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Draculas Kinder

von

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Selbstexperiment

Das schrittweise Verbot des direkten Blutkonsums zog vereinzelt Aufstände, aber auch gezielte Attentate auf uns nach sich. Lachhafte Kindereien des Volkes, nicht mehr als eine Farce, denn es bedurfte schon dem reinen Blut eines Urvampirs, um einem Lucard bedrohlich werden zu können. Unter dem Deckmantel des Blutvertriebs formte sich unter Davids Leitung notwendigerweise eine Spezialtruppe, welche zugleich für die Einhaltung der Gesetze sorgte. Zu Beginn wurde jeder Vampir von dieser Gruppierung zwangsbeliefert. Robert stattete sie mit dem verklausulierten Namen "Society of Loyal Vampirs" aus, welche mir kaum über die Lippen kam. Ich fragte mich, welche Faszination die englische Sprache auf ihn ausübte, da Elisabeth aber zustimmte, ließ ich ihn gewähren.

Mit der Macht unserer loyalen Streitkräfte im Rücken ernannten wir Verweigerer und Aufständige zu Verrätern, welche mein Erstgeborner zur monatlichen Vampirversammlung öffentlich hinrichtete. Gerade in den Anfangszeiten belief sich dessen Anzahl nicht selten auf bis zu Einhundert, ein geringer Preis für die Ergebenheit Zehntausender. Somit untersetzten wir die Dominanz der Sach- und Geldmittel zunächst mit Rationierung, erweiterten sie darauffolgend jedoch, äußerst erfolgreich, durch Angst. Zweihundert Jahre zuvor gestaltete sich die Herrschaft weniger umständlich. Als ich noch auf Schlachtfeldern gegen die Menschen, allen voran gegen die Hetze der Kirche, kämpfte, vereinte uns dieser gemeinsame Feind, etwas, das nun fehlte. Kampfesmüde war das Vorgehen meiner Kinder nicht nur zeitgemäß, sondern auch ebenso unterhaltsam. Terror begriff ich als stärkste Waffe der Moderne.
 

Nach weniger als einem Jahr flaute der Widerstand gegen unsere Gesetze bereits ab. Ein Menschenkrieg hatte den Umzug der Draculs forciert und damit die Wiedergeburt der Familie als Lucards auf einem neuen Niveau ermöglicht. Elisabeth gewann wieder etwas Zeit hinzu, welche sie zu ihrer Leidenschaft, der Erforschung, zurückführte. Mit dem Versprechen einer neuen Erkenntnis lotste sie mich eines Nachts in ihr Laboratorium im Kellergeschoss ihrer Villa. Der Raum mutete nach einer Mischung aus alchemistischem Labor mit allerhand skurril geformten Glasbehältnissen und traditioneller Folterkammer an. Langsam begann auch ich das Wunder der Elektrizität zu schätzen. Taghell erleuchteten die Deckenlampen das Geschoss unter Tage, heller als unsere Räumlichkeiten darüber und das obendrein ohne meine Augen zu blenden, wie es das Blitzgerät des Fotografen tat.

Dem Kerker im Palast in Argisch unterzog Elisabeth stets einer regen Nutzung, deshalb verfügte das hiesige Untergeschoss, auf ihren Wunsch hin, ebenfalls über zehn Kerkerzellen. Selbst diese gerieten unter Elisabeths Forscherdrang jedoch an ihre Kapazitätsgrenzen, denn sie begann schon mehr als eine Person pro Zelle unterzubringen. Links sperrte sie Menschen ein, rechts Vampire, welche gegen die neuen Gesetze rebellierten. Leider herrschte in diesem Trakt, aufgrund schlechter Planung, ein Mangel ausreichender Luftzufuhr, sodass der beißende Gestank ihrer sieben Menschen schon nach nur einem Atemzug die Sinne trübte. Elisabeth zerrte ein zitterndes Weib, mit einer braunen Decke um den Körper, aus der letzten linken Zelle und führte es in ihr Labor. Für einen Augenblick stutzte ich. Diese Gefangene musste verwandelt worden sein, denn trotz der räumlichen Zuordnung zu den Menschen, sonderte sie den weichen Geruch eines Vampires ab.

Meine Enkelin riss ihr die schmuddelige Decke aus den zittrigen Händen und so offenbarte sich mir ihr gerundeter Bauch.

