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Decision

von

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Kureto Hiragi

„Herein“, hörte Aoi Urds Stimme, durch die Tür gedämpft. Sie drückte die Klinke herunter und betrat den Raum. Urd saß in einem Sessel, er hatte seine Augen geschlossen und seine Arme lagen auf den Lehnen. Aoi blieb direkt vor ihm stehen und faltete ihre Hände vor ihrem Körper. Was nun? Sollte sie ihn nun auch mit Meister Geales ansprechen? Oder blieb sie einfach weiter bei Urd? Er öffnete seine Augen und wies auf den Glastisch vor sich: „Ich wollte ja nicht schnüffeln, aber das hier fiel aus deiner Tasche, als ich dich in dein Zimmer tragen wollte.“ Darauf lag eine weiße, rechteckige Schachtel. Es war das Aufputschmittel. Eigentlich hatte sie ja vermeiden wollen, dass Urd das sah. Aber jetzt war es wohl zu spät. Er nahm die Schachtel in seine Hand und ließ sie immer wieder auf und ab wippen: „Eine interessante Mischung habt ihr da zusammengestellt. Unsere Analysen haben ergeben, dass sie mehrere Stoffe enthält, die Dämonen stimuliert. Mit ihr kann man die vollkommenen Kräfte eines Dämons nutzen, ohne ihm zu verfallen. Aber ihre Wirkung ist begrenzt. Ich habe mich schon gewundert, wieso du so unbedacht Chijiryus Kräfte eingesetzt hast und trotzdem nicht zum Dämon wurdest. Jetzt ergibt auch dieser Wecker einen Sinn, die Wirkung der Droge hat nachgelassen und das war dein Zeichen, dich aus dem Kampf zurückzuziehen. Oder irre ich mich?“ Er konnte auf jeden Fall schon gut kombinieren. Jetzt wusste er es und er würde sein Wissen bestimmt nicht für sich behalten. Schon bald würden alle Vampire über dieses kleine Manko der Dämonenwaffen Bescheid wissen. Das hatte sie ja mal wieder super hingekriegt. Warum war das Ding auch aus ihrer Tasche gefallen? Momentan meinte es die Welt echt nicht gut mit ihr. „Das…“, in letzter Zeit stotterte sie ziemlich häufig. Das sollte sie sich nicht angewöhnen. Urds rote Augen fesselten sie förmlich: „Ist euch bewusst, dass es ein großes Risiko mit sich bringt, diese Pillen zu nehmen?“ In dem Moment wurden Aois alte Gewohnheiten geweckt. Sie straffte den Rücken und sagte: „Die Nebenwirkungen und Gefährdungen für den Menschen hat die kaiserliche Dämonenarmee fein säuberlich aufgelistet und stehen jederzeit für jedermann zur Verfügung.“ Urd hörte auf damit, die Schachtel zu wippen: „Aha.“ Ein kurzer Moment der peinlich berührten Stille trat zwischen den beiden ein. Vielleicht hätte sie nicht so klugscheißen sollen. „Das ist bestimmt…ausgesprochen beruhigend für die Rekruten“, der Sarkasmus in seiner Stimme war nicht zu überhören. Er warf die Tabletten zurück auf den Tisch: „Aber genug von Dopingmitteln. Was ist mit dir? Zu was für Schlüssen bist du gekommen?“ „Ich werde, wie immer, weitergehen. Ich werde menschliches Blut trinken“, sagte sie zu ihm, „Aber bevor ich zu einem vollständigen Vampir werde muss ich noch etwas erledigen.“ „Verstehe. Hat das etwas mit diesem Kureto Hiragi zu tun, den du bei deiner Ansage erwähnt hast?“, fragte Urd zielsicher. Treffer, versenkt. Urd Geales konnte sie eindeutig zu gut durchschauen. „Dein Gesichtsausdruck verrät mir alles was ich wissen muss. Also, wer ist dieser Kureto? Ist er der General der Menschenarmee?“, er ließ nicht locker. „Ich kenne ihn schon seit Kindertagen.“, begann Aoi zögerlich, „Unsere Familien pflegen eine lange Freundschaft.“ „Das beantwortet meine Frage nur halb“, sagte Urd, „Aber er ist dir sehr wichtig, oder? Wenn es das ist, was dich zurückhält, dann musst du gehen.“ Damit hätte sie nun wirklich nicht gerechnet: „Du lässt mich wirklich ziehen?“ „Wir alle mussten irgendwann mit unserem menschlichen Leben abschließen“, antwortete er ihr. „Ich könnte euch an ihn verraten“, ging sie einen Schritt weiter. Urd atmete tief aus: „Inzwischen sind die Grenzen so verschwommen. Keiner kann uns sagen, wer hier wirklich unser Freund und wer unser Feind ist.“ Aoi wollte schon gehen, da hielt Urd sie noch einmal auf: „Moment noch.“ Er drehte sie zu sich und löste die Schleife um ihren Hals. Anschließend band er sie neu: „So ist es besser.“
 

Urd Worte hallten ihr noch in den Ohren. Also wusste auch er inzwischen nicht mehr, wer hier wo stand. Das absolute Feindbild, was sie einst gehabt hatte, war inzwischen verschwunden. Sie war nun selbst ein Vampir und bisher war ihr noch keine gravierende Veränderung aufgefallen, von den körperlichen mal abgesehen, so fühlte sie fast immer noch gleich. Urd hatte gesagt, dass die Emotionen eines Vampirs eingeschränkt wären. Vielleicht galt das erst, nachdem sie Menschenblut getrunken hatte. Apropos Blut. Wenn da nur dieser Durst nicht wäre. Urd hatte ihr ein Fahrzeug der japanischen, kaiserlichen Dämonenarmee zur Verfügung gestellt, die von den Vampiren in Beschlag genommen worden waren. Sie war nun schon eine Weile unterwegs und ihr Durst war schon wieder so viel stärker geworden. Noch ging es, es war nur mehr ein unangenehmes Kratzen im Hals. Aber was wenn sie bei Kureto die Kontrolle über sich verlor? Wenn ihr Durst dann so stark war, dass sie ihn nicht mehr kontrollieren konnte? Urd schien damit ja keine Probleme zu haben, aber er hatte auch schon mehrere tausend Jahre Erfahrung mit dem Vampirdasein. Sie musste sich einfach zusammenreißen. Aoi fuhr langsamer, sie war langsam wieder in bekanntem Gebiet. Sie näherte sich den Stadtmauern von Shinjuku. Von hier aus wollte Kureto seinen Angriff starten, wenn sie ihn hier nicht antraf, dann hatte sie ihn verpasst, dann steckte sie tief im Schlamassel. Am besten war es, wenn die anderen Soldaten sie nicht in dieser Uniform sahen. Zwar kannten sie die Kleidung der russischen Vampire noch nicht, aber ein Risiko wollte sie trotzdem nicht eingehen. Sie musste irgendwie zu Kureto kommen, möglichst ungesehen. Plötzlich drangen Stimmen an ihr Ohr. Reflexartig trat Aoi auf die Bremse. Wo? Woher kamen die? Sie konnte niemanden sehen, aber sie hörte eindeutig Stimmen. So leise wie möglich öffnete sie die Fahrertür und stieg aus. Diese Stimmen…sie mussten noch in einiger Entfernung sein, aber sie konnte sie trotzdem hören. Offenbar ein Hinweis auf ihr verbessertes Gehör. Sie holte den Koffer mit Chijiryu hervor und näherte sich langsam den Geräuschen. Vorsichtig sah sie um eine der Häuserecken. Dann musste sie einfach erstarren. Kureto. Es war Kureto, er hatte ihr den Rücken zugewandt, seine Hände steckten in seinen Hosentaschen. Er stand in erhöhter Position, er schien in den Horizont zu sehen. Sie trat aus dem Häuserschatten heraus und ging auf ihn zu. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, nun musste sie sich ihm stellen. Er würde über ihr Schicksal entscheiden. Wenn ihr Herz noch schlagen würde, dann würde es sich wahrscheinlich förmlich überschlagen. Aber ihr Körper war kalt und leblos, wie Stein. Dennoch, alles in ihr hatte diesen Moment herbeigesehnt, wo sie und Kureto sich wieder in die Augen sehen würden.
