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Ich wollte niemals von euch fort

von

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Kapitel 23

Kühle Nachtluft traf auf erhitzte Haut.

Das dünne Laken raschelte leicht, als Kasumi sich stöhnend wand.

Die Vorhänge vor dem weit geöffneten Fenster bewegten sich sanft in dem Luftzug, der hereindrang. Man spürte bereits langsam, dass der Herbst Einzug in das Land hielt. Die Tage waren noch heiß und drückend, während die Nächte anfingen, unangenehm kühl zu werden.

Da in dieser Nacht Neumond war, erhellten die Straßenlampen nur spärlich das kleine karg möblierte Zimmer.

Frustriert stöhnte Kasumi auf und schlug die Decke beiseite. Sie konnte einfach nicht schlafen. Zuviel war in den letzten Tagen geschehen, zuviel ging ihr im Kopf herum.

Resigniert seufzte sie, dabei vergrub sie ihre Finger in den dichten Haaren und mit den Handballen massierte sie sich die schmerzenden Schläfen. So müde Kasumi auch war, die wirren Gedanken, die durch ihren Kopf zuckten, ließen sie einfach nicht zur Ruhe kommen.

Ein Grunzen veranlasste sie, einen Blick quer durch den dunklen Raum, auf das andere Bett zu werfen. Außer ein paar blonden verwuschelten Haaren – die etwas vom Schein der Lampe angeleuchtet wurden – schaute nichts unter der Decke hervor. Ein weiteres Grunzen ertönte, als Daisuke sich auf die andere Seite warf.

Schmunzelnd schwang die junge Uchiha ihre nackten Beine aus dem warmen Bett und stand behutsam auf. Vorsichtig tapste sie auf nackten Sohlen zu seinem Bett hinüber.

Das viel zu große Hemd, welches sie trug, entblößte dabei eine Schulter, während es um ihre Beine flatterte. Zögernd streckte sie eine Hand aus, um dem Schlafenden sanft eine wirre Strähne goldenen Haares aus der Stirn zu streichen.

Ich liebe dich.

Resigniert sank die junge Frau neben Daisukes Bett zu Boden. Eine Hand hatte sie in seinem dichten Haaren vergraben und musterte ihn bekümmert.

„Es tut mir leid, Daisuke“, flüsterte sie ihm entgegen. „Es tut mir so unglaublich leid.“ Kasumi strich ihm zärtlich durch die Haare. In ihren Augen schimmerten ungeweinte Tränen. „Ich kann dir nicht die Liebe entgegen bringen, die du möchtest. Es tut mir in der Seele weh, dich damit zu verletzten, aber um nichts in der Welt hege ich für dich dieselben Gefühle.“ Mit gebrochener Stimme verstummte sie.

„Ich liebe dich, ja. Aber nicht auf diese Art. Mein Herz gehört einem anderen Mann. Und das schon fast mein ganzes Leben lang.“ Erschöpft legte sie ihren Kopf auf seine Brust und lauschte seinem beruhigend gleichmäßigen Herzschlag.

„Kakashi“, hauchte sie in die Dunkelheit. Ihr Herz gehörte einzig und allein ihm. Auch wenn sein Verhalten sie sehr verletzte, sie liebte ihn wie am ersten Tag, als sie sich ihre Gefühle zu ihm bewusst wurde.

Er war ihr bester Freund, ihr Seelengefährte und ihre große Liebe.

Seufzend stemmte Kasumi sich hoch, wuschelte noch einmal kurz durch Daisukes Haare und trat anschließend durch die Tür auf den Balkon, der das ganze Hotel umgab.

Daisuke schlug die blauen Augen auf und starrte regungslos an die weiß getünchte Decke.

„Ich liebe dich, Uchiha Kasumi. Egal welchen Namen du trägst“, murmelte er in die Stille der Nacht. „Auch wenn du mich nicht liebst. Wenn nötig, zwinge ich dich zu deinem Glück.“ Und drehte sich dann mit raschelndem Laken zur Wand. Ein tiefer Seufzer entfuhr ihm, ehe er die Augen wieder schloss.

Kasumi rieb sich die entblößten Arme, bevor sie sich an der Balustrade abstützte und in die verwinkelten Gassen unter sich schaute.

Es fröstelte sie, in der kühlen Nachtluft, die um die Hausecken wehte. Die Sterne glitzerten zu Abertausenden am nächtlichen Firmament. Schwer atmete sie aus, ließ den Blick über die Dächer Konohas schweifen. Hier irgendwo schlief Kakashi.

Wehmütig dachte sie an die vergangene Zeit, als sie sich noch nahe gestanden hatten. Seufzend strich sich die junge Frau eine herumwirbelnde Strähne aus dem Gesicht.

Und erstarrte mitten in der Bewegung.

Sie war nicht allein hier draußen. Sie fühlte, wie sie von Blicken durchbohrt wurde. Die Glöckchen in ihren Haaren bewegten sich sacht im Wind, während sie ihren argwöhnischen Blick suchend schweifen ließ.

Schließlich stieß sie die angehaltene Luft aus und ließ die Hand wieder sinken. Abermals rieb sie sich über die Arme. Du Närrin, schalt sie sich selbst. Sie wusste doch, dass man Daisuke und sie von einer ANBU Einheit überwachen ließ. In dieser Hinsicht waren Tsunades Worte sehr deutlich gewesen. Gedankenversunken fuhr sie über die Holzmaserung der Balustrade.
 

~. . . ~
 

Rote Augen suchten die umliegenden Dächer ab, bevor er sich mit herumwirbelndem Mantel tiefer in die dunklen, abgelegenen Straßen Konohagakures zurückzog. Für heute konnte er nichts mehr ausrichten. Sie hatte ihn bemerkt. Er kicherte leise, während er die Straße entlang lief.

Fiepend kreuzte eine braune Maus seinen Weg, dicht gefolgt von einer schwarzen Katze, die ihn aus schwarzen Augen argwöhnisch beobachtete, ehe sie weiter ihr Abendessen verfolgte.

Er warf einen letzten Blick zu der jungen Frau, als eine Wolke die Sterne verdeckte und den Weg zwischen den Häusern in tiefste Nacht tauchte.

Als sich die Wolke verzogen hatte, lag die Gasse still und verlassen da.
 

~. . . ~
 

Es war so still in dem geräumigen Büro der Hokage von Konohagakure, das Kasumi das Zwitschern der Vögel vor dem großen Fenster klar und deutlich hören konnte.

Selbst Naruto schwieg erstaunt.

Fassungslos ruhten die braunen Augen Tsunades auf der jungen Frau, die sich leicht an einen hochgewachsenen blonden Mann lehnte.

„Mikoto?“, entfuhr es Tsunade verblüfft und noch im selben Moment schüttelte sie hektisch den Kopf. „Nein, das ist unmöglich“, hauchte sie.

Minutenlang reagierte keiner der anwesenden Shinobi. Schließlich stemmte die Hokage energisch die Hände auf den Schreibtisch und schon abrupt den Stuhl nach hinten, als sie aufstand.

