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Umwege einer Beziehung

von

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Der Beschützerinstinkt

Freitag, 24.11.
 

Leise murrend erwachte Toru aus seinem Schlaf und kuschelte sich noch etwas an Iwas Brust, auf der sein Kopf gebettet war. Sie war das perfekte Kopfkissen und er war noch nicht bereit, das herzugeben.

Außerdem war das leise gleichmäßige Atmen seines Freundes und die sonstige Stille so angenehm, dass er noch ein wenig vor sich hindöste. Dabei ließ er den gestrigen Tag noch einmal Revue passieren. Die Uni war wie immer gewesen, da hatte es keine besonderen Vorkommnisse gegeben. Vielleicht würde sich das Thema ja eh bald erledigt haben. Seine Fingerspitzen kribbelten bei dem Gedanken, dass er nächste Woche den Termin mit der Agentur hatte. Bis dahin musste er noch unbedingt mit Iwaizumi gesprochen haben. Schließlich sollte auch er mit seinem Beruf klarkommen und ihre Beziehung nicht darunter leiden.

Was den Setter zu gestern Abend führte. Erst diese komische Begegnung mit Kana, die ihn viel zu tief berührt hatte und dann das Geständnis, dass der Tänzer noch immer in ihn verliebt war, obwohl er ihn so hintergangen hatte. Das hatte ihn sogar in seinen Träumen letzte Nacht beschäftigt, auch wenn er nicht mehr so ganz wusste, was genau da passiert war. Doch auch wenn das mit Kana etwas Besonderes gewesen war und er sich ihm noch immer irgendwie verbunden fühlte, war Iwa seine große Liebe, die er um keinen Preis aufgeben würde. Die Zeit mit ihm, ihre enge Verbundenheit waren so innig, dass er das nie wieder missen wollte.

Die Eifersucht, die das Ass ihm gezeigt hatte, hatte ihm gezeigt, wie sehr auch Hajime ihn liebte und das ließ sein Herz automatisch schneller schlagen. Bis vor ein paar Monaten hätte er nie zu hoffen gewagt, dass er auf einen anderen Mann eifersüchtig werden würde, weil er sich in ihn verliebt hatte. Glücklich kuschelte sich der Setter noch etwas enger an Iwa, der im Schlaf seinen Arm auf seinen Rücken legte. Lächelnd strich Toru über den Oberkörper und küsste vorsichtig die Brust unter sich. Seine Schmetterlinge drehten seit dem ersten Kuss ihre Extrarunden und er wollte, dass das nie wieder aufhörte. Das war vielleicht kitschig und leider illusorisch, aber Wünsche durfte man jawohl noch haben!

„Hey“, murmelte Iwa verschlafen und die Hand wanderte hoch zu seinem Kopf, wo er ihm durch die Haare strich. Leise schnurrend genoss er die Zärtlichkeit, ehe er sich weiter nach oben kämpfte und seinem Freund einen liebevollen guten Morgen Kuss gab.

„Hey Schatz. Gut geschlafen?“

„Ja, du auch?“, nuschelte er und drehte den Kopf zur Seite, gähnte hinter vorgehaltener Hand.

„Geradezu himmlisch“, erwiderte er mit einem Zwinkern und empfing ein schiefes Lächeln. Wahrscheinlich hielt er ihn gerade für übertrieben, aber das störte ihn nicht. Hajime wusste, dass er das gern mal tat, also war das nichts Neues.

Etwas unkoordiniert tastete der Braunhaarige nach seinem Smartphone auf dem Nachttisch, das prompt anfing zu klingeln. Es war sein Wecker und erschrocken zuckte das Ass zischend zusammen. Damit er es nicht aus Versehen fallen ließ, hielt Toru seine Hand unter das Handy, während Iwa es sich vors Gesicht hielt und den Wecker deaktivierte.

„Bist du schon lange wach?“, wollte er wissen und legte es wieder zurück, musterte ihn danach aufmerksam.

„Ein paar Minuten vielleicht, alles gut“, erklärte Oikawa und setzte sich langsam auf. Er griff sein eigenes Handy und stellte mit einem Stirnrunzeln fest, dass er offenbar vergessen hatte, seinen Wecker zu aktivieren. Sonst hätte dieser nämlich schon vor zehn Minuten geklingelt. Naja, so dramatisch war das nicht, aber er musste jetzt aufstehen und duschen. Denn zu spät kommen wollte er nicht. Es war wichtig, anderen zu zeigen, dass man zuverlässig war und diesen Eindruck wollte er unbedingt aufrechterhalten. Auch wenn es äußerst verlockend war, hier noch weiter mit seinem Schatz zu kuscheln, wenn er sich den so verschlafen unter sich besah. Das war schon eine sehr reizvolle Vorstellung, doch der Setter wurde abrupt aus seinen Gedanken gerissen, als er einen Klaps an seinem Po spürte. Überrascht keuchte er auf und suchte den Blick Hajimes, der ihn verschlafen grinsend erwiderte.

