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Der letzte Krieg

1. Auf einer Reise
von

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20. Die verschwundenen Klöße

„Dad?“ Prüfend steckte Po den Kopf in die Küche. „Hast du Shen gesehen?“

Po war ein bisschen besorgt um den Pfau gewesen und hatte einen Blick in sein Zimmer riskiert. Doch es war leer. Mr. Ping war gerade damit beschäftigt für ihre Gastgeber ein kleines Dinner zuzubereiten.

„Oh, soweit ich weiß, ist er nach draußen gegangen.“

„Bei dem Wetter? Es schneit heftig.“

Mr. Ping zuckte die Achseln. „Das Gleiche hab ich zu ihm auch gesagt, aber er erschien sehr abwesend gewesen zu sein.“

Nachdenklich rieb sich der Panda über den Kopf. „Na gut. Danke.“

Damit begab er sich zur Haustür. Doch bevor er sie öffnen konnte, kreuzte ein Schaf seinen Weg.

„Entschuldigung, weißt du zufälligerweise, wo Shen ist?“

„Er steht draußen”, antwortete das Schaf. „Und starrt vor sich hin.“

„Und wo genau?”

„Sieh einfach aus dem Fenster.“

Po tat es. Doch er musste zweimal genau hinschauen, bis er die weiße Gestalt des Pfaus erkannte, die auf einem Hügel nicht weit vom Haus entfernt in der dunklen, verschneiten Nacht stand.

„Wie lange steht er schon da?“

Doch das Schaf war schon verwunden. Po rang mit sich selbst, ob er zum Lord rausgehen sollte oder nicht. Schließlich öffnete er dann doch die Tür. Ein eisiger Wind flog ihm ins Gesicht. Vogel-Fußspuren führten weg vom Haus auf der weißen Oberfläche. Vorsichtig machte Po einen Schritt nach dem anderen durch den Schnee, nähern und näher an den Pfau heran, der sich nicht von der Stelle rührte.

„Hat er etwa vor hier draußen zu übernachten?“, überlegte Po bei sich.
 

Ein kalter Wind fegte über die Landschaft. Doch er spürte es nicht. Der weiße Lord starrte nur geradeaus in die weite Ferne.

„Shen?“, rief ihm eine Stimme zu, aber er reagierte nicht. „Shen? Hey! Es ist kalt und es schneit. Hast du das noch nicht bemerkt?“

Er antwortete nicht. Nicht einmal als eine schwarz-weiße Gestalt vor ihm auftauchte und mit der Tatze vor sein Gesicht wedelte.

„Shen?“ Mit besorgtem Blick sah der Panda ihn an. „Kannst du mich hören?“

„Wie erträgst du es nur, Panda?“, antwortete ihm eine apathische Stimme.

Pos Augen weiteten sich überrascht. „Was soll ich ertragen?“

Zum ersten Mal kam ein tiefer Seufzer über die Lippen des Lords. „Wie erträgst du es mich zu sehen?“

„Ähhhhhhhh….“ Po hatte keine Ahnung, was der Pfau jetzt genau hören wollte. Vielleicht irgendetwas philosophisches oder doch etwas anderes? „Nun, äh, jemanden zu sehen ist ein sehr, sehr komplexer Begriff.“

Der Panda zwang sich zu einem Lächeln, aber Shens Gesicht blieb hart wie Stein. Po schaute nach vorne und versuchte herauszufinden, wohin der Pfau die ganze Zeit über hinstarrte. Doch alles was er sah war nur Schnee und Dunkelheit. Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Lord zu, der seine Position immer noch nicht verändert hatte.