„Shizune!“, bellte sie.

Eine Frau, die, mit einem kleinen Schweinchen auf dem Arm, an der Tür stand zuckte erschrocken zusammen. Das Schweinchen quiekte dabei protestierend auf.

„Ha ... Hai?“, stotterte sie, ehe sie sich zusammenriss.

„Bring mir alle Akten der gefallenen Shinobis während und nach dem Dritten Ninja-Weltkrieg.“

„Sofort.“ Shizune wirbelte auf der Stelle herum und riss die Bürotür auf, die mit einem lauten Knall gegen die Wand schlug und offen stehen blieb.

Noch während Tsunade den Tisch umrundete begann sie zu sprechen: „Den Bericht kannst du mir später vorlegen – gib dir dieses Mal bitte mehr Mühe, ich habe nicht die Lust und die Zeit deine Hieroglyphen zu entziffern.“ Tsunade starrte Kakashi genervt an; seine Berichte waren die reinste Katastrophe.

„Und jetzt geht.“ Sie wandte sich von dem Jonin ab, um sich die junge Frau näher anzusehen.

„Ich bleibe.“

Überrascht schaute die Godaime auf und direkt in Kakashis ausdrucksloses Gesicht.

Noch bevor sie reagieren konnte, schaltete sich Naruto ein: „Wenn er bleibt, dann bleibe ich auch.“

Gefährlich begann eine Ader auf Tsunades Schläfe zu pochen und finster starrte sie Naruto an.

„Dann bleibe ich auch.“ Sakura stellte sich demonstrativ neben Naruto und auch Yamato trat einen Schritt vor und legte Kakashi eine Hand auf die Schulter, welcher dieses mit einem Seitenblick quittierte.

„Ach ja?“, fragte Tsunade gefährlich leise und die Spannung stieg greifbar. „Ich bin hier die Hokage!“, fauchte sie die Shinobis vor sich an. „Ihr tut gefälligst das, was ich euch sage!“

„Ich bleibe“, erwiderte Kakashi ungerührt.

„Jetzt reg dich mal nicht so auf, Tsunade-Baa-chan. Das ist nicht gut in deinem Alter“, warf Naruto mit hinter dem Kopf verschränkten Armen frech ein.

Bestürzt hielt Sakura den Atem an, dabei trat sie vorsichtig einen Schritt zurück, während Sai das ganze Szenario – mit schräg gelegtem Kopf – abwartend an der Wand gelehnt beobachtete.

„Naruto!“, brüllte Tsunade los und warf wütend einen Stuhl nach dem jungen Ninja.

Erschrocken duckte dieser sich unter dem über seinen Kopf hinweg fliegenden Stuhl.

Entsetzt keuchte Shizune auf, die gerade das Büro mit einem Aktenstapel auf ihren Armen betreten wollte.

In letzter Sekunde konnte sie ausweichen und sich an den Türrahmen pressen, dabei streifte der Stuhl leicht eine heraushängende Akte und der ganze Stapel begann gefährlich zu wackeln, drohte somit von ihren Armen herunter zu rutschen.

Vier hilfreiche Hände, die eilig zu Hilfe kamen, konnten das Auseinanderbrechen des Aktenstapels gerade noch verhindern.

„Also wirklich, Tsunade“, schimpfte Shizune, nachdem sie die Akten sorgfältig auf dem überfülltem Tisch abgelegt hatte. „Und so jemand soll den ehrenvollen Titel des Godaime Hokage tragen?“

„Pah!“, machte Tsunade nur, als sie sich setzte und die erste Akte aus dem Stapel zog.

Sai brachte gerade den leicht demolierten Stuhl wieder herein und schloss die Tür hinter sich, als Kasumi sich zu der blonden Frau vorbeugte.

„Es würde definitiv schneller gehen, wenn du nach meiner Ninja ID suchen würdest“, bemerkte sie, als sie ihr über die Schulter schaute. „Außerdem, warum verplemperst du deine kostbare Zeit mit sinnloser Aktenwälzerei?“ Die junge Uchiha verschränkte die Arme vor der Brust und sah Tsunade abschätzend an. „Du weißt doch ganz genau, wer ich bin.“

Resigniert schloss die Hokage die Augen, ehe sie tief aufseufzte und ihr Kinn auf die ineinander verschränkten Finger legte.

„Nach allem was ich von Jiraiya weiß, bist du seit diesem Tag tot“, murmelte sie mit zusammengekniffenen Augen.

Kasumi schnaubte entrüst. „Sehe ich etwa tot aus?“ Verärgert stemmte sie die Hände auf die Dokumente und funkelte die Hokage an. „Ich bin alles andere als tot und wenn wir dieses Thema nun zu Genüge durchgekaut hätten, würde ich nun gerne wieder gehen.“

„Nein!“

„Was?“ Wütend blitzte sie Kakashi an. „Ich wüsste nicht, dass du der Hokage von Konoha bist, Hatake“, fauchte die junge Frau ihn spitz an.

„Er hat Recht, Kasumi.“ Tsunade umrundete den Schreibtisch und zwang die junge Frau sie anzusehen, in dem sie Kasumi an der Schulter packte und umdrehte.

„Ich will mir das Fluchsiegel ansehen.“

„Was denn für ein Fluchsiegel?“, warf Daisuke verwirrt ein, als er auf die beiden Frauen zuging.

„Tse, und du willst sie kennen?“, fragte Kakashi verächtlich. „Du kennst weder ihren Namen, noch so etwas Bedeutsames wie das Juin“, fuhr er den blonden Mann an.

„Hör auf damit, Kakashi!“

Der Jonin verharrte in seiner Bewegung. Das war das erste Mal, dass Kasumi ihn bei seinem Namen genannt hatte. Und das nur um diesen Kerl in Schutz zu nehmen.

„Wie soll er etwas über mich wissen, wenn ich nichts gesagt habe“, nuschelte Kasumi und mied dabei den Blick der beiden Männer.

Sie lehnte am Schreibtisch der Hokage und war gerade dabei den Verschluss des Umhanges zu öffnen, während Tsunade abwartend neben ihr stand.

Als der Stoff von ihren Schultern rutschte – dabei sich hinter ihr auf dem überladenen Tisch bauschte – schoben Tsunades kühle Finger einen Teil des Kragens zur Seite, um einen flüchtigen Blick auf das Juin zu werfen. Versuchsweise ließ sie Chakra in das Siegel fließen.

Es dauerte nicht lange und Kasumi keuchte unter Schmerzen auf. Ihr Körper verkrampfte sich und sie sackte zusammen.

„Kasumi!“ Daisuke sprang erschrocken vor, doch die junge Frau wehrte ihn mit einer brüsken Handbewegung ab.

„Es geht schon“, keuchte sie, dann stöhnte sie leise auf.

„Tsunade ...“, begann Kakashi, doch ihr eisiger Blick ließ ihn schweigen.

