Zum Inhalt der Seite

Underworld III

In Teufelsküche
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich bin so dankbar und erfüllt von Glück zu sehen, dass es doch noch Leser gibt, die nach all den Jahren immer noch von Underworld mitbekommen!!
Ihr seid die besten!

Längere Kapitel werden kommen, allerdings brauche ich dafür dann auch länger. Fast 4000 Wörter sind schon ne Menge Arbeit. :)

Eure Tomanto Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ein Job ist ein Job

~ Hans' Sicht ~
 

»Zehn!!«, ruft Klein Karen aus und hält meinen kleinen Finger fest. Es ist früh am Morgen und mein kleines Töchterchen sitzt auf meinem Schoß und übt das Zählen an meinen Händen. Derweil kämmt Mary ihr das kurze, feuerrote Haar und arbeitet Zöpfe hinein.

»Und kannst du das auch rückwärts?«, fragt Mary sie und ich halte nochmal alle Finger hoch.

»Ähm...«, sagt Karen und überlegt, wo sie anfangen soll. »Was ist "rückwärts"?«.

»Das heißt du zählst von 10 runter. Von hinten nach vorne«.

»Das ist schwer!«, beschwert sie sich und patscht gegen meine Hände.

»Na, Karen, nicht gemein sein. Papa braucht die gleich noch zum arbeiten«.

Sie schaut erst mich an, dann meine Hände, und haut noch einmal kräftig zu.

»Hey..! :( «.

»Papa soll nicht arbeiten! Papa soll hier bleiben«, sagt sie und hält meinen Zeigefinger fest.

»Doch, Schätzchen, Papa muss sehr wohl arbeiten«, sagt Mary und richtet die Zöpfe zur Perfektion. »Ich allein verdiene nicht genug Geld, und ohne Geld kriegen wir nichts zu Essen«.

Ich bin mir nicht sicher, ob Klein Karen schon groß genug für solche Erklärungen ist, aber solange sie mich gehen lässt habe ich nichts zu meckern.

»So. Und jetzt husch husch in dein Zimmer und hol deine Sachen, ich fahre dich zum Kindergarten«, sagt Mary und nimmt ihre Autoschlüssel vom Brett.

»Menno...«, beklagt sich Karen und steigt von mir runter. »Papa? Komm bitte wieder«.

»Aber sicher, mein Liebling«, verspreche ich und gebe ihr ein Küsschen auf den Scheitel.

Sie schaut erst Mary an, die ihr einen erwartungsvollen Blick zuwirft, und dann schlurft sie davon, um ihre Sachen zu holen.

»Und?«, fragt Mary nach einem stillen Moment des Schweigens.

»Hm?«.

»Hast du nicht irgendwas vergessen?«, fragt sie und schaut unauffällig woanders hin.

»Durchaus nicht«, antworte ich und stehe auf.

Sie verkneift sich ein Lächeln als sie mich ansieht.

»Ach wirklich?«.

»Wirklich«, meine ich und ruhe meine Hände auf ihren Hüften aus, während ich ihr ganz nah komme, »Wie könnte ich unseren Jahrestag vergessen?«.

»Awww, du hast dran gedacht!«, sagt sie und wippt langsam mit mir hin und her. »Oder hast du nur geraten?«.

»Mh-mh, hab ich nicht«. Ich küsse sie. Meine Frau, mein Liebling.

»Du bist mein Zuhause«, erinnere ich sie leise. Ich weiß, dass sie manchmal unsicher ist bezüglich meiner Lebensentscheidungen. Deswegen tue ich, was ich kann, um ihr so gut wie möglich zu verdeutlichen wie sehr ich sie liebe.

Mary schließt die Augen und legt ihre Stirn auf meiner ab, und gemeinsam schunkeln wir zu nicht existenter Musik.

»Heute Abend werde ich mit dir ausgehen. Nur wir beide«.

»Mmmh«, schnurrt sie verträumt, bleibt dann aber abrupt stehen. »Und was ist mit Karen?«.

»Hat deine Schwester Zeit?«.

»Sowas klärst du nicht vorher ab?«, fragt sie stirnrunzelnd.

Ich lächele peinlich berührt. »Es war mehr so ein spontaner Einfall«.

