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Stirb durch meine Hand, geliebte Schwester

Selbst das Mondlicht ist erloschen
von

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Wälder in der Nacht waren von Natur aus unheimlich. Die Bäume konnten in Wahrheit Dämonen sein, die einen unschuldigen Wanderer mit ihren dünnen Armen packten und in die Schatten zogen. Der Wind klang wie das Heulen schrecklicher Kreaturen, die das Blut in den Adern gefrieren liess. Das fahle Mondlicht kämpfte gegen die Finsternis. Den Kampf verlierend, verschluckten die Wolken den stummen Begleiter. Dieser Wald war das Grab vieler waghalsiger Jünglinge. Der gefürchtetste Wald im Königreich Nohr.
 

Der Reiter blickte schweigend in die Ferne. Er wusste, was er tun musste. Was seine Pflicht als Prinz des stolzen Königreiches war. Sein Geist war ruhig. Seine Mimik kalt. Jedoch regte sich in seinem Herzen ein Gefühl, das er verbannen wollte. Verbannen musste.

Die Magie, die sich in ihm sammelte, gab dem Reiter das befriedigte Gefühl, die Situation im Griff zu haben. Mit einem Schnipsen rief er seine Getreuen zu sich.

Ich werde sie mit meinen eigenen Händen aufhalten. Ihr Verräterblut wird den Boden Nohrs tränken. Wie dies der lästigen Hoshiden.

Der junge Prinz war bereit seine Pflicht zu erfüllen. Sein Blick war kalt wie die Nacht. Seine Seele schwarz wie die Schatten des Waldes. Corrin, seine Schwester, würde dieses Mal endgültig sterben.
 

Die Dunkelheit wird sie verschlingen. Ihr Herz und ihre Seele waren stets rein und unbefleckt. Gleich, welches Leid sie ertragen musste. Dieser Makel würde ihr Untergang sein. Ihr Lächeln strahlte immerzu. Sie half jedem Lebewesen und ertrug deren Leid nicht.

Langsam schloss der Reiter die Augen. Er sprach mit ruhiger Stimme eine Beschwörung. Kleine Lichter erschienen. Hell und freundlich tanzten sie um ihren Beschwörer, als wären sie Schmetterlinge auf einer bunt blühenden Blumenwiese. „Sucht die Verräterin Corrin und ihr Heer. Lockt sie in die eisige Dunkelheit“, befahl der Prinz und senkte seinen linken Arm. Dunkle Magie floss durch diesen, zerrte an seinem Körper.

Corrin war begabt. Jeder lobte und behütete sie. Erfüllte, wenn möglich, jeden ihrer Wünsche. Silas gab seine Ehre als Ritter und Adeliger Nohrs für sie auf. Gunter blieb bei ihr, trotz der Taten Königs Garon. Und Flora opferte sogar ihr Leben. Um Corrins Ziele nicht im Weg zustehen.

„Wenn ihr zögert, sterbt ihr durch meine Hand.“ Diese Worte richtete der Prinz an seine Getreuen, die schweigend die Beschwörungen mitansahen. Weshalb ihr Herr das betonte, verstanden die beiden Männer nicht. Ihre Treue haben sie wiederholt bewiesen. Odin, der in den dunkeln Himmel sah, spürte die Unruhe im Herzen seines Herrn. Er wechselte einen Blick mit Niles, dem dies ebenfalls auffiel.
 

Corrin war stets sehr wissbegierig. Bücher waren ihre Welt. Sie versuchte alles Mögliche zu studieren. Sprachen. Geschichte. Fabeln. Sogar Rezepte versuchte sie auswendig zu lernen.

Wie oft sassen sie nächtelang in der gewaltigen Bibliothek und blätterten durch die alten Bücher. Wie sie das Wissen wie ein Schwamm in sich aufsog, sah der Prinz noch allzu gut vor seinen inneren Augen. Er spürte ihre Berührungen, wenn seine Hand ihre streiften beim Blättern der Seiten. Ihre neugierige und doch sanfte Stimme. Wie unterschiedlich dessen Klang sich anhörte.

Corrin war keine Kämpferin. Gleich, wie oft Xander mit ihr trainierte und welche Fortschritte sie machte. Niemand bemerkte ihre wahren Talente. Ihre Begabung, die sie in sich trug.

Wäre sie an seiner Seite geblieben wäre …

Das Pferd wieherte. Die Unsicherheit des Reiters machte es unruhig. Erst als das Pferd tänzelte, reagierte der Prinz. Da es in seinem Herzen immer noch Gefühle für Corrin gab, machten ihn wütend. Mit Gefühlen gewinnt man keine Gefechte. Barmherzigkeit war eine Schwäche und er durfte niemals Schwäche zeigen.

„Wie gross ist das feindliche Heer?“ Er musste wieder das Gefühl bekommen, alles unter Kontrolle zu haben. Einen Grund, sich nicht mit lächerlichen Erinnerungen zu beschäftigen. Auf seine überdrehte Art gab Odin Bericht. Er schmückte sie mit seinen Kämpfen aus, was Niels auf seine neckischen Art kommentierte.

Weshalb entschied sie sich für ihre richtige Familie? Hatte sie nicht genug Liebe bekommen?
 

Verbitterung griff nach seinem Herz. Die friedlichen Stunden mit Corrin verschwammen und andere Bilder aus seiner Kindheit tauchten auf. Bilder, wie er sich nach familiärer Zärtlichkeit sehnte. Wie ihn Camilla lächelnd ansah und nur sagte, wie stolz sie auf ihn sei. Wie Elise an ihm vorbeirannte, die Hände voller selbstgebastelten Geschenken für Corrin. Wie Xander sie nach einer Kampfübung in den Arm nahm und sie kleine Prinzessin nannte.

Jeder winziger Moment, der Corrin bevorzugt wurde, brannte sich in sein Herz ein. Die Erinnerungen an seine Demütigungen erweckten seine Magie. Der antike Foliant glühte auf. Die knorrigen Bäume zitterten, als würde ein Sturm toben. Steinchen und abgestorbenes Gras schwebten in dem violetten magischen Sog.

„Die Finsternis wird sie verschlingen“, sprach der Prinz mit einem kalten Lächeln, während er sich zu seinen Getreuen umdrehte. Ergeben knieten sie sich vor ihn hin. Unbeschreiblich fühlte es sich an, das Gefühl der Stärke durchflutete den Prinzen. Sein kaltes Lächeln war echt, wie seine Feindseligkeit gegen Corrin.

Er wird ihr niemals verzeihen. Seine Familie zerbrach wegen ihres Hochverrats. Camilla ass nicht mehr viel und schlief unruhig. Elise lachte nicht mehr, wurde jeden Tag blasser. Würde Camilla sie nicht heimlich aus dem Schloss lassen, würde sie wie eine Blume eingehen. Xanders Miene war bewegungslos und er zog jeden Tag los, um die Hoshiden zu bekämpfen. In Wirklichkeit versuchte er sie zurückzuholen. Diese Tatsache liess den Hass des Prinzen weiter steigen. Jedoch schwand die Geduld Xanders mit jedem Tag. Würde Corrin ihm gegenüber stehen, würde er wahrscheinlich keine Gnade walten lassen.

Jedoch würde er Xander zuvorkommen. Er, der zweitgeborene Prinz Nohrs, brächte den Kopf der Abtrünnigen. Vater würde ihn Loben und Stolz sein. Seine Schwestern mussten nicht mehr Leiden.
 

Im Nebel des Waldes tauchten die geisterhaften Lichter auf. Sie tanzten um ihren Beschwörer, wie kleine Kinder. Eine kleine Spielerei der Magie waren sie. Nichts im Vergleich, was der Prinz noch vorhatte zu beschwören.

Corrin lief in ihr Verderben. Geschwächt von ihrem reinen Herzen und der Zeit in Hoshido kroch sie in der Dunkelheit umher. Auf dem Friedhof würde er sie erwarten, der im tiefen Wald verborgen lag.

Der Reiter schnipste erneut. Seine Getreuen Niels und Odin begaben sich in Position. Stolz positionierte sich der Prinz. Sein geheimnisvoller Foliant an seine Brust gedrückt, murmelte er eine Beschwörung. Diese Magie zerrte unerbittlich an seinem Körper, sowie seiner Seele. Der Boden verwandelte sich in Sumpf, der allem Leben die Lebenskraft stahl. Leises Stöhnen erklang aus dem Sumpf. Alles war vorbereitet.
 

Kalt lächelnd sah er Corrin an. Da stand seine Schwester und weigerte sich, gegen ihn zu kämpfen. Er würde nicht zögern. Gleich, wie sehr sie ihn liebte.

„Corrin“, sprach er und ritt auf sie zu. Sie hob ihre Waffe nicht. Mit traurigen Augen sah sie ihm ins Gesicht. Statt zu kämpfen, senkte sie das Schwert. Es fiel auf den Boden, versank im Sumpf.

„Wehr dich. Zeige deinen Stolz“, befahl der Prinz und blickte mit aller Verachtung auf seine verräterische Schwester.

Sie antwortete mit einem Wort. Einem Wort, das sein Herz ins Schwanken brachte.

„Leo.“



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