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Ein Hauch von Gold

von

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Flashback

Zwei Stunden später, einen Streit mit Dean und mit einer Tasse Kaffee in der Hand, stand Liah in einem freundlich eingerichteten Wohnzimmer. Die Sonne hing tief, sodass dieses schöne goldrote Licht auf die Umgebung fiel und die unzähligen Staubpartikel sichtbar machte. Es wäre ein friedlicher Ort, wenn das Monster die Tochter des Hauses nicht wie Jesus hingerichtet hätte.

 

„Agent Davis, ihre Kollegen untersuchen gerade das obere Stockwerk. Brauchen sie hier Hilfe?“, fragte der Sheriff den Raum durchquerend.

 

Liah schüttelte den Kopf, nippte an ihrem inzwischen lauwarmen Getränk und musterte ihre Umgebung. Keine Spuren, genau wie das letzte mal und dennoch unterschied sich dieser Mord von den Anderen. Das Mädchen ging noch in die High School und wirkte nicht wie ein frühreifes, Männer verschlingendes Flittchen. Eher die Art, die Kekse backend von einem Vorstadtleben träumte. Und ihr Tod, er war viel grausamer.

 

„Funktioniert das Projekt?“ Aus den Gedanken gerissen musste sie kurz überlegen, was der Mann neben ihr meinte. Bis sie den warmen Druck auf ihren Schuhen spürte.

 

„Oh, bisher ist es ein Erfolg“, informierte Liah, bückte sich und streichelte den Zwerg, der zwischen ihren Füßen saß. Mit dem richtigen Ausweis glaubten einem die Leute jeden Mist.

 

„Das wird mir keiner abkaufen.“

Sie sah auf. „Was meinen Sie?“

„Ein Corgi, der zu einem Spürhund ausgebildet wird“, meinte der Sheriff kopfschüttelnd. „Wie nannten Sie das Projekt nochmal?“

 

„Corgi-Spürhund-Patrouille, kurz CSP. Schäferhunde sind oft zu groß und nicht wendig genug.“

„Das macht Sinn.“

 

Der Kobold sah ungläubig zu dem Mann. Nach seinem Blick zu urteilen, zweifelte auch er stark an dessen Intelligenz. Zu ihrem Glück suchte Sam gerade diesen Moment aus, um ein sehr unprofessionelles Gelächter zu verhindern.

 

„Agent Davis, wir haben alle wichtigen Daten aufgenommen“, informierte er. Er wartete an der Tür, als sie sich verabschiedete und mit ihm das Haus verließ.

 

„Corgi-Spürhund-Patrouille?“, gluckste er leise. „Ich fasse es nicht, wie du mit dieser Geschichte durchgekommen bist.“

„Ich sagte es euch, es ist eine Gabe. Außerdem…“ Liah wies auf den brav neben hier herlaufenden Welpen. „Der Kleine ist ein geborener Schauspieler. Hast du gesehen, wie toll er war?“

 

Der Zwerg jaulte erfreut über das Lob. Sein ganzer Körper wackelte auf diese süße Art, wie man es nur bei Welpen beobachtete. In diesem Augenblick war es ihr egal, ob sie ihn nicht andauert tragen sollte. Liah hob ihn gehend auf und gurrte: „Du bist so ein guter Junge.“

 

Eifrig fing er an über ihr Gesicht zu lecken. Fiepste und bellte, als sie lachend seine Schnauze weg schob. „Liebling du musst mich nicht Abschminken.“

 

„Erzähl mich nichts, du behältst ihn. So vernarrt wie du in das Kerlchen bist, wirst du ihn nicht mehr hergeben“, neckte Sam belustigt.

„Ich bin nicht vernarrt!“

 

Die beide überquerten die Straße zum Impala. An einigen Ecken konnte sie die Schaulustigen ausmachen.

Einige Hausfrauen spähten zu ihnen hinüber und tratschten aufgeregt hinter vorgehaltener Hand.

Ziemlich wahrscheinlich sprachen diese Waschweiber nicht über das tote Mädchen, sondern zogen in Gedanken die heißen Agenten aus. Eventuell sollte sie Sam darauf hinweisen, wie die Eine kichernd auf seinen Arsch starrte.

 

„Verhätschelst du ihn noch mehr, halten die Leute dich für verrückt.“

„Du bildest dir Dinge – Hey!“ Der Kobold brummte plötzlich, schnappte und zog an ihren Haaren.

 

Das musste sie ihm abgewöhnen. Jedes Mal wenn ihre Aufmerksamkeit nicht auf ihm lag, biss er in ihre Kleidung und riss vorzugsweise an ihren Haaren.

 

Sam lachte und Dean, der wartend an seinem Auto lehnte schüttelte den Kopf. Trocken kommentierte er: “Gib Frauen ein Baby und sie drehen durch.“

Augen rollend, wandte sie den Floh in ihren Armen und hielt ihn den Brüdern entgegen. „Gebt zu, er ist süß!“

 

Die Atmosphäre kühlte merklich durch den fixierenden Blick des Zwerges ab. Das I-Tüpfelchen seiner Abneigung, ein dunkles und deutliches Knurren.

 

Sam sprach mit erhobenen Brauen das Offensichtliche aus. „Weißt du, ich glaube er mag uns nicht besonders.“

„Er ist genauso ein Arsch wie Gabriel.“ Dean stieg ein.

 

„Er ist kein Arsch.“ Sie hüpfte auf die Rückbank, legte den Kobold auf ihren Schoß und löste die Leine. Der Impala setzte sich in Bewegung. Fuhr langsam das ruhige Wohnviertel hinunter und bog auf die Hauptstraße.

 

Sam drehte sich nach hinten. „Wer? Gabriel oder der Hund?“

„Beide.“

„Oh bitte, erschieß mich jemand!“ Dean sah ungläubig in den Rückspiegel. „Dein Ernst?“

Liah zuckte mit den Schultern. „Was? Du weißt, ich mag Gabriel.“

 

Unter ihrer Hand rührte sich der Kleine, schaute freudig auf. Selbst sein Schwänzchen wedelte begeistert.

 

„Wenn du jetzt sagst, du stehst auf ihn, werde ich den direkten Weg in das nächste Krankenhaus fahren und dich untersuchen lassen.“

Sie schnaufte. „Es tut mir leid dich zu enttäuschen, aber mein Liebesleben geht dich nichts an.“

 

Dean verzog angewidert das Gesicht. „Sammy, hast du das gehört? Sie hat Liebesleben und Gabriel in einem Satz benutzt.“

Liah hob unbeeindruckt eine Augenbraue, während Sam seinen Bruder belustigt von der Seite ansah.

 

„Da wir dieses Thema diskutiert haben. Wie gehen wir weiter vor? Leichenschauhaus und die Aufenthaltsorte?“, wechselte sie das Thema und sah aus dem Fenster. Betrachtete die vorbei rauschende Umgebung.

 

Natürlich schwärmte sie für diesen hinreißenden Erzengel. Wer würde nicht? Er war charmant, witzig und sah gut aus. Nicht auf diese sexy böse Jungen Art wie Dean. Oder Sam mit seiner sanften Natur und den großen Rehaugen.

Nein, Gabriel war mehr die Art, die einen erst zum Lachen brachte und dann bewusstlos fickte. Sie würde es ihm sagen. Sobald Luzifer mit Michael Tango tanzte.

 

„Sam und ich werden ins Leichenschauhaus gehen. Du kümmerst dich um die Karte.“

Liah nickte. „Alles klar. Setz mich auf halbem…“ Der plötzlich penetrante Geschmack von Zimt und das Gefühl des Erstickens erfasste ihren Körper.

 

„Halt an!“

Dean sah fragend in den Rücksiegel. „Warum?“

„Halt den verdammten Wagen an!“, schrie sie plötzlich und ruckte schmerzhaft nach vorne, als Dean grob in die Bremse drückte. Reifen quietschten und sobald der Wagen zum stehen kam, stürzte Liah aus dem Impala. Sie rannte. So schnell ihre Beine sie tragen konnten hetzte sie den Weg zurück, hörte das Bellen und die Rufe ihrer Freunde nur entfernt.

 

Zu viel Zimt, brennend heiße Luft in ihren Lungen und der Geruch von etwas stechendem. Chlor? Phosphor? Nein.

 

Keuchend blieb sie stehen und drehte sich im Kreis. Viele Bäume, ein Spielplatz und Gehwege. Ein Park, mit wenigen Menschen.

Ihre Augen scannten das alte Ehepaar, eine Frau mit Kinderwagen, zwei Fahrradfahrer und einen Jungen auf der Schaukel.

 

Der Dschinn musste hier sein. Irgendwo.

 

Sie schlug den rechten Weg ein, joggte an Bäumen vorbei und ignorierte das Bellen zu ihren Füßen. Tief atmete sie ein. Der Gestank, er kam ihr seltsam bekannt vor.

Liah biss auf die Unterlippe, fiel in ein langsames Tempo und schnauzte den lauten Welpen an. „Halt die Klappe Jibril!“

Stille und das dröhnende Rauschen der Blätter in ihren Ohren.

 

Woher kannte sie den Geruch? Es lag ihr auf der Zunge.

Denken Liah, denken!

 

Und dann stockte ihr Atem. Der Flashback schlug mit der Wucht eines Güterzuges ein und sie stand nicht mehr in dem Park, sondern hetzte durch den dunklen Wald. Einen Wald den sie kannte, in dem sie spielte und in den sie in Todesangst hinein rannte. Mit dem scharfen Geruch in ihrer Nase und der lachenden Singsangstimme in ihrem Rücken.

 

Lauf kleiner Hase, lauf!“

 

Abrupt knallte sie zurück in die Gegenwart.

„Weg“, murmelte sie in die untergehende Sonne blinzelnd. Der raschelnde Kies kündigte die beiden Männer an und es war Sam der zuerst sprach: „Liah?“

 

„Der Dschinn war hier.“ Langsam ballte sie ihre Hand zu einer Faust. Das Bedürfnis sich zu umarmen wog schwer in ihrem Magen.

Dean musterte angespannt den mittlerweile leeren Platz. „Hast du etwas Brauchbares herausgefunden?“

 

„Ja, ich…“ Sie stockte, runzelte die Stirn und berichtigte mit rauer Stimme:„Vielleicht, ich muss darüber nachdenken.“

 

Er sah sie fragend an. „Was meinst du damit?“

 

„Ich weiß es nicht! Geht ihr einfach in die Leichenhalle, ich checke die Karte und dann besprechen wir alles andere“, wich sie aus und bemerkte den skeptischen Ausdruck auf Sams Gesicht. „Bist du in Ordnung? Du bist blass.“

Liah grinste ihn unerwartet an. „Sagst du mir gerade, ich sehe scheiße aus, Sammy?“

„Was? Nein, ich meinte…“

Sie lachte, winkte ab und wandte sich dem nah gelegenen Ausgang zu. „Wir sehen uns im Motel, Jungs.“

„Bist du sicher?“, rief Dean ihr hinterher. Verabschiedend hob sie die Hand und verließ erzwungen langsam den Park. Es sollte nicht nach einer Flucht aussehen, auch wenn es eine war.