»Da fällt mir ein- «, beginnt sie und geht in Richtung Kinderzimmer, »Karen, was dauert denn so lange?«.

Apropos lange brauchen, ich komme zu spät zur Arbeit!
 


 


 


 

»Sie sind zu spät«, entgegnet die graue Sekretärin an der Rezeption mit dem strengen Dutt, ohne von der farblosen Zeitung aufzuschauen. »Mal wieder«.

»Ich weiß, Angela«, keuche ich als ich zum Aufzug hechte. Meine Güte ist das kühl hier drinnen.

Ich drücke schnell den Knopf zur fünften Etage. Die Aufzugtüren schließen sich und ich fahre nach oben.

Das Firmengebäude, in dem ich arbeite, ist groß. Aber Luzifers Schloss ist größer. Und schöner.

Mein Zuhause dagegen ist klein, aber dafür gemütlich und voller Leben. Und es gibt keinen besseren Ort, an den ich nach einem stressigen Arbeitsgang zurückkehren will.

Oh Mann, diese Gedanken schon wieder, und das gleich zu Anfang meiner Schicht. Das wird ein langer Tag werden...

Der Aufzug kommt zum Stehen und die automatischen Türen fahren mit einem "Ding!" auseinander. Ich betrete das große Gemeinschafts-Büro und lege meine Tasche an meinem gewohnten Schreibtisch ab.

»Sie sind zu spät, Hubert«, brummt die Stimme meines Chefs, der heute wohl besonders schlechte Laune hat.

»Mein Name ist Hans. Und ich weiß, dass ich spät dran bin, aber—«.

»Wie auch immer, Heinz. Achten Sie das nächste Mal auf die Uhrzeit und erscheinen gefälligst pünktlich«.

»Verstanden«, sage ich tonlos und setze mich, bevor er noch weitere Dinge an mir findet, die er kritisieren möchte. Er hört mir ja doch nicht zu. Und kann sich meinen Namen immer noch nicht merken.

Ich fahre den alten Computer hoch, wie ihn alle Tische hier haben, und packe mein Zeug aus. Wie es aussieht, muss ich mich heute mit den Zahlen beschäftigen, die die monatlichen Einnahmen der Firma darstellen sollen.

Bla bla bla. Wie ätzend.

Ich rufe die gewünschten Protokolle auf und finde mindestens 20 Seiten an Informationen. Na großartig.

»Morgen, Hans«, begrüßt mich Pamela, die nette ältere Dame vom Schreibtisch am Fenster. Sie trägt ihre Lesebrille mit Halbmondgläsern und den verzierten Kettchen an den Seiten, damit sie nicht runterfällt. Dazu trägt sie einen Rollkragen Pulli und ihren karierten Bürorock.

»Äh, ja, guten Morgen«, antworte ich verwirrt, weil ich gar nicht gemerkt habe, dass sie zu mir gekommen ist.

»Oh je, stressiger Tag heute?«.

»Kann man so sagen«.

»Wie wäre es...«, fragt sie und senkt ihre Stimme, als teilten wir ein Geheimnis, »... wenn ich dir einen Kaffee hole, ja?«.

»Gerne, danke«, sage ich und lächele.

»Alles klaro«, meint sie und zwinkert mir zu bevor sie geht. Ihre hellgrauen Schuhe machen dumpfe Geräusche auf dem dunkelgrauen Teppichboden.

Ein wenig skeptisch bin ich schon. Das letzte Mal, als ich mir von einer netten älteren Dame einen Kaffee habe bringen lassen, wurde ich vergiftet und bin in den Himmel gekommen. Ich denke nicht, dass Luzifer Lust hat mich dort ein zweites Mal herauszuboxen.
 

Ich starre geistesabwesend auf die vielen Seiten von Daten auf dem Bildschirm, die ich alle lesen soll. Aber ständig lese ich denselben Satz nochmal. Aber ständig lese ich denselben Satz nochmal. Aber ständig lese ich denselben Satz nochmal. Aber ständig lese ich denselben Satz nochmal.

Mist! Ob mit Gift oder ohne, ich brauche diesen Kaffee wohl doch dringender als mir lieb ist.

Wie gerufen kommt Pamela mit ein paar Heftern und einem Pappbecher vorbei.