„Na los, hoch mit dir. Du brauchst länger im Bad als ich.“

„Pöh! Wenn du mich loswerden willst!“, maulte Toru, reckte das Kinn und krabbelte leise kichernd aus dem Bett.

„Ja, will ich. Dann kann ich wenigstens deinen knackigen Arsch sehen.“

„Ach darum geht es dir? Nicht um meinen umwerfenden Charakter? Mein einzigartiges Charisma?“, neckte Oikawa ihn und wackelte verspielt mit seinem Hinterteil, während er sich der Badtür näherte. Er spürte förmlich den anzüglichen Blick seines Freundes auf sich, wie er jede Regung wahrnahm und er bekam eine Gänsehaut auf seinem Körper. Es war so aufregend, so von ihm begehrt zu werden. Aber Toru musste jetzt einen klaren Kopf behalten und duschen gehen. Alles weitere konnten sie noch heute Abend machen.

„Gerade ja“, entgegnete das Ass frech und Oikawa schüttelte grinsend den Kopf, als er an der Tür angekommen war. Unfassbar!

„Dann bis gleich“, schnurrte Toru und verschwand in dem großen Badezimmer, indem es eine geräumige Dusche und sogar eine Badewanne für Zwei gab. Ob das was für Iwa wäre? In der Badewanne hatte er selbst auch noch nicht ausprobiert, aber ihm gefiel der Gedanke. Sehr sogar.

Kurz hatte er überlegt, Iwa auch zum Aufstehen zu nötigen, doch sein Freund sollte sich noch etwas entspannen, wenn er die Zeit hatte. Und gemeinsam duschen würde jetzt wahrscheinlich nur in unanständigen Dingen enden. Also war das so vielleicht besser.

Kurz schaute er gewohnheitsmäßig in den Spiegel und stoppte in seiner Bewegung, als er den Knutschfleck entdeckte. Es war das spontane Zeichen Iwaizumis, dass er zu ihm gehörte. Dass sich andere von ihm fernhalten sollten. Gedankenverloren strich er mit zwei Fingern über das Mal und lächelte selig. Es war so putzig gewesen, wie er gebrummt hatte, als ihm klar geworden war, dass das auf der Straße niemand sehen würde. Seine Liebe war in diesem Moment so übergeschwappt, dass er sich hatte zurückhalten müssen, Hajime nicht einfach zu Tode zu knuddeln. Wie viel Liebe konnte man für einen Menschen empfinden?
 

Nach dem Duschen war auch Iwaizumi ins Bad gekommen und hatte sich unter die Dusche gestellt, während Oikawa sich gestylt hatte.

Danach waren sie entspannt nebeneinander zur Uni spaziert, hatten sich unterwegs noch ein Frühstück besorgt und über dies und jenes unterhalten. Wie es der Zufall so wollte, waren sie auf dem Campus Gelände noch Makki und Mattsun begegnet, die ihnen breit grinsend entgegengekommen waren. Nach dem üblichen Aufziehen seitens der Beiden waren sie zu ihren Vorlesungen aufgebrochen und diese verliefen wie jeden Tag recht ruhig und Toru machte sich fleißig Notizen, um alles in Ruhe aufarbeiten zu können.

Zwar war es noch etwas hin bis zu den nächsten Prüfungen, aber alle Vier hatten sich darauf eingependelt, lieber regelmäßig etwas zu machen, als späterhin in Stress zu geraten, was das Lernen anging. Das klappte zwar auch nicht immer, aber sie versuchten, sich daran zu halten.

Etwas unwohl wurde dem Setter zumute, als er sich auf den Weg zur Halle machte. Das Training mit diesem Interimscoach war mehr als unangenehm. Der Mann verstand sich überhaupt nicht darauf, Rücksicht zu nehmen oder das Team anzuleiten. Stattdessen brüllte er nur seine Befehle und machte diejenigen rund, die nicht ihre Bestleistung zeigten. Zum Glück war er selbst bisher nicht in den Fokus des Trainers geraten, aber viele andere hatten schon den Zorn zu spüren bekommen, darunter Kuro, Bokuto, Komi und Yamaguchi. Er hatte Iwaizumi zurückhalten müssen, nicht einzugreifen, weil er sonst nur Ärger auf sich gezogen hätte. Das hätte niemanden weitergebracht und sie waren als Team stark genug, um das auch so durchzustehen. Davon war er überzeugt.

