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Eine etwas andere Geschichte - Die Klammer muss weg!

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Prolog - Wie ich meine Zähne verlor

Nun... Wie fange ich am besten an?

Ich könnte mit einer laschen Vorstellung anfangen, meinen Unfall, der letztendlich dazu führte, dass ich meine Zähne verlor oder das erste Mal, dass ich bei Dr. J (nach wirklich vielen anderen Zahnärzten, Kieferorthopäden und Kieferchirurgen) die Praxis betrat.

Aber ich fange mit der Angst an. Die Angst, die mich heute dazu bringt zu schreiben.

 

Denn diese habe ich zum ersten Mal nach einem Termin bei meinen „Zahnarzt des Vertrauens“.

Ich hatte schon bei (oder vor) vielen Zahnärzten Angst, doch bei Dr J hatte ich immer das Gefühl, gut aufgenommen und angenommen zu werden. Die Ärzte dort sind immer da, haben ein offenes Ohr und sind sehr sensibel. Eine Tatsache, die mir immer sehr gut gefallen hat. Tatsächlich kommt meine Angst nicht davon, dass mich einer der Ärzte geschlagen oder ausgelacht hätte. Um genau zu sein, weiß ich nicht einmal, woher genau meine Angst kommt. Denn schon vor meinen Aufklärungstermin war mir klar, dass die Prozedur mal wieder schmerzhaft werden würde.

Wahrscheinlich habe ich einfach vor der Gesamtsituation Angst. Die ganze Scheiße mal wieder von vorne! Fantastisch!

Ich weiß, es gibt Menschen, die wirklich schlimmere und schwerwiegendere Probleme haben als ich. Ein verlorenes Bein, lernen, wieder zu laufen oder Krebs mit Chemotherapien. Vielleicht stelle ich mich auch einfach nur an. Diese Menschen würden über meine Geschichte lachen.

Und während ich das hier schreibe und ganz realistisch darüber nachdenke wird mir klar: Ich habe ein Problem. Eigentlich ein wirklich kleines Problem im Gegensatz zu dem, was andere Menschen durchmachen müssen. Aber auch etwas, was für andere Menschen in meinem Alter in derselben Situation, oder vielen andere Menschen interessieren könnte. Vielleicht dasselbe oder Ähnliches erlebt haben. Etwas, was andere Menschen bewegen kann. Also schreibe ich einfach weiter.

 

Ich denke, es führt kein Weg an einer laschen Vorstellung vorbei, also tue ich das nun:

Mein Name ist Verena. Ich bin 26 Jahre jung, seit neuestem glücklich verlobt und führe ein normales Leben. Meine Eltern zogen mich und meine drei Geschwister liebevoll auf. Aus uns allen ist etwas geworden: Meine beiden Schwestern A. (28) und R. (24) sind beide Krankenschwestern, mein Bruder F. (22) ist Dachdecker. Ich bin gelernte Einzelhandelskauffrau, vor einiger Zeit habe ich mich jedoch ins Büro gesetzt.

Wir wuchsen in der Eifel auf. Wir hatten viele Kinder im Dorf, mit denen wir täglich spielten. Wir sind die letzte Generation, die ohne Handys, Tablets und Konsolen aufgewachsen sind und tatsächlich noch draußen gespielt haben.

Ich würde mich selbst als Problemkind beschreiben.

Nicht, dass ich als Jugendliche zu Alkohol und Drogen gegriffen hätte... Nein, bei mir gab es andere Themen, die (wie ich glaube) meine ganze Familie geprägt hat.

Ich war elf, als ich meinen ersten Unfall hatte. Ich wollte Süßigkeiten bei der nahegelegenen Tankstelle kaufen, also griff ich zum Fahrrad. Eine Fahrzeit von nicht einmal einer Minute, zu Fuß vielleicht fünf Minuten. Doch auf halber Strecke ging das Vorderrad fliegen. Da ich auf den Pedalen des Fahrrads stand, kippte ich vorne über und landete auf dem Kinn. Dadurch brach mein Kiefer und bohrte sich in meinen Gehörgang. Im Klartext eine doppelseitige Kieferfraktur.

Ich möchte auf diesen Unfall nicht groß eingehen, da dieser nicht zu den Problemen führte, die ich heute habe. Diesen Unfall möchte ich nur erwähnen, um hier einmal aufzuzeigen, dass meine Eltern es wirklich nicht leicht mit mir hatten und was das für meine Familie bedeutete:

Meine Geschwister, damals dreizehn, neun und sieben Jahre alt, wurden damals direkt zu Nachbarn gegeben, damit meine Eltern mir ins Krankenhaus folgen konnten. Arzttermine über Arzttermine zogen sich über ein Jahr immer weiter. Ich kann heute gar nicht mehr aufzählen, wie viele und welche Ärzte mich behandelt haben. Ich denke, meine Geschwister fühlten sich in dieser Zeit vernachlässigt. Ich denke, auch sie hatten eine wirklich schwere Zeit, denn meine Eltern waren (gefühlt) nur für mich da. Das hat mich als elfjähriges Kind schon belastet.

An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass ich nach ca anderthalb Jahren komplett genesen war. Ich konnte wieder lachen und ein Kind sein; ich konnte mein Gesicht wieder vollständig benutzen.

 

Kommen wir nun zum Knackpunkt. Zwei Jahr später, ich war dreizehn, war ich über's Wochenende bei meiner Freundin. Wir spielten miteinander und wie es früher üblich war, fuhren wir Inline Skates.

Als wir einen kleinen Hügel runterfuhren und um die Ecke bogen, erfasste mich ein Auto. Um ehrlich zu sein, kann ich mich nicht an viel erinnern. Ich weiß nur noch, wie ich Blutspuckend im Krankenwagen lag, weinte und mich von meiner Mutter verabschiedete. Für ein dreizehnjähriges Mädchen keine schöne Erinnerung. Und ich will nicht wissen, wie sich meine Mutter dabei fühlte. Es muss wirklich schlimm für sie gewesen sein.

Es ging alles von vorne los. Meine Kiefergelenke wurden diesmal nach hinten weggebrochen, der Unterkiefer brach einmal zwischen den unteren rechten Schneide- und Eckzahn. Befund: Dreifacher Kieferbruch mit Schädelbasisfraktur am Felsenbein. Zudem brachen mir die oberen vier Schneidezähne (Frontzähne) raus. Wieder ein kräfteraubender Akt, der meine Familie ein weiteres Mal belastete. Wieder Arzttermine über Arzttermine.

Ein Thema, welches mich noch immer prägt und mich einschränkt. Denn seitdem trage ich eine lose Prothese. Ein „Übergangsprovisorium“. Ich brauche Zahnersatz. Ich will etwas Festes. Und über dieses Thema möchte ich schreiben. Denn dieses Thema ist für mich heute aktueller denn je. Denn ich hatte gestern meinen ersten Termin, der in die Richtung des festen Zahnersatzes geht. Und der hat mich fertig gemacht.



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