»Bittesehr, Herzchen«, sagt sie und stellt den Becher auf die freie Stelle neben meiner Tastatur ab, »Aufpassen, er ist noch heiß«.

»Danke, Pamela«, sage ich und schaue ihr dabei aus Höflichkeit ins Gesicht. Sie lächelt und geht ihrer Wege.

Vorsichtig nehme ich den Kaffee entgegen und nippe daran. Er ist wirklich noch sehr heiß, am besten lasse ich ihn noch ein paar Minuten stehen.

Mit abnehmender Motivation überfliege ich die Seiten, die ich bearbeiten soll. Es sieht aus, als sei es unmöglich all das an einem Tag zu schaffen.

Meine Augen wandern von allein vom Bildschirm weg und bleiben am Bild meiner Familie hängen, welches ich eingerahmt auf meinem Schreibtisch stehen habe. Das einzige Tüpfelchen Farbe hier, so scheint es. Auf dem Bild steckt meine Tochter ein Blümchen ins Haar meiner wunderbaren Mary..

Ich seufze. Komm schon, Hans, du kannst das!
 


 

Nach mindestens 10 Minuten habe ich es geschafft drei Wörter zu schreiben. Es ist nicht viel, aber es fühlte sich an als würde ich einen Felsen bewegen.

Jedenfalls bin ich bereits so fix und fertig, dass ich den Bildschirm von meinem kläglichen Aufsatz stattdessen auf ein produktiveres Fenster umschalte, mich zurücklehne und mir ein Päuschen genehmige.

Der Kaffee sollte jetzt trinkbar sein.

Ich nehme den Becher und probiere das starke Gebräu, das Pamela mir mitgebracht hat. Schlecht schmecken tut es jedenfalls nicht.

Ich starre geistesabwesend in die schwarze Flüssigkeit und beobachte die braunen Bläschen, die sich an der Oberfläche aneinanderreihen. Sie bewegen sie sich. Moment, sie bewegen sich seltsam..

Gebannt umfasse ich den Becher mit beiden Händen und schaue dabei zu, wie die Blasen ein Wort bilden.

"Hans"

Da steht mein Name! Ganz bestimmt ist das kein Zufall!

Könnte es sein...?

»Luzifer, bist du das?«, flüstere ich in den Becher und warte ab. Keine Veränderung.

»Sprich mit mir«, versuche ich erneut. Die Blasen lösen sich auf und ich spüre, wie sich etwas verändert.

"Hans, kannst du mich hören?", meldet sich die Stimme meiner Mentorin Caren in meinem Kopf. Wie gerufen.

»Ja, ich höre dich«, antworte ich.

"Oh, gut! Also die Sache ist die: Der Master ist sehr beschäftigt, deswegen hat er mir aufgetragen dir zu sagen, dass eine bestimmte Angelegenheit auf der Erde erledigt werden soll. Es ist von weltenübergreifender Wichtigkeit".

»Und Luzifer hat mich auserwählt seinen Auftrag auszuführen?«, frage ich deutlich nach, da Caren gerade um den heißen Brei herumzureden scheint.

"Äh, genau. Nun, die Sache ist ein bisschen kompliziert. Es gibt ein Artefakt; es sieht aus wie eine verzierte Kugel, aber in Wirklichkeit ist es eine Karte, gefertigt aus dem schwarzen Holz der Bäume an den Lavaströmen der Hölle. Sie hat auf der Erde nichts verloren, deswegen ist sie verflucht". Eine Karte also. Interessant.

»Und ich soll sie in die Hölle schicken?«, frage ich und schaue verstohlen um mich, weil ich nicht allein im Raum bin. Dabei stelle ich aus Versehen Augenkontakt her mit Sveta, der polnischen Mutter, die neu hier angefangen hat. Ich lächele kurz, wie man es bei Leuten macht, die auf der Straße an einem vorbeigehen, und widme mich wieder meinem Kaffeegespräch.

"Nein, du sollst sie zerstören", sagt Caren.

»Zerstören?«.

"Genau. Aber ein Artefakt wie dieses kann man nicht so leicht zerbrechen. Es kann nur mit Höllenfeuer zu Asche verbrannt werden".

»Wie soll ich das machen?«, frage ich und schaue wieder zur Polin Sveta hinüber. Diese wirft mir besorgte Blicke zu. Sie wirkt angespannt.

