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Rabenfedern

von

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I. Sommernächte

Fangen wir mit dem wichtigsten an: Mir. Mein Name ist Murphy. Ich bin … reden wir besser nicht über mein Alter. Nein, viel wichtiger: Ich bin Magier, Gestaltwandler und wahrscheinlich die kompetenteste Person, die du kennst.

Was?

Okay. Nun, vielleicht nicht unbedingt kompetent. Also nicht im Sinne von hyperkompetent oder so. Aber ich kriege das meiste hin, was ich mir vornehme. Was natürlich nicht heißt, dass ich das ganze immer schon konnte.

Ja, ich weiß, das ist schwer zu glauben. Aber ich habe echt einige Sachen lernen müssen. Manche auf die harte Tour. Und ich wäre wahrscheinlich nicht da, wo ich heute bin, wäre da nicht eine Sache passiert. Und darüber will ich heute mit euch reden. Ich kann euch garantieren: Es ist eine coole Geschichte. Eine Geschichte von Vampiren, sowas wie einer Gottheit und für diejenigen, denen das nicht reicht: Sex kommt auch vor.

Also … fangen wir an.

Es war eine verflucht heiße Nacht, irgendwann Ende Februar. Und falls sich einige von euch wundern, warum es im Februar heiß ist: Ihr seid von der Nordhalbkugel. Ich nicht. Und ja, in Kapstadt kann es schon einmal vorkommen, dass ein Februar noch recht heiß ist.

Vor allem herrschte in diesem Februar eine furchtbar drückende Hitze und in dieser speziellen Nacht, fehlte mir die Möglichkeit dieser zu entkommen. Denn dank einiger vielleicht nicht richtig klugen Entscheidungen meiner selbst lebte ich zu der Zeit – mal wieder – auf der Straße. Was hieß, dass mir leider die Mittel fehlten mich in irgendeine Art klimatisierte Räumlichkeit zurückzuziehen. Und wer schon einmal richtig Hitze erlebt hat: Das macht das Schlafen nicht leichter.

Dazu kommt, dass so ein Schuldach nicht wirklich bequem war. Ich hatte mich dahin zurückgezogen. Nicht, weil ich die Schule besuchte, sondern weil das Schulgelände abgesperrt war und ich mich damit in relativer Sicherheit wägte. Immerhin kam man da nicht so leicht hin. Die Sicherheitsleute hatten mich nicht bemerkt und die Polizei würde sicher nicht herkommen. Auch war ich hier oben vor Gangs sicher oder vor jenen Individuen, die es auf hübsche, junge Kreaturen wie mich abgesehen hatten. Denn davon habe ich leider schon ein paar getroffen.

Aber auch wenn dieses Dach recht sicher war, war es eben auch nicht bequem oder kühl und der Schlaf wurde auch nicht unbedingt dadurch erleichtert, dass Schüsse irgendwo in der Ferne erklangen. Denn leider war die Schule nicht weit von den Flats entfernt und seit diese alberne WM im Jahr vorher vorbei war, hatte die Stadt mal wieder das Polizeibudget eingestampft. Und immer, wenn der Polizei Geld fehlte, machte es sich vor allem in den Falts bemerkbar – denn da wurden die ersten Partrouillen gestrichen.

Kurzum: Es war bald zwei Uhr und ich hatte kaum Schlaf gefunden. Ein Teil von mir begann zu bereuen, nicht doch am Abend versucht zu haben, irgendwen um den Finger gewickelt zu haben. Immerhin hieß das zum einen Geld, zum anderen mit ein wenig Geschick ein klimatisiertes Hotelzimmer – mit Bett!

Doch ich hatte es nicht und versuchte so irgendwie noch einmal Schlaf zu finden. Ich hatte mich gegen das Mäuerchen, das das Flachdach der Schule begrenzte zusammengerollt. Gerade kam ein leichter Windstoß irgendwo aus Richtung des Hafens und brachte zumindest für einige Sekunden angenehme kühle. Ich atmete auf und bemühte mich, in den Schlaf zu fliehen. Irgendwie klappte es auch. Der Schlaf übermannte mich – wenigstens für einige Sekunden. Vielleicht waren es sogar Minuten. Dann aber weckte mich das ohrenbetäubende Krächzen einer Krähe auf.

Der Schreck ließ mein Herz aussetzen. Wenn ich als Straßenkind eine Sache gelernt hatte, dann: Schnell bereit sein, um davonzurennen. So wollte ich schon lossprinten, als ich die Krähe neben mir erkannte.

Ich schenkte dem Geist, Gott oder als was auch immer er sich bezeichnen wollte, einen entgeisterten Blick. „Rabe? Was soll das?“

„Ich habe nach dir gesucht“, krächzte er und sah mich aus seinem rechten Auge an.

Um zwei Uhr nachts. Dabei wusste er doch eh immer, wo ich war. Ich musste mir eine zynische Anmerkung verkneifen. Immerhin war er ohnehin sauer mit mir. „Warum?“, fragte ich daher.

„Ich habe einen Auftrag für dich.“

„Um zwei Uhr Nachts?“ Diesen Spruch konnte ich doch nicht stecken lassen.

„Ja.“ Den vorwurfsvollen Unterton ignorierte er gekonnt. Doofes Federvieh.

Murrend sah ich den überdimensionierten Vogel an. Selbst im fahlen Sternenlicht reflektierte sein Gefieder doch. „Und das hat nicht bis morgen Zeit?“

„Nein.“

Natürlich nicht. Wieso hatte ich die Frage auch gestellt?

Mein Magen knurrte. Auch wenn ich vor sechs Stunden was gegessen hatte, so war es dank der Hitze nicht viel gewesen. Zumal ich mit Mpho und Amahle geteilt hatte. Eigentlich war ich zu nett. Immerhin war ich der beste Taschendieb der Stadt! Besser noch: Ich konnte beinahe jeden dazu überreden, mich zum Essen einzuladen. Doch mich und zwei andere einzuladen … nun, das war nicht so leicht. Selbst für mich nicht.

„Was soll ich für dich tun?“, fragte ich Rabe in der Hoffnung den Auftrag schnell erfüllen zu können. Wenn ich sowieso von hier fortmusste, konnte ich versuchen mich in einen der Keller der Weinhöfe zu schleichen. Da unten war es meistens kühl und wenn man die richtige Ecke fand, konnte man sogar den Tag durchschlafen.

„Ein Vampir ist in die Stadt gekommen“, erwiderte Rabe und hüpfte auf das Mäuerchen.

Ich stand auf und runzelte die Stirn. „Ein weiterer Vampir, eh? Ist nicht so, als gäbe es nicht mindestens hundert hier.“

„Reiz meine Geduld nicht, Kind“, warnte Rabe. „Wäre es nur irgendein Vampir, würde ich dich nicht beauftragen.“

„Natürlich nicht.“ Es sei denn, er würde mich ärgern wollen. Und mal ehrlich, das war dem alten Trickster schon zuzutrauen. „Und, was macht diesen Vampir so besonders?“

„Dass er Schulden bei mir hat“, erwiderte Rabe und breitete seine Flügel aus. „Und jetzt komm.“ Damit sprang er vom Dach ab.

Oh. Natürlich. Es wäre ja auch zu viel verlangt, dass ich eine Erklärung bekomme. Nein, Murphy macht schon. Murphy macht, wenn der Mentor schreit. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass dies nicht purer Sarkasmus ist. Denn ich sprang meinem Mentor hinterher.

Während Rabe bereits mit einigen Flügelschlägen an Höhe gewann, schrumpfte mein Körper zusammen. Mittlerweile musste ich darüber gar nicht mehr nachdenken. Schon war ich eine kleine Dohle, die knapp über dem Pausenhof ihren Fall bremste und angestrengt der großen Krähe hinterherflatterte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Taroru
2019-10-16T10:07:21+00:00 16.10.2019 12:07
na das ist doch mal ein witziger einstieg XD
man merkt die charakterzüge von murphy direkt an. da bin ich ja gespannt, wohin das noch führen wird, und ob wir so etwas mehr über ihn erfahren ;-)
(vor allem, wer sein mentor ist o.O )
Antwort von:  Alaiya
16.10.2019 12:18
Hehe, ja, man erfährt einiges. Es spielt ja vor der Handlung von Mosaik oder eher bevor Murphy darin auftaucht
Antwort von:  Taroru
16.10.2019 12:20
na da bin ich ja gespannt :-)
direkt noch mehr von ihm kennen lernen :D


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