Plötzlich schrie Kasumi gellend auf, riss den Kopf nach oben und starrte mit geweiteten Augen auf einen imaginären Punkt an der Wand. Feine Schweißtröpfchen flogen bei der abrupten Bewegung von ihrer Stirn und die Glöckchen klirrten leise. Zarte schwarze Linien schlängelten sich verschlungen über ihr kalkweißes Gesicht.

„Es reicht, Tsunade“, hechelte sie unterdrückt.

Langsam löste die Godaime ihre verkrampften Finger von der schweißnassen Haut der jungen Frau und betrachtete schwer atmend die roten Abdrücke, die ihr Chakrafluss hinterlassen hatte.

„Es sollte versiegelt werden“, bemerkte sie, als sie sich abwandte und wieder auf ihren Stuhl nieder sank.

„Nein“, brachte nach einiger Zeit Kasumi zustande. Sie richtete gerade ihre Kleidung wieder – dabei atmete sie immer noch schwer – erhob sich schwerfällig und schwankte etwas, aber sofort war Daisuke an ihrer Seite und stützte sie.

„Ich komme damit zurecht.“

Tsunade starrte sie aus zusammengekniffenen Augen an. „Das hat man gesehen“, bemerkte sie trocken.

„Tse. Kein Wunder, oder? Bei der Menge Chakra, die du mir direkt in das Juin geleitet hast. Wundert es dich da dann etwa das es sich aktiviert hat?“ Abschätzend sah Kasumi die ältere Frau an.

„Na gut“, fing nach einer Weile die Hokage an. „Ihr bleibt fürs erste hier ...“

„Was? Du sperrst mich hier ein?“, unterbrach Kasumi sie verärgert.

„... und ihr werdet von einem ANBU Team bewacht“, schloss sie unbeeindruckt.

„Wie bitte?“, schrie Kasumi aufgebracht. „Das kannst du nicht machen, Tsunade! Ich habe eine Aufgabe zu erledigen!“

„Deine Aufgabe ist mir herzlich egal. Du hast das Dorf unerlaubt verlassen ...“

„Aber ...“

„... beziehungsweise bist nicht sofort zurückgekehrt, nachdem du die Möglichkeit dazu hattest. Du hattest die Möglichkeit das Dorf verraten.“

Fassungslos blickte Kasumi die blonde Frau vor sich an, ihr Blick schweifte über die anderen Shinobis im Raum, ehe sich ein bitterer Zug um ihren Mund legte.

„Ich wusste, warum ich nicht mehr nach Konoha zurückgekehrt bin.“ Sie wandte sich ab.

„Du darfst das Dorf nicht verlassen. Hast du mich verstanden, Kasumi?“, fragte Tsunade scharf.

„Hai, Tsunade-sama. Aber für dich immer noch Uchiha-sama oder zumindest Kasumi-sama“, wies sie die Ältere zurecht.

„Ich habe es nicht vergessen, dass du jetzt das Clan-Oberhaupt bist. Den Respekt dafür musst du dir allerdings verdienen, Kasumi“, entgegnete die Godaime ruhig.

„Nehmt euch eine Unterkunft, aber ohne Begleitung verlasst ihr eure Zimmer nicht. Verstanden?“

„Hai“, knurrte die junge Frau wütend.

Zutiefst verletzt griff sie nach ihrem Umhang, der zu Boden gerutscht war und stapfte erzürnt aus dem Raum.

Daisuke war einen Moment lang wie paralysiert, ehe er realisierte, dass Kasumi das Büro verlassen hatte. Schnell eilte er ihr hinterher und noch ehe sich die Tür hinter ihm schloss, hörte die junge Uchiha die emotionslose Stimme Sais sagen:

„Bist du dir sicher, dass du sie so gehen lassen solltest, Tsunade-sama? Sie ist eine Uchiha, genau wie Itachi und Sasuke eine Gefahr für das Dorf. Arrestier sie.“
 

~. . . ~
 

Kasumi schnaubte leise. Als ob sie gewollt hätte, als Uchiha in diese Welt geboren zu werden.

Und dann auch noch als Tochter des Clanführers.

Lieber wäre sie irgendeine Kunoichi die etwas begabt wäre, aber ansonsten normal und unscheinbar. Sie seufzte auf. Das Leben war einfach nicht fair. Anstatt Itachi zur Rechenschaft zu ziehen, saß sie hier nun fest und wurde wie ein Schwerverbrecher behandelt.

Aber war sie das nicht auch? Nachdenklich nagte sie an ihrer Lippe. Sie hatte Schreckliches getan unter der Herrschaft von Orochimaru und sie war froh, dass er endlich tot war. Und ja, sie hatte das Kaijin no Jutsu nicht angewandt. Was ihr jetzt – im Nachhinein – falsch vorkam. Hätte sie es tun sollen? Konoha hatte sie nicht verraten, aber sie war eine Gefahr für das Dorf. Sai hatte schon recht. So leid es ihr tat dies einzugestehen.

Traurig schloss sie die Augen.

Noch immer spürte sie die prüfenden Blicke, die von allen Seiten auf sie einschossen. Wenn sie jetzt fliehen würde, dann wäre sie erledigt. Selbst sie kam nicht gegen vier ANBUs an und wie sie Tsunade einschätzte, waren das Elite-ANBUs mit denen nicht zu spaßen war.

Kasumi rieb sich die zitternden Arme. Sie war viel zu lange draußen gewesen, nun fror sie entsetzlich.

Gerade als sie sich abwenden und wieder ins Zimmer gehen wollte, bemerkte sie eine Bewegung in einer der Seitengassen und silberne Haare blitzten im Schein der Straßenlampe auf.

Ihr Blick war von seinen Augen gefangen; minutenlang verharrte sie regungslos in seinem Anblick, bis Kakashi sich langsam umdrehte und wieder in die Schwärze der Nacht eintauchte.

Erst jetzt bemerkte Kasumi, dass sie unbewusst ihren Atem angehalten hatte und schnappte keuchend nach Luft. Ihr Herz raste mit unglaublicher Geschwindigkeit in ihrer Brust. Sie wusste, diese Nacht würde sie nicht mehr ruhig schlafen können.
 

~. . . ~
 

Energisch wurde an die Zimmertür geklopft.

Verärgert über die Störung am frühen Morgen riss Daisuke die Tür auf, während er mit der anderen Hand das lockere Handtuch festhielt und blaffte seinem Gegenüber ein unfreundliches „Was?“ entgegen.

„Oh! Du!“, begrüßte er Kakashi dann ohne große Begeisterung, dabei machte er keine Anstalten ihn hereinzubitten.

Kakashi musterte erst Daisukes Brust – an der noch ein paar vereinzelte Wassertropfen herab rannen – anschließend das tief auf der Hüfte sitzende Handtuch und zum Schluss das zerwühlte Bett im Hintergrund.

„Ist Kasumi da?“, fragte er ausdruckslos.

