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Nicht nur Mittel zum Zweck

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Nicht nur Mittel zum Zweck
 

„Heute back‘ ich! Morgen brat‘ ich! Übermorgen hole ich mir vielleicht einen Döner vom Dönermann!“, philosophierte Daichi melodisch vor sich hin, während er seine Nase in seine neueste Errungenschaft - ein sehr altes Backbuch, für das er sich bewusst in der Buchhandlung für gebrauchte Medien entschieden hatte - steckte.

„Bringst du mir einen mit?“

Daichi zuckte unvermittelt zusammen und sah in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Es beruhigte ihn, dass es nur sein Mitbewohner und Arbeitgeber war, dennoch hatte er den Kontext nicht mitbekommen.

„Eh … Was?“, lautete daher seine dümmliche Reaktion und er stellte es ein, weiter nach Rezepten zu suchen, da der blonde Wuschelkopf augenscheinlich Konversation betreiben wollte. Zumindest kurzzeitig.

„Döner?“, gab Aki fragend zurück.

„Ach so! Ja, klar!“ Damit war die Angelegenheit zumindest für Daichi erledigt und sein Blick klebte wieder an den Zutaten für die Kokos-Makronen.

Da der schwarzhaarige Junge so vertieft in seine Lektüre war, sah sich Aki in seiner Küche um und blieb mit einem Stirnrunzeln am Küchentisch stehen. Dieses Szenario kam ihm leider viel zu bekannt vor, sodass er meinte, ein Déjà-vu zu haben. Aber Daichi in der Küche mit seiner total kitschigen Schürze, dazu tausend merkwürdige Zutaten, die sich auf dem Tisch und der Ablage stapelten und dann noch „das Buch“. Das schrie doch bis zum Himmel nach Verschwörung!

„Daichi, das ist doch nicht dein Ernst!“, kamen unwirsche Worte über Akis Lippen, da er meinte, wie der große Sherlock Holmes, kombiniert zu haben. „Halloween ist gerade mal vier Wochen her und du weißt genau, was dein Liebestrank für Chaos verursacht hat. Da wirst du dich doch jetzt nicht wieder in die Küche stellen, um irgendwelche ominösen Rezepte nachzukochen, die du Kuruto unterjubelst, damit der sich unsterblich in dich verliebt!“

Natürlich. Kuruto. Himmel und Hölle. Anfang und Ende. Daichi und Kuruto. Das war auch so eine nicht enden wollende Geschichte. Nach anfänglichen Streitereien und Auseinandersetzungen zwischen seinem Cousin Kuruto und seinem neuen Mitarbeiter Daichi, der noch dazu bei ihm eingezogen war, hatten sie gelernt, nebeneinander zu existieren. Koexistenz. Das ging so lange gut, bis Kuruto eine neue Bekanntschaft gemacht hatte und Daichi daraufhin bewusst geworden war, dass er mehr von Kuruto wollte, als nur dessen Aufmerksamkeit. Nur der wollte nicht. Oder wollte schon. Aber dann hatte Kuruto eine Freundin, mit der es alles andere als rund lief. Nach einem himmelhochjauchzenden Drama in 5 Akten (ohne Mord am Ende) und vielen durchweinten Nächten (seitens Daichi) war es aus zwischen Kuruto und seiner Angebeteten – zu Daichis Freude. Und augenscheinlich hatte es auch Kuruto nicht gerade bedauert, denn nun hatte er wieder Zeit, sich um seine aufkeimende Liebe zu kümmern. Oder eben nicht. So ganz wusste es Aki auch nicht. Leider konnte man anderen nur vor und nicht in den Kopf gucken. Und so umkreisten sie sich seit geraumer Zeit und trieben alle mit diesen auf und ab in den Wahnsinn. Vor allem, da dies weitere Schnapsideen mit sich zog. Gerade befürchtete Aki, die neueste dieser Schnapsideen in seiner Küche vorgefunden zu haben.

„Was denn? Ich kann doch nichts dafür, dass das Ergebnis eher suboptimal war. Bei Sho hat das alles wunderbar funktioniert!“, verteidigte sich der Junge in Schürze.