"Der Master gibt dir eine seiner Fähigkeiten mit, wenn du den Auftrag annimmst. Damit wirst du sie verbrennen können. Und keine Sorge, dir wird es nicht schaden".

Besorgt schaue ich auf den Bildschirm des Bürocomputers und auf die Uhr. So schnell komme ich hier nicht weg, wer weiß schon, wo sich dieses Dingenskirchen befindet?

»Wie viel Zeit habe ich, um den Auftrag zu erledigen?«, frage ich Caren.

"Nicht sehr viel. Das Artefakt bringt in den falschen Händen Pech mit sich, deswegen wurde es oft verkauft und von Eigentümer zu Eigentümer weitergereicht. Es konnte diesmal nur aufgespürt werden, weil es sich in deiner Nähe befindet. Etwas aus der Hölle reagiert mit der infernalen Kraft des Siegels. Wenn du es nicht so schnell wie möglich erledigst, finden wir es nicht mehr so schnell wieder".

»Verstehe«, murmele ich, »Also heute«.

"Du darfst nicht zu lange zögern. So will es der Gebieter".

»Na schön, wenn "der Gebieter" es will«, seufze ich und mache ihre Ausdrucksweise nach. Dann halte ich nach dem Ding Ausschau. Und was ich sehe ist Sveta, die mich anschaut, als hätte sie einen Geist gesehen. Hastig bekreuzigt sie sich.

Ups, da hat mich wohl jemand gehört.

"Gut", beschließt Caren während ich noch einen Schluck Kaffee zu mir nehme, "Deine Auftragskarte wird gleich bei dir ankommen. Berühre sie und deine Aufgabe beginnt".

Mit diesen Worten verschwindet ihre telepathische Übertragung und somit auch ihre Präsenz. Mein Verstand fühlt sich so still an.

Es dauert auch nicht lange, da kokelt sich ein Muster in die Oberfläche meines Schreibtisches.

»Shit!«, fluche ich leise und puste die dünne Rauchsäule weg. Diskreter ging es wohl nicht?!

Der Rand der Karte zieht sich wie ein feiner Streifen Lava durch die Arbeitsfläche des Tisches. Eine Schrift erscheint. Die Buchstaben erscheinen vereinzelt, aber nach und nach bilden sich Sätze. Na gut, dann lese ich mal besser, wo sich das Artefakt befinden soll. So weiß ich wenigstens schon einmal wo es ist, wenn ich mich nach meiner Schicht auf die Suche begebe-

»Morgen, Hans!«.

Ich schrecke hoch und schlage meine rechte Hand auf das Brandzeichen, damit es niemand sieht.

»Heeeey, wie geht's denn so, Luke?«, begrüße ich meinen Kollegen und Trinkpartner aus alten Zeiten, der sich zu meinem Tisch gesellt hat.

»Die Jungs und ich wollten heute nach der Arbeit noch einen drauf machen, Greg hat eine Gehaltserhöhung bekommen und gibt einen aus. Willste mit?«.

»Ah«, sage ich, erleichtert darüber, dass er mich nicht auf meine brutzelnde Arbeitsfläche ansprechen wollte, »Sorry, aber ich habe hiernach noch etwas vor«.

»Das ist aber schade. Naja, dann ein andermal«, sagt er und geht.

Ich warte bis er weg ist und atme dann erleichtet auf. Das war knapp.

Als ich meine Hand von der Auftragskarte nehme, ist meine Handfläche gerötet. Aber nicht auf natürliche Weise. Sie sieht aus wie eine heiße Herdplatte. Und mit einem Mal wird mir klar: Ich habe die Karte angefasst. Ich habe den Auftrag angenommen. Genau jetzt.

Shit.

Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Ich sehe mir an, was die Karte zu sagen hat, und hoffe, dass das Teil nicht allzu weit weg ist. Wo soll ich denn diesmal hin? Zum Amazonas? In den Himalaya?

»Hier?«, staune ich und lese die Adresse zur Sicherheit noch einmal. Ich habe mich nicht getäuscht, da steht mein derzeitiger Aufenthaltsort! Es stimmt alles, vom Gebäude bis zur Etage. Irgendwo hier muss es sein!

Hm, ich sehe aber nichts ungewöhnliches auf den anderen Schreibtischen.

Sveta hingegen sammelt unter ungebrochenem Augenkontakt ihre Sachen zusammen, schnappt sich ihre Handtasche und macht sich aus dem Staub.

Ich beobachte sie den ganzen Weg bis in den Aufzug. Sie drückt auf einen Knopf und die automatischen Türen schließen sich. Der Aufzug fährt nach unten.

Ich schaue auf das Brandzeichen in meinem Schreibtisch und warte darauf, dass sich die Etage in der Beschreibung des Auftrags ändert.

Alles bleibt gleich. Also kann Sveta das Artefakt nicht dabei haben.

»Verschieben Sie meinen Termin auf morgen«, sagt mein Chef, der gerade mit dem Handy zwischen Schulter und Ohr geklemmt in Richtung Toilette geht. »Nein, Sie hören mir nicht zu! Dieses Ding bringt nur Ärger, ich werde es persönlich verschicken!«.

Meine Augenbrauen heben sich und ein selbstsicheres Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus. Natürlich.. Wer sonst könnte das Firmengeld für soetwas Extravagantes wie eine verzierte Kugel ausgeben?

Und da dieser grimmige Troll von einem Chef gerade seine Auszeit nimmt, steht sein Büro gerade leer!

Mit der linken Hand schiebe ich einen Locher über das Brandzeichen, damit es niemand sieht, und stehe auf.

Unauffällig gehe ich den Gang entlang an den anderen Schreibtischen vorbei und schleiche in das Büro des Chefs.
 

Huh, ich bin noch nie hier drinnen gewesen.

Die Decke ist niedrig, eine Wand besteht nur aus Fenstern, in den Ecken stehen tropische Pflanzen und auf dem Mahagoni Schreibtisch vor mir steht ein moderner Computer, sowie Papierstapel, Unterlagen und ein handgroßer Globus aus kohlschwarzem Holz. Nur ist auf diesem "Globus" nicht die Erde eingezeichnet. Ich glaub's nicht, ich habe das Artefakt gefunden!

Das ging einfacher als erwartet.

Schauen wir uns das Ding mal näher an.

Darauf sind Linien sorgfältig eingearbeitet, die Grenzen und Flüsse darstellen. Kleine Symbole sind darauf zu sehen, die wohl aus einer anderen Sprache stammen und Ortsnamen darstellen sollen. Sie sieht fast schon edel aus.

Hm, eigentlich zu schade das Teil zu verbrennen, es ist wirklich schick. Aber ich bin sicher Luzifer kennt genug Navigationsmöglichkeiten durch sein eigenes Königreich, da braucht er das hier nicht.

»Und wie mache ich das jetzt?«, murmele ich und nehme das Artefakt aus seiner Halterung und balanciere es in meiner rechten Hand, die bis vorhin noch so magisch geglüht hat.

Und schon beginnt die Kugel dort anzuschmoren, wo sie meine Haut berührt. Rauch steigt nach oben. Das schwarze Holz heizt sich auf wie Kohle in einem Grill und schmilzt langsam in meiner Handfläche zusammen.

»Abgefahren!«, hauche ich und sehe den Flammen dabei zu, wie sie die eingezeichneten Grenzen der Hölle auf der Kartierung erhellen und schließlich versenken.

Plötzlich erschallt ein schrilles Piepen direkt über mir. Scheiße, der Rauchmelder! Den hab ich total vergessen! Den muss ich loswerden!

Hastig unterbreche ich die Kugelschmelze und lege den brennenden Klumpen in die eiserne Halterung zurück und klettere auf den Schreibtisch. Ich wedele den Rauch aus dem Gesicht und ziehe mit der nicht-magischen Hand den plärrenden Rauchmelder von der Decke ab.

Mist, wohin jetzt damit??

Das Ding piepst auf einmal noch lauter!

Uwaah! Ich muss mir schnell etwas einfallen lassen!! °0~0

Ohne viel nachzudenken hechte ich zu den Fenstern, öffne blitzschnell das nächstbeste und höre sofort ein dumpfes Geräusch. Die Fensterscheibe öffnet nach außen, und genau diese habe ich soeben einem Fensterputzer ins Gesicht geschlagen.

