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Umwege einer Liebe

von

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Die Entscheidung

Samstag, 21.04.
 

Deprimiert saß Oikawa auf seinem Fensterbrett und schaute nach draußen. In der Hand hatte er eine Tasse Tee, die mittlerweile kalt geworden war. Er war schon immer der sensiblere von ihnen beiden gewesen, auch wenn Iwaizumi durchaus auch Gefühle zeigen konnte, tat er das doch recht selten und erst recht nicht bei jedem.

Seit er dieses unbeschreibliche Lächeln seines besten Freundes gesehen hatte, von dem er nie gedacht hätte, dass es überhaupt existierte, waren ein paar Tage vergangen. Ihm war nicht klar gewesen, wie viele es genau waren, aber es spielte auch keine Rolle. Nach außen hin gab er sich wie immer und es schmerzte ihm so sehr, dass Iwaizumi seine aufgesetzte Art nicht mehr zu realisieren schien. Hatte er ihn an Kaori verloren? Würde ihre Freundschaft dennoch halten? Wollte er das denn, wenn das hieß, dass ab jetzt auch eine dritte Person Teil dieser Freundschaft war? Immerhin würde es bestimmt auch mal Treffen in einer Gruppe geben und ihn dann die ganze Zeit turtelnd mit seiner Freundin zu sehen, würde ihm das Herz zerreißen. Dessen war er sich absolut sicher. Das könnte er nicht ertragen. Aber was blieb dann noch?

Er konnte ihm schlecht verbieten, dass sie sich nur treffen konnten, wenn sie nicht dabei war. Als beste Freunde gehörte es doch dazu, auch den Partner des anderen kennenzulernen und auch zu unterstützen. Denn würde es dieser Kaori schlecht gehen, würde es auch Iwa schlecht gehen und das wollte er nicht. Doch ob er die Kraft besaß, um nett zu ihr zu sein, ohne dass es aufgesetzt war, war er sich nicht sicher. Absolut nicht sicher.

Sein Blick wanderte nach draußen. Ihre Wohnung war an einer Hauptverkehrsstraße, gesäumt von Kirschblüten, die ihre ganze Magie verströmten. In den Erdgeschossen waren verschiedenste Läden und Restaurants und in der Nebenstraße war ein großer Park samt Kinderspielplatz. Obwohl sich der Verkehr jeden Tag zur Rush Hour staute, war es dennoch ruhig hier und er war froh, dass sie eine so große Wohnung mit fünf Zimmern relativ bezahlbar gefunden hatten. Dafür hatten sie alles selbst renovieren müssen, doch gemeinsam mit ihren Familien und Freunden war das kein Problem gewesen und so hatten sie ihr eigenes Reich erschaffen, in dem sie sich wohl fühlten. Zumindest hatte das Oikawa bis jetzt immer. Wenn diese Kaori in Zukunft öfters hierherkam und auch mal übernachten sollte.

Er kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf. Nein! Nein! Nein! Allein die Vorstellung, dass sie und sein Iwa …! Nein, das war zu viel für ihn.

Zum Glück klopfte es gerade an seiner Tür. Da sein bester Freund vor einer Stunde gegangen war, weil er sich mit Kaori treffen wollte, konnte dieser es wohl kaum sein, also rief er, dass man reinkommen könnte.

Tatsächlich stand Matsukawa nun im Raum und musterte ihn ruhig, was ihn trotzdem unbehaglich werden ließ. Bei ihm wusste er nie so 100%ig, was in ihm vorging und woran er dachte.

„Was gibt es, Mattsun?“, wollte er wissen und lächelte ihn freundlich an.

„Auch wenn Iwaizumi sein Gespür für dein aufgesetztes Lächeln derzeit verloren haben mag, bemerken Makki und ich es aber … Du hättest ein Problem damit, wenn Iwaizumi und Kaori zusammen kommen, oder?“, fiel er gleich mit der Tür ins Haus und das Lächeln schwand. Dann wandte er den Blick wieder aus dem Fenster und murmelte: „Es ist unhöflich, so direkt zu sein, Mattsun.“

„Mag sein, aber das bist du gewohnt. Du … bist selbst in ihn verliebt, oder?“, fragte er vorsichtig und zog den Schreibtischstuhl zum Fenster und nahm darauf Platz. Oikawa schaute zu seinem Kumpel runter, der eine ähnliche Ruhe wie Iwaizumi ausstrahlte und nickte leicht. Es brachte nichts, das offensichtliche zu leugnen und vielleicht würde es ihm helfen, darüber zu reden.

„Schon seit drei Jahren. Als wir das Spiel gegen Karasuno verloren hatten und Iwa so geweint hatte, wurde mir klar, dass ich ihn so nicht sehen wollte. In dem Moment hätte ich ihn am liebsten umarmt und seine Tränen weggeküsst. Da war es mir klar geworden. Dass meine Gefühle die Grenze bereits überschritten hatten. Aber anscheinend spielt das ja so oder so keine Rolle. Er steht auf Frauen, also habe ich da eh keine Chance. Ich werde schon damit klarkommen, braucht nur Zeit …“

„Wenn ich dir dabei helfen kann, melde dich, ja?“, bot Matsukawa an und Toru nickte leicht, dann starrte er wieder nach draußen. Der Schwarzhaarige schien zu merken, dass er allein sein wollte, denn er stand auf und schob den Stuhl wieder zurück.

„Ich fange gleich an zu kochen und sage dir Bescheid, wenn es fertig ist, ja?“

„Ja, ist gut …“

Die Tür wurde geöffnet und wieder geschlossen und Oikawa seufzte. Er war nicht sicher, was schrecklicher war. Dass Iwaizumi auf Frauen stand oder dass er wahrscheinlich bald in einer Beziehung war. Wenn er mit einem Mann eine Beziehung anfangen würde, könnte er ihn vielleicht noch von sich überzeugen, aber da er auf Frauen stand, brauchte er sich da gar keine Hoffnungen zu machen. Irgendwo würde es ihm die Sache vielleicht leichter machen, aber andererseits machte es die Sache noch viel schrecklicher. So eine Scheiße!

Er wollte Iwaizumi auch dieses Lächeln entlocken, diese ehrliche, befreite Lächeln, dass Kaori ihm auf das Gesicht gezaubert hatte. Jede Nacht hatte es ihn in den Träumen verfolgt und Oikawa wusste nicht, ob er schreien oder nur heulen sollte.
 

Eine Stunde später saß er mit seinen beiden Freunden am Tisch und aß. Die Stimmung war angespannt, weil er sich nicht dazu aufraffen konnte, gute Miene zu machen und so unterhielten sich die anderen beiden etwas, um die Stille zu durchbrechen, ließen ihn aber in Ruhe, wofür er sehr dankbar war. Das Essen, was Matsukawa gekocht hatte, war sehr lecker und dennoch zwang er sich mehr dazu, es auch wirklich zu essen. Sein Körper brauchte es, wenn er fit bleiben wollte und da er noch immer Profisportler werden wollte, musste er sich zusammenreißen.

Nach dem Essen trottete er wieder in sein Reich und schaute sich unschlüssig um. Es gab nichts, worauf er Lust hatte. Es war, als ob er von einer schwarzen Wolke umgeben war, die ihm alles Positive nahm. Wie immer in solchen Situationen gab es nur eins, was er tun konnte.

In Ruhe zog er sich seine Sportklamotten an und verließ sein Zimmer wieder. Zielstrebig ging er zur Wohnungstür, zog sich seine Sportschuhe an und nahm seinen Schlüssel aus der Schale.

„Bis später!“, rief er noch und verschwand dann in den Hausflur.

Aus der Hosentasche holte er sein Smartphone samt Kopfhörer und suchte seine Herzschmerzplaylist, die er in solchen Momenten immer hörte.

Völlig in seine Gedanken versunken, joggte er durch die Stadt und ließ seinen Gedanken freien Lauf. Es war absolut klar für ihn, dass er die Freundschaft zu Iwaizumi niemals aufgeben könnte, auch wenn es ihn kaputt machte. Er brauchte ihn. In all den Jahren, wo sich seine Eltern um andere Dinge gekümmert hatten, war er für ihn da gewesen. Egal, um was es ging. Auch seine Eltern hatten sich immer lieb um ihn gekümmert. Teilweise hatte es sich angefühlt, als würde er bei ihnen wohnen. Für ihn hatte Iwaizumis Mutter sogar gelernt, Milchbrötchen zu backen, weil er diese so liebte. Sie war so eine herzliche Frau und ganz anders als seine eigene Mutter. Und auch sein Vater, der eine eigene Arztpraxis hatte, kümmerte sich gut um ihn und zu dritt oder auch zu viert, wenn die Mutter Lust hatte, hatten sie auch einige Ausflüge gemacht. Damals war alles so einfach gewesen. So unbeschwert.

Ein leichtes Lächeln bahnte sich auf sein Gesicht, als die Erinnerungen hochkamen und Oikawa fasste einen Entschluss. Er würde sich mit Kaori gut stellen und die beiden unterstützen, damit Iwaizumi glücklich wurde. Irgendwie würde er das schon schaffen.



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