„Ja, geradezu wunderbar. Aber Shohei hätte auch ohne dieses Gesöff nicht nein gesagt. Er sagt nie nein, wenn sich jemand anbiedert!“

„Du hast es auch getrunken!“, kam ein weiteres Gegenargument.

„Und nichts getan, was ich bereuen müsste!“ Akis Augen verengten sich zu Schlitzen, mit denen er Daichi fixierte. Es war eine kleine Spinnerei und sie alle hatten sich wohl von dem Zauber des pinken Getränks etwas mitziehen lassen, aber am Ende war es doch nur Traubensaft mit irgendwelchen anderen Zutaten. Kein Getränk der Welt bewirkte es, dass man sich in eine Person verliebte. Es war unglaublich, wie sich Daichi die Welt schön redete, wenn es um Kuruto ging. Aber wie kam man bitte auf die Idee, einen Liebestrank zu brauen und den dann seinem Objekt der Begierde unterjubeln zu wollen?

„Deine Angst war eben größer als die Wirkung meines Tranks. Ich übe ja noch. Und wir wissen nicht, ob das nicht bei Kuruto geklappt hätte. Immerhin hat er es nicht getrunken!“ Die Worte des Schwarzhaarigen klangen regelrecht so, als bereute er es, dass sein Plan nicht aufgegangen war. Aki hingegen zweifelte an der Zurechnungsfähigkeit des anderen.

„Vielleicht auch besser so. Wer weiß schon, was sonst passiert wäre …“ Aki schüttelte seinen Kopf. Er konnte sich nur zu gut ausmalen, was in Daichis Vorstellungen vor sich gegangen war. Der ideale Ablauf und das erwünschte Ergebnis dessen spiegelten sich selbst jetzt auf seinen femininen Gesichtszügen wider. Seine noch dazu glänzenden dunkelbraunen Augen ließen keinen Zweifel mehr. Kopfkino.

„Okay“, lenkte Aki ein, da er sich das gar nicht erst vorstellen wollte. Viel mehr vollzog er eine ausladende Geste mit seiner rechten Hand und deutete in seiner Küche umher. „Was genau wird das? Muss ich jetzt wieder Angst haben, dass ich irgendwas essen oder trinken könnte, was meine Sinne betäubt? Bin ich als Versuchskaninchen für irgendwas eingeplant und erfahre es erst hinterher? Was genau geht hier vor?“, dramatisierte es der kleine Blonde, aber mittlerweile traute er Daichi alles zu. Liebende waren ja so krank im Kopf. Anders konnte er es nicht formulieren. Viel hielt er persönlich nicht vom Verlieben. Das brachte nur Schwierigkeiten und Kummer.

„Ich plane eine Überraschung für Kuruto!“

100 Punkte! Ins Schwarze getroffen. Kuruto.

„Und was für eine Überraschung soll das werden?“ Wenn Daichi das so sagte, dann konnte das alles bedeuten. Leider auch negativ behaftete Dinge.

„Eine Leckere?“

„Daichi!“, ermahnte Aki den Jüngeren.

„Ich will Kekse backen. Der Weg zu Kurutos Herz führt definitiv über seinen Magen!“

Aki hatte es befürchtet.

„Und was für illegale Substanzen willst du in den Teig mischen?“, fragte der Kleinere nach. Suchend schwirrten seine Augen über die Dinge, die bisher hier verteilt lagen: Mehl, Eier, Vanilleschoten, Schokolade, Kokosraspeln, vielerlei bunte Deko-Perlen oder aufwändige Figürchen aus Zucker und Marzipan. Bisher sah nichts verdächtig aus.

„Aki, was denkst du denn? Ich backe keine Drogenplätzchen, sondern Weihnachtskekse, um Kuruto eine Freude zu bereiten!“

Wirklich überzeugt war der Blonde nicht von den Worten seines Mitbewohners.

„Und du meinst, nach der vergangenen Aktion nimmt er noch irgendwas von dir an?“

„Ach, klar! Und Kekse gehen immer! Kekse machen glücklich! Kekse gibt es außerdem schon seit es Menschen gibt. Na ja, fast so lange. Ich hab in meinem schlauen Buch hier gelesen, dass die Plätzchen damals als Opfergaben gebacken haben.“

„Und nun willst du Kuruto ein Opfer darbringen?“ Aki fiel es schwer, sich bei diesem Gerede ein Lachen zu verkneifen. Daichis Gesicht verriet, was er von diesem Kommentar hielt.