Die Augen des Fensterputzers rollen nach hinten und er kippt stöhnend von seiner hängenden Plattform. Der lärmende Rauchmelder fällt mir aus der Hand und stürzt, genauso wie der spärlich gesicherte Typ, in den Abgrund.

»Tut mir leeeid!«, rufe ich dem Kerl hinterher, der nicht mehr zu retten ist und schließe schnell das Fenster, um nicht mit anzusehen, wie sein unerwarteter Flug aus der fünften Etage des Firmengebäudes endet. Ich höre nurnoch ein entferntes Krachen und das Plärren einer Auto-Alarmanlage.

... O~O°

Dem geht's guuuut!.. (°._.)

Ich drehe mich gerade um, da steht eine große vermummte Gestalt vor mir. In der Knochenhand hält sie eine riesige Sense. Ich muss nicht eine Sekunde überlegen, wer das ist.

Sofort rutscht mir das Herz in die Hose.

»Oh fuck«. Das gibt Mecker.

»Ich kenne dich«, sagt der Sensenmann und zeigt mit einem knochigen Finger auf mich, »Du warst die Expresslieferung an meinen Bruder. Ich vergesse nie ein Gesicht«.

»Äh, ja, der bin ich«, antworte ich ehrfürchtig.

Der Tod tritt neben mich und schaut aus dem Fenster in die Tiefe. Genau dahin, wo der arme Kerl wohl aufgekommen ist. Der Sensenmann schweigt für einen Moment und dreht sich dann zu mir.

»Warst du das?«.

Ich schlucke. »Es war ein Unfall!! ( ;~;)«.

»... Verstehe«, sagt er und wendet seinen Blick wieder in die Tiefe, »Sei unbesorgt. Dieser Mensch hätte schon gestern tot sein sollen. Du hast mir eine Menge Arbeit erspart«.

»Oh, na dann«, seufze ich und entspanne meine Schultern. »Also.. Sollte genau das passieren?«.

»Das Schicksal hat es so vorgesehen«.

»Puh, da bin ich aber beruhigt!«, lache ich, »Zumindest kann ich hiernach besser schlafen als nach Atlantis, haha«.

»Was?«.

»Was?«, sage ich schnell und hätte mir gewünscht, ich hätte auch einen Reißverschluss-Mund wie Chi-Chi. »Ich hab.. nichts gesagt«.

»WAS ZUM GEIER IST HIER LOS?!«, brüllt die Stimme meines Chefs, der jetzt in der Tür steht.

Uh-oh, ich hab vergessen zu verduften!

Die Holzkugel aus der Hölle ist zu einem kleinen Brikett zusammengeschrumpft und durch die Halterung geflutscht, die für größere Sphären gebaut wurde als für Kohleklumpen. Und nun brennt nicht nur das Artefakt, sondern auch die Papiere auf dem Schreibtisch vom Chef!

»Ups«.

»SIND SIE JETZT VÖLLIG ÜBERGESCHNAPPT, HARALD?!«.

»Hans-«.

»VERDAMMT!«, flucht er und räumt andere Gegenstände aus dem Weg des Feuers, das nun den gesamten Stapel von Unterlagen lichterloh brennen lässt.

»Das wird lustig«, kichert der Sensenmann.

»NUN STEHEN SIE NICHT SO ALLEIN DA HERUM, HELFEN SIE MIR!«.

»Allein? Sie können ihn nicht sehen?«, frage ich und zeige auf den Kerl mit der Kutte und dem überdimensionalen Gartenwerkzeug neben mir.

»WIRD'S BALD?!!«, schreit der Chef und versucht den wütenden Bürobrand in den Griff zu kriegen.

»Oh! Äh, natürlich!«, rufe ich und nehme eins der Jacketts vom Kleiderhaken, um damit das Feuer auszuschlagen.

»DOCH NICHT DAMIT, DAS WAR TEUER!«.

»Was soll ich denn sonst nehmen?!«, frage ich, doch da entzündet sich das Jackett in meiner Hand bereits selbst. Oh Mist, ich bin ja Rechtshänder.

»AAAAAAA«, schreit der Chef.

»WAAAH«, schreie ich panisch zurück und lasse das brennende Kleidungsstück auf den Teppich fallen. Fassungslos starrt er darauf, wirbelt hustend herum und wird dann wütend. Er stampft auf mich zu und packt mich wild am Kragen.

»SIE!«, schreit er außer sich.

Reflexartig greife ich seine Arme, um den Griff zu lockern.

»ICH WERDE SIE-«.

Er bricht ab, denn schon beginnt sein eigenes Sakko aus Versehen unter meiner Hand zu rösten.

»Ups!«, sage ich zu meiner Verteidigung und lasse los. Das Feuer breitet sich aus.

»HILFE! MACHEN SIE DAS AUS!«, brüllt er und wedelt unkontrolliert mit dem Arm. »TUN SIE DOCH ETWAS!!«.

»Oh je, oh je!!«.

Plötzlich springt die Sprinkleranlage an und durchnässt das ganze Büro in Sekundenschnelle. Der Computer zischt mit einem Blitzchen auf und bekommt einen Kurzschluss. Die restlichen Sachen, die der Chef aus dem Weg geräumt hatte, bekommen einen Wasserschaden, während das Höllenfeuer lichterloh weiterbrennt. Das Wasser taugt nichts. Im Gegenteil, es macht alles nur noch schlimmer.

Der Sensenmann lacht.

Der Chef zwängt sich aus dem Sakko und hüpft dabei umher wie ein Frosch, der einen Regentanz aufführt, und wirft das Teil zum anderen Kleidungsstück auf den Boden. Auch der Teppich ist nicht feuerfest und brutzelt vor sich hin.

»Das sollte genügen«, erklärt der Sensenmann.

Er hebt eine Skeletthand und senkt sie gleichmäßig. Alle Flammen gehorchen ihm, werden kleiner, und gehen schließlich ganz aus.

Der Chef wirbelt umher und ist sich noch nicht sicher, ob er sich langsam beruhigen oder sich über den Schaden aufregen soll.

Der Tod wendet sich an mich.

»Jetzt sind wir quitt«.

Mit diesen Worten verschwindet er genauso schnell, wie er gekommen war.

Die Tür zum Büro des Chefs schwingt auf und vor uns steht Mary mit einem Strauß Blumen im Arm. Schockiert sieht sie sich das Fiasko an, in dem wir stehen. Die Sprinkleranlage regnet noch immer fröhlich Löschwasser auf uns herab.

Ich winke ihr peinlich lächelnd zu und sie lässt enttäuscht die Schultern hängen.

»Oh Hans, was hast du jetzt wieder angestellt?«.

Der Chef stapft mit nassen, quietschenden Lederschuhen neben mich und richtet seine ruinierte Krawatte.

»Sie sind gefeuert!«.
 


 


 


 

Die Autofahrt nach Hause ist gefüllt mit einer drückenden Atmosphäre. Mary schaut stur voraus und schweigt mich an. Ich sitze triefend nass auf dem Beifahrersitz und denke über mein Verhalten nach.

Wie soll ich es erklären? Ich meine, es hätte alles einwandfrei funktioniert, wenn der Rauchmelder nicht angesprungen wäre. Ich hätte ein Auge auf das Artefakt gehabt und alles wäre unter Kontrolle geblieben. Außerdem war das Teil verflucht und hat für eine Menge Pech gesorgt. Wenn ich dem kein Ende bereitet hätte, wäre es vielleicht noch schlimmer gekommen!

Wie dem auch sei, die Mission ist erfüllt, die Auftragskarte hat sich bestimmt wie immer selbst zerstört und die Fähigkeit, Dinge mit einer Berührung in Asche zu verwandeln, ist auch verflogen. Auch wenn die ziemlich cool war, ich hab mich gefühlt wie einer der X-Men!

Mary sagt noch immer nichts.

Ich seufze.

»Also ich-«.

»SAG- jetzt. nichts. Ok??«.

»..Ok«, murmele ich und schaue stattdessen den Leuten zu, an denen wir mit dem Auto vorbeiziehen.
 


 

Wir sind gerade zur Tür herein, da pfeffert Mary ihre Schlüssel auf den Tisch und stellt mich zur Rede.

»Was zur Hölle sollte das?!«.

»Gutes Stichwort«.

»Spar dir die flachen Witze. Wieso finde ich dich im verrauchten und durchnässten Büro deines Chefs?!«.

»Es war ein Unfall ok, ich wollte nicht, dass alles abfackelt«.

»Ach nein? Und warum tat es das?«.

»Weil.. Naja, weil ich das Feuer nicht unter Kontrolle hatte. Ich glaub ich hab einen Fensterputzer umgebracht..«.

»Du weichst mir aus, Hans«.

Sie verschränkt die Arme vor der Brust und sieht mich streng an. Ich sinke in den Kragen meines Hemdes zusammen. Es ist ja nicht so, dass ich es hätte aufhalten können, wenn schon Wasser keine Auswirkungen auf Höllenfeuer hat. Ich bin froh, dass der Tod da war, um mir entgegen zu kommen.

... Oh Mann, das glaubt mir niemand.

Mary atmet einmal durch und zeigt sich von ihrer verständnisvollen Seite, die ich an ihr liebe.

»Hans, was ist los?«.

»Na schön«, fange ich an und setze mich auf einen der Küchenhocker, damit ich die Couch nicht nass mache. Mary setzt sich zu mir und hört zu.

»Ich war gerade dabei meine Arbeit zu erledigen, da hat mich meine Mentorin angerufen und mir einen neuen Auftrag zugeschickt«.

»Einen Auftrag?«.

»Ja, so wie damals als Klein Karen verschwunden ist. Und naja, eigentlich wollte ich den Auftrag erst dann annehmen, wenn meine Schicht zuende ist, aber dann hat Luke mich angesprochen und dann hab ich die Karte angefasst und meine Hand hatte Lavakräfte und-«.

»Langsam«, stoppt sie mich und massiert sich die Schläfen, »Was war das für ein Auftrag?«.

»Ich sollte ein verfluchtes Artefakt verbrennen, das im Büro meines Chefs versteckt war. An sich keine schwere Aufgabe. Ich sollte schonmal eine Seele in Nevada befreien und den Körper begraben, das war anstrengend-«.

»Du solltest was?«.

Ich beiße mir schuldbewusst auf die Unterlippe.

»... Das hätte ich jetzt nicht erwähnen sollen, oder?«.

Mary sinkt auf dem Küchentisch in sich zusammen.

»Und jetzt bist du auch noch deinen Job los«, sagt sie verzweifelt, »Na großartig!«.

»Hey, Kopf hoch. Ich finde schon was, das mit der Hölle kompatibel ist«.

»Nein, Hans«, sagt sie und schaut mich an, »Ich denke nicht, dass es irgendetwas gibt, dass damit vereinbar ist«.

Wortlos steht sie auf und schlurft ins Schlafzimmer.

»Wo gehst du hin?«.

»Ins Traumland, wo unsere Welt noch in Ordnung ist«, stöhnt sie mit den Nerven am Ende, »Vielleicht wache ich einfach nie wieder auf, das wäre auch mal etwas«.

»Ruh dich aus, Schatz, ich ziehe mich um und hole dann Karen ab«, rufe ich und versuche ihr damit ein wenig Stress abzunehmen. Sie schließt einfach die Tür.

Oh je, dieser Jahrestag ist wohl im Eimer.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Und das ist die Story, wie Hans seinen Job verlor!
Ich brauchte mal wieder ein nettes Auftragskapitel! Dieses hier gab es nicht in meiner fertigen Manga-Fassung, weil ich damals, als ich mit Underworld anfing, sehr auf die Wünsche meiner Schulfreunde eingegangen bin, die eigentlich nur Beziehungszeug sehen wollten. Ich aber hatte Underworld angefangen mit der Idee einer Geschichte, in der ein mehr-oder-weniger gewöhnlicher Mann mit zu viel Pech den Job als rechte Hand des Teufels bekommt und Abenteuer erlebt. Der ganze Love-Triangle Plot sollte eigentlich nicht so hart im Vordergrund stehen und 99% Screentime einnehmen, wie er es allerdings tut.

Im vorherigen Teil gab es ja leider nur einen riesigen Auftrag (Klein Karen zu finden) und keine kleinen, und auch sonst gab es da wenig Action. Wer weiß, vielleicht füge ich in Underworld 1 noch ein Auftragskapitel hinzu. Der erste Teil ist ohnehin ziemlich knapp. ;)

Eure Tomanto Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück