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Eine etwas andere Geschichte - Die Klammer muss weg!

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Wenn es kommt, dann kommt es hart! - Dritter Termin (24.06.2021)

Kennt ihr das Gefühl, wenn alles viel zu gut läuft und ihr euch denkt: Ja, so langsam muss doch mal Schei…benkleister passieren.?

Ich kann euch nur eines sagen: Dieses Gefühl täuscht mich meistens nicht.

Meine (nicht mehr vorhandenen) Weisheitszähne sind sehr gut geheilt, M und ich haben eine wunderschöne, große, neue Wohnung bekommen und die Corona-Inzidenz ging so weit zurück, dass wir sogar eine kleine Einweihungsparty schmeißen konnten. So verging die Zeit viel schneller als erwartet:

Meinen nächsten Termin bei Dr J hatte ich erst am 24.06.2021. Das sind fast zwei Monate seit meinen letzten Termin bei Dr H und vier Monate nach meinen letzten Termin bei Dr J.

Das kam mir alles nicht so lange vor.
 

So viel Angst ich noch am Anfang hatte, so Zweckmäßig sehe ich nun die Maßnahmen die ergriffen werden müssen. Seit ich anfing zu schreiben, dämmten sich mein Stresspegel und meine Angst vor den OP’s die bevorstanden und die, die noch bevorstehen immer weiter ein. Zurück bleibt das Wissen über die Notwendigkeit die darin besteht und die Tatsache, dass ich bald ein „neues Esszimmer“ habe. Ich habe meine Gelassenheit wieder gefunden. Und das tut mir wirklich gut.

Und ich muss ehrlich sagen, dass ich mich wirklich darauf freue, wenn das alles durch ist. Auch die neueste schlechte Nachricht von Dr J konnte mich nicht weiter aus der Bahn werfen…
 

„Naaa, Verena! Wie geht es Ihnen?“, fragte Dr J mich durch seine Maske grinsend. Ich glaube so langsam, er hat nie schlechte Laune. Jedenfalls habe ich ihn immer nur breit durch seine Maske lächelnd erlebt. Es macht mir als Patient ein wirklich gutes Gefühl, so einen gelassenen Zahnarzt/Implantologen zu haben. Ich glaube, so schnell wirft Dr J nichts aus der Bahn.

Zusammen gingen wir in den Behandlungsraum, machten die Routineuntersuchung und setzten uns schließlich an unseren Stammplatz am Schreibtisch.

Dr J nahm mir dieses Mal auch Blut ab, um es auf den Vitamin D-Gehalt im Labor prüfen zu lassen. Vitamin D ist nämlich extrem gut für die Wundheilung und stärkt die Knochen. Auf seinem YouTube-Kanal widmete er gleich ein ganzes Video dem Vitamin D, wie wichtig es für einen zahnärtlichen Eingriff ist und wie toll Vitamin D sei. Deshalb wusste ich auch schon, worauf er hinaus wollte. „Ich lasse das Blut dann prüfen“, informierte er mich, als er fertig mit der Blutabnahme war. Ich sah ihn nur schräg grinsend an. „Dr J… Ich bin ein Mozzarella!“ Damit meine ich Hautfarbe=hell=kein Vitamin D. Dafür brauche ich keinen Laborbericht. „Ich bestelle mir das Zeug einfach!“ Die Zahnarzthelferin kicherte hinten in ihrer Ecke. „Ja, ist wohl besser.“, meinte Dr J ebenfalls grinsend und schob mir ein Blatt unter die Nase. Darauf befand sich ein ausgedruckter Screenshot von einen Produkt von Amazon. „Das ist richtig gut! Das nehme ich selber auch…“, meinte Dr J nickend.

Ich bin immer wieder überrascht, wie viel Mühe er sich gibt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jeder Zahnarzt sowas macht. Nicht nur, dass Dr J extra das Blut prüft, damit die Wundheilung am Ende unterstützt wird, er empfiehlt auch ein sehr gutes und verhältnismäßig günstiges Produkt. Das muss er als Zahnarzt wirklich nicht machen. Und ich bin ja nicht (oh, welch Wunder) die einzige Patientin, die behandelt wird.

Stellt euch mal vor: Dr J empfiehlt zehn Mal die Woche dieses Produkt an einen seiner Patienten. Das heißt, er druckt zehn Mal die Woche diesen Screenshot aus. Das sind etwa 520 Mal Papier was dabei drauf geht und nicht zu vergessen die Druckerpatrone. Und wenn ich gerade realistisch darüber nachdenke, ist das noch ziemlich niedrig geschätzt. Zehn Mal am Tag kommt da wahrscheinlich eher hin.

Jedenfalls ein großes Lob, ganz ehrlich! Man fühlt sich immer wieder als wäre man in den richtigen Händen gelandet.
 

