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Umwege einer Liebe

von

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Der ungewollte Kuss

Samstag, 02.06. / Sonntag, 03.06.
 

Iwa setzte sich neben Kaori und schaute missmutig zu Terushima rüber, der sich auf Kaoris anderer Seite niederließ. Zwar hatte er keine Anmachversuche unternommen und er fing an zu glauben, dass sie wirklich nur beste Freunde waren, aber der Kerl ging ihm einfach nur durch seine Anwesenheit auf die Eier.

Die anderen schienen das nicht zu merken oder zu ignorieren, was ihn irgendwie noch genervter werden ließ, aber er wollte auch nicht der Buhmann sein, der Kaoris Geburtstagsparty versaute.

Also dachte er an vorhin zurück, als sie den Umschlag geöffnet und die Konzertkarten entdeckt hatte.

Mit leuchtenden Augen war sie ihm voller Freude und Glück um den Hals gefallen und hatte ihn in einen innigen, langen Kuss verwickelt, dass ihnen die Luft weggeblieben war. Sie schwärmte von der Band und wie gut das Konzert in zwei Monaten werden würde. Ihre leuchteten Augen verrieten, wie sehr sie das Geschenk wertschätzte.

Noch eine Weile waren sie im Club geblieben, bis sich die meisten kurz vor drei Uhr auf den Weg machen wollten, weil sie müde wurden.

Sein bester Freund hatte ja schon um Mitternacht in Begleitung den Club verlassen, was Iwa noch immer nachdenklich stimmte. Während die anderen bei dem Kuss grinsten und wie üblich jubelten, war er etwas geschockt gewesen. Selbst zu Oberschulzeiten, wo er es krachen gelassen hatte, hatte er immer darauf geachtet, dass er nicht zweigleisig fuhr. Das war seine eiserne Regel, egal wie groß sein Verlangen auch gewesen war. Und jetzt warf er sie einfach über Bord? Oder schätzte er die Bindung zwischen Hodaka und Toru falsch ein?

Heute Abend würde er ihn danach fragen und auch gleich die Sache mit den Eltern. Er brauchte Klarheit über seinen besten Freund und wie er sich womöglich verändert hatte, ohne dass er das mitbekommen hatte.

„Hey Schatz, du träumst, hm?“

Kaoris sanfte Stimme holte ihn aus seinen Gedanken und entschuldigend gab er ihnen einen kurzen Kuss.

„Ja, aber alles gut. Keine Sorge“, beruhigte er sie und rollte mit den Augen, als Terushima breit grinsend eine leere Flasche auf den Boden zwischen ihnen legte, wo sie sich niedergelassen hatten.
 

Matsukawa, Hanamaki, Kuro, Tsukishima, Terushima, Kaori und er hatten noch keine Lust gehabt, nach Hause zu gehen, also waren sie noch in einen nahegelegenen kleinen Park gegangen, wo sie sich an einem Teich im Kreis auf den Boden gesetzt hatten.

„Ernsthaft?“, fragte er leicht genervt, doch Kaori war – leicht angetrunken, wie sie war – voller Euphorie für die Idee. Stimmt ja, das letzte Mal hatte sie ja in seinem Bett verschlafen.

Auch Tsukishima schien nicht begeistert, sagte aber nichts. Verräter.

„Bevor wir loslegen: Küssen ist für alle in Ordnung, ja?“, versicherte sich Terushima und alle um ihn herum nickten, also war er locker überstimmt. Großartig. Er konnte sich kaum halten vor Begeisterung. Das konnte doch nur in einer Katastrophe enden. Er würde nur Wahrheit wählen, um sich irgendwelche Küsse zu ersparen.

Sie spielten eine Weile und das Ass hielt sich eisern an sein Vorgehen und beantwortete allerlei Fragen, als die Flasche bei Kuro landete und er fröhlich verkündete: „Pflicht!“

Mattsun grinste so komisch und er starrte ihn geschockt an, als er der Katze auftrug: „Küss Iwaizumi!“

„Was soll das, Alter!?“

„Hey! Wir hatten ausgemacht, Küssen ist erlaubt. Also sei ein Mann und trage es mit Fassung. Spielschulden sind Ehrenschulden!“, ging Terushima dazwischen und Iwa versuchte, Kuro mit seinen Blicken zu erdolchen, aber er krabbelte langsam, geradezu gemächlich, weiter auf ihn zu. Wie die Raubkatze, als sie auf dem Tisch getanzt hatten, starrten ihn die Augen an und er schluckte trocken. Das würde das letzte Mal Flaschendrehen in seinem Leben sein und um Issei würde er sich auch noch kümmern! Was sollte denn das!? Warum fiel ihm sein Kumpel so in den Rücken? Er musste doch gemerkt haben, dass er da keine Lust drauf hatte!

Mittlerweile war Kuros Gesicht nur noch wenige Zentimeter von ihm entfernt und er widerstand dem Drang, wegzurobben, um Abstand zwischen sie zu bringen. Dann küssten sie sich halt kurz und das Thema war durch. Wenn die anderen ihn dann endlich in Ruhe ließen, sollte es halt so sein.

Die Katze überwand die letzte Distanz und legte fordernd seine Lippen auf seine und aus einem Reflex heraus erwiderte Iwa den Kuss und plötzlich schlug ihm sein Herz bis zum Hals. Es fühlte sich anders an, ihn zu küssen als Kaori. Wie zu erwarten war, ging er die Sache viel selbstbewusster als sie an und Iwa musste zugeben, dass ihm das gerade gefiel. Die leicht rauen Lippen Kuros, wie sie sich an seine drückten, ohne jedoch zu aggressiv zu sein. Sie forderten beide die Kontrolle über den Kuss ein und so intensivierten sie das noch etwas, doch als er Kuros Zungenspitze an seinen Lippen spürte, stoppte er.

„Das reicht ja wohl, oder?“, fragte er leicht gereizt und spürte den beschleunigten Atem Kuros an seiner Wange.

„Wie erwartet sehr gut“, hauchte er ihm leise entgegen und Iwa drehte den Kopf ruckartig zur Seite. Was sollte der Spruch denn bitte!? Sie waren beide in einer Beziehung, also sollte er das hier nicht so vor ihren Partner genießen! Betrunkener Arsch!

„Ja, ich denke, das können wir so durchgehen lassen“, hörte er Terushima glucksen und brummend wischte sich Iwa reflexartig über den Mund. Sein Herz schlug noch immer ungewöhnlich schnell und sein Atem ging ebenfalls leicht beschleunigt.

Kaori kicherte leise neben ihm und er grummelte schlecht gelaunt. Na immerhin nahm sie es wenigstens locker.

„Ach komm, Schatz. Es ist Flaschendrehen, hm?“, versuchte sie ihn zu beschwichtigen, aber er war ehrlich wütend auf Matsukawa, dass er das gefordert hatte. Dass Kuro sofort darauf ansprang und sich einen Spaß daraus machte, musste er doch gewusst haben. Also was sollte der Mist?

Er schaute zu ihm herüber und dieser lächelte ihn entschuldigend an, während er Makki über den Rücken streichelte, der sich an ihn gekuschelt hatte.

Für den Moment beließ er es dabei, aber das Thema war noch nicht gegessen!
 

Es dämmerte bereits, als Iwa Kaori bis zur Wohnungstür brachte.

„Es war wirklich ein toller Geburtstag, danke!“, sagte sie lächelnd und er nickte automatisch, obwohl er ihr gar nicht richtig zuhörte. Oikawa würde sicherlich schon schlafend im Bett liegen, wenn sie gleich nach Hause kamen. Was das wohl mit dem Typ war? Der Tanz mit dem Kerl hatte ihm gefallen, das war nicht zu übersehen gewesen. Immerhin hatte Toru ihn geküsst und nicht umgekehrt.

„Hey Schatz? Was ist los?“

„Wie? Entschuldige, ich bin etwas in Gedanken … Wird Zeit, dass ich ins Bett komme. Tut mir leid.“

„Was beschäftigt dich denn so?“, wollte sie wissen und kuschelte sich an ihn.

„Ach, Toru hat sich vorhin irgendwie komisch benommen und es gibt da auch noch eine andere Sache mit ihm, die geklärt werden muss. Das lässt mir einfach keine Ruhe …“

„Ach so“, murmelte sie und löste sich wieder von ihm. Sie schloss die Wohnungstür nebenbei auf und er gab ihr einen Kuss, als sie sich verabschiedete.
 

Anschließend machte er sich mit Mattsun und Makki auf den Weg nach Hause. Er nutzte die Gelegenheit, um die Sache von eben noch einmal auszupacken.

„Was sollte das vorhin, Issei? Ich habe nicht umsonst die ganze Zeit Wahrheit gesagt!“

„Ja eben! Also mussten wir ja jemand anderen nehmen, damit du auch einen Pflichtteil bekommst!“, rechtfertigte Taka von der anderen Seite und Mattsun musterte ihn kurz.

„Ich wollte dir damit wirklich nicht zu nahe treten, aber war es nicht besser, dass Kuro dich küsst, als wenn später jemand entschieden hätte, dass Terushima dich küssen sollte?“

Herr im Himmel, allein der Gedanke.

„Mag sein, aber ich wollte gar nichts mit Pflicht am Hut haben“, verteidigte er sich und verschränkte die Arme. Das letzte Mal, wo er auf dem Tisch gestrippt hatte, hatte ihm schon gereicht.

Dieses Mal war es ein Kuss und obwohl ihn ein Mann geküsst hatte, musste er zugeben, dass es ihm gefallen hatte. Ob das an Kuro lag oder Männer generell anders küssten, vermochte er nicht zu sagen, aber er hatte gerade seinen ersten Beziehungsstreit mit Kaori beigelegt, da waren solche Gedanken doch nun wirklich fehl am Platz.

„Ach komm! Du bist doch sonst auch nicht so!“

Makki schaute ihn schmollend an und er machte mit seiner Hand eine wegwerfende Bewegung, als er seufzend murmelte: „Vergesst es.“
 

Lachen drang an ihre Ohren und irritiert schauten sich die Freunde kurz an, als sie auf ihre Wohnung zusteuerten und Iwa bekam große Augen, als er Oikawa lachend eng an Kaoris Kumpel dasitzen und kichern sah.

„Assikawa. Du bist ja noch wach“, begrüßte er ihn und die Zwei schauten auf.

„Ah, die Party ist zu Ende?“, fragte Kana lächelnd, den Spitznamen ignorierend, und das Ass nickte. Offenbar war das hier wohl etwas Ernstes, wenn sie sich die letzten fünf Stunden miteinander unterhalten hatten. Also hatte er doch zu viel bei Hodaka hineininterpretiert?

„Jetzt geh ich aber mit den anderen nach oben. Danke dir für die tolle Nacht. Es hat viel Spaß gemacht. Bis bald, ja?“

Toru lächelte den Typen an und erstaunt stellte Iwa fest, dass es ein ehrliches war. Der Setter drückte dem Schwarzhaarigen noch einen Zettel in die Hand und küsste ihn innig zum Abschied.

Oha, dann musste es sehr ernst sein. Zumindest bisher war Toru niemand gewesen, der so offensiv und lang in der Öffentlichkeit küsste. Händchen halten, Arm in Arm schlendern, kurze Küsse auf die Wange oder den Mund waren in Ordnung, aber das hier ging definitiv darüber hinaus und irgendwo in seinem Bauch rumorte etwas, als er das sah.

Seine Gedanken wanderten zu dem Kuss mit Kuro. Ob Toru auch so selbstbewusst küsste?

Verdammt, der Restalkohol ließ ihn dumme Sachen denken und er wollte nur noch pinkeln und ins Bett.

Also schob er sich grummelnd an den Beiden vorbei und schloss die Haustür auf.

„Bis bald, Toru. Wir sehen uns“, versprach der Kerl und der Setter sagte noch etwas, was er aber nicht verstand, da er schon auf dem Weg nach oben war. Seit dem Flaschendrehen war seine Stimmung so ziemlich im Keller und er wusste nicht einmal so genau, WAS ihn eigentlich so aufregte und das ließ ihn noch genervter werden.

Damit er nichts sagte oder tat, was er späterhin bereuen könnte, ging er pinkeln, wünschte den anderen eine gute Nacht und zog sich in sein Zimmer zurück.

Genervt legte er sich ins Bett und versuchte einzuschlafen, aber das war nicht so einfach. Immer wieder drifteten seine Gedanken ab. Zu Terushima, zu Kuro, zu Toru, zu dem Typen, den er abgeschleppt hatte.
 

Kurz nach 14 Uhr wachte Iwa wieder auf und fühlte sich eindeutig besser. Da er dieses Mal kaum Alkohol getrunken hatte, weil ihm einfach nicht der Sinn danach gestanden hatte, hatte er auch keinen Kater. Wahrscheinlich würde beim Aufstehen nur der Kreislauf kurz etwas meckern und dann war alles wieder soweit in Ordnung.

Doch noch hatte er keine Lust dazu und so griff er sein Smartphone und daddelte ein wenig rum, als ihm einfiel, dass er sich noch bei Takeo melden wollte.

Kurz entschlossen suchte er in seinem Adressbuch die Nummer raus und rief an.

Es dauerte, bis endlich jemand abnahm und eine abgehetzte Stimme sagte: „Hier Oikawa.“

„Hallo Takeo, hier Iwaizumi.“

„Oh hi! Lange nichts mehr gehört. Was gibt es?“

Im Hintergrund hörte er das schnelle Klappern einer Tastatur. Wie es schien, arbeitete er noch, dabei war es Samstag. Naja andererseits gab es viele, die auch am Wochenende arbeiteten.

„Es geht um Verschiedenes. Weißt du, ob Turo und eure Eltern vor unserem Umzug Ärger hatten?“

„Hm? Wie kommst du darauf?“

„Er benimmt sich in letzter Zeit so komisch, was das Thema angeht …“, entgegnete er vage und Takeo seufzte und das Klappern verstummte.

„Ja, es gab einen Streit und der war wohl ziemlich hässlich. Mum rief mich danach vollkommen fertig an, dass Toru den Kontakt abgebrochen hätte, weil sie nicht akzeptieren würden, wer er war.“

„Wie hat sie das gemeint?“

„Vater war wohl sehr enttäuscht und traurig, dass Toru lieber einen Mann an seiner Seite haben wollte und er deswegen nie Opa werden würde. Mum fand das auch schade und Toru ist wohl direkt ausgetickt, dabei haben beide kein Problem damit, dass er schwul ist. Sie hatten sich halt nur immer gewünscht, einmal Enkelkinder zu haben. Naja, jedenfalls ist er wohl so verletzend geworden und in seiner Wut abgerauscht, dass sie beschlossen haben, seinen Wunsch zu respektieren und ihn nicht mehr zu kontaktieren. Allerdings leiden beide sehr darunter. Immerhin ist er ihr Sohn …“

Iwa kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe herum. Also ging das ursprünglich von Toru aus und er hatte jetzt nicht das Rückgrat, wieder auf sie zuzugehen, weil er sie vermisste? Das sah ihm gar nicht ähnlich, auch nicht, dass er mit ihm nie darüber gesprochen hatte. Also war das wirklich die ganze Geschichte? Vielleicht kannte auch Takeo sie nicht vollständig …

„Okay, danke für die Informationen … Aber sag mal, was war eigentlich bei dir?“

„Bei mir? Was meinst du? … Oh warte mal bitte kurz. Takeru, Papa ist in zehn Minuten bei dir, ja? Ich habe hier gerade noch ein wichtiges Telefonat. Du kannst mit Mama schon mal das Spiel aufbauen. ... So, da bin ich wieder.“

„Ich meinte, was das sollte, dass du dich nach so langer Zeit mal wieder meldest und danach wieder Funkstille herrscht?“, erklärte Iwa genervt. Warum war das mit dieser Familie nur so kompliziert? Das war unfassbar!

Irritiertes Schweigen herrschte auf der anderen Seite der Leitung, bis Takeo seine Stimme wieder gefunden zu haben schien und dagegenhielt: „Ich habe Toru am Ende unseres letzten Treffens gesagt, dass ich es erst nächste Woche schaffe, mich zu melden. Seit meiner Beförderung zum Abteilungsleiter hab ich fast gar keine Zeit mehr, sodass meine Frau und mein Kind schon zu kurz kommen. Aber am Mittwoch habe ich wegen eines Termins nur einen halben Tag Arbeit und da wollte ich mich bei ihm melden. Also kein Grund für solche Vorwürfe, okay? Ich weiß, dass vieles schief gelaufen ist in der Vergangenheit, aber Toru wollte mir die Chance geben, es besser zu machen. Also was ist passiert, dass du mich hier so anmachst?“

„Anscheinend ein Missverständnis …“, seufzte Iwa nachdenklich und fügte hinzu: „Entschuldige, ich habe da wohl was falsch verstanden. Vermassel es nicht, ok?“

„Habe ich nicht vor … Aber unsere Eltern und ich sind froh, dass Toru so einen guten Freund an seiner Seite hat. Da sind wir etwas Beruhigter.“

„Ich geb mein Bestes. Also melde dich bei ihm Mittwoch und ansonsten Grüße an die Familie.“

„Danke, grüß du auch die anderen.“

Iwa legte auf und schmiss das Handy neben sich auf’s Bett. Er starrte an die Decke und dachte über seinen besten Freund nach, der plötzlich so viele Geheimnisse zu haben schien. Was war nur in der Familie passiert, dass es so einen Bruch gegeben hatte?



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