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Paper Umbrella Moon

von

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Wei Ying fühlte sich schon ein wenig mies, als sie ihr Ziel erreicht hatten und er feststellen musste, dass er die komplette Fahrt verschlafen hatte. Allerdings war es ein ungemein angenehmes Gefühl von Lan Zhans weichen Lippen auf den seinen und dem einfühlsamen Streicheln über seine Wange wieder geweckt zu werden.

 

Ah, er konnte es noch viel zu oft nicht fassen, das er solch ein Glück erleben durfte, das er sich auch nicht genierte dessen Hand in die seine zu nehmen, als sie sich schließlich dem traditionell geschmückten Hauseingang näherten, der sie mit den golden Schriftzeichen und roten Papierbändern empfing.

 

Es war eine komplett andere Art von Aufregung, als jene die er vor dem Lan Anwesen verspürt hatte.

 

Diese Aufregung hier fühlte sich wesentlich scharfkantiger an, das er froh war sich an Lan Zhan festhalten zu können. Denn der Drang einfach wieder Kehrt machen zu wollen, ließ sein Herz unangenehm hart in seiner Brust pulsieren.

 

Es waren nur noch wenige Schritte, als sich die Haustür auch schon auf tat und Wei Yings Griff sich noch etwas fester um Lan Zhans Hand schloss.

 

„A-Xien.“ Die Stimme seiner Jiějiě ließ einen Knoten in seinen Nerven sich lockern und er atmete einmal befreiend durch, auf das er ein warmes Lächeln aufsetzte, sich von Lan Zhan löste und sie mit einer innigen Umarmung begrüßte.

 

Sie strich ihm liebevoll über die Oberarme, als er sie wieder losließ und schenkte ihm ein aufbauendes Lächeln.

 

Hinter ihr konnte er Jiang Cheng stehen sehen, der sein üblich mürrisches Gesicht trug.

 

Eigentlich hatte er eine spitzfindige Bemerkung zu Begrüßung erwartet. Womit er allerdings nicht gerechnet hatte, und es ihn auch noch Tage später verdutzt den Kopf schütteln lassen würde war, dass dieser ihn ebenso in eine Umarmung zog. Reichlich steif und bei weitem nicht so Nähe zulassend wie bei ihrer Jiějiě, doch hatte Wei Ying diese Geste so überrumpelt, dass er im ersten Moment gar nicht wusste wie er reagieren sollte.

 

Ein Glucksen rutschte ihm schließlich über diese unerwartete Situation hervor, dass es seinen Bruder mit dem gewohnten Murren versah. „Was? Bin ich plötzlich nicht mehr gut genug dafür?“, grollte er darauf und schob ihn schon wieder von sich. Es war Jiang Cheng deutlich anzumerken, dass es ihm peinlich gewesen sein musste, vermied er ihn anzusehen und verschränkte in einer typisch, abblockenden Manier die Arme vor der Brust.

 

Wei Ying schmunzelte zugetan, wusste er nur zu gut, dass sein Bruder mit solchen Vertraulichkeiten wirklich sehr ausgesucht umging. Wahrscheinlich sollte es ihm das Gefühl geben, tatsächlich willkommen zu sein und er schätzte dessen Einsatz auf brüderliche Weise.

 

Er knuffte Jiang Cheng in einer kumpelhaften Geste gegen die Schulter. „Danke.“ Dieser murrte erneut und knuffte ihn simpel zurück.

 

Dann trat dieser zur Seite und Wei Ying schluckte hart, als darauf Jiang FengMian und Madam Yu vor ihm standen und er seinen Blick in einer demütigen Anwandlung etwas senkte.

 

Nur am Rande bekam er mit, wie Lan Zhan von seinen Geschwistern begrüßt wurde und sich die Tür des Hauses schloss.

 

„A-Ying.“ Die Stimme von shū shu klang noch immer warm und herzlich und Wei Ying wusste, dass die darin mitschwingende Zuneigung ehrlich gemeint war. Doch genau deswegen fühlte er sich auch so schuldig. Jiang FengMian hatte stets versucht ihm einen Vater zu ersetzen und als Dank hatte es ihn und seine Familie so viel gekostet. Er spürte die Hand die man auf seine Schulter legte und er konnte nichts dagegen tun, als ihm die Augen feucht wurden und er sich nun tief vor dem Mann vor ihm verbeugte.

 

„Es tut mir leid, shū shu.“ Jiang FengMian drückte seine Schulter im väterlichen Verstehen.

 

„A-Ying. Ich freu mich wirklich, dass du dich doch entschlossen hast uns besuchen zu kommen. Es würde mir jedoch das Herz noch leichter machen, wenn du die Vergangenheit ebenso entschlossen hinter dir lassen könntest. Wir sind eine Familie und es war nie meine Absicht dich glauben zu lassen, dass du uns etwas schuldig wärst. Oder, dass du etwas wiedergutzumachen hättest.“ Wei Ying schüttelte schuldbewusst den Kopf. „Es ist das Mindeste was ich tun kann.“ Er hörte seinen Onkel leicht ergeben seufzen. Ein deutlich strengeres Räuspern löste dieses ab, gefolgt von einem ebenso kühlen „Wei WuXian.“ Es war ein kleiner Kraftakt seinen Kopf zu heben und Madam Yus kritischen Blick nicht sofort wieder auszuweichen.

 

Dennoch fühlte er sich so rasch von der Situation wegdriften, dass ihn eine aufsteigende Panik heimsuchte.

 

´Er würde es wieder ruinieren. Es war immer darauf hinausgelaufen, dass er etwas Falsches gemacht oder gesagt hatte und darauf ein Streit folgte. Er war das schwarze Schaf. Der Keil der diese Familie spaltete…er…`

 

Die solide Präsenz in seinem Rücken, verbunden mit dem erdenden Geruch den er einzig mit Lan Zhan in Verbindung brachte, ließen ihn automatisch tiefer durchatmen, auf das sich seine Gedanken aufklarten und er den Fokus wiederfand.

 

Er war nicht mehr allein.

 

Zwar hatten seine Jiějiě und Jiang Cheng ihm auch früher nie das Gefühl gegeben das er es wäre, doch blieb der Stress dennoch in ihrer Familie sitzen, sobald sie sich auf seine Seite schlugen oder auch nur versuchten die Aufregung zu schlichten.

 

Lan Zhan gehörte jedoch zu ihm.

 

Nur zu ihm.

 

Würde er ihm sagen, dass er sofort wieder gehen wolle, würde dieser ihn ohne Zögern zurückfahren.

 

Er würde ebenso bei ihm bleiben und sich seine Sorgen anhören.

 

Er würde da sein, wenn er ihn brauchte.

 

„Madam Yu.“ Wei Ying verbeugte sich schließlich und richtete sich mit einem neugefundenem Selbstwertgefühl wieder auf.

 

„Ich hoffe unser Besuch macht keine zu großen Umstände.“ Sie beäugte ihn noch immer mit einer gewissen Kälte. „Das wird sich noch zeigen.“, meinte sie mit nur einem Hauch ihrer üblichen Missbilligung in der Stimme, wenn es um ihn ging, und Wei Ying nahm es als etwas Positives hin.

 

Dann richtete sich ihr Blick auf Lan Zhan und der Frost wisch einem Mix aus Irritation und Interesse.

 

Es war ihr wahrlich nicht zu verdenken, fragte sie sich sicherlich, wie es sein konnte das jemand wie Lan Zhan sich ausgerechnet mit ihm abgab.

 

„Yú fū ren.“ Lan Zhan verbeugte sich vor ihr, seine Haltung perfekt, seine Ausstrahlung erhaben und mit einem gewissen Charme versehen, dass sich Wei Ying gerade so ein verliebtes Seufzen verkneifen konnte.

 

„Es freut mich ihre Bekanntschaft zu machen. Ich hoffe Wei Ying und ich kommen nicht ungelegen.“ Es war interessant zu beobachten, wie sich Madam Yus Augen darauf etwas verengten. Nicht in dem Maße das es feindzählig erschien. Eher abmessend, auf das sich ein seichtes Lächeln auf ihre Lippen legte, als würde sie Lan Zhans Mut anerkennen ihr mit solch einer selbstsicheren Manier gegenüber zu treten.

 

Sie war definitiv anderes gewöhnt, nutzte sie ihre eisig wirkende Aura gern dazu andere schon im Vorfeld einzuschüchtern, was ihr meist auch gelang und sie somit schon einmal wusste, woran sie bei ihrem Gegenüber war.

 

„Lan xiān sheng.“ Sie streckte ihm eine ihrer eleganten und fein manikürten Hände entgegen und Lan Zhan, ganz der gehobene Gentleman, gab ihr tatsächlich und wohl zum Erstaunen aller anderen, einen Handkuss.

 

Wei Ying konnte das trotzige Gefühl von Eifersucht über diese Geste nicht aufhalten, das er Lan Zhans Arm darauf in einer besitzanzeigenden Anwandlung umfasste und Madam Yu einen genauso trotzigen Blick zuwarf.

 

Diese schüttelte jedoch nur kritisierend ihren Kopf über sein Verhalten.

 

Wei Ying wusste, was sie ihm damit anzeigen wollte. Dass er sich lächerlich verhielt und wohl auch, dass er jemanden wie Lan Zhan wahrlich nicht würdig war.

 

Aber sollte sie doch.

 

Wei Ying lehnte sich genau deswegen nur noch offensichtlicher gegen seinen Freund, der ihm daraufhin leicht über seinen Handrücken strich und Wei Ying damit versonnen grinsen ließ.

 

Sie gab ein verhaltenes Schnaufen von sich, auf das sie schließlich ins Esszimmer bat.

 

„Ich bin wirklich froh, dass du hier bist.“, flüsterte er Lan Zhan ins Ohr und er meinte es doppelt und dreifach.

 

 

 

Madam Yu ließ ihn für den größten Teil des Abends auch in Frieden, was er wohl ihrem Interesse an Lan Zhan zu verdanken hatte, der dies mit geschulter Eloquenz über sich ergehen ließ.

 

Das machte es ihm einfacher, sich nicht ganz so angespannt fühlen zu müssen und das Essen seiner Jiějiě auch richtig genießen zu können.

 

Ihre hausgemachten xián jiǎo zǐ waren nicht zu übertreffen, vor allem die mit der scharfgewürzten Schweinefleischfüllung.

 

Er würde sie später fragen, ob sie ihm ein paar auf den Heimweg mitgeben könnte.

 

Jiang FengMian gab sich Mühe die Atmosphäre ebenso locker zu gestalten, vermied er es irgendein Thema anzusprechen, das Wei Ying womöglich unangenehm wäre oder alte Differenzen wieder aufwühlen würde.

Und er schätzte dessen Umsicht wirklich.

 

Er hätte es nicht gedacht, aber es fühlte sich doch ein wenig so an, als wären sie eine zufriedene Familie.

 

Doch natürlich verpuffte dies im nächsten Augenblick auch schon wieder.

 

„Wei WuXian.“ Madam Yu seinen Namen sagen zu hören, war für ihn stets wie ein Peitschenknall, das ihm beinahe seine Essstäbchen aus den Finger gefallen wären über diesen Schreck.

 

Nichtsdestotrotz schaute er sie direkt an.

 

Nichts anderes würde sie gutheißen.

 

„Was gibt es Madam Yu?“ Dass Unsicherheit in seinen Worten mitschwang konnte er nicht vermeiden, fühlte sich aber gleich wesentlich sicherer, als er Lan Zhans Hand auf seinem Knie wahrnahm und es ihn unbewusst dankbar lächeln ließ.

 

„Was hast du nun vor, nachdem du deinen Abschluss nachgeholt hast? Ich hoffe du willst dich nicht simpel auf diesem einen Erfolg ausruhen.“, hinterfragte sie mit einem schneidenden Unterton, den er ebenso gut noch kannte.

 

Wann immer sie der Meinung war, das er es sich zu einfach machen wollte oder etwas nicht mit dem nötigen Ernst anging, hatte sie diesen Ton benutzt.

 

Es war nicht überraschend, dass sie ihm solch eine Einstellung vorwarf, doch….

 

Stopp!

 

Wei Yings Augen weiteten sich in beinahe komischer Manier, als ihm etwas plötzlich durch seinen Kopf schoss und er seine Aufmerksamkeit ruckartig auf Lan Zhan richtete.

 

„Ich hab dich gar nicht angemessen vorgestellt.“, meinte er etwas aus dem Konzept wirkend.

 

Lan Zhan lächelte dennoch verstehend.

 

„Ich denke…“, setzte dieser an doch Wei Ying war schneller, indem er dessen Hand nahm und von seinem Platz aufstand, damit die Blicke seiner Familie nur noch irritierter auf ihm ruhen ließ.

 

Seine Aufmerksamkeit legte sich darauf entschlossen auf seinen Onkel und Madam Yu.

 

„Onkel Jiang. Madam Yu. Um allen Missverständnissen aus dem Weg zu gehen; Lan Zhan und ich sind zusammen. Zusammen wie in Mann und Frau zusammen. Sollte dies nicht willkommen sein in diesem Haus werden wir sofort wieder aufbrechen. Endschuldigen werde ich mich für meine Gefühle zu ihm jedoch nicht!“

 

Wei Ying gab noch ein resolutes Schnaufen von sich über seine Ansprache und wappnete sich schon für jegliche Anfeindungen die da kommen mochten.

 

Onkel Jiang schaute verdutzt, wogegen Madam Yu einen um Fassung bemühten Blick gen Himmel schickte.

 

Ein ergebenes Raunen, das nur von Jiang Cheng kommen konnte, war im Hintergrund zu vernehmen.

 

Dann setzte Madam Yu an etwas zu sagen und Wei Ying fletschte innerlich schon die Zähne, sollte sie sich unangebracht zu ihnen äußern wollen.

 

„Bist du dann soweit?“, fragte sie knapp. „Wir würden gern mit dem Essen fortfahren. Also setzt dich wieder.“

 

Onkel Jiang schmunzelte in seine Serviette.

 

„Uhm…“

 

„Wei Ying.“ Lan Zhan zog leicht an seiner Hand die er festhielt und lächelte sanft.

 

„Nun setzt dich endlich.“, zischte Jiang Cheng. „Oder glaubst du, dass sie es nicht schon von selbst mitbekommen hätten, das Lan WangJi nicht nur irgendeiner deiner Kumpels wäre, nachdem ihr Händehaltend vor der Tür aufgetaucht seid? Oder du so an ihm klebst, als würde er sich sonst in Luft auflösen? Dein Geschmachte liegt so dick in der Luft das man es schneiden kann!“, erleuchtete ihn sein Bruder, deutlich genervt über seine sinnfreie Ahnungslosigkeit.

 

„Oh.“ Wei Ying setzte sich darauf mit einem peinlich berührten Grinsen wieder und ließ sich von seiner Jiějiě die Hand tätscheln.

 

„Niemand hier wird dir dein Glück schlechtreden A-Xian.“, ließ sie ihn wissen und er lächelte erleichtert.

 

Er mochte sich ein wenig zum Narren gemacht haben, aber es fühlte sich dennoch richtig an, seinen Standpunkt deutlich gemacht zu haben. Lan Zhans warmer Ausdruck als er ihn daraufhin anschaute reichte aus, um mit einem Kuss auf dessen Lippen diesen Standpunkt noch deutlicher machen zu wollen.

 

Madam Yus Frage war darüber vollkommen vergessen und sie schien es für diesen Moment auch dabei zu belassen.

 

 

 

„Du siehst wirklich glücklich aus A-Xian.“, hörte Wei Ying seine Schwester mit einem ebenso zugetanen Unterton sagen und wurde des verliebten Grinsens nicht müde.

 

Wie könnte er auch nicht, wenn er solch einen unglaublichen Freund an seiner Seite hatte?

 

„Das bin ich. Und danke, dass du dich für Lan Zhan so ins Zeug gelegt hast. Ich bin mir sicher so guten Karpfen hat er noch nie gegessen. Er schaute wirklich beeindruckt aus. Generell schien er mit der reichen Auswahl an fleischfreien Optionen recht überrascht.“

 

Seine Schwester lächelte ihm darauf zu. „Wusste er nicht, dass du mich darum gebeten hattest?“ Wei Ying schaute etwas ertappt. „Wenn ich ihm gesagt hätte, dass ich dich darum bitten würde, etwas nach seinen Gewohnheiten zu machen, hätte er es auf jeden Fall abgelehnt. Er mag es nicht jemandem Umstände zu bereiten.“, erklärte er und half das gewaschene Geschirr abzutrocknen. Es war eine alte Routine, der er auch nach all den Jahren automatisch gefolgt war, als sie das Essen beendet hatten und der Tisch abgeräumt wurde.

 

Das Mindeste was er tun konnte war, sich wenigstens ein wenig hilfreich zu zeigen, indem er seiner Jiějiě beim Abwasch half.

 

„Wie geht es deinem Pfau von einem Ehemann eigentlich? Ich hatte fast angenommen er wäre ebenso hier.“

 

„Er wusste, dass dieses Treffen wichtig für unsere Familie wäre und sah kein Problem darin nicht dabei zu sein. Wir werden morgen zu seiner Familie fahren. Sie mögen es ihre Feste immer recht aufwendig zu gestalten. Ich ziehe dem ein kleines Zusammenkommen der Familie eher vor.“ Sie schaute ihn über ihr Tun mit einem warmen Blick an. „Danke, dass du uns Gesellschaft geleistet hast, ich habe es wirklich vermisst, dich dabei zu haben. Vater ebenso. Mutter würde es zwar nicht zugeben, aber sie weiß das unsere Familie ohne dich nicht komplett ist.“ Wei Ying fiel dazu nichts zu sagen ein, fühlte er sich gerade wieder etwas sentimental, dass er schlicht nickte.

 

Lan Zhan war währenddessen wieder von Madam Yu und seinem Onkel eingenommen worden, schienen sie auf ihre Art und Weise von diesem angetan.

 

Es ließ Wei Ying wissend schmunzeln.

 

„Ist dieses alberne Grinsen ansteckend?“, Jiang Cheng stand mit weiterem benutztem Geschirr im Türrahmen und schaute ihn skeptisch an.

 

„Schade, dass dem nicht so ist, mein lieber A-Cheng. Ein freundlicheres Gesicht würde dir bestimmt auch mal ganz gut stehen.“ Jiang Cheng schnaufte lediglich über diesen Hinweis und stellte das Geschirr neben die Spüle, bevor er sich daran machte das Abgetrocknete in die Schränke zu verstauen, wo es hingehörte.

 

„Mom und Dad haben echt einen Narren an deinem Frost-Prinzen gefressen. Aber ich nehme an, dass du das alberne Grinsen für euch beide übernimmst. Hat er noch einen anderen Gesichtsausdruck parat, oder…?“, moserte Jiang Cheng, was Wei Ying wirklich beinahe dazu verleitete in ein haltloses Schwärmen überzugehen. Was man ihm wohl auch sehr deutlich ansehen mochte, folgte ein ergebenes Raunen seines Bruders. „Einigen wir uns darauf, dass ich diese Frage nie gestellt habe.“, setzte er noch nach, auf das sie in angenehmes Schwatzen übergingen.

 

Er hatte es ebenso über die letzten Jahre vermisst.

 

Es ließ das Glücksgefühl in ihm noch etwas weiter aufblühen, dass es ihm ein wenig die Augen feucht werden ließ.

 

Es war seine Jiějiě die ihm darauf über die Haare strich und er ein wackeliges Lächeln zeigte, verstand sie ihn noch immer mit am besten, auch wenn er nichts gesagt hatte.

 

„Ich hab noch eine Überraschung für dich.“, meinte sie darauf, was Wei Ying neugierig dreinschauen ließ.

 

Damit hob sie eine Abdeckung von einem großen Teller, der voll mit nán guā bǐng war.

 

Wie lange war es her, dass er diese gegessen hatte?

 

Seine Mom hatte sie ihm immer zu seinem Geburtstag zubereitet. Später, als seine Schwester davon erfuhr, nachdem er zu seinem ersten Geburtstag hier in Tränen ausgebrochen war, hatte sie ihm jedes Jahr welche gemacht. Sie hatte die Mühe investiert ihn stets zu fragen, ob sie denen seiner Mom gleich kämen und auf jedem Hinweis was anders war, einen weiteren Versuch unternommen, um sie für ihn zu perfektionieren.

 

Somit konnte er sich nicht mehr helfen und ein paar Tränen stahlen sich doch noch hervor.

 

„Danke Jiějiě. Du bist die beste.“, wisperte er gerührt und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

 

 

 

Zufrieden streckte sich Wei Ying, als er den Garten des Hauses betrat, der mit einigen roten Laternen beleuchtet wurde, um etwas frische Luft zu schnappen, nachdem sein Bauch voll mit Glück und Dessert war.

 

Lan Zhan, der ihn begleitet hatte, legte ihm seine Arme von hinten um die Hüften und Wei Ying lehnte sich sogleich gegen ihn.

 

Er musste unwillkürlich etwas auflachen, erinnerte er sich an die perplexen Gesichter seiner Familie, als er ihnen über den Nachtisch recht unzeremoniell mitteilte das er und Lan Zhan vor kurzen adoptiert hätten, als das Thema auf das Neugeborene der Xians wechselte, die im Haus nebenan wohnten.

 

Wei Ying wusste das Madam Yu es als einen subtilen Moment nutzte ihre Tochter daran zu erinnern, dass die besten Jahre einer Frau, um Kinder in die Welt zu setzen, nicht vertan werden sollten.

 

Wei Ying hatte seiner Jiějiě das leichte Unbehagen darüber angemerkt und somit mit seinem Kommentar auf sich abgelenkt.

 

„Sie sind so allerliebst, wenn sie noch klein sind. Und ich wollte ja immer eine große Familie.“, hatte er mit Entzücken gemeint und sein Smartphone aus seiner Tasche gefischt. Dass er in der Mehrzahl gesprochen hatte, ließ die Augen aller noch etwas größer und die Blicke ungläubiger werden.

 

„Lan Zhan ist der beste Dad denn man sich vorstellen kann. Er hat ihr gesamtes Zimmer allein hergerichtet und wirklich an alles gedacht, damit sie sich wohl fühlen.“

 

„Sie haben nur das Beste verdient.“, hatte sich Lan Zhan zu seiner Freude mit eingebracht, um dem Ganzen noch einen draufzusetzen, das Wei Ying wirklich zu tun hatte nicht lauthals loszulachen.

 

Schließlich hatte er sein Telefon auf den Tisch gelegt, das Display erleuchtet mit einem Foto, das zwei pummelige, kleine Hasenkinder zeigte.

 

Eines schwarz das andere weiß.

 

Jiang Cheng schnalzte gefoppt mit der Zunge über diese Offenbarung.

 

Seine Schwester gab ein angetanes „Awww.“ von sich.

 

Madam Yu hielt eine ihrer feingeschwungenen Augenbrauen nach oben gezogen, ein Blick der sagte, dass sie es hätte wissen müssen.

 

Onkel Jiang lächelte herzlich über die weiteren Bilder die Wei Ying ihm und seiner Schwester zeigte.

 

„Ich bin froh zu sehen, das du dich wohl hier zu fühlen scheinst.“, hörte er Lan Zhan leise sagen und Wei Ying wusste, dass dieser sich ebenso Gedanken gemacht hatte, wie er mit ihrem Besuch hier zurechtkommen würde.

 

„Dank deinem Beistand.“, ließ er ihn wissen und legte seinen Kopf etwas in den Nacken, um ihm einen Kuss auf die markante Kinnpartie zu geben.

 

Sie standen noch einen Augenblick auf der Terrasse, als Wei Ying ein leichtes Frösteln durchfuhr, war der Abend recht kalt geworden und er nur mit seiner dünnen Sweatjacke rausgegangen.

 

„Wir sollten wieder hineingehen.“, wisperte ihm Lan Zhan ins Ohr, das er dabei leicht mit seiner Nasenspitze streifte. Ein wohliges Kribbeln zog durch Wei Yings Körper und er drehte sich in Lan Zhans Armen zu diesem um.

 

„Ich wüsste etwas, mit dem mir ebenso wieder warm werden würde.“, raunte er gegen dessen Halsbeuge, ein verschmitztes Schmunzeln auf den Lippen. Auf das ihm Lan Zhan, auf seinen Knien; dessen sinnlicher Mund um seine Länge, wieder einkam. Wie verboten sexy er dabei ausgesehen hatte, dass es ihm ein weiteres Zittern bescherte. Doch diesmal aus einem völlig anderen Grund.

 

Aber weil er trotz aller amourösen Anwandlungen doch noch Anstand genug besaß, diesen Gefallen nicht genau hier und jetzt erwidern zu wollen, beließ er es dabei Lan Zhan simpel in einen unanständigen Zungenkuss zu verwickeln, dass er die Kälte darüber tatsächlich vergaß.

 

Ein intensives Räuspern zu ihrer Rechten und Wei Ying wusste das es Jiang Cheng war. Und da er es nicht lassen konnte diesen etwas aufzustacheln, machte er eine kleine Show daraus, sich von Lan Zhans Lippen loszusagen, indem er seine Zunge demonstrativ aus dessen Mund auftauchen ließ, noch einmal leicht über diesen leckte und mit einem zufriedenen Brummen einen letzten innigen Kuss darauf setzte.

 

Dann strahlte er seinen Bruder mit all der nicht vorhandenen Unschuld an, die er meistern konnte.

 

„A-Cheng.“

 

Dieser hatte seinen Kopf etwas gesenkt, doch konnte man durch das Licht, das durch die gläserne Terrassentür fiel erkennen, dass dessen Wangen rot waren und sein Unterkiefer merklich angespannt.

 

„Du bist und bleibst ein schamloser Bastard.“, knurrte dieser und verwies darauf, dass der Rest der Familie ebenso gedachte den Garten betreten zu wollen.

 

Man hielt also auch an diesem Brauch fest, mit dem Verlassen des Hauses verbleibende Spuren des alten Jahres hinauszutragen. Früher, wenn es dann darum ging alle Fenster zu öffnen um das Glück für das kommende Jahr hereinzulassen, war er immer der erste der durch die Zimmer gefegt war, war er der Meinung das sie das meiste Glück abbekommen würden, wenn sie auch die ersten wären die ihre Fenster weit öffneten.

 

Damals hatte man ihm gesagt, dass seine Eltern einen unglücklichen Unfall gehabt hätten, also war er mehr als eifrig gewesen, nun genug Glück für seine neue Familie sammeln zu wollen.

 

Dass er es am Ende war, der deren Unglück verkörpern würde, schien im Rückblick doch recht ironisch.

 

„Wei Ying?“ Lan Zhans Ausdruck, als er ihn ansah, war ein wenig besorgt. Sein Freund hatte eindeutig ein zu gutes Gespür für seine melancholischen Anwandlungen.

 

„Schon gut, ich erinnerte mich nur an etwas von damals. Heute hier zu sein bringt einige Emotionen mit sich, mit denen ich nicht gerechnet hatte. Aber keine Sorge.“ Er küsste Lan Zhan kurz zu Beruhigung. „Ich bin dennoch froh, dass wir hergekommen sind.“

 

Das erste Feuerwerk war in der Ferne zu sehen, was anzeigte das es nun nicht mehr lange dauern würde, das ihnen, laut ihrem Kalender, ein neues Jahr bevorstand.

 

Das letzte war recht unberechenbar gewesen, doch am Ende das Beste was er seit langem gehabt hatte.

 

Lan Zhan war wie ein Wunder, das in sein Leben getreten war.

 

Mit ihm an seiner Seite und mit dem neu aufgegriffenen Kontakt zu seiner Familie, fühlte er sich recht zuversichtlich, dass die Zukunft sonniger sein könnte, als er vor kurzem noch zu glauben im Stande gewesen war.

 

Wei Ying zog Lan Zhan in einem Impuls etwas abseits, bevor die anderen die Terrasse betreten würden.

 

Dieser schaute ihn nun etwas fragend an, doch Wei Ying lächelte nur liebevoll und nahm nun auch dessen andere Hand in die seine. Schaute ihm tief in die Augen.

 

„Lan Zhan, ich hoffe du weißt wie unglaublich glücklich du mich machst. Wenn nicht, dann zeig ich es dir gern jeden Tag auf ein Neues. Ich liebe Dich. Unermesslich.“ Lan Zhans Lächeln war beinahe ausreichend um Wei Ying wissen zu lassen, dass dieser ebenso für ihn empfand. Dieser zog ihn näher an sich heran und küsste ihn auf die Stirn.

 

„Ich möchte dich nicht mehr missen wollen mein Wei Ying. Ich wusste nicht wie erfüllend es sich anfühlen kann, jemanden mit allem zu lieben das einen ausmacht. Ich könnte nicht dankbarer sein, dich getroffen zu haben. Ich liebe Dich. Unermesslich.“

 

Sie lächelten sich einen verliebten Augenblick einfach nur an, über ihnen das bunte, prachtvolle Funkeln von Feuerwerk, das diese Moment umso magischer erscheinen ließ. Genau wie es sich immer wieder magisch anfühlte sich zu küssen, den anderen unter seinen Fingern zu spüren, zu wissen das man nicht mehr allein war.

 

In diesem Moment schien jede Hürde der Vergangenheit es wert gewesen zu sein, um das sie hatten zueinander finden können.
 


 

***

 

 

jiějiě - ältere Schwester

 

shū shu - Onkel

 

fū ren – Lady/Madam

 

xiān sheng – Mister/Herr
 

xián jiǎo zǐ – gefüllte Teigtaschen
 

nán guā bǐng – Kürbis Pancake

 

 

 

So das war es nun. Ich hoffe, jeder, der diese Story bis zum Ende gelesen hat, es gerne tat.

Eigentlich war es als ein simpler OneShot angesetzt, aber dann gingen die Ideen ihren eigenen Weg und es wurde wesentlich länger. Nicht unbedingt unüblich für mich  : P

 

Als nächstes wird eine kurze High School AU folgen (vielleicht 5 Kapitel)

 

In diesem Sinne,

 

LG und vielleicht bis zur nächsten FF ; D

 

YMW

 

 

Und falls Ihr noch Interesse habt, hier noch ein paar andere Werke von mir, zu diesem Fandom;

 

 

https://www.animexx.de/fanfiction/393545/?js_back=1

 

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  RamDamm
2020-02-22T12:39:24+00:00 22.02.2020 13:39
Das Ende überrascht, vor allem das es so friedlich geblieben ist. Und ich schließe mich an, es ist schade das sie zu Ende ist. Übrigens mein Lieblingspart in der Geschichte ist in diesem Kapitel. Nämlich der Abschnitt mit den adoptierten Hasen. Ich konnte nicht anders als zu lachen, wenn man sich die Gesichter der anderen vorstellt.

Bis zur nächsten Story
Von:  J-E-N-N
2020-02-22T08:04:35+00:00 22.02.2020 09:04
Ich freu mich so, dass in deiner Geschichte Wei Ying glücklich mit seiner Familie sein kann.
Schade, dass sie vorbei ist. Ich werde sie vermissen. Aber vielen Dank für deine tolle Geschichte.

Ich freue mich sehr auf deine nächsten Stories. OwO
Antwort von:  YoungMasterWei
22.02.2020 21:25
Freut mich, dass Du mit dem Ende zufrieden bist : )
Ein Happy End musste sein, das haben sich WY und auch LZ verdient.
Hab somit noch mal vielen Dank für Deinen treuen Kommentare bis zum Schluß. Ich hab mich stets drüber gefreut : D
Dann lesen wir uns vielleicht bei meiner nächsten Story wieder. Wäre schön : )
LG
YMW
Antwort von:  J-E-N-N
23.02.2020 09:30
Ich bin mir sicher! Habe dich jetzt abonniert, damit ich dein neustes Werk nicht verpasse. OwO
Von:  mor
2020-02-21T20:09:31+00:00 21.02.2020 21:09
Na dann Ende gut alles gut ^^


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