 

Die Sonne war heute ungewöhnlich kräftig, sie schien auf Kuretos Gesicht und wärmte ihn. Doch der Schein trügte. Es waren nur noch wenige Stunden und er hatte inzwischen die Hoffnung aufgegeben, das Aoi noch kommen würde. Verdammter Guren, erst machte er ihm Hoffnung und nun war er mit seinem Trupp und Shinya aufgebrochen, wohin auch immer. Er hörte den Motor eines Fahrzeugs in der Ferne, es war ein Wagen der Dämonenarmee. Waren nicht schon alle da? Oder hatte er sich verschätzt? Wollten sich ihm doch noch mehr anschließen? Er hoffte es fast. Ohne Aoi jedoch fühlte es sich komplett nutzlos an. Nichts und niemand konnte sie ersetzen. Vielleicht sollte er zu seinen Leuten zurückgehen. Doch als er sich gerade in Bewegung setzen wollte, da spürte er etwas. Jemand war hinter ihm, das war sicher. Er drehte sich um. Im ersten Moment glaubte er, seine Sinne würden ihm einen Streich spielen. Doch egal wie lange er sie anstarrte, sie blieb immer noch da. „A-Aoi?“, seine Stimme war brüchig. Ihre Hand lag auf ihrer Brust und ein sanftes Lächeln lag auf ihren Lippen: „Meister Kureto.“ Er stutzte, irgendetwas war anders als sonst. Ein seltsames Gefühl breitete sich in ihm aus. Sie trug nicht ihre Uniform, sondern einen grauen Mantel mit weißem Hemd und einer seltsamen Schleife um den Hals. Was war das für Kleidung? Er hatte sie noch nie gesehen. Aoi kam langsam auf ihn zu. Sie bewegte sich mit solch einer Leichtigkeit, als würde sie fast schweben. Sie trug ein Schwert an ihre Hüfte, aber es war nicht Chijiryu, es war auch keine Dämonenwaffe. Es sah zwar so aus wie Chijiryu, aber das war er nicht, es war eine Vampirwaffe. Ein Vampirschwert erster Klasse. „Verzeiht mir, Meister Kureto“, sagte sie, zwischen ihren Lippen konnte er die scharfen Eckzähne sehen. Er verstand die Welt nicht mehr. Aoi, seine Aoi, war ein Vampir!
 

Er hatte es bemerkt, aber das war ihr klar gewesen. Sie trat noch näher an ihn heran. Er stand vollkommen still und schaute sie ungläubig an. Seine Hand fuhr zu Raimeiki. „Wieso, Aoi? Wieso bist du eine von denen? Was haben sie mit dir gemacht?“, in seiner Stimme klang Fassungslosigkeit. Ein paar Minuten schauten sie sich einfach nur an, oder waren es nur Sekunden? Aoi konnte es nicht genau sagen. Aoi nickte: „Ich werde es Euch erzählen, was seit meines Alleingangs passiert ist. Hört zu.“ Kureto schien mit sich zu kämpfen, er schaute zur Seite und schloss die Augen. Ihre Anspannung stieg mit jeder Sekunde, in der er schwieg. Schließlich nahm er seine Hand von Raimeiki und öffnete seine Augen wieder. Er schaute ihr direkt in die Augen: „Nun gut. Erzähl.“
 

Kureto ballte seine Hände zu Fäusten: „Wo ist er?“ Aoi hob beschwichtigend die Hände: „Meister Kureto, ich glaube nicht, das es klug wäre, Urd Geales nun anzugreifen.“ „Den meinte ich nicht“, knurrte er und seine Augen verengten sich, „Ich meine diesen miesen Kerl, der Schuld an deinem Zustand ist.“ „Huh?“, Aoi wurde etwas verlegen, „Also…das brauch ich glaube ich nicht mehr sagen. Urd Geales hat ihn bereits…“ Kuretos Körper entspannte sich wieder: „Verstehe. Der Blutsauger ist mir also zuvor gekommen. Nicht zu glauben, das gerade einer von unserer Armee es wagt, dich zu töten. Obwohl du ihm zuvor noch sein Leben gerettet hast.