Zum Inhalt der Seite

Sintflut

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Rufst du an oder schreibst du?

"Rufst du an oder schreibst du?"
 

Sicht Óskar
 

Der Tag verläuft eigentlich wie jeder andere auch. Am Nachmittag ist es recht ruhig und am Abend kommen dann schon ein paar mehr Gäste, die sich die Bäuche vollschlagen wollen. Im Großen und Ganzen hat sich keiner beschwert und die Extrawünsche haben sich auch in Grenzen gehalten. Ab und zu konnte er auch ein paar Späße mit den Gästen machen. Bei diesem Gedanken fällt sein Blick auf die zwei jungen Frauen, welche noch immer an ihrem Tisch sitzen und dabei sind ihre Getränke zu leeren. Er muss schon bisschen vor sich hin grinsen, als die kleine Kabbelei ihm in den Sinn kommt, die sich nur ein, zwei Stunden zuvor ereignet hat.
 

Er hat keine Ahnung worum es ging, aber die Blonde von ihnen hatte Óskar nur aus dem Augenwinkel zusammenzucken sehen, als er sich wegen den Getränken ihrem Tisch näherte. Bei der Drohung der blonden Frau musste er unwillkürlich amüsiert auflachen, was natürlich nicht unentdeckt blieb. Aber Óskar macht sich aus solchen Situationen nicht viel, sondern steht drüber und letzten Endes haben die Mädels ihm das auch nicht übel genommen. Er würde sogar so weit gehen, dass es ihnen sogar gefallen haben könnte. Er durfte sich ja sogar an einer kleinen Neckerei beteiligen. Die Brünette - Antonia-Sophie, wenn er sich recht erinnert – versuchte dann zwar ihre blonde Freundin mit den Blicken zu erdolchen, aber diese sah eher amüsiert und auch ein bisschen überlegen aus als wirklich eingeschüchtert.
 

Da es straff auf den Feierabend zugeht, macht Óskar hinter seiner Bar schon mal klar Schiff und räumt alles weg, was er heute nicht mehr brauchen wird, bevor er zu sehr in der amüsanten Erinnerung verfällt. Die Kaffeemaschine wird schon gereinigt und desinfiziert, genauso wie die Zapfanlage. Die Küche ist schon seit einer halben Stunde geschlossen und auch so wird nichts mehr ausgeschenkt.
 

Nur so nebenbei bekommt er mit, wie sich die letzten Gäste trollen und er ruft ihnen schon ganz automatisch einen Abendgruß hinterher. Als alle weg sind, nutzt Konrad – sein älterer Kollege – gleich die Gunst der Stunde und sperrt beide Türen ab, damit niemand mehr hineinkommen kann. Danach macht dieser sich daran die Tische abzuwischen, während Óskar die letzten Handgriffe hinter der Bar vollführt.
 

„Hey, Óskar. Ich hab was für dich“, wird er aber je unterbrochen und verwundert schaut er hoch, während er sich gleichzeitig die Hand an einem Geschirrtuch abtrocknet.

„Was denn?“, fragt Óskar verwundert.

„Schau selbst“, grinst Konrad nun wissend, was Óskar dazu veranlasst eine Augenbraue hoch zu ziehen, bevor er sich mit einer Hand durch die Haare fährt und sie wieder zur Seite und aus der Stirn streicht. Im nächsten Moment kommt schon etwas Flaches auf ihn zugeflogen und er checkt erst beim Fangen, dass es sich um einen ihrer Untersetzer Handelt, welche sie immer unter die Gläser oder Flaschen legen.
 

„Was soll ich denn damit, du weißt doch, wo die Dinger hin gehören“, brummt er und Óskar will ihn eigentlich schon wieder zurück werfen, als Konrad ihn abhält.

„Guck dir das Teil doch mal an, bevor du voreilig handelst“, grinst der Kerl noch immer.

„Ich weiß doch wie die Dinger aussehen“, spricht er mehr zu sich selbst als zu seinem Kollegen und auf Wunsch eines einzelnen Herren dreht er das Teil aus zusammengepresster Pappe um. In der ersten Sekunde fällt Óskar nichts auf, doch dann sticht ihm sein eigener Name – wenn man die übliche falsche Schreibweise mal außen vor lässt – ins Auge und eine Handynummer, die obendrüber gekritzelt steht. Ein Name, welcher zu der Nummer gehört, der wurde allerdings weggelassen. Das ist ihm auch schon lange nicht mehr passiert.
 

