, so wie heute, kommt das manchmal vor.“, sagte sie.

Gleich würde er ihr, wie alle anderen auch sagen, dass sie besser auf sich acht geben musste. Dass sie sich ausruhen und nicht überarbeiten solle. Er würde diese sorgenvolle Miene, die alle immer bekamen, aufsetzen und sie versuchen, zu bemuttern. Doch zu ihrer Überraschung lächelte Takeru sie an, als er fragte: „Hast du Hunger?“ Perplex starrte sie ihn an. Er fragte sie, ob sie Hunger hatte? Mehr nicht? Da begann Hikari plötzlich zu kichern. Und nun war es Takeru, der sie überrascht ansah. „Oh, war meine Frage so lustig?“, fragte er und stimmte in ihr Lachen mit ein. Er konnte nichts dagegen tun. Es war einfach ansteckend.

Als Hikari sich wieder einigermaßen eingekriegt hatte, antwortete sie: „Nein lustig war deine Frage nicht, nur erfrischend. Ja, ich habe Hunger. Und was für welchen.“ Takeru grinste sie an. „Dann weiß ich genau das Richtige für uns beide.“ Er stand auf und streckte ihr seine Hand entgegen, die sie ergriff.

Verrate mir deine Geheimnisse

„Was schleppst du da eigentlich mit dir rum? Sag mir nicht, dass du noch einen Mord begehen willst und darin die Leichen abtransportieren wolltest.“ Takeru griff sich eine Pommes und schob sie in den Mund. Sie saßen in seinem Auto auf dem Parkplatz eines Schnellimbisses und aßen ihr Essen. Hikari sah zu den beiden Kleidersäcken, die auf den Rücksitzen lagen und dann wieder zu dem jungen Mann, neben sich. „Erwischt, aber sag es keinem, sonst ist mein perfekter Plan hinüber.“, erwiderte sie und nahm einen Schluck von ihrer Cola. Takeru lachte kurz auf, dann sagte er: „Ich könnte ja dein Komplize werden, dann muss ich dich nicht ausliefern.“ Hikari hob ihre Augenbrauen, dann fragte sie: „Wer sagt denn, dass du nicht mein erstes Opfer bist?“ Daraufhin beugte sich der junge Mann ein Stück zu ihr herüber und sah ihr in die braunen Augen. Hikaris Herz begann unwillkürlich, schneller zu schlagen. „Dafür sehe ich viel zu gut aus. Als Partner mache ich mich besser.“, sagte er.

Einen Moment sah er sie noch an, dann lachte er erneut und lehnte sich wieder zurück. „Oder du sagst mir, was da wirklich drin ist.“, fügte er hinzu. Hikari atmete die Luft, die sie unwillkürlich angehalten hatte, wieder aus. Dann nahm sie noch schnell einen Schluck Cola, ehe sie antwortete: „Ein Hochzeitskleid und ein Brautjungfernkleid.“ „Dein Hochzeitskleid?“, fragte Takeru und bei seinem Tonfall sah Hikari ihm wieder in die Augen. „Nein.“, antwortete sie und sah ihn weiter prüfend an. Täuschte sie sich, oder hatte sie, bei diesem kleinen Wort so etwas wie Erleichterung bei ihm gesehen? Aber in diesem Moment wandte Takeru auch schon sein Gesicht ab und nahm sich noch eine Pommes.

„Wessen Hochzeit ist es denn?“, fragte er nach einer Weile. „Von meiner besten Freundin Miyako. Sie war heute mit mir auf dem Flur.“ „Ah und daher auch das Brautjungfernkleid?“, schloss Takeru. Hikari nickte. „Ich bin sogar ihre Trauzeugin.“, verkündete sie stolz. Bei ihren Worten musste er schmunzeln. Er kam nicht umhin zu bemerken, dass sie wirklich süß war, vor allem, wenn sie so verträumt dreinschaute. Takerus Blick ging noch einmal zu den Kleidern. „Und wird dein Freund dich zu der Hochzeit begleiten?“, fragte er, ohne sie anzusehen. Hikari, die sich grade eine Pommes in den Mund geschoben hatte, verschluckte sich bei seinen Worten leicht daran.

„Was?“, brachte sie zwischen dem Husten hervor und nahm einen Schluck zu trinken, um die Pommes herunter zu spülen. Sein plötzliches Interesse an Daisuke hatte sie sichtlich überrascht. Takeru drehte seinen Kopf in ihre Richtung und sah sie nun wieder an, als er sagte: „Dein Freund, der, der heute auf dem Flur war. Der kommt doch sicher mit, oder?“ Sie konnte seinen Tonfall nicht richtig einordnen. Wirkte er interessiert? Aber es schwang auch schon fast so etwas wie Gereiztheit mit darin. Auf jeden Fall verunsicherte sein intensiver und durchdringender Blick Hikari. Es wirkte fast so, als wolle er mit seinen bloßen Augen alle ihre Geheimnisse offen legen.

Vorsichtig nickte sie, ehe sie sagte: „Ja, Daisuke wird auch da sein. Er ist der Trauzeuge des Bräutigams.“ Sie bemerkte, wie bei ihren Worten etwas in seinen Augen aufblitzte. Er hatte sie doch ganz direkt nach ihrem Freund gefragt, warum hatte sie ihm nicht bestätigt, dass Daisuke ihr Partner war? Vielleicht war ihm ihre Wortwahl aber auch gar nicht aufgefallen. Doch Takeru lehnte sich ein Stück zu ihr, weiterhin den Blick auf sie gerichtet und sagte: „Dann ist es natürlich logisch, dass Daisuke auch da sein wird.“ Hikari schluckte schwer. So wie Takeru seinen Namen betonte, war ihm ihre Wortwahl sehr wohl aufgefallen, denn nun nannte nicht einmal er ihn mehr ihren Freund. Sie überlegte fieberhaft, wie sie die Situation retten konnte, was sie erwidern konnte. Aber da legte sich bereits wieder dieses unverschämt charmante, schiefe Grinsen auf Takerus Gesicht und er nahm sich noch von den Pommes.

„Natürlich könntest du ihn auch umlegen und in einen dieser Kleidersäcke da stecken.“, überlegte er grinsend, während er kaute. Hikari war so perplex, dass sie unwillkürlich anfangen musste, über seine Worte zu lachen. „Ja, das wäre wohl auch eine Möglichkeit. Aber ich glaube, dann lande ich sofort danach auch in so einem.“, antwortete sie kichernd. Takeru sah sie fragend an. „Miyako bringt jeden um, der ihre Hochzeit gefährdet. Auch mich.“, erklärte sie. Ihr Gegenüber lachte nun ebenfalls wieder. „Dann lassen wir es lieber nicht drauf ankommen.“

Als Takeru Hikari nach Hause gebracht hatte, war es bereits nach 21 Uhr. Sie hatten noch vor ihrem Haus in seinem Auto gesessen und weitergeredet und der jungen Frau war es schwer gefallen, sich zu verabschieden und auszusteigen. Doch der Tag war lang und ein Blick auf die Uhr bewegte sie schließlich doch dazu, Takeru zu danken und nach Hause zu gehen. Als sie bei der Haustür ankam, bemerkte sie, dass sein Auto noch immer am selben Platz stand und er fuhr erst los, als sie aufschloss und die Villa, die sie bewohnte, betrat. Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Er hatte etwas an sich, was sie einfach nicht mit Worten beschreiben konnte.

„Du kommst aber spät.“ Es war Taichis Stimme, die sie aus ihren Gedanken riss und leicht zusammenfahren ließ. Schnell und so leise sie konnte, schloss sie die Tür hinter sich und drehte sich zu ihrem Bruder um. „Ich war noch bei Sora, um das Kleid für Miyako abzuholen.“, erklärte sie und hielt als Beweis die Kleidersäcke hoch. Taichi lehnte am Treppenabsatz und musterte sie eingehend, so, als versuche er herauszufinden, ob sie die Wahrheit sagte. Ihr Herz begann unwillkürlich schneller zu schlagen. Warum hatte sie ihm nicht von Takeru erzählt? „Und warum hast du dem Fahrer nicht Bescheid gegeben? Er hat mich angerufen, weil du dich nicht mehr gemeldet hast. Und ich habe dich auch nicht erreicht.“ Auf seine Worte holte Hikari schnell ihr Handy aus ihrer Tasche. Mist. 7 verpasste Anrufe. „Oh. Das habe ich gar nicht mitbekommen, tut mir leid.“, sagte sie schuldbewusst.

Taichi seufzte und kam ein paar Schritte auf sie zu. „Ich habe dich bei Mama gedeckt. Aber du sollst mir nicht solche Sorgen bereiten.“ Er legte ihr eine Hand auf den Kopf und strubbelte ihr durch die Haare. Hikari nickte, woraufhin ihr Bruder sie anlächelte. „Also, wirst du mir sagen, warum du so spät bist?“, fragte er dann und nahm seine Hand von ihrem Kopf. Sie versuchte, ihre Haare mit der freien Hand ein wenig zu glätten und antwortete: „Nein, eigentlich hatte ich das nicht vor. Dafür bist du nämlich viel zu neugierig.“ Taichi grinste sie an und nahm ihr die beiden Kleidersäcke aus der Hand. „Ach was, ich und neugierig? Niemals!“, gab er zurück und ging in Richtung Treppe. Hikari lachte bei seinen Worten auf und wollte ihm folgen, da hielt sie eine Stimme auf.

„Hikari, kann ich dich mal bitte kurz sprechen?“ Es war ihre Mutter, die grade aus dem Wohnzimmer kam. „Hallo Mama, ja klar, ich komme sofort.“ Die junge Frau nickte ihrem großen Bruder, der bereits ein paar Stufen der Treppe hinaufgestiegen war, zu. Dann zog sie ihren Mantel aus und hängte ihn über das Treppengeländer, um ihn später mit in ihr Zimmer zu nehmen und ging in Richtung Wohnzimmer. Ihre Mutter saß in einem der beiden Ledersessel vor dem großen Kamin, in denen sie den Abend am liebsten verbrachte und las. Als ihre Tochter hereinkam, markierte Yuuko Yagami die Seite, die sie grade studierte hatte, mit einem Lesezeichen und klappte dann das Buch zu.

Hikari lächelte ihre Mutter an und diese erwiderte das Lächeln, als sich die junge Frau ihr gegenübersetzte. „Also, was wolltest du mit mir besprechen?“, fragte Hikari. Yuuko musterte ihre Tochter einen Moment, ehe sie mit einer Gegenfrage antwortete: „Wie geht es dir?“ Überrascht sah Hikari ihre Mutter an. „Gut, wieso?“, erwiderte sie. Noch immer lag Yuukos Blick auf ihr und einen Moment schwieg sie und schien nachzudenken. Dann sagte sie: „Du hast deinen Termin bei Dr. Kido verpasst. Er hat schon zweimal versucht, dich zu erreichen.“ Hikari senkte ihren Blick, um dem ihrer Mutter auszuweichen. Woher wusste sie das? Hatten Ärzte nicht so etwas wie eine Schweigepflicht, ihren Patienten gegenüber?

Als ihre Tochter nichts dazu sagte, lehnte Yuuko sich vor und berührte sanft ihr Knie. „Hikari, es ist wichtig, dass du deine Arzttermine einhältst. Nur so wissen wir, dass es dir gut geht.“ Ihre Stimme war voller Liebe und Fürsorge. Hikaris Herz verkrampfte sich. „Es geht mir gut, Mama. Ihr macht euch alle viel zu viele Sorgen!“, murmelte sie, den Blick noch immer gesenkt. Yuuko seufzte. „Dieses Thema hatten wir doch schon. Das kann dein Arzt am besten beurteilen. Und darum, habe ich für morgen einen neuen Termin für dich gemacht.“ Jetzt hob Hikari doch ihren Kopf und sah ihre Mutter mit vorwurfsvollem Ausdruck in den Augen an. „Dr. Kido kann zwar nicht, aber sein Sohn wird da sein. Er hat mir versichert, dass er genauso kompetent ist, wie er selbst. Und er sagte, dass ihr euch kennt.“

Hikari nickte langsam. Sie kannte Jo Kido aus der Uni und aus dem Krankenhaus seines Vaters. Ken und er waren gute Freunde. Hikari atmete tief durch. Ihrer Mutter zu wiedersprechen hatte keinen Zweck, das wusste sie. Sie wollte sich bereits erheben und sich von ihr verabschieden, da hielten sie Yuukos Worte noch einmal auf: „Ach und nur um sicherzugehen, dass du deinen Termin dieses Mal auch wirklich einhältst, wird Taichi dich morgen begleiten. Das war alles, bis morgen dann.“ Sie überlegte noch, etwas zu erwidern, doch es hätte keinen Unterschied gemacht. Also drehte sie sich um und ging zu ihrem Zimmer.

Krank

„Entschuldige, ich habe ihr gesagt, dass du keinen Aufpasser brauchst. Aber sie hat darauf bestanden.“ Taichi saß auf dem Stuhl vor Hikaris Frisierkommode und sah seine Schwester mitleidig an. Die junge Frau hatte sich mit einem frustrierten Aufschrei auf ihr Bett fallen lassen und alle Viere von sich gestreckt. Nun richtete sie sich auf, um ihren Bruder anzusehen. „Du kannst doch nichts dafür. Ich hätte einfach zum ersten Termin gehen sollen. Dann hätte ich mir den ganzen Ärger gespart.“, gab sie zurück und streifte sich nun ihre Schuhe ab. „Warum bist du denn nicht da gewesen?“, fragt Taichi. Hikari zögerte, dann sagte sie: „Ich habe mich gut gefühlt. Das erste Mal seit langer Zeit ging es mir einfach gut. Und ich wollte mich normal fühlen.“

„Ich verstehe dich. Aber ich finde auch, dass Mama Recht hat. Die Kontrollen beim Arzt sind wichtig.“ Taichi sah seine Schwester an und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. „Ja ich weiß. Ich gehe hin, versprochen.“, seufzte sie resigniert und sah ihren Bruder dann an. „Und jetzt geh, ich möchte endlich ins Bett.“ Taichi hob abwehrend seine Hände, als sie ein Kissen nahm, um es nach ihm zu werfen und stand dann vom Stuhl auf. „Bin schon weg. Schlaf gut, Schwesterchen.“ „Du auch.“

Als sie im Bett lag, nahm sie sich noch einmal ihr Handy. Sie hatte zwei Nachrichten. Die erste war von Daisuke: Melde dich bitte, wenn du zuhause bist. Ich liebe dich. Ein schlechtes Gewissen überkam Hikari. Die Nachricht hatte er ihr vor Stunden geschrieben. Schnell tippte sie eine Antwort ein: Bin jetzt erst zuhause, habe mich mit Sora verquatscht. Ich komme morgen nicht zur Uni weil ich zum Arzt muss, lass uns danach telefonieren. Schlaf gut.

Dann scrollte sie weiter, zur zweiten Nachricht und ihr Herz machte einen freudigen Hüpfer. Sie war von Takeru. Bevor sie sich etwas zu essen geholt hatten, hatten sie noch Nummern ausgetauscht. Sie öffnete die Nachricht und las: Es war sehr schön heute. Lass uns das bald wiederholen. Und denk dran, ich eigne mich besser als Partner, als als Opfer ;) Bei seinen Worten schlich sich ein Lächeln auf ihr Gesicht. Sie überlegte kurz, was sie zurückschreiben könnte und tippte dann: Oh ja, heute war wirklich toll. Danke nochmal, du warst mein Retter in der Not. Ich werde es mir merken, immerhin brauche ich ja einen Komplizen, da kann es nicht schaden, wenn der auch noch gut aussieht. Einen Moment wartete sie, dann sah sie, dass Takeru tatsächlich online war und ihr zurückschrieb.

Meine Rede, wenn man es schon tut, dann kann man es auch mit jemandem machen, der so überaus attraktiv ist, wie ich., schrieb er. Hikari starrte auf seine Worte und ihr Herz begann zu rasen. Machten sie grade noch Scherze über die Sache von heute Abend, oder worüber schrieben sie da grade? Sie schluckte schwer und überlegte, ihm einfach eine gute Nacht zu wünschen und schlafen zu gehen, da antwortete sie ihm bereits: Ich würde es nur mit jemandem tun wollen, der so attraktiv ist, wie du. Oh Gott, was hatte sie da geschrieben? Mit hoch rotem Kopf setzte sie sich in ihrem Bett auf und starrte den Chatverlauf an. Wenn das ein Außenstehender las, würde er doch wer weiß was denken. Auch Takeru mussten ihre Worte verschreckt haben, denn er antwortete ihr nicht und war plötzlich auch nicht mehr online.

Hikari wäre am liebsten im Erdboden versunken. Sie wollte bereits das Handy nehmen und es in die Ecke schmeißen, da begann es in ihrer Hand zu vibrieren und zeigte einen eingehenden Anruf an. Es war Takeru. Fieberhaft überlegte sie einen Moment, nicht ranzugehen und morgen zu behaupten, sie hätte das Klingeln nicht mehr gehört, doch dann drückte sie doch auf abnehmen und hörte sich im nächsten Moment sagen: „Ich glaube, das mit der Partnerschaft überlege ich mir doch nochmal. Du bist echt anhänglich.“ Sie hörte, wie er am anderen Ende der Leitung lachte und auch auf ihren Lippen erschien ein Lächeln. Es war irgendwie ansteckend, wenn er lachte. „Hallo auch, ich dachte, ich rufe kurz an. Ist doch etwas besser, als zu schreiben.“, sagte er, als er sich wieder etwas beruhigt hatte.

Hikari kicherte. „Hallo zurück. Stimmt, geht auf jeden Fall einfacher.“, bestätigte sie. „Und dann kann ich dir auch das Kompliment persönlich zurück geben.“, fügte er hinzu. Hikari runzelte die Stirn. „Kompliment?“, fragte sie. Jetzt lachte er wieder, ehe er antwortete: „Dass du ebenfalls sehr attraktiv bist.“ Ihr Herz begann erneut wie wild zu rasen und ihre Wangen färbten sich rot. Sie war heilfroh, dass er sie in diesem Moment nicht sehen konnte. „D…Danke.“, gab sie zurück. Einen Moment breitete sich Schweigen zwischen ihnen aus. Dann fragte Takeru: „Sehe ich dich morgen?“ Hikari schüttelte den Kopf, was er natürlich nicht sehen konnte und antworte: „Ähm nein, morgen komme ich nicht in die Uni. Ich habe einen Arzttermin.“

„Wer hat denn von der Uni gesprochen?“, fragte Takeru. Hikaris Augen weiteten sich bei seinen Worten. Sie zögerte kurz. „Takeru, Daisuke ist mein Freund.“, sagte sie leise. Er schwieg. Dann antwortete er: „Ich weiß.“ Dieses Mal war die Stille zwischen ihnen bedrückend. Nach einer Weile räusperte sich Takeru und sagte: „Also, dein Tag war lang, du solltest vielleicht besser schlafen gehen. Gute Nacht, Hikari Yagami.“ Sie öffnete den Mund, um noch etwas zu sagen, überlegte es sich dann aber doch anders und erwiderte stattdessen: „Gute Nacht, Takeru Takashi.“ Dann legten sie auf. Als Hikari sich hinlegte, dauerte es sehr lange, bis sie endlich einschlafen konnte. In ihren Gedanken tauchte immer wieder Takeru auf.

Am nächsten Morgen starrte sie noch einmal auf den Chatverlauf von Takeru und ihr. Sie saß bereits im Auto und wartete auf Taichi, damit er sie zu ihrem Arzttermin begleiten konnte. Vor ihrem inneren Auge tauchte ein Bild des Blonden auf und sie dachte noch einmal an ihr Gespräch. Er hatte gesagt, dass er sie attraktiv fand. Taichi stieg zu ihr ins Auto und begrüßte sie. „Morgen Schwesterchen. Warum bist du so rot?“, fragte er und unterdrückte ein Gähnen. „Was? Bin ich gar nicht. Und warum bist du schon wieder so spät dran?“, versuchte Hikari schnell abzulenken. Taichi grinste und setzte seine Sonnenbrille auf, woraufhin seine Schwester die Augen verdrehte. „Lass mich raten, es fängt mit M an und hört mit imi auf?“ Daraufhin zuckte Taichi nur mit den Schultern, doch seine Mimik verriet ihn. Bei der Erwähnung ihres Namens war sein Grinsen einem liebevollen Lächeln gewichen.

Als sie in der Kido- Klinik ankamen, verabschiedete sich Taichi direkt in die Cafeteria. „Ruf mich an, wenn du fertig bist, dann hol ich dich hier wieder ab.“, sagte er und schlenderte davon. Hikari meldete sich an der Rezeption an und nahm im Wartezimmer Platz. Sie musste nur ein paar Minuten warten, da kam bereits ein junger Mann mit blauen Haaren und einem weißen Arztkittel auf sie zu. „Hallo Hikari, komm ruhig schon mit.“, sagte er. „Hallo Jo, schön dich zu sehen.“, antwortete sie und folgte ihm in eines der Behandlungszimmer. Auf dem Schild stand „Jo Kido- Assistenzarzt“.

Er bedeutete ihr, sich zu setzten und nahm dann ihr gegenüber, hinter dem Schreibtisch, Platz. „Es ist auch schön, dich zu sehen. Auch, wenn ich mir wünschen würde, dass die Umstände angenehmer wären.“ Jo griff sich eine Patientenakte und studierte sie. Hikari sah ihn dabei aufmerksam an. Sie hatte sich schon oft mit Jo unterhalten, wenn er bei den gleichen Events, wie sie war. Oder, wenn Ken ihn mitgebracht hatte. Er war ein wirklich netter Mann, ruhig, zielstrebig und immer auf seine Arbeit fokussiert. Das bekam leider auch oft seine Frau zu spüren, wenn er wieder einmal Überstunden machte oder sich auf einer Party mit Kollegen über die Arbeit unterhielt. Doch ihn hier zu sehen, in seinem Arztkittel, wie er sich mit hochkonzentrierter Miene einen Überblick über ihren Fall verschaffte: Er wirkte wie ein anderer Mensch.

„Also.“, begann er und sah sie an. „Fangen wir doch am besten von vorne an. Mein Vater hat dir das letzte Mal neue Medikamente gegen die Migräne aufgeschrieben. Verträgst du sie gut?“ Hikari nickte. „Auf jeden Fall. Am Anfang habe ich ein Kribbeln in den Händen und Füßen verspürt, aber das hat mittlerweile auch nachgelassen.“, antwortete sie. Jo nahm seinen Stift und notierte sich einige Dinge. „Das ist normal, aber es ist auch gut, wenn es wieder nachgelassen hat. Sind die Migräneattacken weniger geworden?“ „Ja, ich hatte vorher gut 16 im Monat und bin jetzt bei 4 bis 6.“, antwortete Hikari glücklich. „Wow, das ist wirklich eine Verbesserung. Und bemerkst du sonst einen Unterschied?“, fragte Jo und musterte sie.

Hikari zögerte, ehe sie antwortete: „An manchen Tagen merke ich, dass ich einfach keinen Hunger habe. Und wenn es mir dann auffällt, habe ich fast den ganzen Tag nichts gegessen.“ Jo nickte. „Hast du denn auch schon abgenommen?“, fragte er. „So um die 5 Kilo.“, antwortete sie. Er schrieb wieder etwas auf. Dann sah er sie an und sagte: „Du musst wirklich gut aufpassen. Das ist eine der „Nebenwirkungen“ des Medikaments, dass es den Appetit zügelt. Bei deinem Gewicht machen 5 Kilo schon wirklich einiges aus. Bitte versuch drauf zu achten, dass du regelmäßig etwas isst.“ Hikari nickte.

Bevor sie in die Klinik von Dr. Kido gekommen war, hatte ihr kaum ein Arzt helfen können. Ihre Mutter war mit ihr bei jedem Neurologen in Tokyo, sie versuchten sehr viele Medikamente und Behandlungsmethoden, doch nichts half. Bis zu 16 Mal im Monat hatte sie starke Migräneattacken. Manchmal sogar über mehrere Tage hinweg. Oft war es sogar so schlimm, dass sie ins Krankenhaus hatten fahren müssen. „Kannst du mir nochmal deine typischen Symptome beschreiben?“, fragte Jo und notierte noch einige Dinge. „Also, die einseitigen Kopfschmerzen, wobei die Seite nicht immer die gleiche ist. Sie ziehen dann vom Auge in Richtung Schläfe. Dann meistens Übelkeit bis hin zum Erbrechen, starker Schwindel und Müdigkeit. An manchen Tagen war es sogar schon so Schlimm, dass ich mich nicht mehr bewegen konnte und ohnmächtig wurde. Licht- und Geruchempflindlichkeit, wobei dann am schlimmsten die LED Lichter von Ampeln und so sind.“ Hikari überlegte einen Moment, während Jo alles aufschrieb. „Ja, das war es so ziemlich.“

„Ich würde die Prophylaxe gerne so beibehalten und dir noch einen Termin für das nächste Mal geben. Dann machen wir auch nochmal ein MRT von deinem Kopf. Ich schreibe dir noch ein Rezept für die Medikamente und dann sind wir fertig.“ „Jo?“ Der junge Assistenzarzt sah sie an. „Wäre es okay für dich, wenn ich das nächste Mal wieder zu dir komme, zur Behandlung?“, fragte Hikari. Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Das würde mich sehr freuen.“

Verraten

Hikari war Dr. Kido sehr dankbar, dass er ihr geholfen hatte, ihre Migräneattacken in den Griff zu bekommen. Doch wenn sie ehrlich war, war er ein sehr einschüchternder Mann. Mit Jo kam sie eindeutig besser zu recht. Und sie vertraute ihm. Als sie an der Rezeption ankam, hatte sie Taichi bereits bescheid gegeben, dass sie fertig war und dort auf ihn warten würde. Also nahm sie sich ihr Handy und wählte nun Daisukes Nummer. Er nahm bereits nach dem zweiten Klingeln ab.

„Und wie ist es gelaufen?“, fragte er am anderen Ende der Leitung. „Hallo du.“, begrüßte sie ihn. „Hallo auch. Wie ist es gelaufen?“, fragte Daisuke wieder. Hikari musste ein wenig Schmunzeln. Geduld war wirklich nicht seine Stärke und er war mindestens so neugierig, wie Taichi. „Ganz gut. Jo hat mich behandelt, weil Dr. Kido keine Zeit hatte. Aber er war super.“, sagte sie. „Jo ist auch ein toller Arzt.“, erwiderte Daisuke. „Ich habe ihn gebeten, dass er mich bei meinem nächsten Termin wieder behandelt.“ „Hm. Hast du das mit deiner Mutter besprochen?“ „Nein. Muss ich doch auch nicht. Immerhin bin ich die Patientin und es handelt sich um meinen Arzt.“ Auf ihre Worte hin schwieg Daisuke. Er schien damit nicht so recht einverstanden zu sein, das merkte sie an seiner Reaktion.

Nach einer Weile sagte er: „Wie dem auch sei, jedenfalls war es doch gut, dass du hingegangen bist.“ „Stimmt.“, sagte Hikari. Sie wollte jetzt keinen Streit anfangen, also sagte sie nichts weiter dazu. „Hör einfach besser demnächst auf deine Mutter, wir wollen doch nur das Beste für dich.“ Seine Worte machten sie stutzig. „Wie kommst du denn jetzt darauf? Ich hab dir doch noch gar nichts von gestern erzählt…“, sagte sie. Sein Schweigen gab ihr die Bestätigung, dass sie mit ihrer Vermutung richtig lag. „Hast du meiner Mutter etwa erzählt, dass ich meinen Termin verpasst habe?“, fragte Hikari und spürte, wie Wut in ihr aufstieg. „Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Und auf mich hörst du ja nicht.“, versuchte Daisuke zu erklären.

„Und dann verpetzt du mich ausgerechnet an meine Mutter? Ist dir nicht jemand anderes in den Sinn gekommen, den du erst mal um Hilfe bitten kannst? Vielleicht Taichi, oder Miyako?“ „Oh…“, war Daisukes Antwort. Hikari schnaubte. „Ja, oh. Du weißt, wie sehr ich es hasse, dass sich alle immer einmischen. Und grade von dir hätte ich da wirklich mehr erwartet.“ Sie riss sich das Handy vom Ohr und legte auf. Hätten sie noch weiter telefoniert, hätte sie Daisuke sonst wahrscheinlich sehr unschöne Worte an den Kopf geworfen. In diesem Moment kam Taichi auf sie zu.

„Wer hat dich denn verärgert?“, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen. Hikaris Handy vibrierte und sie hielt Taichi den Bildschirm entgegen, so dass er den Namen darauf lesen konnte. „Ah, was hat er dieses Mal angestellt?“ „Mich bei Mama verpfiffen. Durch ihn wusste sie, dass ich meinen Arzttermin verpasst habe.“, schnaubte Hikari und drückte auf „Anruf ignorieren“. „Schon wieder?“, fragte Taichi, als sie die Klinik verließen. Hikari sah ihn erstaunt an. „Was heißt hier, schon wieder?“, fragte sie. Ihr Bruder zog eine Augenbraue hoch. „Ach komm schon, jetzt sag nicht, dass dir das noch nie aufgefallen ist.“

Als sie mit dem Kopf schüttelte, seufzte Taichi und erzählte weiter: „Also bitte, meinst du, wenn irgendwas vorgefallen ist, dass ich dich dann verpetzt habe? Daisuke erzählt Mama einfach alles. Ich glaube nicht, dass er es immer bewusst macht, aber so ist es nun mal.“ Er zuckte mit den Schultern. Hikaris Augen weiteten sich. Sie hatte sich schon so manches Mal gefragt, wie ihre Mutter Sachen hatte rausfinden können, die sie vor ihr geheim halten wollte. „Dann hast du ihr also wirklich nichts von meinen Tattoo verraten?“, fragte Hikari entgeistert. „Nope, ich hab dicht gehalten, hab ich doch gesagt.“ Taichi reckte seinen Daumen in die Höhe und grinste sie an.

