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Break to Breathe

von

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You need to stop this...because I...can't

Das schrille Pfeifen von Hirschrufen zerrte Shikamarus Aufmerksamkeit von dem Heft fort, das er auf seiner Hüfte aufgestellt hatte. Die Finger an den Kanten der Seite hielten inne und sein halb geschlossener Blick glitt durch den dämmrig beleuchteten Raum hinüber zu der Shoji Tür, die er offen gelassen hatte. 

 

Die Abendbrise wehte herein und trug die stechende Herbstkühle und einen feuchten Hauch des Nebels mit sich, der den Wald hinter dem Garten einhüllte.

 

Ein weiterer Hirschruf erscholl.

 

Wie spät ist es?

 

Irgendwann während seines Versuches, Asuma auszuweichen – und dem kläglichen Scheitern darin - hatte er das Zeitgefühl verloren. Wie vorausgeahnt hatte sein Sensei ihm den Weg abgeschnitten, den er eingeschlagen hatte, um einer unvermeidbaren Konversation auszuweichen; eine die nur so vor eindeutiger Untertöne gestrotzt hatte.

 

Shikamarus Gedanken wanderten zurück zu der Unterhaltung.

 

Zu dem Zeitpunkt hatte Asuma eine Lunge voll Rauch inhaliert und ihn auf eine Weise tief in seiner Brust gehalten, die Shikamaru als Indiz dafür zu deuten wusste, dass der Sarutobi seine nächsten Worte sorgfältig abwog. 

 

„Selbstverständlich traue ich dir zu, dass du einem Freund helfen willst, Shikamaru.“, hatte Asuma gesagt. „Deine Besorgnis um Naruto und dein Interesse darin, Akatsuki zu neutralisieren überrascht mich also nicht.“

 

„Aber…?“, hatte Shikamaru ihn weiter angestachelt.

 

„Aber du bietest dich da für etwas sehr Großes an; ohne vorher mit mir darüber zu sprechen.“

 

Shikamaru hatte nur mit den Achseln gezuckt und seine Augen glitten über die Laternen des Bürgersteiges. „Ständig nerven mich alle damit, dass ich mal die Initiative ergreifen soll. Also habe ich das getan.“

 

„Mh, ich frage mich, ob da nicht doch mehr dahinter steckt.“
 

„Zum Beispiel?“

 

Asuma hatte trocken gelächelt und den Kopf geschüttelt. „Ich würde mich das nicht fragen, wenn ich es wüsste, oder?“

 

„Hey, mach dir keine Sorgen um mich.“ Shikamaru hatte nach einem schnellen Ausweg aus dieser Situation gesucht und sich dabei Mühe gegeben, das nicht allzu offensichtlich werden zu lassen. „Und außerdem, wie du heute Morgen schon gesagt hast; ich bin kein Kind mehr.“

 

„Das weiß ich.“

 

„Solltest du dann nicht lieber stolz oder sowas in der Art sein?“

 

„Du weißt besser als jeder andere, wie wichtig es für dich ist, für die kommenden Missionen einen klaren Kopf zu behalten.“

 

„Ich hatte noch nie zuvor ein Problem damit.“

 

„Jo…und ich musste mich niemals zuvor fragen, was mit dir los ist.“

 

„Du bist nicht mein Dad, Asuma.“

 

Shikamaru hatte diese letzten Worte bereut. Vor allem, weil er sie mit einer Spitze verärgerten Trotzes ausgespien hatte, statt einfach nur mit unverblümten Sarkasmus. Doch Asuma hatte nur gebrummt und eine Wolke aus Rauch ausgeatmet, auf der Shikamaru einfach nur leise hatte davon schweben wollen. 

 

Dankbarerweise waren sie dann von Chōji unterbrochen worden.

 

Sein Freund hatte ihm ungefähr einen Wochenvorrat an Essen gereicht, der komplett von der Mutter des Akimichis gekocht und eingepackt worden war. Offensichtlich befürchtete sie, der Nara würde seiner Faulheit nachgeben und sich nur von geliefertem Essen ernähren, während seine Eltern fort waren.

 

Asuma hatte ihn daraufhin nicht noch mehr gedrängt und war einfach weiter geschlendert, ohne einen Blick zurück zu werfen – obwohl er noch über die Schulter gerufen hatte: „Ach übrigens, ich habe nie gesagt, dass ich nicht stolz bin…‘oder sowas in der Art‘.“

 

Energisch holte Shikamaru sich selbst von den Gedanken an dieses Gespräch zurück und ein schwaches Lächeln erwärmte den sonst so genervten Ausdruck auf seinem Gesicht. Doch das Stirnrunzeln kam rasch wieder, als sich seine Augen erneut auf die vertraulichen Informationen richteten, die er bis gerade eben studiert hatte. 

 

Wenigstens der ist bereits ausgeschaltet.

 

Seine dunklen Iriden musterten das durchgestrichene Gesicht des verstorbenen Akatsuki Mitgliedes, Akasuna no Sasori. Er blätterte eine Seite weiter und das Bild eines Shinobi mit gräulich-blauer Haut und einem haiartigen Gesicht starrte ihn an. 

 

Super…

 

Es gab einfach immer noch zu viele weiße Lücken in diesem Buch.

 

Und der Versuch, nur diese Lücken zu füllen, würde allein schon eine furchtbare Mission werden. 

 

Kopfschüttelnd schlug Shikamaru das Buch zu. Er unterdrückte ein Gähnen und legte das Heft zur Seite, bevor er sich von der niedrigen Couch hochstemmte und mit einem Stöhnen auf die Beine kam. Sein Verstand fühlte sich an, als würde er so viele Gedanken ausbrüten, dass sie mit einem irritierenden Pochen von innen schmerzhaft gegen seine Schläfen drückten. 

 

Verdammt.

 

Er trottete hinüber zu der Shoji Tür und lehnte sich mit der Schulter gegen den Rahmen. Mit den Fingern versuchte er die Spannung aus seiner Stirn zu reiben und war fast versucht, Neji für seine Kopfschmerzen verantwortlich zu machen.

 

Die Kopfnuss vor ein paar Stunden war vermutlich nicht gerade hilfreich gewesen. 

 

Ich wünschte wirklich, das wäre der Grund…

 

Ein weicher Lichtkegel aus dem Inneren des Hauses warf die Silhouette des Schattenninjas auf die mit Laub übersäte Veranda. Shikamaru beobachtete, wie die Blätter über das Holz raschelten und folgte ihren Bewegungen. Er selbst fühlte sich von einer ähnlichen Strömung erfasst, nur wurde er in die eine Richtung gezogen, während er in die andere blickte. Er hatte seine Wetten darauf gesetzt, dass er bereits nicht mehr im Dorf sein würde, wenn Asuma herausfand, dass die Dinge doch nicht ganz so eindeutig waren, wie es dieses ‚Initiative ergreifen‘ zunächst vermuten ließ. 

 

Ich glaube, ich schaufle mir gerade ein ziemlich tiefes Grab, Sensei…

 

Sein Blick glitt himmelwärts und richtete sich auf den Mond. Das riesige opalhafte Rund hing vor einem tintenschwarzen Hintergrund und schien seine Gedanken widerzuspiegeln. Egal wie sehr er es versuchte, Shikamaru schaffte es nicht, das Bild dessen abzuschütteln, was sich bei ihrem ungelenken Aufeinanderprallen in Nejis Augen gedrängt hatte. Doch was ihn noch viel mehr verunsicherte, war die Vorstellung, dass sich möglicherweise irgendetwas in seinem eigenen Blick abgespielt hatte.

 

Verdammt…

 

Es war nicht der Schlag von Nejis Schädel gegen seinen eigenen gewesen, der dieses Gefühlschaos und diese Hitze in ihm ausgelöst hatte. Er hatte das jetzt schon eine ganze Weile ignoriert und es sofort gedanklich beiseite geschoben, als er gespürt hatte, wie diese Wärme bei der Bewegung ihrer Hüften aufgeflammt war. 

 

Es war ein gefährliches, möglicherweise sogar desaströses Terrain. 

 

Doch für einen Moment…eine kurze, verrückte Sekunde lang, als sich ihre Blicke getroffen hatten, hatte es ihn nicht im Geringsten gekümmert, ob er sich dabei verbrennen würde, dieses Gebiet zu erforschen. 

 

Nicht gut…

 

Shikamaru versuchte seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu lenken, doch dieses frustrierende Gefühl nagte weiter an ihm und rief ein lästiges Brennen in seiner Körpermitte hervor. Und diesmal konnte er es nicht auf Sake oder Zorn schieben. Er konnte es nicht einmal als Unbehagen oder Nervosität abtun…diese Art von Empfindungen brannten nicht auf diese Weise…

 

Shikamaru seufzte, drehte den Kopf und schlug mit einem Zischen die Stirn gegen den Rahmen der Schiebetür, während er die Augen schloss. 

 

„Verdammt.“

 

Der gemurmelte Fluch hatte kaum seine Lippen verlassen, als ein Chor scharfer panischer Schreie von Hirschen aus dem Nara Wald hallte. Die Lider des Schattenninja flogen auf und sein Blick schnellte zum Waldrand. 

 

Was zur Hölle?

 

Für einen Moment verharrte er und wartete auf eine Erkenntnis, die nicht kommen wollte. Mit einem verstimmten Seufzen stieß er sich von dem Türrahmen ab, packte sich eine Handvoll Kunai und schlüpfte in seine Sandalen. Ganz so, als würde er die Ablenkung nicht begrüßen, stapfte er durch den taubedeckten Garten. Eine weitere Reihe scharfer Hirschrufe erscholl und stirnrunzelnd lenkte er seine Schritte in die Richtung, in der die Ursache für die Aufregung der Herde zu liegen schien. 

 

Den nebelverhangenen Pfaden folgte er mit einer Leichtigkeit, die daher rührte, dass er diese Routen bereits unzählige Male beschritten hatte. Shikamaru kannte die Wege ebenso gut wie die Generationen von Hirschen, die sie in den weichen Waldboden gestampft hatten. 

 

Abrupt hielt er an, als zwei Ricken an ihm vorbei sprangen, ihre weißen Spiegel[1] waren helle Punkte in der Nacht, bevor sie von der Dunkelheit verschluckt wurden. Was auch immer sie aufgeschreckt hatte, lag direkt hinter dem nächsten Abhang; einer, der zur selben Lichtung abfiel, auf der er vor all den Jahren seinen Vater mit dem sterbenden Hirsch beobachtet hatte. 

 

Er hoffte inständig, dass er nicht etwas Ähnliches vorfinden würde. 

 

Das ist wirklich das Letzte, das ich jetzt bräuchte…

 

Er drehte das Kunai zwischen den Fingern und ignorierte die schwache Besorgnis in seinen Eingeweiden. Geräuschlos näherte er sich der Lichtung und hielt dabei den Kopf in ständiger Habachtstellung gesenkt. Als er die Kuppe des Abhanges erreichte, hielt er inne, seine dunklen Augen blickten nach unten, um die Schneise zwischen den Bäumen zu inspizieren, die plötzlich von dem sanften Blau von Chakra erfüllt wurde. Der plötzliche Ausbruch von Licht zwang ihn, die Lider zu schließen. 

 

Als sich seine Sicht wieder geklärt hatte, verzog sich überrascht sein Gesicht, bevor sich ein frustrierter Ausdruck darauf ausbreitete. 

 

„Sturer Bastard.“

 
 

oOo
 

 
 

Halte es…

 

Neji konnte fühlen, wie seine Arme unter der Anspannung bebten, doch er hielt sie starr vor Kontrolle nach außen gestreckt. Unregelmäßig keuchte er, sein Kiefer verkrampft und die blassen Augen wild und voller Frustration. 

 

Ich werde das schaffen…

 

Er konnte fühlen, wie sich der Chakrastrom von der Flut in seinen Armen zu der scharfen, klingenartigen Struktur verengte, die Hinata benutzte. Während er den Chakrafluss in eine stabile Emission zwang, begann er sich zu drehen. Sein Körper bewegte sich mit einer fließenden und anmutigen Flexibilität, als er damit anfing, die Strahlen aus seiner Handfläche zu einem bogenförmigen Schild zu strecken. 

 

„Acht Trigramme, vierundsechzig schützende Handflächen!“

 

Er startete das defensive Jutsu und konnte mühelos die Bewegungen wiederholen, für die Hinata mehr als doppelt so viel Zeit und Aufwand benötigt hatte, um sie zu meistern. Die Struktur des Jutsus hielt er in ständiger Bewegung und ließ ununterbrochen die laserartigen Chakrastrahlen aus seinen Handflächen fließen, während er seine Drehung beschleunigte, um eine Kuppel zu formen. 

 

Seine Brust begann sich zusammenzuziehen.

 

Nein.

 

Schmerz breitete sich aus. 

 

Ich werde nicht verlieren…

 

Er meißelte die Worte in seinen Verstand und kämpfte gegen die Belastung an, die sich in sein Chakranetzwerk fraß. Wenn er schon nicht seine Handflächenrotation einsetzen konnte, musste er zumindest dieses Jutsu als übergangsmäßige Alternative meistern. 

 

Halte es. Halte es. Halte es.

 

„Neji!“

 

Das Jutsu entglitt ihm.

 

Shikamarus Stimme ließ seine Konzentration zersplittern. 

 

Sein Chakrafluss geriet außer Kontrolle, flammte auf und prallte mit voller Wucht zurück gegen die Blockaden in seinem Netzwerk. Ein reißender Schmerz bohrte sich durch Lungen und Herz und zwang ihn, sich in eine gekrümmte Pose fallen zu lassen, während ein nasses rotgesprenkeltes Husten aus seiner Kehle brach. 

 

NEIN! Ich hatte es!

 

Neji krallte seine Finger in den Stoff seiner Robe und schluckte mit einem frustrierten Knurren den kupferartigen Geschmack von Blut hinunter. Gleich darauf spürte er eine Hand auf seiner Schulter und zornig zuckte er vor der Berührung zurück, während er einen Arm zur Seite riss, um Shikamaru von sich zu stoßen. 

 

„Fass mich nicht an!“

 

„Neji, was zur Hölle machst du da?“

 

„Defizite kompensieren.“, fauchte der Hyūga, stemmte sich auf seine Füße und wünschte sich sofort, er hätte das nicht getan. Er brauchte einen ganzen Moment, um die schwarzen Flecken weg zu blinzeln, die in seinem Sichtfeld explodierten. 

 

„Es geht dir noch lange nicht gut genug, um das machen zu können.“ Shikamaru hielt seine Stimme leise und ruhig. 

 

Doch unglücklicherweise erzielte sein Versuch der Beruhigung und vernünftigen Argumentation den gegenteiligen Effekt. Neji warf dem anderen Ninja einen vernichtenden Blick zu und in diesem Moment war es, als wären sie in der Zeit zwei Monate zurück zu dieser regnerischen und von Zorn erfüllten Nacht gesprungen.

 

„Wage es nicht, mich über meine Grenzen zu belehren, Nara.“

 

An Shikamarus Kiefer zuckte ein Muskel, doch die Wut in seinen Augen verflüchtigte sich rasch zu einem Glimmen. „Ich werde diesen Mist sicher nicht noch einmal mit dir machen.“

 

Das hatte Neji nicht erwartet.

 

Giftgetränkte Worte brannten wie Galle an der Rückseite seiner Kehle; doch er konnte sie nicht ausstoßen. Denn Shikamaru bedachte ihn plötzlich mit einem Blick, von dem er nicht wusste, wie er ihn deuten oder sich dagegen verteidigen sollte.

 

Die tiefbraunen Augen des Nara waren unglaublich weich geworden und von einer frustrierten, verwirrten Besorgnis erfüllt, die den Zorn abkühlte, der in Nejis Blut wogte. Der Hyūga runzelte leicht die Stirn und wusste nicht, wie er auf diesen Ausdruck reagieren sollte, der auf ihn gerichtet war. 

 

Er war dem Blick gefährlich ähnlich, den der Schattenninja ihm in der Nacht auf der Veranda zugeworfen hatte, nachdem er die Wunden auf seinem Rücken verbunden hatte. Neji neigte den Kopf und sein schwerer Atem versetzte die langen mokkafarbenen Strähnen, die sein Gesicht einrahmten, in ein träges Schwingen.

 

Ganz deutlich konnte er spüren, wie sich die gleiche Verwirrung wie die des Nara auf seine eigenen Züge schlich. 

 

Doch dann blinzelte Shikamaru langsam und durchbrach das Starren. 

 

„Was auch immer“, grummelte er. „Wenn du dann fertig bist mit ‚Defizite kompensieren‘: Im Haus gibt es was zu essen.“

 

Ohne ein weiteres Wort machte der Nara kehrt und folgte dem Weg den Abhang hinauf, seine schwarzgekleidete Gestalt verschwand wie die Schatten, die er beherrschte, als er in wabernde Nebelschwaden eintauchte.

 

Neji stierte auf die wirbelnden Dämpfe…dann schloss er die Augen. 

 

Verdammt.

 
 

xXx
 

 
 

Sie aßen schweigend. 

 

Die Distanz zwischen ihnen gähnte tiefer und weiter als die Spannbreite des Tisches und die Stille, die die Leere füllte, war von Verwirrung und einer seltsamen Schwere geprägt. Nur das Rascheln von Papier durchbrach das Schweigen, als Neji eine Seite der Missionsbeschreibung umblätterte, die Tsunade ihm gegeben hatte.

 

Und um alles noch komplizierter zu machen, war er auch noch zusammen mit Shikamaru in ein Team gesteckt worden. 

 

Konzentrier dich.

 

Die beigefügte Karte studierte er jetzt schon zum fünften Mal, doch bereits die ersten vier Male hatte er keine einzige Information aufnehmen können. Er fragte sich, ob Shikamaru sich dabei irgendwie leichter tat und hob den Blick. Doch der Nara schien mehr daran interessiert zu sein, die Bestandteile seines Essens zu examinieren, das er kaum angerührt hatte. 

 

Konzentrier dich.

 

Es war unmöglich.

 

Nejis blasse Augen blieben starr auf Shikamarus Gesicht fixiert. Der Kiefer des Nara verkrampfte sich über den Gelenken und seine Wimpern hingen auf Halbmast, als würden sie sich jeden Moment über den dunklen Iriden schließen. 

 

Dunkle Iriden die plötzlich aufsahen. 

 

Neji blieb keine Zeit, einen Augenkontakt zu vermeiden; also erwiderte er den Blick und suchte nach einer Erklärungfür sein Starren. 

 

„Wusstest du von der Mission nach Hanegakure, bevor Tsunade-sama mich einberufen hat?“

 

Shikamaru ließ sich nicht das Geringste anmerken. „Sie hat mich die Teams mobilisieren lassen, aber sie hat mir nicht gesagt, wo wir hingeschickt werden würden.“

 

Die sichere arbeitsbezogene Gesprächsgrundlage gab Neji einen gewissen Halt. 

 

„Die Aufgabe unseres Teams ist hauptsächlich Aufklärung.“ Er senkte den Blick erneut auf die Missionsbeschreibung. „Wir sollten früh aufbrechen.“

 

„Jo, ich denke, das kriege ich hin.“

 

Neji schob die Papiere zur Seite und legte die Hände auf die Tischplatte, als er begann, sich zu erheben. „Gut.“

 

„Wenn du eine Revanche hinkriegst.“, ergänzte Shikamaru unerwartet. 

 

Der Hyūga hielt inne. „Was?“

 

Träge zuckte der Schattenninja mit den Achseln und spähte aus den Augenwinkeln zu dem Shogi Spielbrett am anderen Ende des Zimmers. 

 

Neji folgte seinem Blick. „Wie spät ist es denn?“

 

„Keine Ahnung.“

 

Neji schürzte die Lippen und dachte darüber nach. Zumindest würde es die Spannung zwischen ihnen lösen – und mit Sicht auf die Mission morgen wäre weniger Konflikt und Verwirrung umso besser. 

 

Also räusperte er sich und erwiderte: „Ein Spiel.“

 

Mit einem schwachen Lächeln lehnte sich Shikamaru zurück. „Hast du Angst, zweimal zu verlieren?“

 

Neji schnaubte, doch mit der Verspottung hatte Shikamaru ihn bereits an den Haken bekommen, bevor der Hyūga überhaupt wusste, dass er reagiert hatte.

 

„Die Wette gilt, Nara!“

 
 

oOo
 

 
 

Das leise Klacken der Shogi Steine stoppte mitten im Spiel; es war ein kurzer Stillstand, in dem die beiden Spieler in gespanntem Schweigen verharrten und über die Strategie ihrer nächsten Züge nachgrübelten. 

 

Shikamaru schmunzelte in sich hinein.

 

Ich bin schon eine ganze Weile nicht mehr so herausgefordert worden.

 

Er ließ den Blick über das Brett schweifen, um den Spielfluss neu einzuschätzen, bevor er die Augen schloss, die Finger zu seiner üblichen nachdenklichen Pose formte und langsam und tief einatmete. Diesen meditativen Zustand hielt er aber nicht länger als eine Minute, bevor seine Lider aufglitten und er sofort seinen nächsten Zug machte. 

 

Er bemerkte, wie sich Neji anspannte, als er den Spielstein ablegte und seine Finger ausstreckte, um einen Stein des Hyūgas vom Brett zu nehmen. Doch Neji kicherte nur leise und der unerwartete Klang ließ Shikamaru irritiert den Blick heben. Der Jōnin studierte kopfschüttelnd das Spielbrett.

 

„Wie von dir erwartet, Shikamaru.“

 

„Du warst nah dran.“

 

„Nicht nah genug.“, brummte Neji. „Ich hätte das kommen sehen müssen.“

 

„Noch ist das Spiel nicht vorbei.“

 

„Ich weiß, wann ich besiegt wurde.“ Der Hyūga neigte den Kopf und suchte in dem Muster der Spielsteine nach einer Lösung. „Wahrscheinlich sollte ich mich einfach mit Würde verabschieden.“

 

Wahrscheinlich.“, echote Shikamaru, doch er ließ das Wort leicht von der Zunge rollen. 

 

„Naja, wenn es jetzt eh schon so weit gekommen ist…“ Neji zuckte mit den Schultern und streckte die Hand aus, um einen Spielstein in einem völlig unerwarteten Manöver über das Brett zu schieben. 

 

Shikamarus Augen weiteten sich und er hob das Kinn aus der Handfläche, auf der er es abgelegt hatte. „Das ist Selbstmord.“

 

Wahrscheinlich“ Neji lächelte schwach. „Aber ich schätze, das ist jetzt auch schon egal.“

 

Aufmerksam studierte der Nara das Spielbrett. „Naja du hättest meine Verteidigung noch etwas länger attackieren können.“

 

„Das wäre von sehr geringem Wert gewesen, wenn man bedenkt, dass der Angriff ohnehin fehlschlagen würde.“

 

„Hey, pack die Gelegenheit beim Schopf und vielleicht schone ich dich auch.“

 

Neji schnaubte, doch Shikamaru glaubte ein Lächeln zu sehen, das an den Mundwinkeln des Hyūga zupfte. „Danke, dass du so gnädig bist, Shikamaru.“ 

 

„Ist nur fair.“, erwiderte der Nara und legte einen weiteren Spielstein ab. „Ich bezweifle, dass irgendjemand anderes die Chance bekommt, dir gegenüber Gnade zeigen zu können statt umgekehrt.“

 

Nejis Finger zuckten leicht gegen das Spielbrett.

 

Er schüttelte den Kopf. „Das ist nicht wahr.“

 

Shikamaru blinzelte, doch er hielt den Blick gesenkt, um nicht überrascht zu wirken. Solange die Shogipartie andauerte, schien der Hyūga deutlich weniger auf seine persönliche Defensive zu achten. 

 

„Ach ja?“, fragte er und ließ seinen Tonfall desinteressiert klingen, nur um ganz sicher zu gehen und den Jōnin nicht aufhorchen zu lassen. „Ich habe nicht den Eindruck, dass Gai-sensei das schafft.“ 

 

„Nein.“ Neji neigte den Kopf leicht zur Seite, die Augen auf das Spielbrett fixiert. „Aber ich habe ihn nie dazu in der Lage gesehen, diese Art von Kontrolle über mich zu haben, um überhaupt gnädig mir gegenüber sein zu können.“

 

Shikamaru hob eine Braue und kämpfte den Drang nieder zu schmunzeln. „Dir ist klar, wie arrogant das klingt, oder?“

 

„So habe ich es aber nicht gemeint.“ Der Jōnin runzelte leicht die Stirn. „Ich respektiere Gai-sensei, trotz all seiner lächerlichen Mätzchen…“ Die Wimpern des Hyūga erzitterten in einem kontrollierten Schauder. „Und dann dieser unverzeihliche Trainingsanzug…“

 

Kopfschüttelnd verzog Shikamaru seine Lippen zu einem Grinsen. „Aber es ist doch so jugendlich…

 

Neji gab sich alle Mühe, nicht zu lachen – und Shikamaru wollte ihn an den Schultern packen und schütteln.

 

Scheiße, gestatte dir endlich, etwas zu fühlen! 

 

„Also siehst du jemand anderen dazu in der Lage, dich zu kontrollieren?“, fragte Shikamaru lässig und dachte über die möglichen Manöver nach, die er bereits zehn Schritte im Voraus geplant hatte. 

 

Neji schürzte die Lippen und eine deutliche Spannung schlich sich in seine Haltung. „Ach vergiss es, du bist dran.“

 

„Ich bezweifle ja, dass es darum geht, dass dir jemand intellektuell überlegen ist.“, bemerkte Shikamaru, den Blick noch immer auf das Shogibrett gerichtet. „Und du bist ziemlich geschickt darin, den Leuten während eines Kampfes den Arsch aufzureißen, also würde ich sagen, dass es auch nicht um physische Auseinandersetzungen geht.“

 

Neji blieb stumm. 

 

Doch statt innezuhalten, nutzte Shikamaru den Freiraum, den der Hyūga ihm gewährte. Mit einem Finger berührte er einen Shogi Spielstein und schob ihn langsam vorwärts. 

 

„Was bedeutet“, er machte eine Pause, um den Stein aufzuheben und auf das Brett zu knallen „dass es hier um etwas, oder jemanden geht, der sich in deinem näheren Umfeld befindet.“

 

„Hör auf.“

 

Shikamaru sah auf und bemerkte, dass Nejis Augen geschlossen waren. 

 

„Warum hast du zugelassen, dass ich überhaupt anfange?“, erwiderte er sanft und versuchte, etwas unter dem Stahl erkennen zu können, der Nejis Gesicht verhärtete. 

 

„Nicht.“ Die Sehnen in Nejis Hals spannten sich an. „Ich kann das heute Nacht nicht.“

 

„Was?“, forderte Shikamaru zu wissen, seine dunklen Iriden folgten jeder noch so kleinen Bewegung. 

 

Das…“ Mit einem ärgerlichen Rucken des Handgelenks gestikulierte Neji zwischen ihnen hin und her, hielt die Lider aber weiterhin geschlossen. 

 

Shikamaru runzelte die Stirn und verspürte einen seltsamen Stich in seinem Inneren. Er wusste genau, was ‚das‘ war; auch wenn es ironischerweise weder einen Namen noch eine Definition hatte. ‚Das‘ war dieser unausweichliche und lästige Knoten aus Widersprüchen, der zwischen ihnen knisterte und genug Hitze erzeugte, um Nejis übliche Aura der Zurückhaltung aufzutauen. 

 

Nur ein wenig mehr Hitze, ein bisschen mehr Druck. 

 

„Du bist am Zug.“, murmelte Shikamaru, sich seiner Wortwahl genauestens bewusst. 

 

Nejis Augen flogen auf, doch es drängte sich kein Zorn in sie. „Hör auf, Spielchen zu spielen.“

 

Die Luft zwischen ihnen schien sich elektrisch aufzuladen, verdichtete sich allmählich, stellte feine Härchen auf und beschleunigte Pulsschläge. Shikamaru hielt den Blick des Hyūga auf vertraute Weise gefangen. 

 

„Ist es nicht das, was wir gerade tun?“

 

Nejis stolze Kieferlinie verkrampfte sich, während er einen Spielstein mit einem scharfen Schwung quer über das Brett schob – als würde er eine Grenze zwischen ihnen ziehen. „Übertreib es nicht, Nara!“

 

„Hey, ich kann genauso evasiv und lästig sein wie du…“ Shikamaru unterstrich diese Aussage, als er einen Bauern auf der anderen Seite des Spielfeldes ablegte und Nejis taktischen Rückzug abschnitt, indem er diese unsichtbare Grenze überschritt. „Ist aber nicht wirklich eine Lösung, nicht wahr?“

 

„Fang das nicht noch einmal an.“

 

„Du kannst es nur so lange vermeiden, bis ich gezwungen bin, es erneut zu beginnen.“

 

Auch diesmal erreichte die Wut die Augen des Hyūga nicht, als sie sich verengten. Shikamaru war sich nicht sicher, was zur Hölle es war, das in Nejis Blick aufblitzte, doch die geisterhaften Iriden blieben starr auf ihn fixiert. 

 

„Du hast mich gefragt, wer in der Lage ist, mich zu kontrollieren.“ Neji beugte sich vor, seine Stimme wurde leise und drohend. „Lass es mich hier sehr deutlich machen, dass diese Person niemals du sein wirst!“

 

Shikamaru wich nicht zurück. Stattdessen begegnete er der aggressiven Geste direkt und richtete sich auf, um sich ebenfalls nach vorn zu lehnen und zurück zu starren. 

 

„Dann ist es ja gut, dass ich gar nicht versuche, dich zu kontrollieren.“

 

„Nein, du versuchst nur, mich zu entschlüsseln.“, zischte Neji und seine elegant geschwungenen Züge spannten sich unter dem Druck an, seine Maske aufrecht zu erhalten. „Gib’s auf!“

 

Shikamaru grinste, doch es war hohl und erzwungen. „Ich wünschte wirklich, ich könnte das.“

 

„Das kannst du nicht gewinnen, Shikamaru.“

 

„Na, wer macht es jetzt zu einem Spiel?“

 

„Tz.“ Nejis Gesicht verhärtete sich noch mehr. „Wenn du mit der Semantik spielen willst, nur zu. Es macht für mich absolut keinen Unterschied.“

 

Stirnrunzelnd sah Shikamaru zu, wie sich eine eisige Feindseligkeit auf Nejis Miene stehlen wollte. Wie Frost, der versuchte, sein Gesicht zu stählen, es aber nur schaffte, die Ränder zu erreichen. Der Schattenninja schüttelte den Kopf, während er in diese silbergetönten Augen starrte, seine Stimme wurde leise. 

 

„Ich versuche nicht, dich zu kontrollieren, Neji.“

 

Die kalte Maske aus Gelassenheit, die sich über Nejis Züge gelegt hatte, bekam feine Risse – es war das Aufblitzen eines zornigen Schmerzes in seinen blassen Iriden. Shikamaru beobachtete, wie der Hyūga es mit Spott zu kaschieren versuchte. 

 

„Als ob du das könntest.“, knurrte Neji, zog sich rasch zurück und erhob sich in einer fließenden, aber scharfen Bewegung. 

 

Wider besseres Wissen begann Shikamaru aufzustehen. Er bewegte sich langsam, als würde er von der magnetischen Spannung angezogen, die zwischen ihnen pulsierte. Verwirrt sah Neji ihn an, bevor er an ihm vorbeimarschieren wollte. Und aus irgendeinem Grund, den Shikamaru weder benennen noch verleugnen konnte, trat er abrupt vor den Hyūga und versperrte ihm den Weg. 

 

„Verschwinde.“, zischte Neji und stierte über Shikamarus Schulter. 

 

„Sieh mich an.“

 

„Geh mir aus dem Weg, Nara!“

 

Shikamaru bemerkte, dass obwohl Neji den Blick abgewandt hielt, er ihn nicht senkte; doch die Muskeln in seinem Gesicht spannten sich an und zuckten, als wüssten sie nicht, welchen Ausdruck sie annehmen sollten. 

 

„Was ist nötig, damit du es kapierst?“ Shikamaru schüttelte den Kopf und Frustration fraß sich in seine Stimme. „Du musst das hier nicht tun.“

 

„Verschwinde.“

 

„Du musst bei mir nicht auf dieses dumme blaublütige Gehabe bestehen.“

 

Nejis Lippen verzogen sich zu einem säuerlichen Grinsen. „Du weißt nichts über das Blut der Hyūga.“

 

„Nur, dass es genauso rot ist wie das jedes anderen, wenn du es aushustest.“

 

Shikamaru sah zu, wie Nejis Augen aufflogen, genauso blass wie die Robe, die sich wie lebendes Eis kräuselte, als sich Neji sehr langsam vorbeugte. „Solltest du nicht das Bedürfnis haben zu bluten, Nara, rate ich dir, mir aus dem Weg zu gehen!“

 

Shikamarus Stirn legte sich in Falten und er konnte die Hitze von Nejis Atem auf seinem Gesicht fühlen, die im völligen Kontrast zu der Kälte in der Stimme des Hyūgas stand. „Du musst dich selber nicht so fertig machen, Neji.“

 

Die Finger des Jōnin ballten sich zur Faust und seine Stimme war angespannt. „Sag mir nicht, was ich tun muss…du hast keine Ahnung, was ich brauche.“

 

Ja, Shikamaru war sich mehr als sicher, dass er im Moment von sehr vielen Dingen nicht die geringste Ahnung hatte. 

 

Sein Hirn nahm Informationen nur in irrationalen Bruchstücken auf. 

 

Für den Anfang stand Neji viel zu nah. 

 

Und diese Tatsache stellte etwas mit und vor allem unter seiner Haut an, das sich wie ein statisches Knistern in seinem Blut anfühlte. Es betäubte ihn für einen Moment und sein Hirn schien komplett einzufrieren. 

 

Da seine mächtigste Waffe außer Gefecht gesetzt war, traf ihn Furcht wie ein Schlag in die Magengrube. 

 

Und darauf reagierte er rein instinktiv. 

 

Oder zumindest war es das, was er sich selbst einredete, denn wenn er dem Vorbild eines sicheren und rationalen Denkens gefolgt wäre, hätte er nie im Leben das gemacht, was er als nächstes tat. 

 

Und zwar rammte er seinen Handballen direkt in Nejis Brustbein. 

 

Der Aufschlag ließ den Hyūga zusammenzucken und zurück stolpern, Fassungslosigkeit verzögerte seine Reaktion. Shikamaru wusste, dass jetzt logischerweise der beste Zeitpunkt war, sich zurückzuziehen. Es war dieser Moment, die günstigste Gelegenheit.

 

Doch sie zog an ihm vorbei und ließ eine sengende Hitze zurück. 

 

Er redete sich selbst ein, dass es Zorn war. 

 

Das ist alles, was es ist…

 

Und um das zu beweisen, stürzte er vorwärts. 

 

Neji parierte seinen nächsten Schlag, attackierte ihn aber nicht.

 

„Schlag zurück, Hyūga!“, drängte Shikamaru ihn. „Du willst also unbedingt Blut husten? Schön, wie wäre es, wenn ich dir diesmal dabei helfe?“

 

Nejis Augen blitzten auf. „Lass mich in Ruhe!“

 

Sofort änderte Shikamaru die Taktik. „Nur eine völlig gestörte Person oder ein Masochist würde das tun, was du dir antust. Also, was davon bist du?“

 

Das schien eine Wirkung zu erzielen. 

 

Neji ging ihm an die Kehle; im wahrsten Sinne das Wortes. Blasse Finger schnellten nach vorn und legten sich wie ein Schraubstock um Shikamarus Hals, bevor er zurückweichen konnte. Der Griff zwang den Schattenninja zu erstarren, stoppte jedoch, kurz bevor er ihm die Luftzufuhr abschnürte; dennoch war die Umklammerung heftig genug, um Blutergüsse zurückzulassen, das wusste Shikamaru.

 

„Greif härter zu.“, hustete Shikamaru. 

 

Nejis Gesicht verzerrte sich in einem wilden Wechsel von Wut und Verwirrung, sein Arm zitterte vor Zurückhaltung. „Warum?“

 

Die Frage krallte sich unbarmherziger in den Schattenninja als die Finger des Hyūga.

 

Warum?

 

Shikamaru schluckte an dem Griff um seinen Hals vorbei und starrte mit einer Mischung aus Frustration und Kampfeslust zurück. Eine aufgewühlte und elektrisierte Spannung verdichtete die Luft, die in der kurzen Distanz zwischen ihnen flimmerte und zwang ihre Atemzüge, sich zu vertiefen und ihre Brustkörbe, sich schneller und weiter zu heben. 

 

Shikamaru spürte, wie sich Nejis Finger um seine Kehle lockerten und er beobachtete aus dunklen geweiteten Pupillen, wie der Blick des Hyūga auf seinen Mund fiel. 

 

Warum…?

 

Genau in dem Moment, in dem Neji vorwärts trat, wischte Shikamaru dessen Griff beiseite. 

 

Sie prallten in einer Woge roher Hitze aufeinander. 

 

Münder trafen sich mit einem hungrigen und zornigen Aufprall, teilten und stahlen sich gegenseitig den Atem. 

 

Shikamaru konnte spüren, wie ein elektrischer Schlag durch sein Nervensystem jagte, seinen Verstand kurzschloss und eine ursprüngliche, primitive Gier tief in seinem Innersten weckte. Sie zeigte sich in dem Übereinanderkratzen von Zähnen und dem Kampf von Zungen; sie suchte nach Unterwerfung, die keiner von beiden geben wollte. 

 

Er drängte vorwärts.

 

Neji drängte ihn zurück.

 

Mit einem Knurren riss Shikamaru eine Hand nach oben und vergrub die Finger in langem dunklem Haar. Heftig riss er daran – unterbrach damit den Kuss und legte die scharfe stolze Kante von Nejis Kiefer bloß. Seine Zähne schrammten über die blasse Haut und entrissen dem Jōnin ein kurzes gebrochenes Keuchen. 

 

„Bastard…“, zischte Neji. „Ich bring…dich um…“

 

„Sei still!“, knurrte Shikamaru zurück. „Denk nicht nach.“

 

„Nein…“ Neji verdrehte den Körper, um seine Handfläche hart gegen Shikamarus Brustkorb zu donnern. 

 

Der Stoß trieb sie auseinander und riss Funken aus Hitze und Erregung in die Luft, zwei Klingen gleich, die voneinander abprallten. Doch das statische Knistern zerrte sie gleich darauf wieder mit einem hörbaren Knall zueinander – von dem Shikamaru deutlich merkte, dass es der Aufschlag seines Rückens gegen die Wand war. 

 

Verdammt.

 

Er hatte kaum Zeit, Neji finster anzustarren, bevor der Jōnin erneut seinen Mund attackierte; es war ein gnadenloser Kuss, der unmissverständlich Unterwerfung einforderte. Doch das würde nicht geschehen. Keine Seite würde hierbei nachgeben und selbst im Dunst dieses wahnsinnigen Verlangens, das heiß und heftig zwischen ihnen glühte, konnte Shikamaru das instinktiv spüren. 

 

„Neji…“
 

„Nein!“

 

Shikamarus Hüfte rollte nach vorn, als er den beißenden Stich von Zähnen an seinen Lippen spürte. Er schob die Schultern zurück, als er sich drehte und ihre Positionen tauschte, um Neji hart gegen das Fusama Paneel zu stoßen, ohne dabei die Verknotung ihrer Zungen zu lösen.  

 

Nejis Mund öffnete sich zu einem Wimmern, als er heftig gegen die Wand schlug und erlaubte es so Shikamaru, mit einem brutalen Griff um den Kiefer des Jōnin die Kontrolle über den Kuss zu übernehmen. Der Hyūga reagierte darauf, indem er unbarmherzig Shikamarus Nacken packte. Doch er drückte sich dem Chūnin entgegen, als dieser sich noch weiter nach vorn schob und fiel in die stete Bewegung ihrer Hüften mit ein. 

 

Pure Lust, die ihnen den Atem raubte, zwang sie dazu, die Verbindung ihrer Lippen zu unterbrechen, um nach Luft zu schnappen. 

 

F…fuck..“, krächzte Neji. 

 

Der Klang des Wortes, wie es in diesem tiefen kultivierten Ton von Nejis Lippen wisperte, verwandelte Shikamarus Blut in kochende Lava. Er legte eine Hand an Nejis Hüfte und zerrte den Jōnin damit in den Rhythmus ihrer kreisenden Bewegungen; die grobe Reibung ihrer Körper entlockte ihm ein raues Stöhnen. 

 

Niemals zuvor in seinem Leben war er so hart, so hungrig und so heftig erregt gewesen. 

 

Es war machtvoll, verschlingend und gefährlich. 

 

Er wusste nicht, ob er es noch aufhalten konnte. 

 

Doch dann stoppten plötzlich Nejis abgehackte Atemzüge. 

 

„Atme…“, raunte Shikamaru gegen Nejis Ohr, schob einen Schenkel zwischen die Beine des anderen Ninja und verschlang ihre Körper noch enger miteinander. 

 

„…Verdammt…“, zischte Neji und ließ den Kopf nach vorn fallen, um seine Stirn gegen Shikamarus zu lehnen, ihre Atemzüge verwoben sich ineinander. „Das ist…verrückt…“

 

„Ich weiß…“

 

Doch auch diese Erkenntnis schaffte es nicht, das langsame aber bestimmte Rollen ihrer Hüften zu stoppen; oder die harte mächtige Hitze, die Shikamaru spüren konnte, wie sie sich gegen seine eigene Erektion presste und ein Inferno in seinem tiefsten Inneren entfesselte. 

 

„Warum?“, keuchte Neji gegen Shikamarus Mund, seine Nägel krallten sich tief in den Nacken des Nara, als wollte er bis unter die Oberfläche vordringen. „Götter…was zur Hölle…läuft nur falsch bei mir…?“

 

Die Worte trieben Splitter aus Eis in Shikamarus Venen. 

 

Falsch…Stop…ich kann nicht…

 

„Nicht…“ Entschieden warf er das Wort dem Jōnin entgegen, fuhr aber in einer langsamen erotischen Liebkosung mit der Zunge über Nejis verletzte Lippen und zog sich ein wenig zurück, um mit dem Mund über den des Hyūga zu streichen. „Denk nicht nach!“

 

Neji schüttelte den Kopf, schloss krampfhaft die Augen und Shikamaru wusste, dass er es tat, um gegen dieses Vergnügen anzukämpfen. Der Nara lockerte die harte Umklammerung von Nejis Haar und fuhr mit den Fingern durch die mokkafarbene Mähne, bevor er sie über den weißen Stoff gleiten ließ, der bei jeder ihrer Bewegungen leise raschelte. 

 

„Ich habe keine Ahnung…was zur Hölle das hier ist…“ Shikamaru wisperte die Worte gegen Nejis Mund und stieß dabei leicht ihre Lippen aneinander. 

 

Aber ich will es…

 

„Es ist falsch…“ Nejis Gesicht verzog sich zu einer finsteren Miene, seine Augen waren noch immer geschlossen und verzweifelt versuchte er, diese Anziehungskraft und dieses markerschütternde Verlangen mit dem letzten Rest seiner Sinne niederzukämpfen. 

 

Sinne, die sich unter der Hitze dessen aufzulösen begannen, was sich mit jeder Berührung ihrer Hüften aufbaute.

 

Shikamaru bebte. „Dann sag mir…dass es sich nicht gut anfühlt…“

 

Bastard…“ Nejis Atem verflüchtigte sich zu einem Schaudern. 

 

Ein Schaudern, das Shikamaru für sich beanspruchen wollte, bis er betrunken war vom Geschmack dieser tiefen beständigen Stimme, die die Worte und wortlosen Klänge zwischen seinen Lippen nährte. 

 

Fuck…Stop…

 

Shikamaru rammte seine Handfläche gegen die Wand, seine Finger verkrümmten sich hart, während er versuchte, diesen wahnsinnigen Drang unter Kontrolle zu halten, der sein Inneres verkrampfte. Neji musste durch eine einzige Berührung allein seine Gedanken gelesen haben; zeitgleich legten sie sich gegenseitig eine Hand an die Hüfte. Daumen gruben sich in die Haut über scharfen Beckenknochen und hielten den jeweils anderen in Schach. 

 

Leise keuchend legte Shikamaru ihre Stirnen aneinander. 

 

„Sieh mich an…“

 

Neji hob die Lider und die silbernen Seen seiner Augen erschienen grau und stürmisch wie aufgewühlte Wolken. Unstet, unvorhersehbar, beinahe unkontrolliert. 

 

Mit einem Schlag war es Shikamaru gleich, ob der Sturm ihn zerreißen würde. 

 

Er starrte zurück, seine Iriden so schwarz wie verschlingende Schatten. 

 

Neji sah nicht weg. 

 

Und als Shikamaru die Intimität in diesem Blick bemerkte, in dem das elende Durcheinander aufgeheizter Emotionen schwamm, konnte er einfach nicht verstehen, wie Neji sich selbst jemals als etwas Geringeres als menschlich betrachten konnte. 

 

Für einen Moment länger suchten sie die Augen des anderen. 

 

Dann lehnte sich Shikamaru ein winziges Stück nach vorn und strich ihre Lippen in einem langsamen und vorsichtigen Schwung übereinander, bei dessen Berührung sich Neji versteifte. Der Schattenninja spürte, wie sich seine Brust schmerzhaft zusammenzog, als er sich auf eine brutale Zurückweisung gefasst machte. 

 

Tu es…Gott, stoß mich einfach weg…

 

Doch Neji stieß ihn nicht von sich. 

 

Mit einem Blick zog er ihn noch näher. 

 

Ein einziger Blick, der heißer und greller aufflammte als die Blitze in diesen stürmischen Augen. 

 

Shikamaru hob seine freie Hand, schlang seine Finger um Nejis Nacken und wiederholte das zögerliche Übereinanderstreichen ihrer Münder. Zaghaft legte er etwas mehr Kontakt in die Bewegung, bevor er sanft mit der Zunge über Nejis Lippen fuhr. 

 

Er konnte spüren, wie sich der Griff an seinem Becken immer wieder anspannte und löste. 

 

Und dann fühlte Shikamaru das langsame, sinnliche Gleiten von Nejis Zunge gegen seine eigene, warm und nass wie flüssiges Feuer. Das Streicheln der feuchten Muskeln wandelte sich von einem Kampf in einen Tanz, trieb frische Wogen des Verlangens in jeden Teil von ihm und erregten ihn bis zu einem Maß, an dem es schmerzhaft wurde. 

 

Fuck…

 

Als sie sich lösten, um Luft zu holen, war es, als würde man etwas Verschmolzenes auseinanderreißen; pure und rohe Spannung knisterte zwischen ihnen. Es war unbeschreiblich. 

 

Und es war nur ein Kuss.

 

Das muss aufhören…

 

Federleicht schwebten Shikamarus Lippen über Nejis hohen, geröteten Wangenknochen und weiter bis zu seinem Ohr; die Stimme des Nara war ein heiseres, aber sinnliches Murmeln. 

 

„Du musst das aufhalten…denn ich…kann es nicht.“ 

 
 

~❃~

TBC

 

__________________________

Hihi, ein fieser Cut :D Tut mir leid, aber das muss hin und wieder sein! Tatsächlich war das Kapitel gar nicht so leicht zu schreiben für mich, da ich dieses Kapitel und besonders die Chemie zwischen Shikamaru und Neji hier einfach liebe und meine Ansprüche an Beschreibungen und emotionale Darstellung dementsprechend sehr hoch waren...ich glaub ich muss mir jetzt auch erstmal was zu trinken holen :D

Ich hoffe auf jeden Fall, dass euch allen das neue Kapitel gefallen hat und ihr Spaß am Lesen hattet! Bei diesem (und dem nächsten ;D) Kapitel würde ich mich ganz besonders über ein Feedback freuen, da ich in beide irgendwie enorm viel Aufwand und Zeit reingesteckt habe, dass ich am Ende fast das Gefühl hatte, einen schriftstellerischen Burnout zu durchleiden -.-

Also wie gesagt: Über Anregungen, Meinungen und Verbesserungsvorschläge würde ich mich mega freuen!!

Ein riesiges Dankeschön geht wie immer an alle meine lieben Reviewer! Danke für die Motivationsschübe, die ihr mir immer wieder durch eure Worte zukommen lasst! <3

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  cutestrawberry
2021-05-06T15:21:52+00:00 06.05.2021 17:21
Uiuiui, das war ganz schön heiß! Das Ende war wirklich fies, aber ich werde ja gleich sehen, ob es heiß weitergeht ;) ...Das ist wahrlich der Vorteil, wenn man Geschichten nachholt :D

Ich kann verstehen, dass das Kapitel nicht leicht für dich zu schreiben war, aber dafür ist es dir wirklich gelungen und flüssig zu lesen. Ich hatte auf jeden Fall Spaß beim lesen!

LG Moni.
Antwort von:  _Scatach_
07.05.2021 11:28
Ha, bei dir ist es ja gut, dass du direkt weiterlesen konntest und nicht auf das nächste Kapitel warten musstest :D

Awww, vielen Dank!! <3 Es ist immer so motivierend für mich zu lesen, dass mir ein Kapitel gut gelungen ist! :)
LG
Scatach
Von:  Scorbion1984
2021-04-01T19:14:44+00:00 01.04.2021 21:14
Da sie Beide nicht wissen was sie tun ,tun sie es einfach .
Das Neji denkt es wäre falsch in jemanden vom gleichen Geschlecht verliebt zu sein ,wundert mich nicht bei der Erziehung die ihm zuteil wurde .
Bin gespannt wie es weitergeht.

Antwort von:  _Scatach_
01.04.2021 23:17
Hey Scorbion1984

Das hast du sehr gut auf den Punkt gebracht - sie tun es einfach, ohne darüber nachzudenken (teilweise zumindest :D) und das ist für die beiden natürlich etwas sehr Neues.
Ja, das Neji sich damit schwer tut, ist denke ich sehr gut nachvollziehbar.
Freut mich sehr, dass du schon gespannt bist, wie es weiter gehen wird! :)

Vielen Dank für deine Worte und deine Unterstützung! :)
Von:  SasukeUzumaki
2021-04-01T10:02:26+00:00 01.04.2021 12:02
Hey Scatach ;-)

Wuhuuuu endlich machen die zwei was ^^° wurde auch mal Zeit haha.
Aber der Cut ist schon ziemlich gemein aber dafür freut man sich umso mehr auf das neue Kapitel, das hoffentlich auch wieder so schnell kommt *.*

Dein Aufwand lohnt sich definitiv. Mach weiter so

Liebe Grüße

SasukeUzumaki
Antwort von:  _Scatach_
01.04.2021 13:33
Huhu SasukeUzumaki :)

Haha, ich dachte mir, dass dir das gefallen wird und es freut mich umso mehr, dass du dich so darüber freust! :)
Ich hoffe, dass ich das nächste Kapitel auch zügig hochladen kann, um die Leser/innen nicht zu sehr auf die Folter zu spannen ;) Aber ich will es nicht hochladen, bevor es von meiner Betaleserin abgesegnet wurde, bei manchen Kapiteln bin ich da sehr speziell ;)

Awww vielen Dank für das Kompliment, das freut mich sooo sehr und gibt mir wirklich unglaublich viel Motivation! <3

Danke wieder für deine Worte und Unterstützung!

LG
Scatach
Von:  TendouSatori
2021-03-31T22:03:02+00:00 01.04.2021 00:03
Danke für das tolle Kapitel!
Deine Beschreibung und die Stimmung kam echt gut rüber und das Kapitel war viel zu schnell um Q_Q
Ich hoffe dass nach dem fiesen Cut, schnell das nächste Kapitel kommt.
Also ich war wirklich gebannt davon :D
Es hat sich also gelohnt, danke für den ganzen Aufwand <3
Antwort von:  _Scatach_
01.04.2021 13:30
Huhu liebe Yujane :)

Freut mich, dass dir das Kapitel gefallen hat! :)
Awww vielen Dank für das Kompliment, das ist immer so ein Zittern und Bangen, bis man dann von den Lesern hört, ob die Darstellungen und Beschreibungen gelungen sind oder nicht. Danke dir! :)

Ich hoffe auch, dass das nächste Kapitel bald kommen kann, es muss aber noch an meiner Betaleserin vorbei ;)

Danke! Es bedeutet mir wirklich sehr sehr viel zu lesen, dass sich mein Aufwand lohnt und ich damit jemanden eine Freude machen kann! :)

Vielen Dank für deinen Kommentar und deine Unterstützung!
Scatach


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