In der Kabine hatten sie die anderen wiederaufgebaut, was aber in Kuros Fall gar nicht nötig gewesen war. Viel mehr war er kurz davor gewesen, selbst den Trainer anzuschreien, doch zum Glück hatte er das nicht getan. So wie der alte Mann drauf war, hätte er sonst richtig Ärger bekommen.
 

Als hätte Torus sechster Sinn es erahnt, ging das Ende des Trainings furchtbar schief. Er war etwas unkonzentriert gewesen, weil er darüber nachgedacht hatte, wann er mit Iwa das klärende Gespräch wegen der Agentur führen wollte. Deswegen hatte er nicht jeden Ball zu 100% getroffen, aber die Angreifer konnten seine Bälle trotzdem schlagen, sodass niemand meckerte. Doch dem Trainer war das nicht entgangen und zusammen mit Hayato und Inouka gehörte er heute zu denjenigen, der vor aller Augen rundgemacht wurde.

Er zitterte, hatte die Hände zu Fäusten geballt, den Kopf gesenkt und biss sich auf die Unterlippe, als die donnernde Stimme des Trainers über ihn hinwegfegte: „Was war das denn für eine Luschenleistung heute!? War das euer Ernst? So werdet ihr schon im nächsten Spiel hochkant aus dem Turnier fliegen! Das war ja peinlich! So etwas Schlechtes habe ich schon lange nicht mehr sehen müssen! Hayato, weißt du, was ein Hechtbagger ist? So wie du dich heute bewegt hast, solltest du noch mal im Lehrbuch nachschlagen, wie der auszusehen hat! Und du, Inouka? Deine Blocks sind grottenschlecht gewesen! Hast du überhaupt Muskeln in deinen Armen? Weißt du, wie man die benutzt? Und was ist mit dir, Oikawa? Nennt man dich nicht den großen König des Spielfelds? Den Dirigenten? Vielleicht solltest du lieber Balljunge werden! Das scheint mir ein passender Job für dich zu sein! Das –“

„Jetzt halten Sie mal die Luft an!“, brüllte Iwaizumi und ruckartig drehte der Setter den Kopf zu seinem Freund, der sich zwischen den anderen hindurchschob und sich vor ihn stellte.

„Iwa, nein …“, wisperte er leise und griff nach seinem Trikot, doch das Ass ließ sich nicht davon abbringen.

„Was sagst du da!?“, knurrte der Trainer gefährlich und funkelte seinen Freund mit blitzenden Augen an. Nein, das war nicht gut. Er würde das schon ertragen können. Ihm war doch mittlerweile klar, dass er nicht jeden Tag Höchstleistungen zeigen konnte und dass Iwaizumi und die anderen für ihn da waren. Es war zwar nicht schön, aber er würde das hinkriegen. Das war den Ärger nicht wert!

„Ich habe gesagt, dass Sie die Luft anhalten sollen. Jeder hat mal aus verschiedenen Gründen einen Tag, wo es nicht so gut läuft. Das heißt nicht, dass sie nicht spielen können. Und wenn sie mir jetzt sagen wollen, dass Sie es schaffen, jeden Tag 100% zu geben, dann glaube ich Ihnen das nicht. Dann wären Sie nämlich übermenschlich. Also beruhigen Sie sich und bewerten unsere Leistungen bitte etwas objektiver!“, forderte Iwa und blieb mit vor der Brust verschränkten Armen vor ihnen stehen. Seine ganze Ausstrahlung war aggressiv und herausfordernd und Toru zupfte nachdrücklicher an dem Trikot, doch sein Freund reagierte nicht. Er fixierte geradezu den alten Mann, der ihn wie einen vorlauten Bengel musterte, dem man Manieren beibringen musste. Nein, nein, nein. Das lief hier alles so schief! Es war ja wirklich süß von ihm, dass er sich so beschützend vor ihn stellte und ihm helfen wollte, aber so würde er bestimmt nur großen Ärger bekommen! Das sollte er nicht … Nicht wegen ihm.

„Na, du traust dich ja was! Redest du so respektlos auch mit deinen Eltern?“

„Nein, brauche ich nicht, da die sich benehmen können“, schoss das Ass zurück und hilfesuchend schaute sich der Violetthaarige um.

Alle starrten gebannt auf das Geschehen, aber keiner mischte sich ein. Warum denn nicht? Die mussten doch auch wissen, dass das nur Ärger geben würde!