Po rieb sich über seinen Nacken und wagte einen neuen Kommunikationsversuch. „Denkst du… denkst du gerade an sie?“

Wieder nur Stille. Po meinte aufgeben zu müssen, als der weiße Vogel leicht den Schnabel zu bewegen begann. „Schnee ist eine Schönheit, nicht wahr?“

Irritiert schaute Po sich um. „Äh… jaaa. Wir, äh, wir alle mögen Schnee, oder etwa nicht?“

„Obwohl deine Eltern in einer verschneiten Nacht umgekommen sind?“

Diesmal war es Po, der einen tiefen Seufzer äußerte. Mit einem dumpfen Plums ließ er sich in den Schnee fallen und beobachtete den Pfau schweigend. Sein Wunsch seine Gedanken lesen zu können, wuchst mit jeder kalten Minute. Was ging nur in dem Kopf des Lords vor? Es musste mit dem Brief zusammenhängen. Xinxin hatte ihm zwar nur Bruchteile davon berichtet, nicht mehr, aufgrund des Briefgeheimnisses. Aber das alleine genügte dem Panda, um zu verstehen, was die Pfauenhenne für den Armee-Führer von Gongmen gefühlt haben musste.

Immer noch still stocherte Po etwas im Schnee herum, bevor er wieder aufblickte. „Ich bin mir sicher, dass sie dir vergeben wird.“

Plötzlich und ohne Vorwarnung wandte der Lord sich ab und schritt mit strammen Schritten den Hügel runter. „Mir ist kalt.“

„I-ich ich hab doch nicht gemeint…“

Doch Shen unterbrach ihn mit einer warnenden erhobenen Geste seines Flügels, während er unbeirrt seinen Weg fortsetzte. Und ohne ein weiteres Wort betrat er das Haus und ließ den Panda einfach im Schnee zurück.
 

Shen dachte nicht nach, wohin er ging und wo er war. Er spazierte einfach herum ohne Ziel und folgte einigen Lichtern. Und so kam es, dass er sich alsbald in der Küche befand, wo Mr. Ping immer noch arbeitete.

Der Gänserich drehte sich zu ihm um, als er eine Bewegung im Augenwinkel wahrnahm. „Oh, willkommen, Sir! Ich habe Sie gar nicht erwartet. Tut mir leid für die Unordnung.“

Er vollführte eine tiefe Verbeugung. Shen erwiderte die Geste, dann begab er sich rüber an den Tisch und setzte sich auf ein Kissen.

Mr. Ping beobachtete ihn und Momente später stellte er eine Schüssel mit Suppe auf den Tisch. Der weiße Ex-Prinz beäugte sie, doch dann schob er sie von sich.

„Ich hab keinen Hunger.“

Der Gänserich sah ihn verwirrt an. Doch der Pfau faltete seine Flügel zusammen und wich seinem Blick aus. Mr. Ping nahm die Schüssel wieder weg und stellte sie auf die Spüle. Dann nahm er eine Kelle zur Hand und rührte die Suppe im Kessel um.

Eine Weile sprach keiner ein Wort, bis Mr. Ping sich räusperte.

„Nun, es muss eine sehr große Überraschung für Sie gewesen sein, oder?“

Der Pfau richtete seine Augen auf ihn. „Woher willst du das wissen?“

„Po hat es mir erzählt.“

Ärgerlich zog Shen die Augenbrauen zusammen. „In diesem Fall offensichtlich, alles, oder?“

„Ich werde es ja niemanden weitersagen“, bekräftigte Mr. Ping.

Der Pfau schnaubte und schaute wieder weg.

Nach einigen Sekunden der Stille wagte Mr. Ping den Dialog fortzusetzen.

„Ihr hattet einen schlimmen Streit gehabt, nicht wahr?“

Ein erstickter, erschrockener Schrei zerschnitt die Luft, als ein Federmesser den Gänserich nur ganz knapp verfehlte. Mit weit aufgerissenen Augen starrte Mr. Ping darauf, welches in der Holzwand der Küche stecken geblieben war. Langsam schaute er wieder zum Lord und zuckte zusammen. Der weiße Pfau stand da wie ein angreifender Leopard. Dann ließ er sich langsam wieder aufs Kissen zurücksinken. Mit einem tiefen Seufzer faltete der weiße Vogel die Flügel zusammen und wurde langsam wieder ruhiger, aber seine Haltung blieb angespannt.

„Du hast ja keine Ahnung“, kam es über die Lippen des Lords, seine Augen auf den Tisch gerichtet.

Mittlerweile hatte Mr. Ping all seinen Mut zusammengenommen und das Federmesser aus der Wand gezogen. Mit dem scharfen Instrument im Flügel ging er damit zum Tisch und legte es behutsam dort ab. Shen betrachtete es ein paar Sekunden, dann nahm er es und steckte es irgendwo unter seine Federn. Mr. Ping legte die Fingerfederspitzen seiner Flügel zusammen und beobachtete ihn.

„Das ist doch keine Schande“, versuchte er. „In jeder Familie kann es mal zu Auseinandersetzungen kommen.“

Er erstarrte, als Shens Augen ihn eisig trafen.

„Du hast gut reden“, sagte der Pfau gereizt. „Für dich war es immer einfach gewesen.“

Mr. Ping zuckte zusammen, dann kicherte er reuevoll. „Nun, Po und ich waren auch nicht immer einer Meinung. Ich erinnere mich noch gut daran, wie wir mal einen schlimmen Streit gehabt hatten.“

Der Pfau bewegte die Augen langsam nach rechts, dann zurück zu ihm.

„Kann ich mir nicht vorstellen“, murmelte Shen mehr zu sich selbst.

Der Gänserich lächelte. „Oh ja, es ist schon sehr lange her. Po hatte gerade mal zu sprechen begonnen und es war ein warmer Sommertag gewesen…“
 

Vor vielen Jahren im Tal des Friedens, Pos Kindheit
 

„Po? Po?“

Mr. Ping spähte unter den Küchentisch. Aber darunter befand sich kein Panda.

„Po?“

Jetzt fiel sein Blick auf einen umgedrehten Topf. Doch auch dort war kein Panda. Mit einem lauten Seufzen wirbelte Mr. Ping in der Küche herum. Wo könnte er sein? Er ist zwar noch ein Kind, aber nicht so klein, dass man ihn übersehen könnte.

„Mr. Ping?“, rief eine laute Stimme von draußen.

Der Gänserich fuhr herum und schaute durch das Fenster des Restaurants. Im Tor zur Restaurant-Terrasse stand eine große Hasenmutter. Mr. Ping schluckte. Mrs. Maotu, die Nachbarin, gehörte nicht gerade zu den friedlichsten Nachbarn und die meisten Leute mieden sie. Mr. Ping hatte sich gerade vorgenommen sie zu grüßen, als er einen kleinen Panda an ihrer Pfote bemerkte.

„Po!“ Mr. Ping verließ die Küche und rannte auf sie zu. „Wo warst du gewesen?“

Doch noch bevor Mr. Ping Po erreichen konnte, stieß Mrs. Maotu ihn weg.

„Unter meinem Küchenfenster!“, grunzte sie verärgert. „Ich hatte eine Schüssel mit Klößen auf das Fenstersims gestellt, und danach waren sie weg.“

„Weg?“ Mr. Ping versuchte zu verstehen. „Wie weg?“

„Fragen Sie das ihn.“ Damit hob sie den Panda höher. „Und dies hier hatte er in der Hand.“

Mr. Pings Augen weiteten sich, als sie einen Kloß hochhielt. Angeknabbert.

„Po!“

Der Restaurantbesitzer war fassungslos.

„Ich hab sie nicht gegessen“, murmelte der kleine Panda.

„Unartiges Kind!“, schimpfte Mrs. Maotu und gab ihm einen harten Stoß. „Sie sollten Ihr Kind mal besser erziehen!“

Sie warf das Panda-Kind zu Mr. Ping, der wegen Pos Gewicht mit vollem Karacho nach hinten fiel.

„Meine Klöße werden Sie jedenfalls bezahlen.“

Mit diesen Worten schritt die große Hase-Dame davon.
 

„Po, wie oft hab ich dir bereits gesagt, dass es nicht fein ist, das Essen von anderen zu essen.“ Mr. Ping stand in der Küche, der kleine Panda vor ihm mit verschränkten Armen auf den Rücken. „Du wirst dich bei ihr entschuldigen.“

„Aber ich hab sie nicht gegessen“, beharrte der kleine Panda.

„Und was hatte dann der Kloß in deiner Tatze zu suchen gehabt?“

„Hab ich auf den Boden gefunden.“

„Nachdem du die anderen alle verputzt hast.“

„Ich hab sie nicht gegessen.“

Mr. Ping zog die Augenbrauen zusammen. „Po, Lügen ist eine schlimme Sache. Ich weiß noch genau wie oft du meine Klöße ohne meine Erlaubnis aufgegessen hast, und du gesagt hattest ein Hamster hätte sie gestohlen.“

Der Panda schluckte. „Aber diesmal habe ich sie wirklich nicht gegessen.“

Mr. Ping seufzte tief. Vielleicht war er nicht streng genug gewesen.

„Po. Geh auf dein Zimmer.“

Der kleine Panda riss die Augen auf. „Was?“

„Kinder, die lügen gehen ohne Abendessen ins Bett.“

„Aber ich hab nichts getan!“

„Po! Auf dein Zimmer!“

Der kleine Panda stampfte mit dem Fuß auf. „Ich hasse dich!“

Schockiert sah Mr. Ping zu wie Po die Stufen hochrannte.

„Oh nein, was hab ich getan?“
 

Tief in Gedanken versunken strich Mr. Ping mit einem Messer über ein Holzbrett. Noch nie zuvor hatte er solche harten Worte ausgesprochen. Warum hatte er das getan?

„Sie sollten Ihr Kind mal besser erziehen!“, hatte Mrs. Maotu ihm eingebläut.

Mrs. Maotu war eine sehr strenge Frau und niemand würde je behaupten sie würde lügen. Und wenn sie sagte, sie hätte Po beim Essen ihrer Klöße erwischt, dann musste es ja stimmen. Doch andererseits, Mrs. Maotu war auch eine sehr strenge Mutter. Mit fünf Kindern besaß sie ein Haus, ohne einen Ehemann. Und er wusste wie viele Dinge sie ihren Kindern verbot. Mr. Ping hatte ihre Erziehung nie so toleriert, aber er war auch noch nie Vater gewesen. Er hatte Po lediglich mal nur ermahnt, nachdem dieser ihn das letzte Mal angelogen hatte, als er eine Schüssel zerbrochen hatte und das vor ihm verheimlichen wollte.

Der Gänserich schüttelte den Kopf. Er hatte Po ganz klar und deutlich zu verstehen gegeben, ihn nie anzulügen. Und er hatte es danach auch nie mehr wieder getan. Aber tat er es heute?

Mit einem lauten Seufzer legte Mr. Ping das Messer beiseite und ging die Stufen hoch.

„Po?“, rief er hoch. „Po, vielleicht hab ich etwas überreagiert. Komm runter und wir reden nochmal in aller Ruhe darüber.“

Aber da kam keine Antwort.

Mr. Ping holte tief Luft. „Po, bitte, komm runter.“

Schritt für Schritt stieg er die Stufen hoch, wo Pos Zimmer lag.

„Po? Hast du gehört was ich gesagt habe?“

Der Gänserich hielt den Atem an, als er über den Rand des Holzbodens schaute. Pos Zimmer war leer. Da war kein Panda.

„Po?“
 

„Po! Po!“

Mr. Ping schaute in jedem Winkel des Restaurants. Aber Po blieb verschwunden.

„Po? Po? Ich hab’s nicht so gemeint! Po!?“

Schließlich klopfte er gegen jede Haustür in der Nachbarschaft bis er zu Mrs. Maotu kam.

„Entschuldigen Sie“, entschuldigte sich Mr. Ping mit eingezogenem Kopf, als die große Hasenmutter mit verärgertem Gesicht auf ihn herabblickte. „Haben Sie meinen Sohn gesehen?“

„Und ich dachte, Sie wären gekommen, um mir das Essen zu ersetzen.“

Mr. Ping schluckte. „Natürlich, das werde ich, aber zuerst muss ich meinen Sohn finden.“

„Ich weiß nicht, wo sich Ihr verkommenes Kind herumtreibt. Ich will nur meine Klöße zurück.“

Der Gänserich rieb sich über die Stirn. „Vielleicht haben Ihre Kinder ihn gesehen.“

Mrs. Maotu stieß ein erbostes Schnauben aus. „Meine Kinder würden sich nie mit so einem…“

„Ja, ja“, unterbrach Mr. Ping sie ungeduldig. „Aber ich kann sie doch wenigstens mal fragen.“

Die große Hasenmutter wandte sich ab. „Wenn Sie wollen. Aber nicht zu lange. Meine Kinder benötigen keine schlechte Gesellschaft.“

Mit gesenktem Kopf folgte Mr. Ping ihr ins Haus. In der Nähe einer aufklappbaren Leiter hielten sie an. Mrs. Maotu zog an einer langen Decke, die von der Zimmerdecke herunterhing.

„Meine Erziehung ist ein gutes Vorbild. Sie sollten sich daran mal ein Beispiel nehmen.“

Ein weiterer harter Zug und ihre Kinder, fünf kleine Hasen, purzelten herunter.

Mr. Ping riss die Augen auf. Nicht wegen den Kindern, sondern was zwischen den kleinen Hasen herumrollte.

Klöße.

Mit großen Augen blickten die Hasenkinder ihn an. Einer von ihnen ließ gerade einen Kloß im Mund verschwinden.

Jetzt war es Mr. Ping, der in einem verbitterten Ton sprach.

„Ich – ich denke, Sie sollten mal Ihre Kinder besser erziehen.“

Völlig durcheinander lief Mr. Ping aus dem Haus. Als er zwei Schweine auf der Bank sah, rannte er auf sie zu.

„Entschuldigen Sie, habt ihr meinen Sohn gesehen?“

Die zwei Schweine tauschten verwunderte Blicke.

„Aber er ist doch nicht dein Sohn“, meinte einer von ihnen.

Mr. Ping schlug die Flügel über seinen Kopf zusammen. „Er ist mein Sohn! Ich bin nur ein schlechter Vater!“

Und ohne weitere Erklärungen rannte er die Straße runter, wobei er immer zu Pos Namen rief.

„Po! Po!“

Über eine halbe Stunde lang lief er kreuz und quer durch das Dorf, sogar zum Jade-Palast, aber auch dort konnte er keinen Panda finden, geschweige denn einen Hinweis. Erschöpft ließ er sich auf einen kleinen Stein nieder, der am Rande des Dorfes lag.

„Po, wo bist du?“

Tränen stiegen ihm in die Augen. Schweigend beobachtete er die Sonne, die beinahe den Horizont berührte. Schließlich rieb er sich über die Augen.

„Okay“, sprach er zu sich selbst. „Wenn ich Po wäre, wo würde ich dann hingehen?“

Po aß zu jederzeit, egal ob bei guter oder schlechter Laune, aber in einer schlechten Laune musste er noch mehr essen.

Aber wo sollte er etwas zu essen bekommen? Er war nicht im Dorf.

Dann hatte Mr. Ping einen Einfall.
 

Es war schon fast dämmrig, als der Gänserich den Bambuswald erreichte. Zuerst hatte Mr. Ping vorgehabt nach Po zu rufen, doch dann traute er sich doch nicht mehr dazu. Stattdessen sprach er den Namen recht zaghaft aus.

„Po?“

Zuerst war da nur Stille. Doch dann war da ein raschelndes, knackendes Kauen. Langsam und sachte ging Mr. Ping zwischen den Bambus-Stämmen hindurch. Das essende Geräusch wurde lauter. Er hielt an, als er eine kleine schwarz-weiße Figur entdeckte, die zwischen abgeknabberten Bambusstangen hockte. Der Gänserich machte ein paar Schritte auf ihn zu. „Po! Ich hatte mir solche Sorgen um dich gemacht!“

Der kleine Panda warf ihm einen bockigen Blick zu und stopfte sich den nächsten Bambussproß in den Mund. Der Gänserich rieb sich die Fingerfedern aneinander und schaute zerknirscht zu Boden. „Ähm, möchtest du nicht nach Hause kommen?“

Po antwortete nicht und kaute einfach weiter.