„Nein! … Nicht ganz zumindest. So ähnlich! Ich will, dass er wieder lieb zu mir ist und mich nicht wie den letzten Dreck behandelt. Und wenn er erstmal meine Kekse gegessen hat, dann ist er wieder guter Dinge. Kekse machen nämlich glücklich – wie schon erwähnt. Dann hegt Kuruto auch keinen Groll mehr gegen mich und dann kann er zusammen mit mir zu der Illumination gehen! Das wird dann total romantisch und vielleicht verstehen wir uns danach auch viel, viel besser als jetzt!“

Erwischt. Da hatte Daichi also seinen Masterplan ausgeplaudert.

„Okay, und was willst du für Weihnachtsplätzchen backen?“ Abwartend sah Aki zu dem schwarzhaarigen Jungen, der ihn nur aus großen Augen ansah. Sekunden der Stille traten ein. Aki wartete auf eine Antwort und Daichi guckte nur.

„Weiß nicht“, gab er dann aber kleinlaut zurück.

„Toller Plan!“ Auch diesen Kommentar konnte sich Aki nicht verkneifen. War es doch sowieso nur eines von Daichis Hirngespinsten. Er jedenfalls glaubte nicht, dass es zwischen ihnen je klappen könnte.

„Na, hör mal! Weißt du, wie viele verschiedene Sorten es gibt? Da hätten wir die Kokos-Makronen oder Lebkuchenmännchen, Vanillekipferl, Marmortaler, Gabelplätzchen, einfache Ausstecher, Butterringe, Anisplätzchen, Mandelhörnchen, Zimtsterne, Ochsenaugen …“

„Ochsenaugen?“

„Ja, das sind so runde Plätzchen und da ist eine Einkerbung in der Marmelade drin ist.“

„Und das nennt sich ‚Ochsenaugen‘?“

„Ja. Da ist aber kein Fleisch drin. Keine Angst!“

„Verstehe!“, unterbrach Aki den aufkeimenden Redeschwall. Daichi war definitiv dem Backfieber verfallen. Ganz klare Sache.

„Außerdem gibt es auch Plätzchen mit Alkohol. Eierlikör-Plätzchen oder welche mit Rotwein!“ Auf der Suche nach dem eben Erwähnten blätterte Daichi wie wild in seinem Buch herum, bis ihm noch etwas anderes einfiel: „Und nicht nur das! Ich habe Videos im Internet gesehen. Da haben die aus Teig regelrecht 3D-Figuren hergestellt. Das sah voll niedlich aus! Tannenbäume oder Schneemänner. Da kann ich mich gar nicht entscheiden, was ich denn machen soll! Eigentlich will ich alles ausprobieren!“

„Dann kriegt Kuruto wohl nun jeden Tag neue Plätzchen vorbeigebracht? Kannst es ja wie einen Adventskalender machen“, schlug der kleine Blonde vor und klaute sich eine Nuss aus einer der bereitstehenden Tütchen. Er nahm sowieso nicht an, dass Daichi sich noch von diesem Vorhaben abbringen lassen würde.

„Oh! Adventskalender! Davon habe ich schon mal was gehört! Kommt aus Europa, nicht? Da macht man bis zum 24. Dezember Türchen auf und da ist dann immer was drin. Schokolade oder sowas. Das könnte klappen! Dann kann ich Kuruto jeden Tag sehen!“ Die Begeisterung von diesem Vorschlag zeichnete sich in Daichis Strahlen wieder und er klatschte freudig in die Hände.

„Das mach ich! Dann kann ich ganz viele Rezepte ausprobieren und habe einen Vorwand, warum ich zu ihm auf die Arbeit kommen muss! Und da ich Kekse dabei habe, wird er mich nicht einfach so wegschicken, weil er bekommt ja etwas. Dann isst er die Kekse und ist freudiger gestimmt. Aki, das ist genial!“, freute sich Daichi wie ein Schneekönig und blätterte erneut in seinem Buch. So, wo war das Rezept, das er sich eben noch angesehen hatte?

„Hm, klingt gut. Aber, hast du da nicht eine Kleinigkeit vergessen?“, erkundigte sich Aki.

Daichi blinzelte. Er sah zu seinen Zutaten, die er bereits auf gut Glück besorgt hatte, aber die Anspielung verstand er nicht.

„Was meinst du?“

„Kuruto feiert kein Weihnachten!“, sagte Aki ganz lapidar und steckte sich diesmal einen Schokodrops, der als Deko eingeplant war, in den Mund. Gelangweilt kaute er.

„WAS?!“, fragte Daichi sofort, da er das nicht glauben konnte, was er eben gehört hatte. „Wie, kein Weihnachten?“, hakte er nach.

„Kurutos Eltern sind Buddhisten. Entsprechend ist er so erzogen worden. Du weißt schon: Fünf Grundregeln, Pfad der Erleuchtung, Barmherzigkeit, keine berauschenden Mittel, nicht schlecht reden und so. Gut, Kuruto nimmt das nicht immer so genau, aber Fakt ist: kein Weihnachten.“

„Kein Weihnachten …“, wiederholte Daichi die Worte. Vor seinem inneren Auge sah er, wie sein Plan in viele kleine Splitter zersprang. Oder eher, wie sein eingebildetes Lebkuchenmännchen in viele, winzig kleine Krümel zerbröselte. Keine 24 Plätzchensorten. Keine Weihnachtsstimmung. Keine Winter-Illumination. Und vor allem: Keine Zeit mit Kuruto!

„Nimm es nicht so schwer! Sie akzeptieren es ja als weltliches Ereignis. Also, wenn du lieb fragst, dann geht Kuruto bestimmt auch so mit dir zu den bunten Lichtern. Hat ja nichts mit Glaubenseinstellung zu tun.“ Das konnte man sich ja nicht mit ansehen, wie Daichis Ohren nach unten klappten. Regelrecht wie ein getretener Welpe blickte er drein.

Diese Worte trösteten Daichi jedoch nicht im Geringsten. Es ging schließlich um weitaus mehr als ein paar bunte Lichter. Er wollte Kuruto von sich überzeugen und außerdem nährte sich das Fest der Liebe. Da wurde Geben großgeschrieben, um den anderen zu zeigen, wie sehr man sie liebte. So einfach konnte er doch nicht aufgeben.

„Ich back‘ trotzdem! Auch Buddhisten lieben Weihnachtskekse! Einfach jeder liebt Weihnachtskekse!“

Daichi war fest entschlossen sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. So machte er sich mit neu gewonnenem Ehrgeiz daran, seinen Masterplan Kurutos Herz für sich zu gewinnen, in die Tat umzusetzen. Und so kam es, dass er keine drei Wochen später in Begleitung die Winter-Illumination ansehen konnte, während sie leckere, selbstgebackene Weihnachtsplätzchen verspeisten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Goesha
2021-12-23T22:24:37+00:00 23.12.2021 23:24
Daichi und seine Ideen! XD
Kuruto wird nochmal kugelrund bei seinen Vorhaben ihn mit Essen zu ködern! ^^"
Aber da hat er sich ja was vorgenommen jeden Tag zu backen. Oder vielleicht nur alle zwei Tage.
Das Ende ist allerdings ausbaufähig! Aber wahrscheinlich hatte sein Plan doch keinen Erfolg und Aki ist aus Mitleid mitgegangen! XD
Antwort von:  Daisuke_Andou
24.12.2021 05:10
Daichi und seine Ideen sind klasse. Die bieten immer sehr viel Gesprächsstoff ^^°
Daichi kann bestimmt auch low carb oder so. Oder ist beim Abtrainieren behilflich. Er meint es ja nur gut. Was ist Kuruto auch immer so grummelig?
Das Ende ist offen und sollte gar nicht genauer beschrieben werden. (Platz für persönlichen Input XD) Vielleicht war es auch Shohei, der dann als Date herhalten musste. Ist eben alles nicht so leicht mit dieser "Daichi-Kuruto-Sache".


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