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Redefining: sweet passion

von

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Wenn Valentinstag zur Waffe wird

13. Februar 23:58:12, 23:58:13, 23:58:14-
 

Shinichi saß aufrecht im Bett und stierte auf seine Digitaluhr, die mit stetigem Blinken der viel zu hellen LED-Streifen das stetig nahende Ende eines vernünftigen Tages ankündigte. Eines wunderbar herrlich normalen Tages, an denen ein Shinichi Kudou sorgenfrei seinen alltäglichen Tätigkeiten nachgehen konnte, ohne dauerhaften Schaden an seinem Nervenkostüm befürchten zu müssen.
 

13. Februar 23:59:09-
 

Okay, langsam wurde es ernst. Er musste sich wirklich Gedanken machen, wie er dem fröhlich winkenden Wahnsinn - dass es absoluter Wahnsinn werden würde, daran hatte der Detektiv überhaupt keinen Zweifel - entkommen konnte.
 

13. Februar 23:59:53-
 

Ein spontaner Ausflug auf den Mond erschien ihm mehr als nur geeignet. Das Phone bereits in der Hand, um nach passenden Flügen zu seinem Vorhaben zu suchen- nur die letzten unweigerlich und viel zu schnell verstreichenden Sekunden des Tages- wer hat der verdammten Zeit Extasy in den Rachen geworfen?! (Nicht, dass Shinichi generell etwas dagegen hätte - würde unglaublich gut helfen, die langweiligen Schulstunden vorzuspulen.)
 

13. Februar 23:59:59-
 

Oh Gott. Ich glaube zwar nicht an dich, da logisch denkender Detektiv mit Vorliebe für Fakten und Tatsachen und so, aber- Bitte. BITTE. Alles, nur das nicht!
 

14. Februar 00:00:03-
 

Shinichi seufzte schicksalsergeben auf. Ließ sich zurück in sein Kissen fallen. Schloss kurz die Augen, um sein allzu ungerechtes Los im Stillen der Gedanken zu beweinen…
 

Erstarrte.
 

Hand schob sich unsicher unter das Kopfkissen, kurzes suchendes Scharren, um den Klumpen, der urplötzlich unter seiner Birne (die sonst an einem normalen (!) Tag überhaupt keine Probleme hatte, weich und angenehm zu liegen- gottverdammtnochmalwarumnurwarum) zu erfühlen und ihn herauszuziehen.
 

Ein faustgroßes Schokoladenherz, das ihm beinah hämisch in der Dunkelheit entgegengrinste.
 

…Shinichi hasste diesen Tag.
 

###
 

Er hasste diesen Tag auch noch, als er ein paar Stunden erstaunlicherweise erholsamen Schlafs später weckerwirklichkeitsgedonnert und mit zerwuschelten Haaren an der Anrichte lehnte und gähnend seiner Kaffeemaschine bei ihrer Arbeit zusah.
 

Diese presste unter hoher Konzentration überlebenswichtige braune Brühe in Shinichis Tasse, welche vor lauter Wonne mit einem kleinen Liebesseufzer schlichtweg dahinschmolz-
 

Sekunde, WAS?!
 

Ein hektischer Knopfdruck stoppte den Kaffeefluss, Shinichi fasste die Tasse an ihrem Henkel, um sie hochzuheben. Von dem angeblichen Porzellan blieb nur der Henkel. Der Rest verteilte in einer schmutzig-weißen Pfütze auf dem metallenen Auffanggitter seiner Kaffeemaschine.
 

Weiße Schokolade.
 

Weiße verdammt fucking noch mal Schokolade!
 

…es war von immensem Vorteil für die Polizeiwelt, dass der Verursacher dieser Katastrophe (ES IST MEIN MORGENKAFFEE, VERDAMMT!) sich nicht in unmittelbarer Nähe aufhielt. Der Anblick der Leiche wäre echt nicht schön gewesen.
 

Mit einem Schnauben, das einem wütenden Rhinozeros Konkurrenz machen könnte, beförderte der Detektiv das Gitter in die Spüle, und griff in den Schrank nach einem neuen Versuch. SICHERLICH war dieser Schwachmat nicht suizidal genug, um alle Tassen- schmeckte süß. Die nächste auch. Und die übernächste! Das- das konnte doch wohl nicht wahr sein! Mittlerweile richtig angepisst, drehte sich Shinichi in seiner Küche umher, in der Hoffnung einen kaffeefähigen Untersatz zu finden.
 

Die Thermoskanne auf dem Tisch zwinkerte ihm mit einem herzförmigen Klebi zu.
 

Shinichi blinzelte zurück.
 

Schloss kurz die Augen. Öffnete sie ein paar Sekunden später.
 

Nope, die Thermoskanne war immer noch da. Ergo, keine Einbildung. Verdammt. Denn dann dürfte sich Shinichi fröhlich lächelnd zum Psycho abstempeln lassen und müsste sich nicht wundern, wie das Ding überhaupt auf seinem Tisch aufgetaucht ist, obwohl er seine Küche keine sieben Minuten zuvor eindeutig thermoskannenfrei vorgefunden hatte.
 

Uuuuuhh, Magie, uuuuuhhhh!
 

Mit einem geknurrten "WEHE, der Kaffee ist nicht gut!" gab es der Oberschüler schließlich auf, schnappte sich die Kanne und warf sie in seine Schultasche. Er war ohnehin schon spät dran.
 

…wenigstens waren seine Schuhe und seine Haustür vor einer spontanen Verschokoladisierung verschont geblieben. Danke Gott für die kleinen Geschenke.
 

(Sein Schokoladenhausschlüssel blieb jedoch im Schloss stecken.)
 

WIE SCHAFFTE ES DER ELENDE MISTKERL DIE TEILE SO REALITÄTSNAH HINZUBEKOMMEN?!
 

Mit entsprechender luftig-beschwingter Laune (lies: Bodenrisse erzeugendes Donnerstampfen einer Elefantenkuh mit PMS) machte sich Shinichi auf den Weg zur Schule.
 

###
 

Warum der Gedanke an diesen beknackten und absolut unnützen Tag (gut, die japanische Schokoladen-Industrie ausgenommen, die verbuchte am 14. Februar meterweise Rekordumsätze mit der Liebesgeständnis-Schokolade, Kollegen-Schokolade, Freunde-Schokolade, Ich-kann-dich-zwar-nicht-ausstehen-aber-hier-hast-du-welche-Pflichtschokolade in allen möglichen und unmöglichen Variationen und Größen, nebst einer professionellen Beratung zum Kauf, je nach Arschlochigkeit des Beschenkten - wobei der Oberschüler persönlich nichts gegen Fühl-dich-saftig-in-den-Arsch-getreten-Schokolade oder Geh-auf-der-Autobahn-ein-bisschen-spielen-Schokolade einzuwenden hätte) bei Shinichi die gleiche Begeisterung auslöste wie ein anstehender Zahnarztbesuch, nun, schuld daran war ganz allein seine eher unfreiwillig akquirierte "bessere Hälfte".
 

Was eigentlich eine super romantische Angelegenheit - rot angelaufene Bäckchen, verschämtes Glitzern in den Augen, nervöses Kneten der Hände, Rekorde im Schnellklopfen aufstellende Herzen, Glücksgefühl aus allen Poren etc. pp. - werden sollte, lief im Falle eines Shinichi Kudou auf:
 

"Hey, Shin-chan~! Ich mag dich. Geh mit mir aus!"
 

"NEIN!"
 

"Wunderbar, ich hol dich um 8 Uhr ab!"
 

hinaus.
 

...ja.
 

Dass das "Gespräch" vor versammelter Schülerschaft der Teitan-Oberschule während einer Pause mitten auf dem Schulhof stattgefunden hatte, störte das wandelnde Pfahl im Fleische des Jungdetektivs kein bisschen. Shinichi dagegen musste für den restlichen Tag dumme Bemerkungen, verschwörerische Ellbogenschläge in die Seite, begleitet von weiteren dummen Bemerkungen, sinnentleertes Gegrinse und Augenbrauengewackel nebst noch mehr dummen Bemerkungen über sich ergehen lassen.
 

Nach dem fünften "Kudou! Wie konntest du nur? Was wird aus deinen weiblichen Fans?" oder "Danke, Kudou! Vielleicht kriege ich endlich eine Freundin ab!" sowie "Extrablatt, Extrablatt! Der eisgekühlte Detektiv bricht zu neuen Ufern auf!" kam der patentierte Todesblick eines Shinichi Kudou zum Einsatz. Begleitet von geknurrtem "Ich weiß, wie man einen unlösbaren Mord begeht, und außerdem schuldet mir das Polizeipräsidium ein paar Gefallen…!"
 

Und überhaupt, was sollte dieser Quatsch mit den weiblichen Fans? DAS wäre ihm ja wohl aufgefallen! ...Hach, wie schön wäre so ein kleiner Harem gewesen, der mit Herzchen in den Augen dem sich cool durch die Haare streichenden Shinichi hinterhertrippelte, eine kleine Ohnmachtswelle, wenn der Detektiv einen Ladykillerblick gepaart mit einem sexy Halblächeln nach hinten warf, und lauter verliebte Seufzer und Pheromone in seine Richtung... Natürlich würden sie alle seine Fälle verfolgen, die Zeitungsartikel ausschneiden, Fotos von ihm schießen, diese untereinander tauschen, Sammelbände mit "The best of Kudou Shinichi" erstellen und diese höchstbietend verkaufen- kurzum, alles, was normale Fans eben so machten.
 

Und was bekam er stattdessen?!
 

Einen zirkusverknacksten Kleptomaniker!
 

Der ihn tatsächlich wie angedroht um 8 Uhr abgeholt hatte (nun ja, "entführt" traf den Sachverhalt schon eher, denn Shinichi befand sich zu jenem Zeitpunkt im Präsidium, gänzlich in seiner Rolle als Retter des Ansehens der Polizei brillierend- und außerdem, was gab er denn schon auf die Pausenhofdeklarationen von irgendwelchen dahergelaufenen konfettisprühenden Crossdressern) und dem Oberschüler so ziemlich den besten Abend beschert hatte... Alles unter Zwang! ZWANG! Dabei war es nichts Besonderes gewesen, nur unglaublich spannende Diskussionen, leckeres Essen in einem Familienrestaurant mit unvergleichlicher Atmosphäre, ausnahmsweise mal kein mordswütender Mob (was unter normalen Umständen eher das Highlight bei Shinichis sonst ziemlich langweiligen Dates darstellte), abgerundet mit einem abendlichen Spaziergang und sogar einem kleinen Abschiedskuss- kurzum, es war alles furchtbar. Seelische Erpressung und so weiter.
 

Und der Jungdetektiv war überhaupt nicht damit einverstanden gewesen, dass noch viele weitere Dates folgten, weil, wer wollte schon freiwillig so ein angenehmes Trauma durchmachen- Also. Genau. Ähm. Irgendwie so.
 

Ach ja. Der Typ hieß übrigens Kuroba Kaito. War angehender Magier. Plante und inszenierte nebenbei Großeinbrüche in private und staatliche Einrichtungen. Und Shinichi hatte sich ca. 371 Mal vorgenommen, ihn der Polizei auszuliefern. Warum das bis jetzt noch nicht so recht klappen wollte, das...das lag alles an den blöden Dates! Und- Und an Kaitos dämlichen wunderschönen Augen mit diesem faszinierenden Violett, das- das Shinichi vollkommen kalt ließ. Und an seinem Wirrwarr von weichen Haaren, wobei es Shinichi überhaupt nicht in den Fingern juckte, sie noch mehr zu zerwuscheln. Ganz bestimmt war auch die in Alufolie gewickelte noch warme Schüssel Curry, verlockend auf seinem Küchentisch stehend, nachdem Shinichi ausgehungert spätabends nach einem Fall in sein Haus gestolpert ist, daran schuld. Oder der Becher mit frisch gebrühtem Kaffee, der total unpassend genau in dem Moment auftauchte, als Shinichi, nach einem Fällemarathon und durchwachten Nächten völlig übermüdet, versuchte, mit der Schultischplatte eins zu werden.
 

...schlichtweg grauenvoll das Ganze. Aber beim 379. Mal klappt es mit der Auslieferung bestimmt!
 

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Das Schulgebäude kam immer näher und weit und breit keine Leiche in Sicht.
 

...Kacke.
 

Wie gern hätte sich der Detektiv vor diesem Tag gedrückt! Nicht, dass er es nicht versucht hätte. Von "sich in seinem Zimmer einsperren und so tun, als hätten Unbekannte sein Frühstücksmüsli mit Zyankali gewürzt" (okay, im Nachhinein betrachtet, war das wirklich wenig überzeugend, da Müsli nicht sehr häufig Bestandteil eines normalen japanischen Frühstücks war und er als Japaner vermutlich auch eine Lactoseintoleranz hatte) bis "einen Spontanausflug nach Amerika zu machen, um den geplagten Editoren bei der Jagd nach seinem Vater zu helfen" war leider keine idiotensichere Methode dabei, um sich vor der valentinstagwütigen gesellschaftlichen Katastrophe auf zwei Beinen in Sicherheit zu bringen.
 

Wenigstens vor Leichen hatte Kuroba Respekt. Aber natürlich, wie könnte es auch anders sein, wurde der Detektiv nie zu einem Fall gerufen, wenn er es am nötigsten brauchte! Vermutlich würde Megure lieber das gesamte Polizeipräsidium in Verruf bringen, als sich von der tickenden Valentinsschokoladenzeitbombe namens Kudou Shinichi bei der Aufklärung helfen zu lassen. ...blöder Megure.
 

Dennoch stand überhaupt nicht zur Debatte, dass seine "bessere Hälfte" von Romantik in etwa genauso viel Ahnung hatte wie ein Maulwurf vom gregorianischen Kalender. Ergo, nicht so viel. Dafür legte er tonnenweise Enthusiasmus an den Tag, was nicht minder gruselig war und nicht selten dazu führte, dass Shinichi sich bis auf die Blutkörperchen blamiert fühlte. Ungeachtet dessen, wie oft der Detektiv dies so behutsam wie möglich zur Sprache brachte (häufig in Form von "Ich stopf dir deine bekloppten Rosen so tief in den Arsch, dass du Marzipan scheisst!" oder schlicht "ICH BRING DICH UM, ICH SCHWÖRS! Irgendwann bist du nur noch ein unangenehmer Geruch auf meinem Dachboden!"), der blöde Sack kapierte es einfach nicht.
 

...warum jegliche Drohungen an seine Adresse Kuroba lediglich dazu veranlassten, Shinichi breit anzugrinsen und ihm einen Kuss auf den Mundwinkel zu drücken, das...entzog sich gänzlich Shinichis logischem Verständnis. Überhaupt schienen "Kuroba" und "Logik" einander auszuschließen, egal, wie oft der Detektiv versuchte, das Gegenteil zu bewerkstelligen, er scheiterte jedes Mal kläglich.
 

Berechtigterweise musste der Oberschüler (innerlich!) zugeben, dass es um seine Versiertheit in Sachen Romantik nicht viel besser stand, aber wenigstens weckte er in seinem Partner NICHT den innigen Wunsch, sich in einem U-Boot zu ertränken. …ja, das ging! Mit viel Wasser ging das auf jeden Fall!
 

Mit diesen erquickenden Gedanken über die Möglichkeiten eines schnellen Ablebens blieb der Detektiv vor dem menschenleeren Eingang stehen, um sich kurz zu sammeln- nope, half überhaupt nicht. Er wünschte sich immer noch auf den Mars.

Dass er mal wieder zu spät zum Unterricht kam, war schon Normalität - der Direktor und seine Lehrer hatten es mittlerweile aufgegeben, Shinichi auf die Verwerflichkeit der Unpünktlichkeit hinzuweisen, vor allem, wenn der Detektiv mit seiner geliebten Logik konterte "Aber ich WAR pünktlich, Sawada-san, ich kann nur eben nichts dafür, dass der Gerichtstermin zur Verhandlung des Mordes an Kurokawa-san, bei dem … [es folgen zensierte Details zu dem Thema, von denen der arme Sawada-san für den Rest seines Lebens grauenvolle Alpträume hatte], genau zu Beginn des Unterrichts angesetzt war!"
 

Dass sein Fach mit den Wechselschuhen "nur" mit Fanpost und Fan-Schokolade (...Letzteres wäre weitaus aufregender, wenn es von hübschen Mädchen und nicht nur von Polizisten der umliegenden Bezirke käme…) vollgestopft gewesen ist, deutete darauf hin, dass Kuroba sich mal wieder etwas total Geniales hat einfallen lassen. Das "total Geniale" ist an dieser Stelle gänzlich zynisch zu deuten. Der Detektiv warf einen Blick zur Eingangstür. Es war noch nicht zu spät, um abzuhauen...niemand würde merken, dass Shinichi überhaupt erst im Gebäude gewesen ist und- Nein. Besser nicht. Es gab etwas durchaus Schlimmeres als einen Kuroba Kaito im Valentinstagswahn - nämlich einen eingeschnappten Kuroba Kaito im Valentinstagswahn.
 

Letzte Schritte den Flur runter zum Klassenzimmer (Shinichi konnte sehr gut nachvollziehen, wie sich zum Tode Verurteilte auf dem Weg zum elektrischen Stuhl gefühlt haben mussten), die Schiebetür auf- die Lehrerin des Modernen Japanisch hörte auf zu sprechen, sämtliche Gesichter wandten sich dem Neuankömmling zu. Viele davon gänzlich unangebracht erwartungsvoll à la "Na, auf welche Weise wird Kudou wohl dieses Mal blamiert werden?" Das Mitgefühl haute Shinichi schlichtweg von den Socken.
 

Der Schokoladenberg auf seinem Tisch ebenfalls.
 

Warum so ein unschuldiger Berg einem gefahrerprobten Detektiv das Blut in den Adern gefrieren ließ, nun...das vermochte nur jemand zu verstehen, der Kuroba Kaito und seine Streiche live miterlebt hatte. Shinichi starrte auf die gestapelte Schokolade in Form inkrementierendem Beweismaterial wie Herzchen, Lupen, Hütchen mit Monokelchen und Kleeblättchen (…überhaupt nicht auffällig, du Idiot), noch mehr Herzchen, Röschen und Täubchen, die wiederum Herzchen in den Schnäbelchen hielten- Shinichi wurde langsam übel. Das Ganze detailgetreu und stilvoll aufgebaut mit einem Schokoladenkuchen als Basis.
 

"Kudou-kun? Es ist Unterricht. Möchtest du dich nicht lieber auf deinen Platz setzen?"
 

...Nein. Nein, das wollte er nicht. Viel lieber wollte er sich aus dem Fenster schmeißen-
 

"Kudou-kun, vergiss es. Die Fenster wurden nach dem letzten Vorfall erneuert und verstärkt. Denk nicht mal daran."
 

...Verdammt.
 

Moment! Idee!
 

"Hey, Ran!" Shinichi drehte sich mit geradezu blendender Begeisterung zu seiner langjährigen Freundin, die ihn wiederum skeptisch musterte, "Ich glaube, hier liegt eine Verwechslung vor und die Schokolade ist in Wirklichkeit für d-" In diesem Moment erwachten zwei der Schokoladentauben zum Leben. (Es sprach Einiges für Kurobas Bemühungen in Bezug auf Stärkung von Shinichis Nervenkostüm, dass dieser vor Schreck nicht einfach an einem Herzinfarkt - der fünfte in Folge - krepiert ist.) Das Raunen und die erstaunten Ausrufe der Klasse ignorierend, drehten die Vögel vorwurfsvoll gurrend- ja, Kurobas Tauben hatten das eben drauf - ein paar Runden durch die Klasse, landeten auf Shinichis Pult. Während eine Taube an einer Schnur zog, woraufhin unter der Tischplatte eine Grußkarte zur Hälfte hervorsprang, hüpfte die andere auf Shinichis Schulter herum, in einer recht unmissverständlichen Aufforderung, sich doch mal endlich hinzupflanzen und die Karte herauszuziehen.
 

...es war eine Musikkarte.
 

Mit Gesang.
 

Der Inhalt war zu schauderhaft, um ihn näher wiederzugeben, nach dem fünften "Shin-chan, my love", "be my Valentine", "will always love you" und "love, love, love" (den Oberschüler hätte es überhaupt nicht gewundert, wenn dazwischen noch ein "wanna rain sweet passion upon you" und "ravish you until you scream" zu hören gewesen wäre), klappte Shinichi in purem Horror die Karte zu und warf sie so weit von sich weg wie möglich.
 

Dass die Tauben das blöde Teil im Flug auffingen und es ihm brav zurück auf den Schoß legten, half ihm übrigens kein bisschen!
 

(Kuroba hatte eigens dafür Bändchen an der bescheuerten Karte befestigt, damit die Vögel diese im Schnabel halten konnten- HERRGOTT.)
 

"Also, wirklich, Shinichi!", meldete sich ein brodelnder Vulkan in Form von einer ganz und gar nicht begeisterten Ran Mori neben ihm zu Wort. "Da macht sich Kaito-kun so viel Mühe, extra für dich und was tust du? Versuchst dieses wunderschöne Arrangement einfach loszuwerden, von wegen Verwechslung! Manchmal verstehe ich dich wirklich nicht. Jeder andere vernünftige Mensch würde sich über so ein einzigartiges Geschenk freuen!"
 

"Genau, was ist nur bei dir falsch gelaufen, Kudou?"
 

"Du verbringst wirklich zu viel Zeit mit der Polizei, da kann doch nichts Gutes dabei rauskommen. Wenigstens ist Kaito-kun da, um dich wieder auf den rechten Weg zu lenken."
 

"Hach, ich wäre so glücklich, wenn meine Freundin mir so eine Valentinstagschokolade geschenkt hätte…"
 

"HEY! Ich habe dir selbstgemachte Schokolade gegeben, reicht das nicht?!"
 

"...tschuldige, Schatz…"
 

"Der arme Kaito-kun, Kudou weiß seine Mühe gar nicht zu schätzen. Und trotzdem hört er nicht auf, sich jedes Mal aufs Neue eine besondere Überraschung für Kudou auszudenken- Aaach, das muss wahre Liebe sein!"
 

"Nicht wahr, nicht wahr? Kaito-kun ist immer so freundlich und nett! Wie er es mit dem grumpigen Kudou überhaupt aushält… Manchmal tut er mir richtig leid."
 

...Shinichi klatschte sich wortlos ins Gesicht.
 

(Die Karte fiel daraufhin erneut von seinem Schoß auf den Boden.
 

Die Tauben brachten sie wieder hoch.)
 

Jetzt dürfte auch der letzten knienden Waldameise bewusst geworden sein, warum Shinichi den blöden Valentinstag (der Erfinder würde sich wünschen, ein Kuschelbär für den Hulk zu sein, sollte der Detektiv ihn jemals in die Finger kriegen!) so hasste.
 

###
 

...es war die Hölle. Es war die höllischste Hölle auf verdammt fucking Erden und Kuroba würde dafür bluten. BLUTEN!
 

Herzchen auf den Büschen vor dem Eingang der Schule, alle mit "I [heart] Shin-chan" verziert, kleine Schokoladenrosenexplosionen, die in filigranen Blüten auf Shinichis Kopf niederregneten, sobald dieser die Klassenzimmertür aufschob, um aufs Klo zu gehen und…Tauben. Viele kleine gruselige Tauben in schokoladenbraun, die gurrend auf seinem Schoß herumsprangen, ihm pausenlos Schokoladenherzchen anboten, die auf seinen Schultern saßen und ihn mit ihren Köpfchen knuddelten oder die versuchten, ihm eine Rose ins Haar zu stecken und ihm dabei fast das Auge herausstachen.
 

Kudou Shinichi - der coole Detektiv und Mörderjäger, bis zur Mittagspause an dem verfluchten 14. Februar reduziert auf eine taubenumflatterte Wolke auf zwei Beinen, mit echten Rosen im Haar (die Botanik auf seiner Birne würde jeden Meister der Ikebana vor Neid erblassen lassen!) und essbaren Blütenblättern garniert, nebst einer ernsthaften Bedrohung seines Herz-Kreislauf-Systems aufgrund fortschreitender Überzuckerung. …dass er den blöden Tauben auch nichts abschlagen konnte! Die Viecher hatten den Hundeblick perfektioniert, das war echt nicht mehr witzig.
 

Es spielte übrigens überhaupt keine Rolle, nicht die geringste, dass Shinichi Kaitos Tauben abgöttisch liebte und ihnen Einiges mehr erlaubt war, als Kuroba selbst - zum Beispiel das ungefragte Verwuscheln von Shinichis Haar oder das Vereinnahmen von Shinichis Kleidungsstücken. Die Tauben gaben sich da schon mit seiner Krawatte zufrieden, aber Kuroba musste natürlich unbedingt alles vom Detektiv Angezogene haben, dieser Gierschlund! ...mit weitaus unlauteren Absichten. Miki und Nela waren Shinichis Lieblinge - sie hörten ihm immer gern zu, wenn er ihnen Detektivgeschichten vorlas. Oder mit ihnen die neueste Folge von BBC Sherlock anschaute - sie gurrten dann aufgeregt oder schlugen mit den Flügeln, wenn es besonders spannend wurde. (Ein bisschen unheimlich wurde es allerdings, als die beiden versuchten, Moriarty durch den Fernseher hindurch die Augen auszustechen.) Toma nestelte gern in seinen Haaren, für Holmes konnte ihn Shinichi aber noch nicht begeistern. Ru versuchte regelmäßig Nela den Lieblingsplatz auf Shinichis Schulter streitig zu machen - es dauerte etwas, bis die beiden zu einem Konsens gekommen sind und ihre Sitzgelegenheit im Abstand von zwei Tagen einander überließen-
 

Er…er schweifte gerade ab, oder?
 

Genau, das…äh…das tat überhaupt nichts zur Sache!
 

Und außerdem hatte Shinichi gar kein Futter für die Vögel dabei - Kuroba sollte sich wirklich auf was gefasst machen! So etwas Verantwortungsloses.
 

Grummelnd schlug Shinichi mit seinem Bento, das mir nichts, dir nichts in seiner Schultasche aufgetaucht ist, und der Thermoskanne den Weg auf das Schuldach ein.
 

NOCH mehr blöde Bemerkungen à la "Kudou-kun ist heute wortwörtlich süß!" oder absichtlich laut geflüsterte "Ob ich ihn anknabbern darf?" mit entsprechendem Grinsen musste sich der Oberschüler wahrlich nicht antun.
 

(Was seine Tauben von diesem Vorhaben hielten, zeigten sie sehr deutlich, indem sie versuchten mit lauten Rufen und Flügelschlagen, den Knabber-Attentäter vom Detektiv-turned-Knusperhäuschen zu vertreiben - wenigstens eine klitzekleine Befriedigung.)
 

Das Extrablatt der Schülerzeitung, das sich eingehend und detailgetreu, ausuferndes Bildmaterial inklusive, mit dem sozial-gesellschaftlichen Fiasko beschäftigte ("Teitan im Herzenrausch - die schönste Liebeserklärung seit Erfindung von Schokolade!" - aha, so nannte man also heutzutage Blamage von unschuldigen Oberschülerdetektiven… "Wenn ortsansässige Holmesfanatiker schlicht Zucker werden - ein Sieg für die Romantik!" - das war bestimmt Sonoko. Na warte, dir hetze ich noch Tauben auf den Hals! Was soll an Schokoladenflecken auf der Uniform groß romantisch sein? Pffft... "Valentinszauber pur, Kuroba Kaito hat es mal wieder geschafft! Wann wird geheiratet?!" - BITTE WAS?!), trug in keiner Weise dazu bei, Shinichis Laune zu heben. Ebenso wie die Tatsache, dass Ran sich lieber an dem beknackten Schulklatsch beteiligte, anstatt die Seelsorgerin zu geben und ihm beim Beklagen seines Schicksals auf dem Schuldach zuzuhören. ...blöde Ran.
 

Um seinem Frust etwas Ausdruck zu verleihen (als würde die "Komm mir zu nah und ich beiß dir die Nase ab"-Aura nicht reichen), knüllte der Oberschüler die Schülerzeitung zusammen und warf sie über die Schulter. ...natürlich würde er sie brav aufheben und ordentlich entsorgen, aber in dem Moment wollte er eben etwas cool sein, okay?
 

"Idiot", fühlte sich Shinichi bemüht, der stillen Schuldachluft mitzuteilen. "Eine Packung Konbini-Schokolade hätte mir doch vollkommen gereicht, Blödmann."
 

Oh. Kaito hat selbst gekocht. Shinichi stupste die leicht angebrannten Wiener-Oktopoden mit seinen Stäbchen an- nein, wenigstens erwachten diese nicht plötzlich zum Leben und fingen auf seinem Algensalat an zu tanzen. Auch das unordentlich gerollte Omelett verlieb brav an seinem Platz.
 

Und ein kleines Säckchen mit Vogelfutter für die Tauben.
 

"Idiot", flüsterte er erneut und merkte nicht einmal, wie sich seine Mundwinkel zu einem kleinen Halblächeln verzogen.
 

###
 

Wie Shinichi den Rest des Schultages - die Schokoladen-Attentate mithilfe von Tauben, Sonokos laute anzügliche Kommentare und Rans verhaltenes Kichern, aktualisierte Ausgabe der Schülerzeitung, diesmal mit Leserbriefen, schimmernde Nostalgie in den Augen der Lehrer à la "Hach, das erinnert mich an meine Jugendliebe…" (WIE konnte dich diese Kakao-Zucker-Katastrophe an irgendwas erinnern?!) - überstanden hatte, das reihte sich in der Heiligen Halle der bis dato Ungelösten Mysterien der Neuzeit ein.
 

...es würde vermutlich ein paar Therapie-Sitzungen brauchen, bis sein Verstand wieder vollständig hergestellt war. Als wären die fünf Hochzeitstage seiner Eltern nicht schon genug gewesen.
 

Vollkommen ausgelaugt schleppte sich die einstig ultracoole Detektivlegende Beikas Straßen entlang endlich zurück ins traute Heim. Wenigstens hat er den Schokoladenkuchen loswerden können (seine Mitschüler haben kräftig mitgeholfen). Die Reaktionen auf sein derzeitiges Äußeres ignorierte Shinichi. Sein Schamgefühl war dermaßen durch die Mangel gedreht worden, dass es bei den entsetzten Blicken der Passanten nur schwach zucken konnte-
 

"Shin-chan, my love for you~

Always will be there for you~"
 

Gedudel etwa zwei Meter über seiner linken Schulter. Die Musikkarte war während des Fluges (yep, die Tauben trugen ihm das blöde Teil immer noch hinterher- WIE SADISTISCH KANN EIN VOGEL SEIN?!) aufgeklappt und Kurobas Stimme beglückte Shinichis unmittelbare Umgebung mit dem schauderhaftesten Engurisch seit Erfindung der quietschenden Kreide auf der Schultafel.
 

Passanten blieben stehen, um erst recht entsetzt zu schauen, ergänzt durch Fingerzeigen auf die beschokosaucete und rosenbespickte Gestalt.
 

Shinichis Schamgefühl erlitt erfolgreich einen epileptischen Anfall.
 