Mit einem tiefen Seufzer kam der Vogel näher. „Hör zu, Po. Ich muss zugeben, meine Reaktion war sehr unüberlegt und unfair. Es war dumm von mir dich auf dein Zimmer zu schicken. Ich hätte dir zuerst zuhören sollen. Ich weiß, dass du sie nicht gegessen hast. Und ich bin hier, um sich zu entschuldigen. Es tut mir leid, ich habe mich geirrt.“

Er machte eine kleine Pause, während der Panda ihn mit vollem Mund ansah. Mr. Ping versuchte zu lächeln, aber es verschwand sofort wieder, als Po seinem Blick auswich.

Mr. Ping kicherte nervös und trat näher an ihn heran. „Po, erinnerst du dich noch an deinem ersten Versuch Nudeln zu machen?“

Der kleine Panda murmelte ein schwer verständliches „ja“.

Langsam setzte sich Mr. Ping nehmen ihm hin. „Dein erster Versuch war ein einziger zäher Brei. Aber du hast nicht aufgegeben und hast es immer und immer wieder versucht.“

Po verschränkte die Arme und schaute ins Leere.

Mr. Ping räusperte sich. „Nun, was ich eigentlich damit sagen will ist, dass viele Dinge im Leben kaputt gehen können. Aber jeder von uns ist mal ein Anfänger.“ Er faltete die Flügel zusammen. „Du bist ein Anfänger in Sachen Nudeln machen. Und ich? Nun, ich bin auch ein Anfänger.“

Po sah ihn an. „Ein Anfänger? Du machst die Nudeln gut.“

Mr. Ping lachte. „Nun, in Sachen Vater sein bin ich ein absoluter Anfänger. Ich benötige auch ein paar Anläufe, um es besser machen zu können. Du hingegen bist ein Profi ein Kind zu sein.“

„Ein Profi?“

„Oh ja, und ein Champion im Essen. Das wären schon mal zwei Punkte für dich. Das ist das, was ich nie schaffen werde.“

Beide verfielen zurück ins Schweigen bis Po etwas näher heranrückte. „Vielleicht klappt es, wenn du dir mehr Mühe gibst.“

Damit reichte Po ihm ein Bambusrohr. Mr. Ping zwang sich zu einem Lächeln und nahm einen Bissen. Der kleine Panda lachte, als Mr. Ping versuchte das harte Holz zu kauen.

„Nun“, murmelte der Gänserich zwischen kauenden Bewegungen seines Schnabels. „Ein bisschen zäh.” Er stand auf und legte den Bambusast beiseite. „Vielleicht sollten wir zuhause etwas kochen.“

„Super!“ Der kleine Panda sprang auf. „Ich hab Hunger!“

Der Gänserich lächelte. „Das ist mein Sohn.“ Und nahm ihn an den Flügel.
 

Mr. Ping seufzte laut. „Und von da an, war unser Leben ein kleines Stück besser geworden.“

Lord Shen hatte ihm schweigend zugehört und schaute ihn mit leerem Blick an.

Mr. Ping lächelte. „Aber eine Sache haben wir dabei gelernt. So lange die Liebe vorhanden ist, können Dinge jederzeit repariert werden.“

Der Pfau schaute weg. Ahnte er was er ihm damit sagen wollte?

Doch Mr. Ping wollte ihm nichts weiteres einreden und wandte sich wieder seiner Arbeit zu.
 

Mit einem tiefen Seufzer lehnte sich Po gegen die Korridorwand, nachdem er die Geschichte gehört hatte. Er erinnerte sich noch gut an den Tag und hatte ihn auch nie vergessen.

Plötzlich öffnete sich die Tür und ein Schaf kam hereingerannt. Po erschrak. Der Gesichtsausdruck des Schafes verriet ihm, dass es keine guten Nachrichten hatte.

„Wo ist der Lord?“, fragte es ganz aufregt.

Po deutete zur Küchentür. „Äh… in der Küche.“

Ohne ein weiteres Wort rannte es hinein.

„Lord Shen! Es ist wegen Eurem Sohn!“

Mr. Ping und Lord Shen sahen zur gleichen Zeit auf.

„Ich… ich befürchte… ich glaube er…“



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