Sie stöhnte auf. „Und ich war so sauer auf dich, tut mir leid!“ Taichi winkte ab. „Schon vergeben. Dafür hat man ja Geschwister. Aber du solltest dir wirklich überlegen, was du mit Daisuke machst. Ich glaube, er ist kein schlechter Kerl. Aber manchmal bin ich mir nicht sicher, ob du eine Beziehung mit ihm führst, oder unsere Familie.“ Hikari sah ihn erstaunt an. Dann wurde ihr Blick nachdenklich. „Findest du, ich sollte mich von ihm trennen?“, fragte sie. Taichi überlegte einen Moment. Dann seufzte er, ehe er sagte: „Naja, eigentlich ist es egal, was ich finde. Ich bin dir auch kein gutes Vorbild. Ich sollte erst einmal selber die Sache mit Meiko und Mimi regeln, bevor ich große Ratschläge gebe.“

„Ich habe Angst, sie zu enttäuschen.“, gab Hikari offen zu. „Das habe ich auch.“, sagte Taichi. Er blieb stehen und seine Schwester tat es ihm gleich. Seine Hand suchte die ihre, als er ihr das Folgende sagte: „Aber vielleicht wird es Zeit, dass wir uns unseren Ängsten stellen und mutiger werden. Wir sollten auf das hören, was uns unser Herz sagt. Und meines schreit ganz eindeutig immerzu nur nach Mimi Tachikawa.“ Hikari lächelte Taichi an. „Dann solltest du das unbedingt der ganzen Welt mitteilen. Mimi ist nämlich eine Frau, die man nicht zu lange warten lassen sollte.“ Nun lächelte auch Taichi. „Oh ja. Da hast du recht.“

Taichis Worte beschäftigten Hikari noch eine Weile. Er war zu Mimi gefahren und ihre Eltern arbeiteten heute beide lange, also würde sie den Rest des Tages alleine sein. Normalerweise wäre an so einem Tag Daisuke nach der Uni vorbeigekommen, aber sie hatte ihm geschrieben, dass sie ihn erst einmal nicht sehen wollte. Er hatte mehrmals versucht, sie anzurufen, doch sie hatte immer wieder auf ignorieren gedrückt. Hikari musste jetzt erst einmal darüber nachdenken, was Taichi ihr erzählt hatte, um zu entscheiden, wie es mit ihnen weiterging.

Als sie auf ihr Handy schaute, um zu sehen, ob Daisuke ihr geantwortet hatte, entdeckte sie, dass ihr jemand anderes geschrieben hatte. Es war eine Nachricht von Takeru: Lebst du noch oder muss ich nach einem Leichensack Ausschau halten? Hikari tippte eine Antwort ein: Ich lebe noch, plane aber grade doch einen Mord zu begehen, hilfst du mir? Prompt kam seine Antwort: Klar doch. Aber, wenn ich fragen darf, wer hat dich denn so verärgert, dass er den Tod verdient? Hikari kaute sich leicht auf ihrem Daumennagel herum. Sollte sie ihm das jetzt wirklich schreiben? Aber sie musste einfach etwas Dampf ablassen. Also schrieb sie: Daisuke… Sie wartete auf Takerus Antwort, doch es kam nichts. Nach einer Weile legte sie ihr Handy zur Seite. Sicher musste er in die nächste Vorlesung, immerhin hatte er heute Uni.

Hikari beschloss, sich etwas zu essen zu machen. Immerhin war das eine der Auflagen, die ihr neuer Arzt ihr erteilt hatte: regelmäßige Mahlzeiten. Also ging sie die Treppe hinunter und in die Küche und begann, sich ein Sandwich zu belegen. Sie wollte sich grade an den Tisch setzen, um es zu essen, da klingelte es plötzlich an der Tür. Fast befürchtete sie schon, es sei Daisuke, der ihren Wunsch, nicht herzukommen, missachtet hatte, doch als sie die Haustür öffnete, weiteten sich ihre Augen vor Erstaunen. „Takeru? Was machst du denn hier?“, fragte sie. Er wirkte etwas verlegen, sah sie aber mit diesem schiefen Grinsen an, welches sie so toll an ihm fand. „Hey, entschuldige den Überfall. Ich war grade sowieso in der Nähe und als du geschrieben hast, dass du vorhast deinen Freund umzubringen, war ich etwas in Sorge.“, sagte er.

Hikari prustete los. Takeru sah sie mit leicht verwirrtem Blick an. Dann packte sie seinen Arm und zog ihn zu sich ins Haus. Noch immer lachte sie und Takeru wusste nicht so recht, ob sie jetzt vielleicht den Verstand verlor. „Sorry, ich hatte nur grade ein Bild von dir vor Augen, wie du in einer Ritterrüstung auf einem weißen Pferd angeritten kommst. So als Retter in der Not.“, sagte sie nach einer Weile und wischte sich ein paar Tränen aus den Augenwinkeln. Takeru schmunzelte. „Ich weiß nicht, das Bild gefällt mir irgendwie. Aber ich habe das Gefühl, dass du keine der Prinzessinnen bist, die man aus einem Burgturm retten muss.“ Er ging einen Schritt auf sie zu und sah ihr in die Augen. „Ich glaube eher, dass du die Jenige bist, die den Drachen bezwingt.“ Hikaris Herz begann, schneller in ihrer Brust zu schlagen. „Ich bin für gerechte Arbeitsteilung.“, erwiderte sie und brachte damit Takeru zum Lachen.

„Nun, jetzt habe ich ja gesehen, dass es dir gut geht. Also…“, er sah sie erwartungsvoll an. Hikari zögerte einen Augenblick. Sie hatte Daisuke gesagt, dass sie alleine sein wollte, um nachzudenken. Wenn sie Takeru jetzt anbot, zu bleiben, wäre das ein Verrat an ihm? Andererseits, hatte Daisuke wirklich Mist gebaut und Hikari konnte jemanden zum Reden brauchen. Und sie hatte das Gefühl, dass sie Takeru alles erzählen konnte. Es war merkwürdig, dass sie ihn erst seit so kurzer Zeit kannte. Denn sie hatte das Gefühl, ihm so nahe und verbunden zu sein. In seiner Nähe fühlte sie sich einfach wohl. Sie musste sich nicht verstellen oder ihm Dinge verheimlichen. Sie konnte einfach Hikari sein.

„Bitte bleib.“, sagte sie leise. „Es geht mir nämlich eigentlich gar nicht gut.“ Ein trauriges Lächeln schlich sich bei ihren Worten auf ihr Gesicht und sie spürte, wie ihre Fassade zu bröckeln begann. Takeru nickte und machte noch einen Schritt auf sie zu. Vorsichtig streckte er seine Hand nach ihr aus, wie, als bitte er um Erlaubnis. Hikari sah auf seine Hand hinab, dann ergriff sie sie und ließ sich von ihm in eine Umarmung ziehen. Zu ihrer Überraschung fühlten sich seine Arme, die er nun um ihren Körper legte, weich und stark zu gleich an. Seine Wärme hatte etwas Tröstliches und sein Geruch stieg ihr sofort in die Nase. Sie legte ihren Kopf an seine Schulter und bemerkte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen.

Schwere Entscheidung

„Das hat er nicht wirklich gemacht?“ Takeru lachte laut auf. „Doch hat er. Und dann hat er Mimis Hand genommen und gemeint: wehr dich nicht Süße, wir werden eh zusammenkommen. Dann können wir das auch jetzt gleich. Und er hat sie einfach geküsst.“ Hikari erzählte Takeru gerade, wie Taichi und Mimi sich kennengelernt hatten. Und wie sie zusammengekommen waren. Er lachte erneut. „Ziemlich forsch dein Bruder.“ „Kann man so sagen.“, bestätigte sie.

Takeru lag auf Hikaris Bett und sie lag dicht neben ihm. Ihr Kopf ruhte auf seiner Schulter. Sie hatte eine ganze Weile einfach nur geweint, sie wusste nicht, wann sie das letzte Mal so viele Tränen vergossen hatte. Doch es tat ihr gut und Takeru war einfach nur für sie da gewesen, hatte sie im Arm gehalten und ihr Trost gespendet. Irgendwann waren sie in Hikaris Zimmer gegangen und hatten sich auf ihr Bett gelegt. Als der junge Mann seine Arme ausbreitete, schmiegte sich Hikari ohne zu zögern hinein. Sie brauchte die Sicherheit seiner Umarmung jetzt einfach.

„Naja und seit diesem Tag, sind die beiden unzertrennlich.“, schloss sie ihre Erzählung. „Mögen deine Eltern sie denn?“, fragte Takeru. Hikari versteifte sich kurz in seinen Armen, was ihm nicht verborgen blieb. Er sah sie an. „Also mögen sie sie nicht?“ „Das ist es nicht… Ich glaube schon, dass sie sie mögen würden. Aber sie wissen nichts von Taichis und ihrer Beziehung.“, begann Hikari zögerlich und sah Takeru nun ebenfalls an. Er hob eine Augenbraue. „Und wieso?“ Sie drehte sich auf die Seite und stemmte sich auf ihren Ellenbogen, um ihm noch besser in die Augen schauen zu können. „Weil es bereits ein Arrangement mit einer anderen Frau gibt.“, sagte sie und studierte aufmerksam seine Reaktion.

Im ersten Moment nickte Takeru nur auf ihre Worte. Doch als er genauer darüber nachdachte, schien er ihre tiefere Bedeutung zu verstehen. „Und für dich gibt es so eine Übereinkunft auch, nehme ich an?“, hakte er nach. Sie senkte ihren Blick und atmete tief ein. Als sie die Luft entweichen ließ, antwortete sie: „Ja, für mich und Daisuke wurde auch etwas arrangiert.“ Takeru schwieg einen Moment. Hikari starrte auf sein Hemd und wünschte sich, sie könnte die Zeit noch einmal um eine halbe Stunde zurückdrehen. Hätte sie doch bloß nichts gesagt.

Plötzlich spürte sie, wie Takeru seine Hand unter ihr Kinn legte und es sanft anhob. Sie sah ihm in seine Augen. Diese wunderschönen, faszinierenden, blauen Augen. „Und was ist mit dir?“, fragte er leise. „Mit mir?“ Seine Frage überraschte sie. „Was möchtest du denn? Liebst du Daisuke?“ Seine Stimme war nun fast nur noch ein Flüstern, doch sie nahm alles sehr intensiv wahr. Seine Hand, die jetzt an ihrer Wange ruhte. Sein Blick, der den ihren gefangen hielt. Ihr Herz, das viel zu schnell in ihrer Brust schlug. Liebte sie Daisuke? Das hatte sie sich schon oft gefragt. Er liebte sie auf jeden Fall, das wusste sie.

Sie öffnete ihre Lippen, um ihm zu antworten, zögerte jedoch. „Ich…“ Takeru strich mit seinem Daumen sanft über ihre Haut, was zur Folge hatte, dass sich ihr Herzschlag noch weiter beschleunigte. Dort wo er sie berührte, spürte sie die Wärme seiner Hand und ein wohliges Kribbeln breitete sich aus. Sie schluckte schwer, dann begann sie erneut: „Ich möchte ihn nicht heiraten. Weil ich ihn nicht liebe.“, gab sie schließlich zu. Das hatte sie noch nie zu jemandem gesagt, wenn sie ehrlich war, hatte sie es sich noch nicht einmal selber eingestanden. Doch ein Blick in Takerus Augen genügte und sie hätte ihm alle ihre Geheimnisse offenbart.

Auf Takerus Lippen schlich sich ein kleines Lächeln, dann sagte er, genauso leise wie zuvor: „Dann solltest du ihm das sagen.“ Hikari nickte. Takeru fuhr noch einmal mit dem Daumen über ihre Wange, dann schob er die Hand sanft in ihren Nacken. Auf ihrem gesamten Körper, hatte sich eine Gänsehaut gebildet. Seine Berührungen fühlten sich so gut an. Langsam lehnte er sich ein Stück weiter in ihre Richtung und mit einem leichten Druck, der gar nicht nötig war, zog er sie noch näher an sich. Noch immer sahen sie sich dabei tief in die Augen, unfähig, den Blick voneinander abzuwenden. Sie waren sich nun so nah, dass Hikari bereits seinen Atem auf ihren Lippen spüren konnte.

„Hikari?“ Erschrocken fuhren sie auseinander. „Bist du da?“ Die Stimme kam aus dem Flur, wurde aber lauter. „Das ist mein Vater. Schnell, versteck dich!“, rief sie und schob Takeru bereits auf ihren riesigen, begehbaren Kleiderschrank zu. Hastig sammelte sie seine Sachen ein und warf auch diese zu ihm in den Schrank, ehe sie die Türen hinter ihm verschloss. Keine Sekunde zu früh, denn da klopfte es bereits an ihrer Zimmertür und ihr Vater trat ein. „Hallo mein Schatz. Hab ich mich doch nicht vertan. Wie geht es dir?“, fragte er seine Tochter. „Hallo Papa, mir geht es gut und dir?“ Hikari ging zu ihm und umarmte ihn.

Susumu Yagami winkte ab. „Mir geht es immer gut. Hab viel zu tun, aber sonst kann ich wirklich nicht klagen. Aber jetzt sag mir erst mal, wie dein Arzttermin war.“ „Es ist alles gut verlaufen. Jo war sehr zufrieden, ich würde gerne in Zukunft weiterhin zu ihm gehen.“ Hikaris Vater nickte. „Wenn du das gerne möchtest, können wir das noch mal besprechen. Hat er dir neue Medikamente verschrieben?“ Der jungen Frau kam eine Idee. „Oh ja, das hat er. Würdest du sie mir vielleicht aus der Apotheke holen? Ich hatte noch keine Zeit.“ Sie sah ihren Vater mit großen Augen an. Susumu lächelte. „Na klar doch, mein Schatz. Deine Mutter dürfte auch bald nach Hause kommen, sagst du ihr dann bescheid?“ „Mach ich, danke.“

Als sie sicher war, dass ihr Vater das Haus verlassen hatte, huschte Hikari zu ihrem Kleiderschrank und öffnete die Türen. „Wir haben nicht viel Zeit, meine Mutter könnte jeden Moment nach Hause kommen.“, sagte sie und zog an Takerus Arm. Er folgte ihrer Bewegung, doch als sie mit ihm auf den Flur hinaus wollte, blieb er stehen. Sie drehte sich zu ihm um und sah ihn an. „Warum warst du heute eigentlich beim Arzt?“, fragte er. „Müssen wir das jetzt besprechen? Meine Mutter…“, begann sie. Doch Takerus sorgenvolle Miene veranlasste sie dazu, für einen Moment zu vergessen, dass Yuuko bald nach Hause kommen würde.

Sie nahm seine Hand und lächelte ihn an. „Es hört sich schlimmer an, als es ist. Ich war nur zur Kontrolle dort. Ich leide unter chronischer Migräne. Und weil ich seit ein paar Monaten neue Medikamente zur Vorbeugung bekomme, muss ich regelmäßig zur Untersuchung.“, erklärte sie. Takeru sah sie weiterhin an, überzeugt wirkte er noch nicht. „Darum ging es dir gestern auch nicht so gut.“, stellte er fest. Hikari nickte. „Aber ich habe auch für den Akutfall Medikamente.“, ergänzte sie. Er seufzte und tat noch einen Schritt auf sie zu. Seine Hände legte er an ihre Wangen.

„Es ist wirklich zu schade, dass wir grade unterbrochen wurden.“, murmelte er. Hikari legte eine Hand auf seine und schloss ihre Augen. „Ja, wirklich schade.“ sagte auch sie leise. Im nächsten Moment spürte sie, wie Takeru seine Lippen sanft auf ihren platzierte. Sie erwiderte den Kuss erst zaghaft, doch nach einer Weile immer leidenschaftlicher. Er zog sie noch dichter an sich und begann, mit seiner Zunge über ihre Lippen zu fahren. Hikari öffnete ihren Mund und gewährte ihm so Einlass. In ihrem gesamten Körper breitete sich ein kribbeliges Verlangen aus. Doch nach einer Weile wurde der Kuss wieder zärtlicher und Takeru löste sich etwas atemlos von Hikari. Er strich mit dem Daumen noch einmal über ihre Wange und sagte dann: „Du solltest dir unbedingt fürs nächste Mal merken, wo wir unterbrochen wurden.“ Dann ließ er sie los und sah sie mit dem schiefen Lächeln, welches sie so mochte, an.

Auch Hikari lächelte, als sie erwiderte: „Ich werd‘s versuchen.“ Dann fiel ihr wieder ein, dass sie sich ja eigentlich beeilen sollten und sie ergriff Takerus Hand, um ihn aus ihrem Zimmer zu ziehen. „Aber jetzt solltest du gehen. Sonst wird es kein nächstes Mal geben, weil ich dann wahrscheinlich in einem der Leichensäcke ende.“, fügte sie noch hinzu. Als sie mit Takeru an der Haustür stand, gab sie ihm noch einen schnellen, aber intensiven Abschiedskuss. „Ich ruf dich nachher an.“, sagte sie. Dann öffnete sie die Tür, spähte raus und als die Luft rein war, schob sie ihn hinaus.

Er hatte ihr zum Abschied noch gewunken und als Hikari wieder alleine war, konnte sie einfach nicht aufhören zu lächeln. Sie ging zurück in ihr Zimmer und ließ sich auf ihr Bett fallen. Als sie sich auf die Seite drehte und ihr Gesicht in die Kissen drückte, rochen sie immer noch nach Takeru. Sofort begann ihr Herz wieder schneller zu schlagen. Sie fühlte sich ein wenig, wie ein verknallter Teenager. Doch wenn sie ehrlich war, war es schön, sich so lebendig zu fühlen. Es machte sie glücklich. Takeru machte sie glücklich. Und dass, obwohl sie ihn erst so kurz kannte. Mit ihm fühlte sich alles anders an.

Aber was sollte sie nun mit Daisuke machen? Ja er hatte Mist gebaut, aber wahrscheinlich war ihm das noch nicht einmal bewusst passiert. Außerdem hatte er sich sicher nur um sie gesorgt. Sie waren nun schon lange zusammen und er liebte sie aufrichtig, das wusste sie. Und ihre Familien hatten diese Übereinkunft miteinander getroffen… Wollte sie all das wirklich aufgeben, um sich einer neuen, unsicheren Schwärmerei hinzugeben? Sie wusste es nicht. Fest stand nur, dass es sich mit Takeru ganz anders anfühlte, als mit Daisuke. Und dass sie zum jetzigen Zeitpunkt, so egoistisch das auch sein mochte, noch nicht bereit war, eine endgültige Entscheidung zu treffen.

Pläne

Als Hikari ins Wohnzimmer kam, vernahm sie bereits die Stimmen ihrer Mutter und ihres Bruders. Taichi schien aufgebracht zu sein, denn sie hörte noch, wie er laut sagte: „Das ist nicht dein Ernst. Darauf habe ich sowas von keine Lust.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und starrte seine Mutter an. Als Yuuko bemerkte, dass ihre Tochter den Raum betreten hatte, wandte sie sich von ihrem Sohn ab und sagte zu ihr: „Oh hallo Hikari, wie war dein Arzttermin?“

Die junge Frau ging auf Taichi zu und stellte sich zu ihm. Er ließ zwar seine Arme verschränkt, wirkte aber durch ihre Anwesenheit etwas weniger angespannt, als zuvor. Hikari sah ihre Mutter an. Dann sagte sie: „Er war gut. Aber du kannst dir ja von Daisuke erzählen lassen, was wir besprochen haben.“ Yuukos Lächeln begann, etwas steifer zu werden, als sie erwiderte: „Wie meinst du das?“ Hikari überlegte, ob sich ein Streit mit ihrer Mutter lohnte, doch dann seufzte sie und sagte: „Schon gut. Es war alles in Ordnung. Jo war sehr zufrieden und ich würde gerne in Zukunft weiterhin zu ihm gehen.“ Feige. Ja, sie war einfach feige.

Yuuko musterte sie einen Moment. „Ich denke darüber nach.“, sagte sie. In Hikari stieg Wut auf, doch sie unterdrückte das Gefühl und nickte stattdessen. Sie spürte, wie Taichi ihr eine Hand auf den Arm legte und war dankbar, dass er ihr beistand. „Ich habe Taichi grade darüber informiert, dass ich nächsten Samstag hier in unserem Haus ein Charity- Event veranstalten werde. Ich erwarte, dass ihr mir bei den Vorbereitungen helft und werde euch für die Zeit bis dahin von der Uni freistellen lassen. Hikari, du wirst auch nicht ins Büro gehen. Ich brauche dich als Assistentin.“ Yuuko sah ihre beiden Kinder an.

„Am Mittwoch wollte Miyako ihr Brautkleid anprobieren, können wir das denn trotzdem hier machen?“, fragte Hikari. Ihre Mutter überlegte einen Moment. „Von mir aus, aber dann nicht all zu lange. Es gibt wirklich äußerst viel zu erledigen.“ Bevor Taichi noch etwas erwidern konnte, nahm Hikari seine Hand und drückte sie sanft. Sie nickte ihrer Mutter zu und verabschiedete sich von ihr. Als die Geschwister in Hikaris Zimmer waren, schloss die junge Frau die Tür hinter ihnen. Taichi begann sofort, ungeduldig auf und ab zu laufen.

„Wieso muss das denn so ein kurzfristiges Event sein? Sonst lässt sie sich mit der Planung doch auch immer mehr Zeit.“, rief er und warf die Hände in die Luft. Hikari ließ sich auf ihr Bett sinken und beobachtete ihren Bruder. Sie begann, sich nervös auf der Unterlippe herumzukauen. Sie hatte eine Vermutung, warum ihre Mutter so kurzfristig eine Feier organisieren wollte, doch sollte sie ihrem Bruder ihre Gedanken wirklich mitteilen? Doch, sie musste es ihm sagen. „Taichi…“, begann sie. Noch immer lief er umher und beachtete sie nicht. Darum sprach sie dieses Mal lauter: „Taichi! Ich glaube, ich weiß, warum es so schnell gehen muss…“ Jetzt blieb ihr Bruder stehen und sah sie an. „Und was denkst du?“, fragte er. „Ich glaube, dass sie an diesem Tag eine Verlobung bekannt geben werden.“

Auf ihre Worte weiteten sich Taichis Augen. „Hast du Mamas Blick gesehen, als ich Miyakos Brautkleid erwähnt habe? Da haben ihre Augen richtig gefunkelt.“, erklärte Hikari ihre Vermutung. „Und was denkst du, wessen Verlobung es sein wird?“, fragte er und kam einen Schritt auf sie zu. Sie schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht. Daisuke hat nicht einmal Ansatzweise etwas in diese Richtung gesagt.“ Taichi setzte sich neben seine Schwester. „Meiko auch nicht. Aber wir haben auch eine Weile nicht miteinander gesprochen. Vielleicht rufe ich sie nachher mal an.“, überlegte er.

Hikari hob den Kopf und sah ihren Bruder an. „Ich möchte mit Daisuke nicht reden. Ich bin immer noch wütend auf ihn. Und jetzt über eine mögliche Verlobung zu sprechen…“ Taichi hob seine Hände und nahm sie in den Arm. „Alles gut, musst du nicht. Wir haben ja noch etwas Zeit, dem ganzen auf den Grund zu gehen.“, sagte er. Hikari fühlte sich schlecht. Natürlich war das einer der Gründe, warum sie nicht mit Daisuke sprechen wollte. Aber ein anderer war, dass sie ein fürchterlich schlechtes Gewissen ihm gegenüber hatte, wegen Takeru. Sollte sich jetzt herausstellen, dass sie am Samstag ihre Verlobung bekannt geben wollten… Sie wüsste nicht, was sie machen sollte.

Taichi und sie hatten noch eine Weile geredet und überlegt, was sie am besten machen sollten. Er würde als aller erstes Meiko anrufen, um mit ihr zu sprechen. Hikari wollte in den nächsten Tagen ihrer Mutter auf den Zahn fühlen. Vielleicht konnte sie in einem Gespräch mit ihr rausfinden, ob hinter dem Event andere Absichten standen oder eine bestimmte Buchung gab ihr einen Hinweis. Sicher waren sich die Geschwister nur in einem Punkt: egal was kam, sie standen es gemeinsam durch.

Hikari nahm sich ihr Handy und starrte auf den Bildschirm. Daisuke hatte versucht, sie anzurufen. Sie klickte die Benachrichtigung weg und scrollte stattdessen in ihrem Telefonbuch zu einem anderen Namen. Er hob so schnell ab, dass sie vermutete, er habe bereits auf den Anruf gewartete. „Hey.“, sagte sie. „Hey.“, gab Takeru zurück. Als sie daraufhin schwieg, fragte er: „Ist alles in Ordnung?“ Einen Moment überlegte sie, ob sie ihm von ihrer Befürchtung erzählen solle, aber sie wollte ihm keine unnötigen Sorgen bereiten. Also sagte sie: „Naja, meine Mutter möchte nächsten Samstag ein Last- Minute Charity- Event auf die Beine stellen, bei dem Taichi und ich ihr helfen sollen. Dafür befreit sie uns sogar die ganze Woche von der Uni und der Arbeit… Da hab ich nicht so wirklich Lust zu.“

„Kann ich verstehen. Gibt es denn einen speziellen Anlass?“, fragte Takeru. Hikari zögerte. „Keinen, den sie uns genannt hätte…“, wich sie aus. „Hm. Naja, vielleicht sagt sie es euch ja noch.“ „Ja, vielleicht. Aber das heißt auch, dass wir uns die ganze nächste Woche nicht in der Uni sehen.“ Hikari konnte nicht verbergen, wie enttäuscht sie darüber war. Doch zu ihrem Erstaunen hörte sie Takeru am anderen Ende der Leitung leise lachen. „Lachst du mich aus?“, fragte sie etwas empört.

„Niemals doch!“, antwortete er, jetzt wieder ernster. Dann fügte er hinzu: „Ich finde es nur süß, dass du mich jetzt schon vermisst, obwohl wir uns doch grade erst gesehen haben.“ Hikari errötete leicht. Sie konnte es selber nicht fassen, wie Recht er hatte. Am liebsten wäre sie sofort zu ihm gefahren, hätte sich in seine Arme geworfen und ihn geküsst. Bei ihren Gedanken kam sie sich wieder vor, wie ein Teenager. „Hey, ich zieh dich doch nur auf. Du fehlst mir nämlich auch. Aber weißt du was?“ Seine Worte brachten ihr Herz dazu, schneller zu schlagen. „Was denn?“, fragte sie. „Das tolle daran, Journalismus zu studieren ist, dass man sich seine Projekte und Vorlesungen sehr frei einteilen kann. Eine Anwesenheitspflicht gibt es so gut wie nie. Ich kann also, wenn du möchtest, in der nächsten Woche zu dir kommen, wann immer du willst.“

„Wenn du versprichst, nicht mehr so frech zu sein, nehme ich dein Angebot sehr gerne an.“, sagte sie und spürte, wie sich ein Lächeln auf ihre Lippen schlich. Er lachte auf. „Ich und frech? Wie könnte ich denn.“ „Forsch?“, schlug sie vor. Takeru überlegte. „Na gut, darauf kann ich mich noch einlassen. Aber heute hat dir meine forsche Art doch gut gefallen, wenn ich mich recht erinnere.“ „Was soll ich sagen, ich hatte einen schwachen Moment.“, erwiderte Hikari und grinste. „Eigentlich sollte ich dich dann nicht ausnutzen.“, gab er zurück. Sie kicherte. „Ich glaube nicht, dass du mich ausgenutzt hast. Sagen wir, der Nutzen beruhte auf Gegenseitigkeit.“

„Oh, da spricht die Geschäftsfrau. Gefällt mir.“, sagte Takeru. „Flirtest du etwa mit mir?“ „War das zu offensichtlich? Ich muss dringend an meiner Strategie arbeiten.“ Sie lachten beide. Nach einer Weile sagte Hikari: „Danke für heute. Es hat mir wirklich gut getan, dass du für mich da warst.“ „Jederzeit. Wenn etwas ist, kannst du zu mir kommen.“, erwiderte Takeru. „Es ist wirklich merkwürdig, aber ich habe das Gefühl, als würde ich dich schon Ewigkeiten kennen.“, gab sie offen zu. „Mir geht es genauso.“, bestätigte er. „Also, ich melde mich morgen bei dir. Gute Nacht, Takeru Takaishi.“ „Ich freue mich schon drauf. Gute Nacht, Hikari Yagami.“ Dann legte sie auf.

Als sie in ihrem Bett lag, durchforstete sie noch ein Wenig das Internet. Erst war sie hauptsächlich in den sozialen Netzwerken unterwegs, besah sich alte Bilder von sich und Daisuke, aber auch die Profilbilder von Takeru. Schließlich erweckte ein Artikel ihre Aufmerksamkeit. Die Schlagzeile lautete: Mega- Konzern schluckt kleine Firmen- wie Yagami- Corporation weiter wächst und dadurch ihr Machtmonopol ausbaut. Hikari setzte sich in ihrem Bett auf und klickte den Artikel an. Er war nicht sehr lang und unter der Schlagzeile befand sich ein Bild von ihrer Mutter und den Firmenvorständen.

 

Mega- Konzern schluckt kleine Firmen- wie Yagami- Corporation weiter wächst und dadurch ihr Machtmonopol ausbaut.

 

Welche Strategie verfolgt der Konzern aus Tokyo? Es ist der zweite Mega-Deal innerhalb der letzten 5 Jahre. Erst die Fusion mit den Inoue- Handelsketten und jetzt die Erweiterung der Restaurantketten der Motomiyas. Zur Erinnerung: Zu diesen Restaurants gehören bereits 5 der top Lokale Tokyos, geplant sind nun noch 2 weitere Läden in Japan zu eröffnen (Standorte bis jetzt unbekannt). Gerüchten zu Folge soll dabei nicht nur die Geschäftsbeziehung der beiden Familien gefestigt werden, sondern auch privat stünden große Pläne an. Wir werden der Sache weiter auf den Grund gehen.

 

Hikari starrte perplex auf die letzten Zeilen. Auch privat stünden große Pläne an? Ihr Blick ging zum Anfang der Webseite. Ishida- Online- News. Natürlich, wer auch sonst? Immer, wenn es etwas Schlechtes über ihre Familie zu lesen gab, dann war der Verfasser Ishida- Media Group. Frustriert ließ sie sich zurück auf ihr Bett sinken und legte ihr Handy zur Seite. Sie musste schnell herausfinden, warum ihre Mutter das Event veranstaltete. Wenn sogar die Medien schon Gerüchte aufgriffen, konnte das nichts Gutes bedeuten.

Was das Herz will

Als Hikari aufwachte, spürte sie direkt den Schmerz, der sich von ihrer linken Schläfe ausbreitete. Sie hatte schon in der Nacht gemerkt, wie die Migräne begann, doch das unterschwellige Pochen hatte sie immer nur leicht geweckt und nie so, dass sie hätte aufstehen und ein Medikament nehmen können. Sie zog ihr Kissen über die Augen, das Tageslicht brannte zu sehr darin. In ihrem Magen bahnte sich ein flaues Gefühl an. So würde sie nicht aufstehen können, also blieb sie liegen und hielt die Augen geschlossen.

Nach einer Weile klopfte es an ihrer Tür. „Hikari, Mama ist schon unterwegs, ich soll dich wecken und…“ Taichi unterbrach mitten im Satz. Sie hörte seine Schritte, er schien zu ihr zu kommen. Dann spürte sie, dass er sich zu ihr auf die Bettkante setzte. „Was kann ich tun?“, fragte er. Wortlos zeigte sie auf ihren Nachtschrank, auf dem ihre Medikamente lagen. Es raschelte und nach ein paar Sekunden spürte sie, wie ihr eine Tablette in die Hand gedrückt wurde. Sie steckte sie in den Mund und ließ sie unter der Zunge zergehen. Der künstliche Minzgeschmack verstärkte die Übelkeit.

„Möchtest du Kaffee oder Cola?“, hörte sie ihren Bruder erneut fragen. „Kaffee.“, murmelte Hikari. Taichi erhob sich. Koffein half, denn es verengte die Blutgefäße im Gehirn, die durch die Migräne erweitert wurden. „Kannst du noch die Aromalampe anmachen?“, fragte sie. Wieder vernahm sie ein Rascheln und dann ein Piepen, als der Diffusor eingeschaltet wurde. Sie zog das Kissen etwas von ihrem Gesicht, so dass sie den Eukalyptusduft einatmen konnte. Er linderte etwas die Übelkeit. „Danke.“, sagte sie. „Ich hol dir mal einen Kaffee.“, hörte sie Taichi noch sagen, dann schloss sich die Tür hinter ihm. Sie seufzte frustriert. Es war wirklich süß, dass ihr Bruder sich so um sie kümmerte. Aber eigentlich war es auch schon traurig, wie routiniert er darin war. Bei den meisten ihrer Attacken war es Taichi, der ihr beistand. Und sie war unendlich dankbar, ihn zu haben.

Als es erneut leise an der Tür klopfte und Taichi eintrat, zeigte das Medikament bereits Wirkung. Der Kopfschmerz ebbte langsam ab und sie konnte sich schon aufsetzen. Dafür verspürte sie immer noch die Übelkeit und jetzt kam auch, verschuldet durch die Medizin, noch ein altbekannter Schwindel hinzu. Hikari lächelte ihren Bruder dankbar an, als er ihr die Tasse mit dem Kaffee reichte. Vorsichtig nippte sie daran. Ihr Kiefer schmerzte, noch eine Nebenwirkung der Tablette, aber das würde rasch vergehen. Doch die heiße, süße Flüssigkeit ließ wenigstens die Übelkeit sofort weniger werden. „Danke dir.“, sagte sie. Taichi lächelte sie ebenfalls an und setzte sich wieder zu ihr auf die Bettkante. „Geht es dir schon wieder besser?“, fragte er. Sie nickte.

Einen Moment saß er nur schweigend bei ihr und sie trank ihren Kaffee. Nach einer Weile sagte er: „Ich wollte dir noch von meinem Telefonat mit Meiko erzählen, wenn du aufnahmefähig bist.“ „Schieß los, ich wollte dir auch was erzählen.“, sagte sie. Taichi nickte und begann: „Meiko meinte, dass es ganz sicher nicht unsere Verlobung sein kann.“ Sein Blick ging zu seiner Schwester, die ihn gespannt ansah. „Sie hat jemanden kennengelernt und ihn ihren Eltern vorgestellt.“, erklärte er weiter. Hikari lächelte. „Das ist ja toll. Und kennt man den Glücklichen?“ Taichi grinste. „Ja kennt man, es ist Koushiro Izumi. Sie haben sich auf einer Party bei uns kennengelernt und sind dann ausgegangen. Und seitdem sind sie zusammen. Und jetzt hat sie ihn ihren Eltern vorgestellt und ihnen verkündet, dass wir beide nicht heiraten werden und das auch in meinem Interesse liegt.“ „Damit hat sie dich ja ganz schön unter Zugzwang gesetzt.“, sagte Hikari.

Taichi kratze sich am Kopf. „Es wird auf jeden Fall nicht mehr lange dauern, bis die Mochizukis mit unseren Eltern sprechen werden. Ich glaube, ich sollte ihnen lieber vorher von Mimi erzählen.“, sagte er. Hikari nickte. „Ja, ich glaube auch, dass das besser wäre. Ich freue mich auf jeden Fall für Meiko und Koushiro. Die beiden passen gut zusammen.“ „Ja, das finde ich auch.“, bestätigte Taichi lächelnd. Dann wurde sein Gesichtsausdruck wieder ernster. „Aber das bedeutet auch, dass es sich sehr wahrscheinlich um die Bekanntgabe deiner Verlobung handeln könnte.“, sagte er.

Hikari seufzte. „Ich habe gestern einen Artikel von Ishida- Online News gelesen, in dem von Gerüchten um eine private Festigung zwischen den Familien Yagami und Motomiya die Rede ist.“, erzählte sie. „Oh. Wenn die Medien schon darüber berichten…“, begann Taichi. „Dann steckt meistens mehr dahinter.“, endete seine Schwester. Er bedachte sie mit einem mitfühlenden Blick. „Taichi…Ich habe auch jemanden kennengelernt.“, begann Hikari langsam. Ihr Bruder lächelte sie nun an. „Und du magst ihn?“ Sie nickte. „Mehr als Daisuke?“ Nun zögerte sie. „Ich kenne ihn erst seit ein paar Tagen, aber…“ „Mit ihm fühlt es sich anders an?“, half Taichi. „Ja. Mit ihm fühle ich mich, wie ich selbst.“, versuchte sie zu erklären.

Der Ältere lächelte wissend. „Genau so, geht es mir bei Mimi auch. Als ich sie damals zum ersten Mal gesehen habe, war es direkt um mich geschehen. Ich konnte es wirklich selber nicht glauben und hab dieses ganze Gerede um „Liebe auf den ersten Blick“ immer für totale Übertreibung gehalten, aber als ich Mimi sah, wie sie in diesem Kochstudio stand, oh Mann. Sie hat mich einfach umgehauen.“ Hikari kicherte. Sie konnte sich noch gut an den Tag erinnern, denn sie war bei dem Videodreh auch dabei. Ein paar Tage zuvor hatte ihre Mutter ihr Mimi bereits vorgestellt und sie verstanden sich auf Anhieb gut. Als dann Taichi auch mit zum Set kam, hatte er seine Schwester irgendwann perplex am Arm gepackt und gefragt: „Wer ist diese Schönheit?“ Hikari hatte ihren Bruder noch nie so fasziniert und sprachlos erlebt.

Später machte die Jüngere Mimi und Taichi miteinander bekannt. Und danach ging alles sehr schnell. Die forsche Art des Brünetten hatte dem YouTube Star so sehr imponiert, dass sie sofort zusagte, mit ihm auszugehen. Und ab da waren die beiden unzertrennlich. „Hikari, du solltest in dieser Sache weniger auf deinen Verstand und mehr auf dein Herz hören.“, sagte Taichi und tippte ihr mit dem Zeigefinger leicht gegen die Stirn. „Wenn es sich richtig anfühlt, dann ist es das auch.“

Hikari dachte einen Moment über seine Worte nach. „Und wenn ich einen Fehler mache? Wenn ich Daisuke verlasse und mich für Takeru entscheide und wir uns dann trennen?“, fragte sie. „Naja, dann war das aber immer noch ganz allein deine Entscheidung und nicht die unserer Familie.“, sagte Taichi. Sie sah ihn nachdenklich an, schwieg aber. Er nahm ihre Hand und schenkte ihr noch ein Lächeln, welches sie zögerlich erwiderte.

Nach einer Weile des Schweigens fragte er: „Ach übrigens, Takeru? Ist das der Neue?“ Ihr Blick wurde weicher und ihr Lächeln vertiefte sich, als sie an den Blonden dachte. „Ja, das ist er.“ Dann sah sie ihren Bruder erstaunt an und fragte: „Kennst du ihn etwa?“ Taichi schüttelte den Kopf und erwiderte: „Nein, aber Daisuke hat beim Mittagessen vom ihm erzählt. Dass er dich umgerannt hat und wie unhöflich er war.“ Er lachte. „Jetzt verstehe ich auch, warum er so wütend war.“ Hikari verdrehte die Augen. „Takeru war überhaupt nicht unhöflich. Und wenn, dann hab eher ich ihn umgerannt, als anders herum.“, verteidigte sie den Blonden. „Und außerdem ist er soooo süß und hat so schöne Augen.“, sagte Taichi mit viel zu hoher Stimme.

Hikari lachte. „So hör ich mich gar nicht an.“, sagte sie und griff sich ihr Kissen, um damit ihren Bruder von der Bettkante zu schubsen. Dieser lachte ebenfalls und stand dann auf. „Aber ein Bisschen süß ist er schon, oder?“, alberte er noch einmal. Hikari lachte wieder und bewarf Taichi jetzt mit dem Kissen. „Ja, er ist sogar sehr süß!“, bestätigte sie. Ihr Bruder grinste sie an und ging dann in  Richtung Tür. „Ich geh jetzt was zu essen machen.“ „Bitte was mit viel Käse.“, rief ihm Hikari hinterher, als er im Flur verschwand. Als sie die Beine über die Bettkante schwang, stellte sie fest, dass es ihr bereits viel besser ging. Also stand sie auf und ging duschen.

Nachdem sie gegessen hatten, ein mit extra viel Käse belegtes Sandwich und eine Cola für Hikari, besprachen sie noch den Tagesplan. „Mama ist erst mal unterwegs. Sie wollte noch einige Kunden und Sponsoren für das Event abklappern. Sie meinte, dass sie dir einen Ordner hingelegt hat, in den du mal reinschauen sollst. Und wir sollen uns ein Motto überlegen.“, erklärte Taichi die Anweisungen, die seine Mutter ihm am Morgen gegeben hatte. Hikari griff sich den schwarzen Ordner und öffnete ihn. Darin befanden sich hauptsächlich Listen für Kostenaufstellungen und Kalkulationen, damit würde sie sich später befassen.

„Ein Motto? Warum dürfen wir das denn entscheiden?“, fragte Hikari und sah ihren Bruder an. Er bedachte sie mit einem viel sagenden Blick. Sie seufzte. Es deutete immer mehr darauf hin, dass der Abend für etwas anderes stand, als ein Charity Event. „Na gut, was hältst du von 1000 und eine Nacht?“, fragte Hikari. Taichi zog eine Augenbraue hoch. „Muss ich dazu was sagen? Ist abgelehnt! Ich schlage was Eleganteres vor: 007, James Bond, Casino Royal.“ Er formte mit seinen Fingern eine Pistole und grinste sie an. Hikari schmunzelte. „Gegen elegant hab ich nichts, aber 007? Nein danke. Wie wäre es mit einem Maskenball?“, schlug sie vor. Taichi überlegte einen Moment, dann nickte er. „Ja, von mir aus. Maskenball klingt gut.“

Sie besprachen noch ein paar Details, die Hikari auf einem neuen Blatt im Ordner notierte. Später würde sie das grobe Konzept dann ihrer Mutter präsentieren. Als sie fertig waren, nahm sie sich ihr Handy und schrieb Takeru, ob er nicht vorbeikommen wolle. Sie vermisste ihn und ihre Mutter würde erst später nach Hause kommen. Taichi hatte Recht. Sie sollte mehr auf ihr Herz hören, als auf ihren Verstand. Und im Moment wollte ihr Herz eindeutig Takeru.

Glücklich sein

Die nächsten Tage verliefen immer recht ähnlich. Yuuko verließ am Morgen das Haus und hinterließ ihren Kindern eine To-Do Liste für den Tag. Diese erledigten die Dinge darauf am Vormittag, damit sie am Nachmittag Freizeit hatten. Taichi ging meistens zu Mimi und wenn er weg war, kam Takeru zu Hikari. Es war nicht so, dass sie ihn vor ihrem Bruder versteckte, aber sie kannte Taichi und wusste, dass er einen stark ausgeprägten Beschützerinstinkt hatte und wollte ein Aufeinandertreffen der beiden so lange wie möglich aufschieben.

Am Dienstag passierte es dann aber doch, dass sich die beiden begegneten. Hikari dachte, dass ihr Bruder schon los sei und hatte Takeru Bescheid gegeben, dass er nun zu ihr kommen könne. Als sie ihm die Haustür öffnete, zog sie ihn sofort an sich und legte ihre Lippen auf seine. Er hatte nicht einmal die Gelegenheit, seine Jacke auszuziehen. Doch er konnte auch nicht behaupten, dass er es besonders schlimm fand, so empfangen zu werden. Eigentlich gefiel es ihm sogar sehr. Nach einer Weile löste Takeru den Kuss und sagte grinsend: „Darf ich erst einmal ankommen?“

Hikari tat, als müsse sie überlegen und erwiderte dann: „Ausnahmsweise. Aber nur kurz. Wenn du mich zu lange warten lässt, dann langweile ich mich vielleicht.“ Das Grinsen auf dem Gesicht des Blonden wurde noch breiter und er folgte Hikari in ihr Zimmer, wo er seine Jacke und seine Schuhe auszog. Auch, wenn ihre Eltern nicht da waren, sie wollten sie lieber auf Nummer sicher gehen und Takerus Sachen nicht im Eingang stehen lassen, falls doch einer von ihnen früher zurückkam. Der junge Mann trat nun einen Schritt auf Hikari zu und legte seine Arme um sie.

„Wie sieht es aus, langweilt sich die Prinzessin schon?“, fragte er und bedachte sie mit einem Schmunzeln. Sie legte ihre Hände auf seine Brust und fuhr mit ihren Fingern die Konturen seiner Muskeln nach, was ihn leicht erschaudern ließ. Dann sah sie in seine Augen und schenkte ihm ein zuckersüßes Lächeln. „Hm. Ein Wenig schon, ja.“, säuselte sie. Er zog sie enger an sich und fragte: „Was machen wir denn nur dagegen?“ Mit einer Hand glitt sie in seinen Nacken und zog ihn zu sich hinunter. „Ich hätte da eine Idee…“, sagte sie und legte ihre Lippen auf seine.

Während Takeru den Kuss erwiderte, begannen seine Hände langsam ihren Körper auf und ab zu wandern. Er strich ihr über den Rücken, was ihr einen wohligen Schauer verursachte. Hikari presste sich noch dichter an ihn. Er fuhr mit seiner Zunge ihre Lippen nach und sie öffnete ihren Mund, um ihm Einlass zu gewähren. Ihre Hand fuhr durch sein Haar, seine lag auf ihrem Gesäß. Begierig tauschten sie weiter Küsse aus, während sie langsam zu Hikaris Bett gingen. Als sie dort ankamen, ließ die junge Frau sich langsam darauf nieder. Takeru folgte ihr, legte sich neben sie und breitete seine Arme aus, sodass sie sich an ihn schmiegen konnte. Sofort fanden ihre Lippen wieder zusammen.

Hikaris Hände lagen auf Takerus Brust und sie konnte durch den dünnen Stoff seines Pullovers deutlich seinen beschleunigten Herzschlag spüren. Er passte genau zum Rhythmus ihres Eigenen. Nach einer Weile wurden ihre Küsse ruhiger, wurden zärtlicher. Schließlich löste sich Takeru irgendwann von Hikari und sah ihr tief in ihre braunen Augen. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen, welches sie sofort erwidert. „Weißt du, es ist schon komisch. Ich hatte in meinem Leben nie einen Ort, den ich wirklich Zuhause genannt habe. Aber wenn ich an dich denke, da fühlt sich dieses Wort fast schon richtig an.“, sagte er. Sie strich ihm über die Stirn und erwiderte: „Mit dir fühlt sich alles echt an. Irgendwie vollkommen.“ „Als gehörten wir zusammen.“, ergänzte Takeru. „Ja., bestätigte Hikari und beugte sich erneut zu ihm hinab, um ihn zu küssen.

Doch ein Klopfen ließ die beiden plötzlich erschrocken auseinander fahren und im nächsten Moment wurde auch schon die Zimmertür geöffnet. „Hikari, kannst du…“ Taichi trat ein und brach mitten im Satz ab, als er seine Schwester und Takeru auf dem Bett liegen sah. Ohne ein Wort zu sagen, starrte er die beiden einen Augenblick lang an, drehte sich dann um und ging aus dem Zimmer. Die Tür schlug er geräuschvoll hinter sich zu. „Oh mist.“, stellte Hikari fest und sprang sofort auf. „Warte hier, ich rede mit ihm.“, sagte sie zu Takeru und eilte ihrem Bruder nach.

Sie musste nicht lange nach ihm suchen, denn Taichi wartete im Flur auf sie. Seine Arme hatte er vor der Brust verschränkt. „Bist du böse?“, fragte sie vorsichtig. Der Ältere starrte seine kleine Schwester einen Moment an, ehe er seufzte. „Etwas schon, ja.“ Hikari zuckte zusammen. „Aber nicht, weil du ihn mitgebracht hast. Sondern eher, weil du es heimlich gemacht hast.“, erklärte Taichi. „Oh…“, entgegnete sie. „Wieso hast du mir nicht gesagt, dass er vorbeikommt? Ich hätte dich doch sogar decken können.“ Hikari zögerte einen Moment. „Ich hatte Angst.“, gab sie zu.

„Vor mir?“, fragte ihr Bruder erstaunt. „Davor, dass du ihn kennenlernen möchtest. Und dass du ihn nicht magst.“, sagte sie leise und sah zu Boden. Taichi ging auf sie zu und im nächsten Moment spürte sie, wie er sie in seine Arme zog. „Jemanden, der meine kleine Schwester so glücklich macht, wie er es tut, den kann ich gar nicht hassen.“, sagte er. Bei seinen Worten legte sich ein Lächeln auf ihre Lippen. „Danke.“, erwiderte sie und drückte nun auch ihn an sich. Nach einer Weile lösten sie sich voneinander und Taichi sah Hikari an. „Außerdem,“, begann er und ein Grinsen erschien auf seinem Gesicht. „Wenn ich mit Daisuke klar komme, dann komme ich mit jedem klar.“ Das brachte die junge Frau nun zum Lachen. „Komm, ich stelle euch einander vor.“, sagte sie schließlich.

Als sie das Zimmer wieder betraten, saß Takeru auf Hikaris Bettkante. Er sprang sofort auf und hielt Taichi seine Hand hin, um sich bei ihm vorzustellen. Sonst war er immer so selbstsicher und cool, doch nun wirkte er ziemlich nervös, was Hikari irgendwie süß fand. Der Ältere ging auf den Blonden zu und ergriff die Hand, die ihm entgegengestreckt wurde. Er sah ihm fest in die Augen und sagte dann: „Ich bin Taichi, freut mich, dass wir uns endlich mal kennenlernen.“ Erleichterung zeichnete sich auf Takerus Gesicht ab, als er zögerlich lächelte und antwortete: „Freut mich auch, ich bin Takeru.“ Hikari strahlte die beiden an. Das war doch besser verlaufen, als sie gedacht hatte.

„Wollen wir vielleicht zusammen essen?“, schlug sie vor, da die Stimmung doch noch etwas angespannt zu sein schien. Die beiden nickten, doch bevor Taichi Takerus Hand, die er noch immer gedrückt hielt, losließ, beugte er sich noch einmal vor und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Die Männer warfen sich noch einen Blick zu und der jüngere der beiden nickte mit ernster Miene. Dann lächelte Taichi ihn an, ließ seine Hand los und ging zur Zimmertür und auf den Flur hinaus. „Was hat er zu dir gesagt?“, fragte Hikari neugierig. Takeru schenkte nun ihr ein Lächeln, als er antwortete: „Dass er mich umbringt, wenn ich dir weh tue.“ Die junge Frau verdrehte die Augen. Ihr Bruder konnte es einfach nicht lassen.

Hikari und Takeru gingen nun ebenfalls hinunter und in die Küche. Taichi durchstöberte bereits den Kühlschrank nach etwas zu Essen. „Ich dachte, du wolltest nett sein.“, sagte die Brünette leise und stellte sich neben ihren Bruder. „War ich doch.“, gab dieser in normaler Lautstärke zurück. „Naja, aber meinem Freund zu drohen, ihn umzubringen, wenn er mir weh tut, ist nicht sehr nett!“, rief sie. „Deinem Freund?“, fragte nun jemand, den sie kurz ausgeblendet hatte. Hikari drehte sich zu Takeru um und sah ihn mit geröteten Wangen an. Auf seinen Lippen lag ein Lächeln. „Naja, ja?“, fragte sie unsicher.

Er streckte seine Hand aus und sie ging auf ihn zu, um sie zu ergreifen. Im nächsten Moment legte er seine Arme um sie und sagte: „Das hört sich sehr gut für mich an.“ Hikari lächelte ihn glücklich an. „Ich möchte euch ja wirklich ungern unterbrechen, aber was ist mit Daisuke?“, fragte Taichi vorsichtig und schloss den Kühlschrank. Hikari senkte den Blick und sah auf Takerus Brust. Sein Geruch und seine Umarmung gaben ihr die Sicherheit, die Worte, die für sie alles verändern würden, endlich laut auszusprechen: „Ich werde mich von ihm trennen.“ Dann hob sie ihren Kopf und blaue Augen trafen auf braune. Die beiden lächelten sich an. „Ich habe endlich auf mein Herz gehört.“, sagte sie.

„Das wurde auch wirklich Zeit!“, bestätigte Taichi. Auch auf seine Lippen hatte sich ein Lächeln gelegt. Das Wichtigste für ihn, war das Glück seiner Schwester. Er hatte sie noch nie so vollkommen zufrieden und glücklich gesehen, wie mit Takeru. Doch nun würde noch der schwierigste Teil kommen. Sie mussten es ihren Eltern sagen. Nicht nur, dass sich Hikari von Daisuke trennen wollte, sondern auch, dass Taichi mit Mimi zusammen war. Das würde alles verändern. Und auch wenn er wusste, dass ihre Eltern sie liebten und nur das Beste für sie wollten, hatte ihre Mutter im Laufe der Jahre doch auch viele Opfer für ihre Firma gebracht. Und ob sie es bewusst tat oder nicht, von ihren Kindern erwartete sie ebenso ein gewisses Maß an Bereitschaft, sich dem Wohl der Familie unterzuordnen.

Mimi kam aus einer normalen Familie, sie hatten keinen Einfluss. Ob ihre Eltern sie als Taichis Partnerin überhaupt akzeptieren würden? Und die Verbindung zwischen Hikari und Daisuke war eigentlich entstanden, um die Partnerschaft mit den Motomiyas zu festigen. Was bedeutete es für den Konzern, wenn sich die beiden trennten? Und über Takeru wusste Taichi eigentlich so gut wie gar nichts. Nur, dass er Journalismus studierte. Aber über seine Familie hatte Hikari nichts erzählt. Mit nachdenklichem Blick sah er seine Schwester an. Ihr Glück stand an erster Stelle. Für sie würde er alles tun, auch, wenn er dafür auf Seines verzichten musste.

Anprobe

„Oh Miyako, du bist so wunderschön!“, schwärmte Mimi, die ein Glas Sekt in der Hand hielt und die zukünftige Braut in ihrem weißen Kleid bewunderte. Heute war der Tag der Anprobe und sie hatten sich im Hause der Yagamis getroffen, um Miyako einen besonderen Tag zu bereiten. Es gab Getränke, Kuchen und allerlei andere Leckereien. Meiko, die ebenfalls eingeladen war, stimmte Mimi nun zu: „Sora, das ist wirklich das schönste Kleid, das du jemals gemacht hast. Ken wird aus dem Staunen nicht mehr rauskommen.“ „Ach was, er wird bestimmt weinen, weil sie so wunderschön ist, Mei.“ Mimi hob mit der einen Hand das Glas Sekt an, den freien Arm legte sie über Meikos Schultern und zog sie an sich.

Hikari musste schmunzeln. Auch, wenn Sora schon seit Jahren Mimis beste Freundin war, so verstanden sich Mimi und Meiko wirklich gut. Und das nur, weil Taichi die beiden Frauen einander vorgestellt hatte. Die Ironie in der Sache war niemandem entgangen. Aber Meiko hatte nie etwas für ihren Bruder empfunden und darum freute sie sich von Anfang an für ihn, dass er eine so tolle Partnerin gefunden hatte. Und jetzt, da sie ebenfalls einen Partner hatte, war es sogar noch besser.

Miyako drehte sich noch einmal im Kreis, damit sie von allen Seiten bewundert werden konnte. „Und du Hikari? Wie findest du es?“, fragte sie ihre beste Freundin und riss sie so aus ihren Gedanken. Die Brünette blickte sie an und schenkte ihr ein Lächeln. „Du bist die schönste Braut, die ich kenne.“, gab sie zurück. Nun strahlte Miyako sie an. „Danke. Ihr seid alle so lieb! Gut, dann ziehe ich mich jetzt mal wieder um, denn ich möchte das Kleid ja nicht jetzt schon versauen und versehentlich Sekt darüber verschütten… Und dann wollen wir Hikari in ihrem Brautjungfernkleid sehen.“, rief die zukünftige Braut überschwänglich und machte sich bereits daran, an ihrem Kleid herumzunästeln. Sora kam ihr sofort zu Hilfe.

Sie waren in Hikaris Zimmer und sie hatte ihren großen, begehbaren Kleiderschrank weit geöffnet, da sich in den Türen jeweils ein großer Spiegel befand. So konnte man sich gut selber darin betrachten. Eigentlich hatte sie Miyako auch angeboten, sich in einem anderen Raum umzuziehen, aber sie sagte, sie störe sich nicht daran, wenn ihre Freundinnen dabei waren. Sora musste ihr sowieso helfen, also war es okay für sie. Hikaris Kleid befand sich jedoch bei ihrem Bruder im Zimmer, einfach, weil es ihr zu eng war, wenn Miyako sich bei ihr umzog. Also stand sie nun von ihrem Bett auf und machte sich auf dem Weg zu Taichi, um dem Wunsch ihrer besten Freundin nachzukommen und das Kleid für die Hochzeit anzuprobieren.

Als sie auf dem Flur war, zog sie kurz ihr Handy aus ihrer Hosentasche und sah auf den Bildschirm. Noch keine neue Nachricht. Sie hatte gestern Abend, nachdem Takeru weg war, direkt eine Nachricht an Daisuke geschickt, in der sie ihm geschrieben hatte, dass sie dringend mit ihm sprechen musste. Doch bisher kam keine Reaktion. Seufzend schob sie das Telefon wieder zurück in die Tasche und ging zu Taichis Zimmer, wo sie an die Tür klopfte. „Herein.“, vernahm sie von der anderen Seite und betrat den Raum. Er lag auf seinem Bett und hörte Musik, die er nun leiser machte, als er sie sah.

„Hey, ich wollte eben das Kleid anziehen.“, sagte Hikari und ging auf den Kleiderschrank zu, an dem der Kleidersack ordentlich hing. „Oh klar, dann gehe ich zu dir rüber und warte dort. Ich möchte es ja schließlich auch mal sehen.“, erwiderte Taichi und stand von seinem Bett auf. „Danke. Aber warte noch kurz, bis sie dich reinholen, Miyako zieht sich noch um.“, gab sie zurück. Als ihr Bruder den Raum verlassen hatte, zog sie noch einmal ihr Handy hervor. Sie scrollte durch ihre Kontakte und blieb bei Daisuke stehen. Sollte sie ihn vielleicht anrufen? Aber sie wollte auch nicht am Telefon mit ihm Schluss machen, das hatte er wirklich nicht verdient und dazu mochte sie ihn auch zu gerne. Also wischte sie die Kontaktliste wieder weg und öffnete noch einmal den Chat. Sie schrieb: Daisuke, bitte melde dich. Es ist wirklich dringend. Dann legte sie ihr Handy beiseite und begann, sich umzuziehen.

Als sie ihr Zimmer betrat, hatte sie sich noch nicht selber betrachtet. Taichi hatte keinen großen Spiegel bei sich und sie wollte gerne einen Gesamteindruck von dem Kleid haben. Ihre Freundinnen strahlten sie alle an. Hikari stellte sich direkt vor ihren Kleiderschrank und warf einen Blick in den Spiegel. Sofort schlich sich ein Lächeln auf ihr Gesicht. Sora hatte es mal wieder geschafft, ein absolut umwerfendes Kleid anzufertigen. Sie drehte sich erst nach links, dann nach rechts und strich dabei über den himmelblauen Stoff. Der Ausschnitt war zwar etwas tiefer, als sie ihn normalerweise trug, aber nicht zu gewagt. An den Schultern hatte es dünne Träger und in der Taille, an ihrer schmalsten Stelle, befand sich noch eine farblich passende Schleife. Das Oberteil betonte ihre Figur, der Rock war eher fließend und wenn sie sich bewegte, schwang er hin und her. Er ging ihr bis zu den Knien. Alles in allem war es einfach umwerfend schön und Hikari wollte es am liebsten gar nicht mehr ausziehen.

„Du bist so hübsch.“, schwärmte Miyako. „Oh ja, das steht dir so gut!“, bestätigte Mimi. Als sich Hikari zu ihnen umdrehte, fiel ihr Blick auf ihren Bruder. Ein liebevolles Lächeln hatte sich auf seine Lippen gelegt, als er sagte: „Du siehst aus, wie eine Prinzessin.“ Unwillkürlich musste sie bei seinen Worten an Takeru denken, der sie auch oft mit diesem Spitznamen bedachte und sie spürte, wie sich ihre Wangen röteten. Miyako sprang auf und lief auf sie zu. „Jetzt ist sie verlegen. Aber das brauchst du gar nicht sein. Ich werde sowieso die Schönste an dem Tag sein, du kannst ja die Zweitschönste sein.“, rief sie und umarmte ihre Trauzeugin. Die überschwängliche Art ihrer Freundin lenkte Hikari von ihren Gedanken ab und brachte sie zum Lachen. Ja, Miyako war wirklich eine Nummer für sich.

Nachdem Hikari sich umgezogen hatte, kam sie wieder zu den anderen und sie unterhielten sich noch eine ganze Weile. Dabei tranken sie Sekt, aßen Kuchen und später bestellten sie noch Pizza. Da sie das Haus für sich hatten, weil ihre Eltern für ein paar Tage weggefahren waren, um für die Charity- Party am Samstag noch einige wichtige Dinge zu erledigen, übernachtete Mimi bei ihnen. Ihre restlichen Freundinnen, machten sich am späten Abend auf den Heimweg. Meiko wurde grade von ihrem Fahrer abgeholt und lächelte ihnen noch einmal zu, als sie ging. „Kommt Yamato vorbei, um dich abzuholen?“, fragte Hikari und sah Sora an, die grade auf ihr Handy geschaut hatte.

„Ja, er müsste gleich da sein. Da ist er schon.“, sagte sie und hob die Hand, um ihm zu winken. Hikari zögerte kurz, dann sagte sie: „Sora, es gibt da was, was ich dir sagen wollte…“ Doch ihre Freundin hob bereits eine Hand. „Ich weiß schon. Es ist wegen dieses Onlineartikels, den Ishida- News neulich über euch gebracht hat, oder? Yamato ist deswegen total ausgerastet und hat den Verfasser sofort zur Rede gestellt. Der Artikel wurde wieder rausgenommen.“, sagte sie und lächelte Hikari vorsichtig an. Erleichterung überkam die Jüngere. Sie wusste, dass es auch für Sora und Yamato oft nicht einfach war, ihre Arbeit und die private Freundschaft miteinander zu vereinbaren, doch diesen Rückhalt von ihnen zu spüren, tat wirklich gut. „Danke! Und sag Yamato auch danke von mir.“, sagte Hikari und umarmte Sora zum Abschied. „Natürlich.“, erwiderte diese und machte sich dann auf dem Weg zu ihrem Mann.

Sie sah den beiden noch eine Weile nach und wollte sich dann auf den Weg zurück in das Haus machen, doch da erweckte ein Schatten auf der anderen Straßenseite ihre Aufmerksamkeit. Als sie die Augen zusammenkniff, um in der Dunkelheit mehr erkennen zu können, sah sie, dass jemand auf sie zukam. Einen Moment überlegte sie, schnell ins Haus zurück zu gehen, doch die Bewegungen des Schattens kamen ihr irgendwie vertraut vor, also wartete sie ab. Als die Person, die jetzt auf sie zuhielt, in den Schein der Laterne trat und sich ihre Umrisse verdeutlichten, schlug Hikaris Herz vor Aufregung schneller. Sie hatte zwar mit ihm sprechen wollen, aber dass er einfach so vorbeikam, überraschte sie jetzt doch sehr.

„Daisuke.“, sagte sie, als er nahe genug war, um sie hören zu können. Der junge Mann blieb vor ihr stehen, die Hände in den Taschen vergraben und ein Ausdruck auf dem Gesicht, der sich nicht so recht deuten ließ. „Hallo Hikari. Schön dich zu sehen. Du wolltest mit mir reden, als bin ich vorbeigekommen.“, sagte er und sah sie durchdringend an. Hikari schluckte schwer, dann nickte sie vorsichtig. Einen Moment schwiegen sie, dann fragte er: „Sollen wir reingehen?“ Eigentlich wäre sie lieber hier draußen mit ihm geblieben, aber das wäre unhöflich gewesen, also nickte sie erneut und bat ihn herein.

Als Daisuke ihr in ihr Zimmer folgte, spürte sie förmlich, wie sich sein Blick in ihren Rücken bohrte. Ein unangenehmes Gefühl breitete sich in ihrer Magengegend aus und sofort überkamen sie Schuldgefühle und Gewissensbisse. So sehr sie Takeru auch mochte, sie wollte Daisuke nicht wehtun. Und auch wenn sie sich entschieden hatte, auf ihr Herz zu hören, so wusste sie, dass nun das schwierigste Gespräch anstehen würde, das sie jemals geführt hatte. Denn auch ohne es zu beabsichtigen, sein Herz würde sie so oder so brechen.

Zerbrechen

Hikari beobachtete Daisuke dabei, wie er einen Schluck aus seinem Glas trank. Sie hatte die Getränke vor einer Weile geholt und nun saß sie auf ihrem Bett und der Braunhaarige hatte ihr gegenüber auf einem grünen Ohrensessel, auf dem sie normalerweise abends ihre Kleidung für den nächsten Tag bereitlegte, Platz genommen. Sie hatten noch nicht viel gesprochen, da Hikari nicht wusste, wie sie anfangen sollte. Doch nun ließ Daisuke sein Glas sinken und sah sie an, als er sagte: „Ich wollte mich bei dir entschuldigen.“ Überrascht sah sie zu ihm. „Ich habe mich nicht korrekt verhalten. Ich hätte deiner Mutter nichts von deinem Arzttermin sagen dürfen, das war eine Sache, die nur dich etwas angeht und ich habe dein Vertrauen missbraucht. Darum kann ich es verstehen, dass du sauer auf mich bist. Aber ich wollte dir sagen, wie leid es mir tut.“, erklärte er, als er ihren Blick bemerkte.

Hikari nickt langsam. Diese Sache hatte sie schon völlig verdrängt. Irgendwie hatte sie nur noch ihre eigenen Probleme im Kopf und schämte sich nun dafür, dass sie gar nicht mehr daran gedacht hatte, warum sie sich überhaupt mit Daisuke gestritten hatte. „Danke, das bedeutet mir viel.“, erwiderte sie. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen, er wirkte plötzlich deutlich weniger angespannt als noch zuvor und viel erleichterter. Hikaris Herz wurde schwer. Jetzt war der Moment gekommen, ihm die Wahrheit zu sagen. Sie atmete tief ein und wieder aus und setzte an, doch Daisukes Stimme riss sie aus ihrer Konzentration: „Ist das dein Kleid für Ken und Miyakos Hochzeit?“

Ihr Blick folgte seinem in Richtung ihres Kleiderschranks, wo das himmelblaue Kleid noch immer neben dem Kleidersack hing. Sie hatte es noch nicht wieder zurückgeräumt. „Ja, ist es.“, antwortete sie und überlegte dann wieder, wie sie eine passende Überleitung schaffen konnte. Doch da stand Daisuke auf und ging zu ihrem Schrank herüber, um es sich aus der Nähe anzusehen. Ehrfürchtig strich er über den fließenden Stoff und behielt ihn einen Moment in der Hand, ehe er sagte: „Ich wette, du siehst wunderschön darin aus. Hast du ein Foto gemacht, wie du es anhast? Ich würde es gerne sehen.“

„Ich, ähm… Ja, hab ich.“, sagte sie zögernd. Nun wusste sie wirklich nicht, wie sie auf das Thema Takeru und Trennung zu sprechen kommen sollte. Also nahm sie sich ihr Handy und öffnete den Ordner mit den Aufnahmen. Sie klickte das letzte Bild an und reichte das Telefon dann Daisuke. Lächelnd betrachtete er das Foto, welches Mimi von ihr gemacht hatte. „Wirklich atemberaubend.“, murmelte er und schaute verträumt auf das Handy.

Je länger er ihr Telefon in den Händen hielt, desto unruhiger wurde Hikari. Doch Daisuke schien sich einfach nicht von ihrem Anblick losreißen zu können, also wartete sie geduldig, dass er es ihr zurückgab. „Hikari.“, hörte sie ihn plötzlich ihren Namen sagen. „Wieso schreibt Takeru Takaishi, dass er dich vermisst und sich auf dich freut?“, fragte er und als sie in sein Gesicht sah, war jegliche Zuneigung daraus verschwunden. Seine Lippen hatte er aufeinandergepresst und seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Sein Blick wirkte kalt und die Wut, die sich langsam in ihm zu sammeln begann, war ihm förmlich anzusehen.

„Wieso liest du meine Nachricht?“, fragte sie geschockt und wollte ihm ihr Handy entreißen, doch er hielt es einfach mit ausgestrecktem Arm von ihr fern, so dass sie keine Chance mehr hatte, heran zu kommen. „Das war keine Antwort auf meine Frage. Außerdem war das ein Versehen. Die Nachricht kam, als ich mir das Foto angesehen habe.“, sagte er. Hikari streckte sich noch einmal, um an ihr Telefon zu kommen, doch Daisuke war viel zu groß, als dass es einen Sinn gehabt hätte. „Bitte, gib es mir. Dann erkläre ich es dir.“, sagte sie und versuchte dabei so ruhig zu klingen, wie sie nur konnte. Der junge Mann musterte sie einen Moment, dann senkte er seine Hand und gab ihr das Handy zurück.

„Also, jetzt erklär mir, warum ein fremder Mann meiner Freundin solche Sachen schreibt.“ Daisuke wurde mit jedem Wort, was er sprach, lauter. Hikari zuckte zusammen. „Also, ich wollte nicht, dass du es so erfährst. Es tut mir so leid…“, begann sie, doch sie wurde direkt unterbrochen. „Das ist nicht dein Ernst, oder? Sag mir jetzt nicht, dass es das ist, was ich denke.“, rief er. „Ich… Ich wollte doch nicht…“, versuchte sie zu sagen. Doch plötzlich begann Daisuke zu lachen  und brachte sie damit völlig aus dem Konzept. „Hikari, du kennst ihn doch gar nicht! Und jetzt glaubst du, dass du mit ihm zusammen sein willst? Ich weiß, dass du schon oft darüber nachgedacht hast, dich von mir zu trennen. Vielleicht ist dir das gar nicht selber bewusst. Aber du musst auch mal an unsere Familien denken, an unsere Firmen. Was würde das für sie bedeuten?“ Daisuke machte einen Schritt auf sie zu.

Hikari starrte ihn nur an. Sie wusste wirklich nicht, was sie darauf erwidern sollte. Er nahm ihre Hand und sah ihr in die Augen. Sie unterdrückte den aufkommenden Impuls, zurückzuweichen und hielt seinem Blick stand, als er sagte: „Ich liebe dich, Hikari. Und egal was du getan hast oder jetzt sagst, es wird nichts daran ändern. Wir haben eine Zukunft miteinander, du und Takeru, das kann niemals funktionieren.“ „Aber ich bin nicht mehr glücklich!“, erwiderte sie endlich und hoffte inständig, er würde sie verstehen. Ein trauriger Ausdruck huschte über sein Gesicht. „Du kannst es aber wieder werden. Ich kann dich glücklich machen, das verspreche ich dir.“, sagte Daisuke nun fast schon flehend.

Mitleid stieg in ihr auf und sie legte eine Hand an seine Wange. „Bitte akzeptier meine Entscheidung. Mach es uns beiden nicht noch schwerer, als es ohnehin schon ist.“, sagte sie sanft. Daisuke schloss seine Augen und schmiegte sich in ihre Berührung. Als er seine Lider wieder hob, sagte er mit fester Stimme: „Nein, das werde ich nicht. Ich werde um dich kämpfen. Und am Ende wirst du einsehen, dass wir zusammen gehören.“ Sie wollte noch etwas erwidern, wollte ihm sagen, dass es endgültig vorbei war, doch er beugte sich in diesem Augenblick zu ihr herunter und presste seine Lippen besitzergreifend auf die ihren. Er hatte sie so überrumpelt, dass sie sich nicht gegen den Kuss wehrte. Im nächsten Moment löste er sich auch schon wieder von ihr und verschwand, ohne noch etwas zu sagen, aus ihrem Zimmer. Erschrocken starrte Hikari ihm hinterher, presste eine Hand auf ihren Mund und brach dann in Tränen aus.

Es mussten bereits einige Stunden vergangen  sein, seit Daisuke gegangen war. Die Zeit seit dem, hatte Hikari damit verbracht, sich in ihrer Verzweiflung weinend auf ihrem Bett zusammenzurollen. Sie fühlte sich einfach nur elend. Schuldgefühle, Trauer, Ekel, Scham, all diese Empfindungen vermischten sich nun mit dem altbekannten dumpfen Pochen in ihrer linken Schläfe. Die Migräne überkam sie so schnell und so heftig, dass sie überhaupt keine Chance hatte, vorsorglich zu reagieren. Das Pochen wurde immer stärker und es fühlte sich nun fast so an, als nehme jemand einen Hammer und schlage immer wieder mit voller Wucht gegen ihren Kopf. Immer, wenn sie die Lider öffnete, stellte sie fest, dass ihr linkes Auge nahezu erblindet war. Auch das Medikament, welches sie vor einiger Zeit genommen hatte, wollte einfach nicht anschlagen.

Vielleicht war dies nun ihre Strafe dafür, dass sie Daisuke so betrogen hatte. Das Karma holte sie schlussendlich doch ein. Ihr Magen begann zu rebellieren und fast hätte sie sich übergeben. Sie wollte schreien, wollte nach ihrem Bruder rufen, doch sie bekam keinen Ton heraus. Alles schmerzte. Jede Bewegung ließ ihren Kopf förmlich explodieren. Hikari konnte sich nicht erinnern, wann es das letzte Mal so heftig gewesen war. Sie hatte kein Gefühl dafür, wie viel Zeit verging, doch irgendwann vernahm sie, wie aus weiter Ferne, dass jemand mit ihr sprach. Dann spürte sie, dass sie berührt wurde, sehr vorsichtig und sanft. Und danach verschwand alles um sie herum in einem dumpfen Nebel und sie ließ sich einfach nur noch darauf zutreiben.

„Was ist denn mit ihr los?“, fragte Mimi und sah ihre Freundin besorgt an. Taichi erhob sich von der Bettkante seiner Schwester und entfernte sich einige Schritte von ihr. So leise er konnte, sagte er: „Wir müssen einen Arzt rufen. So habe ich sie seit sehr langer Zeit nicht mehr erlebt, ich weiß nicht, was ich machen soll.“ Taichi holte bereits sein Telefon hervor und suchte nach Jos Nummer. Es klingelte nur einen Augenblick, dann ging er auch schon ran und er schilderte dem jungen Arzt die Sachlage. „Ja, das machen wir, okay.“, sagte Taichi. „Oh Gott, Hikari.“, rief Mimi plötzlich und lief zu ihr hinüber. Die junge Frau begann, sich am gesamten Körper zu verkrampfen. Ihr Bruder, der noch immer das Telefon in der Hand hielt, eilte zu ihr und fragte panisch: „Sie hat auf einmal angefangen, zu krampfen und zu zittern. Was sollen wir machen?“

„Ja, ist gut. Wirklich? Machen wir. Bis gleich.“ Dann legte Taichi auf und sah Mimi an. Die junge Frau versuchte Hikari beruhigend über den Arm zu streicheln, das Zittern hatte bereits nachgelassen, aber ihre Körperhaltung war immer noch angespannt. „Sie hatte vermutlich einen epileptischen Anfall. Wir sollen einen Krankenwagen rufen, Jo kommt in die Klinik.“, sagte Taichi knapp und verließ dann das Zimmer, um wieder zu telefonieren. Mimi sah ihm nach. So voller Sorge, hatte sie ihren Freund noch nie gesehen. Sie warf einen Blick auf die junge Frau vor ihr und begann wieder, ihr über den Arm zu streichen. „Alles wird gut.“, murmelte sie, doch im Moment waren die Worte eher ein schwacher Versuch, sich selber zu beruhigen.

Der Plan

„Bist du verrückt?“, fragte Taichi aufgebracht und sah seine Schwester ungläubig an. Diese hob auf seine Worte nur eine Augenbraue und erwiderte: „Nein, aber es geht mir wieder gut. Und Dr. Jo hat gesagt, ich darf nach Hause.“ „Ja, nach Hause. Und dort sollst du dich ausruhen. Du hattest grade eine so heftige Migräneattacke, dass sie einen epileptischen Anfall ausgelöst hat. Ich glaube, als er gesagt hat, dass du dich schonen sollst, meinte er nicht, dass du morgen zu dieser Party von Mama gehen solltest.“, sagte er und verschränkte seine Arme vor der Brust. Hikari dachte einen Moment über seine Worte nach. Sie wusste ja, dass er eigentlich Recht hatte. Doch ihre Mutter hatte die Party nicht abgesagt und nach dem, was Daisuke zu ihr gesagt hatte, ahnte sie nichts Gutes. Sie musste einfach hingehen.

Hikari legte eine Hand auf den Unterarm ihres Bruders und schenkte ihm ein kleines Lächeln. „Ich weiß, dass du dir Sorgen machst. Und ich bin dir auch wirklich dankbar dafür. Aber hier geht es um meine Zukunft. Ich möchte das klären, bevor es zu spät ist und ich es später bereuen könnte, nichts getan zu haben.“, sagte sie. Taichi sah sie an. „Lass mich dir helfen. Ich kann doch mit Mama oder Daisuke reden.“, startete er einen letzten Versuch. Doch Hikari schüttelte nur den Kopf und erwiderte: „Ich weiß, du meinst es nur gut. Aber diese Sache muss ich selber klären.“ Einen Moment musterte sie ihr Bruder noch, dann seufzte er resigniert auf, löste seine verschränkten Arme und ergriff ihre Hand. „Na schön, aber wenn irgendwas ist, oder du dich nicht gut fühlst, dann sagst du mir Bescheid!“, verlangte er. Hikari lächelte ihn an und nickte.

Am Freitagmittag durfte sie die Kido-Klinik verlassen. Jo hatte sie von oben bis unten durchgecheckt, auch das MRT hatten sie gestern gemacht. Die Ergebnisse waren zum Glück aber unauffällig. Hikari wurde nun wieder auf neue Medikamente umgestellt. Den gesamten Prozess hatte ausschließlich Jo als Arzt begleitet. Einerseits, weil er der Jenige war, der sie in der Nacht, als sie eingeliefert wurde, betreut hatte, andererseits, weil es ihr ausdrücklicher Wunsch war, als sie sich wieder mitteilen konnte. Ihm war auch aufgefallen, dass es bei den Medikamenten, die sie zuvor bekommen hatte, bei Patienten in vergangen Studien vermehrt zu epileptischen Anfällen gekommen war. Mit dem neuen Therapieansatz erhoffte er sich, dies in Zukunft zu vermeiden. Hikari vertraute ihm vollkommen.

„Ach Taichi, jetzt, wo ich entlassen werde, bekomme ich da auch mein Handy wieder?“, fragte Hikari, als sie grade vor der Klinik standen und darauf warteten, dass sie ihr Fahrer abholte. Ihr Bruder zögerte einen Moment. Als er sie ins Krankenhaus gebracht hatte, hatten sie erst einmal nichts mitgenommen. Später, da wollte Hikari dann, dass Taichi ihr einige Sachen vorbeibrachte, doch bei ihrem Handy hatte er sich geweigert. Er wollte, dass sie Ruhe bekam und er wusste ganz genau, dass sie die mit diesem Gerät nicht hatte. Also ließ er es zuhause. Erst war sie wütend auf ihn, doch irgendwann verstand sie, warum er es getan hatte. Auf ihren Wunsch hin, rief er für sie Takeru an und erklärte ihm alles. Der junge Mann hatte schon etliche Male versucht, seine Freundin zu erreichen und begann, sich langsam wirklich Sogen um sie zu machen. Als Taichi ihm alles erzählte, wollte er sofort zu Hikari fahren.

„Nein, bitte. Sie braucht jetzt wirklich Ruhe. Ich weiß, dass sie dich bestimmt auch sehen möchte. Und sie wird mich wahrscheinlich dafür hassen, dass ich dich jetzt darum bitte. Aber lass sie ein paar Tage für sich sein.“, sagte Taichi am Telefon. Takeru fiel es unglaublich schwer, doch am Ende sagte er: „Gut, ich verspreche dir, dass ich sie in Ruhe lasse. Richte ihr bitte gute Besserung und schöne Grüße von mir aus. Und sobald sie kann, soll sie sich bei mir melden, ja?“ „Das mache ich. Ach, Takeru? Danke. Du bist wirklich in Ordnung.“, sagte Taichi und legte auf.

Der Ältere sah seine Schwester noch einen Moment an. Dann seufzte er und zog ihr Handy, das er vorsorglich heute schon mitgebracht hatte, aus seiner Tasche und reichte es ihr wortlos. Hikari lächelte ihn zum Dank an und entsperrte dann ihren Bildschirm. Sie hatte duzende verpasste Anrufe und Nachrichten. Als sie auf die Anrufliste klickte sah sie, dass fast nur Takerus Name erschien. Dass er versucht hatte, sie zu erreichen, wusste sie bereits von Taichi. Ein paar Mal las sie auch Daisukes Namen und sie spürte, wie Übelkeit in ihr aufstieg. Schnell wischte sie die Anrufliste weg und öffnete die ungelesenen Nachrichten.

Die meisten davon waren Gruppenchats. In einigen hatten Mimi und Taichi die anderen über Hikaris Zustand informiert und ihre Freunde wünschten ihr gute Besserung. Eine Nachricht war auch von ihrer besten Freundin Miyako, die würde sie später beantworten. Dann öffnete sie den Chat mit Takeru überflog ihn kurz. Bevor er mit Taichi telefoniert hatte, schien er sich wirklich Sorgen um sie zu machen. Seine letzte Nachricht hatte er allerdings nach dem Telefonat verfasst: Bitte melde dich, sobald du kannst. Ich hoffe, dass es dir schnell wieder besser geht. Ruh dich auf jeden Fall aus! Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Dann tippte sie: Ich darf jetzt wieder nach Hause, aber meine Eltern sind auch da, darum können wir uns leider nicht sofort sehen. Ich rufe dich nachher an, wenn ich kann. Ich vermisse dich.

Sie steckte das Handy in die Tasche, weil in diesem Moment ihr Fahrer den Wagen vorfuhr. Er stieg aus und begann, ihre Tasche in den Kofferraum einzuladen und hielt ihr dann die Tür auf, damit sie einsteigen konnte. Hikari und Taichi setzten sich nebeneinander und schnallten sich an. Auf der Rückfahrt sprachen sich nicht viel, jeder hing seinen Gedanken nach. Der morgige Tag würde ihnen einiges abverlangen und wahrscheinlich auch eine große Veränderung für sie beide bedeuten. Doch in welche Richtung diese Veränderung ging, das konnten sie zum jetzigen Zeitpunkt beide noch nicht sagen.

Als sie zuhause ankamen, wurden die Geschwister bereits erwartet. Hikaris Eltern zogen sie nacheinander in eine lange Umarmung und ihr Vater musterte sie besorgt. „Wie geht es dir, meine Kleine?“, fragte er. „Alles in Ordnung Papa, wirklich.“, beteuerte sie und lächelte ihn an. Dann trat sie ihrer Mutter gegenüber und sah ihr mit erhobenem Kopf in die Augen, als sie sagte: „Ich soll mich noch etwas ausruhen. Aber wenn die Party morgen stattfinden soll, dann bin ich dabei.“ Yuuko ließ ihren Blick über ihre Tochter wandern, dann entschied sie: „Ja, das Event morgen ist äußerst wichtig. Ich wäre dir wirklich dankbar, wenn du dabei wärst. Aber nur, wenn du dich auch gut genug fühlst. Ich möchte auf keinen Fall, dass du dich übernimmst. Deine Gesundheit steht für mich an erster Stelle.“ Sie kam einen Schritt auf Hikari zu und legte ihr eine Hand auf den Oberarm.

Nun lächelte die junge Frau auch ihre Mutter an. Trotz all ihrer Befürchtungen, sie wusste, dass ihre Eltern sie liebten und nur das Beste für sie wollten. Jedenfalls hoffte sie es innständig. „Danke Mama. Ich passe auf mich auf. Es geht mir wirklich gut. Und Jo wird morgen auch da sein, also bin ich bestens versorgt, sollte etwas passieren.“, sagte sie. Diese Tatsache schien nun auch die restlichen Zweifel bei allen Anwesenden zu beseitigen und Yuuko nickte ihrer Tochter noch einmal zu, ehe sie ihre Hand zurückzog. „Hikari…“, begann sie zögernd, schüttelte dann jedoch den Kopf und sagte: „Ach, schon gut. Ich bin froh, dass es dir gut geht.“

Verwundert sah Hikari ihre Mutter an, doch diese ging bereits an ihrem Mann vorbei und ins Wohnzimmer. Ihr Vater lächelte ihr noch einmal zu, ehe er seiner Frau folgte. Die junge Frau wurde das Gefühl nicht los, dass ihre Mutter ihr noch etwas hatte sagen wollen. Einen Moment sah sie ihren Eltern noch nach, dann warf sie Taichi einen Blick zu und sah, dass auch er es bemerkt hatte. Doch als er den Kopf in ihre Richtung drehte, zuckte er nur mit den Schultern. Scheinbar wusste auch er nicht, was ihre Mutter hatte sagen wollen.

Als Hikari alleine in ihrem Zimmer war, holte sie endlich ihr Handy hervor und wählte Takerus Nummer. Es dauerte nicht lange und er nahm ab. „Hikari. Wie geht es dir? Bist du gut Zuhause angekommen?“, fragte er direkt und ließ ihr keine Gelegenheit, ihn richtig zu begrüßen. Sie begann, leise zu kichern. „Ich habe dich auch sehr vermisst.“, erwiderte sie nur. Einen winzigen Moment schwieg Takeru, dann sagte er: „Du hast gar keine Ahnung, wie sehr du mir fehlst…“ Sie setzte sich auf ihr Bett und ließ sich nach hinten fallen. „Also wenn es dir so ähnlich geht wie mir, dann kann ich mir schon denken, wie sehr.“, gab sie zurück. Nun hörte sie, dass auch Takeru leise lachte. Das war schon besser. Sie mochte sein Lachen lieber, als den sorgenvollen Unterton in seiner Stimme.

„Es geht mir übrigens wieder viel besser. Ich bekomme neue Medikamente und Jo hat alles im Blick.“, sagte sie, um ihm nun doch eine Antwort auf seine anfänglichen Fragen zu geben. „Dann ruhst du dich jetzt aus?“, fragte er. Sie zögerte einen Moment, da sie wusste, dass seine Frage auf etwas ganz Bestimmtes bezogen war. Schließlich seufzte sie. Es hatte keinen Zweck, es ihm zu verschweigen. Er musste es erfahren, also sagte sie: „Ja, heute ruhe ich mich noch aus. Aber morgen werde ich auf diese Party von meiner Mutter gehen.“ Sie hörte, wie Takeru am anderen Ende der Leitung scharf die Luft einsog. Ihre Antwort schien ich nicht zufrieden zu stellen, als sprach sie schnell weiter: „Ich habe die Befürchtung, dass morgen eine Entscheidung getroffen werden soll, die den Verlauf meiner Zukunft betrifft. Und ich muss einfach anwesend sein, um ihr zu sagen, was ich wirklich möchte. Und... Ich würde mich freuen, wenn du auch bei mir wärst.“

„Hikari, wie stellst du dir das denn vor? Wenn Daisuke da ist, wird er alles daran setzen, dass deine Eltern mich nicht reinlassen.“, gab Takeru zu bedenken. „Nun, dank eines wirklich genialen Einfalls einer sehr klugen Person, wird dich niemand erkennen.“, sagte Hikari geheimnisvoll und als Takeru sie nicht zu verstehen schien, fügte sie noch hinzu: „Ich schicke dir gleich eine Einladung mit allen nötigen Details zu, dann verstehst du es schon. Glaub mir, das wird funktionieren. Wir sehen uns dann morgen, okay?“ „Na gut, wenn du so überzeugt davon bist… Ich bin auf jeden Fall für dich da.“, sagte er. „Ich danke dir.“, erwiderte sie lächelnd.

Selbstvertrauen

Als Hikari vor dem Spiegel in ihrem Zimmer stand und sich betrachtete, kam es ihr so vor, als habe sie sich irgendwie verändert. Nicht so sehr ihr Äußeres, noch immer war ihr braunes Haar schulterlang. Sie hatte Wellen hineingedreht und es an der linken Seite mit einem Haarkam zurückgesteckt. Natürlich trug sie auch andere Kleidung als sonst, immerhin war heute ein ganz besonderer Abend. Sie drehte sich nach links und nach rechts und prüfte, ob das dunkelblaue, bodenlange Kleid auch richtig saß. Auch dieses hier war eines von Soras Kreationen, doch es war viel eleganter als das Kleid für die Hochzeit von Miyako und ließ Hikari deutlich erwachsener wirken.

Aber auch das war es nicht, was ihr heute anders an ihr vorkam. Nein, es war vielmehr ihre Ausstrahlung, ihre Haltung, ihr ganzes Auftreten. Sonst war sie immer darauf bedacht, möglichst unauffällig zu sein und sich perfekt in das Bild zu fügen. Doch grade jetzt, da schien sie vor Selbstbewusstsein nur so zu strahlen und wirkte alles andere als unscheinbar. Und das war auch wirklich wichtig, für das, was sie vorhatte. Immerhin musste sie heute der Frau gegenübertreten und sich ihr gegenüber behaupten, die sie im gleichen Maße bewunderte wie sie sich vor ihr fürchtete: ihrer eigenen Mutter. Aber zu wissen, dass Takeru und Taichi an ihrer Seite waren, gab ihr Kraft.

Als Hikari einen Blick auf die Uhr warf, stellte sie fest, dass in weniger als einer Stunde die ersten Gäste kommen würden. Sie beschloss, schon einmal hinunter zu gehen um zu schauen, ob sie noch bei den Vorbereitungen helfen konnte. Auch, wenn ihre Mutter sie von den meisten ihrer Aufgaben entbunden hatte, damit sie sich ausruhen und erholen konnte, wollte sie sich dennoch nützlich machen. Und es war eine gute Gelegenheit, sich schon vor der Feier einmal umzusehen, ob sie einen Hinweis darauf finden konnte, was Yuuko beabsichtigte. Hikari und Taichi hatten bereits mehrfach versucht, unauffällig mit ihren Eltern zu sprechen, doch leider konnten sie nichts rausfinden. Gestern Abend wäre der jungen Frau sogar fast die direkte Frage rausgerutscht, ob sie eine Verlobungsfeier geplant hatten, doch ihr Bruder hatte sie noch rechtzeitig unterbrochen und mit sich nach draußen gezerrt.

„Was glaubst du, würde es bringen, wenn du sie jetzt direkt darauf ansprichst?“, fragte Taichi. Hikari sah ihn an und versuchte, ihre aufsteigende Wut wieder in den Griff zu bekommen. „Vielleicht, dass sie mir endlich mal die Wahrheit sagt?“, erwiderte sie und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Ihr Bruder musterte sie kurz, dann schüttelte er den Kopf und sagte: „Du weißt genauso gut wie ich, dass sie das nicht tun würde. Sie würde nur wieder eine Ausrede erfinden und sich dann rausreden. Und im schlimmsten Fall würde sie ihre Pläne einfach verschieben, damit wir nicht misstrauisch werden, womit unser ganzer Plan hinfällig wäre.“ Hikari drehte ihren Kopf zur Seite und sah an Taichi vorbei in Richtung des Wohnzimmers, wo noch immer ihre Eltern waren. Sie dachte über seine Worte nach. „Du hast Recht. Entschuldige, ich bin nur so angespannt.“, sagte sie. Taichi bedachte sie mit einem mitfühlenden Blick. Als Hikari ihn wieder ansah, schlich sich ein kleines Lächeln auf ihre Lippen und sie fragte: „Seit wann bist du eigentlich der Ruhige und Besonnene von uns?“ Daraufhin lachte auch er und erwiderte: „Ich habe so meine Momente.“

Hätte ihr Bruder sie gestern nicht zur Vernunft gebracht und beruhigt, wäre sie in offene Konfrontation mit ihrer Mutter gegangen. Und das hätte wahrscheinlich alles zu Nichte gemacht. Doch sie hielt es einfach nicht mehr aus, der Gedanke, nicht selber über Zukunft entscheiden zu dürfen, machte sie langsam einfach nur noch wütend. Hoffentlich war nach dem heutigen Abend alles vorbei. Als sie die Treppe hinunterging, hörte sie bereits die Stimme ihrer Mutter. Sie sprach grade mit einem Mann, der ein Klemmbrett hielt und sich Notizen machte. Hikari erkannte ihn wieder, es war der Chef der Cateringfirma. Sie wartete, bis Yuuko das Gespräch beendet hatte und ging dann auf sie zu.

„Mama, kann dir noch irgendwie helfen?“, fragte sie. Ihre Mutter drehte sich zu ihr um und musterte sie von oben bis unten. „Oh Hikari, du siehst hinreißend aus! Wirklich wunderschön. Ich habe grade mit dem Caterer die letzten Details besprochen, der Florist war auch noch einmal da und hat ein paar Änderungen umgesetzt und der Rest dürfte auch erledigt sein. Nein, eigentlich können wir uns jetzt ganz auf die Feier vorbereiten.“, sagte sie, während sie innerlich noch einmal ihre To-Do Liste durchging. „Oh, okay.“, erwiderte Hikari, sie fühlte sich, als habe sie nicht wirklich viel tun können. Als ihre Mutter merkte, dass sie etwas niedergeschlagen wirkte, trat sie einen Schritt auf ihre Tochter zu und legte eine Hand auf ihren Arm. „Du hast mir im Vorfeld mit den Kalkulationen wirklich schon mehr als genug geholfen. Ohne dich wäre ich wirklich nicht durch die ganzen Zahlen durchgestiegen und hätte bestimmt viel zu viel Geld für alles bezahlt.“, sagte sie und hoffte, Hikari damit aufmuntern zu können. Diese sah ihre Mutter an und schenkte ihr ein Lächeln. „Danke. Ich freue mich, wenn ich dir helfen konnte.“, sagte sie.

Einen Moment blieben sie noch so stehen und sahen sich an, dann löste sich Yuuko von ihrer Tochter und sagte: „Ich werde jetzt nach deinem Vater sehen, wahrscheinlich braucht er Hilfe mit seiner Krawatte. Würdest du hier bleiben, falls die ersten Gäste schon früher eintreffen, um sie zu begrüßen?“ Hikari nickte. Als ihre Mutter sich umdrehte und die Treppe hinaufging, sah sie ihr noch nach. Auch sie sah heute umwerfend schön aus, in ihrem langen, smaragdfarbenen Kleid. Manchmal fragte Hikari sich, was wohl gewesen wäre, wenn ihre Mutter niemals Yagami-Corporation gegründet hätte. Sicher, sie waren auch davor schon wohlhabend gewesen, immerhin war ihr Vater ein angesehener Politiker. Aber seit Yuuko die Firma aufgebaut und groß gemacht hatte, gehörte ihre Familie mit Abstand zu den Einflussreichsten des Landes. Hikari war stolz, dass ihre Mutter all das aus eigener Kraft geschafft hatte, doch an manchen Tagen wünschte sie sich, ein einfaches Leben führen zu können. Einfach nur normal zu sein und ihre liebevolle Mama wieder zu haben, so, wie früher.

Doch so sah ihr Leben nun einmal nicht aus. Und was ihr nun blieb, war die Chance, heute endlich allen mitzuteilen, dass sie von nun an selbstständig über ihre Zukunft entscheiden wollte. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, dass jemand auf sie zuhielt und als sie den Kopf in die Richtung drehte, entdeckte Hikari ihren Bruder. „Wow Taichi, du könntest James Bond heute wirklich Konkurrenz machen.“, sagte sie und betrachte ihn in seinem eleganten, schwarzen Anzug. Auf ihre Worte hin erschien ein Grinsen in seinem Gesicht und er richtete sich die schwarze Fliege. „Das Motto war doch, pure Eleganz, oder?“, fragte er und blieb ihr gegenüber stehen. Hikari begann zu kichern. „Naja, eigentlich war es Maskenball, aber ich meine mich erinnern zu können, dass wir auch das Wort elegant erwähnt haben.“, erwiderte sie.

„Da fällt mir ein, ich habe noch etwas für dich.“, sagte Taichi und hielt Hikari etwas hin. Erst jetzt bemerkte sie, dass er die ganze Zeit über etwas in der Hand gehalten hatte und nun warf sie einen Blick darauf. Es handelte sich um zwei Masken, solche, wie man sie aus Filmen oder von Fotos, über venezianische Bälle kannte. Taichi teilte sie nun auf beide Hände auf, sodass Hikari sie besser betrachten konnte. Die erste war sehr schlicht und komplett schwarz, sie hatte eine klassische Form, die nur die Augen bedeckte und beim genauem Hinsehen erkannte sie ein paar geschwungen Linien und Symbole, in mitternachtsblau darauf. Die zweite Maske war viel aufwendiger gearbeitete und erinnerte von ihrer Form an einen Schmetterling. Auch sie bedeckte nur die Augen, doch an der einen Seite sah es aus, als befände sich dort eine Art Flügel. Sie war im gleichen Blau gehalten, wie Hikaris Kleid und auf ihr befanden sich ähnliche Linien und Symbole, wie auf der anderen Maske, nur, dass diese schwarz waren.

Sie brauchte gar nicht zu fragen, welche für sie war, denn Taichi trat bereits auf sie zu und bedeutete ihr, sich umzudrehen. Vorsichtig legte er ihr die Maske an und band dann den Knoten an ihrem Hinterkopf zusammen. „Und wie sehe ich aus?“, fragte sie, als sie sich wieder zu ihm umdrehte. Als er sie musterte, erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht und er antwortete: „Wie eine Königin.“ Hikari errötete bei seinen Worten ein wenig und trat vor den großen Spiegel, der sich neben der Tür befand, um sich zu betrachten. Im ersten Moment erkannte sie sich gar nicht wieder. Die Maske verbarg nur die obere Hälfte ihres Gesichts, doch sie ließ sie tatsächlich wie einen anderen Menschen wirken. Und auch wenn sie Taichis Worte wirklich verlegen gemacht hatten, so kam sie nicht umhin zu bemerken, dass er irgendwie Recht hatte. Das Kleid, die Maske, ihr Auftreten. All das ließ sie, wie eine mächtige Person wirken. Und zum ersten Mal wusste sie, dass sie es schaffen konnte. Sie spürte, dass sie alles schaffen konnte, was sie sich vorgenommen hatte.

Hinter der Maske

Hikari ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Es war wirklich erstaunlich, was ihre Mutter innerhalb von einer Woche mit ein wenig Hilfe auf die Beine gestellt hatte. Das Haus der Yagamis war nicht wieder zu erkennen, durch die Dekoration und die vielen Gäste, die sich alle samt für diesen besonderen Anlass, ganz dem Motto entsprechend, zurecht gemacht hatten, glich es jetzt eher einem Herrenhaus aus einem alten Film, als der Villa, die sie kannte. Hikari war froh, dass sich wirklich alle Gäste maskiert hatten, so würde es Takeru leichter fallen, sich unter sie zu mischen. Aber es war auch schwieriger, Menschen auf Anhieb zu erkennen. Zum Glück bereitete es den meisten Leuten Freude, wenn die junge Frau sie nicht sofort zuordnen konnte, die Party schien eine gelungene Abwechslung zu den sonstigen, normalen Feiern zu sein. Doch es war ihr bestimmt schon 2 oder 3 Mal passiert, dass plötzlich jemand vor ihr gestanden hatte und sie durch die Maske nicht erkennen konnte, wer die Person war. Hoffentlich passierte ihr das nicht mit Daisuke.

Bis jetzt hatte sie es erfolgreich geschafft, dem jungen Mann aus dem Weg zu gehen. Seltsamerweise versuchte er auch nicht, sie anzurufen und hatte ihr auch nicht geschrieben, was ihr ein ungutes Gefühl bereitete. Trotzdem hielt sie weiter nach ihm Ausschau, es war besser, wenn sie wusste, wo er war. Doch noch immer konnte sie ihn nicht entdecken, genau so wenig, wie Takeru. Dafür fiel ihr Blick nun auf einen sehr auffälligen, lilafarbenen Haarschopf und ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Hikari ging auf die junge Frau und ihren Begleiter zu und begrüßte sie mit den Worten: „Wow, Miyako, dieses Kleid ist ja wirklich umwerfend schön!“ Als die Angesprochene ihre beste Freundin bemerkte, drehte sie sich zu ihr um und gab einen kurzen, kleinen Freudenschrei von sich. Sie ließ ihren Verlobten los und umklammerte Hikaris Arm.

„Oh Hikari, danke! Du siehst aber auch toll aus! Und das Fest ist einfach nur wahnsinn. Richtig klasse, ihr habt euch selbst übertroffen.“, schwärmte Miyako. Sie hakte sich bei ihrer Freundin unter und der Samtstoff ihres bodenlangen, roten Kleides strich über Hikaris Haut. Dazu trug sie eine farblich passende Maske. Ken, der einen weißen Anzug und eine weiße Maske trug, aber eine Krawatte im gleichen Rot, wie Miyakos Kleid, kam nun einen Schritt auf die beiden Frauen zu und sagte: „Hallo Hikari, danke für die Einladung. Das habt ihr wirklich toll organisiert.“

Hikari lächelte ihn an. „Danke, aber meine Mutter hat die meiste Arbeit geleistet.“, sagte sie. Dann fiel ihr Blick auf eine weitere Person, die sich soeben neben Ken stellte. „Ah, genau. Ich wollte dir noch jemanden vorstellen. Das ist Iori Hida, ein guter Freund der Familie. Er hat grade angefangen, an unserer Uni Jura zu studieren.“, stellte Miyako den braunhaarigen jungen Mann vor. Er trug einen schlichten schwarzen Anzug, ein weißes Hemd mit Krawatte und eine einfache schwarze Maske. Abgesehen von der Maskierung, hätte er so auch vor Gericht auftreten können, dachte Hikari. Iori verbeugte sich förmlich vor ihr und sagte: „Es freut mich, vielen Dank, für die Einladung.“ „Oh, ja, es freut mich auch. Aber wir brauchen nicht so förmlich zu sein, immerhin bist du ein guter Freund von Miyako. Ich bin Hikari Yagami.“, erwiderte sie und reichte ihm nun ihre Hand, die er daraufhin ergriff.

Sie unterhielten sich noch ein wenig, als Ken irgendwann sagte: „Ah, da ist er ja endlich.“ Natürlich wusste Hikari sofort, wer gemeint war. Und eigentlich war es auch ziemlich naiv von ihr, ihm aus dem Weg gehen zu wollen und dann ausgerechnet bei seinem besten Freund zu stehen. Sie spürte, wie ihr Herz begann, schneller zu schlagen und sich ihr Magen verkrampfte, doch sie traute sich nicht, sich umzudrehen. Ken blickte über ihre Schulter und sagte etwas, doch sie konnte es in diesem Moment nicht wirklich verstehen. Wie zu Stein erstarrt, war ihr Blick stur geradeaus gerichtet, ohne ein wirkliches Ziel anzuvisieren. Erst, als sie plötzlich eine Hand auf ihrem Rücken spürte, schien sie aus ihrer Trance zu erwachen und wandt ihren Kopf ruckartig zur Seite.

Daisuke lächelte sie einfach nur an, während er langsam seine Hand über den tiefen Ausschnitt ihres Kleides gleiten ließ und jeden Zentimeter ihrer nackten Haut mit seinen Fingern berührte. Eine unangenehme Gänsehaut breitete sich auf ihrem Körper aus, doch sie konnte ihren Blick nicht von seinem Gesicht abwenden. Kurz über ihrem Gesäß, wo der Stoff des Kleides wieder ihren Körper bedeckte, stoppte seine Hand und er platzierte sie besitzergreifend dort, während er ein Gespräch mit Ken begann. Hikari war unfähig, sich von ihm zu lösen oder etwas zu sagen. Sie wandte den Blick ab und sah sich hilfesuchend um, doch niemandem schien das Verhalten der beiden seltsam vorzukommen.

„Also, wenn ihr uns kurz entschuldigen würdet. Wir müssen noch ein paar Leute begrüßen.“, sagte Daisuke zu den anderen, ließ seine Hand aber an Hikaris Rücken. „Klar, wir sehen uns dann später.“, erwiderte Miyako freudig, als sich die beiden bereits von ihren Freunden abwandten. Noch einmal warf Hikari ihrer besten Freundin einen hilfesuchenden Blick zu, doch diese hatte sich bereits wieder zu ihrem Verlobten gedreht und ihn in eine Unterhaltung verwickelt. Es blieb ihr im Moment also nichts anderes übrig, als sich von Daisuke durch den Raum führen zu lassen, wenn sie keine Szene machen wollte. Und das schien er genauso gut zu wissen, wie sie.

Sie betraten nun einen der Flure, auf denen sich die Gästezimmer befanden, daher war hier auch niemand. Daisuke wollte noch weitergehen, doch Hikari blieb so abrupt stehen, dass er es ihr gleichtat. Sie drehte sich zu ihm um und sah ihm direkt in sein Gesicht, die obere Hälfte war, wie ihr eigenes, durch eine schneeweiße Maske verdeckt. Die Farbe bildete einen starken Kontrast zu seinem schwarzen Anzug und dem schwarzen Hemd, welches er trug. Als sie nun vor ihm stand und ihn ansah, breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.

„Ich muss sagen, als ich das Bild von dir in dem Kleid für Miyakos Hochzeit gesehen habe, da war ich wirklich begeistert. Du siehst so wunderschön darin aus. Aber dieses Outfit, dieser Ausdruck in deinem Gesicht. Ich glaube, ich habe mich noch nie so sehr zu dir hingezogen gefühlt, wie in diesem Moment.“, sagte Daisuke und trat einen Schritt auf sie zu. Unwillkürlich wich Hikari zurück und erwiderte: „Ich habe dir gesagt, dass es vorbei ist. Bitte akzeptiere meine Entscheidung. Du machst es für uns beide nur noch schwerer, als es ohnehin schon ist.“ Auf ihre Worte hin schüttelte er den Kopf, noch immer lächelnd. „Und ich habe dir gesagt, dass ich um dich kämpfen werde. Was wäre das denn für ein Kampf, wenn ich jetzt schon aufgebe?“, antwortete er.

Hikari beschloss, dass es ihr nichts bringen würde, weiter zurückzuweichen. Irgendwann würde sie nicht weiter zurück können und er hatte sie dann in die Ecke getrieben. Also blieb ihr nur eines: Sie musste sich ihm stellen. Sie machte einen entschlossenen Schritt in Daisukes Richtung und schaffte es tatsächlich, ihn damit so zu überraschen, dass er stehen blieb. Dann versuchte sie, all das Selbstvertrauen, das sie aufbringen konnte, in ihre Stimme zu legen und sagte: „Einen Kampf, den man schon verloren hat, bevor man ihn beginnt, sollten man besser gleich aufgeben. Also gib auf!“ Und ohne eine Antwort abzuwarten, drehte sie sich um, ging davon und ließ ihn einfach stehen. Erst als sie etwas Abstand zwischen sich gebracht hatte, erlaubte sie sich, tief durchzuatmen und spürte, wie stark ihr Herz schlug und dass sie etwas zitterte.

Als sich plötzlich eine Hand auf ihre Schulter legte, dachte sie, Daisuke sei ihr gefolgt und machte sich innerlich für eine weitere Konfrontation mit ihm bereit. Doch als sie sich umdrehte und in das Gesicht ihres Bruders blickte, überkam sie eine solche Woge der Erleichterung, dass sie fast angefangen hätte, zu weinen. Taichi trug nun ebenfalls eine Maske, sie war ganz in Gold und bedeckte seine Augen und die linke Hälfte seines Gesichts. Hikari erinnerte sie sehr an das Phantom der Oper. Als der junge Mann nun bemerkte, wie verstört seine Schwester wirkte, nahm er sie sofort in seine Arme. „Was ist passiert?“, fragte er und die Sorge war seinem Tonfall deutlich anzuhören. Taichis Nähe gab ihr Sicherheit, die sie einen Moment auf sich wirken ließ, um sich etwas zu beruhigen. Dann antwortete sie: „Daisuke.“ Mehr brauchte Hikari auch nicht zu sagen, sie spürte, wie Taichi seine Umarmung verstärkte, um ihr noch mehr Halt zu geben und war ihm in diesem Moment unendlich dankbar.

Nach einer Weile, als sie sich sicher war, dass sie sich wieder beruhigt hatte, löste sie sich von ihrem Bruder und schenkte ihm ein dankbares Lächeln. Taichi erwiderte es und sagte dann: „Ich glaube, ich weiß jetzt genau das Richtige, um dich auf andere Gedanken zu bringen.“ Als Hikari ihn nur fragend ansah, nahm er ihre Hand und führte sie durch den Flur und in den Eingangsbereich. Doch statt zur Vordertür hinauszugehen, an der ein Security grade die Einladungskarten einiger neuer Gäste überprüfte, stiegen die Geschwister die Stufen der großen Treppe hinauf. Auch hier hielt sich niemand auf, denn zu diesem Bereich war nur der Familie der Zutritt gewährt. Als sie oben ankamen, ließ Taichi die Hand seiner Schwester los und schob sie noch ein Stück weiter in Richtung ihres Zimmers. Verwirrt drehte sie sich zu ihm um und sah, dass er bereits wieder nach unten ging.

Sie wollte ihm folgen und fragen, was das alles zu bedeuten hatte, da vernahm sie hinter sich ein Geräusch. Als sie sich umdrehte, stockte ihr einen Moment lang der Atem. Vor ihr stand Takeru, in einem schwarzen Anzug. Dazu trug er ein Hemd, welches die gleiche Farbe hatte, wie ihr Kleid und seine Augen waren von der schwarzen Maske mit den blauen Ornamenten bedeckt, die Taichi noch vor wenigen Stunden in der Hand gehalten hatte, als er Hikari dabei geholfen hatte ihre eigene anzulegen. Ein Lächeln lag auf seinen Lippen und er streckte ihr nun seine Hand entgegen. Als sie sie ergriff, zog er sie in seine Arme und kurz darauf fanden auch ihre Lippen zueinander.

Auf Wolken schweben

Als sich ihre Lippen berührten, fühlte sich Hikari, als habe ihr bis zu diesem Moment etwas sehr wichtiges gefehlt, ohne, dass sie es bewusst wahrgenommen hatte. Und nun, da Takeru endlich wieder bei ihr war, sie berührte, sie küsste, da schien sie endlich wieder vollständig zu sein. All ihre Sorgen und Ängste schienen mit einem Mal von ihr abzufallen und sie ließ sich voll und ganz auf die Wärme seiner Umarmung ein, die ihr Sicherheit schenkte. Wie hatte sie die letzten Tage nur ohne ihn überstehen können? Und was noch wichtiger war: wann hatte sie dermaßen starke Gefühle für ihn entwickelt?

Takeru und Hikari tauschten nun hungrige Küsse, wie zwei Personen, denen man seit Tagen die Mahlzeiten verwehrte. Dabei wanderten ihre Hände rastlos über den Körper der jeweils anderen, wie, um sich zu vergewissern, dass er auch wirklich und wahrhaftig vor ihnen stand. „Ich hab dich so vermisst.“, murmelte Takeru in einen ihrer Küsse hinein. Hikari nickte nur stumm und als Zustimmung auf seine Worte, legte sie noch einmal sanft ihre Lippen auf die seinen. Erst, als sie sich nach einer gefühlten Ewigkeit ein Stück voneinander lösten, sagte auch sie: „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie froh ich bin, dich endlich wieder bei mir zu haben.“ Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht, als er erwiderte: „Ich habe da eine Ahnung.“ Auch Hikari lächelte ihn an.

„Und wie geht es dir?“, fragte Takeru nun und musterte sie eingehend. „Jetzt, da du hier bist, wesentlich besser.“, antwortete sie schmunzelnd. Als er sie weiterhin nur mit prüfendem Blick ansah, seufzte sie und erklärte: „Körperlich ist alles in Ordnung, momentan. Es ist nur… Ich habe Daisuke getroffen.“ Sofort bemerkte sie, wie sich Takerus Haltung veränderte und er sich anspannte. „Ist alles in Ordnung? Hat er dir etwas getan?“, fragte er. Sie schüttelte leicht den Kopf. „Nein, er hat mir nichts getan. Ich habe ihm noch einmal gesagt, dass es zwischen uns vorbei ist und bin dann gegangen. Aber es war wirklich schlimm. Davor musste ich so tun, als wäre nichts, um kein Aufsehen zu erregen. Und ich spüre immer noch, wo er mich mit seiner Hand am Rücken berührt hat.“, sagte sie gequält und sah Takeru in die Augen.

Sofort schloss er sie wieder in seine Arme, um ihr erneut Trost zu spenden. Dann legte er seine Hände auf ihre freien Schulterblätter und fragte leise: „Hier?“ Die Wärme seiner Berührung und seine Stimme an ihrem Ohr, bereiteten Hikari eine Gänsehaut. Sie schüttelte ganz leicht den Kopf, woraufhin Takeru seine Hände weiter nach unten ihren bloßen Rücken entlang gleiten ließ. Es fühlte sich unbeschreiblich gut an und ließ sie sofort jeden Gedanken an Daisuke vergessen. „Und hier?“, fragte er nun, als er die Mitte erreicht hatte und dort verweilte. Sie nickte, während sie spürte, wie ihr Herzschlag immer schneller ging. Als Takeru seine Hände noch weiter hinabwandern ließ, bis er den Saum des Kleides erreichte, bestätigte sie leise: „Hier auch.“

Er ließ seine Fingerspitzen langsam an der Stoffkante entlang über ihre Haut wandern. Dann hob er das Kleid an und begann, mit seinen Händen noch tiefer zu gehen. Als er ihr Gesäß erreichte, sagte sie schmunzelnd: „Ich glaube, da war er nicht.“ Takeru, dessen Mund noch immer sehr nah an ihrem Ohr war, erwiderte: „Oh, nicht? Da hab ich mich wohl vertan. Aber eigentlich ist das auch gut so, dann kannst du das hier besser genießen.“ Und ehe sie fragen konnte, was genau er meinte, platzierte er bereits seine Lippen auf ihrem Hals und begann, diesen zu küssen. Sie spürte, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte und als er mit seiner Zungenspitze über ihre Haut fuhr, entwich ihr ein leises Aufstöhnen. Ihr Atem beschleunigte sich nun ebenfalls und als sie leise: „Takeru.“, säuselte, erschien ein Lächeln auf seinen Lippen.

Für einen Moment unterbrach er seine Liebkosungen, um Hikari in die Augen sehen zu können. Dann sagte er: „Du bist wirklich die schönste Frau, auf der ganzen Welt. Meine Königin der Wolken.“ Hikaris Hand wanderte nun langsam zu seiner Wange, wo sie sie verweilen ließ. Das Blau seiner Augen wurde durch die schwarze Maske noch intensiver hervorgehoben und es wäre so leicht gewesen, sich in seinem Blick zu verlieren. „Takeru, ich habe mich in dich ver…“, setzte sie an, doch in diesem Moment vernahm sie, wie jemand ihren Namen rief. Es war Taichi und als sie über Takerus Schulter blickte, sah sie bereits, wie ihr Bruder die Treppe zu ihnen hinaufstieg. Schnell lösten sich die beiden aus ihrer innigen Umarmung und stellten sich nebeneinander. „Lass uns das später weiter besprechen.“, flüsterte Takeru in ihr Ohr. Hikari wandte ihm ihren Kopf zu und nickte leicht. Zwar verdeckte die Maske ihre Wangen, doch sie spürte die Hitze darin und ahnte, dass sie eine verräterische Färbung angenommen haben mussten.

„Hikari, Mama sucht überall nach dir. Sie möchte gerne mit der Eröffnung beginnen.“, sagte Taichi, als er die beiden erreichte hatte. „Dann sollten wir besser mal runtergehen.“, erwiderte die junge Frau, verschränkte ihre Finger mit denen von Takeru und setzte sich hastig in Bewegung. Einen kurzen Moment sah Taichi den beiden noch nach, ehe er schmunzelnd den Kopf schüttelte und ihnen dann ebenfalls folgte.

Es war wirklich erstaunlich, wie viele Menschen gekommen waren. Hikari und Taichi hatten sich, zusammen mit ihren Eltern, auf eine kleine Bühne gestellt. Yuuko hatte nun ein Mikrofon in der Hand und hielt eine kleine Eröffnungsrede, in der sie sich bei allen Gästen für ihr Erscheinen und ihre Spenden bedankte. Sie erklärte auch, dass die Einnahmen des heutigen Abends an das Kido-Krankenhaus gespendet wurden, um dort die Kinderstation zu renovieren und in die Forschung zu investieren. „Später wird es noch eine Überraschung geben, dafür möchten wir sie dann alle in den Garten bitten. Aber nun, möchte ich die Feier gerne mit einem Tanz eröffnen und sie alle einladen, sich anzuschließen. Bitte suchen Sie sich einen Partner und kommen Sie auf die Tanzfläche.“, Hikaris Mutter deutete auf den Raum vor der Bühne und sofort begannen die Gäste, dort Platz zu machen.

Viele suchten sich bereits einen Tanzpartner, die restlichen Gäste stellten sich im Kreis herum um die Tanzfläche auf. Susumu hielt seiner Frau die Hand hin, welche sie mit einem Lächeln ergriff und sich von ihm von der Bühne führen ließ. Hikari sah sich im Raum um und entdeckte Takeru. Sie wollte bereits auf ihn zugehen, da hielt Taichi sie am Arm fest. „Warte. Wenn du jetzt zu ihm gehst, dann sehen dich Mama und Papa und sprechen dich sofort darauf an. Wir tun erst einmal so, als wollten wir zusammen tanzen. Und wenn die Musik einsetzt, dann tauschen wir schnell die Partner.“, erklärte er. Hikari nickte unauffällig und ließ sich von ihrem Bruder ebenfalls von der Bühne begleiten.

Als sie die Tanzfläche betraten, sah sie, wie jemand mit Takeru sprach. Es war eine Frau in einem bodenlangen, fließenden Kleid, ganz in gold. Sie trug eine spitzenbesetzte Maske und hatte ihr Haar hochgesteckt. Mimi sah aus, wie eine Göttin. Auf ihre Worte hin nickte Takeru und hielt ihr eine Hand hin, um sie ebenfalls auf die Tanzfläche zu führen. Als sie direkt neben den Yagamigeschwistern standen, blieben die beiden stehen. Hikari lächelte Takeru kurz an, dann sah sie sich im Raum um. „Ich kann Daisuke gar nicht sehen. Ich finde es irgendwie merkwürdig, dass er mich nicht zum tanzen aufgefordert hat.“, sagte sie leise zu ihrem Bruder. Taichi ließ nun ebenfalls seinen Blick schweifen. „Jetzt wo du es sagst… Ich habe ihn schon seit einer ganzen Weile nicht mehr gesehen.“, erwiderte er.

Hikari wollte noch etwas sagen, doch in diesem Moment gab es ein Zeichen, dass sich alle aufstellen sollten, da es jeden Moment losgehen würde. Schnell tauschten Takeru und Taichi den Platz miteinander und als sich die Hand des jungen Mannes in ihre legte und er seine andere auf ihrem Rücken platzierte, da blendete sie ihre Sorgen für diesen Moment vollkommen aus. Nun gab es nur noch sie beide, sie konzentrierte sich nur noch auf dieses unbeschreiblich gute Gefühl, dass Takeru jedes Mal in ihr auslöste. Und als die Musik einsetzte, begannen sie gemeinsam, den Walzer zu tanzen.

Der Moment war einfach magisch. Dass sie eine Verbindung zueinander hatten, das hatte sie von Anfang an gespürt. Doch nun, als sie gemeinsam ihren ersten Tanz tanzten, da war es, als seien sie für einander geschaffen. Jede ihrer Bewegungen war perfekt aufeinander abgestimmt. Takeru führte sie durch den Saal und Hikari reagierte auf jede seiner kleinsten Bewegungen. Sie hatte schon etliche Tanzstunden und Tanzpartner gehabt, daher wusste sie, dass es auch durchaus anders sein konnte. Sie hatte wirklich schlechte Partner und auch technisch einwandfreie, aber noch nie einen, mit dem sie so auf einer Wellenlänge lag, wie mit Takeru. Hikari war sich sicher, selbst wenn sie jetzt die Augen schließen und sich blind von ihm führen lassen würde, dass es trotzdem noch funktionieren würde.

Es war schön, für einen Augenblick alle Sorgen ausblenden zu können und sich nur auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Und mit Takeru fiel ihr das leicht. Mit ihm, fiel ihr alles leichter. Es stimmte, dass sie ihn noch nicht so lange kannte, aber sie war sich nun absolut sicher. Hätte Taichi sie vorhin nicht unterbrochen, dann hätte sie es ihm bereits schon gesagt, als sie alleine waren. Sie hatte sich in Takeru Takaishi verliebt. Und sie wollte es ihm, so schnell es ging, sagen.

Realität

Als die Musik endete und somit auch Hikaris kleine, persönliche Flucht vor der Realität, blieben Takeru und sie noch einen kurzen Moment voreinander stehen und sahen sich in die Augen. Er schenkte ihr ein Lächeln, welches sie erwiderte und viel zu schnell, so kam es ihr jedenfalls vor, ließ er ihre Hand los und wandt sich von ihr ab. Enttäuschung durchfuhr sie, doch so hatten sie es nun einmal abgesprochen. Für diesen Moment war es besser, wenn sie noch nicht so viel zusammen gesehen wurden. Jedenfalls nicht, bevor Hikari mit ihren Eltern hatte sprechen können. Vielleicht wäre ja jetzt eine gute Gelegenheit dafür, immerhin musste sie es irgendwann tun.

Sie drehte sich um und hielt nach ihrer Mutter Ausschau. Doch als sie sie entdeckte, durchfuhr sie ein kurzer Schrecken, denn die Yagamis waren nicht alleine. Bei ihnen standen noch vier weitere Personen und unterhielten sich mit ihnen. Und wenn sich die junge Frau nicht täuschte, handelte es sich bei diesen Personen um niemand geringeren, als die Mochizukis mit Meiko und Koushiro. Hikari wandt sich um und suchte den Raum nach Taichi ab. Zum Glück standen Mimi und er nicht weit von ihr entfernt, sodass sie ihn schnell erreichte, als sie auf sie zuging. „Wir haben ein Problem.“, sagte sie, als sie vor den beiden stand und deutete, so unauffällig sie konnte, in die Richtung, in der ihre Eltern und Meiko standen. Taichi sah ebenfalls zu ihnen und als er erkannte, was dort wahrscheinlich grade passierte, weiteten sich seine Augen.

„Oh nein.“, murmelte er, denn in diesem Moment hatte auch seine Mutter ihren Kopf in seine Richtung gedreht und ihre Blicke waren sich durch den Raum hinweg begegnet. Yuuko sah ihren Sohn einen Moment an, dann sagte sie etwas zu den Mochizukis und kurz darauf verließen Susumu und sie den Raum. Hikari, die die Reaktion ihrer Eltern ebenfalls beobachtet hatte, wandte ihren Kopf nun ihrem Bruder zu und fragte: „Was wirst du jetzt tun?“ Taichi schloss einen kurzen Moment die Augen und als er sie wieder öffnete, strotze sein Blick nur vor Entschlossenheit. Er drehte seinen Kopf in Mimis Richtung, streckte ihr die Hand entgegen und sagte, mit einem Lächeln auf den Lippen: „Ich glaube, es ist an der Zeit, dass ihr euch endlich einmal kennenlernt.“ Im ersten Moment starrte Mimi nur perplex auf seine Hand, doch dann lächelte auch sie und entgegnete: „Ja, das glaube ich allerdings auch.“

Hikari hatte Taichi gefragt, ob sie vielleicht mitkommen sollte. Doch er wollte das erst einmal alleine mit seinen Eltern klären. Außerdem, war ja Mimi bei ihm, wie er sagte. Unruhig ging sie im Raum umher und kam sich dabei ein wenig verloren vor. „Hey, er schafft das schon.“, sagte Takeru, der plötzlich neben ihr stand. Sie blieb stehen und spürte, wie er ganz leicht ihre Hand streifte. Einen kurzen Moment überlegte sie, sich von ihm zu entfernen, doch sie machte sich grade solche Gedanken um ihren Bruder, dass sie jetzt einfach in Takerus Nähe sein wollte. Als sie sich im Raum umsah, bemerkte sie, dass es einen schwach beleuchteten Bereich nahe der Bühne gab, bei dem sich keine Gäste aufhielten. Mit ihren Fingerspitzen zog sie leicht an den seinen und als er sie ansah, deutete sie mit dem Kopf in Richtung der Bühne. Dann ließ sie seine Hand los und setzte sich in Bewegung.

Genau wie sie es beabsichtigt hatte, war Takeru ihr mit etwas Abstand gefolgt. Als er nun auf sie zuging, in die Ecke, die durch das schwache Licht ganz schummrig wirkte, ergriff Hikari sofort seine Hand und zog ihn an sich. Sie legte ihre Lippen auf die seinen und verwickelte ihn in einen leidenschaftlichen Kuss, den er nur allzu gern erwiderte. Seine Zunge strich über ihre Lippen und sie gewährte ihm Einlass. Das war jetzt genau das Richtige, um sie auf andere Gedanken zu bringen.

„Na sieh einer an. Ich hätte nicht gedacht, dass du dich traust, ihn hier zu küssen, wo dich jeder sehen könnte.“ Als sie seine Stimme hörte, gefror ihr förmlich das Blut in ihren Adern. Takeru und Hikari fuhren auseinander und als sie sich Daisuke zuwandten, da wirkte er fast gar nicht mehr wie der Mann, den Hikari einst gekannt hatte. Er stand mit verschränkten Armen vor ihnen, sein Gesicht wirkte ausdruckslos, fast schon kalt und er sah die beiden unbeirrt an. Eigentlich hatte sie angenommen, dass er wütend werden würde, wenn er sie so erwischen würde. Doch seine tatsächliche Reaktion jagte ihr eine riesengroße Angst ein.

Auch Takeru schien sein Auftreten Unbehagen zu bereiten, denn er trat einen Schritt auf Daisuke zu und schob dabei Hikari hinter sich. Als er sprach, sah er dem anderen Mann direkt in die Augen. „Können wir dir irgendwie helfen?“, fragte er in einem Tonfall, den man nicht als unfreundlich, aber durchaus als einschüchternd bezeichnen konnte. Daisuke musterte ihn einen kurzen Augenblick, dann erschien ein kleines, aber bedrohlich wirkendes Lächeln auf seinem Gesicht. „Du kannst mir sowieso nicht helfen. Mir wäre es am liebsten, wenn du aus meinem Leben verschwindest. Aber zum Glück wird es nicht mehr lange dauern, bis das auch der Fall ist. Nein, ich würde gerne unter vier Augen mit dir sprechen, Hikari.“, erwiderte er und sah nun die junge Frau an.

Sie trat einen Schritt an Takeru vorbei, um Daisuke besser in die Augen sehen zu können und sagte dann mit fester Stimme: „Alles, was du mir zu erzählen hast, kannst du auch in Takerus Anwesenheit sagen.“ Das boshafte Lächeln auf dem Gesicht ihres Gegenübers wurde nun noch breiter. „Gut, aber sag später nicht, dass ich dich nicht gewarnt habe. Du kannst dich noch an den Tag erinnern, an dem dich Takeru auf dem Uniflur angerempelt hat?, begann er. „Es war eher anders herum, ich bin in ihn hineingelaufen.“, korrigierte Hikari ihn. Daisuke verdrehte seine Augen und nahm seine Erzählungen wieder auf: „Unwichtige Details. Jedenfalls, kamst du mir seltsam bekannt vor, Takeru Takaishi. Und darum habe ich angefangen, mich mal ein Wenig umzuhören. Naja, eine Zeit lang habe ich dann das Interesse daran verloren, wer du bist, weil ich grade andere Sorgen hatte. Aber als Hikari mir dann erzählt hat, dass sie mit dir zusammen sein will, da habe ich meine Recherchen wieder aufgenommen.“

Hikari bemerkte, wie Takeru sich neben ihr anspannte und seine Hände zu Fäusten ballte. „Ach ja, ich wusste gar nicht, dass ich so interessant bin.“, versuchte er betont lässig zu sagen, doch er wirkte plötzlich nervös. Daisuke zuckte mit den Schultern und erwiderte: „Wie gesagt, du kamst mir so bekannt vor. Also habe ich mich umgehört. Und weißt du, es gibt auch tatsächlich eine naheliegende Erklärung dafür, dass ich dachte, ich kenne dich. Du bist zwar neu hier, hast aber früher schon mal in der Gegend gelebt. Und Hikari, wenn du ihn dir anschaust, gibt es da nicht eine Person, der er wirklich ähnlich sieht?“ Die junge Frau zog die Augenbrauen zusammen und dachte nach. Takeru war ihr auch bekannt vorgekommen, schon die ganze Zeit über, aber wenn sie sich schon mal begegnet wären, hätte er ihr das doch gesagt, oder?

„Hör auf mit diesen Spielchen und sag endlich, was du sagen willst.“, erwiderte sie und ihr Tonfall ließ keinen Zweifel daran, wie verärgert sie mittlerweile war. „Ach Hikari, jetzt lass mir doch den Moment. Gleich wirst du einsehen, dass er dich von Anfang an belogen hat. Dass er dir etwas vorgemacht hat, dich benutzt hat, dir etwas vorgespielt hat. Und wenn du das begreifst, dann wirst du jemanden brauchen, der immer für dich da war. Mich.“, sagte Daisuke und das Lächeln war nun aus seinem Gesicht verschwunden. Auf seine Worte hin trat Takeru einen Schritt auf ihn zu und baute sich bedrohlich vor ihm auf. Hikari griff nach seinem Arm, um ihn zurückzuhalten und er ließ es zu, dass sie ihn wieder ein Stück zu sich zog.

Diese Chance nutzte Daisuke, um weiterzusprechen. „Takeru Takaishi, ist nämlich in Wirklichkeit gar nicht sein richtiger Name. Wusstest du, dass er noch einen Bruder hat, der Yamato heißt?“, fragte er und sah Hikari jetzt gradewegs an. Nein, das hatte er ihr nicht erzählt. Sie wandte ihren Kopf und sah Takeru an, doch er fixierte Daisuke, während er sagte: „Sei still.“ „Also stimmt es? Du hast einen Bruder namens… Yamato?“, fragte Hikari und als sie die Erkenntnis traf, weiteten sich ihre Augen. Auch Daisuke bemerkte ihre Reaktion und nun lächelte er wieder.

„Wenn Takaishi nicht dein richtiger Name ist und du einen Bruder hast, der Yamato heißt, wie ist dann dein Nachname?“, fragte sie leise und wich einen Schritt zurück. Takeru drehte sich zu ihr um und streckte seine Hand nach ihr aus, doch sie schüttelte nur den Kopf. „Nein, wie ist dein richtiger Name?“, fragte sie, nun etwas lauter. Er ließ seine Hand sinken und sein Blick ging in Richtung Boden. Einen Augenblick lang schwieg er, doch als er den Kopf wieder hob und ihr in die Augen sah, wirkte sein Blick unendlich gequält. Er atmete einmal tief ein, dann wieder aus und sagte dann: „Mein Name, lautete Takeru Takaishi. Es ist der Mädchenname meiner Mutter, den ich nach der Scheidung meiner Eltern mit angenommen habe. Aber geboren, wurde ich, genau wie mein großer Bruder, als ein Ishida.“

Überrascht

„Das kann nicht sein. Bitte sag mir, dass das nicht wahr ist.“, murmelte Hikari und starrte Takeru fassungslos an. Er versuchte, einen Schritt auf sie zuzugehen, doch als er bemerkte, wie misstrauisch sie ihn beobachtete, verblieb er an Ort und Stelle. „Ich wollte es dir schon die ganze Zeit sagen…“, begann er, doch Hikari schüttelte nur heftig den Kopf und unterbrach ihn, indem sie rief: „Bitte nicht. Das kann nicht sein. Wieso nur?“ Sie machte einen Schritt nach vorne, um an Takeru vorbei zu gehen. Sie wollte einfach nur weg von ihm. Als sie auf gleicher Höhe mit ihm war, spürte sie, wie sie ein heftiger Schwindel überkam und sie taumelte ein Stück nach vorne. Sofort wurde sie von zwei Händen gestützt, doch als sie aufsah, war es zu ihrer Überraschung nicht Takeru, der sie aufgefangen hatte, sondern Daisuke.

„Na komm, ich bringe dich zu deinem Bruder.“, sagte er und in diesem Moment klang er so sehr, wie der Mann, den sie von früher kannte, dass sie einfach nur nickte und zuließ, dass er sie weiter stützte. Als sie durch den Raum gingen, um Taichi zu suchen, traute Hikari sich nicht, sich noch einmal umzudrehen, um nach Takeru zu sehen. Doch sie war sich sicher, dass er ihr hinterher sah. Er gehörte zu den Ishidas. Der Familie, die keine Gelegenheit ausließ, den Namen ihrer Familie, oder der Firma ihrer Mutter, durch den Dreck zu ziehen oder sich irgendwelche haltlosen Gerüchte über sie auszudenken. Wie konnte er ihr das nur verheimlichen? Vielleicht hatte er sie sogar die ganze Zeit über ausspioniert, um an Informationen für neue Storys zu kommen. Aber nein, das würde er doch nicht tun, oder? Konnte man sich etwa so sehr in einem Menschen täuschen? Das konnte und wollte Hikari einfach nicht glauben.

Erst nach einer Weile fiel ihr auf, dass Daisuke sie in den Garten geführt hatte. Verwirrt sah sie sich um. „Warum sind wir hier draußen? Wollten wir nicht meinen Bruder suchen? Er müsste irgendwo drinnen sein. Ich…“, begann sie, doch in diesem Moment ergriff Daisuke plötzlich ihre Hand und sie unterbrach ihren Satz. Ein mulmiges Gefühl machte sich in ihrer Magengegend breit, als er sie mit einem Lächeln bedachte. Und dann ging er, völlig ohne Vorwarnung, vor ihr auf die Knie. Im ersten Moment realisierte sie noch nicht, was genau grade passierte, doch als dann die Lichter um sie herum angeschaltet wurden, sah sie auch endlich die ganzen Menschen um sich herum. Hikari hob den Kopf und blickte sich hilfesuchend um. Doch in dem schwachen Licht konnte sie keine konkreten Personen ausmachen.

Daisuke, der noch immer vor ihr kniete und ihre Hand hielt, räusperte sich leise, um ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken. Als Hikari zu ihm hinabsah, hielt er ein kleines Kästchen in seiner anderen Hand. Wann hatte er das denn hervorgeholt? „Hikari Yagami. Wir sind jetzt schon eine ganze Weile zusammen. Und auch, wenn unser erstes Treffen, durch unsere Eltern arrangiert wurde, so wusste ich vom ersten Moment an, dass du eine absolut umwerfende und einzigartige Frau bist.“, begann Daisuke. Ach du heilige Scheiße, dachte Hikari. „Du bist der Mensch, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen möchte. Und darum bin ich so froh, dass du bereits eingewilligt hast, meine Frau zu werden.“, sagte er. Sie hatte bitte was getan? „Trotzdem finde ich, dass so ein besonderer Mensch wie du, auch noch einen ganz besonderen Moment verdient, denn unsere Hochzeit soll nicht nur eine Formsache sein. Sie ist vor allem ein Zeichen unserer Liebe. Und darum, möchte ich dir heute, vor all diesen Menschen noch einmal diesen Ring an den Finger stecken. Als Zeichen, meiner ewigen Liebe.“

Daisuke ließ Hikaris Hand los und öffnete das Kästchen, um ihr den darin befindlichen Ring zu präsentieren. Ein Raunen ging durch die Menge, als er das Schmuckstück herausnahm, erneut ihre Hand ergriff und dann sagte: „Hikari Yagami, hiermit schwöre ich, dass ich dich immer lieben werde. Egal, was auch passiert.“ Sie wollte sich ihm entziehen, doch er hielt sie fest und lächelte sie dabei an. Mit der freien Hand schlug sie sich vor den Mund, Tränen standen in ihren Augen. Die Menschen um sie herum mussten ihre Reaktion als Freude deuten, denn als Daisuke nun den schmalen, silbernen Ring mit dem Diamanten auf ihren Finger schob, begannen sie, vor Freude zu applaudieren. Dann erhob er sich und schloss sie in die Arme. Sie konnte sich nicht dagegen wehren. Einerseits, war er viel stärker als sie, andererseits, war sie viel zu geschockt, von dem, was noch vor wenigen Augenblicken mit Takeru passiert war. Und nun hatte Daisuke diese Situation schamlos für sich ausgenutzt.

Hätte Daisuke sie nicht gestützt, dann wäre sie sicher zusammengebrochen. Doch selbst zum weinen fehlte ihr momentan die Kraft, also starrte sie einfach nur die Umrisse der Personen vor sich an und hoffte inständig, dass bald jemand kommen und sie aus dieser Situation erlösen würde. Und tatsächlich dauerte es auch nicht lange, bis die ersten Leute zu ihnen kamen, um ihnen zu ihrer Verlobung zu gratulieren. Daisuke hatte seinen Arm um ihre Hüfte gelegt und sie eng an sich gezogen. Hikari starrte einfach nur stumm vor sich hin, während er sich mit den Gratulanten unterhielt. Sollte sie etwas sagen? Ihn vielleicht auffliegen lassen? Aber was würde das schon bringen. Hinterher gab sie nur der Presse einen Grund, über ihre Familie her zu ziehen. Der Presse… Ob Takeru noch hier war? Langsam hob sie ihren Kopf und sah sich um.

Als sie plötzlich eine sehr vertraute Person auf sich zukommen sah, schlug ihr Herz schneller und sie fühlte sich tausendmal leichter. „Entschuldigt mich.“, murmelte sie und begann, sich durch die Menge zu schlängeln. „Hikari?“, hörte sie Daisuke noch sagen, doch sie ignorierte ihn. Als sie endlich bei ihrem Bruder ankam, nahm er sie sofort in die Arme. „Nicht hier. Die Leute denken sicher, ich gratuliere dir. Aber reiß dich bitte noch einen Moment zusammen.“, flüsterte er ihr ins Ohr. Sie nickte, doch es fiel ihr unglaublich schwer, noch länger stark zu bleiben, jetzt, da er bei ihr war. Seine Anwesenheit gab ihr Sicherheit. „Warte noch einen ganz kleinen Moment, dann können wir hier weg.“, sagte Taichi.

Hikari verstand nicht, was er meinte, doch sie vertraute ihrem Bruder, also wartete sie. Im nächsten Moment schalteten sich alle Lichter aus und ein Raunen ging durch die Menge. „Los jetzt. Wir haben nicht viel Zeit, bis jemand merkt, dass du weg bist. Sie wird sie nicht ewig ablenken können.“, rief Taichi und zog an Hikaris Hand. „Sie?“, fragte die junge Frau verwirrt. Doch im nächsten Moment gingen ein paar der Lichter wieder an und durch ein Mikrofon hörte sie plötzlich, wie jemand sagte: „Meine sehr verehrten Damen und Herren. Als ganz spezielle Showeinlage, werde ich nun ein Lied für Sie singen.“ „Ist das nicht Mimi Tachikawa?“, fragte jemand aus der Menge. Und jemand anderes rief: „Ja, das ist sie! Ich liebe ihre Kochshow! Und ihre Gesangseinlagen sind immer so unterhaltsam.“

„Oh Mimi.“, flüsterte Hikari und spürte, wie sie eine Woge der Dankbarkeit für ihre Freundin überkam. Als die Musik einsetzte, achteten alle nur noch auf den YouTube Star und die Yagamigeschwister konnten sich unbemerkt an den Leuten vorbei in das Haus begeben. Alle Gäste waren draußen, darum war die Villa komplett verlassen und es war leicht für sie, Hikari in Richtung Treppe zu bringen. Doch als sie bereits ein paar der Stufen hinaufgestiegen war, hörte sie plötzlich, wie jemand ihren Namen sagte und blieb stehen: „Hikari. Bitte, können wir reden?“ Auch ohne sich umzudrehen wusste sie, wer ihr gefolgt war. Takeru stand am Fuße der Treppe und sah flehend zu ihr hinauf, doch sie hatte ihm noch immer den Rücken zugedreht. Einen kurzen Moment überlegte sie, zu ihm hinunterzulaufen und sich ihm in die Arme zu werfen. Doch dann fiel ihr wieder ein, wie sehr sie die Ereignisse des heutigen Abends mitgenommen hatten.

Taichi stand neben seiner Schwester und sah zwischen Takeru und ihr hin und her. Er wusste nicht, was vorgefallen war und wirkte sichtlich verwirrt. Als Hikari ihm nun einen Blick zuwarf, richtete er seine Aufmerksamkeit auf sie. Langsam schüttelte sie den Kopf, dann setzte sie sich wieder in Bewegung und stieg weiter die Stufen hinauf. Als Takeru ihr folgen wollte, versperrte Taichi ihm den Weg und sagte zu ihm: „Tut mir leid. Ich weiß nicht, was zwischen euch vorgefallen ist. Aber sie hat grade eindeutig zu verstehen gegeben, dass sie nicht mit dir reden möchte.“ Der Blonde sah aus, als hätte man ihn geschlagen. Er tat einen Schritt zurück und ging eine Stufe hinunter, während er sich mit einer Hand durch sein Haar fuhr. „Ich glaube, ich habe sie für immer verloren.“, murmelte er und er wirkte dabei so verzweifelt, dass es Taichi fast das Herz brach.

Der Ältere kam eine Stufe herunter und legte Takeru eine Hand auf die Schulter. „Ich werde mit ihr reden, versprochen. Aber bitte, geh jetzt.“, sagte Taichi. Einen Moment sah Takeru ihn prüfend an, dann nickte er und sagte: „Ich danke dir. Bitte sag ihr… dass alles echt ist. Dass mit ihr alles echt ist.“ Auch wenn Taichi nicht so recht wusste, was er damit meinte, stimmte er zu, Hikari die Nachricht zu überbringen. Als Takeru ging, sah er ihm noch einen Moment nach. Was war nur in der kurzen Zeit geschehen, in der er seine Schwester alleine gelassen hatte? Entschlossen drehte er sich um und stieg nun ebenfalls die Stufen empor.

Für immer beschützt

Taichi lag auf Hikaris Bett und beobachtete seine Schwester, wie sie sich unruhig im Schlaf hin und her wälzte. Sie hatten sich noch lange unterhalten und nachdem sie ihm erzählt hatte, was am Abend vorgefallen war, wollte sie nicht allein sein. Darum hatte sie ihren großen Bruder gebeten, bei ihr zu bleiben. Als Taichi Takeru gebeten hatte, zu gehen und dann zu Hikari in ihr Zimmer kam, da hatte er sie völlig aufgelöst auf ihrem Bett sitzend vorgefunden. Am Anfang war sie weder in der Lage, etwas zu sagen, noch zu weinen. Sie starrte einfach nur geistesabwesend vor sich hin. Die erste Reaktion, die sie zeigte, war, als sie irgendwann ihre Hand hob und sich den Ring, den ihr Daisuke angesteckt hatte, ansah.

Es schien, als bemerke sie erst jetzt, dass er noch immer an ihrem Finger steckte und in diesem Moment änderte sich schlagartig ihre gesamte Haltung. Mit Tränen in den Augen nahm sie den silbernen Reif und streifte ihn sich ab, dann hielt sie den Ring wortlos Taichi hin, der ihn an sich nahm. Als sich die Blicke der Geschwister begegneten, löste das endgültig etwas in Hikari und sie brach vollkommen zusammen. Sie weinte so heftig, wie ihr Bruder es noch nie zuvor erlebt hatte. Er kam sich nutzlos und hilflos vor und das einzige, was er in diesem Moment für sie tun konnte war, sie in seine Arme zu ziehen und zu halten.

Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sich die junge Frau soweit beruhigt hatte, dass sie überhaupt wieder etwas sagen konnte. Doch Taichi traute sich auch nicht, sie zu drängen. Wenn sie ihm erzählen wollte, was passiert war, dann würde sie das schon von sich aus tun. Und das tat sie dann irgendwann auch. „Er ist ein Ishida.“, war das Einzige, was sie leise hervorbrachte. Auf ihre Worte hin, weiteten sich die Augen des Älteren und er schob seine Schwester ein kleines Stück von sich, um sie ansehen zu können. „Wie bitte? Wie kommst du darauf? Sein Name ist doch…“, begann Taichi, doch Hikari unterbrach ihn direkt. „Ja, sein Name lautet Takaishi. Es ist der Mädchenname seiner Mutter. Yamatos und seine Eltern haben sich getrennt und da hat er den Namen Takaishi angenommen.“

„Oh man… aber wenn man genau drüber nachdenkt, die beiden sehen sich auch wirklich ähnlich. Woher weißt du das denn?“, fragte Taichi. Hikaris Hand krallte sich in sein Hemd, als sie sagte: „Daisuke, dieses Arschloch, hat es mir erzählt.“ Ihre Stimme klang etwas brüchig, aber man hörte auch die Wut, die sie empfand, deutlich heraus. „Es tut mir leid. Ich hätte niemals zulassen dürfen, dass er dir das antut. Als ich herausgefunden habe, was er vorhat, da war es schon zu spät.“, sagte Taichi und drückte sie wieder an sich. Einen Moment schwieg Hikari. Dann fragte sie: „Wussten Mama und Papa davon?“ „Sie dachten, er würde dir nur einen Antrag machen. Sie waren auch ganz erstaunt, als er plötzlich sagte, ihr wäret bereits verlobt. Die Feier heute sollte als Überraschung für dich gedacht sein, damit er um deine Hand anhalten kann.“, erklärte Taichi.

„Wann haben sie dir das erzählt?“, fragte Hikari und löste sich wieder ein Stück von ihm, um ihn zu mustern. „Kurz nachdem ich ihnen Mimi vorgestellt habe.“, erwiderte er. Die Augen der jungen Frau weiteten sich, als sie vorsichtig nachhakte: „Wie haben sie reagiert?“ Doch zu ihrer Überraschung, legte sich ein kleines Lächeln auf die Lippen ihres Bruders, als er antwortete: „Sie haben sich gefreut, sie kennen zu lernen. Papa ist traurig, dass Meiko kein Teil unserer Familie wird, weil er sie sehr mag, aber als die Mochizukis ihnen von Koushiro erzählt haben, da haben sie sich wohl ebenfalls für sie gefreut. Mama hat gesagt, solange ich glücklich bin, ist sie es auch. Ich konnte gar nicht fassen, was ich da gehört habe.“

„Dann… dann haben sie also nichts dagegen, dass ihr zusammen seid?“, fragte Hikari ungläubig nach. Taichi schüttelte leicht seinen Kopf. „Nein. Wie gesagt, ihnen ist nur wichtig, dass wir glücklich sind. Und darum habe ich sie danach direkt gefragt, ob das auch für dich gilt. Da haben sie mir dann von Daisukes Plänen erzählt, aber ich konnte es leider nicht mehr verhindern.“ Als er das sagte, spürte er, wie Wut in ihm aufstieg. Als er mit ansehen musste, wie Daisuke seine Schwester in diese unmögliche Situation gebracht hatte, wäre er am liebsten auf ihn  zugestürmt, um ihm vor allen Leuten eine zu verpassen. Doch Mimi hielt ihn auf, denn sie hatte einen besseren Plan, den sie dann auch in die Tat umsetzten.

Taichi spürte, wie Hikari ihm eine Hand auf den Arm legte, als sie sagte: „Es ist nicht deine Schuld. Ich bin Mimi und dir wirklich dankbar, dass ihr mir da rausgeholfen habt.“ Sie versuchte, ein Lächeln aufzulegen, doch es erreichte nicht ihre Augen. Einen Moment musterte Taichi seine Schwester besorgt, dann fragte er zögerlich: „Willst du ihn jetzt nie wieder sehen?“ Hikari zuckte leicht zusammen, denn sie wusste genau, dass ihr Bruder nicht Daisuke gemeint hatte. Sie ließ sich mit ihrer Antwort sehr viel Zeit, schien über ihre Worte nachzudenken. Irgendwann sagte sie: „Er hat mir Dinge verschwiegen. Ich weiß einfach nicht, wie ich damit umgehen soll. Was, wenn er mich nur benutzt hat?“ Taichi konnte gut verstehen, wie sie sich fühlen musste, doch nun kam ihm Takerus Bitte wieder in den Sinn. „Er hat mich gebeten, dir etwas auszurichten. Ich soll dir sagen, dass alles echt ist. Mit dir ist alles echt.“, sagte er.

In Hikaris Augen sammelten sich erneut Tränen. „Und warum hat er mir dann nicht die Wahrheit gesagt?“, fragte sie und  klang nun unendlich verzweifelt. Taichi schüttelte leicht den Kopf und erwiderte: „Ich weiß es nicht. Der Einzige, der dir das beantworten kann, ist Takeru selbst. Aber wenn du mich fragst, dann wirkte es nicht so, als habe er dich nur ausgenutzt. Das würde nicht dazu passen, wie er dich angesehen hat.“ Hikari hob ihren Kopf und sah ihrem Bruder in die Augen. Mit tränenerstickter Stimme, fragte sie: „Wie hat er mich denn angesehen?“ Nun legte sich ein Lächeln auf die Lippen des Älteren und er sagte: „Als ob du das größte Glück bist, dass ihm in seinem Leben jemals wiederfahren wäre.“

Die Geschwister hatten sich noch lange weiter unterhalten. Hikari war noch einmal in Tränen ausgebrochen und Taichi hielt sie im Arm, um ihr Trost zu spenden. Irgendwann hatte Mimi ihn angerufen, um sich zu erkundigen, ob alles in Ordnung sei. Er war vor die Tür gegangen, hatte ihr kurz erklärt, was los war und sie hatte ihm erzählt, was noch auf der Party passiert war. Nach ihrer Gesangseinlage hatten alle nach Hikari gesucht, vor allem Daisuke. Mimi erzählte dann schnell, sie sei erschöpft gewesen und müsse sich nun ausruhen und daher habe ihr Bruder sie auf ihr Zimmer gebracht. Da sie noch einen Tag zuvor im Krankenhaus gelegen hatte, zweifelte niemand die Geschichte an. Natürlich wollten ihre Eltern und Daisuke sofort zu ihr, doch Mimi konnte sie davon überzeugen, dass sie Ruhe brauchte und Taichi ja bei ihr war. Zum Glück kam ihr Jo zu Hilfe, der mit den Dreien sprach und danach waren auch sie der Meinung, ein wenig Schlaf wäre jetzt das Beste für Hikari.

„Die Feier ging noch weiter, ich bin auch noch geblieben und habe mich mit deinen Eltern unterhalten.“, erzählte Mimi. „Und, was haben sie so gesagt?“, fragte Taichi. „Sie haben erzählt, was für ein Rabauke du als Kind warst und dass sie gemerkt haben, wie ruhig du in den letzten zwei Jahren geworden bist. Sie dachten die ganze Zeit, dass das an Meiko lag, aber jetzt wissen sie ja, dass sie das mir zu verdanken haben.“, erwiderte sie. Der junge Mann konnte sein Lächeln nicht unterdrücken. „So, du hast also einen guten Einfluss auf mich?“, witzelte er und brachte seine Freundin damit zum kichern. „Natürlich. Ist dir das noch nicht aufgefallen? Jedenfalls habe ich eine Zeit lang gewartete, ob du nochmal wiederkommst. Aber als dann immer mehr Gäste gegangen sind, habe ich mich auch irgendwann auf den Weg nach Hause gemacht.“, sagte Mimi. „Tut mir leid, dass alles so kompliziert ist. Aber Hikari braucht mich jetzt. Danke, dass du für sie da bist. Und auch für mich. Ich melde mich morgen bei dir, ich liebe dich.“, erwiderte Taichi. „Das ist doch selbstverständlich. Ich liebe dich auch.“, gab sie zurück.

Als sie aufgelegt hatten, kehrte er wieder zu Hikari zurück und zu seinem Erstaunen lag sie in ihrem Bett und war bereits eingeschlafen. Sie war wohl so erschöpft, dass sie nicht länger wach bleiben konnte. Taichi ging in sein Zimmer und zog sich um. Hikari hatte sich bereits, bevor er zu ihr gekommen war, andere Sachen angezogen. Dann griff er sich seine Bettdecke und ging wieder zu ihr. Als er sich neben sie legte, bemerkte er, wie unruhig sie wirkte. Eigentlich war er selber auch ziemlich müde, doch es war ihm unmöglich, in den Schlaf zu finden. Also lag er einfach nur neben seiner Schwester, hielt ihre Hand und hoffte, dass sie spürte, dass er für sie da war, um sie vor allem und jedem zu beschützten.

Zweifeln

„Was soll das heißen, sie möchte nicht rauskommen?“, fragte Daisuke und starrte Taichi ungläubig an. Mit geballten Fäusten, kam der Ältere einen Schritt auf ihn zu, als er sagte: „Genau das, was ich dir eben schon erklärt habe. Sie hat seit Tagen nicht ihr Zimmer verlassen und du bist ganz sicher der letzte Mensch, den sie jetzt sehen will. Also verschwinde.“ Es kostete Taichi unglaublich viel Überwindung, nicht auf seinen Gegenüber loszugehen und ihm seine Faust ins Gesicht zu schlagen. Doch als er spürte, wie Mimi ihn am Arm berührte, beruhigte er sich ihr zu liebe wieder ein Wenig. „Das ist doch Schwachsinn. Lass mich zu ihr, dann kann ich mit ihr reden. Sie will mich ganz sicher sehen. Immerhin ist sie meine Verlobte.“, begehrte Daisuke auf und verschränkte die Arme vor seiner Brust.

Bei seinen Worten verdunkelte sich Taichis Blick. „Deine Verlobte?“, fragte er mit leiser Stimme. Daisuke wich einen kleinen Schritt zurück, antwortete jedoch: „Ja, genau.“ „Dass du dich traust, mit deinem verlogenen Spiel auch noch weiter zu machen. Wir kennen immerhin die Wahrheit. Und bevor ich es vergesse, unsere Eltern wissen auch bescheid, du brauchst es also gar nicht bei ihnen zu versuchen, ich habe ihnen alles erzählt.“, zischte Taichi. Der Jüngere tat noch einen Schritt zurück und wirkte nun verunsichert. „Lass mich bitte zu ihr. Ich bin mir sicher, wenn ich mit ihr reden kann, dann…“, begann er, doch er wurde direkt unterbrochen. „Wie konntest du ihr das nur antun? Ich wusste immer, dass du ein klein Wenig egoistisch und dickköpfig sein kannst, aber ich habe nie etwas gesagt, weil ich wusste, wie sehr du meine Schwester liebst. Ich dachte, du würdest sie beschützen, egal, was passiert.“, sagte Taichi.

„Natürlich liebe ich sie!“, erwiderte Daisuke und man sah ihm an, wie ernst er es meinte. Einen Moment musterten sich die Männer nur schweigend, dann fragte Mimi plötzlich: „Aber wenn du sie doch liebst, wie konntest du ihr dann nur so etwas antun? So etwas ist kein Zeichen von Liebe. Das tut man, wenn man jemanden besitzen will.“ Als sie das sagte, weiteten sich Daisukes Augen und er sah aus, als habe sie ihn geschlagen. Er presste die Lippen aufeinander und dann kehrte er Taichi und Mimi den Rücken zu und ging, ohne noch ein Wort zu sagen.

Langsam und so leise sie konnte, schloss Hikari ihre Zimmertür. Als sie die lauten Stimmen im Flur vernommen hatte, wollte sie nachschauen, was los war, doch als sie plötzlich Daisuke sah, war sie nicht fähig, sich zu rühren. Also war sie einfach an der Tür stehen geblieben, hatte diese einen Spalt breit geöffnet und dann den Streit zwischen ihrem Bruder und ihrem Exfreund belauscht. Von Taichi wusste sie, dass er bereits seit einigen Tagen versuchte, sie zu kontaktieren. Es war ihr egal. Sie hatte ihn überall, wo sie konnte, blockiert, weil sie nicht mit ihm sprechen wollte. Dass er jetzt einfach zu ihr nach Hause kam, ging wirklich zu weit.

Auch ihre Eltern waren über die Ereignisse im Bilde und mehr als nur schockiert. Sie hatten Hikari versichert, dass sie auf jeden Fall hinter ihr standen. Jedoch musste Yuuko auch an ihre Firma denken, weshalb sie, wenn es möglich war, nicht allzu viel Wirbel um die Sache machen wollte. Hikari hatte Verständnis dafür. Es war besser, wenn sie in der Öffentlichkeit in ein paar Monaten behaupteten, dass die Verlobung aus persönlichen Gründen geplatzt sei. Das würde dem Ruf der Firma am wenigstens Schaden und auch am wenigsten Schlagzeilen hervorrufen. Hikari war es einfach nur wichtig zu wissen, dass ihre Familie hinter ihr stand und sie sich voll und ganz auf sie verlassen konnte. Sollten doch alle anderen denken, was sie wollten.

Doch von der Sache mit Takeru, hatte sie ihren Eltern nichts erzählt. Dazu war sie einfach noch nicht bereit. Außerdem, war sie sich immer noch nicht sicher, wie sie mit den Ereignissen und ihren Gefühlen umgehen sollte. Hikari ging zu ihrem Bett und nahm ihr Handy in die Hand. Keine neuen Anrufe oder Nachrichten. Takeru hatte sie nicht blockiert, jedoch versuchte er nicht, sie anzurufen. Er hatte ihr nur eine einzige Nachricht geschrieben, in der Nacht, des Maskenballs. Sie öffnete den Chat und starrte auf die Worte: Ich wollte dich nie verletzen. Alles, was ich dir je gesagt und gezeigt habe, meine Gefühle, das ist echt. Ich habe es dir schon einmal gesagt: Mit dir fühlt sich das Wort Zuhause endlich richtig an. Und ich bin nicht bereit, das einfach aufzugeben. Wenn du soweit bist, dann melde dich bitte bei mir, egal wann und egal wie lange es dauert, ich werde auf dich warten.

Immer und immer wieder las sie seine Worte. Zuhause. Hikari hatte es auch gespürt, sie hatte von Anfang an die Verbundenheit zwischen ihnen gefühlt. Und mittlerweile war sie sich auch sicher, dass Takeru ihr das nicht vorgespielt haben konnte. Aber dennoch, nagten noch immer Zweifel an ihr. Wieso hatte er ihr nicht erzählt, dass er ein Ishida war? Konnte sie ihm jemals wieder vertrauen? Und war sie schon bereit, ihn wieder zu sehen, um mit ihm über all das zu sprechen? Sie wusste es selber nicht. Am liebsten wollte sie sich weiter in ihrem Zimmer verkriechen und niemanden, außer ihren großen Bruder, zu sich herein lassen. Doch wie lange konnte das noch so weiter gehen? Vielleicht, würde erst einmal eine ausgiebige Dusche gut tun.

Als Hikari aus ihrem Badezimmer kam, weiteten sich ihre Augen vor Erstaunen. Denn auf ihrem Bett saßen zwei Personen. Die eine, war Mimi, die sie entschuldigend anlächelte. Die andere, war Sora. Mit sorgenvoller Miene musterte sie ihre Freundin, dann stand sie plötzlich auf, überwand in wenigen Schritten den Abstand zwischen ihnen und zog Hikari in eine Umarmung. Zögerlich erwiderte die Jüngere die Geste, doch als sie die Wärme und die Sicherheit spürte, stiegen ihr plötzlich die Tränen in die Augen und sie konnte es nicht verhindern, dass sie weinen musste. Beruhigend strich Sora ihrer Freundin über den Rücken und wartete, bis diese sich beruhigt hatte. Nach einer Weile lösten sich die Frauen voneinander und Hikari sagte leise: „Danke.“

Nachdem sie sich auf das Bett gesetzt hatten, schwiegen sie eine Weile. Mimi hatte Hikari ein Taschentuch gereicht, damit sie sich die Tränen, die noch immer ab und zu ihre Wangen herunterliefen, abwischen konnte. „Ich hoffe es war okay, dass ich Sora reingelassen habe.“, sagte Mimi nach einer Zeit. Die jüngste in der Runde sah zu ihr auf und schenkte ihr ein schwaches Lächeln. „Ja, das war in Ordnung. Eigentlich bin ich sogar ganz froh, dich zu sehen.“, sagte Hikari zu Sora. Diese legte eine Hand auf die ihrer Freundin und erwiderte: „Ich bin auch froh, dich zu sehen. Wie geht es dir denn?“ Die Brünette zuckte mit den Schultern. „Mal besser und mal schlechter. Ich gehe mal davon aus, dass dir jemand erzählt hat, was passiert ist?“, hakte sie nach.

Sora zögerte einen Moment, ehe sie sagte: „Bitte sei mir nicht böse. Ich wusste natürlich, dass Takeru und Yamato Brüder sind. Aber bis er Sonntag bei uns war, wusste ich nicht, dass ihr euch trefft. Sonst hätte ich es dir auf jeden Fall erzählt! Den Rest weiß ich von Mimi, also das, was mit Daisuke passiert ist.“ Ihre Miene wirkte so schuldbewusst, dass Hikari sofort den Kopf schüttelte und erwiderte: „Du musst dich wirklich nicht entschuldigen. Ich hätte es euch ja auch sagen können, vielleicht hättest du es mir dann erzählt. Ich weiß nur nicht, wieso er es mir verschwiegen hat. Das quält mich so.“

Einen Augenblick sah Sora ihr nur in die Augen. Es sah aus, als überlegte sie, wie sie das Nachfolgende am besten formulieren sollte. Dann sagte sie: „Er wusste von Anfang an, wer du bist. Und er wusste, wie eure Familien zueinander stehen. Aber er hat gesagt, dass er dich vom ersten Augenblick, als er dich gesehen hat, kennenlernen wollte. Hättest du gewusst, wer er wirklich ist, hättest du ihm die Chance dazu gegeben?“ Auf ihre Worte hin, weiteten sich Hikaris Augen. Auch Mimi sah ihre Freundin ungläubig an, denn so direkt kannte sie sie gar nicht. „Sora, das war jetzt etwas hart.“, sagte sie. Doch Hikari senkte ihren Blick und dachte einen Moment nach. Dann erwiderte sie: „Schon gut Mimi, sie hat recht. Hätte ich gewusst, dass er zu den Ishidas gehört, dann hätte ich einen großen Bogen um ihn gemacht. Genau, wie um Yamato. Ihm habe ich auch nur Sora zu liebe eine Chance gegeben. Ich bin wirklich sehr voreingenommen.“

„Weißt du, Yamatos und Takerus Vater führt den Verlag sehr streng. Und er verlangt viel von seinen Mitarbeitern und auch von seinen Söhnen. Kommt dir das vertraut vor?“, fragte Sora und legte ihre Hand auf die von Hikari. Ja, das kam ihr sehr vertraut vor. Genau so war es nämlich auch bei ihrer Mutter und Yagami-Corporation. „Die Mutter der beiden ist damals mit Takeru weggegangen, um ihn ohne diesen ganzen Druck groß zu ziehen. Er hat mit all dem gar nichts zu tun. Aber trotzdem, um dir zu beweisen, dass er von Anfang an nur ernste Absichten mit dir hatte, möchte ich dir noch etwas zeigen.“, sagte Sora. Hikari hob ihren Kopf und sah ihrer Freundin ins Gesicht. Sie schenkte ihr ein schwaches Lächeln und zeigte auf das Handy, das noch immer auf dem Bett der Jüngeren lag. Zögernd nahm sie es, entsperrte den Bildschirm und gab es dann ihrer Freundin. Es dauerte nur einen Moment, dann hielt Sora es ihr auch bereits wieder hin. Sie hatte eine Internetseite aufgerufen, es handelte sich dabei um eine Art Onlineblog.

Als Hikari erkannte, auf welcher Seite er veröffentlicht wurde, musste sie schlucken. Ishida- Online- News. Beim lesen des Namens, begann ihr Herz zu rasen und es fiel ihr schwer, sich auf den Blog zu konzentrieren, doch da hörte sie, wie Sora sagte: „Achte nicht auf die Internetseite. Lies mal den Titel des Blogs. Und dann, was darunter steht.“ Hikari scrollte ein wenig herunter. Dann las sie:

 

Queen of the Clouds- Manchmal, ist es Liebe auf den ersten Blick

Von T.K.

 

„Takeru…“, murmelte Hikari.

Liebe auf den ersten Blick

Queen of the Clouds- Manchmal, ist es Liebe auf den ersten Blick

Von T.K.

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser. Einige kennen mich vielleicht noch von älteren Kolumnen, die ich schon hier verfasst habe. Für alle anderen, stelle ich mich einmal kurz vor. Mein Name, ist T.K. (das ist natürlich nur mein Pseudonym), ich studiere Journalismus und bin grade wieder in die Stadt gezogen, in der ich auch geboren wurde. Außerdem, besuche ich dort auch eine neue Uni. Und in diesem Blog, möchte ich euch ein Wenig mitnehmen und von meinem Alltag erzählen. Wie sich jetzt aber bestimmt viele von euch denken können, wird das eine ganz besondere Art der Geschichte. Denn auch, wenn ich nie daran geglaubt habe, dass es sie wirklich gibt, so ist sie mir dennoch wiederfahren: Die Liebe, auf den ersten Blick. Und von dieser ganz besonderen Liebe, möchte ich euch nun erzählen.

An meinem ersten Tag, in der neuen Uni, da hat sie mich wortwörtlich umgehauen. Die wohl atemberaubendste Frau, die ich je in meinem Leben gesehen habe. Ihr fragt euch jetzt, wieso hat sie dich umgehauen? Naja, ganz einfach: sie ist so richtig in mich hineingerannt. Umgefallen ist dann eher sie, aber als ich ihr aufgeholfen habe und sich unsere Hände berührt haben, da habe ich sofort dieses Kribbeln zwischen uns gespürt. Kitschig, ich weiß. Ich fand die Vorstellung davon, dass es so etwas wie Liebe auf den ersten Blick gibt, immer total albern und abwegig. Aber als ich ihr dann in die Augen geschaut habe, wusste ich plötzlich, wovon die Leute immer gesprochen haben. Na, jedenfalls habe ich ihr dann wieder auf die Beine geholfen und plötzlich steht da, na, wer errät es? Ihr fester Freund… Klar, warum sollte auch zufällig die Frau meiner Träume vor mir stehen und ein Schild um den Hals tragen, auf dem steht: ach übrigens, ich bin noch zu haben.

Für mich stand trotzdem fest, dass ich sie unbedingt kennen lernen wollte. Und so musste ich ihr eine sehr wichtige Sache über mich verschweigen. Als sie mir nämlich ihren Namen verraten hat, da wurde mir klar, dass sich unsere Familien untereinander kennen. Und das ist wirklich keine gute Sache, denn es gibt da schon lange diesen Konflikt, den sie nicht aus der Welt schaffen können. Also habe ich ihr nichts davon erzählt. Auch dann nicht, als wir endlich mehr Zeit miteinander verbracht und uns näher kennen gelernt haben. Ich bemerkte immer mehr, was für ein witziger, gutherziger und liebenswerter Mensch sie ist. Und je länger wir uns unterhielten, desto weniger Mut hatte ich, es ihr zu erzählen. Weil ich feige war. Weil ich Angst hatte, dass sie mich dann nicht mehr sehen wollen würde.

 

Hikari ließ ihr Handy sinken. Sie hatte bei weitem noch nicht alles gelesen, Takeru schien den Blog schon die ganze Zeit, seit sie sich kannten, zu schreiben. Doch was sie am allermeisten interessierte, war das Datum, des ersten Eintrages. Er hatte ihn zwei Tage, nachdem sie sich das erste Mal begegnet waren, verfasst. Das hieß also, dass Sora die Wahrheit gesagt hatte. Er hatte ihr damals nicht gesagt, wer er war, um sie kennen lernen zu können. „Ich glaube, ich muss los.“, sagte Hikari plötzlich und erhob sich von ihrem Bett. Mimi starrte sie perplex an, doch auf Soras Gesicht, erschien ein Lächeln.

„Ich hatte gehofft, dass du das sagen würdest. Zieh dich an, dann nehme ich dich mit.“, sagte sie. Etwas verloren sah Hikari sich in ihrem Zimmer nach ihren Sachen um, doch Mimi sprang nun ebenfalls auf und genau wie Sora, die auch vom Bett aufstand, stellte sie sich neben Hikari und rief enthusiastisch: „Keine Sorge, wir helfen dir.“ Es dauerte keine halbe Stunde, bis die jüngste in der Runde fertig angezogen, frisiert und geschminkt war. Sie trug eines der Kleider, welches Sora vor längerer Zeit einmal für sie angefertigt hatte. Es war etwa knielang, hatte lange Ärmel und einen kleinen Kragen am Hals. Ansonsten, war es sehr schlicht gehalten und schneeweiß. „Du siehst aus, wie ein Engel.“, sagte Mimi leise und strich ihrer Freundin durchs Haar, als sie sie zum Abschied umarmte.

„Danke für alles, was du für mich getan hast, Mimi. Ich hab dich sehr lieb!“, sagte Hikari und lächelte sie an. „Oh, jetzt fange ich gleich an zu weinen. Das ist doch selbstverständlich. Ich hab dich auch lieb. Und jetzt geh endlich.“, erwiderte die junge Frau und schob Hikari in Soras Richtung, die bereits an der Tür wartete. „Sora, wo fahren wir denn jetzt hin?“, fragte die Jüngere, als sie die Treppe hinuntergingen und in Richtung Hausflur. Die Angesprochene schwieg einen Moment, sodass Hikari schon dachte, sie habe sie vielleicht nicht gehört. Doch dann sagte sie: „Weißt du, es gibt einen Grund, warum ich grade heute zu dir gekommen bin. Wir müssen nämlich so schnell es geht zum Flughafen.“

Als sie in Soras Auto saßen, schwiegen die beiden Frauen eine ganze Weile. Hikari hatte mehrfach versucht, Takeru auf seinem Handy zu erreichen, doch er ging nicht ran. „Er hat gesagt, er müsse hier weg, um seinen Kopf frei zu bekommen. Ich glaube, er wollte zurück nach Paris, zu seiner Mutter.“, sagte Sora irgendwann, in die Stille hinein. „Aber… er hat doch gesagt, dass er auf mich warten würde.“, erwiderte Hikari und starrte auf ihr Handy. „Ich habe ihn gefragt, ob ich nicht erst einmal mit dir reden soll. Aber er war so verzweifelt. Er hat immer wieder davon gesprochen, dass er es vermasselt hätte und dass er dich verloren hat.“, erzählte Sora nun. Hikari schüttelte ihren Kopf und fragte: „Warum hast du nicht gleich gesagt, dass er vorhat, zu gehen? Dann hätten wir keine unnötige Zeit verloren, sondern hätten gleich zum Flughafen fahren können.“ „Ich glaube, dass du dazu noch nicht bereit warst. Du hast die Zeit gebraucht, also war sie nicht unnötig.“, war Soras schlichte Antwort.

Als Hikari darüber nachdachte, musste sie sich eingestehen, dass ihre Freundin Recht hatte. Hätte sie sie einfach nur aufgefordert, mit ihr zum Flughafen zu fahren, um Takeru aufzuhalten, dann hätte sie sich wahrscheinlich stur gestellt. Es war wichtig, den Blog zu sehen und zu lesen, was er wirklich für sie empfand. Sie konnte nur hoffen, dass sie nicht zu spät kam, um ihn aufzuhalten. Sora fuhr so schnell, wie sie konnte. Zum Glück war es Mittag und dadurch war der Verkehr nicht so groß, wie zum Feierabend, daher brauchten sie etwas mehr als eine halbe Stunde zum Flughafen. Sie hielten direkt vor dem Abflugbereich und als Hikari ausstieg, rief Sora ihr zu: „Beeil dich, ich parke solange das Auto. Es ist der Flug nach Paris, der um 15 Uhr geht.“

Sie rannte in die Eingangshalle und sah auf die Anzeigetafel. Es war bereits 14:25 Uhr, viel Zeit würde ihr also nicht mehr bleiben. Nach einigen Augenblicken, hatte sie den richtigen Flug gefunden und hastete zu einem der Ticketschalter. „Ich brauche ein Last-Minute-Ticket für den Flug nach Paris, der um 15 Uhr abfliegt.“, brachte sie schwer atmend hervor. Die Frau, die hinter dem Schalter saß, sah erschrocken zu ihr auf und fragte dann: „Ja, sicher, wollen sie erste Klasse, Business oder Economy reisen?“ Hikari winkte ab und sagte: „Ganz egal, Hauptsache, ich muss nicht mehr zum Schalter und kann direkt zum Gate durchgehen. Ich habe es nämlich wirklich eilig.“ Die Frau musterte sie einen Moment, dann nickte sie und als Hikari ihren Ausweis hervorzog, tippte sie schnell alles ins System ein und die junge Frau bezahlte das Flugticket. „Hier steht das Gate. Da sie kein Gepäck haben, können sie direkt zur Sicherheitskontrolle und dann durchgehen. Einen guten Flug wünsche ich.“, sagte die Frau und reichte Hikari ihr Ticket. Diese bedankte und verabschiedete sich.

Sie wurde zwar von allen etwas seltsam angesehen, immerhin war das Einzige, was sie bei sich trug, eine kleine Tasche, mit ihren Wertsachen, doch das war ihr egal. So ging die gesamte Kontrolle viel schneller, als sonst. Als sie durch den Sicherheitscheck-In war, beschleunigte sie wieder ihren Schritt, um zum Gate zum kommen, das auf dem Flugticket stand. Es war bereits 14:35 Uhr und gleich würden sie beginnen, die Passagiere an Bord zu lassen. Aber es war Hikari egal. Selbst, wenn sie nach Paris fliegen müsste, um mit Takeru zu sprechen, auch das würde sie in Kauf nehmen.

Nur noch wenige Schritte trennten sie vom Wartebereich, sie konnte schon die vielen Fluggäste mit ihren Koffern sehen. Als sie ankam, sah sie sich hektisch nach einem bekannten Gesicht um. „Takeru.“, murmelte sie. Sie suchte nach dem auffälligen, blonden Haar in der Menge. „Wo bist du?“ Sie ging durch die Sitzreihen und überprüfte jeden Platz einzeln, dann rief sie etwas lauter: „Takeru.“ Doch niemand antwortete ihr. Hikari holte das Flugticket hervor, um die Gatenummer darauf mit der vor ihr zu vergleichen, doch es war die Selbe. Wo war er nur? Hatte Sora sich vielleicht mit dem Flug geirrt? Aber es gingen heute auch keine anderen Flüge nach Paris, das hatte ihr die Frau am Schalter versichert. Ein Signalton erklang und verkündete, dass es Zeit für das Boarding war. Was sollte sie jetzt nur tun? Immer mehr Menschen verließen den Wartebereich und stellten sich in die Schlange, um ins Flugzeug einzusteigen.

Nach einer Weile, war das Gate leer und nur noch Hikari stand, zusammen mit einer Dame, die die Flugtickets kontrolliert hatte, dort. „Ähm. Es ist jetzt 14:57 Uhr. Sie sollten langsam einsteigen. Wir warten noch auf einen weiteren Passagier, aber wenn sie und er in 5 Minuten nicht einsteigen, dann fliegen wir ohne sie.“, sagte die Frau, die ihr gegenüberstand. Hikari, die bis eben noch zu Boden gesehen hatte, hob nun den Kopf und sah sie an. „Sie warten noch auf jemand anderen? Können Sie mir bitte sagen, wie er heißt?“, fragte sie und ihr Tonfall, war fast flehend. Die Frau bedachte sie mit einem Mitleidigen Blick, dann sagte sie: „Tut mir leid, das darf ich leider nicht.“ Hikari schenkte ihr als Antwort nur ein schwaches, trauriges Lächeln.

Es vergingen weitere 5 Minuten, in denen niemand auftauchte. Dann sagte die Frau: „Ich werde jetzt das Gate schließen, möchten sie noch einsteigen?“ Hikari sah sie an und schüttelte den Kopf. Dann drehte sie sich um. Warum war Takeru nicht hier? Hatte er es sich doch anders überlegt? Sie zog ihr Handy aus der Tasche und sah auf den Bildschirm, doch sie hatte keine Anrufe oder Nachrichten, nicht einmal von Sora. Wenn er nicht hier war, konnte sie auch genauso gut wieder nach Hause gehen und von dort aus versuchen, ihn noch einmal zu erreichen. Langsam hob sie den Kopf und wollte grade losgehen.

 

„Na, da hatte ich ja Glück, dass ich am falschen Gate gewartet habe.“, sagte eine vertraute Stimme.

Geständnis

„Takeru.“, hauchte Hikari, als sie ihn vor sich stehen sah. Für einen Moment schien es, als würde die Zeit stehen bleiben. Alle Geräusche um sie herum, waren plötzlich verschwunden und es war, als seien nur sie beide allein auf der dieser Welt. Takeru sah sie aus seinen wundervollen, blauen Augen an. Auf seinem Gesicht erschien ein leises Lächeln und er streckte ihr langsam seine Hand entgegen. Hikari trat erst zögerlich einen Schritt auf ihn zu, dann immer schneller und als sie ihn erreichte, legte sie ihre Hand in seine. Als er sie in seine Arme zog, spürte sie, wie all die Last, die sie bis jetzt auf ihrem Herzen zu tragen schien, mit einem Mal von ihr abfiel. Sein Geruch umhüllte sie und sie genoss es, ihn aufzunehmen und sich von ihm umgeben zu lassen. Erst jetzt bemerkte Hikari, wie leer und unvollkommen sie sich ohne ihn gefühlt hatte.

Takeru legte einen Arm um ihren Körper, den Anderen in ihren Nacken und presste sie eng an sich. Es wirkte fast so, als habe er Sorge, sie könne sich plötzlich in Luft auflösen, wenn er sie nicht fest genug hielte. Hikari spürte, wie er das Gesicht in ihrem Haar vergrub. Auch sie hielt sich an ihm fest, legte ihren Kopf an seiner Brust ab und lauschte einfach nur seinem wie wild pochendem Herzen. Nach einer Weile, in der sie einfach nur so dastanden, merkte sie, wie sich sein Herzschlag wieder zu normalisieren begann. Auch hielt er sie jetzt nicht mehr so fest, als habe er sich vergewissert, dass sie nicht plötzlich wieder verschwinden würde. Das veranlasste Hikari dazu, sich ein kleines Stück von ihm zu lösen, um ihm in die Augen schauen zu können.

„Ich dachte, du wolltest auf mich warten.“, sagte sie, in etwas vorwurfsvollem Ton. Überrascht sah Takeru sie an, dann legte sich ein Lächeln auf seine Lippen, als er antwortete: „Es tut mir leid. Hätte ich gewusst, dass du sogar hier her kommen würdest, dann hätte ich auf jeden Fall gewartet. Ich dachte nur… dass du mich nie wieder sehen willst.“ „Du bist ein Idiot. Ich wäre dir sogar bis nach Paris gefolgt, wenn es nötig gewesen wäre.“, erwiderte sie und nun lächelte auch sie ihn an. Erstaunt weiteten sich seine Augen. „Aber ich dachte…“, begann er, doch Hikari unterbrach ihn. „Deshalb solltest du ja auch auf mich warten. Ich habe Zeit gebraucht. Sora hat mir deinen Blog gezeigt und mich davon überzeugt, wie oberflächlich ich war. Es ist wahr, hätte ich von Anfang an gewusst, wer du wirklich bist, dann hätte ich dir nie die Chance gegeben, mich kennenzulernen.“, sagte sie.

„Du… hast meinen Blog gelesen?“, fragte Takeru und seine Wangen färbten sich leicht rosa. Hikari kicherte. „Ja, hab ich. Und wenn dir das so unangenehm ist, dann hättest du vielleicht nicht aller Welt schreiben sollen, was du für mich empfindest. Jedenfalls nicht, bevor du es mir gesagt hast.“ Den letzten Teil, sagte sie etwas leiser und nun bemerkte auch sie, wie ihr die Röte in die Wangen stieg. Takeru streckte seine Hand aus und strich ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr. „Entschuldige. Manchmal fällt es mir leichter, etwas zu schreiben, als es zu sagen. Außerdem, habe ich gedacht, dass es dir längst klar sein muss. Wie sehr ich dir verfallen bin.“, sagte er.

Hikaris Herz begann, schneller zu schlagen. Sie sah ihn aus ihren großen, braunen Augen erwartungsvoll an, als sie erwiderte: „Ich würde es aber trotzdem gerne hören.“ Als Takeru antwortete, war sein Lächeln so warm, dass sie fast dahinschmolz: „Hikari, schon vom ersten Augenblick an, als ich dich gesehen habe, da wusste ich, dass du etwas ganz Besonders bist. Du bist keine Prinzessin, die ich retten muss, das weiß ich jetzt. Du bist meine Königin. Du hast nicht nur mein Herz gestohlen, sondern mir auch gezeigt, was es heißt, ein Zuhause zu haben. Ich liebe dich, jetzt und für immer.“

„Und du sagst, dir fällt es schwer, etwas passendes zu sagen? Wie soll ich denn da mithalten?“, fragte sie mit einem Lächeln auf den Lippen und Tränen in den Augen. Doch dann ergänzte sie: „Vielleicht reicht es einfach, wenn ich dir sage, dass ich für dich bereit bin, mein ganzes Leben hinter mir zu lassen. Ich würde einfach alles aufgeben, um mit dir neu anzufangen, weil ich weiß, dass du es wert bist. Dass wir es wert sind. Ich war noch nie in meinem Leben so vollkommen glücklich, wie mit dir. Und darum bin ich mir auch so sicher, dass ich dich liebe. So, wie ich noch nie zuvor jemanden geliebt habe.“

Einen kurzen Augenblick sahen sich die beiden noch in die Augen, dann legten sie sanft ihre Lippen aufeinander. Dieser Kuss war anders, als jeder den sie zuvor geteilt hatten. Er strahlte genauso viel Liebe und Leidenschaft aus, wie sonst. Doch er versprach auch noch so viel mehr: Hoffnung, Zuversicht, ein strahlendes Licht, für ihre gemeinsame Zukunft. Auch wenn sie im Moment nicht wussten, wie es weiterging, so war eines ganz sicher. Sie würden von jetzt an jede Hürde zusammen meistern.

 

4 Monate später:

„Hikari, beeil dich bitte, wir kommen sonst zu spät.“, rief Taichi und klopfte an die Tür seiner Schwester. Es war ungewöhnlich, dass der Ältere sie dazu antreiben musste, sich zu beeilen und grade an diesem wichtigen Tag, sah es ihr wirklich nicht ähnlich, so zu trödeln. Und immerhin, hatte sie ihn gebeten, dass er sie schon früher zu Miyako brachte, damit sie ihr beim Umziehen und Stylen helfen konnte. „Hikari, ich komme jetzt rein…“, sagte Taichi und in diesem Moment wurde die Tür aufgerissen. Völlig zerzaust, stand Takeru vor ihm. „Guten Morgen. Hikari ist gleich fertig, wir haben etwas verschlafen.“ Der Ältere musterte den Freund seiner Schwester einen Moment, dann drehte er sich um und sagte: „Ich warte unten. Ach und Takeru, dein Hemd ist völlig schief geknöpft.“

Als Takeru die Tür schloss, begann er, sein Hemd zu öffnen, um es neu zu knöpfen. Hikari warf ihm einen Blick zu. „Ich glaube, dein Bruder hat uns nicht geglaubt, dass wir verschlafen haben.“, sagte er und ging auf die junge Frau zu, die grade dabei war, ihre Sachen in eine Tasche zu werfen. Als Takeru bei ihr ankam, legte Hikari ihre Hände auf seine Brust und unterbrach ihn dabei, sein Hemd wieder zu schließen. „Hm, meinst du? Dabei bist du doch so ein guter Schauspieler.“, säuselte sie und streichelte über seine Muskeln. Takeru grinste Hikari an und verwickelte sie in einen Kuss. „Musst du nicht los?“, fragte er nach einer Weile, obwohl es ihm schwer fiel, sich von ihr zu lösen. Seufzend sagte sie: „Ja, eigentlich schon. Aber merk dir unbedingt, wo wir stehen geblieben sind.“ „Das bekomm ich hin.“, erwiderte Takeru und gab ihr noch einen Kuss zum Abschied.

Als Hikari endlich bei Miyako ankam, wurde sie sofort von ihr überrannt. „Da bist du ja endliiiiiiiiich.“, rief die Braut. Hikari lachte und zog ihre beste Freundin in ihre Arme. „Ich bin doch nur 10 Minuten zu spät.“, sagte sie und lachte. „Du bist sonst nie zu spät. Ich dachte schon, du hattest einen Unfall!“, erwiderte Miyako und winkte Taichi zu, der sich wieder in sein Auto setzte, um nach Hause zu fahren. Die beiden Frauen schlossen die Tür hinter sich und betraten das Haus und Hikari musste nun berichten, was sie aufgehalten hatte. „Ja sicher, ihr habt „verschlafen“. Ken und ich verschlafen auch andauernd.“, lachte Miyako und sah ihre beste Freundin wissend an.

Hikari verdrehte die Augen. „Du bist ja fast schon so schlimm, wie Taichi. Es gibt auch noch Leute, die etwas anderes machen, als übereinander herfallen.“, sagte sie. Einen Moment musterte Miyako sie, dann antwortete sie: „Bei Daisuke hab ich dir das abgekauft, wenn du das gesagt hast. Aber bei Takeru, glaube ich dir das keine Sekunde lang. Jedenfalls nicht, wenn ich euch beide so beobachte.“ Erstaunt über ihre Worte, weiteten sich Hikaris Augen. Dass ihre beste Freundin sie gut kannte, das wusste sie, aber dass sie sie so genau beobachtete hatte, war ihr nie aufgefallen. „Wie dem auch sei. Jetzt haben wir aber eigentlich ein anderes Thema. Ist die Stylistin schon da?“, fragte sie und als Miyako nickte, fügte Hikari hinzu: „Dann lass uns dich mal in die schönste Braut verwandeln, die jemals jemand gesehen hat.“

Als sie zusammen bei der Kirche ankamen, betrachtete Hikari noch einmal ihre beste Freundin. Es passte einfach alles. Soras Kleid, was nur für Miyako angefertigt wurde. Ihr Haar, das zu einer kunstvollen Frisur hochgesteckt war, das Makeup, das ihre natürliche Schönheit betonte. Hikari war in diesem Moment so unglaublich stolz auf ihre Freundin und auch, dass sie ihre Trauzeugin sein durfte. Sie stellte sich gegenüber von der Braut, griff nach ihren Händen und sagte: „Wir sehen uns gleich. Ich hab dich lieb.“ Dann reichte sie ihr ihren Brautstrauß, den sie für sie gehalten hatte und ging in die Kirche, um ihren Platz vorne einzunehmen. Ein wenig später setzte die Musik ein und Miyako betrat, gemeinsam mit ihrem Vater, die Kirche. Alle Augen, waren nur auf sie gerichtet.

Queen of the Clouds

„Und du bist dir wirklich sicher, dass du das machen möchtest?“, fragte Takeru und sah Hikari an. Sie warf noch einen Blick auf das Haus, in dem sie aufgewachsen war. Dann sah sie zu Takeru und in seine blauen Augen. Schon als sie ihm das aller erste Mal begegnet war, hatte sie die Farbe und der intensive Blick seiner Augen so sehr fasziniert, dass es ihr unmöglich war, nicht ständig an ihn zu denken. Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, als sie erwiderte: „Ja, ich bin mir ganz sicher. Ich brauche nur dich an meiner Seite. Sonst nichts.“

Vor zwei Tagen, war Miyakos und Kens Hochzeit. Dort hatte sie sich von ihrer Freundin und auch von allen anderen verabschiedet. Und gestern, da hatte sie auch ihren Eltern Lebe Wohl gesagt. Denn sie hatte sich entschieden, ein neues Leben zu beginnen. Und das konnte sie nicht, wenn sie weiter hier blieb und für ihre Mutter arbeitete. Sie spürte, wie Takeru seine Hand auf ihre Schulter legte und drehte sich ein Stück zu ihm. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie jemand auf sie zukam.

„Also, das ist dann wohl der Abschied. Ich werde dich wirklich vermissen, Schwesterchen.“, sagte Taichi mit einem traurigen Lächeln auf dem Gesicht. Hikari ging auf ihn zu und schloss ihren Bruder in die Arme. „Das ist kein Abschied für immer, wir sehen uns bald wieder. Das verspreche ich dir!“ erwiderte sie und spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Taichi gab ihr einen Kuss auf ihr Haar und antwortete: „Ich verlasse mich darauf. Passt gut aufeinander auf.“

 

Als Takeru Hikaris Hand ergriff und seine Finger mit ihren verschränkte, fühlte sie sich das erste Mal in ihrem Leben vollkommen losgelöst und frei. „Und wohin gehen wir als erstes?“, fragte er. „Ich würde sagen, erst einmal zu Flughafen. Und dann sehen wir schon, wohin uns die Wolken tragen.“, erwiderte sie. Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht, als er antwortete: „Wie ihr wünscht, meine Königin.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Oh mein Gott, nun ist es vorbei! Etwas traurig bin ich ja schon. Es hat nämlich wirklich Spaß gemacht, diese spannende Geschichte zu schreiben. Aber wie sagte Hikari am Ende? Wir sehen uns bald wieder ;)
Bis zur nächsten Geschichte, also und vielen Dank, dass ihr diese hier so fleißig gelesen, favorisiert und kommentiert habt :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (46)
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Von:  Sarabie
2022-10-30T19:25:34+00:00 30.10.2022 20:25
Hey, eigentlich bin ich kein Fan von Parallel Universen aber deine Geschichte war wirklich mit reißend.
LG Sarabie
Antwort von:  PanicAndSoul
03.11.2022 17:46
Freut mich, dass sie dir gefallen hat 😊
Von:  Tasha88
2022-04-03T11:44:24+00:00 03.04.2022 13:44
Oh Gina,

ich glaube, das ist mit meine absolute Lieblingsgeschichte von dir, sie ist einfach sooo schön.
danke, dass du sie mit uns geteilt hast ^^
ich liebe das Setting, dass es anders war als sonst viele Digimon Geschichten.

Und nun ist sie tatsächlich zu Ende ....
schön, dass Kari und TK ihren Weg gemeinsam gehen und neu starten, gelöst von allem anderen.
Perfekt ... und so offen, da könntest du ja fast weiterschreiben ;p

so, was kommt als nächstes? ;p

Liebe Grüße ^^
Antwort von:  PanicAndSoul
03.04.2022 17:14
Hallöchen 😊
Ooooh danke für die Lieben Worte! Und für all die anderen tollen Kommentare ❤️
Es freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat 😊 ich hab sie auch super gerne geschrieben und bin etwas traurig, dass sie jetzt vorbei ist…
Aber ich sehe durchaus auch Potential für eine Fortsetzung, mal sehen, vielleicht in Zukunft 💁🏻‍♀️

Jaaaaa im Moment stecken wir grade mitten im Umbau und Umzug, daher komme ich nicht regelmäßig zum schreiben, aber ich hab schon ein zwei neue Sachen angefangen, die ich dann weiterschreibe, wenn ich mehr Zeit hab 🙈

Liebe Grüße 😊
Von:  Tasha88
2022-04-01T18:53:06+00:00 01.04.2022 20:53
aaahhh, es ist der richtige, der dort wartet *-*
gut, wäre auch ein wenig weit gewesen, um kurz vorbei zu kommen ;p
sooo schön ... und das Liebesgeständnis ist soo süß ^^
Hikaris Reaktion war herrlich - schön, dass du deine Gefühle erst mit der Welt und dann mit mir teilst XD

und verschlafen :D hach, diese Szene war auch super ;p

freue mich auf mehr. 2 Kaps noch, wenn ich es richtig im Kopf habe?

LG


Antwort von:  PanicAndSoul
01.04.2022 21:19
Hallöchen 😊
Natürlich war es der Richtige 😍 das wäre auch nochmal eine krasse Wendung gewesen 🤭
Ja, hätte er ihr vielleicht mal von Anfang an sagen sollen, was er für sie empfindet, dann hätte sie nicht so Zweifel gehabt 💁🏻‍♀️ Aber naja, hat ja auch so geklappt 😊
Tatsächlich war dies nun das letzte Kapitel, Sonntag kommt nur noch der Epilog 🥲

Liebe Grüße 😊
Antwort von:  Tasha88
01.04.2022 21:32
Darauf freue ich mich sehr und bin gespannt, was darin noch passieren wird 😍
Von:  Tasha88
2022-03-29T12:50:33+00:00 29.03.2022 14:50
uh, wie süß und romantisch ist denn dieser Blog? TK ist wirklich ganz schön verknallt ...
und dann dachte ich auch - what? der Flug geht und lässt ihr dann noch eine halbe Stunde zum richten und schminken???

Tatsächlich dachte ich ja, dass Kari ins Flugzeug einsteigt ...
und am falschen Gate gewartet ... na wenn das nicht TK ist, dann komme ich nach dem nächsten Kapitel zu dir ;)

Liebe Grüße ^^
Antwort von:  PanicAndSoul
29.03.2022 15:06
Hallöchen 😊
Ja er ist ihr sehr verfallen, von Anfang an 😍
Also anziehen musste sie sich ja, da war eine halbe Stunde ja noch okay 😂 sie hat es ja immerhin geschafft 🤭
Ich hab auch erst überlegt ob sie einen Abstecher nach Paris machen soll, aber jetzt bleibt sie da, wo sie ist 😄
Und ob du zu mir kommen musst, tjaaaa das erfährst du dann im nächsten Kapitel 😊

Liebe Grüße 😊
Von:  Linchen-86
2022-03-27T13:06:53+00:00 27.03.2022 15:06
Corona und Zeit zu lesen. Also hab ich feine Geschichte bis hier gelesen. Richtig toll. Mal ganz andere Familienverhältnisse und doch passt es hier sehr gut.
Ich als großer Michi Fan freue mich auch am meisten über die Michi Momente, aber Takari gefällt mir hier auch ganz besonders gut. Davis ist ein Arsch und T.K meint es ehrlich, dass hat man doch die ganze Zeit gemerkt.
Und wie toll ist Tai bitte?
Tolle Geschichte.
Liebe Grüße
Antwort von:  PanicAndSoul
28.03.2022 07:39
Hallöchen 😊
Schön dass dir die Geschichte gefällt!
Ich wollte damit mal was anderes schreiben, als ich es sonst immer mache, aber Takari musste eben sein 😊 Michi mag ich aber auch sehr gerne.
Ja, Tai ist hier wirklich toll, das hab ich beim nochmaligen lesen auch immer wieder gemerkt. Ich liebe generell die Geschwister-Dynamik von Tai und Kari 😍
Davis, naja, was soll ich sagen… ich brauchte einen Bösen 🙈

Liebe Grüße 😊
Von:  Tasha88
2022-03-27T09:38:53+00:00 27.03.2022 11:38
ohhhhhh *-*
okay, das ist meine Reaktion auf das Ende das Kapitels.

ansonsten - was soll und kann ich alles sagen? Viel- vermutlich vergesse ich die Hälfte -
also, die Eltern :) ich finde es so schön, dass sie hinter ihren Kindern stehen - denn du hast es bist dato echt gut durchgezogen, dass man davon ausgegangen ist, dass es das nicht so ist, ganz im Gegenteil. Man hat eher gedacht, da wird es Theater geben und es wird nicht akzeptiert

Und dann Davis wieder ... man, man, man ... sie will mich sehen, sie ist meine Verlobte, blablabla ... und dann ist da Taichi, der ihm gegenübersteht und so brodelt dass Davis schnell die Leine zieht

Und dann ist da Sora :) hach, die gute Seele, die Liebe - sie ist genau die richtige.

Und dann eben TKs Block, meine Reaktion darauf kennst ja schon - siehe Beginn des Kommis :)
schön, dass er ihr die Zeit gibt, die sie braucht und sie nicht unter Druck setzt.

Ich freue mich auf die nächsten Kapitel :)

Liebe Grüße
Antwort von:  PanicAndSoul
27.03.2022 13:14
Hallöchen 😊
Freut mich, dass dir das gefallen hat und ich dich doch überraschen konnte 💁🏻‍♀️
Ich hab echt lange überlegt, ob die Eltern noch eine Szene machen sollen, aber dann wollte ich sie doch nicht so sehr aus der Rolle fallen lassen, weil im Anime stehen sie ja immer zu 100% hinter ihren Kindern 😊
Tja dafür fällt Davis ganz aus der Rolle 🤭 aber Tai und Mimi standen vor Kari wie eine Mauer, haben ihn nicht durchgelassen 💪🏻 Und Sora, ja sie ist und bleibt die gute Seele der Gruppe 😍
Zu T.K.s Block gibt es dann im nächsten Kapitel noch mehr zu lesen ❤️

Liebe Grüße 😊
Von:  Tasha88
2022-03-25T13:19:32+00:00 25.03.2022 14:19
Hach, ich liebe Tai - er ist einfach so ein toller und wundervoller Bruder.
Und ich bin begeistert von den Eltern - ich hatte echt befürchtet, dass sie ganz anders auf die Bekanntmachung, dass Tai mit Mimi zusammen ist und Meiko nicht heiraten wird, reagieren.
Und dann wollen sie noch wissen, wie es mit Hikari aussieht - das hat mich auch sehr gefreut.

Aber trotzdem ... jetzt ist alles gerade ein Scherbenhaufen ...
natürlich hätte Takeru ihr die Wahrheit sagen sollen - aber ... war bzw ist es ihm bewusst, dass seine Familie so auf Hikaris rumhackt? Und ist es wichtig? ja, schon ein wenig, aber im Großen und Ganzen sind ihre Familien doch egal.

Ich bin gespannt, wie es weitergehen wird ...
diese Romeo und Julia Geschichte ;)

bis bald und liebe Grüße ^^
Antwort von:  PanicAndSoul
25.03.2022 14:41
Hallöchen :)
Ja die Eltern haben überraschend gut reagiert, oder? 😏
Und Tai ist mein Held in der Geschichte 😊
Tatsächlich hatte ich auch Romeo und Julia im Kopf, als mir die Idee für die Geschichte kam 😄 daher passt das sehr gut!
Von:  Tasha88
2022-03-22T13:06:23+00:00 22.03.2022 14:06
o.O okay, es wird tatsächlich schlimmer ...
Aber Davis - hola die Waldfee, das was er da bringt ist unter aller Sau.
Schade, dass Kari nicht in der Lage war, etwas zu sagen oder zu tun, so hätte sie ihm einfach ein "Nein" entgegenschleudern können ...

schön ist an diesem Kapitel mal wieder, dass Tai auf seine Schwester aufpasst und auch, dass Takeru sagt, dass alles echt ist.

Ich bin sehr gespannt, wie das gelöst werden wird - die Verlobung eingeschlossen ;p

LIebe Grüße ^^
Antwort von:  PanicAndSoul
22.03.2022 16:45
Hallöchen 😊
Ich hab mir gedacht, in solchen Kreisen ist der äußere Schein ja sehr wichtig, daher konnte sie ihn nicht einfach do öffentlich bloß stellen und musste mitspielen 🤭
Aber ja, heftig war das von Davis wirklich…
Tai passt eben auf seine Schwester auf, er ist wirklich toll 😊
Liebe Grüße
Von:  Tasha88
2022-03-20T13:10:53+00:00 20.03.2022 14:10
Hello :)

meine Reaktion: o.O oho ...
Daisuke ist ja krass ... er bleibt so ruhig, als er die beiden beim knutschen erwischt. und dann lässt er die Bombe platzen - von der ich ja schon erwartet habe, dass sie irgendwann platzen wird ;)
du lässt es auf jeden Fall spannend bleiben :)

und schade, dass wir nicht lauschen konnten, wie Tai Mimi als seine Freundin vorstellt - kommt da noch was?

ansonsten liebe Grüße und bis bald ^^
Antwort von:  PanicAndSoul
20.03.2022 14:54
Hallo :)
Ich sagte ja Daisuke braucht dir nicht leid zu tun in der Geschichte 🤭😄
Das Gespräch zwischen den Eltern und Tai hab ich nicht geschrieben 🙈 aber wäre bestimmt auch interessant gewesen 🤔
Nächstes Kapitel wird aber auch nochmal spannend 😊

Liebe Grüße 😊
Antwort von:  Tasha88
20.03.2022 14:58
es geht hier ja hauptsächlich um Hikari, daher ist es okay, nicht auf Tai/Mimi so genau einzugehen, daher passt das gut so.
Und mir tut Davis trotzdem leid - weil er eben IMMER das Opfer ist, weißt du doch ;)
Antwort von:  PanicAndSoul
20.03.2022 15:19
Dafür hab ich ihn ja in der anderen Geschichte entschädigt 😄
Aber es gibt auch noch ohne die Tai/Mimi Geschichte genug zu lesen 😊
Von:  Tasha88
2022-03-18T13:34:18+00:00 18.03.2022 14:34
Hach, das war mal wieder ein richtig schönes Kapitel *-*
Und fast wäre da dieser eine Satz gefallen *-* - ich habe die starke Befürchtung, dass das noch Probleme bzw Schwierigkeiten damit geben wird ...

Takeru und Hikari gehören einfach zusammen - Sorry Daisuke ...
schön, dass Taichi seine Schwester so unterstützt - und auch MImi - aber die kennt die Situation ja >.<

freue mich auf mehr *___*
Antwort von:  PanicAndSoul
18.03.2022 15:30
Ja dieses Kapitel war sehr schön :) richtig viel Takari für uns *.*
Und im nächsten wird es dann wieder spannend, da gibt es dann Aktion und... mehr verrate ich jetzt noch nicht :) aber es wird wieder spannend! :D
Antwort von:  Tasha88
18.03.2022 16:07
ich bin gespaaaannnnnttttt :D
Antwort von:  PanicAndSoul
18.03.2022 18:27
Ich bin auch so gespannt was du sagst 😏😄
Antwort von:  Tasha88
18.03.2022 21:32
Dann musst du wohl bald hochladen, dann kann ich es dir sagen 😂
Antwort von:  PanicAndSoul
18.03.2022 21:57
Am Sonntag 🤭😂


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