 

Außerhalb der Sichtlinie fiel die lockere Haltung und das Schmunzeln wie ein Stein zu Boden. Ihre Beine beschleunigten automatisch, als sie ausdruckslos den richtigen Weg einschlug. Sie musste sich zusammenreißen. Es musste ein Zufall sein, es konnte nichts anderes sein.

 

Ihr Körper zuckte unter dem summenden Geräusch der angehenden Straßenlaternen zusammen. Nur ein dummer Zufall, dachte sie erneut und tippte mit den Fingern unwillkürlich auf der versteckten Handfeuerwaffe herum.

 

Die ganze Zeit über folgte der Welpe ihr und erst bei der dicht befahrenen Straße machte er auf sich aufmerksam. Ihr erster Impuls, ihren Colt zu ziehen und abzudrücken musste sichtbar sein. Denn seine Augen weiteten sich und sein erschrockenes Bellen verhinderte letztendlich genau das.

 

Liah rieb sich Luft ausstoßend über das Gesicht. Spürte seinen schweren Blick und die kleinen Pfoten, die auf ihren Schuhen ruhten.

„Na komm.“ Fahrig hob sie ihn auf.

 

Er drückte seine Schnauze an ihre Wange, winselte und stupste gegen die empfindliche Haut. Beiläufig bemerkte sie den Laut aus seiner Kehle. Es war einer den Gabriel immer dann machte, wenn er die Situation nicht mochte. Später, sie musste das Motel erreichen bevor sie die Nerven komplett verlor.

 

Komm kleines Mädchen, lass uns spielen.“

 

Ihr ganzer Körper wurde zu Stein, als der nächste Flashback aufzog. Seine Stimme brannte wie heißes Metall und Kiefer aufeinander beißend, spürte sie die Angst aufsteigen. Eine solche Angst, die das Herz in einen wilden Takt versetzte und die Außenwelt zu einem bunten Strudel Farbe verkommen ließ.

 

Ihre Finger krümmten sich um das weiche Fell.

„Es ist nicht real!“, murmelte Liah wiederholt zu sich selbst und nahm das aufgeregte Bellen in ihren Armen kaum war.

 

Hab dich gefunden!“

 

Sie rannte.

 

Die Umgebung löste sich vor ihren Augen auf, vorbeiziehender Blitze aus dunklen Schatten und Licht. Unter dem lauten Klopfen ihres Herzens, fand sie einen ihr bekannten Rhythmus. Sie war schon immer ein schneller Läufer mit guten Reflexen. Und so flog sie über den Boden, überquerte die rote Ampel und wich dem hupendem Auto aus.

 

Erst vor dem Motel stoppte sie und brauchte durch das Zittern ihrer Finger mehrere Versuche um die Tür zu öffnen. In dem Zimmer, ließ sie den strampelten Welpen auf das Bett fallen und zerrte die Pumps zur Minibar hetzend von den Füßen. Die blutigen Fersen bemerkte sie kaum.

 

Mit einem Zug leerte Liah einen der Gin Shots, die sie wahllos aus dem Kühlschrank fischte und sank daraufhin dumpf auf den Boden nieder. Keuchend, mit dem Brennen in ihrer Kehle, schloss sie die Augen. Ihre Muskeln schmerzten, zuckten und krampften schmerzhaft zusammen. Atmen, tief atmen.

 

„Goldenes Sonnenlicht an einem Herbsttag, der süße Geruch nach Lilie und Bergamotte“, rezitierte sie leise. „Warmer Wind, wie ein leichter Kuss auf der Haut.“

 

Einmal, vor vielen Monaten fragte Gabriel, was ihre Sinne über ihn aussagten. Sie lenkte zwinkernd von diesem Thema ab und vermied dieses Gespräch, wie der Teufel das Weihwasser. Wenn er davon wüsste, wie wohltuend sich seine Anwesenheit auf sie auswirkte, würde er sie nie das Ende davon hören lassen.

 

Es dauerte eine, vielleicht zwei Minuten bis sich ihr Herzschlag dadurch beruhigte. Seit Jahren erlitt sie keinen so heftigen Rückfall. Sie vergaß fast, wie es war, wenn diese alten Schrecken ihren Weg an die Oberfläche fanden.

 

Unwillkürlich erschauderte Liah, nahm und trank die zweite kleine Flasche mit einem Zug. Einen Moment später runzelte sie die Stirn. Betrachtete drehend ihre blutende Hand bevor sie schallend lachte.

 

„Du hast mich gebissen!“, amüsierte sie sich und sah zu dem Hund. Still stand er neben dem Bett. Durchbohrte sie mit Augen, die im schlechten Licht des Zimmers viel goldener wirkten.

„Weißt du… “ Sie legte müde den Kopf zurück. „ …es ist unhöflich die Hand zu beißen, die dich füttert.“

 

Er trabte zu ihr. Quengelte leise während er auf ihren Schoß kletterte. Mit den Vorderpfoten drückte er gegen ihren Brustkorb und studierte ihre Gesichtszüge.

 

„Sei nicht.“ Liah brach den Blickkontakt. Etwas in seinem Ausdruck jagte ihr einen Schauer über den Rücken.