Daisuke verschränkte die Arme vor der Brust und lauschte mit schräg gelegtem Kopf dem Rauschen der Dusche. „Sie ist unter der Dusche“, grinste er süffisant. „Möchtest du, dass ich ihr etwas ausrichte?“

„Nein, danke!“, erwiderte Kakashi knapp und drehte sich wortlos um.

„Einen schönen Tag wünsche ich noch!“, rief ihm Daisuke fröhlich nach, ehe er lachend die Tür zuschlug.

„Wer war das?“, erkundigte sich Kasumi, die gerade den Raum betrat und sich die Haare trocken frottierte.

„Niemand“, entgegnete Daisuke lächelnd. „Hat sich vertan.“

„Hm.“ Sie musterte ihn aufmerksam, stellte aber nichts Unnatürliches in seinem Verhalten fest. Der blonde Mann war wie eh und je gut gelaunt.

„Wie geht es dir jetzt?“, wollte er wissen und kam dabei auf sie zu. Ihr wurde unter seinem prüfenden Blick unwohl, deshalb wandte sie ihm den Rücken zu.

„Es geht mir gut. Danke.“

Wortlos trat er neben sie und griff sanft nach ihrem Kinn, ehe er ihren Kopf zu Seite drehte und Kasumi somit zwang, ihn anzusehen. Noch kniff sie die Augen zusammen, bevor sie den Blick hob und ihre schwarzen Iriden auf die blauen Daisukes trafen.

„Lüg mich bitte nicht an“, flüsterte er sanft, ehe er ihr zärtlich über die Wange strich. „Ich sehe doch, dass es dir nicht gut geht.“

Dunkle Augenringe ließen ihre feinen Gesichtszüge noch blasser und ihre traurigen Augen riesig in ihrem Gesicht wirken.

„Es geht mir gut, Daisuke“, wiederholte sie fest nach einigen Minuten. „Es muss so gehen“, hauchte sie, als sie sich aus seinem Griff löste und sich von ihm distanzierte.

Schweigend kehrte sie in das angrenzende Bad zurück und schloss mit einem gedämpften Klicken die Tür hinter sich.

Währenddessen fuhr sich Daisuke seufzend durch die noch leicht feuchten Haare, ehe er resigniert durchatmete und einen dunkelblauen schlichten Yukata aus dem Schrank zog.

Kurz musterte er das Kleidungsstück. Nicht gerade die beste Qualität, aber auch nicht das Schlechteste, was er schon mal getragen hatte. Als er sich fertig angezogen hatte, hörte er hinter sich das gedämpfte Klappern der Geta.

„Ich denke wir geben unsere Kleidung ...“ Daisuke drehte sich mit seinem Kleidungsstapel und verstummt sprachlos.

Kasumi blieb einige Schritte von ihm entfernt stehen, dabei schaute sie ihn fragend an. Der junge Mann räusperte sich verlegen, danni riss er gewaltsam seinen Blick von ihrer schlanken Gestalt in dem schwarzen, mit dunkelrosanen Päonien verzierten, Yukata ab. „... bei der Wirtin zur Reinigung ab“, brachte er gepresst hervor.

„Mach das“, stimmte ihm Kasumi angespannt zu. Schweigend griff sie nach Sujin, der an der Wand lehnte und öffnete die Tür. Halb war sie schon auf dem Flur getreten, ehe sie merkte, dass Daisuke ihr nicht folgte. „Kommst du?“

„Hai“, murmelte er.

Das Knarren der Stufen unter ihren Schritten wurde fast gänzlich von dem Klappern der Geta übertönt.

„Wir dürfen das Hotel nicht verlassen“, gab der junge Mann zu bedenken.

„Ich lasse mich in meinem eigenen Dorf nicht wie eine Gefangene behandeln!“ Eindringlich sah Kasumi ihn an, während sie das Hotel verließen.

Kaum berührte ihr Fuß den staubigen Boden der Straße materialisierte sich vor ihr einer der ANBUs.

„Wo wollt ihr hin?“, ertönte die gedämpfte Stimme einer Frau unter der Tiger Maske hervor.

„Das Dorf ansehen. Meine Begleitung war noch nie in Konoha“, entgegnete Kasumi knapp.

„Euch ist verboten worden das Hotel zu verlassen.“

„Das ist nicht ganz korrekt“, stellte das junge Clanoberhaupt richtig. „Wir dürfen nicht ohne Begleitung das Hotel verlassen, da aber ein ANBU-Team zu unserer Bewachung abgestellt ist, ist das ja wohl kein Problem. Richtig?“

An der Haltung des ANBU vor ihr konnte Kasumi erkennen, dass diese mit dieser Entwicklung der Situation gar nicht einverstanden war.

„Das Katana bleibt hier.“

„Nein!“, entgegnete Kasumi steif. „Wo ich hingehe, geht auch Sujin hin.“

„Es ist euch untersagt schwer bewaffnet durch das Dorf zu streifen“, warf der ANBU scharf ein.

„Gibt es ein Problem, Taiga?“ Die tiefe ruhige Stimme eines weiteren ANBU ertönte hinter der jungen Frau mit der Tiger Maske und den violetten langen Haaren, die sich sanft im Wind wiegten.

„Keines, das ich nicht alleine lösen könnte, Kyatto“, fauchte Taiga.

„Ich schlage vor, du klärst das mit Tsunade-sama ab und Okami und ich haben ein Auge auf die beiden.“

„Hai“, knurrte Taiga aufgebracht, ehe sie mit einem leisen ‚Plopp' verschwand und auch der junge Mann mit der Katzenmaske musterte sie noch mal flüchtig, bevor auch er in einer Rauchwolke verschwand.

Eine Zeit lang rührte sich keiner der beiden jungen Leute, bevor Kasumis steife Haltung zusammenbrach und ihre Schultern zitternd nach vorne sackten.

„Das ging ja gerade noch mal gut“, stöhnte Daisuke und massierte sich seinen verspannten Nacken, während er prüfend die umliegenden Dächer musterte.

„Sollen sie beweisen, dass ich unrecht habe“, konterte Kasumi ungerührt; sie packte den Griff ihres Schwertes fester und ging schweigend los.

Geschickt führte sie Daisuke über Nebenstraßen und kleinen Gassen tiefer nach Konoha hinein, bis sie plötzlich abrupt im Schatten eines hohen Baumes stehen blieb. Dabei rannte Daisuke fast in sie hinein.

Mit ausdruckslosem Gesicht beobachtete sie die Hauswand auf der gegenüberliegenden Seite.

„Warte hier auf mich, Daisuke“, murmelte sie ruhig, als sie die Straße überquerte. „Es dauert nicht lange.“

„Aber Kasumi ...“, warf er überrascht ein.

Die junge Frau straffte die Schultern, während sie eilig die mäßig gefüllte Straße überquerte und drückte die dunkle Holztür auf.