„Iwa-chan … Bitte. Hör auf …“, wisperte er leise, damit der Trainer es nicht hören konnte, doch das Ass ignorierte ihn noch immer. So hilflos war er sich lange nicht mehr vorgekommen, doch er traute sich auch nicht, das Wort an den Coach zu richten. Er war nicht so stark wie Iwa und konnte ihm Paroli bieten und er hasste es, wenn man ihn anblaffte oder anschrie. Also konnte er nur weiterzusehen, wie das Unglück seinen Lauf nahm.

„Na warte. Dir werde ich noch Respekt lehren. Das wird ein Nachspiel haben! Verlass dich drauf!“, brüllte der Trainer den Braunhaarigen an, doch er zuckte nicht einmal. Stattdessen stand Iwaizumi selbstbewusst und mit geradem Rücken vor ihm, während er erschrocken über die plötzlich so laute Stimme zusammenzuckte. So ein Mist! Das würde richtig Ärger geben!

„Gehen wir.“

Hajime drehte sich zu ihm um, legte ihm eine Hand auf den oberen Rücken und schob ihn in Richtung der Umkleide. Der Trainer sagte noch irgendetwas, doch Oikawa konzentrierte sich nur auf seinen Freund, der aussah, als würde er jede Sekunde ausrasten und eine Prügelei anfangen.

Erst, als sie im Raum angekommen waren, schien sich das Ass etwas zu entspannen, doch da hatte sich der Setter getäuscht, denn er regte sich jetzt richtig auf: „Was fällt diesem Mistkerl eigentlich ein!? Wie ist der bitte schön mit der Einstellung Trainer geworden? Wenn der noch einmal irgendjemanden aus dem Team blöd anmacht, werde ich mir den Arsch greifen. Das kann doch alles nicht sein Ernst sein! Der muss doch auch gecheckt haben, dass man heutzutage nicht mehr so mit Leuten umgeht! Fuck, der regt mich so auf!“

Wutentbrannt warf Iwaizumi seine Tasche quer durch den Raum und schnaufte. Unsicher wusste Toru nicht so recht, wie er sich verhalten sollte. Natürlich war er auch schon früher mal an die Decke gegangen, aber nie so extrem und nie, um ihn zu verteidigen. Und es war das erste Mal, seit sie ein Paar waren.

„Ich verstehe, dass der Typ dich triggert, aber du wirst jetzt richtig Stress bekommen …“

„Ja, na und? Als ob mich der Stress interessiert, wenn der Typ so mit uns umspringt! Der sollte den Ärger bekommen!“

„Das ist ja richtig, aber du weißt doch, wie es läuft. Ich bin dir dankbar, dass du mir helfen wolltest, aber …“

„Toru, was ist los mit dir? Irgendjemand musste dem Kerl doch mal die Meinung sagen!“

Wow, da war ja jemand immer noch auf 180. Irgendwie musste er ihn besänftigen, bevor die anderen hereinkamen, denn das konnte nicht mehr lange dauern. Und sie mussten darüber sprechen, wenn sich sein Freund abgekühlt hatte und seine Worte wieder richtig bei ihm ankamen. Jetzt war das sinnlos.

Vorsichtig näherte er sich ihm und strich ihm sanft über die Wange. Die grünen Augen taxierten ihn, wurden allmählich ruhiger und verloren ihre aggressive Ausstrahlung. Vielleicht war es in solchen Situationen bei Iwa wie mit einem Tier, also murmelte der Setter: „Schließ bitte die Augen, Schatz.“

Ohne zu zögern, kam Hajime seiner Aufforderung nach und atmete tief durch. Die angespannten Muskeln lockerten sich langsam und liebevoll strich Toru mit den Händen über die Oberarme, massierte sie ein wenig. Gleichzeitig suchten seine Lippen die des Asses und sanft berührte er sie, bewegte sie hauchzart und lächelte, da Iwaizumi den Kuss genauso zärtlich erwiderte. Die Wut fiel von ihm ab, seine Ausstrahlung wurde wieder ruhig und ausgeglichen und die starken Arme zogen ihn in eine enge Umarmung.

„Danke“, murmelte Iwa gegen seine Lippen, saugte leicht an seiner Unterlippe und Oikawa schnurrte leise.

„Immer Schatz“, erwiderte er und kuschelte sich an seinen Freund. Noch ein paar Augenblicke konnten sie sich der Ruhe hingeben, dann hörten sie viele Schritte auf dem Gang. Der Trainer hatte also den Rest für heute aus dem Training entlassen. Ein flaues Gefühl breitete sich in seinem Magen aus. Das Thema war definitiv noch nicht beendet.



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