Nachdem das geklärt war, ging es zum Röntgen. Es wurde ein 3D-Bild von meinem Kiefer angefertigt. Man muss sich ganz gerade hinstellen, sich nicht bewegen und ganz still bleiben. Währenddessen fährt das Röntgengerät einmal um das Gesicht und macht Aufnahmen von allen Seiten. Und ich Dussel-Doof kann in den Momenten wo es darauf ankommt natürlich nicht still stehen.

Naja, es schien trotzdem funktioniert zu haben. Denn mit dieser 3D-Aufnahme eröffnete sich das nächste Problem: Eine dunkle Stelle über meinen rechte Eckzahn, welcher eigentlich überkront werden sollte.

Selbst Dr J sah die Aufnahme unzufrieden an und wirkte, als würde er sich die richtigen Worte für eine problematische Sache zusammen legen. Am Ende waren es simple Worte, die das Problem darstellten: „Der Zahn muss gezogen werden. Der ist leider entzündet, das kriegen wir so nicht überkront.“

Ich stehe ja manchmal gerne auf der Leitung, aber ganz so dumm bin ich auch wieder nicht. Während Dr J immer weiter das Bild ansah, es in alle Richtungen drehte und offensichtlich eine Lösung suchte, wie man an zwei Implantaten fünf Zähne zum halten bringen kann, zuckte ich simpel mit den Schultern. „Also noch ein Implantat.“, stellte ich nüchtern fest. Wenn ich das alles einmal machen lasse, dann vernünftig!

Dr J sah mich verblüfft an. „Ja, ich denke es führt kein Weg dran vorbei. Was machen Sie nochmal beruflich?“ Ich musste grinsen. „Ich bin Bürokauffrau.“, meinte ich. „Und machen Sie noch irgendwas praktisches?“ - „Ja, alles was mir in die Hände fällt...“, sagte ich nüchtern, hatte ich vor kurzem doch noch in der neuen Wohnung gleich zwei Badezimmer saniert. Auch mein Vermieter kam darauf nicht wirklich klar. Er ging davon aus, dass M das alles gemacht hatte. Naja, Frauen und Bau ist anscheinend eine ganz neue Sache für manche Menschen. Aber mein Papa musste halt zu lange auf einen männlichen Nachkommen warten, also hat er mich einfach in die Welt der Autos und des Handwerks eingewiesen, sodass es für mich selbstverständlich ist anzupacken.
 

Naja, jedenfalls war Dr J ein wenig verwundert darüber, dass ich direkt erkannt habe, dass das mit zwei Implantaten und fünf Zähnen in einer Kurve nicht funktioniert. Für mich war das irgendwie klar. Immerhin hatte ich mich lange mit der Brücken-Lösung auseinander gesetzt. Alleine das hätte nicht geklappt. Oder er war verwundert darüber, dass ich nicht gleich anfing zu heulen wie ein Schlosshund. Jedenfalls standen wir nun vor diesem Problem, sodass Dr J sogleich seine drei Stifte in verschiedenen Farben aus seinem Kittel zog. So langsam habe ich sogar das Farbschema kapiert: Knochen und Zähne sind bei ihm blau, Zahnfleisch ist rot und alles, was in irgendeiner Weise eingebaut wird (Implantate, Schrauben, ect...), mal er grün ein.

Er nahm mein erstes Röntgenbild hervor, bei dem er mir schon einmal alles detailliert erklärt hatte und kreuzte den rechten Eckzahn mit einem kaum hörbaren Schnaufen durch. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ihm das alles auch nicht richtig passt. Ob ihn das für mich so Leid tut, oder ob ihm die „Mehrarbeit“ gegen den Strich geht, kann ich aber leider nicht sagen.

Er nahm den grünen Stift zur Hand und malte ein Implantat ein, schließlich malte er mit dem blauen Stift einen Zahn darunter. „So wird das dann gemacht...“, erklärte er schließlich mit einem doch nicht mehr so enthusiastischen Ton. Anschließend nahm er die Mappe zur Hand, welche er für mich vorbereitet hatte. Auch hier korrigierte er die ersten beiden Seiten, indem er diesen Zahn auf der Zeichnung ebenfalls weg strich und ein Implantat einmalte.

So schnell ich den Unmut bei Dr J spürte, so schnell war er auch schon wieder am Lächeln. „Das werden wir auch schaffen!“, meinte er und nahm die vorbereitete Mappe hervor. „Dann müssen wir das hier erst einmal klären...“ Er schob mir den Papierstapel unter die Nase, den er zuvor noch korrigiert hatte. Ein Dokument, was sich „Thime Compliance – MKG17 – Zahnimplantate (Einpflanzung künstlicher Zahnwurzeln)“ nennt. Das sind 6 DIN-A4 Seiten, die sämtliche Fragen klären sollen. Hier werden Kostenübernahmen, mögliche Behandlungsalternativen und Komplikationen geklärt, es steht aber auch genau darin, wie der Eingriff durchgeführt wird. Auch Dr J hat auf fast jeder Seite noch Notizen in Doktorsauklaue daneben gekritzelt. Als wir das Dokument besprochen hatten, folgte das Nächste: „Geistlich Biomaterials - Knochenregeneration – Begleitbogen zur Patientenaufklärung“. Das ist ein Aufklärungsbogen zum Knochenersatzmaterial, welche neben meinen Eigenknochen ebenfalls verwendet wird. Diese heißen Bio-Oss und Bio-Gide.

Bio-Oss besteht aus dem mineralischen Anteil von Rinderknochen. Die organischen Bestandteile werden so entfernt, dass nur noch die aus Kalzium-Verbindungen, also aufgebaute harte Knochenstruktur zurück bleibt. Damit wird neben meinen eigenen Knochen der Kiefer aufgebaut und aufgefüllt.

Boi-Gide ist eine aus Kollagen aufgebaute Membran. Diese wird vom Schwein gewonnen. Kollagen ist ein Hauptbestandteil unserer Haut, Knochen und Bindegewebe. Aus der Membran wird eine Schutzbarriere aufgebaut, was ebenfalls die Wundheilung unterstützt.
 

Hinzu kamen drei Prospekte: Eines war direkt von der Zahnarztpraxis mit augenmerk auf Implantologie, eins von Bio-Oss und Bio-Gide und das letzte von mectron. „PRF- Ihr Booster zur sanften Heilung“. PRF ist sozusagen eine „Eigenblut-Kur“. Dr J wird mir eine kleine Menge Blut entnehmen, welches in eine Zentrifuge gegeben wird. Wer nicht weiß, was eine Zentrifuge ist – das ist ganz einfach erklärt!

Kennt ihr auf den Spielplätzen noch diese kleinen Karussells, mit denen man sich selber dreht? Dafür gibt es einen feststehenden Teller, an dem alle wie verrückt drehen. Dieses drehen ist so enorm, dass man immer weiter nach hinten gepresst wird. Etwas anderes macht eine Zentrifuge auch nicht: Sie dreht sich so schnell, dass (egal welche Flüssigkeit) sich nach außen presst. Dadurch werden in meinem Fall die besten Partikel des Blutes heraus gefiltert und dieses gefilterte Blut wird dann auf die Wunde gegeben. Dadurch soll alles super heilen.
 

Als Letztes kam ein einzelnes Blatt mit der Überschrift „Ihre Checkliste vor einer Implantation“. So langsam wird es Ernst.

Wir gingen alles detailliert durch, Dr J fragte mich jedes Mal ob ich noch Fragen hätte, anschließend packte er alles zusammen wieder in die Mappe. „Lesen Sie alles zu Hause noch einmal in Ruhe durch, beim nächsten Mal bringen Sie es unterschrieben zurück.“, meinte Dr J schließlich. Auch hier muss ich sagen, dass einem richtig viel Zeit gelassen wird. Man wird nicht zu einer Unterschrift genötigt. Auch beim Kostenvoranschlag wurde mir immer wieder gesagt, dass ich alles gut durchlesen soll, mir alles gut überlegen soll und wenn ich Zeit habe, solle ich mich melden. Das empfinde ich als sehr angenehm.
 

Jedenfalls platzte diese Mappe fast aus allen Nähten als er mir diese übergab. „Dann besprechen wir beim nächsten Mal den neuen Kostenplan und machen Abdrücke.“, sagte er und nickte dabei lächelnd. „Das schaffen wir schon!“

Ich nickte. Was soll ich auch sonst machen? Inzwischen habe ich das Geld fast zusammen gespart, was ich zum ersten Kostenvoranschlag dazu zahlen musste. Tatsächlich fehlen mir nur noch knapp 1000 Euro. Jetzt kommt ein Implantat dazu. Zum Haare raufen!

Aber was soll ich schon machen? Es kann keiner was dafür, dass der Zahn weg muss. Und wenn ich es schon einmal machen lasse, dann vernünftig! Und nicht so, dass ich in zwei Jahren wieder unters Messer muss. Also spare ich einfach weiter. Auch wenn ich wirklich gespannt bin, was da (finanziell) auf mich zu kommt.

Ich muss ganz ehrlich sagen: Geld ist Geld. Wenn alle Stricke reißen nehme ich einen kleinen Kredit auf oder informiere mich bei Dr J über Ratenzahlung. Was ich jetzt mache habe ich schon Jahre vor mir her geschoben, das werde ich wegen einen Zahn nicht wieder abblasen. Und dass nächste Woche schon Abdrücke gemacht werden ist nur ein Zeichen dafür, dass ich ganz nahe dran bin. Also Kopf hoch und Arsch in den Sattel! =)



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