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Niffler and Where to Find Them

von

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Percival stand in einem mehrstöckigen Wohnhaus in Brooklyn. Coffee, der mittlerweile ein provisorisches Lederhalsband mit Leine trug und darüber wenig erfreut war, saß auf seinem Arm. Percival hatte den Niffler und sich selbst mit einem Desillusionierungszauber umgeben und wartete seit einigen Minuten darauf, dass es in dem Gebäude etwas ruhiger wurde. Mehrere Arbeiterfamilien schienen hier zu leben, weshalb das Treppenhaus mit Kindern regelrecht überfüllt war. Keine sehr gute Ausgangssituation, aber es half nichts.

Nach dem Hinweis, den Percival von Oscar bekommen hatte, war er die Bankkundenliste noch einmal durchgegangen. Mrs. Fuller würde ihm am Montag vermutlich die Ohren langziehen, da er es in ihrer Abwesenheit gewagt hatte, an die Schränke zu gehen, aber damit konnte er leben. Die Liste hatte keinen magisch begabten Bankkunden mehr hervorgebracht. Also war Percival mit Raymunds Hilfe die Registratur der alten Fälle durchgegangen und hatte wider Erwarten doch einen Treffer gelandet.

Raymund hatte sich auf Percivals Bitte hin bei der Feuertreppe an der Rückseite des Wohnhauses postiert und sperrte so einen möglichen Fluchtweg für ihren Verdächtigen ab. Percival glaubte zwar nicht, dass diese Vorsichtsmaßnahme nötig war, aber man konnte schließlich nie wissen. Gut möglich, dass ihr Verdächtiger disapparierte, sobald Percival sich zu Erkennen gab. Sein Plan sah vor, dass er wartete, bis der Verdächtige heraus kam und dann schaute, wie Coffee auf ihn reagierte. Falls der Niffler ihn überhaupt kannte. Percival seinerseits hatte keine Ahnung, wie Stephen MacKinley aussah.

Ihr Verdächtiger war vor einigen Jahren durch eine Falschaussage in einer anderen Ermittlung aufgefallen, in der er als Zeuge geladen war. Falschaussagen kamen immer wieder vor, sowohl bei NoMaj-, als auch bei Aurorenermittlungen, wie Percival wusste. Stutzig war er geworden, als er sich die damaligen Lebensbedingungen von MacKinley durchgelesen hatte. Kaum Vermögen, trotzdem war er viel auf Reisen. Percival hatte seinen Vater gefragt, ob er wusste, warum das seinerzeit nicht weiterverfolgt wurde. Der hatte nur abgewinkt und gemeint, dass finanzielle Verhältnisse einen nicht per se zum Verdächtigen machten, nur weil sie ungewöhnlich waren. Percival hatte gegrummelt.

„Autsch!“, fluchte er dafür jetzt.

Coffee hatte ihn gebissen und kletterte eiligst seine Hose hinab.

„Du kleines Biest“, fauchte der Auror.

Der Niffler achtete nicht auf ihn, sondern machte sich auf die Reise. Zum Glück hatte Percival noch die Leine in der Hand, sodass er ihm nicht entkommen konnte.

„Wo willst du hin?“

Coffee steuerte auf die Treppe zu und begann mühselig, die Stufen zu erklimmen. Nachdem er sich auf die zweite Stufe gekämpft hatte, seufzte Percival resigniert und hob ihn vom Boden auf. Im ersten Stock angekommen, setzte er den Niffler wieder ab. Coffee begann umgehend, auf dem Boden zu schnüffeln.

„Hast wohl die Fährte von Gold aufgenommen?“

Percival musste ihn kurz an der Leine halten und einige Dehnübungen vollziehen, um am Ende des langen Gangs anzukommen, ohne versehentlich einem der NoMaj-Kinder hinein zu laufen, das ihm rennend entgegenkam. Die kitschige Blumentapete im ersten Stock sah noch heruntergekommener aus, als unten. An einigen Stellen war sie stark vergilbt und Percival glaubte, auch so etwas wie einen Brandfleck zu erkennen.

Er stolperte Coffee hinterher und blieb dann vor einer abgewetzten Holztür stehen, die in eine der Wohnungen führte. Der Niffler fing an, an der Türschwelle zu Kratzen. Percival hob ihn wieder hoch.

„Wir sind nicht hier, um Leute auszurauben, weißt du?“, flüsterte er ihm zu.