Still lag das Treppenhaus vor ihr. Staubteilchen tanzten durch die Luft, angestrahlt durch das Sonnenlicht, welches durch die großen Fenster fiel. Mit jedem Schritt, den sie die Treppe hochstieg, fühlte sie sich, als ob sie Gewichte an den Beinen hätte. Am liebsten würde sie niemals oben ankommen.

Kasumi stieß einen leisen Seufzer aus, als sie vor Kakashis Tür stand. Noch nie hatte sie sich so unsicher und nervös gefühlt. Selbst dann nicht in der Zeit bei Orochimaru. Immer hatte sie Sujin und damit Kakashi vor Augen gehabt, doch nun würde hier alles enden.

Sie hatte es Sujin versprochen. Sie würde das Schwert seinem früheren Herrn zurückgeben.

Unsicher blickte sich die junge Frau um. Sie spürte einen starren Blick in ihrem Rücken, aber das Treppenhaus lag wie ausgestorben vor ihr. Nur durch das Fenster fiel Licht durch die Blätter eines Baumes herein und zauberten Lichtreflexe an die hellen Wände. Das war sicher nur das ANBU-Team.

Kasumi drehte sich um, atmete tief ein und klopfte schließlich an die Tür. Sie wartete einen Moment.

„Kakashi?“ Sanft hallte ihre Stimme. „Bist du da?“ Sie zögerte einen Moment. „Ich bin es. Kasumi.“ Nichts regte sich auf der anderen Seite der Tür. „Kakashi?“ Die junge Uchiha stöhnte enttäuscht und lehnte sich mit dem Rücken an die Tür.

„Ich kann verstehen, dass du mich nicht sehen möchtest, aber ich bringe dir Sujin zurück.“ Kasumi stockte einen Augenblick und kaute nervös auf ihrer Lippe, während sie Sujin in ihren Händen hin und her drehte.

„Ich denke, es ist das Beste, wenn ich Konoha wieder verlasse. Ich gehöre hier nicht mehr her und ...“ Kasumi versagte sie Stimme. „... und ich bereite dir mit meiner Anwesenheit nur Schmerzen. Ich ... Es tut mir leid“, brachte sie stockend hervor. Entkräftet von diesem Ausbruch lehnte sie Sujin an Kakashis Tür und kehrte ihm den Rücken.

Langsam, auf jeden Schritt bedacht, trat die junge Frau auf die Straße. Tief atmete sie die immer wärmer werdende Luft ein. Der Wind spielte mit einigen Strähnen ihrer Haare und zupfte am Saum ihres Yukata.

„Da bist du ja wieder, Kasumi.“ Daisuke stieß sich von der gegenüberliegenden Hauswand ab und legte einen Arm über ihre Schulter.

Erschrocken zuckte Kasumi zusammen, als sie den stechenden Blick in ihrem Rücken spürte. Alarmiert drehte sie sich hektisch um und schaute mit gerunzelter Stirn die Straße auf und ab.

„Was ist?“ Daisuke spürte, wie angespannt Kasumi in seinem Arm war. Wachsam schaute er ebenfalls die Häuserzeile auf und ab, aber nichts Ungewöhnliches fiel ihm auf.

„Komm, gehen wir. Ich habe Hunger. Was hat Konoha so alles Leckeres zu bieten?“, lachte er fröhlich und zwang sie somit sanft ihn wieder anzusehen. Sekundenlang hing ihr Blick noch in einer abgelegenen Seitengasse fest, aber die Person, die sie vorhin ausgemacht hatte, war verschwunden.

„Lass uns ... ins ‚Yakiniku Kyu' gehen, das ist für seine Gyutan berühmt.“

„Das klingt wirklich sehr verlockend.“ Verträumt blickt er in den strahlendblauen Himmel. „Ja! Ich habe richtig Lust auf gegrilltes Fleisch.“

Kasumi musste bei seinem Übermut befreit lachen uns sofort ging es ihr besser.

„Danke“, murmelte sie gedämpft gegen seine Schulter.

„Gern geschehen“, erwiderte Daisuke sanft, dabei verstärkte er noch etwas seine Umarmung. Eng umschlungen schlenderten sie durch die überfüllten Straßen, bis das Hokage Monument immer näher kam. Hin und wieder wies Kasumi auf einige bedeutende Orte hin, bis sie schließlich lachend das Yakiniku betraten.

„Willkommen im ‚Yakiniku Kyu'“, wurden sie freundlich von einer schlanken jungen Frau begrüßt. Lächelnd bedeutete sie ihnen ihr zu folgen und führte sie an einigen besetzten Tischen vorbei.

Überrascht blieb die junge Uchiha stehen, gerade als Daisuke an einem Tisch Platz nahm.

„Hm?“, verwunderte schaute er auf und bemerkte den besetzten Tisch gegenüber.

„Asuma? Kurenai?“, fragend beugte sich die junge Frau etwas vor. Stille breitete sich zwischen den drei Menschen aus.

„Kasumi?“, quiekte Kurenai dann verwundert, ehe sie lachend der jungen Uchiha um den Hals fiel. „Bist du es wirklich?“

Unbeweglich ließ Kasumi die Umarmung über sich ergehen. Asuma bemerkte dagegen den jungen Mann am Tisch gegenüber, der die beiden Frauen schweigend beobachtete.

Ob das der Mann war, von dem Kakashi erzählt hatte? Entspannt lehnte er sich zurück und widmete seine Aufmerksamkeit wieder Kurenai und der jungen Uchiha, über die das halbe Dorf schon sprach. Es waren noch keine 24 Stunden vergangen und schon herrschte Aufruhr unter den Jonin und den Chunin. Kurenais Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.

„Also ist es wahr, was uns Kakashi gesagt hat?“, wollte Kurenai wissen, dabei musterte sie Kasumi prüfend.

„Wie es aussieht, verbreiten sich Neuigkeiten immer noch so schnell im Dorf wie früher. Es weiß wahrscheinlich schon ganz Konoha.“ Die junge Uchiha fühlte sich deutlich unwohl unter ihrem Blick.

„Halb“, lachte die Yuhi. „Willst du und dein ...“ Sie zögerte einen winzigen Augenblick. „... Freund euch zu uns setzten?“

Asuma blickte von Kurenai zu dem Fremden am anderen Tisch, der gerade verschiedene Fleisch- und Gemüsesorten bei der Kellnerin bestellte. Auch Kasumi schaute flüchtig über die Schulter.

„Nein danke, Kurenai. Das ist lieb von dir, aber ich denke, wir bleiben unter uns.“ Kasumi lächelte etwas gequält. „Es hat mich wirklich gefreut, euch beide wieder gesehen zu haben.“ Sie drückte die Yuhi kurz an sich, ehe sie Asuma grüßend zunickte und dann zu dem fremden Mann hinüber ging. Kurenai schaute ihr hinterher, ehe sie Asuma gegenüber wieder Platz nahm.

„Wer war das?“, hörte sie den Mann fragen.

„Freunde“, erwiderte Kasumi gedämpft und sah abwesend aus dem Fenster, während der Grill zwischen ihnen angezündet wurde.

„Sie hat sich sehr verändert“, flüsterte Kurenai bekümmert.

Asuma zündete sich gelassen eine Zigarette an. „Keiner weiß so richtig, was ihr widerfahren ist. Sie redet nicht darüber und auch Tsunade hat nichts Genaues erfahren. Wahrscheinlich wird sich Ibiki ihrer annehmen.“ Er schaute auf. „Wenn sie sich in Sicherheit wiegt.“

„Asuma!“, keuchte Kurenai entsetzt.

„Hast du das von heute Morgen gehört?“

Die junge Frau schüttelte den Kopf.

„Sie ist mit einigen ANBU aneinandergeraten. Die meisten Jonin wissen schon Bescheid.“ Er schnippte die Asche weg.

„Und Kakashi?“

Asuma schwieg und inhalierte den Rausch seiner Zigarette. „Er hat sich zurückgezogen.“

„Oh.“
 

~. . . ~
 

„Ah, tat das gut.“ Der blonde Mann streckte sie ausgiebig und klopfte sich dann lachend auf den flachen Bauch. „Und jetzt?“ Auffordernd sah er zu Kasumi hinüber, die gerade das Yakiniku verließ.

„Ich zeige dir noch etwas Konoha. Dabei würde ich gerne noch kurz im Amaguriama vorbeigehen. Irgendwie habe ich Lust auf ein paar frische Daifukus, du nicht auch?“

„Hmm. Ja, warum nicht. So ein, zwei Reiskuchen passen schon noch rein“, lachte er vergnügt.

Gemeinsam schlenderten sie über die gefüllten Straßen, wichen lachend ein paar spielenden Kindern aus und beobachteten amüsiert einige Akademieschüler beim Training.

Iruka beaufsichtigte sie gerade bei den Zielübungen mit den Shuriken. Kasumi schmunzelte leicht, als sie an ihr eigenes Training mit Itachi dachte.

„Wie sieht der denn aus?“, gluckste Daisuke gerade und riss sie so aus ihren Gedanken.

„Hm?“ Verwirrt folgte sie seinem Blick und bemerkte einen Jungen im grünen Trainingsanzug.

„Ich weiß es nicht, aber er scheint sehr gut im Taijutsu zu sein“, bemerkte sie, als er mit ein paar jüngeren Schülern trainierte.

„Das ist mein Schüler!“

Erschrocken keuchte Kasumi auf und dabei wich sie ein paar Schritte zurück, bis sie an einen Baum stieß. Ohne Sujin fühlte sie sich schutzlos. Verdammt, sie hätte zumindest ein paar Kunais mitnehmen sollen.

Währenddessen war Daisuke schützend vor sie getreten, bevor er entsetzt verharrte.

„Bei Kami!“, stieß er bestürzt hervor.

„Geh mir aus dem Weg!“ Kasumi gab dem erstarrten Mann einen energischen Stoß, der ihn zur Seite taumeln ließ. Und dann verstand sie sein Verhalten.

Der Mann vor ihr hätte der ältere Zwilling von dem Jungen sein können. Grinsend funkelte er sie an.

„Rock Lee, der beste Taijutsu Kämpfer im Dorf – nach mir versteht sich.“ Er grinste sie immer noch strahlend an.

„Äh ... ja.“ So überrumpelt wusste Kasumi nicht, was sie darauf antworten sollte und auch Daisuke fehlten die Worte, wie sie feststellte – er starrte zwischen dem Mann mit demselben grünen Trainingsanzug und dem Jungen hin und her.

Freundschaftlich schlug er Kasumi auf die Schulter, die dabei erstickt keuchte.

„Ha, also hatte Kakashi doch recht. So ein Mist, schon wieder eine Wette gegen ihn verloren. Dafür werde ich 1000 Runden auf den Händen um Konoha rennen!“

„Ja, ist ja eine ganz tolle Idee. Aber wer bist du überhaupt?“ Vorsichtig nahm sie seinen Arm von ihrer Schulter und entfernte sich etwas von ihm.

„Guy-sensei! Guy-sensei!“ Rock Lee kam angerannt. „Wenn du 1000 Runden auf den Händen um Konoha rennen wirst, dann renn ich 2000!“ Vor Freude funkelten seine Augen übermütig.

„Was sind denn das für zwei Irre?“, flüsterte Daisuke Kasumi zu, während Guy und Lee sich gegenseitig weiter anheizten.

„Ich habe keine Ahnung“, seufzte sie resigniert. „Komm, lass uns von hier verschwinden, bevor sie uns noch mit da rein ziehen.“

„Das ist die Kraft der Jugend!“, brüllte Guy begeistert.

Iruka blickte gerade auf, als die beiden sie heimlich von Guy und Rock Lee davon schlichen.

Amüsiert lächelte er darüber. Mighty Guy allein war schon schwierig, aber beide zusammen waren richtig anstrengend. Ja, die zwei waren schon echt speziell.

„Hey!“, rief er und wich ein paar Shuriken aus. „Pass doch auf wo du hin zielst“, wies er ein kleines Mädchen zurecht.

„Ups“, grinste diese frech.

Daisuke warf noch einen Blick und sah, wie ein kleines braunhaariges Mädchen seinen Sensei dreist angrinste. Plötzlich wurde er angerempelt und stieß heftig gegen Kasumi, die auf den Geta unsicher vorwärts stolperte.

„Pass doch auf Mann!“, rief er aufgebracht, während er die junge Frau am Arm festhielt. Erst als er sich sicher war, dass es ihr gut ging, sah er auf.

Ebenso wie Kasumi bemerkte er den schlanken, hochgewachsenen jungen Mann, welcher in einer belebten Seitengasse neben Ichirakus Ramen-Stand verschwand. Der schwarze Mantel flatterte noch um die Ecke und Kasumi war sich sicher, dass sie die Farbe Rot gesehen hatte.

Erstarrt verharrte sie, ohne einen Muskel zu rühren. Itachi.

„Ich glaube ...“, begann Daisuke, der ihren Blick bemerkt hatte, nüchtern, „... wir sollten uns mal ernsthaft unterhalten.“

Gewaltsam riss die junge Uchiha den Blick von der Gasse los, ehe sie ergeben nickte. Sie machte sich von ihm los. Zielsicher tauchte sie in die Menschenmenge ein. Es gab jetzt nur einen Ort, wo sie hin wollte.

Eine Hand legte sich schwer um ihren Oberarm, hielt sie somit fest. Fragend schaute Daisuke sie an. Er war ihr schon eine ganze Weile schweigend gefolgt, nachdem ihnen aber immer weniger Menschen begegneten, fragte er sich ernsthaft, wo sie mit ihm hin wollte.

Stumm nickend wies sie noch vorne. Unweit von ihnen konnte er eine Sake-Bar erkennen.

„Ohne schaffe ich es einfach nicht“, nuschelte sie verlegen. Ehe sie Daisuke in die Bar folgte, wandte sie sich noch einmal um.

Auf einem der umliegenden Dächer stand ein einzelner ANBU, die nachmittägliche Sonne lies seine Maske hell aufleuchten. Unmerklich nickte er ihr zu.

Der Wind frischte auf – trieb ihr dabei Sand in die Augen – kurz darauf schaute sie wieder auf, doch der ANBU war verschwunden.

Entschlossen folgte sie Daisuke ins Shushuya und bestellte für sie zwei Mal Sake und einmal Yakitori. Es war an der Zeit, offen mit Daisuke zu reden.
 

~. . . ~
 

Vorsichtig setzte Daisuke das Sakeschälchen ab.

„So war das also“, bemerkte er nachdenklich, dabei starrte er in die helle Flamme einer Kerze.

Es war spät geworden. Das war Kasumi ihm erzählt hatte, war viel gewesen. Wenn das Herz voll ist, läuft der Mund über, schoss es ihm durch den Kopf. Sein Blick schweifte über den Tisch. Bei zwei Sake war es nicht geblieben. Wie es schien, war sie trinkfester als gedacht.

Die junge Frau starrte blicklos vor sich hin. „Danke“, sagte sie plötzlich und schaute ihn dabei an. Fragend blickte Daisuke sie mit hochgezogener Braue an.

„Danke, dass du mir zugehört hast. Danke, dass du hinter mir stehst“, sie brach ab und fuhr sich durch die Haare. „Einfach ‚Danke', dass du für mich da bist.“

Verlegen nickend nahm er ihre Worte zur Kenntnis. Plötzlich stand Kasumi auf. Leicht schwankend hielt sie sich am Tisch fest, dabei griff sie sich mit der anderen Hand leise stöhnend an die Stirn. Vielleicht war der letzte Sake doch zuviel gewesen.

„Wo willst du hin?“

„Ich muss mal“, entgegnete sie unverblümt.

Bedächtig verließ sie den Raum. Die kalte, klare Nachtluft draußen belebte ihre Sinne wieder. Tief atmete Kasumi, mit geschlossenen Augen, die frische Luft ein. Es war gut gewesen sich mal alles von der Seele zu reden und es hatte sie zu einer Entscheidung veranlasst. Wenn sie schon mal in Konoha war, dann würde sie diese Chance nutzten.

Kurz entschlossen ließ sie die Sake-Bar hinter sich, tauchte in die Gassen Konohas ein und machte sich auf dem schnellsten Weg zum Viertel des Yamanaka-Clans.

Eine blonde junge Frau – deren Haare zu einem Zopf gebunden waren – räumte gerade die Blumenauslage vor dem Geschäft rein.

Überrascht drehte sie sich um, als die Glöckchen über der Eingangstür so spät noch einen Kunden ankündigten.

„Konbanwa. Mein Name ist Ino, was kann ich für sie tun?“, fragte sie freundlich die fremde Frau, die sich suchend umschaute.

„Konbanwa.“ Kasumi trat an den Tresen. „Ich hätte gerne 16 weiße Chrysanthemen.“

„Oh.“ Ino schaute die Frau vor sich überrascht an. Sie hatte sie hier zuvor noch niemals gesehen gehabt.

„Sind sie neu hier?“, fragte Ino leutselig, während sie die Blumen abzählte und sie anschließen geschickt zu einem Strauß band.

„Mein Clan lebte früher hier“, antwortete Kasumi leise. „Ich war schon lange nicht mehr zu Hause.“

„Wirklich? Aus welchen Clan stammen sie?“ Ino legte den Strauß auf den Tisch. „Das macht dann 457 Ryo.“

Kasumi reichte ihr das Geld und nahm den Strauß entgegen, daraufhin wandte sie sich zum gehen. „Aus dem Uchiha-Clan.“

Sprachlos blickte Ino auf, doch die junge Frau war verschwunden. Hastig rannte sie um den Tresen und riss die Tür so heftig auf, dass die Glöckchen hektische bimmelten.

„Warten Sie“, rief sie, mit dem Rest Geld winkend, in die Nacht hinaus. „Sie haben mir zuviel gegeben.“ Doch die Straße lag leer vor ihr.

Währenddessen begann sich Daisuke langsam Sorgen zu machen. Kasumi war schon viel zu lange auf der Toilette verschwunden. Schließlich bat er eine der Kellnerinnen mal nach zusehen und rannte kurz darauf entsetzt auf die Straße.

Kasumi war verschwunden! Wie hatte ihm das nur passieren können?

Vor ihm tauchten vier ANBUs auf.

„Wo willst du hin?“, hielt ihn einer mit einer Bärenmaske auf. Verärgert biss sich Daisuke auf die Lippen, dabei zog er die Augenbrauen zusammen. Er durfte nichts von Kasumi sagen, anscheinend hatten sie ihr Verschwinden noch nicht bemerkt.

„Wo ist die Uchiha?“, wollte eine weibliche Stimme plötzlich wissen. Taiga, erinnerte sich Daisuke. Einen Moment lang zögerte er. Einen Moment zu lange.

„Wir teilen uns auf“, befahl der ANBU mit der Bärenmaske entschlossen. „Okami, du gehst zu Kakashi. Sag ihm, er soll zu mir kommen. Danach schaust du im Osten Konohas nach.“

Er wandte sich von der Frau ab, nachdem sie ein leises „Hai, Kuma.“ gemurmelt hatte.

„Taiga, du bleibst bei Daisuke. Ihr sucht zusammen den südlichen Teil des Dorfes ab. Kyatto du gehst in den Westen und ich werde mir den Norden Konohas vornehmen. In zwei Stunden treffen wir uns an der Hokage Residenz wieder.“

„Hai!“, riefen sie, ehe zwei der ANBUs in einer Rauchwolke verschwanden.
 

~. . . ~
 

Kakashi hatte nur noch Augen für den Gegenstand in seiner Hand, selbst Pakkun bemerkte er nicht, als er zu ihm auf die Couch sprang.

„Kakashi.“ Pakkun stupste ihn mit der Pfote an. „Du bekommst Besuch.“

Der abwesende Shinobi fuhr zögerlich über die zwei goldenen, im Griff eingelegten, Menukis. Er hatte Sujin vor seiner Tür gefunden, als er vorhin nach Hause gekommen war. Das und den einzigartige Duft Kasumis in der Luft. Sie war hier gewesen.

Verdammt! Wäre er nur zu Hause gewesen, anstatt zu Jiraiya zu gehen. Warum nur hatte sie ihm das Katana zurückgegeben?

Erschrocken zuckte er zusammen, als es jäh an der Tür klopfte und somit die Stille durchbrochen wurde. Sein Griff um Sujin verfestigte sich.

Das Klopfen an der Tür wurde ungeduldiger. Schwankend stand er langsam auf. Wie lange hatte er so da gesessen? Er hatte gar nicht gemerkt, wie spät es geworden war.

Er öffnete die Tür.

„Ja?“ Vor ihm stand einer der ANBUs, die Kasumi überwachen sollten. Seine Nackenhaare stellten sich auf. Irgendetwas musste passiert sein, sonst wäre sie nicht zu ihm gekommen.

„Kakashi-senpai.“ Okami verbeugte sich leicht. „Kuma-san schickt mich, er erwartet dich im Norden Konohas. Es geht um die Uchiha, sie ist verschwunden.“ Kakashi wurde unter seiner Maske blass.

„Ich komme“, brachte er hervor. Der ANBU verbeugte sich und verschwand mit einem leisen ‚Plopp'.

„Was wirst du tun?“, fragte Pakkun, der zu ihm gelaufen war.

„Ich helfe Tenzou bei der Suche.“ Grimmig legte er Sujin weg. „Dieses Mal wird sie nicht so einfach verschwinden können.“

Er stieß die Tür zum Balkon auf und sprang von da auf das Dach, um dessen Chakra besser zu orten.

Weit im Norden spürte er Tenzous Chakra wie eine Fackel hell auflodern und entschlossen wählte er den schnellsten Weg über die Dächer. Die Nacht flog nur so an ihm vorbei, als er innerhalb von Minuten im Norden Konohas eintraf und lautlos neben Tenzou zu stehen kam.

Der ANBU legte ihm eine Hand auf die Schulter und nickte schweigend auf das still vor ihnen liegende Gebiet.

Mehrere lange Grabsteinreihen zierten den großen Friedhof, auf den alle Verstorbenen des Dorfes begraben lagen. Am Ende des großen Feldes stand ein gewaltiges Denkmal, das den „Willen des Feuers“ darstellte. Eine riesige steinerne Flamme.

Aufmunternd nickte Tenzou dem Jonin zu, bedeutete ihm, dass er alle Zeit der Welt hatte und ungestört war. Er würde hier auf ihn warten.

Dankbar nickte Kakashi, steckte die Hände in die Hosentaschen und ging die einzelnen unbeleuchteten Grabreihen entlang.

Im hinteren Teil des stillen Friedhofes erblickte er eine einsame schmale dunkle Gestalt, die auf den Fußballen hockend leicht vor und zurück wippte. Fast verschmolz sie mit ihrer Umgebung, so schwarz, wie es auf dem Friedhof war. Nur ein einzelnes Licht beleuchtete ihre vors Gesicht geschlagenen Hände.

Kasumi schluchzte leise und ihre Schultern zuckten. Vor ihr auf dem Grabstein lag ein Strauß weißer Chrysanthemen, deren Blütenblätter sich sacht im Wind bewegten. Das Licht der Totenlampe beleuchtete geisterhaft die Schriftzüge im Stein.

Sie kniete vor den Gräbern ihres Clans.

Schweigend sah Kakashi eine Weile dabei zu, wie sie stumm haltlos weinte. Er konnte ihr nicht helfen. Letztlich trat er einen Schritt vor, sank neben ihr auf die Knie und berührte sie sanft an der Schulter.

Kasumi hickste vor Schreck leise und sah mit Tränen im Gesicht zu ihm auf.

Überraschend streckte sie unvermittelt die Hände nach ihm aus und Kakashi griff nach ihr, legte ihre Arme um seinen Nacken und zog sie sanft auf seinen Schoß. Schließlich saß der Jonin, mit überkreuzten Beinen, neben dem Grab ihrer Eltern auf dem feuchten Boden.

Die junge Frau in seinen Armen schluchzte leise und ließ ihren Tränen freien Lauf. Zitternd drängte sie sich an ihn und vergrub ihr tränennasses Gesicht an seiner Weste, dabei schluchzte sie unregelmäßig auf.

Sein Blick glitt über die vielen Gräber – auch sein Vater lag hier begraben – und flüsterte ihr beruhigende Worte ins Ohr, während er ihr sanft über den Rücken stich. Der aufkommende Wind wirbelte ihre Haare immer wieder auf.

Irgendwann spürte er, wie ihr Herz ruhiger, ihr Atem langsamer und ihr Griff lockerer wurde.

Vorsichtig drückte sie sich etwas von ihm weg und schniefte dabei noch unregelmäßig.

Ein wenig lehnte Kasumi sich von ihm zurück, ehe sie verstört zu ihm aufsah. Tränen hingen an ihren langen Wimpern und ihre Lippen zitterten, während die feuchte Spur auf ihren Wangen bereits zu trocknen begann.

In diesem Moment sah sie so jung und verletzlich aus, dass Kakashi sich zögernd vorbeugte; dabei ließ er ihr Gesicht keine Sekunde aus den Augen. Eine Regung von ihr und er hätte hier und jetzt auf der Stelle aufgehört, aber so zog er langsam seine Maske nach unten und berührte sanft ihren Lippen mit seinen. Hauchte zarte Küsse an ihre Mundwinkel, ehe er mit der Zunge über ihre weichen Lippen strich und durch einen kleinen Spalt in ihren Mund schlüpfte.

Mit geschlossenen Augen begannen ihre Zungen einen heißen Kampf, bis beiden schließlich nach Luft schnappen mussten und Kakashi zum ersten Mal wieder in ihre funkelnden Augen sah.

„Kakashi“, hauchte sie weich.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hier ein paar kleine Infos für euch:

Ein Überblick über die Codenamen des ANBU Teams:
Tenzou – Kuma (Bär) m
Yuugao – Taiga (Tiger) w
Isamu – Kyatto (Katze) m
Yuma – Okami (Wolf) w

Yakiniku bedeutet 'gegrilltes Fleisch', welches in mundgerechte Happen direkt vom Grill herunter genommen, kurz gedippt und grillfrisch verzehrt wird.

Gyutan ist eine japanische Spezialität. Sie wird aus in dünne Scheiben geschnittener, gegrillter Rinderzunge hergestellt.

Daifuku sind kleine Reiskuchen der japanischen Küche, die aus Mochi oder Klebreismehl hergestellt werden. Sie sind eine Süßspeise, die als Snack zwischen den Mahlzeiten gegessen wird.

Yakitori ist die japanische Variante gegrillter Fisch-, Fleisch- und Gemüse-Spießchen.

Umrechnung Ryo
1 Ryo = 7 Cent
457 Ryo = ca. 32 Euro Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Scorbion1984
2021-05-28T18:14:43+00:00 28.05.2021 20:14
Traurig, daß sie nach so vielen Jahren nun an den Gräbern ihres Clan kniet .
Soll sie wirklich zu Ibiki ,das wäre grausam ,denke ich.
Kommt sie nun wieder mit Kakashi ins Reine ?!
Antwort von:  OmShantiOm
29.05.2021 19:44
Hallo Scorbion1984,

ach, was wäre es für eine Geschichte, wenn es kein Happy End geben würde? ^____^
Allerdings mache ich es ihnen natürlich nicht zu einfach. Es soll ja noch spannend bleiben. ;)

Lieben Dank für dein Kommi, aber zu viel verraten darf ich ja nicht. :D

Grüßchen
Shanti


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