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Yokohamas Yakisoba

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Yokohamas Yakisoba

Was ihren Geburtstag anging, war Jodie schon immer Zwiegespalten gewesen. Bis zu einem Alter von sechs Jahren liebte sie ihre Geburtstage, danach fühlte sie sich nicht mehr in der Lage ihren Geburtstag zu feiern und glücklich zu sein. Der Tod ihrer Eltern hatte ihr Leben gänzlich auf den Kopf gestellt. Das sonst so fröhliche Mädchen hatte sich in ihrem Schneckenhaus verkrochen und war nicht so schnell herausgekommen. Erst Jahre später erlaubte sie sich wieder Freude im Leben und lächelte aus tiefstem Herzen. Es war, als wäre das kleine Mädchen aus einem langen, schlimmen Traum wieder erwacht.

Das war die Zeit wo sie ihre Geburtstage wieder liebte. Es waren nicht nur die Geschenke, sondern auch die Menschen und das Zusammensein mit ihnen, was Jodie die Zeit versüßte. Als dann die Trennung von Shuichi kam, begann sich die Agentin wieder zurückzuziehen, aber nicht gänzlich sich zu verschließen. Im ersten Jahr hatte sie einfach keine Lust auf eine Geburtstagsfeier gehabt und blieb lieber im engsten Freundeskreis. Danach ging es wieder bergauf. Erst in Japan änderte sich dies wieder. Anfänglich hatte Jodie gar nicht daran gedacht, dass die Traditionen in Japan anders waren, als in Amerika. Geburtstage schienen in Japan eher eine kleine Rolle zu spielen. Für Kinder wurden oftmals Feiern veranstaltet, für Jugendliche und Erwachsene war dies eher unüblich. Doch manchmal bekam man was von Freunden oder von Familienmitgliedern geschenkt, erwartete aber prinzipiell nichts. Jodie hatte sich immer gefragt, ob die Japaner nicht doch insgeheim auf etwas hofften. In ihrem ersten Jahr in Japan hatte Jodie alles getan, damit ihre Kollegen mit ihr feierten, doch ein Jahr später wollte sie ihre Ruhe. Sie wollte sich nach einem langen Tag auf das Sofa legen, in einer Zeitschrift blättern, ein schönes Bad nehmen und dann Schlafen gehen. Es hatte sich viel geändert in ihrem Denken und Handeln.

Der Tag war alles andere als einfach gewesen und es schien, als hätte sich jeder gegen sie verschworen. Andauernd musste sie von einem Ort zum nächsten hetzen, Besorgungen erledigen und Informationen einholen. Nichts von alle dem hatte Jodie je hinterfragt, den es gehörte zu ihrer Aufgabe. Dennoch fühlte es sich komisch an. Sie hatte Geburtstag und keiner ihrer Kollegen gratulierte ihr oder sprach mit ihr über den Tag. Nicht einmal James oder Shu, wobei es sie bei diesen beiden Personen am meisten schmerzte. Jodie wusste, dass sie in den letzten Tagen und Wochen viel Stress ausgesetzt gewesen waren, dennoch hatte es einen unschönen Beigeschmack, wenn ihr Geburtstag vergessen wurde.

Als Jodie auf dem Weg zu ihrem Wagen war, kam eine Nachricht auf ihrem Handy rein. Jodie zog dieses hervor und rief die Mitteilung auf. Kannst du bitte noch einen Zeugen befragen? Er ist Amerikaner und wartet im The Knot in Yokohama.

Sie seufzte, stimmte aber der letzten Aufgabe für den heutigen Tag zu. Von Tokyo nach Yokohama dauerte es rund 40 Minuten mit dem Auto, was machbar gewesen war und wenn sie am Abend noch Zeit hatte, konnte sie in ihr Lieblingsrestaurant fahren und dort Yakisoba bestellen. Es dauerte nur wenige Minuten bis sie die genaue Adresse und Zimmernummer bekam.

Während der gesamten Autofahrt hatte sie ein beklommenes Gefühl, so als würde sie jemand verfolgen und jeden ihrer Schritte beobachten. Automatisch fuhr Jodie einen Umweg und nachdem das Gefühl verschwunden war, steuerte sie das Hotel an. Sie parkte vor dem Hotel und stieg aus dem Wagen. Anschließend ging sie in das Hotel und suchte das Zimmer auf.