“ Aoi schaute zu Boden: „Dann bist du also nicht sauer auf mich? Wegen der Sache in Sanguinem, meine ich.“ Kureto schüttelte seinen Kopf: „Ich gebe es nur ungern zu, aber dieser Vampir hatte recht. Sie hätten wirklich ihre Leben sinnlos weggeworfen. Du kennst meine Meinung. So wenige Opfer wie möglich.“ Damit fiel eine gigantische Last von Aoi ab. „Aoi, wie stark ist dieser Urd Geales?“, fragte Kureto sie. „Sehr stark“, antwortete Aoi ihm, „Er hat einen apokalyptischen Reiter mit der bloßen Hand erledigt und er hatte nur einen Arm zur Verfügung. Noch dazu sind seine Sinne so scharf, das kann man kaum beschreiben. Auch alle anderen Vampire wissen das, sie gehorchen ihm aufs Wort und zwar alle, ohne Ausnahme.“ Kureto schlug seine Fäuste aneinander: „Verdammt. Ausgerechnet jetzt taucht hier so einer auf. Stellt sich nur eine Frage. Warum hat er dich verwandelt? Das ergibt doch irgendwie keinen Sinn, ich habe einmal gelesen, dass Vampire sich in der Regel weigern, ihren Fluch weiterzugeben. Schon seit langem ist kein neuer Vampir mehr aufgetaucht und jetzt bist du hier.“ Aoi hob ihre Schultern: „Ich weiß es nicht. Lest Karr sagte zu mir, dass Urd Geales niemals jemanden verwandeln würde, der seiner Ansicht nach nicht würdig ist. Aber auch er muss irgendwann einmal ein Mensch gewesen sein. Er hat mir die Geschichte des hohen Rates der Urahnen erzählt. Laut seiner Aussage gibt es nur einen Vampir, bei dem es nicht bekannt ist, ob er mal ein Mensch war. Aber er ist schon so lange auf dieser Welt, wer weiß, was im Kopf eines so alten Wesens vorgeht.“ Wie erwartet sah Kureto erstaunt aus: „Dieses Monster soll mal ein Mensch gewesen sein? Wie soll man sich das vorstellen? Sag mir Aoi, was glaubst du? Nach all der Zeit, steckt noch irgendetwas Menschliches in dem? Was ist mit dir? Bin ich jetzt auch nur noch Zuchtvieh für dich?“ „Nein, natürlich nicht!“, rief sie, wurde kurz darauf aber wieder etwas ruhiger, „Meine Gefühle dir gegenüber haben sich nicht verändert. Bei Urd Geales weiß ich es nicht. Er ist zumindest nicht so wie alle anderen Vampire. Er scheint sich gut unter Kontrolle zu haben oder er kann es zumindest gut verbergen.“ „Wenn das stimmt…Dann, denkst du immer noch so wie damals?“, fragte er. „Jawohl, Meister Kureto“, sagte sie entschlossen. „Wenn das wirklich so ist“, begann er, sein Blick war nur auf Aoi gerichtet, „Dann komm, besiege mit mir meinen Vater. Zeig mir, das ein Vampir auf der Seite der Menschheit stehen kann.“
 

Es war besser gelaufen als erwartet. Kureto hatte sich entschlossen ihr eine Chance zu geben und sie würde sie nutzen. Sie würde ihre neue Kraft dazu einsetzen, um der Menschheit eine Zukunft zu schaffen. Die Kraft einer Urahnin siebten Ranges, hatte diese Horn gesagt. Ob sie wirklich schon so viel Einfluss hatte? Konnte sie gegen einen Vampir gewinnen, der zum Beispiel Rang 15 hatte? Oder fehlte es ihr dafür an Erfahrung und dieser wahrscheinlich um einiges ältere Vampir würde sie trotzdem besiegen können? Aber