Der Oberschüler warf einen grimmigen Blick auf die unschuldig blinzelnden Vögel, die sich natürlich außerhalb seiner Reichweite befanden, die dämlich-klugen Viecher. Auf sein geknurrtes "Verräter...VERRÄTER!" zuckten sie lediglich mit einem "...wasch isch?" die imaginären Schultern.
 

Einen, wenngleich zweifelhaften, Vorteil hatte das Ganze allerdings - Shinichi schleppte sich etwas schneller.
 

Oh Gott. ENDLICH.
 

Der Detektiv rutschte an seiner Haustür runter auf den Boden. Endlich zu Hause. Endlich Ruhe, endl-
 

"Hey, Shin-chan, da bist du ja wieder! Mensch, wie siehst du denn aus? Gab es bei euch eine Essenschlacht an der Schule oder wie?" Herzhaftes Lachen.
 

Shinichis rechtes Augenlid zuckte.
 

"...duu…"
 

"Hm? Hast du was gesagt?"
 

"...DUUUU BLÖDER PENNER!" In Sekundenschnelle war Shinichi aufgesprungen, hatte sich den linken Schuh vom Fuß gerissen, und diesen Richtung bekochschürzter und Kochlöffel in der Hand haltender Plagegeist abgefeuert.
 

"IAICKS!"
 

Das Geschoss verfehlte die Hohlbirne nur knapp. Kuroba stierte auf den Schuh, der dampfend im Türrahmen feststeckte. Ein kurzer Blick auf die brodelnde Vulkaninsel veranlasste ihn zur einzig vernünftigen Lösung-
 

"W-W-Warte, Shin-chan- AAAAAAAAAAAAAHHHHH!"
 

Panischen Flucht.
 

"ICH GEB DIR GLEICH WARTE! DU HIRNABGEHAKTER ZIRKUSIDIOT, WAS MEINST DU WOHL, WARUM ICH SO AUSSEHE, HÄH?! WER HAT MICH DEN GANZEN TAG MIT SCHOKOLADENSTREICHEN TERRORISIERT? ICH WAR DIE BESCHISSENE LACHNUMMER DER GANZEN SCHULE!"
 

Die Tirade wurde von diversen BÄM!s begleitet, als der stockwütende Detektiv wahllos nach Gegenständen griff, um sie dem flüchtenden Kuroba an die Birne zu schießen.
 

Ein paar Attentate auf die unschuldige Kudou-Villa später fand die halsbrecherische Verfolgungsjagd in der Bibliothek ihr Ende, als Shinichi mit einem Erdbeben erzeugenden Kriegsschrei und waghalsigen Sprung Kuroba schließlich zu Boden riss. Nach ein paar Drehungen, der Geschwindigkeit und dem Schwung geschuldet, blieb der Detektiv schwer atmend und erschöpft auf dem ebenfalls nach Luft schnappenden Kaito liegen.
 

"Gott...ganz ehrlich. Hat sich dein Verstand endgültig verabschiedet, oder wie?" Shinichi, das Gesicht in der Kochschürze vergraben, pokte blind dort, wo er Kaitos Wange vermutete. Zu mehr war er nicht imstande. Sein temporäres Kissen erbebte als Kaito kurz auflachte.
 

"Mein Verstand ist einer feindlichen Übernahme zum Opfer gefallen… Und wird schon seit geraumer Zeit von einer recht gewalttätigen Person beherrscht, um die sich so ziemlich alle meine Gedanken drehen- AUAA!" Kaito zuckte vor Schmerz zusammen, als Shinichi ihm kurzerhand in die Brust biss.
 

"Spinnst du?!" Kaito versuchte, den Detektiv von sich wegzudrücken, um die malträtierte Stelle zu reiben. "Das hat wehgetan!"
 

"Selbst schuld, wenn du so einen sentimentalen Schwachsinn daherbrabbelst." Shinichi stemmte sich auf die Ellenbogen hoch und grinste den ganz und gar nicht über diese Behandlung Begeisterten spöttisch an. "Bei deiner Art, das zu zeigen, fällt es mir manchmal schwer, es zu glauben… Dein Verstand wird nur von einem beherrscht - und das ist der Schabernack. Deine Flunkereien kannst du dir als sp-"
 

Kaito wartete das Ende der Rede gar nicht erst ab, sondern zog Shinichis Gesicht zu sich runter und stopfte ihm auf die sinnlichste Art und Weise den Mund. Leckte die unnützen Wörter von dessen Lippen, hungrig, fordernd, von wegen Flunkerei, der besessene Detektiv brauchte wirklich für alles einen Beweis, na, den würde Kaito ihm liefern- Shinichi kapitulierte von der schieren Wucht und Kaito ließ sich nicht lange bitten- Schokolade, gemischt mit Shinichi, eine wahrhaft sündige Mischung- ein kleiner Ruck, leichter Wirbel und schon lag Shinichi unter ihm, für ein paar Sekunden benebelnden Wahnsinns länger-
 

"Glaubst du mir jetzt?" Herausforderndes Halbgrinsen.
 

Shinichi wandte den Blick ab, prominenter Rotschimmer auf den Wangen. Kaitos Grinsen wurde breiter.
 

"...ich bin immer noch sauer. Glaub ja nicht, dass ein Kuss dein Desaster wieder gutmachen wird-mmmmph!"
 

Shinichi hatte von Küssen gesprochen. Kaito nahm das als Aufforderung.
 

Eine kleine Ewigkeit der gegenseitigen Erkundungen und kleinen Reizexplosionen später:
 

"Dann...zwei Küsse?"
 

Und handelte sich prompt eine Kopfnuss ein.
 

"...au."
 

"Blödmann."
 

"Mmh, kann nicht widersprechen… Mmmmh, wow…" Kaito vergrub seine Nase in Shinichis Haar. "Du riechst nach Schokolade...mmmh…" Nahm noch einen tiefen Atemzug, gänzlich der Welt entrückt.
 

"Ach ne! Woher kommt das wohl- Hey! Hör auf, dich nasal an meinen Haaren zu vergreifen, das ist ja schon fast pervers!" Hochrot angelaufener Shinichi schubste den olfaktorisch leicht Angekifften von seinem bemitleidenswerten Kopf. "Ich hatte schon genug Traumata für heute, vielen Dank!"
 

"Okay, okay", rappelte sich Kaito wieder auf, aber erst nachdem er Shinichi noch schnell einen dritten Kuss auf den Mund gedrückt hatte. "Komm, ich lass dir ein Bad ein."
 

"Die erste gute Idee an diesem Tag, die ich höre…"
 

Den Detektiv kurzerhand zum Entschokoladisieren in die Wanne verfrachtet, machte sich der international-gesuchte-Dieb-turned-Hausfrau daran, das Chaos nach dem Herumgerenne so gut wie möglich zu beseitigen. Kurzer Kontrollblick zum Curry, das gemächlich vor sich hin dampfte - sehr gut, so gut wie fertig und schien sogar noch essbar zu sein. (Curry war das einzige Gericht, das Kaito ohne größere Zwischenfälle wie totalen Brandschaden an unschuldigen Küchen halbwegs genießbar zustande brachte. Damit war er Shinichi um ein Gericht voraus, denn Letzterer konnte nur Kaffee kochen, ohne diesen bis zur Unkenntlichkeit zu verbrennen, und selbst das nur, wenn die Maschine das für ihn übernahm.)
 

Verwirrt blinzelnd hob Kaito einen recht zerfledderten ausgestopften roten Papagei von Boden auf. Hatte Shinichi das wirklich als Fußballersatz verwenden wollen? ...sein Liebling kannte wahrlich keine Grenzen, wenn es um Verbrecherverfolgung ging, was? Kaito kicherte leise in sich hinein. Sekunde, was war denn das für ein Zettel am Fuß des Vog- WAAAAS? "Fall #96T3MI2701, Beweisstück D"?!
 

Kaito klatschte sich mit der flachen Hand auf die Stirn. Gott, Shin-chan, ist das dein Ernst...? Schläfst du mittlerweile mit Beweismaterial unterm Kissen?!
 

...in welchem Fall ein ausgestopfter Papagei wohl ein Beweisstück sein könnte, das- kehrte der Dieb besser unter den Telefontisch. Den eigenen Nervenzellen zuliebe.
 

Seufzend schüttelte er den Kopf und legte den Papagei auf die Kommode zurück. Das passierte, wenn er mal länger nicht bei Shinichi auftauchte - totaler Zusammenbruch des gesunden Menschenverstandes und Wirklichkeitsverlust. Vielleicht sollte er ernsthaft darüber nachdenken, permanent zu Shinichi zu ziehen... Wären zwar einige Umbauten in der Villa nötig, aber sein Detektiv würde bestimmt nicht nein sagen.
 

Derweil wanderten Scherben in den Müll, die Möbel wurden wieder zurechtgerückt, hie und da eine kleine Wanze platziert (alles zum Schutz, natürlich!). Bei dem im Türrahmen steckenden Schuh bedurfte es allerdings einiges an Kraftanstrengung, aber Kaito meisterte auch diese Herausforderung mit Bravour.
 

Auch Shinichis Schultasche, die vereinsamt mitten im genkan lag, wurde aufgeh-
 

Eh? Mooooment mal. Was machte diese wunderhübsche Packung Eindeutig-nicht-Pflichtschokolade in Shinichis Tasche? ...hat...hat der Kerl etwa ein Liebesgeständnis akzeptiert?! Nein, ruhig, Kaito, ganz ruhig, Atmen nicht vergessen- DAS WAGTE DER DEPPDETEKTIV NICHT!
 

Kaito schloss die Augen in einem – recht vergeblichen – Versuch, die ersten Anzeichen eines Hauchs von Unmut zu unterdrücken.
 

"Egal, von wem du bist..." Kriegsansage an die Schokolade in der Hand, züngelnde Flämmchen der Todesaura inklusive, "...Shinichi gehört MIR!"
 

Das unschuldige kakao- und zuckerhaltige Lebensmittel quiekte in purem Grauen auf und versuchte, sich selbst zu verdauen.
 

"SHIIIINIIIIICHIIII!" Der kaitogroße Eifersuchtsberg stürmte im achtbeinigen Galopp auf das besetzte Badezimmer zu, knallte die Tür auf, stapfte zum badenden Detektiv. "WAS. IST. DAS?!" Das Päckchen und Shinichis Gesicht waren zwei Millimeter voneinander entfernt.
 

"Huh. Das?" Shinichi, drei Tonnen Ruhe in Person, lehnte sich entspannt an den Wannenrand zurück, legte den Kopf schief. "Das ist Valentinsschokolade."
 

Die Erklärung war nicht sehr befriedigend, wie Kaitos pochende Wutader an der linken Schläfe bestätigte.
 

"...nein, wirklich...wer hätte das gedacht...", knurrte der Dieb dem leicht lächelnden Shinichi entgegen. "Aber vielleicht verrät mir der gnädige Herr auch, von welcher armseligen Person er diese eindeutige "Hab mich lieb und geh mit mir aus!"-Kalorienverfehlung bekommen hat, damit ich ebendiese ungespitzt in den Boden stampfen darf!" Abrupte Vulkanisierung der Todesaura.
 

"Von wem...hm, lass mich kurz überlegen..." Shinichi studierte gänzlich unbeteiligt seine Fingernägel. "Ah. Das musste der Verkäufer des Lebensmittelfachgeschäfts drei Blocks weiter gewesen sein."
 

"Und...und du hast die Schokolade einfach so angenommen?!" Ungläubiges Entsetzen eines Mannes, der soeben den Glauben an die Menschheit verloren hat.
 

"Natürlich. Ich habe schließlich dafür bezahlt." Shinichis gehobene Augenbraue sagte so ziemlich alles aus, was der Detektiv von Kaitos Hirnkapazität hielt.
 

"In...in natura, oder was?!" Kaito zitterte mittlerweile am ganzen Körper, Finger in die Packung verkrallt.
 

"Sag mal..." Shinichi beendete erfolgreich die Inspektion seiner Finger und griff nach dem Schwamm, um damit im Wasser zu spielen. "Bist du wirklich so dämlich oder verarschst du mich nur?"
 

"NEIN, VERDAMMT! Ich will nur wissen, von wem diese Bedrohung meiner Hochzeitspläne kommt! ...den Rest kannst du getrost mir überlACK!"
 

Shinichi hatte den vollgesogenen Schwamm in Kaitos rot angelaufenes Gesicht geschleudert.
 

(Volle Punktzahl.)
 

"Gütiger Gott im Himmel! Die Frage ist nicht, "von wem", sondern "FÜR wen", du Idiot!", hielt der Detektiv das massenweise Absterben von Gehirnzellen in Form eines übereifrig zu falschen Schlüssen gekommenen Kuroba Kaito nicht länger aus.
 

Der Schwamm schien seinen Teil zur Abkühlung beigetragen zu haben, denn Kaito hörte auf zu zittern. Atmete sogar normal. ...atmete überhaupt. Betrachtete die Schokolade genauer. Bemerkte das in filigranem Silber gedruckte vierblättrige Kleeblatt auf der Verpackung. Nebst einem klitzekleinen Herz in der unteren Ecke...
 

"...Oh."
 

Shinichi rollte mit den Augen.
 

"Shin-SHIN-CHAAAAAAN~!" Trotz Glückstränenbächen und laufender Nase schaffte es Kaito, einen Schwanenflug von einem Sprung zu Shinichi in die Wanne zu vollführen, um seinen Detektiv in einer schraubstockartigen Umarmung eines liebeshungrigen Hummers zu erdrück- äh, liebevoll an sich zu pressen. (Dass sich Shinichi dabei schmerzhaft den Hinterkopf anknallte, störte Kaito übrigens kein bisschen.)
 

"Shin-chan..." Flennendes Gesicht irgendwo in Shinichis Halsbeuge vergraben. "Es...es ist das allererste Mal, dass du mir Schokolade schenkst, Shinichi! Isch bin schooo glücklisch! Isch-" Rest ging in unkontrollierten Schluchzern unter.
 

Der Detektiv seufzte.
 

"Ich habe jedes Jahr für dich Schokolade gekauft. Aber deine blöden Valentinstagsstreiche haben mich jedes Mal dermaßen auf die Palme gebracht, dass ich am Ende gar nicht mehr dazu gekommen bin, sie dir rechtzeitig zu schenken..."
 

Kaito wurde ganz still. Hob langsam den Kopf, starrte Shinichi ungläubig an.
 

"Ist...ist das wahr?"
 

"Natürlich ist das wahr, warum sollte ich mir das ausdenken?!"
 

...es war wohl das erste und das letzte Mal, dass der Detektiv die Ehre hatte, einen vor Scham dampfenden und stotternden Kuroba Kaito live zu erleben.
 

"Ich...ähm...es ist so, ich...Ich hab nur deshalb nur so übertrieben, weil ich nie Schokolade von dir bekommen habe und dachte, du magst mich nicht so wie ich dich mag und vielleicht war ich dadurch ein klitzekleines Stückchen frustriert und vielleicht auch etwas enttäuscht, weil es nun mal so romantisch ist, Schokolade von dem Menschen zu bekommen, den man über alles m-mmmmphhh..."
 

Shinichi fuhr guten Gewissens damit fort, Kaito auf seine Weise zu beruhigen.
 

Kurzum: Es handelte sich um ein kleines Kommunikationsproblem.
 

###
 

Und als Shinichi ein paar Stunden später im Bett lag, den letzten vorbeitickenden Minuten des Tages hinterherstarrend - Kaito warm und fest an sich gedrückt spürte, kam ein schläfriger kleiner Gedanke vorbeigekrochen, dass er...vielleicht, aber nur vielleicht, Valentinstag doch nicht so sehr hasste.
 

ENDE



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  DarkVictory
2020-02-19T15:42:18+00:00 19.02.2020 16:42
Totally Sweet ^^
Ich find, die beiden sollten sich in Zukunft öfter gegenseitig süße Schokolade schenken 😁👍
*dir nen golden Globe für die allerbeste Valentins BL Story überreicht* 🏆
Antwort von:  Leiser_Tod
20.02.2020 13:56
*mit Tränen den Golden Globe entgegennehm* Danke, danke, liebe Fans, ohne euch wäre das nie möglich gewesen! *schnief*
Stimme aus dem Off: Welche Fans, dich kennt doch keiner!
Shinichi: Hey! Das ist nur mir zu verdanken!
Kaito: Shini-Schatz, ich liebe dich von ganzem Herzen, aber wir wissen doch alle, dass ich hier der wahre Star bin.
Japanische Schokoladenindustrie: Nur nicht so hastig - ohne Schokolade wäre hier absolut gar nichts gelaufen!
Amor: Also, eigentlich... (Weiter kommt er nicht, da Shinichi sich wutrasend auf ihn stürzt, Kaito hinterher - um Shinichi aufzuhalten, nicht etwa um Videos für YouTube zu drehen, nein nein - und die Industrie...klaut den Globe, schmilzt ihn ein und verziert ihre Schokolade mit Gold).

Kurzum: Danke fürs Lesen und Kommentieren, freut mich sehr, dass die Story dir gefallen hat! :D
Von: Karma
2020-02-16T15:01:27+00:00 16.02.2020 16:01
Herrlich, herrlich, herrlich!
Ich hab schon lange nicht mehr so herzhaft gelacht wie hierbei.
XD
Jaja, immer dies Valentinstagshasser und ihre Schokolade-als-beinahe-Mordwerkzeug-verwendenden Liebsten ...
*über den Boden kuller*

Der OS ist wirklich grandios!
:D
Antwort von:  Leiser_Tod
17.02.2020 15:39
Vielen lieben Dank für deinen Kommentar!
Freut mich sehr, dass die Story dir gefallen hat. :)
Das nächste Mal macht es Kaito bestimmt besser! ...man munkelt was von Schokoladen-Jericho und Shinichi sucht bereits jetzt schon nach Flugtickets in die Tundra. XD

Danke fürs Lesen!
Antwort von: Karma
17.02.2020 21:03
Oh Mann, armer Shinichi.
XD
Aber er ist es ja selbst schuld; er hat sich Kaito immerhin selbst angelacht.
;)
Antwort von:  Leiser_Tod
18.02.2020 15:41
Nein, nein, nein! Shinichi ist gänzlich unschuldig an diesem ganzen Debakel - Kaito hat sich einfach aus heiterem Himmel wie ein KID-Koala an ihn geklebt und weigert sich seitdem partout, Shinichi aus seinen Fängen zu lassen.

Okay, gut.

Kaito kann Curry machen. Und seine Tauben mag Shinichi auch.

Und schlecht sieht Kaito nicht aus. Und ist klug. Und unterhaltsam. Und manchmal süß- jaja, schon gut! Shinichi mag ihn vielleicht auch ein kleines biss- oh, die Tickets für die Tundra sind grad günstig!

:D


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