„Ich hätte mich auch gebissen“, fügte sie monoton hinzu. Er schnaufte und legte seine Schnauze auf ihre Schulter. Es fühlte sich wie eine sanfte Umarmung an, bekämpfte die innere Unruhe und ließ den inzwischen düsteren Raum sonderbar neblig erscheinen.

Wie ein warmer Kokon, dachte Liah und entspannte aufseufzend.

 

Danach verlor sie ihr Zeitgefühl, beobachtete träge die vorbeiziehenden Lichter der Autos und konzentriere sich auf das entfernte Treiben der Außenwelt.

„Das ist so abgefuckt“, murmelte sie irgendwann und spürte die leicht einsetzende Wirkung des Alkohols.

 

Mit seinem fragenden Laut begannen ihre Finger abwesend über seinen Rücken zu kraulen.

„Nur ein beschissener Geruch und ich bin wieder sechs Jahre alt, in einem verdammten Wald. Und renne wie ein dummer Hase vor dem Fuchs davon.“

 

 

Seine Krallen krümmten sich, so, als wolle er sie halten. Der Schleier kam näher und fasziniert überlegte Liah, wie es sein würde, die Hand darin zu versenken.

„Naja“, summte sie dann und fing an zu schmunzeln. „Nichts was nicht repariert werden könnte mit einem guter Cocktail aus Alkohol und Beruhigungsmittel.“

 

Seinem missmutigen Einwand folgte eine Tirade murrender Geräusche, die mit einem patzigen Knurren endete.

„Was auch immer du gesagt hast“, begann sie langsam. „Jetzt diskutiere ich schon meine Traumabewältigung mit einem Tier.“

 

Er maulte eine sarkastische Erwiderung an ihren Hals, stieß mürrisch den Atem aus bevor er seine Nase brummend in ihren Haaren vergrub.

„Ja, alles klar“, nuschelte Liah. Über die Augenlider reibend stand sie auf und setzte ihn auf das Bett. Sie bemerkte das Verschwinden des Schleiers, als sie durch den plötzlichen Entzug der Wärme fröstelte.

 

Seltsam beschissener Tag, dachte Liah das Licht einschaltend. Unter seiner akribischen Überwachung wechselte sie in ihre übliche Kleidung, schmiss das Kostüm achtlos in die Ecke und fischte ihren Laptop aus dem Rucksack.

 

„Schau nicht so“, kommentierte sie, nahm die große Flasche Wodka aus der Bar und ließ sich unter seinem stechendem Blick auf die Matratze nieder.

 

Während der Zeit, die der Computer brauchte um die Karte von Phillipsburg zu laden, öffnete sie die Flasche und nippte daran. Es sollte nicht lange dauern die Gebiete einzugrenzen. Die meiste Arbeit davon machte sie im Bunker, daher musste sie nur noch etwaige Neuigkeiten hinzufügen und die vielversprechendsten Verstecke markieren.

 

 

„Willst du die restliche Nacht dort sitzen und mich böse anstarren?“, wollte sie wissen, hielt in ihrem Tun inne und spähte zu dem Zwerg. Er fixierte sie mit stürmischen Gold.

„Solange ich auf einer Jagd bin, saufe ich mich nicht bewusstlos. Keine Angst.“

 

 

Seine Augen verengten sich, er sah reichlich angepisst aus aber es war der höhnende Tonfall aus seiner Kehle, der sie wütend machte.

„Stopp! Hör auf womit du gerade anfängst“, fauchte sie. „Ich sage es dir genau einmal! Ich werde weiter trinken und das werde ich tun, bis ich denke es ist genug. Wenn du meinst mir rein pfuschen zu müssen, dann setze ich dich vor die Tür. Du kannst also weiter Anstandsköter spielen und die Nacht draußen verbring oder du kannst mit mir kuscheln. Deine Entscheidung!“

 

Sauer wandte Liah sich ab. Ein scheinheiliges Hundetier, das sie mit jeder Geste verurteilte gehörte sicherlich zu dem Letzten, was sie jetzt brauchte. Er wusste nichts, hatte keine Vorstellung davon, wie grausam Alpträume sein konnten. Wie verdammt echt sich das Blut auf ihren Fingern anfühlte oder wie metallisch es auf ihrer Zunge schmeckte. Nein, das würde sie sich auf keinen Fall geben. Vor allem dann nicht, wenn der Alkohol und die Tabletten bisher immer halfen.

 

 

Sie nahm einen Schluck, stellte die Flasche grob auf den Beistelltisch und suchte steif die besten Routen durch die Stadt.

Es dauerte kaum einige Minuten bevor sein tiefes seufzen sie erreichte. Die Matratze senkte sich und er zwang seinen Körper in den wenigen Raum an ihrer Seite. Bis er seinen Platz zwischen Arm und Brust fand. Danach fiel seine Schnauze plump auf ihr Schlüsselbein.

 

Eine Zeitlang ignorierte sie ihn. Markierte die Karte mit verschiedenen Farben und kreiste die vielversprechendsten Plätze ein. Erst am Ende ihrer Arbeit, kraulten ihre Finger durch sein Fell.

 

„Es wird mir gut gehen“, murmelte Liah, schmiegte ihre Wange an Seine. Der kleine Kerl fiepste zweifelnd, genoss allerdings die Zuneigung, als sie hinzufügte: „Tut es immer“

 

 

Das plötzlich grobe Klopfen erschreckte sie beide und in derselben Sekunde, in der die Tür gegen die Wand schlug, zielte sie mit ihrem Colt auf den Kopf der eintretenden Person.

„Woah!“ Dean riss beide Arme nach oben. „Ganz ruhig!“

Stöhnend fiel sie zurück und hörte Sam schimpfen: „Alter! Hast du schon mal was von Anstand gehört?“

„Ich hab angeklopft oder nicht?“

 

Die Tür fiel hinter ihnen zu. Liah sah auf und murrte: „Dein Klopfen bringt deinem hübschen Gesicht höchstens eine Kugel ein.“

Er grinste: „Du findest mich hübsch!“

Sam verdrehte die Augen, während der Zwerg verstimmt maulte und demonstrativ auf ihren Schoß kletterte.

 

„Vergiss die Kugel nicht!“, kommentierte sie trocken und setzte sich auf. In der Zeit, in der Sam den Kopf schüttelte und auf der Couch Platz nahm, schmiss sich sein Bruder zu ihr. Das ärgerliche Knurren folgte auf den Fuß und ließ Dean wenig beeindruckt seine Augenbrauen heben. „Und du bist dir sicher, Gabriel hat dir keine tollwütige Ratte geschenkt?“

„Er ist keine Ratte.“ Sie kraulte ihn sanft an seinem Nackenfell, um im Ernstfall schneller reagieren zu können. Denn der Zwerg sah mit seinem aufstehendem Fell und giftigen Blick aus, als würde er Dean bald in sein Gesicht springen.

 

„Nenn ihn passiv-aggressiven Hamster.“

Liah verdrehte die Augen. „Nein, ich habe ihn Jibril genannt.“

Eben benannter Welpe verstummte und mit seinem, richteten sich drei Augenpaare starrend auf sie.

„Ist das nicht“, fing Sam an und sie nickte unterbrechend: „Jepp, der arabische Name von Gabriel. Ich fand es passend.“

 

Dean erhob sich auf die Ellbogen. „Du willst mich verarschen.“

„Nope. Jibril ist ein sehr hübscher Name und er mag ihn“, antwortete Liah, stupste dem Zwerg sanft auf die Nase. Er gab ihr diesen undefinierbaren Blick mit geneigtem Kopf, den er heute schon so oft benutzt hatte.

Sam zuckte mit den Schultern. „Es ist zwar irgendwie seltsam aber wenn es dir gefällt.“

„Das nennst du seltsam? Kumpel, das ist verrückt“, wandte sich Dean an seinen Bruder, der unbeteiligt seinen Notizblock aus der Tasche holte. „Neutral betrachtete ist es wirklich ein schöner Name.“

„Oh Jesus, nicht du auch noch.“

 

„Was habt ihr herausgefunden?“, lenkte Liah das Thema auf das Wesentliche. Jibril, der noch auf ihrem Schoß stand, lehnte sich gegen ihre Brust.

„Außer das sie tot ist, fehlt dem Mädchen nichts. Laut dem Gerichtsmediziner blieb ihr Herz einfach stehen.“

„Ich hab mir so etwas schon gedacht“, gab sie zu, spielte abwesend an den Ohren des Kleinen herum. „Sie fällt komplett aus dem Muster.“

 

„Ich hab telefoniert. Niemand hat je von einem Si‘lat gehört, der anfing Leute zu töten. Vielleicht ist dieser Hurensohn kein Dschinn“, warf Dean ein.

Sam tippte überlegend auf den Block. „Glaubst du wirklich Gabriel hat sich…“

„Warum nicht? Erinner dich, Cas hat sich geirrt, Balthazar hat sich geirrt, Anna. Und in neun von zehn Fällen, haben uns ihre Fehlinformationen fast über den Jordan geschickt“, meinte er entschieden.

 

Jibril atmete spottend aus und sie schüttelte den Kopf. „Gabriel hat sich nicht geirrt. Es ist ein Dschinn, ein sehr starker.“

Die Aufmerksamkeit galt ihr.

„Und was macht dich so sicher?“

 

Sie sah kurz zu Dean. „Weil er sich anfühlt wie einer. Ein Dschinn hat immer die gleiche Grundnote. Es fühlt sich an wie glühend heißer Sand auf deiner Haut und die Luft um dich herum, hat den Geruch von Feuer, der deine Lungen verbrennt.“

 

Liah brachte das Gespräch selten auf ihre abnormalen Sinne und bisher verschwieg sie erfolgreich, wie diese sich äußerten. Die Fragen, die von Zeit zu Zeit aufkamen, wich sie bisher immer erfolgreich aus. Jetzt blieb ihr keine andere Wahl. Derselbe Geruch wie damals konnte kein Zufall sein. Die Blicke überraschten sie daher nicht.

 

„Je mächtiger er ist, desto stärkere Nebenkomponenten hat er.“

Sam beugte sich neugierig nach vorne. „Also im Grunde die gleichen Prinzipien wie bei einem Parfüm?“

„Grundsätzlich. Es wirkt sich auf alle Sinne aus, nicht nur der Geruch alleine.“

 

Dean nickte leicht mit seinem Kopf, sah zu ihr und verschränkte die Arme. „Ok und du brichst dein Schweigen wahrscheinlich nicht aus einer Laune heraus. Lass mich raten, er ist der Hulk unter den Dschinn.“

 

Sie lachte humorlos. „Nein, nicht ganz. Das Ding ist, dieser Dschinn hat viel Macht, vielleicht der Mächtigste dem ich bisher begegnet bin. Aber was mich wirklich irritiert, ist eine Komponente, die ich schon vor vielen Jahren wahrgenommen habe.“

 

„Das ist schlecht?“, wollte Dean nicht ganz verstehend wissen.

Liah verzog die Lippen. „Das sollte unmöglich sein. Monster teilen sich nach Spezies eine Grundnote aber niemals die Nebenkomponenten. Zumindest nahm ich das bisher an.“

 

Sam runzelte die Stirn. „Kann es Zufall sein?“

„Das war mein erster Gedanke, bis ihr mit den Ergebnissen hier aufgetaucht seid. Der Werwolf damals ist genauso ungewöhnlich mit seinen Opfern umgegangen.“

 

Sein Blick huschte hinüber zu Dean, bevor er fragte: „Wie hat sich der Werwolf verhalten?“

Sie lehnte ihren Rücken zurück, zog Jibril näher und lächelte. „Verrückt, auf die kranke Serienmörder Art.“

 

In der Stille die aufkam, nagte Liah dezent an ihrer Unterlippe. Sie konnte die Räder hinter den Köpfen der Jungs fast hören und es gefiel ihnen nicht. Ihr auch nicht. Im laufe der Jahre lernte sie eines. Jägern, insbesondere den Winchester Brüdern, passierte nie etwas ohne Grund. Es gab immer etwas Großes hinter einem vermeintlich kleinen Zufall. Und nach dem Rückfall von vorhin, würde sie lieber einen Bikiniurlaub in Alaska machen.

 

Die kühle Nase an ihrer Haut lenkte ihre Aufmerksamkeit effektiv auf den Zwerg, verscheuchte die aufkommenden Gedanken. Sie traf seine Augen und er fiepste leise. Liah wusste, sie las zu viel in sein Verhalten hinein. Er erkundigte sich nicht nach ihrem Wohlbefinden, sondern wollte wie jeder Hund gestreichelt werden.

 

„Wir machen folgendes: Liah und ich klappern die Stadt ab, mit etwas Glück finden wir ihn. Sam, du wirst in Dads Tagebuch suchen, ob dort irgendetwas über verrückt gewordene Monster steht.“ Dean stand auf, hielt inne und verzog das Gesicht. „Ich meine noch verrückter.“

 

Liah folgte, Jibril absetzend, seinem Beispiel. „Alles klar.“

„Seid ihr sicher, es ist eine gute Idee?“, widersprach Sam zweifelnd. „Wenn der Dschinn so stark ist, wie Liah sagt, solltet ihr nicht alleine gehen.“

 

Dean winkte ab. „Wir werden in Ordnung sein.“

„Bei unserem Glück fahren wir umsonst durch die Stadt“, ergänzte sie, streichelte dem Zwerg auf dem Bett über den Rücken. „Ich lass Jibril hier, pass auf ihn auf.“ Der kleine Körper erstarrte unter ihren Fingern.

 

Ihre Hand verließ kaum sein Fell, bevor sein protestierendes Gebell wie eine Sirene das Motelzimmer erfüllte.

„Hör auf! Ich bin nicht lange weg“, versuchte sie, auf den Ausgang zugehend, sein Gezeter zu beschwichtigen.

 

Mit einem Satz sprang er von der Matratze, rannte hinüber zu der Tür und erreichte diese zuerst. Er setzte sich, starrte ihr mit trotzigen Blick entgegen und knurrte bockig.

Liah starrte auf ihn hinab. „Was soll das jetzt?“

 

„Du hast ihn den ganzen Tag, wie eine verdammte Prinzessin behandelt! Jetzt glaubt die Ratte, sie kann alles machen“, meinte Dean genervt, ging an ihr vorbei und streckte seine Hand nach ihm aus. Das Zähnefletschen und tiefe Grollen erschreckte sie alle. Dort stand er mit hell brennenden Gold in seinen Augen und wirkte für seine Größe unheimlich imponierend. So eindrucksvoll, dass Dean seine Hand zurückzog und sich räusperte.

 

Sam bemerkte belustigt: „Ich denke es ist besser, wenn du ihn mitnimmst. Am Ende schmeißen sie uns wegen Lärmbelästigung aus dem Motel oder Dean verliert einen Finger.“

Liah verzog wenig amüsant die Lippen, während Jibril die Augen verengte. Schlussendlich gewann er den Starrwettbewerb indem sie ihn missmutig aufhob und informierte: „Du hast gerade sehr viel von deiner Niedlichkeit verloren!“

 

Keine Stunde später, saß sie auf dem Beifahrersitz des Impala, mit ihm auf dem Schoß und gab Dean die Wegbeschreibung zu dem nächsten leerstehenden Gebäude. Der Verkehr war um diese Zeit zu einem seichten Strom von vorbeiziehenden Autos abgeklungen und nur wenig Menschen überquerten die Straßen.

 

Liah streckte ihren Rücken durch, betrachtete die Liste und die bereits durchgestrichenen Orte. „Wir haben noch vier Häuser und ein dutzend leere Bauanlagen. Wenn das Arschloch dort nicht ist, müssen wir uns überlegen was wir machen. Der Wald um den Campingplatz vielleicht?“

Dean nickte. „Hoffentlich finden wir ihn.“ Er warf einen kurzen Blick hinüber zu ihr. „Spürst du was?“

 

„Nein, das ist aber keine Garantie. Wenn wirklich alte Wesen wissen was ich kann, können manche ihre Aura unterdrücken.“

„Wie Engel?“

Liah strich überlegend über Jibrils Flanke. „Sie sind sicherlich in der Lage dazu. Bisher bin ich allerdings noch keinem begegnet der es macht. Es ist ihnen, glaube ich, einfach egal.“

 

„Verstehe.“ Dean lenkte den Impala auf eine Nebenstraße, beschleunigte und fragte: „Was fühlst du bei ihnen?“

Sie sah hinüber, deutete ihm, er solle rechts abbiegen. „Bei Engeln?“

 

„Ja oder Dämonen, Hexen…“

„Unterschiedlich. Engel haben alle eine einzigartige Grundnote. Castiel zum Beispiel ist immer die dunkle Frühlingsnacht, mit ihrer kühlen Luft und dem Geruch von Nieselregen. Und bevor du fragst, selbst Luzifer hat diese Einzigartigkeit. Er fühlt sich an, wie der kalte Morgen im Winter, wenn die Sterne aufhören zu leuchten und um ihn herum hängt der Duft von Sandelholz.“

 

Sie spürte wie Dean einige Sekunden länger zu ihr sah und Jibril unzufrieden seine Krallen ballte. Ihre Lippen zuckten hinauf.

„Um das klar zu stellen, ich schwärme nicht für den Teufel. Engel haben nur diese angenehme Mischung. Nimm im Gegenzug einen Ghul. Sie riechen nach Verwesung, toter Erde und der Geschmack von rohem Fleisch setzt sich auf deiner Zunge fest. Und glaub mir, du brauchst lange um den wieder loszuwerden.“

 

Dean machte ein angewidertes Geräusch.

„Du hast es“, lachte Liah. Jibril ging auf die Hinterbeine, schubste den Zettel über ihm aus dem Weg und krabbelte halb auf ihre Schulter. Immer noch brummig maulte er in ihr Ohr, stupste gegen ihren Hals. Sie gab seiner Aufforderung nach und streichelte ihm über den Rücken. Er brauchte wirklich viel Aufmerksamkeit.

 

„Wieso hast du uns das nie gesagt? Ich dachte bis heute, du würdest nur so ein Gefühl von Unbehagen bekommen“, wollte Dean wissen, hielt an einer roten Ampel und musterte sie aus dem Augenwinkel.

Liah summte leise, bevor sie schmunzelte. „Weil es verdreht ist. Ich meine, das ist wie bei X-Men diese komischen Mutanten die alle gruslig finden.“

 

Sie hasste es, auch wenn es für einen Jäger nur Vorteile brachte. Die meiste Zeit versuchte sie nicht darüber Nachzudenken und es zu ignorieren. Es funktionierte, meistens. Gerade aber fühlte sie sich nicht gut. Alles erinnerte daran, wie abnormal und seltsam alles war. Eine Laune der Natur, Gottes oder sonst irgendjemanden.

 

„Wir sind Familie“, holte Dean sie aus den Gedanken. Er war ernst, kein Witz, kein lustiges Kommentar. Nicht einmal ein Zucken der Mundwinkel. „Du bist nicht verdrehter als wir. Komm schon, ich war in der Hölle und habe immer noch Cas Handabdruck auf der Schulter. Und Sam hat die Apokalypse herbeigeführt nachdem er das Blut von Dämonen wie Apfelsaft getrunken hat.“

 

Er hielt vor einem leeren Bürokomplex, parkte den Impala nicht weit des Einganges entfernt und drehte sich mit hochgezogenen Brauen zu ihr. „Soll ich die ganze Scheiße danach noch erwähnen? Ein Mutant aus X-Men? Du passt perfekt zu uns!“

Liah starrte ihn an. Selbst Jibril schien ihm nicht abgeneigt wie sonst.

 

„Das – ist das süßeste was du jemals zu mir gesagt hast“, informierte sie ihn. „Danke.“

„Werd jetzt nicht sentimental, Kitty Pryde.“ Er stieg aus und sie runzelte die Stirn, folgte ihm. „Du weißt, Kitty konnte durch Wände laufen.“

Dean zuckte mit den Schultern, suchte ihre Waffen aus dem Kofferraum und meinte: „Sie hat braune Haare.“

 

Dean Logik, dachte sie trocken und wandte sich zu der noch offenen Tür. Ihre Lippen küssten den kleinen Kopf auf ihrer Schulter. Das zufriedene Laut aus seiner Kehle und das anschmiegsame Verhalten, erinnerte an eine verschmuste Katze.

 

Liah hörte, wie die Heckklappe zuknallte. Das war ihr Signal und bei Chuck, sie hoffte er ruinierte das Auto nicht. Damit setzte sie Jibril auf den Sitz und bevor er verstand, was passierte, schloss sie die Tür. Das entrüstete Bellen setzte sofort ein.

 

„Wenn er Baby etwas tut“, fing Dean unglücklich an und sie unterbrach ihn. „Ich kann ihn nicht mitnehmen.“

Sie drehte sich um. „Der Dschinn muss hier sein. Ich schmecke Zimt und dieser widerliche Geruch hängt in der Luft.“

„Kannst du es eingrenzen?“, erkundigte er sich und wurde ernst.

Sie ignorierte das drängender werdende Gejaule und nickte zu dem Bürokomplex. „Nein, aber er kann nicht weit sein.“

„Dann lass uns einen Hurensohn töten.“

 

Dean ging vor und es dauerte nicht lange, da hatte er die verschlossene Tür geknackt und sie beide standen in einem gerade renovierten Foyer. Es war eine dunkle Nacht und durch die schmutzigen Fenster fiel kaum Licht. Selbst die Taschenlampen schafften es nur mit Mühe die dunkelsten Ecken zu erreichen.

„Ich gehe rechts und du links“, ordnete Dean gedämpft an. Sie trennten sich leise. Ihr Finger an dem Abzug des Colt, ging sie unter der herabhängenden Folie durch. Das Adrenalin schärfte ihre Sinne, selbst wenn es ihr durch den Alkohol nicht so intensiv erschien. Aber diesem Alkohol verdankte sie es, dass die Angst, ausgelöst durch den Geruch, nicht mehr ihre Nerven lahm legte. Ein zweischneidiges Schwert.

 

Der Raum, den sie betrat, schien noch dunkler und vorsichtig stieg sie über die am Boden liegenden Bauteile. Es war ruhig, zu ruhig. Diese Stille ließ ihre Instinkte aufheulen und wenn sie eines in ihrem Leben lernte, war es, auf diese zu hören.

 

Sie blieb stehen, spannte den Abzug und wartete.

 

Als links neben ihr die Folie raschelte, wirbelte Liah herum, und ihren schnellen Reflexen verdankte sie es, nicht abzudrücken.

„Du willst mich verarschen oder?“, zischte sie, stieß die Luft aus und starrte auf Jibril herab. Sein Ausdruck eben so wütend wie der ihre.

 

„Wenn du…“ Ihre Nackenhaare stellten sich auf. In der Sekunde, in der sie die Waffe nach rechts riss, starrte sie in glühende Augen und wurde brutal nach hinten geschleudert. Der Schuss hallte im gesamten Gebäude wider.

 

Dann passierten die Dinge gleichzeitig. In dem Moment, in dem ihr Körper hart den Boden traf, entwich ihren Lungen die Luft und sie verlor die Waffe. Hände umklammerten ihren Hals und keuchend realisierte Liah, auf ihr saß derselbe Junge, den sie im Park auf der Schaukel sah.

 

Er grinste sie an und drückte stärker zu. Ihr erster Impuls: den Dolch an ihrer Hüfte ziehen. Der Zweite: ihre Beine unter ihn zu bekommen. Beides scheiterte. Irgendwie schaffte es das Monster ihren ganzen Körper zu paralysieren. Sie konnte keinen einzigen Muskel bewegen.

 

Das belustigte Grinsen gefror in seinem Gesicht und verschwommen beobachtete sie, wie sein Kopf sich drehte und seine Pupillen groß wurden. Egal was er sah, er bekam Angst. Dann explodierte er oder verschwand. Liah kümmerte es wenig, während sie japsend auf die Seite rollte. Ihre Ohren klingelten und hustend versuchte sie nicht zu würgen.

 

Etwas stupste sie vehement an, ignorierte ihre rüden Versuche es weg zu schubsen. Erst mit dem Verschwinden ihrer verschwommenen Sicht und dem Klingeln, bemerkte sie Jibril. Die Geräusche die er machte, glichen ganzen Sätzen und einzelnen Worten.

„Hör auf, mir geht es gut“, krächzte sie. Er verstummte, sah sie an. Sein ganze Körper gespannt, wie eine Bogensehne.

 

„Scheiße, Liah!“ Dean durchquerte den Raum, kniete neben ihr nieder. „Alles ok?“

„Mir ging es noch nie besser“, witzelte sie heiser, tätschelte kurz den Kopf des Zwerges und setzte sich auf. Das Adrenalin in ihrem System maskierte die Symptome und sie wusste, morgen würde ihr Körper eine richtige Schlampe sein.

 

„Was ist passiert?“

Liah stand mit seiner Hilfe auf und hielt sich an seinem Arm fest, solange der Schwindel ihren Gleichgewichtssinn angriff.

„Anfängerfehler“, gab sie zu. „Ich war abgelenkt und das hat der kleine Billy ausgenutzt. Danach hat er mich gewürgt wie eine Gans, bis er verschwand. Keine Ahnung wohin oder warum.“

 

„Zeig“, ordnete er an, meinte ihren Hals und neigte ihr Kinn nach oben. Liah brauchte keinen Spiegel um zu wissen, wie es aussah. Als Jäger bekam man regelmäßig das Vergnügen von kostenlosen Würgesession. Sie konnte ohne Probleme atmen, also zerstörte er nichts lebenswichtige.

 

 

„Lass uns dich zurück bringen. Kannst du gehen?“ Dean hob ihren Colt auf, sicherte ihn und wollte ihren Arm um seine Schultern legen, aber sie winkte ab. Ihr ganze Aufmerksamkeit galt dem Welpen zu ihren Füßen. Noch immer fixierte er sie angespannt. Sein kleiner Körper, ein Ebenbild von einer in Stein gemeißelten Statue.

„Ich weiß überhaupt nicht, was ich zu dir sagen soll“, bemerkte sie matt und packte ihn auf ihre Arme. Er vermied bewusst ihren Hals zu berühren, legte seinen Kopf stumm auf ihre Schulter. Auf einer Skala von 1 bis 10 der beschissensten Tage, bekam dieser eine satte 11 mit Sternchen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  MissBlackBloodSakura
2021-04-23T10:58:27+00:00 23.04.2021 12:58
Endlich^^
Ich habe sie endlich wieder gefunden:)
Mein Laptop war schrott und ich hatte nichts gesichtert, es hat sehr langa gedauert bis ich das wichtigste wieder abgespeichert habe^^
Es wundert mich, das ich keine Benachrichtigung erhalten habe^^
Ich liebe dies Geschichte und würde sie auch kaufen, wenn es sie zu kaufen gäbe;)
Ich hoffe, es geht bald weiter^^


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