Jodie atmete tief durch und klopfte an. Einen Augenblick später wurde die Tür geöffnet. Ein junger Mann musterte sie. „Ja, bitte?“

„Jodie Starling“, stellte sie sich vor. „Mein Boss hat mich hergeschickt. Ich soll mit Ihnen reden über…“ Ja, über was? Das hatte Jodie gar nicht nachgefragt. „Sie wissen schon über was“, spielte sie es herunter.

Der Mann blinzelte. „Kommen Sie doch rein. Sie hatten sicher einen langen Weg, möchten Sie etwas essen? Das Hotel macht ausgezeichnete Yakisoba.“

„Danke, aber ich brauche nichts.“ Jodie betrat das Hotelzimmer und zog sich die Schuhe aus. Es gab Hotelzimmer die waren so konzipiert, dass Gäste problemlos mehrere Tage, wenn nicht sogar Wochen darin leben konnten. Gerade diese Zimmer waren dann auch noch so ausgestattet, dass es einen separaten Wohn- und Schlafbereich gab, manchmal sogar einen kleinen Flur. Irgendwie wurde Jodie wieder mulmig zu Mute. Hätte sie den Auftrag von James doch lieber ablehnen sollen?

„Hier entlang“, sagte der Mann und öffnete die Tür zum Wohnbereich. Drinnen war es dunkel und die Vorhänge zugezogen. Es irritierte Jodie, doch mittlerweile wollte sie auch keinen Rückzieher machen. Langsam machte sie einige Schritte nach vorne und suchte nach dem Lichtschalter. Als sie diesen betätigte…

Sprachlos stand die Agentin stehen und sah von einem Kollegen zum anderen. Sie waren alle da, James, Camel und auch Shuichi. Jodies Blick blieb bei ihm haften. Sofort umspielte ein leichtes Lächeln ihre Lippen.

„Überraschung“, riefen die Agenten und warfen Konfetti in die Höhe.

„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag“, kam es von James. Er ging auf sie zu und umarmte sie.

„Was…was…aber…wann…“ Jodie fand keine Worte. Mit einer kleinen Überraschungsfeier hatte sie gar nicht gerechnet. „Und…hier…“

„Das wir dich mal sprachlos erleben“, schmunzelte Camel. „Herzlichen Glückwunsch.“

„D…danke…“, murmelte Jodie.

„Du glaubst ja nicht, wie schwer es gewesen war, den ganzen Tag über nichts zu sagen.“

„Ihr habt das geplant?“, wollte die Agentin wissen.

„Aber natürlich“, antwortete James. „Du glaubst doch nicht, dass wir deinen Geburtstag einfach so vergessen würden? Wir mussten uns nur etwas Gutes für dich einfallen lassen. Etwas womit wir dich überraschen können. Und wir wussten, dass du nicht damit rechnen würdest, dass wir dich bitten nach Yokohama zu kommen.“

„Das habt ihr geschafft. Wirklich, ich hab nicht damit gerechnet.“

„Sag das Akai“, entgegnete Camel. „Ich glaube, als er den Vorschlag gemacht hat, meinte er es nicht ernst…“

„Ach ja?“ Jodie schmunzelte und sah zu Shuichi. Er stand am Fenster und blickte nach draußen. Vermutlich überlegte er, was die Organisation gerade tat und wie er sie am schnellsten zur Strecke brachte. Das hieß allerdings auch, dass er sich wünschte, nicht in diesem Hotelzimmer zu sein. „Ich frag ihn mal, was er sich dabei dachte“, gab sie von sich und ging zu ihrem Kollegen. „Hey.“

Shuichi sah sie an. „Hey“, meinte er knapp und musterte sie. „Herzlichen Glückwunsch.“

„Danke“, sie sah ebenfalls aus dem Fenster. „Ich hab gehört, dass war deine Idee?“

Shuichi zuckte mit den Schultern. „Hätte nicht gedacht, dass sie es durchziehen würden. Allerdings ist Yokohama im Vergleich zu Tokyo ein wenig sicherer.“

Jodie kicherte. „Vermutlich hatten sie den ganzen Tag ein schlechtes Gewissen?“

Akai blickte nach hinten zu den Kollegen. „Das hatten sie. Aber irgendwie haben sie sich ablenken können und dauernd von Yakisoba gesprochen. Frag mich nicht warum.“

„Ich glaube, daran bin ich Schuld“, sagte die Agentin. „Als ich schon mal in Yokohama war, entdeckte ich ein kleines süßes Restaurant. Dort gab es leckere Yakisoba, was ich den Kollegen natürlich nicht verschwiegen habe.“

„Jetzt versteh ich.“



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