Coffee war inzwischen ziemlich gut darin, ihn flehend anzuschauen. Sinnvoller wäre es gewesen, eines der Kinder zu fragen, ob es wusste, welche Wohnung MacKinley gehörte. Aber dann wäre seine Tarnung hin. Stattdessen wandte er sich der kleinen Tür links von sich zu, öffnete sie und blickte hinaus. Raymund, der sich ebenfalls mit einem Desillusionierungszauber getarnt hatte, stand zwei Stockwerke über ihm auf der Feuertreppe.

„Hast du was?“, rief sein Bruder zu ihm runter.

„Coffee ist ganz verrückt danach, in eine der Wohnungen zu kommen.“

Raymund kam die Treppe herab.

„Und? Wie willst du vorgehen?“

Percival wich zur Seite, damit Raymund auf den Gang blicken konnte. Er runzelte die Stirn, als er die spielenden Kinder sah.

„Falls er wirklich der Täter ist, hat er sich einen guten Unterschlupf gesucht.“

„Und wenn er besonders intelligent ist, hat er seine Wohnung mit Schutzzaubern versehen“, stellte Percival fest.

„Wir hätten doch einen Besen mitbringen sollen. Dann hätte einer über ein Fenster zur Hinterseite reinkommen können.“

„Du kannst ja immer noch einen holen.“

Raymund sah seinen kleinen Bruder streng an, disapparierte und kam zehn Minuten später mit einem Flugbesen zurück.

„Lass dir gesagt sein, dass Vater wenig begeistert ist, dass ich einen der Abteilungsbesen geborgt habe.“

„Es war deine Idee. Außerdem warst du mir das schuldig.“

„Wie das?“

Percival sah ihn vielsagend an. Dann zog er die Augenbrauen hoch, als Raymund ihm den Besen hinhielt.

„Zum Fenster fliegen kannst du schön selbst!“

„Spinnst du? Wie soll ich das machen mit Zauberstab in der einen Hand und Coffee in der anderen.“

„Dann gib ihn halt mir.“

Percival funkelte Raymund wütend an, hielt ihm dann aber den Niffler samt Leine hin.

„Ich warne dich!“

„Hey, ich tu ihm schon nichts!“

Coffee fing zu zappeln an, aber Raymund hielt ihn fest. Er hatte sich die Schlaufe der Leine über den Arm geschoben und sie dann noch mal zur Sicherheit zweimal darum gewickelt.

„Lass ihn nur nicht zu lange warten.“

„Oder ich warte so lange, bis er dich beißt“, konterte Percival.

Er setzte sich ungelenk auf den Besen und flog langsam die Fenster ab, die er der fraglichen Wohnung zuordnete. Besenfliegen war nie seine Stärke gewesen. In Ilvermorny hatte er sich seinerzeit den Ruf einer flugunfähigen Eule erworben, eine Bezeichnung für all jene, die in ihrer allerersten Flugstunde vom Besen gefallen und sich dabei etwas gebrochen hatte. Viele waren es nicht gewesen in der ehrwürdigen Geschichte Ilvermornys. Bei Percival war es der linke Arm gewesen.

Sein linker Arm steuerte jetzt den Besen zum ersten Fenster, seine rechte Hand hielt den Zauberstab fest. Das Fenster gewährte Einblick in eine kleine Rumpelkammer, deren Inhalt kein sonderlich großes Interesse bei dem Auror erzeugte. Percival flog langsam zum zweiten Fenster an dieser Wandseite. 

Und sah einen Mann, dessen Alter er wegen einer ausgewachsenen Halbglatze nicht richtig einschätzen konnte. Er mochte Ende Dreißig sein, genausogut konnte er aber auch gerade einmal ein paar Jahre älter sein als Percival. Der Mann war gerade dabei, mithilfe eines Zauberstabs ein Messer Gemüse schälen und schneiden zu lassen.

MacKinley, so er es denn war, hatte Percival nicht bemerkt. Trotzdem war es ein gefährliches Unterfangen, in seiner Situation einem möglichen Kriminellen gegenüber zu treten, der noch dazu einen Zauberstab in der Hand hielt und indirekt mit einem Küchenmesser bewaffnet war. Percival beschloss, sein Überraschungsmoment dann zu nutzen, wenn MacKinley sich vom Fenster abwandte.

Was eine gefühlte Ewigkeit dauerte. Inzwischen hatte sein Bruder Raymund dem Kopf aus der Fluchttür geschoben und sah zu ihm rüber. Percival ignorierte ihn. Er ließ den Mann im Zimmer vor ihm nicht aus den Augen. Nachdem das Gemüse endlich geschnitten war, wanderte es in einen großen Kochtopf. MacKinley verzauberte einen großen Holzlöffel, der darin umrührte. An dem Messer hatte der Mann das Interesse verloren. Percival sah kurz zu seinem Bruder und nickte ihm zu. Raymunds Kopf verschwand wieder.

Der Auror hob seinen Zauberstab und musste dann den Besen ausbalancieren.

‚Teufel noch eins, ich sollte vielleicht mal wieder üben‘, dachte er frustriert.

MacKinley drehte sich gerade wieder in seine Richtung. Mit einem Reductio pulverisierte Percival das Fensterglas und schickte dann ein Stupor hinterher. Doch MacKinley war flinker als gedacht. Das sich auflösende Glas hatte ihn gewarnt. MacKinley feuerte ein Impedimenta auf Percival ab, dem der Auror gerade so ausweichen konnte. Der Lichtblitz schlug stattdessen im Gebäude hinter ihm ein.

„Ergeben Sie sich!“, rief er in das Zimmer hinein.

MacKinley dachte nicht daran und fuhr auf den Absätzen herum.

„Bei Mercy Lewis!“

Percival hoffte, dass Raymund seinen Zauberstab gezückt hatte. Um eine ausgedehnte Übung im Oblivieren von NoMajs würden sie trotzdem nicht herumkommen. Er versuchte, durch das zerstörte Fenster zu fliegen, und rammte dabei den Rahmen. Sein Sakko riss am linken Oberarm ein. Von nebenan konnte er einen Knall und einen dumpfen Aufschlag hören. Dann war es still. Nicht einmal erschrockenes Kinderweinen drang an Percivals Ohr. Er stieg vom Besen und hielt den Zauberstab aufrecht. Vorsichtig schob er die Tür auf und seufzte dann. MacKinley lag bewusstlos am Boden, Coffee auf seinem Bauch und enthusiastisch an ihm schnuppernd. Raymund hatte MacKinleys Zauberstab an sich genommen.

„Warum er nicht disappariert ist?“, fragte Raymund in die Stille hinein.

„Hatte wohl zu sehr Angst“, folgerte Percival.

Er steckte seinen Zauberstab ins Holster und griff dann nach der Leine, an der Coffee hing. Der Niffler wollte sich gar nicht von MacKinley trennen. Erst, als Percival seufzend einen seiner glitzernden Hemdknöpfe abnahm und ihn Coffee hinhielt, wandte sich dieser ab. Der Niffler tapste dem Knopf hinterher, bis er unbewusst auf Percivals Arm geklettert war. Erst dann ließ der Auror ihm den Knopf, der sogleich in seinem Bauch verschwand.

„Das solltest du nicht zur Gewohnheit werden lassen.“

„Ja“, antwortete Percival abwesend. „Bringst du ihn ins Ministerium?“

„Was machst du?“

„Ich möchte mich umschauen. Ich bin mir sicher, dass Coffee das gestohlene Gold findet, wenn MacKinley es hier versteckt hat.“

„Falls er es hier versteckt hat. Beeil dich aber. Sonst muss ich MacKinley auch noch verhören.“

Percival nickte. Raymund steckte nun ebenfalls seinen Zauberstab weg, und ließ sich von Percival dabei helfen, MacKinley über seine Schulter zu wuchten.

„Ist der schwer ...“

Einen Augenblick später war Raymund weg.

„So, und du gehst jetzt und suchst das Gold.“

Percival sah Coffee streng in die Augen. Der Niffler schien zu spüren, dass er eine wichtige Aufgabe bekommen hatte. Der Auror setzte ihn wieder auf den Boden und nahm die Leine dann bei der Schlaufe. Sofort fing der Kleine das Schnüffeln an.

„Nicht das!“

Coffee schob sich alles Glitzernde in den Bauch, was er finden konnte. Viel war es indes nicht, weshalb er seine Ansprüche zurückschrauben musste. Ein verbogener Löffel aus Eisen war sofort verschwunden.

„Du sollst das Gold suchen“, raunte Percival ihm zu. „Nicht das Eisen.“

Er ging in Richtung Küche und hoffte, dass Coffee ihm folgte. Der Niffler kroch in Schlangenlinien über den Boden hinweg in die Richtung, in der Percival ihn haben wollte. Trotzdem fluchte der Auror. Coffee war mehrmals unter einem Stuhl und dem Tisch hindurch gekrochen, sodass sich die Leine um die Möbelbeine verhedderte. Mühselig entwirrte Percival sie.

„Du kleines Monster.“

Coffee beachtete ihn nicht weiter. Wenigstens kroch er inzwischen nicht mehr, sondern tapste auf allen vieren durch die Küche. Blieb stehen, streckte den Rüssel in die Luft. Tappte weiter mehr oder minder zielgerichtet auf die Innenwand zu. Percival blickte irritiert auf die Wand, an der nur ein kleines Regal mit Tellern und Tassen hing. Doch der Niffler schien felsenfest davon überzeugt zu sein, dass dort etwas war.

„Hm, das Schlafzimmer fehlt auch“, überlegte Percival.

Er holte seinen Zauberstab hervor und richtete ihn auf die leere Wand rechts von dem Regal.

„Was sind Sie denn für einer?“

Percival zuckte zusammen. Er hatte nicht bemerkt, dass er nicht mehr alleine war. Im Eingangsbereich stand ein rothaariges Mädchen, das er auf zehn Jahre schätzte, und starrte ihn mit großen, grünen Augen an. Das Kleid des Mädchens, obwohl ordentlich gewaschen, wies schon einige Spuren der Abnutzung auf. Der Auror wandte sich der Kleinen zu und bedeutete ihr mit dem Zeigefinger seiner Linken, den Mund zu halten.

„Mister, sind Sie ein Dieb?“, fragte das Mädchen.

„Colloportus!“, sprach er.

Das Mädchen riss erschrocken die Augen auf, als sich die Eingangstür hinter ihr verriegelte. Ein Stupor ließ sie betäubt zu Boden fallen. Mit schlechtem Gewissen schaute Percival auf das Mädchen. Dass sie jetzt bewusstlos vor ihm lag, hatte er seiner eigenen Schlampigkeit zuzuschreiben. Hätte er die Tür verriegelt, nachdem Raymund weg war und erst dann den Niffler losgelassen, wäre ihm dieser kleine Faux-Pas nicht passiert. Zum Glück gab es außer Coffee keine Zeugen.

Der Niffler kratzte immer noch am Boden vor der Küchenwand. Percival wandte sich ihm wieder zu. Dann zauberte er ein „Conclave Revelio“ auf die Wand. Ein Durchgang erschien auf magische Weise, dahinter kam ein desolates Bett zum Vorschein. Als sich der Zauber komplett aufgelöst hatte, musste Percival würgen.

„Du liebes bisschen, was ist das für ein Gestank?“

Er hielt sich die Rechte ins Gesicht, um Mund und Nase so gut es ging, abzuschirmen. Er wollte gar nicht so genau wissen, woher der Mief kam, schätzte aber, dass irgendwo in diesem Raum ein totes Tier lag.

‚Oder eine Leiche.‘

Coffee schien es weniger zu stören. Der Niffler zog ihn an der Leine in das kleine Zimmer und zu einem Schrank hin. Percival hockte sich vor das Möbelstück und öffnete es. Und hätte frohlockt, wäre ihm nicht immer noch übel gewesen. In dem Schränkchen, das mit einem Ausdehnungszauber versehen war, reihten sich Goldbarren an Goldbarren an Goldbarren.

„Braves Kerlchen“, würgte Percival hervor.

Er hob Coffee sehr zu dessen Ungemach auf den Arm und wollte sich dann abwenden, als ihm ein schwarzgraues, ziemlich modriges Häufchen auffiel. Percival warf einen Blick darauf und drehte Coffee dann so, dass er seinen toten Artgenossen nicht sehen konnte. Der Auror verließ das Schlafzimmer, reparierte das Fenster, das er zuvor zerstört hatte, oblivierte das Mädchen, brachte sie in einem anderen Teil des Gebäudes in Sicherheit und verschwand. Den Flugbesen, das Gold und den toten Niffler ließ er zurück.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  _Delacroix_
2019-10-22T13:03:53+00:00 22.10.2019 15:03
Und jetzt haben sie den Schuldigen ausgemacht. Natürlich schaffen die Brüder es nicht, die Festnahme über die Bühne zu bekommen, ohne sich - wieder - zu streiten. Aber wenigstens erweist sich Coffee als nützliche Unterstützung. (Auch wenn er vermutlich einfach nur das Gold haben will. Ist schon traurig, dass ihn genau das anzieht, was seinem Artgenossen zum Verhängnis geworden zu sein scheint. Aber so ist das manchmal mit der Sucht.)


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