zumindest gegen einen normalen Vampir sollte sie im Zweikampf nun deutlich bessere Chancen haben als vorher. „Komm, hierher Aoi. Niemand darf dich so sehen. Ich werde dir eine neue Uniform besorgen, so sollte es einfacher werden“, sagte Kureto zu ihr. Er hatte sie zu seinem Wagen geführt und sie waren nun auf der Ladefläche. Um sie herum waren bereits viele Mitglieder der Armee, außerhalb des Autos. Sie konnte ihre Stimmen deutlich hören und noch etwas anderes. Eine Menge Gerüche prasselten förmlich auf sie ein. Ein süßer Geruch, ein verführerischer. Sie konnte förmlich die Herzschläge hören, die um sie herum pochten. Es regte sie an, das Kratzen in ihrer Kehle wurde intensiver. Ihr Hals fühlte sich ausgetrocknet an. Oh nein. Nein, Nein, Nein! Nicht jetzt, bitte nicht. Sie hätte vielleicht damit rechnen müssen, dass die Gegenwart so vieler Menschen ihren Durst anregen würde. Wie sollte sie so vernünftig kämpfen? Kureto kletterte noch einmal aus dem Wagen. Hoffentlich fand er eine. Aber das war nur die halbe Miete. Die Leute um sie herum, waren alle Teil der Elite der kaiserlichen Dämonenarmee, sie würden bemerken dass Aoi ein Vampir ist. Hoffentlich hatte Kureto da auch eine Idee. Sie machte sich schon langsam daran, die Uniform der Vampire auszuziehen. Kureto kam schnell wieder zurück und er hielt eine der schwarzen Uniformen in der Hand: „Hier, ich hatte dir vorsichtshalber eine mitgenommen.“ Er hatte ihr eine mitgenommen? Hieß das er hatte in ihren Kleiderschrank gesehen? „Keine Sorge, die war frisch aus der Wäscherei, ich war nicht in deinen privaten Räumlichkeiten, die gehen mich nichts an“, sagte er, als hätte er ihre Gedanken gelesen, „Zeih dich um, ich gucke auch nicht.“ Kureto drehte sich um. Dieser Satz kam ihr bekannt vor, Urd hatte ihn zu ihr gesagt, als sie in den Ruinen gewesen waren und sie eine der peinlichsten Situationen ihres Lebens hatte. Eine Situation, die sie Kureto vorenthalten hatte. Es hätte nichts wirklich beigetragen und Kureto musste das nun wirklich nicht wissen. Schnell und routiniert hatte sie sich umgezogen, diesmal gab es auch keine komische Schleife, die ihr das Leben erschwert hätte. Das fühlte sich schon viel vertrauter an. „Bin soweit“, sagte sie. Kureto drehte sich um, ein leichtes Lächeln bildete sich auf seinen Lippen: „Schon besser, das steht dir etwas besser als dieser Mantel. Bist du soweit? Dann können wir loslegen und wären sogar noch im Zeitplan. Ausgerüstet bist du sogar schon, wie es scheint.“ „Ja, der Urahn dritten Ranges hat für mich eine Sonderanfertigung in Auftrag gegeben. Schätze, ich sollte ihm danken“, dann hockte sie sich neben den Koffer, „Meister Kureto, hier drin ist Chijiryu. Ich kann seine Stimme nicht mehr hören, ich denke mal, ein Vampir kann keine Dämonenwaffe nutzen. Ich wollte ihn lieber hier hin zurückbringen.“ Kureto nahm den Koffer und stellte ihn auf eine der Sitzbänke, anschließend öffnete er ihn: „Ich werde gut auf ihn aufpassen. Eine Sonderanfertigung, hm? Da hat sich wohl jemand ins Zeug gelegt. Aber damit solltest du auch gut aufgestellt sein. Dann mal los.“ Er schloss den Deckel wieder.
 

Sie wollten den Wagen verlassen, aber Aois Körper machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Sie wurde förmlich von ihrem Durst überwältigt. „Urgh“, sie fasste sich an ihre Kehle. „Aoi!“, hörte sie Kureto rufen. Sie nahm ihn wie durch einen Schleier wahr. Ihr Blick galt seinem Hals, der großen, pulsierenden Halsschlagader. Sie konnte den verlauf förmlich sehen. Kureto begann sie an ihren Schultern zu schütteln: „Aoi! Komm zu dir!“ Sie schüttelte mehrmals schnell den Kopf. „Entschuldigt. Es geht wieder“, das stimmte so nicht ganz. Er legte einen Finger unter ihr Kinn und hob ihren Kopf an. Danach sah er sie einige Zeit intensiv an: „Deine Augen sind nicht rot, wie die der anderen Vampire. Was ist anders an dir?“ „Ich befinde mich in einer Art Vorstufe. Urd Geales hat mir erklärt, dass Vampire erst dann auf alle ihre Kräfte zugreifen können, wenn sie menschliches Blut getrunken haben. Dann werden all ihre Zellen aktiviert und sie werden nicht mehr wachsen.“ Seine Augen weiteten sich: „Heißt das, du hast bisher noch kein menschliches Blut getrunken?“ Sie schüttelte erneut den Kopf. „Deswegen warst du also die ganze Zeit so angespannt. Du hast Durst.“, folgerte er richtig. „Urd Geales hatte mir etwas von seinem Blut gegeben. Aber offensichtlich kann Vampirblut nicht denselben Effekt erzielen wie menschliches“, fuhr Aoi ihre Erklärungen fort. „Das ist nicht gut. Du kannst so nicht mitkommen. Es wird gleich nur so von Menschen und Blut wimmeln“, sagte Kureto. Er schaute kurz an die Decke. Anschließend fuhr seine Hand zum Kragen seiner Uniform: „Egal wie sehr es uns missfällt, du musst trinken. Du musst das unter Kontrolle bekommen.“ „M-Meister Kureto, das…ich kann nicht, ich könnte Euch töten!“, sagte sie, aber ihr Körper schien davon etwas anderes zu halten. Kureto jedoch öffnete die Knöpfe weiter. Anschließend nahm er Aoi am Hinterkopf und führte sie zu seinem Hals: „Du wirst mich nicht töten, Aoi. Das weiß ich. Nimm, was du brauchst.“ Er legte seinen anderen Arm um ihren Oberkörper und hob sie kurz an, dann setzte er sich auf eine der Bänke und nahm sie auf seinen Schoß. Er drehte seinen Kopf nach rechts. Sie beugte sich über ihn, ihre Lippen berührten seine Haut. Jetzt gab es kein Zurück mehr, sie hatte ja auch Urd Geales versprochen, von nun an Menschenblut zu trinken. Das erste Blut, was sie zu sich nehmen würde und es war ausgerechnet Kuretos. Sie öffnete ihren Mund und drückte vorsichtig ihre Zähne auf die Haut. Aber es reichte, schon bald nahm sie die rote Flüssigkeit wahr. Verdammt, es war gut. Es war kein Vergleich zu dem Blut von Urd. Davon brauchte sie mehr, sie bohrte sich tiefer in sein Fleisch. „Shit, Aoi“, er stöhnte leise auf. Aber sie nahm es nur am Rande wahr. Alles in ihr wollte diese lebensspendende Flüssigkeit. Als wäre sie in einem Rausch. `Aoi!´, eine Stimme drang an ihr Ohr. Wer war das? `Aoi! Du wirst ihn töten! Hör auf´ Kureto töten? Gewaltsam löste sie sich von Kureto und sprang zurück. Sie wurde von der Seitenwand des Wagens gestoppt, der Aufprall presste ihr die Luft aus der Lunge. War das zu viel Kraft gewesen. Sie atmete mehrmals tief ein und aus. „Meister Kureto! Seid Ihr in Ordnung?“, fragte sie schließlich. Er nickte: „Ja, mir geht es gut. Was ist mit dir?“ „Mir…Mir geht es gut. Ja, alles in Ordnung“, murmelte sie vor sich hin. Das Brennen in ihrem Hals war verschwunden, es fühlte sich gut an. Kureto drückte ein Taschentuch auf seine Wunde und schaute ihr wieder ins Gesicht: „Deine Augen…“ In dem Moment hatte Aoi ein seltsames Gefühl in sich. Das Gefühl, als wenn gerade etwas tief in ihrem inneren zerbrochen und für immer versiegelt würde…



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