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Nach all der Zeit

von

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Kapitel 11

22. September
 

Mario nahm nicht so recht wahr, was um ihn herum geschah, als er die Schule betrat und sich auf den Weg zu seinem Klassenzimmer begab. Nachdenklich runzelte er seine Stirn, seine Hand lag am Schirm seiner Kappe. Der Tag gestern, was alles passiert war, das hing ihm immer noch in den Knochen. Erst das Gespräch mit Ellen, dann Henry, das Gespräch mit Gregor. Und dann, was er gesehen hatte. Elsa … sie ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Er dachte nur noch an sie. Auch an das, was sie getan hatten, aber alles drehte sich gerade nur noch um sie. Und er wusste nicht, was er mit diesen Gedanken und Gefühlen anstellen sollte.
 

“Du Betrüger!”

“Du Fremdgeher!”

Er blieb abrupt stehen stehen, als sich ihm zwei Personen in den Weg stellten. Erstaunt sah er auf. Er erkannte Wane und Ann, Ellens beste Freundinnen, die vor ihm standen und ihm den Weg mit in die Hüfte gestemmten Armen versperrten. Dass die Beiden nicht gut auf ihn zu sprechen waren, war zu erwarten gewesen. Und dass Ellen mit ihnen gesprochen und sich über ihn ausgelassen hatte, ebenfalls. Hatte man beste Freunde nicht dafür, um ihnen alles sagen zu können, was einen beschäftigte? Er hatte schließlich Gregor und das Gespräch mit diesem gestern hatte sehr gut getan, auch das Gespräch, das er später mit den anderen Kickers geführt hatte.

Daher fand Mario es gut, wenn Ellen ihre Freundinnen hatte, sie brauchte sie momentan sicher. Aber dass sie ihn hier so auf dem Flur der Schule überfielen, das wäre wirklich nicht notwendig gewesen. Sein Blick huschte über den Flur und blieb schließlich an seiner Ex-Freundin hängen. Diese stand ein paar Meter weiter an der Wand und sah auf den Boden. Sie vermied jeden Blick zu ihm, es war ihr wohl auch nicht angenehm, dass ihre Freundinnen ihn angesprochen hatten.
 

“Ellen”, meinte Mario und machte automatisch einen Schritt auf sie zu.

“Oh nein, du lässt sie in Ruhe!”, gab Ann von sich und gab ihm einen Stoß gegen die Brust, so dass er ein paar Schritte nach hinten gehen musste. Vermutlich hätte er einfach stehen bleiben können, sie war nicht sonderlich stark, aber er war überrascht über ihre Handlung.

“Du hast genug angestellt, du wirst sie gefälligst in Ruhe lassen!”, zischte Wane und machte einen Schritt auf ihn zu.

Erneut runzelte Mario seine Stirn. “Ich denke, das ist eine Sache zwischen Ellen und mir!”, erklärte er genervt.

“Ach? Nur zwischen euch? Oder zwischen euch und Elsa und Henry?”, fragte Ann und verschränkte ihre Arme vor ihrem Oberkörper.

Verärgert sah der Fußballer zu seiner Ex-Freundin. Musste sie es tatsächlich überall herum erzählen? Hätte sie das nicht für sich behalten können? Er bemerkte, wie die anderen Schüler, die um diese Uhrzeit unterwegs waren, zu tuscheln begannen. Was Gregor vermutet hatte, begann wohl früher, als gedacht.

“Zumindest euch geht es nichts an”, richtete er an Ann und Wane.

“Von wegen! Ellen ist unsere beste Freundin und du hast sie verletzt! Wir werden immer für sie da sein! Im Gegensatz zu dir, du Lügner!”, rief Wane.

“Du Betrüger!”, wiederholte Ann ihre Worte von vorhin.
 

Das Getuschel wurde lauter und alle Blicke waren auf die kleine Gruppe gerichtet.

Mario knurrte auf. “Es geht euch nichts an! Haltete euch einfach raus.”

Er drückte sich einfach zwischen den Beiden durch und trat zu Ellen, die ihn mit großen, verweinten Augen ansah.

“Es tut mir wirklich leid, dass ich dir wehgetan habe, Ellen. Aber bitte, halte dich mit dem, was du erzählst, zurück.”

Wut glomm in ihren Augen auf. “Du hast mir gar nichts zu sagen! Du hast mich betrogen! Du hast mit Elsa geschlafen!”

Sie hatte das mit einer Lautstärke hervorgebracht, dass es wahrscheinlich jeder gehört hatte, der hier im Flur unterwegs war.

Nun herrschte Stille, keiner sagte mehr etwas, bis das Getuschel erneut losging, dieses Mal jedoch lauter als zuvor.

“Hast du das gehört?”

“Hat sie das ernst gemeint?”

“Mario ist fremdgegangen?”

“Meinst du, er hat sie wirklich betrogen?”

“Hat sie echt gesagt, Mario hätte mit Elsa geschlafen?”

“Ist Elsa nicht mit Henry zusammen?”

“Das hat er nicht wirklich getan!”
 

Mario sah sich um, dann wand er sich nochmal Ellen zu.

“Ich weiß, dass du wütend bist, aber das muss wirklich nicht sein. Das ist eine Sache zwischen uns!”

Seine Ex-Freundin schüttelte ihren Kopf. “Du hast dafür gesorgt, dass es eben nicht nur einen Sache zwischen uns beiden ist. Also musst du es ausbaden, das ist jetzt dein Problem.”

Er biss seine Zähne aufeinander, dann ging er einfach weg. Er wollte nichts sagen, was die Sache zwischen ihnen nur noch weiter verschlimmerte. Es reichte, dass es sowieso schon genug Probleme gab, er wollte nicht, dass die Beziehung zwischen ihnen zukünftig so war, wie zwischen Elsa und ihm nach ihrer Trennung. Er hoffte darauf, dass er und Ellen normal miteinander umgehen würden können. Wobei ihm klar war, dass das vielleicht nicht das war, was er zu erwarten hatte. Auch wenn es für ihn nicht der Grund für die Trennung war, so hatte er Ellen doch betrogen, als er mit Elsa geschlafen hatte. Und er verstand, wenn seine Ex-Freundin deshalb wütend war.
 

~~~
 

Als Elsa ins Schulgebäude eintrat, bemerkte sie, wie die Schüler um sie herum tuschelten und redeten. Sobald sie an ihnen vorbei ging, schwiegen diese jedoch, um das Gespräch wieder aufzunehmen, sobald sie vorbei war. Verwirrt sah sie sich um.

Als sie in ihrem Klassenzimmer ankam, richteten sich alle Blicke auf sie. Ein eigenartiges Gefühl überkam sie und schnell ging sie zu ihrem Platz.

“Was ist hier los?”, fragte sie mit stark klopfendem Herzen ihre Freundin Hina, die den Platz neben ihr hatte. Sie hatte ja eine starke Vermutung und hoffte sehr, dass es nicht das war.

“Stimmt es”, Hina beugte sich zu ihr, um sie leise zu fragen, “dass du mit Mario geschlafen hast?”

Elsa wich alles Blut aus dem Gesicht und sie sah ihre Freundin mit großen Augen an. “Was?”, fragte sie ungläubig. Hatte es sich tatsächlich so schnell herum gesprochen, was zwischen ihr und Mario vorgefallen war? Aber sie hatte es ja auch befürchtet. Henry hatte ihr gestern noch verraten, dass es Ellen gewesen war, die ihm gesagt hatte, dass sie mit Mario geschlafen hatte. Und sie konnte es sich nur zu gut vorstellen, dass Ellen es noch anderen erzählt hatte und es an der ganzen Schule verbreiten würde.

Hina sah sie nachdenklich an, ehe sie langsam ihren Kopf schüttelte. “Das hast du nicht wirklich getan, Elsa. So bist du doch nicht!”
 

Als die Klassenzimmertüre aufging, sahen sie aus Gewohnheit in diese Richtung um zu schauen, wer der Ankömmling war.

Elsa drehte sich schnell wieder zur Seite, als sie ihn erkannte, sie wollte ihn nicht sehen.

Als sie bemerkte, dass jemand vor ihrem Tisch auftauchte, sah sie doch noch auf. Ihr Herz blieb einen Moment stehen, um dann schneller zu schlagen.

“Können wir kurz reden?”, fragte Mario und sah sie an, seine Hände in die Hosentaschen geschoben. Elsa runzelte ihre Stirn und wollte bereits ablehnen. “Bitte”, fügte er leise hinzu.

Sie schloss ihre Augen einen Moment und nickte. “Okay”, murmelte sie.

Marios Blick fiel auf Hina, die sie beide neugierig musterte.

“Draußen”, beschloss er kurzerhand und drehte sich herum, um zur Zimmertüre zu gehen. Er vertraute darauf, dass Elsa ihm folgte. An der Türe blieb er stehen und hob sie auf, woraufhin Elsa an ihm vorbei in den Flur schlüpfte. Gemeinsam gingen sie ein paar Meter, um am Ende des Flurs, wo niemand anderes war, stehen zu bleiben.

“Was ist?”, fragte Elsa leise, sie weigerte sich, ihn anzusehen. Stattdessen sah sie zu dem Fenster dort hinaus.

Mario steckte erneut seine Hände in die Hosentaschen und stand verunsichert da. Zwischen ihnen war nur knapp ein Meter Abstand, aber Elsa sah so aus, als wäre sie am liebsten meilenweit weg von ihm, aber er verstand es. Er war der Letzte, den er in ihrer Situation würde sehen wollen.
 

“Ich”, er wippte auf seinen Füßen vor und zurück, “wollte dich einfach nur vorwarnen. Ellen hat alles herum erzählt, die ganze Schule dürfte also Bescheid wissen, was passiert ist.”

Sie schlang ihre Arme um sich. “Warum hast du es Ellen erzählt?”, fragte sie tonlos. “Du hattest doch gesagt, dass du es ihr nicht sagen wirst.” Immer noch konnte sie ihn nicht ansehen.

“Es tut mir leid, sie hat es erraten. Ich habe auf eine ihrer Aussage wohl so reagiert, dass sie es mir auf den Kopf zugesagt hat, dass ich sie betrogen habe. Ich wollte es ihr auch nicht sagen, aber sie hat es geschafft, dass mir etwas herausgerutscht ist, aus dem sie kurzerhand geschlossen hat, dass du es warst. Und sie ist danach gleich zu Henry gerannt und hat es ihm erzählt.”

Elsa nickte. “Ich weiß. Er hat es mir gestern gesagt.”

“Ihr habt also miteinander geredet?”

Erneut nickte sie.

“Das ist … gut.”

Darauf reagierte Elsa nicht.
 

Mario biss sich einen Moment auf die Unterlippe. “Es tut mir auf jeden Fall leid. Ich wollte nicht, dass du meinetwegen Probleme bekommst.”

Sie zuckte mit ihren Schultern. “Das habe ich selbst zu verantworten, nicht du.” Nun sah sie ihn das erste Mal an. “Es ist passiert, daran können wir nichts mehr ändern. Wir müssen damit klarkommen.”

Nun nickte Mario. “Damit hast du ja recht. Trotzdem will ich nicht, dass du in Schwierigkeiten kommst.”

“Darüber hätten wir vielleicht vorher nachdenken sollen.” Elsa sah wieder zu dem Fenster hinaus.

“Vermutlich, nur gedacht haben wir wohl nicht viel, als es passiert ist.” Mario sah sie die ganze Zeit an. So gerne würde er seine Hand ausstrecken und sie zu sich ziehen. Er tat es sogar und hob seine Hand leicht in ihre Richtung, zog sie dann aber schnell zurück und ballte sie zu einer Faust, die er neben seinem Körper hängen ließ. Er durfte es nicht. Gestern hatte er sie mit Henry gesehen. Er wollte zu dem Baseballer und mit ihm reden. Doch als er angekommen war, hatte er gesehen, wie dieser Elsa küsste. Und auch wenn ihm das einen Stich versetzte, so war es doch das Richtige für sie, oder?
 

“Ich habe mich von Ellen getrennt”, murmelte er.

Sofort flog ihr Kopf in seine Richtung. “Was?” Ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen. “Aber nicht wegen mir, oder?”

Mario blinzelte sie an. Was sollte er sagen? Irgendwie lautete die Antwort ja. Nicht, weil er unbedingt wieder mit ihr zusammen sein wollte, nein, weil das, was zwischen ihnen passiert war, gezeigt hatte, dass er nicht mit Ellen zusammen sein konnte.

“Mir ist einfach klar geworden, dass Ellen und ich keine gemeinsame Zukunft haben. Das zwischen dir und mir, das wäre nicht passiert, wenn es mit Ellen und mir passen würde.” Als sich ihre Augen verdunkelten, hob er seine Hände abwehrend in ihre Richtung. “Das bedeutet nicht, dass es bei dir und Henry genauso ist.”

Elsa blinzelte. Eigentlich sollte sie ihm sagen, dass sie und Henry nicht mehr zusammen waren, doch den Grund dafür, den wollte sie ihm nicht nennen. Sie sah in Marios dunkle Augen, die direkt in ihre Seele zu sehen schienen und ihr Herz zum schneller schlagen brachte. Schnell drehte sie sich wieder weg, um ihn nicht mehr ansehen zu müssen.

Nein, sie wollte es ihm nicht sagen. Sie wollte diesen Gefühlen für ihn keine Chance lassen, auch wenn sie bemerkte, dass alleine seine Gegenwart etwas in ihr berührte, in ihr den Wunsch auslöste, sich in seine Arme zu werfen. So lange hatte sie diese Gefühle unterdrückt und Henry hatte sie gestern wieder hervor geholt. Sie wünschte, er hätte es nicht getan.

“Das tut mir leid, das mit Ellen und dir”, murmelte sie.

Mario runzelte seine Stirn. Einen Moment hatte es sich angefühlt, als wäre da etwas zwischen Elsa und ihm, aber er musste es sich eingebildet haben. Ja, sie hatte mit ihm geschlafen, aber Henry war derjenige, mit dem sie zusammen war. Er musste sich jetzt einfach darauf konzentrieren, sie aus seinen Gedanken zu bekommen.

“Es ist so, wie es sein muss”, erwiderte er leise.
 

Noch bevor jemand von ihnen etwas sagen konnte, klingelte es zur ersten Stunde. Die beiden sahen auf.

“Gehen wir wieder zurück”, meinte Mario.

Elsa nickte erneut, ohne etwas zu sagen und gemeinsam liefen sie die paar Meter zu ihrem Klassenzimmer zurück. Er hob ihr wieder die Türe auf und ohne ein weiteres Wort ließ sie ihn stehen und ging zu ihrem Platz. Mario sah ihr noch einen Moment hinterher, ehe er die Blicke ihrer Klassenkameraden bemerkte. Er stöhnte leise auf und setzte sich, er befürchtete das Schlimmste.

Hina beugte sich zu ihrer Freundin. “Alles in Ordnung?”

Elsa sah sie an. “Ehrlich gesagt …”, Tränen traten in ihre Augen, “ich weiß es nicht.”

“Oh Elsa”, Hina legte ihre eine Hand auf den Unterarm, “sprich nachher mit mir, ja? Ich bin für dich da.”

Elsa nickte und wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. Hoffentlich war ihre Freundin das auch noch, wenn sie gehört hatte, was sie getan hatte. Doch wenn sie die Blicke, die auf sie gerichtete waren, richtig gedeutet hatte, dann wussten es doch schon längst alle. Und sie wusste nicht, wie sie damit umgehen sollte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Devilvegeta
2021-07-05T19:08:51+00:00 05.07.2021 21:08
Alle reden über die Beiden. Das muss sehr schwer für sie sein:(((
Und ich kann mir wirklich vorstellen wie nervös Mario mit Händen in seiner Hosentasche auf den Füßen wippt und so süß dabei aussieht;)

Von:  Centranthusalba
2021-07-05T15:35:08+00:00 05.07.2021 17:35
Hach, die Hackerei geht los… 😫
Bei dem Gespräch zwischen Mario und Elsa hatte ich die Szene aus dem Anime im Kopf, wo Gregor sie im Schulflur wegen des Vorfalls in der Umkleide anspricht. Da hat Elsa auch nur stur geradeaus geguckt und war sehr kurz angebunden. Kommt das hin?
Und von mir aus könnte Mario noch ein bisschen härter mit Ellen ins Gericht gehen. Er ist mir beinahe etwas zu verständnisvoll ihr gegenüber. Immerhin macht sie ihm das Leben gerade ziemlich schwer…
Antwort von:  Tasha88
05.07.2021 20:42
Hallo Rike,

ich gestehe, ich hatte die Szene nicht im Kopf, aber wo ich dein Kommi gelesen habe, dachte ich: doch, das passt relativ gut. Wie sie jeden Blick zu Gregor vermeidet und ihm nur "Belanglosigkeiten" entgegen schleudert ... immerhin ist sie bei Mario nicht weggerannt, auch wenn alles in ihr danach geschrien hat

und Mario - nein, er gibt sich ja die Schuld an allem bezüglich Ellen - immerhin hat er sie betrogen, sie damit verletzt und hätte er das nicht getan, dann wäre es ja auch alles nicht passiert. Also ... in dem Fall traut er sich auch gar nicht, irgendetwas zu sagen ...
LG


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