„Ich habe Proband G1 letzte Woche selbst konvertiert. Rova verweigerte sich wieder einmal, doch zu meinem Glück, hat sie es trotzdem überlebt. Besonders bemerkenswert an dieser Frau ist das Kind in ihrem Bauch, welches nach wie vor menschlich ist. Ich kann kaum erwarten, zu erfahren, ob und in welchem Zustand es zur Welt kommen wird!“

Elisabeth ließ die Frau achtlos stehen und präsentierte mir einige ihrer Mitschriften, welche sie mit Schreibmaschine getippt hatte. Sie führten ihre Probanden mit Kurzzeichen auf, hinter welchen sie die durchgeführten Experimente vermerkte. Da die Anzahl an Namen die der Insassen überstieg, schloss ich auf einen nicht erheblichen Verschleiß. Einige starben, laut Vermerk, an Silber, manche an Licht, wieder andere an Nahrungsmangel oder missglückten Umwandlungen.

„Derzeit befinden sich noch drei weitere menschliche Probanden in Gravidität durch einen Vampir. In einer von ihnen meine ich, eine nichtmenschliche Aura aufzuspüren. Ist das nicht unglaublich? Halbblüter unreiner Vampire sind so wahnsinnig selten. Was würde ich nur dafür geben, endlich ein echtes Halbblut zu sehen?! Leider habt Ihr mir Rova vor seiner Konvertierung vorenthalten.“

Selbstverständlich hatte ich das. Eines meiner Kinder in dieser unreinen Form vorzuführen, war selbst für sie indiskutabel. Ob diese Form der Forschung an Halbblütern jemals zu etwas führen würde, bezweifelte ich. Vermutlich diente sie der Befriedigung ihrer sadistischen Vorlieben, welche wohl einem unterdrückten Jagdtrieb geschuldet war. Oder aber entsprangen sie einem meiner indirekten Aufträge nach Roberts Geburt, dessen Status ich nun abfragte.

"Du kennst meine Vermutung bezüglich normaler Nachkommen im Vergleich zu umgewandelten Halbblütern. Sagt deine Forschung etwas darüber aus, ob mir Robert und Magret stärker gleichkommen als Victor und David?“

Sie entledigte sich ihres weißen Kittels und setzte sich auf einen der Metalltische. Dass sich die schwangere Vampirfrau in eine Ecke hockte, interessierte keinen von uns. Elisabeth beugte sich zu mir und begann mich aus ihren blauen Augen anzufunkeln, als sie mir ihre Antwort gab.

„Auf chemischem Wege konnte ich nichts nachweisen. Trotzdem kann ich sagen, dass Rova anders ist als Vicco. Ein pikantes Detail, Großvater. Kommt doch etwas näher an mich heran, dann will ich es Euch verraten."

Zweifelsohne heckte sie etwas aus und doch kam ich ihrer Bitte nach. Erst als meine Beine schon die ihren berührten, gab sie mir das Zeichen zu stoppen. So nah war ich ihr zuletzt vor zwanzig Jahren, bevor sie von der Todesursache ihres Vaters erfuhr. Lächelnd hauchte sie zu mir nach oben:

"Ich habe es am Beischlaf bemerkt, oder besser, danach. Rovas Erguss glüht und prickelt in mir noch nach Stunden. Vicco hatte diese Wirkung nie und ich muss sagen, dass ich es sehr genieße. Es besteht kein Zweifel an Rovas Besonderheit, nur leider bin ich außer Standes, dies zu messen. Ich finde keine geeigneten Werkzeuge oder Messverfahren dafür und kann es auch durch Erfahrung nicht einordnen, denn dazu benötige ich einen Vergleich… zu...“

Dies war eine der wenigen Situation in meinem Leben, die meine Mundwinkel zu einem Lächeln überzeugten. Ich vervollständigte:

„... zu einem Mann von wahrer Macht?“,

worauf sie als Erwiderung die Augenbrauen hob sowie ihre Schenkel spreizte. Den Mord an ihrem Vater schien Elisabeth tatsächlich überwunden zu haben, oder aber triumphierte ihre Neugierde über ihre Abscheu vor meiner Tat. Es war mir gleich, denn endlich, nach all den Jahren, ließ sie mich in sich. Dies machte jedes weitere Wort überflüssig.

Ihre sich zu Klauen formenden Nägel, welche sich vor Lust in meinen Rücken krallten, wurden zu einer der unvergesslichsten Freuden meines langen Daseins. Ich spürte, wie das Leben in meine alten Glieder zurückkehrte, doch nachdem ich mich in sie ergoss, wurde es still, wenngleich ihr Herz ebenso raste wie meines.

Während ich in ihr verweilte, starrte Elisabeth regungslos zur grau verputzten Decke, direkt in eine der hellen Glühlampen. Da sie wohl die Reue überkam, löste ich mich, doch ich wusste, sie würde sich schon bald nicht mehr an ihrem Entschluss stören.

„Soll ich die Zeugin töten?“,

versuchte ich sie zu beruhigen. Ihre um mich geschlungen Arme ließ sie nun sinken und schüttelte dabei apathisch den Kopf, bis sie ihre Augen endlich schloss.

"Es hätte keines Umwegs über meine Söhne bedurft, Elisabeth. Mein Herz schlug seit deiner Geburt für dich. Deine blauen Augen, dein rotbraunes Haar, nichts davon betrachte ich mehr als Makel."

Es schien zwecklos. In einem vergleichbaren Zustand hatte ich sie nie zuvor erlebt.

„Lasst mich allein, Alucard,“

befahl sie. Ich blieb ihr wohlgesonnen und erfüllte ihr diesen Wunsch.
 

Mich beschäftigte, was in ihr vorging. Was mochte sie wohl gespürt haben? War meine Macht derart überwältigend? Ihre Wortwahl ließ mich stutzen. Einschüchterung hätte sie mich Majestät nennen lassen, doch sie nannte mich beim Namen. Ich schloss nicht aus, dass dies ein Ausdruck ihrer Zuwendung gewesen sein konnte, nun, wo sie mich zu ihrem Manne erwählt hatte. Wie lange hatte ich gelebt, nur um von meiner Enkelin vor dieses unlösbare Rätsel gestellt zu werden? Eine solche Unsicherheit zu spüren, versetzte mich zurück in ein antikes Zeitalter in welchem ich selbst in ihrem Alter war. Dieses Kind wirkte auf mich wie ein Jungbrunnen.
 

Ihrem Wunsch entsprechend hielt ich mich eine ganze Nacht lang zurück, doch dann, etwa eine Stunde nach Mondhöchststand, erreichte mich eine ungewöhnlich starke negative Welle, ausgehend von ihrer Villa.

Ich trat in den holzvertäfelten Flur, den ich verwüstet vorfand, ebenso wie das komplette Erdgeschoss. Blutlachen sowie zerfetzte Körperteile unserer Diener bedeckten die Böden. So etwas konnte vorkommen, doch bedeutend verdächtiger fand ich die weit offenstehende Tür zum Laboratorium im Keller. Schleunigst begab ich mich die Stufen hinab, wo sich mir eine aufgewühlt jauchzende Magret in den Weg stellte.

„Er war es nicht!“

Achtlos stieß ich sie beiseite und betrat das nicht weniger demolierte Labor. Überall verstreut lagen Leichenteile von Versuchssubjekten, die einen Tod durch die Krallen eines Lucards gefunden haben mussten. In der hinteren rechten Ecke des Raumes fand ich Robert mit dem Rücken zu mir hockend, vor etwas, das ich zunächst nicht wahrhaben wollte, ein Staubhäufchen.

„WO IST ELISABETH?“,

brüllte ich ungehalten.

Nur den Bruchteil einer Sekunde später bedrohten Roberts Krallen meine Kehle, ähnlich, wie ich es zwei Jahre zuvor bei ihm tat. Mein Sohn überraschte mich mit diesem Angriff und hätte er nicht gestoppt, wäre meine Verletzung erheblich ausgefallen. Ein paar Tropfen meines kostbaren Blutes liefen an jener Stelle herunter, an der sich seine messerscharfen Nägel in mein Fleisch bohrten. Diese bemerkenswerte Leistung hatte vor ihm niemals jemand vollbracht.

„Ich weiß, dass Ihr gestern bis in die frühen Stunden mit ihr hier unten wart, Graf Alucard. Was habt Ihr ihr angetan?“

Seine Aura flammte mir drohend entgegen, doch sie blieb zügellos, mal schwächer und bemerkenswerterweise mal stärker als die meinige. Seit dem Tod der Urvampire, war dies erste Mal, dass ich an einem anderen rote Augen sah. Mit einem gezielten Handgriff in seinen Nacken löste ich ihn und schleuderte ihn von mir. Wenngleich er prompt wieder aufrecht vor mir stand, stieß ich ihn achtlos beiseite, um mich den staubigen Überresten zuzuwenden, deren Echtheit zu bestätigen blieb.

Die Wahrheit traf mich in voller Härte, als ich ihr weißes Spitzenkleid zweifelsfrei identifizierte. Leicht im Staub versunken, fand ich ihre Silberkette, die meine Haut bei Berührung verbrühte. Ihr unfälschbarer Duft, einmalig unter Hunderttausenden, hing in sanften Zügen sogar noch ihren staubigen Überresten an.

Elisabeth war einmal.

Nur eine Erklärung führte zu diesem Ergebnis. Robert musste uns gesehen und sich auf diese Weise an ihr gerächt haben.

„Robert, du eifersüchtiges, missratenes Balg hast sie mir genommen!“,

brüllte ich voller Verbitterung und Jähzorn.

Auf diese Anschuldigung hin, beschleunigte sich seine Atmung, wodurch seine Wut erneut in voller Macht aus ihm herausbrach. Er gebahr eine so dunkle Aura, wie selbst ich seit Jahrhunderten nicht mehr. Heiser schrie er mir zur Antwort:

„Ihr glaubt, ich sei fähig, die Liebe meines Lebens zu töten? Wisst Ihr überhaupt, wer ich bin?“

Mein Sohn natürlich, der über sein läppisches, siebzehnjähriges Leben lamentierte, kaum ein Wimpernschlag für mich.

Magret schob sich vorsichtig mit ausgebreiteten Armen zwischen uns. Sie zitterte und doch wirkte sie beherrschter als ich oder mein Sohn.

„Haltet ein, Vater! Ich kann seine Unschuld bezeugen. Als er die Kellertür öffnete, kam ihm eines eurer Forschnungsopfer entgegen. Rova zerrte es gerade die Stufen hinunter, als ich dazu stieß und da lag sie, meine geliebte Tochter. Sämtliche Zellentüren waren geöffnet, aber die Leute kamen nicht aus dem Labor heraus. Rova tötete jeden…, bis auf mich.“

Ein Komplott zwischen ihr und Robert gegen Elisabeth war auszuschließen, denn Magret log nicht. Und doch erschloss sich mir der Sinn hinter all dem Ganzen nicht. Wutentbrannt stieß ich sie weg, packte mir Robert und schlug ihm kraftvoll ins Gesicht. Blutend sank er neben Elisabeths Überresten zusammen, während ich ihn eines anderen Verbrechens beschuldigte.

"Wenn du sie nicht ermordet hast, wer war es dann? Du Schwachkopf hast mir mit deinem rasenden Zorn die Rache gestohlen!"

Robert spuckte nicht nur Blut, sondern auch eine Dreistigkeit aus.

"Rächt Euch stellvertretend an mir, wenn Ihr die Geschäfte allein führen wollt, Graf!"

Gewitztes Bürschchen, selbst in dieser Trauer. Wieder ging Magret dazwischen, doch diesmal mit ihrem hassenden Blick, der mich nur noch wütender werden ließ.

"Vater, Ihr werdet meinem Bruder keinen Kratzer mehr zufügen, sonst stehen Euch zwei Eurer Kinder als Feinde gegenüber."

"So leicht fällt es dir also, dies auszusprechen, Magret? Doch ich muss dich enttäuschen. Du wirst mir allein gegenüberstehen, denn Robert weiß um seine Zugehörigkeit."

"Dann von mir aus auch allein!",

keifte sie.

Der Junge betrachtete mich nicht als Feind, sondern heulte nur Rotz und Wasser. Nichtsdestoweniger blieb ein neuerlicher Ausbruch seiner übermächtigen, dunklen Aura nur eine Zeitfrage. Deshalb, aber auch, um mich kein weiteres Mal diesem verabscheuungswürdigen Blick meiner Tochter aussetzen, wendete ich mich von meinen Kindern ab. Keines von ihnen fühlte wie ich, keines verstand die Tiefe der Verzweiflung meines Herzens.

"Verschwinde, Magret! Du bist im Hause Lucard nicht mehr willkommen."

Der Verstoß seiner Schwester vermochte Roberts Hass deutlich zu steigern. Ich spürte, wie er sich hinter meinem Rücken erhob. Um keine Krallen, oder gar eine Silberklinge im Rückrad zu riskieren, blickte ich mich um, hinein in seine roten Augen, die mich allerdings verfehlten. Achtlos schritt er in Windeseile an mir vorbei und verschwand danach aus der Villa.

Ihrer schwer erträglichen Art gemäß kreischte ihm Magret hinterher, doch es half nichts. Ein junger Vampir wie er reagierte sich am besten ab, indem er tötete. Mir hingegen blieb nichts mehr, denn das Morden brachte mir nach zehntausenden Toten auf den Schlachtfeldern Europas keine Genugtuung mehr.

Nur eine Nacht trennte mich von allen Frauen der Familie Lucard, die jemals existierten. Geblieben waren mir nur noch meine drei Söhne, von denen keiner einen Gedanken an den Fortbestand der Dynastie verschwendete. Noch immer hatte ich keinen Erben gefunden und sah mich selbst in keinster Weise mehr dazu in der Lage, nach diesem Ziel zu streben. Elisabeth hatte meiner uralten Seele 34 Jahre der Liebe geschenkt, die mit ihr für immer erlosch.

Die Erinnerung an Elisabeths leeren Blick zerfraß mich über Monate hinweg.

Was hatte sie für mich empfunden?

Welches Ergebnis lieferte ihr Abgleich zwischen mir und Robert?
 

Ließ sich dieser Vergleich mit ihrem Tod verknüpfen? Die Unwissenheit zerriss Stück für Stück, was von meiner Seele übriggeblieben war. Im Wahn sah ich alternierende letzte Szenen von meiner geliebten Enkelin, in denen sie sich erklärte, doch mit jedem neuen Mal wisperte sie mir etwas anderes zu.

Eine funkelnd stahlende Aura wie Elisabeths konnte keinesfalls den tödlichen Klauen der Verzweiflung anheimgefallen sein, oder irrte ich? Schon Sirenie stahl sich mir, frei von vorherigen Anzeichen, auf diesem selbstgewählten Pfade davon. Nein, unvorstellbar. Wahrscheinlicher nutzte die G1 Probandin einen unachtsamen Moment. Aus freien Stücken hätte mich meine Liebe doch niemals auf dieser hassenden Erde zurückgelassen.
 

Im Wunsch, mehr zu sein als mein Sohn Victor, der selbst nach Elisabeths Tod nicht den Anstand besaß, zu uns zurückzukehren, zwang ich mich noch einige Jahre in Deutschland zu verweilen. Die Trauer zerfraß indes, neben meinen Lebenszielen, meinen Leib und meine Seele, bis ich schon bald keine Entscheidungen mehr zu fällen vermochte. Robert blieb keine Wahl, als immer häufiger in Vertretung für mich zu gehen, wenn er die Macht der Lucards sichern wollte, und das tat er. Überflüssig geworden und abgelöst von der zweiten Generation, kehrte ich während der Anbahnung einer neuen Weltkrise in meine Wahlheimat Schloss Bran zurück, nicht in den weitläufigen Palast nach Argisch. Mein Schlafgemach erinnerte mich an den Verlust meiner Tochter, der Thronsaal an den meiner Enkelin. Die alten, starken Mauern des siebenbürgener Schlosses boten mir einen besseren Kerker für die überschäumende Einsamkeit meines ertrinkenden Herzens.
 

Ich setzte mich auf einen Stuhl in der Mitte meines alten Arbeitszimmers auf Schloss Bran und wartete auf das Ende der Ewigkeit. Wenn ich den Blutkonsum einstellte, so hoffte ich, würde mich ein neuerlicher Zweitausend Jahre andauernder Schlaf überkommen, auf dass mich eine Epoche empfinge, die besser zu mir war als diese.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Einen Kurzabriss, wie sich Robert-Valentin als Geschäftsführer gemacht hat, ist am Beginn dieses Kapitels zu lesen :) Komplett anzeigen

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