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Eisprinz - Ich bringe dein Herz zum schmelzen

von

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Yuri´s Klassenkameraden kannten ihn eigentlich nur als muffelige Diva, der den einen oder anderen derben Spruch raushaute und sich auch nicht vor Jungs einschüchtern ließ, die größer waren als er. An diesem Montag war er allerdings wie verwandelt.

„Guck mal, Plisetsky kann auch lächeln.“, war nicht der einzige erstaunte Kommentar.

Grund war der kleine metallene Gegenstand in seiner Tasche. Und auch wenn er es nie zugegeben hätte, er freute sich endlich wieder zu trainieren. Im Krankenhaus zu sein, war die schlimmste Zeit seines Lebens gewesen. Dass er die Schlittschuhe für eine gewisse Zeit gegen Ballettschuhe tauschen musste, konnte er verschmerzen. Sofort nach der Schule fuhr er zur Ballettschule, in der Lilia unterrichtete. Es war nicht selbstverständlich, bei ihr Unterricht zu bekommen. Es hatte sich herumgesprochen, dass Yuri wieder hier trainierte und prompt wurde er beim Betreten der Schule von seinem Fanclub „Yuri´s Angels“, empfangen.
 

„Yuriiii-chaaaan!“

„Oh Gott, bitte nicht.“, murmelte er entsetzt.

Aus Erfahrung wusste er, dass die Mädchen ziemlich aufdringlich sein konnten und suchte nach einer Fluchtmöglichkeit. Plötzlich griff eine Hand ihn an der Schulter und zog ihn mit sich.

„Komm, ich bringe dich in Sicherheit.“

Yuri wurde in einen Seiteneingang gezogen, die Tür ging zu und er war gerettet. Er sah hoch und blickte in die freundlichen Augen eines jungen Mannes.

„Danke, dass war knapp.“

„Dein Fanclub, Yuri?“, fragte er schmunzelnd.

„Woher kennst du mich?“

„Ich habe dich schon öfter hier gesehen und auch deinen Werdegang in Bezug aufs Eislaufen verfolgt. Mein Name ist Vasily Orlow, ich bin der Neffe von Lilia Baranovskaya.“

„Aha. Danke nochmal aber ich muss jetzt los.“

„Kein Problem. Auf Wiedersehen.“
 

Yuri zog sich um und erschien im Trainingsraum. Allerdings war seine Trainerin nicht mehr so fürsorglich wie gestern. Mit verschränkten Armen und ihrem strengen Gesichtsausdruck, mit dem sie sogar gestandenen Männern wie ihrem Exmann Yakov Angst einjagte, durchbohrte sie ihn mit ihrem Blick.

„Du kommst zu spät, Yuri!“

„Ich weiß aber…“

„Schweig! Ich will keine fadenscheinigen Ausreden hören! Die Zeiten der Schludrigkeit sind ab heute vorbei, ich verlange, dass du von nun an pünktlich erscheinst. Nimm Position ein und folge meinen Anweisungen!“

Yuri wusste aus Erfahrung, dass es nicht ratsam war, Wiederworte zu geben und stellte sich auf. In den nächsten drei Stunden wurde er durch die verschiedensten Übungen und Drehungen gescheucht und Lilia musste oft den Kopf schütteln.

„Du bist total aus der Form, Yuri. Die letzten Monate sind nicht spurlos an dir vorbeigegangen. Aber gut, damit musste ich rechnen. Wir haben viel Arbeit vor uns. Für heute machen wir Schluss, sei morgen pünktlich.“
 

Yuri war sauer, sauer auf sich selbst und sauer auf Lilia. Was glaubte sie denn? Natürlich war er aus der Form, musste sie ihm das auch noch unter die Nase reiben? Er stopfte seine Sachen in die Tasche, rauschte wie ein wilder Tiger aus dem Umkleideraum und… knallte genau gegen die Brust von Vasily.

„Holla Yuri, nicht so stürmisch.“

„´Tschuldigung.“

Yuri war sein Schlüsselbund auf den Boden gefallen und Vasily hob es auf. Er wollte es Yuri reichen aber dann stutzte er.

„Das Foto…das ist doch Otabek Altin, nicht wahr?“

„Ja, ist er, wieso?“

„Woher kennst du ihn?“

„Er ist mein Freund!“
 

Vasily stutzte.

„Dein…Freund?“

„Ja, was ist daran so verwunderlich?“

„Nichts, Entschuldige bitte. Wie geht es ihm denn inzwischen? Ist er wieder gesund?“

Yuri starrte ihn verwirrt an.

„Gesund? Wieso, war er krank?“

„Oh…da war ich wohl etwas zu vorschnell. Ich will nicht vorgreifen aber.... such mal im Internet seinen Namen. Bis bald.“

Yuri´s Ärger war verflogen. Otabek verheimlichte ihm etwas? Jetzt war er neugierig geworden und fuhr zu ihm nach Hause. Die Wohnung war leer und Yuri setzte sich an den Laptop. Nachdem er Otabeks Namen gegoogelt hatte, traf ihn fast der Schlag. Er fand jede Menge Videos wo er wundervolle Pirouetten auf dem Eis drehte. Otabek musste ungefähr in seinem Alter gewesen sein oder vielleicht auch schon früher. Yuri war fassungslos, warum hatte er es mit keinem Wort erwähnt?
 

Wenig später klickte der Schlüssel im Schloss und Otabek kam nach Hause. Ein stressiger Schultag lag hinter ihm und er wollte nur noch ins Bett. Doch er hatte nicht mit seinem vor Wut schnaubenden Freund gerechnet, der plötzlich vor ihm stand.

„Warum hast du Geheimnisse vor mir?“

„Ääh…ich freue mich auch dich zu sehen. Du hast also meine kleine Überraschung gefunden.“

Allerdings hatte Yuri gerade keine romantischen Gefühle für seinen Freund.

„Lenk nicht ab, du verheimlichst mir etwas. Ich habe heute Vasily kennen gelernt.“

„Vasily?“

„Vasily Orlow.“

„Oh…“

Otabek wich Yuri´s Blick aus und löste sich von ihm. Yuri ließ nicht locker.

„Er fragte mich, ob du wieder gesund bist. Bist du krank? Was hast du? Rede mit mir!“
 

„Ich will nicht darüber reden!“, brach es plötzlich aus dem sonst so besonnenen Otabek heraus.

„Aber… warum denn nicht? Ich habe dich Eislaufen sehen, in zig Videos. Du musst so alt wie ich gewesen sein oder jünger. Du warst wunderbar, so begabt. Was ist passiert? Bitte Otabek!“

Dieser hatte sich ans Fenster gestellt und sah nach draußen. Yuri wartete, er spürte, dass sein Freund mit sich kämpfte. Nach einer halben Ewigkeit, fing Otabek an.

„Ich war wie du, Yuri. Ich liebte das Eislaufen. Schon mit fünf Jahren bekam ich meine ersten Schlittschuhe und ich übte jede freie Minute. Mein Talent wurde bald erkannt und ein berühmter ehemaliger Eiskunstläufer nahm sich meiner an. Es dauerte nicht mehr lange und ich nahm an Wettbewerben teil, die ich auch gewann. Die Kritiker prophezeiten mir eine glänzende Profikarriere und ich trainierte für meine erste Meisterschaft. In meinem jugendlichen Eifer übertrieb ich und anstatt mich an den Trainingsplan zu halten, übte ich auch alleine weiter. Den Sieg und den Ruhm vor Augen mutete ich mir zu viel zu und… stürzte. Aber in meinem verblendeten Kopf konnte und wollte ich mir meinen Fehler nicht eingestehen und trainierte weiter. Die erste Zeit konnte ich meine Schmerzen noch verheimlichen aber dann stürzte ich beim doppelten Rittberger abermals. Das war mein Ende.“
 

Eine lähmende Stille legte sich über die Wohnung, beide waren wie erstarrt. Otabek war der Erste der sich rührte und sich auf die Couch setzte. Er versuchte ein Lächeln, was ihm deutlich misslang.

„Jetzt weißt du es. Ich habe mich davon nie ganz erholt. Genau wie du, musste ich mich einer langwierigen Therapie unterziehen, Operationen, Klinikaufenthalt, Reha. Das alles hat fast zwei Jahre gedauert aber aufs Eis konnte ich nicht mehr. Mein Trainer hatte mich schon lange im Stich gelassen und sich einen anderen Schüler gesucht. Aber noch schlimmer war, dass ich meine Familie enttäuschen musste. Sie hatten mich gefeiert und unterstützt und durch meinen Leichtsinn und Verbohrtheit habe ich alles kaputt gemacht. Deshalb begann ich meine Ausbildung als Physiotherapeut, ich wollte genau den Menschen helfen, die sich solche oder ähnliche Verletzungen zugezogen hatten, wie ich. Und ihnen vielleicht ihre Träume wiedergeben.“

„Es tut mir so leid.“, flüsterte Yuri getroffen.

„Muss es nicht, ich war selber schuld.“
 

Yuri schlief in dieser Nacht bei ihm und wachte irgendwann auf. Beim Umdrehen merkte er, dass die Seite neben ihm, leer war. Das Licht knipste er nicht an und nach einer Weile hatten sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Durch die Lichter von draußen sah er Otabek vor dem Fenster stehen. Doch dann brach es Yuri fast das Herz denn er vernahm ein unterdrücktes Schluchzen. Er kletterte aus dem Bett und näherte sich vorsichtig seinem Freund. Vielleicht war es ihm peinlich, in seinem schwachen Moment ertappt zu werden und daher berührte Yuri ihn behutsam. Otabek zuckte trotzdem zusammen und fuhr herum.

„Yuri… es… tut mir leid, dass du mich so sehen musst.“

„Das muss dir nicht leidtun, mir tut es leid dass ich alles wieder aufwühlen musste.“

Er nahm ihn in den Arm und Otabeks Kopf fiel gegen seine Schulter. Nun konnte er seine unterdrückten Tränen nicht mehr zurückhalten. Es brach aus ihm heraus und das Einzige was Yuri tun konnte, war ihm durchs Haar streichen.
 

„Ich habe mir alles verbaut, Yuri, dabei war es mein großer Traum. Ich dachte, ich wäre darüber hinweg aber ich bin es nicht. Mach es nicht so wie ich. Halte dich nur an das Training und übertreibe es nicht. Du sollst nicht das Gleiche durchmachen wie ich. Versprichst du es mir? Bitte!“

„Ich verspreche es!“

In dieser Nacht war es Yuri, der seinen Freund Halt geben musste. Otabek schlief schließlich in seinem Arm ein, während Yuri über seinen Schlaf wachte.



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