„Gefunden?“, grinst Konrad nun vom anderen Ende des Raumes rüber, wo er noch immer die Tische gründlich abwischt.

„Ja“, kann Óskar es beim besten Willen nicht abstreiten.

„Rufst du an oder schreibst du?“, versucht sein Kollege gar nicht erst seine Neugier zu verstecken und scheint auch gleich der Annahme zu sein, dass er Variante drei von vornherein ausschließt; nämlich nicht darauf zu reagieren. Der ältere Mann wechselt zum nächsten Tisch, während Óskar noch immer mit dem Untersetzer in der Hand da steht und auf die Nummer starrt.

„Ich kenne die Frau doch gar nicht, beziehungsweise weiß ich doch gar nicht, wer sie ist – also ich, hoffe, dass die Nummer einer Frau gehört.“

„Du wirst es nur herausfinden, wenn du dich meldest, du bist doch sonst auch nicht so schüchtern“, lacht Konrad ihm entgegen, wahrscheinlich wegen der Endung seines Satzes. „Aber wenn es dich beruhigt, der Deckel lag auf dem Tisch von den zwei Frauen, die gerade erst gegangen sind.“

„Bin ich ja auch nicht“, erbost Óskar sich sogleich und wirft Konrad das Geschirrtuch zu, welcher es behände auffängt. Aber wenn er ehrlich ist, dann ist er schon froh, dass sich sein Kollege gemerkt hat, wer denn an dem Tisch saß. Auch wenn er nichts gegen Homosexualität hat, von einem Kerl angemiezt zu werden, dass steht bei ihm nun auch nicht ganz oben auf der Liste.
 

„Was gibt es da noch zu diskutieren? Wäre ich an deiner Stelle, ich würde gar nicht lange überlegen. Die beiden machten doch einen sehr sympathischen Eindruck, wenn auch ein wenig verrückt“, zuckt sein Kollege mit den Achseln, wirft sich das Geschirrtuch über eine Schulter und wischt fröhlich mit seinem Lappen weiter die Tische ab.

„Davon mal abgesehen, woher kennen die meinen Namen? Ich will nicht sagen, dass es mir unheimlich ist, aber ganz koscher kommt mir das nun auch nicht vor“, überlegt Óskar laut und schaut seinem Kollegen weiter bei der Arbeit zu.
 

„Was weiß ich. Die Blonde ist zumindest öfter hier, vielleicht hat sie Carla mal nach deinen Namen gefragt, oder sie hat ihn mal zwischendurch aufgeschnappt, kann ja schließlich möglich sein.“ Óskar muss zugeben, dass es wirklich gute Argumente sind, die durchaus im Bereich des möglichen liegen. Falls er sich aber wirklich dazu entschließen sollte sich bei dieser Nummer zu melden, dann hofft er insgeheim schon, dass sie wenn, dann zu der blonden jungen Frau gehört und nicht deren brünetten Freundin. Die wäre ihm wahrscheinlich ein bisschen zu viel. Nicht von der Körperfülle her, sondern wegen ihren Wesens. Óskar hat in der kurzen Zeit den Eindruck bekommen, dass sie eher ein ziemlich lautes Gemüt hat und auch wenn sie sicherlich immer für ihre Freundin einspringen würde – die beiden wirkten nämlich nicht nur wie Freunde, nicht mal wirklich wie beste Freunde, sondern viel, viel vertrauter – ihm wäre das auf Dauer zu viel, da er auch mal ruhige Momente für sich benötigt.
 

„Ich überlege es mir noch“, will er sich dann aber nicht weiter damit aufhalten und Óskar legt den Untersetzer vorsorglich zur Seite und macht sich daran die letzten notwendigen Arbeiten zu erledigen, bevor er endlich Feierabend machen kann. Zwar ist er hier so gesehen der Chef, beziehungsweise der Verantwortliche, aber genau deswegen kann er seine Arbeit nicht schleifen lassen, sondern muss vorbildlich vorangehen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück