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Pictures of You

von

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Prolog

Noct lächelte.

Prompto suchte in seinen Augen eine Erklärung, doch er fand nur Gefühle, die sein Herz zum Krampfen brachten. 

 

„… Bist du dir da wirklich sicher?“

 

Er konnte den Zweifel kaum aus seiner Stimme verbergen – genauso wenig wie die Tränen, die er kaum mühsam hinunterschlucken konnte. Er löste den Blick von Nocts Gesicht, als er auch weiterhin keine Antwort dort fand, sah hinab auf die Ursache seiner Zweifel: Das Foto, das Noct als letzte Erinnerung an– an alles mitnehmen wollte.

Es hätte jedes Foto sein können. Prompto verstand nicht, warum sein Freund dieses ausgewählt hatte.

Selbst, wenn er sich die Gespräche in Erinnerung rief, die sie zuletzt geteilt hatten, statt zu schlafen, ergab es für ihn immer noch keinen Sinn. Sie waren gemeinsam über so viele Bilder gestolpert, die–

Die wertvoller gewesen wären. In Promptos Augen zumindest.

Aber Noct hatte eine Entscheidung getroffen; als Prompto den Blick wieder zu ihm hob, war das Lächeln immer noch auf seinem Gesicht, unerschütterlich, unbeirrbar.

 

Ich bin mir absolut sicher, sagte es.

 

Ohne nachzudenken fielen Prompto konkret an die zwanzig Bilder ein, von denen er eher verstanden hätte, wenn Noct sie mitgenommen hätte.

Wenn er auch nur ein paar Sekunden nachdachte, würden ihm wohl noch an die zwanzig mehr einfallen.

Aber es war nicht seine Entscheidung. Er verstand sie nur nicht.

Und so, wie die Dinge standen, würde er sie nie verstehen.

 

„Und dann zeigst du mir die Bilder.“

 

Aber er wollte.

„Erklär mir, warum!“, forderte er kurzentschlossen.

 

So viel musste ungesagt bleiben.

Zwischen ihnen beiden.

Er hatte es nicht gesagt. Immer noch nicht. Er hätte es sagen sollen. Er würde es nicht sagen. Noct wusste es. Reichte das nicht? Es wäre grausam, es laut auszusprechen.

Zwischen ihnen Vieren als Freunden.

Zwischen Noct und all den Menschen, die die letzten zehn Jahre auf seine Rückkehr gewartet hatten und kaum oder gar nicht mehr mit ihm hatten sprechen können. Die unbeirrbar an ihn geglaubt hatten, über all die Zeit hinweg. Aranea. Iris. Talcott. Cidney. Der alte Angler, mit dem Noct sich damals so dicke angefreundet hatte.

Prompto wollte nicht noch mehr ungesagte Worte.

 

„Hey, glaubst du wirklich, das ist der richtige Zeitpunkt dafür?“

 

Gladios Unterbrechung kam nicht unerwartet. Dass er mehr amüsiert als ernsthaft ungeduldig klang, auch nicht. Vor zehn Jahren… aber vor zehn Jahren war vorbei.

Sie waren alle da rausgewachsen.

„Zeit für eine kurze Erklärung sollten wir erübrigen können“, beschwichtigte Ignis sanft, „Außerdem wüsste ich auch zu gerne, für welches Foto Noct sich entschieden hat.“

Für einen Augenblick fühlte Prompto sich fast schlecht. Diese ganze Sache schloss Ignis aus – doch er klang nicht vorwurfsvoll, nur ehrlich interessiert. Er wollte Anteil nehmen, mehr nicht.

 

„Erinnerst du dich an die Aussicht vom Ravatogha?“

 

Ignis lächelte. Er sah nicht unglücklich aus. Oder wehmütig.

Wieder einmal fragte Prompto sich, ob er sich wohl immer noch nach der Zeit sehnte, bevor er sein Augenlicht verloren hatte. Auch wenn er nie etwas dergleichen gesagt hatte, er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass man irgendwann wirklich akzeptieren konnte, blind für die Welt zu sein, wenn man sich noch erinnern konnte, wie sie aussah.

Aber er sah nicht unglücklich aus.

Ignis hatte aber auch schon immer seltsame Prioritäten gehabt.

„Natürlich. Ich könnte sie niemals vergessen.“

„Ich auch nicht“, stimmte Noct zu. In seiner Stimme lag eine Zärtlichkeit, die Prompto an die leisen Gespräche der gestrigen Schlafenszeit erinnerten; eine Zärtlichkeit und Wehmut, die er nicht mit dem Ausblick über Lucis assoziieren würde.

Er seufzte hilflos.

 

Er wollte nicht, dass Noct irgendein Foto mitnahm. Er wollte, dass es wichtig war. Er wollte verstehen, warum es wichtig war.

„Ich ja auch nicht, Noct, aber–“

 

„Ich erkläre es dir, wenn alles vorbei ist.“

 

Für Noct war damit alles gesagt. Er steckte das Foto ein, den atemberaubenden Sonnenuntergang und das Land, das ganz in Gold getaucht war, die Umrisse ihrer kleinen Reisegruppe, die sich als kaum mehr als schwarze Silhouetten gegen das Licht abhoben. Man erkannte ihre Gesichter fast gar nicht.

Promptos Herz krampfte zu einem unseligen Klumpen zusammen und er biss sich von innen auf die Unterlippe, um nicht jetzt doch noch in Tränen auszubrechen.

Fassung wahren.

Falscher Zeitpunkt – er konnte jetzt nicht zusammenbrechen.

Sie mussten weiter. So kurz vor dem Ende gab es keine Zeit für Zusammenbrüche. Oder fruchtlose Endlosdiskussionen. Oder Schwäche. Das konnte er Noct nicht antun.  

 

Wenn alles vorbei war – Prompto konnte und wollte nicht darüber nachdenken, was alles alles einschließen würde.

Er wusste es.

Er wollte es nicht wissen.

Er wusste es nur viel zu gut, doch gerade – er wollte sich lieber an Nocts Worten festklammern, bis sie unweigerlich zwischen seinen Fingern zu Staub zerfielen.

Wenn alles vorbei war.

Noct würde wiederkommen. Es tat gut, sich selbst zu belügen.

 

Ein tiefer Atemzug, und er hatte sich gefangen. Boxte seinem besten Freund mahnend gegen die Schulter, grinste ihn an. Nicht halb so erbärmlich, wie er sich fühlte, immerhin. Sein Herz schmerzte, doch aller Schmerz verblasste vor dem Gedanken, wie schlimm es Noct erst gehen musste.

Er wollte es leichter für ihn machen, und sei es noch so wenig.

„Und wehe, wenn nicht! Das gibt die schlimmste Rache. Karotten im Essen oder so.“

Noct lachte. Gladio schnaubte amüsiert. Ignis schüttelte den Kopf, ein Grinsen im Mundwinkel.

 

Für einen herzzerreißenden Moment schien die Zeit stillzustehen, bot Prompto einen Ausblick auf das Was wäre wenn?, das sie alle heimlich und unerreichbar in ihren Herzen trugen.

Er sah die Zukunft, die niemals sein würde.

 

Prompto hätte alles dafür gegeben, diesen Moment für die Ewigkeit festhalten zu können.

Pictures of You

„Bessere Freunde gibt es nicht.“

 

Nocts Worte hallten immer noch in seinen Ohren wider, obwohl es Stunden her war, dass sie gemeinsam am Lagerfeuer gesessen hatten.

Inzwischen war das Feuer heruntergebrannt.

Sie hatten sich längst zum Schlafen hingelegt, doch am Ende war keiner von ihnen eingeschlafen, und irgendwann war Prompto wieder aufgestanden, unruhig geworden von den Atemrhythmen seiner Freunde, die so klar sagten, dass sie genauso wenig schliefen wie Prompto es tat.

 

Hier draußen hörte er nur noch das Grölen der Siecher in der Ferne, laut genug, um seine eigenen Gedanken zu übertönen. In der Dunkelheit war das kranke Glühen der Monster das einzige Licht ab von seiner Taschenlampe.

Er konnte ihren Weg verfolgen, konnte zusehen, wie sie sich zusammenrotteten, um übereinander herzufallen, wie sie auseinanderstoben, wenn ein Feind in ihre Mitte einfiel. Da hinten flüchtete eine Sammlung von Bombern vor einem Eisengiganten, der schwertschwingend über das Land walzte.

Der Anblick war viel zu vertraut geworden.

Prompto erinnerte sich noch, wie sehr er sich ins Hemd gemacht hatte das erste Mal, das sie Siechern begegnet waren. Heute empfand er keine Angst vor den Monstern mehr.

Nur Wut.

 

Hinter ihm raschelte das Zelt. Dann hörte er jemanden näherkommen.

Nicht Gladios schwere Schritte.

Auch nicht Ignis, bei dem jeder Schritt bewusst und bedacht klang.

 

Noct also.

 

Anders als früher, ohne, dass Prompto den Finger darauflegen konnte, warum. Er schielte zur Seite, als Noct sich dort auf dem Boden des Refugiums niederließ, das schon lange keinen wirklichen Schutz mehr vor irgendetwas bot.

„Du solltest schlafen.“

Nocts einzige Antwort war ein Blick, der ihn kaum streifte, bevor er von etwas abgelenkt wurde, das Prompto im ersten Moment nicht verstand.

 

„Was hast du da?“

„Fotos.“

Prompto hob den Umschlag, völlig überflüssigerweise.

„Ich hab sie aus meiner Bude gerettet, als ich vor einiger Zeit mal für Cidney Ersatzteile aus Insomnia geholt habe. Ich meine– ich wusste, dass die Gegend noch halbwegs gut in Schuss war, und ich dachte… Du weißt noch? Ich hab damals, bevor wir losgezogen sind, alle Fotos von meiner Kamera gelöscht, um Platz für die neuen Erinnerungen zu machen. Hab sie vorher alle entwickeln lassen, um sie aufzuheben.“

 

Und jetzt hatte er sie wieder, nach vielen, vielen Jahren.

Er hatte es dann nur nicht über sich gebracht, sie auch anzusehen. Er wusste auch so von vielen noch, was es war.

Vielleicht wollte er sie nicht einmal mehr sehen.

 

„Willst du sie sehen?“

 

Vielleicht wollte er aber, dass Noct sie sah.

Sie hatten doch nicht mehr viel außer Erinnerungen vor sich.

 

„Immer. Zeig her. Und danach zeig mir, was du noch auf der Kamera hast.“

 

Prompto schluckte den Hinweis darauf, dass sie dafür doch gar nicht genug Zeit hatten, hinunter, nickte nur.

Behutsam öffnete er den Umschlag und holte den Stoß Fotos heraus.

 

Ganz oben auf fand er sich selbst, ein kleines, übergewichtiges Kind, das mit leerem, traurigem Blick in den Spiegel sah, halb verborgen hinter der Kamera, die das Foto gemacht hatte, das den Beginn der größten Veränderung in seinem Leben dokumentiert hatte.

Ein kleiner Teil von ihm hätte das Bild am liebsten direkt versteckt, aber Noct hatte es doch ohnehin längst gesehen – und inzwischen wollte Prompto das gar nicht mehr. Seine Vergangenheit verstecken.

Er hatte in den letzten Jahren gelernt, dass er stolz darauf sein konnte, wie weit er gekommen war.

Er war kein schüchternes Kind ohne Sozialkompetenzen mehr. Er war–

 

–ein Freund.

 

„Das war der Moment, in dem ich mir in den Kopf gesetzt habe, dein Freund werden zu wollen“, erzählte er mit fester Stimme. Es war seltsam, es laut auszusprechen, aber gleichzeitig befreiend.

„Ich hab dir die Geschichte nie erzählt. Und sie ist auch zugegeben echt peinlich. Aber jedenfalls – ich wollte dein Freund werden. Und ich war nicht gut genug. Also hab ich an mir gearbeitet. Das war der Anfang davon.“

„Prompto–“ – „Ich weiß.“

Prompto lachte leise, fuhr sich mit einer Hand durchs Haar.

„Ich weiß. Damals wusste ich nicht. Vielleicht war ich auch zu feige, um dich anzusprechen? Ich meine, ich war verdammt schüchtern. Und du warst der Prinz. Alle fanden dich toll. Alle haben dich bewundert, du warst immer im Mittelpunkt. Hätte ich mit dir gesprochen, die Leute hätten mich doch auch gesehen!“

Noct neben ihm seufzte. Er hatte die Stirn gerunzelt, den Blick in die Ferne gerichtet. Promptos Blick folgte, doch was auch immer sein Freund in der ewigen Dunkelheit entdeckte, es blieb ihm verborgen. Er sah Schwärze und Siecher, mehr nicht.

 

„Ich war damals total genervt von all diesen Leuten, die um mich herumscharwenzelt sind, weil ich der Prinz war. Wer wäre da nicht genervt? Und ja gut, du warst ein bisschen seltsam, immer hinter deiner Kamera versteckt, aber–“, er unterbrach sich. Prompto hörte, dass sein Stirnrunzeln schlimmer wurde, doch als er wieder hinsah, glätteten sich die Falten schon wieder und ein sanfter Ausdruck ließ Nocts erwachsene Züge weicher werden.

 

Er sah mit einem Mal so viel mehr wie früher aus.

 

„Einerlei. Ich bin jedenfalls froh, dass du in der Oberschule dann endlich den Mumm hattest, mich anzusprechen. Es wäre verdammt langweilig gewesen ohne dich.“

 

„Und du hättest viel weniger Ignis-Predigten abgekriegt!“, fügte Prompto hinzu.

Doch er lachte bei der Erinnerung an all den Unfug, zu dem er Noct zu Schulzeiten angestiftet hatte.

Ihm fielen auf Anhieb so viele dumme Aktionen ein, er hätte die ganze endlose Nacht damit füllen können – doch er tat es nicht. Schob das Foto, das oben auf dem Stapel gelegen hatte, nur untendrunter, um endlich das nächste zu betrachten.

Zoobesuch in der Grundschule. Eine Hand, deren Besitzer hinter dem Rand des Bildes verschwand. Sie fütterte gerade einen Chocobo.  

„Weißt du noch, wer das war?“, fragte Noct neugierig. Er lehnte sich näher zu Prompto, um das Foto besser sehen zu können.

Es war warm.

„Klar. Ich weiß noch alles. Zu jedem Foto! Das war Hilaris. Ein paar Minuten später hat der Chocobo versucht, an ihrem Haar zu knabbern, und sie ist kreischend weggelaufen und hat sich den Rest des Tages hinterm Lehrer versteckt. Sie tat mir schon ziemlich leid, aber gleichzeitig war ich echt neidisch. Ich hätte es gern gehabt, dass ein Chocobo an meinem Haar knabbert!“

Neben ihm schnaubte es belustigt.

„Du warst eben schon immer ein komischer Kauz.“

Prompto wollte widersprechen. Aber Nocts Stimme klang liebevoll, und es schnürte ihm die Kehle so sehr zu, dass er kaum noch Luft bekam. Mühsam schluckte er einen Kloß im Hals herunter, schüttelte im Protest nur den Kopf. Versuchte, sich die Tränen nicht ansehen zu lassen, die ihm in den Augen brannten, als er auch das Foto auf die Unterseite des Stapels verbannte.

Und trotzdem musste er lächeln.

 

Drei Fotos später lehnte Nocts Kopf an seiner Schulter.

 

Fünf Fotos später erstickte Noct ein Lachen in seiner Uniform, und auch Prompto lachte, laut genug, dass er Sorge hatte, dass sie Ignis und Gladio dazu bewegten, rauszukommen und nachzusehen, was hier los war.

„Wieso hast du das aufgehoben?!“

Promptos Antwort war nichts weiter als noch ein Lachen. Die Antwort war doch offensichtlich!

„Mann, das war so gut. Erinnerst du dich noch–?“

 

 

* * *

 

 

„Komm schon, Noct!“

 

Noct verzog das Gesicht zu einer Mensch, das ist viel zu peinlich-Grimasse, die Prompto nur noch breiter grinsen ließ. Er warf seinem Freund einen Arm über die Schultern, zog ihn näher an sich.

„Komm schon. Ich seh doch, dass du es willst. Jeder würde es wollen!“

„Hol es dir selbst.“

„Wenn du das wirklich willst, kannst du unsren Knabberkram später alleine kaufen. Du weißt, wie schlecht ich bin.“

Prompto sah ihn ohne jedes Schamgefühl dreist grinsend an. Ganz davon ab, dass er schlecht war, hatte er übrigens überhaupt keine Lust, hier länger herumzustehen als nötig.

Aber er wollte dieses Ding haben.

Dringend.

 

Noct verdrehte die Augen. Er sah nicht aus, als würde er sich sonderlich überzeugt fühlen.

Trotzdem schob er Prompto unter beherztem Einsatz seines Ellenbogens von sich und wühlte in seiner Hosentasche nach Kleingeld. Triumphierend grinsend tänzelte er zur Seite, sah zu, wie sein bester Freund sich vor dem Greifarmautomaten positionierte und eine Münze einwarf.

„Ich sollte demonstrativ irgendetwas richtig hässliches hier rausfischen“, grummelte er. Schnaubte im nächsten Moment.

„Nicht, dass das Vieh nicht schon richtig hässlich ist.“

 

Er tat es nicht.

Er tat es vermutlich aber auch nur nicht, weil Prompto ihm das richtig Hässliche dann um die Ohren gehauen hätte.

 

Drei Versuche brauchte er insgesamt, bis er eine Plüschfigur von Kenny Crow aus der Maschine zog und ihn Prompto mit einem Blick in die Hände drückte, als wäre er einfach nur verrückt geworden.

„Das Ding ist hässlich wie die Nacht“, betonte er noch einmal. Prompto konnte nur grinsen, während er zufrieden in die aufgestickten Glubschaugen der Plüschfigur sah.

„Ist es nicht. Du bist einfach ein Banause, Prinzchen. Normale Menschen erkennen den Charme eines Fastfood-Maskottchens!“

„Pöbel“, konterte Noct. Er klang halb scherzhaft spöttelnd, halb beleidigt, dass er es wagte, seinen großartigen Geschmack infrage zu stellen.

 

Prompto lachte über seinen krampfenden Magen hinweg.

Ja. Er war Pöbel. Er war nichts als ein einfacher, nichtsnutziger Bürgerlicher ohne irgendwelche tollen Fähigkeiten.

Aber das war okay, oder?

Er konnte trotzdem Nocts Freund sein. Er wollte trotzdem Nocts Freund sein. Schon lange nicht mehr, weil er das Gefühl hatte, dass er es Prinzessin Lunafreya schuldig war, die sich darauf verließ, dass er dem Prinzen ein guter Gefährte war, sondern weil er es wollte – weil es großartig war, mit Noct befreundet zu sein.

Und es war nicht, als würde es den ernsthaft stören, dass Prompto ein Niemand war.

 

Wenn er es sich oft genug in Erinnerung rief, dann glaubte er es sich sogar fast selbst.

 

„Ah. Aber das heißt, wir können jetzt auf die Achterbahn, richtig?“

„–was?“

Nocts Worte rissen Prompto so unverhofft aus seinen schwermütigen Gedanken, dass er einen Moment zu lange brauchte, um sie zu verstehen. Dann sah er in dessen Gesicht, sah ein breites, selbstgefälliges Grinsen, das Prompto wohl dazu motivieren würde, ihm gepflegt auf die Nase zu hauen, wenn der Mistkerl nicht sein bester Freund wäre.

„Ich finde, das bist du mir schuldig. Ich hab dein Taschengeld gerettet.“

„Wir hatten einen Deal!“ 

„Und jetzt haben wir einen neuen Deal. Jammer nicht. Achterbahnen sind harmlos!“

„Für dich vielleicht! Für normale Menschen–“ – „Nichts da. Gladio ist auch ein normaler Mensch und hat keine Probleme damit.“

Prompto seufzte. Er ahnte, es wäre zwecklos, Noct zu erklären, dass Gladio ein beinahe zwei Meter großer Schrank war, der aus mehr Muskelmasse und Hirn bestand, als eine halbe Oberschulklasse zusammengenommen, und dass Gladio vermutlich Rodeo auf einem Behemoth noch ganz entspannt wegstecken würde – und dass das nicht normal war!

Es hatte ohnehin keinen Zweck.

Er hatte längst gelernt, dass Noct, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, davon nicht mehr unbedingt so ohne weiteres abzubringen war. So leicht es war, ihn zu Dummheiten anzustiften, so schwer war es, ihn von einer Dummheit wieder wegzudrängen.

Also hob er geschlagen die Hände.

 

„Es ist deine Schuld, wenn ich kotzen muss.“

Noct zuckte mit den Schultern.

„Kotz nur nicht auf meine Schuhe.“

 

Prompto sollte.

 

Er kotzte nicht. Es war knapp, aber er kotzte nicht. Seine Knie fühlten sich dafür wie Pudding, und das eine ganze Weile.

Selbst, als sie Stunden später den Vergnügungspark verließen, hatte Prompto immer noch das Gefühl, er würde auf fluffiger, nicht sehr trittsicherer Watte laufen, und der Gedanke an Essen weckte in seinem Magen immer noch das Bedürfnis, einen Salto rückwärts zu machen.

 

Auf dem Rückweg zu Nocts Bude ließ er seinen Freund allen Knabberkram aussuchen.

Es sah alles gleichermaßen widerlich aus gerade.

Und immerhin wusste er, dass Nocts Geschmack für Süßkram und Knabberzeug wunderbar ungesund war – also so ziemlich genau Promptos Ding.

 

Kaum, dass sie Nocts Bude erreichten, ließ er sich aufs Sofa fallen, warf sich zurück in die weichen Sofakissen und rutschte an ihnen hinunter, bis er mehr lag als alles andere. Noct türmte ihre Einkäufe auf den Tisch, dann ließ er sich neben Prompto nieder. Das Federn des Sofas ließ seinen Magen noch einmal kurz rumoren und er ächzte leidend.

„Du benimmst dich wie ein Mädchen mit Schwangerschaftsübelkeit“, stichelte der Mistkerl grinsend.

 

„Bitte was?!“

 

Noct lachte.

Er lehnte sich entspannt zurück, die Beine lose überschlagen, und betrachtete Prompto mit einem geradezu diebischen Vergnügen.

„Du. Wenn ich’s nicht besser wüsste, würde ich sagen, du bist schwanger, so wie du ächzt und jammerst und über Übelkeit klagst.“

Das unheilvolle Funkeln in seinen Augen wurde noch eine Spur unheilvoller, als er gespielt nachdenklich den Kopf zur Seite neigte und die Augen zusammenkniff. Selbst zwischen den dunklen, dichten Wimpern hindurch, die sie verdunkelten, strahlten sie noch vor Übermut.

„Wo ich grad so drüber nachdenke… hast du mir etwas zu beichten?“

„Noct!“

Promptos Protest war ein geradezu würdeloses, empörtes Jammern, und weil ihm nicht einmal Worte einfielen, um Nocts idiotischen Witz zu kontern, packte er das Plüschmaskottchen, das neben ihm auf dem Sofa saß und pfefferte es seinem Freund gepflegt ins Gesicht.

 

Schon die Tatsache, dass aus dem unheilvollen Glühen und Funkeln in den blauen Augen hinter Kennys grüner Kappe langsam ein ausgewachsenes Feuer wurde, ließ ihn ahnen, dass es eine dumme Idee gewesen war.

 

Im nächsten Moment hatte er ein Sofakissen im Gesicht.

 

Er wusste, er hätte einsehen sollen, dass er verloren hatte, noch bevor die Schlacht begann.

Noct war stärker als er. Und besser trainiert! Und sowieso in unfairem Vorteil, weil er einfach wegwarpen könnte, im Zweifelsfall.

Aber er wusste auch, dass Noct kitzlig war.

Er wusste, wo Noct kitzlig war.

 

Und er war ehrlos genug, es schamlos auszunutzen.

 

Seine Finger griffen beherzt in Nocts Hüften. Sein Freund kreischte und ließ erschrocken von ihm ab.

Lang genug, dass Prompto das Sofakissen aus seinem Gesicht manövrieren konnte, bevor Noct zum Gegenangriff überging.

Prompto lachte, geradezu euphorisch. Das bedeutete Krieg!

 

Und irgendwo zwischen Kissenschlacht und Kitzelattacken vergaß er sogar seine Übelkeit.

 

 

 

Als sie müdegekämpft waren, landeten sie wieder nebeneinander auf dem Sofa, Chipstüten und Popcornschüsseln auf dem Schoß, Kenny zwischen ihnen.

Im Fernsehen lief der erste Teil einer Filmtrilogie, die sie beide schon blind zitieren konnten und trotzdem immer wieder anschauten – ohne wirklich hinzuschauen. Oder hinzuhören. Stattdessen redeten sie, über die Schule, über ihre Freunde, darüber, dass Gladio bald Geburtstag hatte und sie dringend ein Geschenk für ihn suchen mussten.

 

„Nicht, dass das nachher so eine Pleite wird wie Ignis“, kommentierte Noct zwischen zwei Handvoll Popcorn seufzend.

Prompto neben ihm zog eine beleidigte Schnute, boxte ihm in die Seite.

„Du hättest ihm gar nichts geschenkt, also beschwer dich nicht.“

„Ich hab ihm nie etwas geschenkt, und es hat ihn nie gestört!“

„Aber er hat sich gefreut, trotz Pleite“, hielt er stur dagegen. Noct grunzte missmutig, offensichtlich nicht gewillt, zuzustimmen, aber längst argumentlos.

„Immerhin können wir im Zweifelsfall Iris fragen, was wir Gladio schenken können“, brummte er schließlich noch, hob vielsagend die Augenbrauen.

 

„Wenn du aussuchst, greift es sonst definitiv daneben.“

 

Prompto warf aus Protest ein Stück Popcorn nach seinem Freund. Es prallte von seiner Nase ab und fiel zu Boden, wo sie es beide ignorierten.

 

Noch konnte Prompto sich einreden, dass sie später vor dem Schlafen schon aufräumen würden, aber insgeheim wusste er, dass es am Ende wohl eher an Ignis kleben bleiben würde, der sicher am nächsten Tag wieder herkam, um nach dem Rechten zu sehen.

Wie immer.

Es war beneidenswert.

 

Gut, es war wohl Ignis‘ Job – aber sein Job führte ihn öfter zu Noct, als Prompto seine Eltern sah, und das war… eindeutig kein Gedanke, den er gerade denken wollte.

Rigoros schob er ihn wieder von sich, angelte nach einer Tüte mit Salzbrezeln, um sich abzulenken.

Ehe er dazu kam, auch nur eine Brezel aus der Tüte zu fischen, hatte Noct sie ihm gemopst.

Empört sah er zu seinem Freund hinüber. Der schien sich gar nicht daran zu stören, dass er Prompto seine Knabberei geklaut hatte, sondern schob sich unbekümmert Salzbrezeln und Schokolinsen in den Mund.

Gemeinsam.

Prompto lachte.

„Schwangerschaftsgelüste, hm?“, säuselte er amüsiert, lehnte sich zurück. Dann klopfte er mit der losen Faust in die hohle Hand, so als wäre ihm gerade die größte Erkenntnis gekommen.

„Aaaaaaaaah. Das erklärt natürlich, wie du überhaupt auf solche verrückten Ideen kommst. Wer ist denn der Glückliche? Gladio?“

 

Noct spuckte vor Empörung beinahe seine Schokolinsensalzbrezelmischung wieder aus. Prompto grinste nur noch breiter.

 

„Nicht? Na, Ignis wird es nicht sein. Der ist doch viel zu verklemmt dafür. Wie hieß nochmal dieser eine General, von dem du letztens erzählt hast…?“

Da flog das Sofakissen, und Noct stürzte gleich hinterher.

Prompto versuchte, auszuweichen.

Er landete auf dem Boden und stieß so heftig gegen den Tisch, dass die Popcornschüssel, die dort gestanden hatte, neben ihm zu Boden ging.

Es hätte ihm leidtun sollen. Er hätte sich entschuldigen sollen, und die Sauerei aufräumen, und es war eine Schande um das gute Popcorn, aber gerade gewann der Übermut die Oberhand, und stattdessen griff er beherzt in den unglücklichen Haufen.

„Oh nein, das tust du nicht.“

Nocts Grollen kam zu spät.

Das Popcorn flog, in sein Gesicht, in sein Haar, aufs Sofa. Popcornkrümel verfingen in seinem Schopf, weiße Wölkchen auf einem stürmischen Nachthimmel.

 

„Das. Gibt. Rache.“

 

Dieses Mal kreischte Prompto, als Noct sich auf ihn stürzte.

Kitzelnd und kabbelnd rollten sie über den Boden, durch die Popcornpfütze. Der Tisch verschob sich immer weiter weg vom Sofa, was wohl auch gut war, denn nicht nur hatten sie so mehr Platz zum Balgen, vor allem aber vermied es, dass sie gleich bei nächster Gelegenheit mit herumfliegenden Kissen noch die restlichen Knabbereien vom Tisch abräumten.

Die Getränkeflaschen waren längst auf den Boden gekullert – sicher zugeschraubt, zum Glück.

 

Eine besonders heftige Attacke brachte Prompto mit viel zu viel Schwung unter Noct, der triumphierend über ihm kniend verharrte.

 

Er sah absolut lächerlich aus.

 

Sein Haar war ein einziger, zerzauster Mopp voller Popcornkrümel, deren Klebrigkeit einige Haarsträhnen verklumpt hatte, seine Klamotten waren vom Herumbalgen völlig zerknittert, sein Gesicht gerötet von der Anstrengung einer gefühlt stundenlangen Rauferei.

Aber er grinste mit so viel spitzbübisch triumphaler Freude, seine Augen leuchteten übermütig, und da lag etwas in seinem Blick, das noch nie dagewesen war – oder hatte Prompto es schlicht nie gesehen?

Seine Empörung erstickte auf halbem Weg zu seinem Mund, den er öffnete und schloss, ohne dass ein Ton herauskam – wie ein Fisch auf dem Trockenen.

Plötzlich war ihm heiß.

 

Oh, Scheiße.                             

 

„Nett von dir, dass du meinen Sieg schweigend anerkennst“, kommentierte Noct, nachdem er seiner Meinung nach wohl lange genug auf den Protest gewartet hatte, der nicht herauskommen wollte.

Er klang genauso selbstzufrieden, wie er aussah.

Prompto öffnete den Mund noch einmal fruchtlos, schloss ihn noch fruchtloser, und schnaubte dann einfach nur noch.

 

Noct war das genug der Zustimmung.

Er wischte sich immer noch grinsend das zerzauste Haar aus der Stirn, richtete sich langsam wieder auf. Dann wandte er den Blick ab, worum Prompto nicht undankbar war – er war garantiert röter um die Nase, als der Situation angemessen war.

Still beobachtete er, wie Noct zum Fernseher sah, beobachtete die Art, wie das künstliche, flimmernde Licht der Mattscheibe seine Konturen nachmalte.

 

Er hörte nur, dass der inzwischen zweite Teil der Trilogie sich seinem Schlussakt näherte.

 

Nocts Blick kehrte wieder zu ihm zurück, während er aufstand und Prompto eine Hand hinstreckte.

 

„Komm. Schauen wir den Film zu ende, räumen auf und gehen pennen.“

 

 

 

Noct schlief noch vor dem Abspann ein.

 

Ausgebreitet auf dem Sofa, immer noch Popcorn im Haar und auf den zerknitterten Klamotten, eine Chipstüte auf dem Bauch, direkt neben der Kenny-Plüschfigur, die Prompto irgendwann einfach nur nachlässig zu ihm herübergeschoben hatte, weil er sich bequemer hinlümmeln wollte.

Er war selbst müde genug, dass es unheimlich verlockend klang, sich einfach eine Decke zu holen und danebenzulümmeln, ebenfalls zu schlafen.

Doch bevor er das tat, griff er nach seiner Kamera.

 

So ein Bild konnte er sich nicht entgehen lassen.

 

 

* * *

 

 

„Ignis war so verdammt wütend am Morgen.“

Nocts Seufzen klang eher nostalgisch-wehmütig als genervt oder leidend. Prompto lachte leise.

Er fühlte sich ähnlich.

„Zugegeben, er hat ja recht gehabt.“

 

Sie hatten sich unglaublich dumm aufgeführt.

Und natürlich war Ignis am Morgen vorbeigekommen, noch bevor sie aufgewacht waren, und hatte all das Chaos in seiner popcornversauten Glorie gesehen.

„Recht oder nicht, damals hätte ich ihn gern erschlagen. Oh, und dich hätte ich auch erschlagen, hätte ich gewusst, dass du ein Foto davon gemacht hast!“

 

Heute wirkte Noct so überhaupt nicht wütend über das Foto.

 

Eher im Gegenteil: Er sah zufrieden aus, wie er das Bild betrachtete, es nach Details absuchte, als versuche er, ihm noch die letzten kleinen Puzzleteile seiner Geschichte zu entlocken. Prompto beobachtete ihn schweigend, beobachtete sein Profil, angestrahlt von ihren Taschenlampen, die harschen Schatten, die das Licht auf sein Gesicht malte und damit seine Züge so sehr veränderte, dass er fast aussah wie ein anderer Mensch.

Nicht wie der große, auserwählte König, der dem Kristall entstiegen war.

Aber auch nicht wie der Noct, der Kissenschlachten in seinem Wohnzimmer zelebriert hatte und mit Popcorn im Haar auf dem Sofa einschlief.

 

Vielleicht einfach wie der Noct, der die letzte Nacht seines Lebens lieber damit verbrachte, alberne Fotos aus seiner Jugend anzusehen, statt zu schlafen.

 

„Ich bin wirklich froh“, kommentierte er nach einer Weile des Schweigens.

Er nahm Prompto den Fotostapel aus der Hand, um selbst träge weiterzublättern.

Das nächste Bild zeigte sie zu viert in einer Spielhalle, im Fokus die Punkteanzeige von Justice Monsters Five, die einen neuen Highscore zeigte, auf den Noct damals irrsinnig stolz gewesen war. Sie hatten die Punktzahl damals mit einem von Ignis seufzend hingenommenen Besuch bei einem Fast-Food-Restaurant gefeiert.

Prompto schwieg, sah zu, wie das Foto bald einem weiteren wich.

Ein paar Schneemänner, die er und Noct im Winter gebaut hatten, nachdem unerwartet heftiger Schneefall Insomnia heimgesucht hatte. Sie hatten Ignis und Gladio darstellen sollen, und natürlich erkannte man das absolut großartig – nicht. Prompto erkannte es heute auch nur, weil er es noch wusste.

 

„Zwischen all den Prinzenpflichten und dem Gesichtwahren und Sich-benehmen-müssen hat es total gutgetan, jemanden zu haben, bei dem ich über die Stränge schlagen kann, ohne Ärger zu fürchten. Oder Stirnrunzeln. Missbilligung. Maßregelung. Rückblickend war es wohl eigentlich gar nicht so schlimm, aber damals…“

Noct zuckte mit den Schultern. Prompto spürte die Bewegung mehr, als dass er sie sah.

„Teenager sind doch immer tragischer als nötig“, gab er unbekümmert zurück.

Er musste unwillkürlich grinsen, fast ertappt, wie sehr er sich selbst in den Worten wiederfand.

Er hatte Gründe gehabt, tragisch zu sein.

 

Aber viele Steine hatte er sich schlussendlich aus Angst auch selbst in den Weg gelegt, und er war froh, dass auf die ein oder andere Art sie alle hinfortgeschafft worden waren. 

 

„Wie weise.“

 

Nocts Stimme klang genauso spöttisch wie liebevoll.

Er blätterte weiter durch Bilder, die langsam ihr Leben dokumentierten.

Da war ihre Abschlussfeier.

Noct, der stolz sein Streberabschlusszeugnis in die Höhe hielt, ein herausfordernd freches Grinsen auf den Lippen, das hinter die Kamera und direkt zu ihrem Besitzer sah – Schau mal wie viel besser ich bin, sagte sein Blick.

 

Ein paar Bilder weiter hielt Noct inne.

Das Foto, das er in der Hand hielt, war ein etwas schief geratenes Selfie, auf dem sie beide nicht so recht ordentlich abgebildet waren. Noct zog eine gespielte Schmollschnute, in der Schalk blitzte, während Prompto breit genug für sie beide grinste.

 

„Hier auch“, kommentierte er.

 

Er strich beinahe zärtlich über das Foto, richtete sich dann wieder weit genug aus seiner bequemen Position an Promptos Schulter auf, um ihn ansehen zu können.

In seinen Augen lag ein Blick, der Prompto das Gefühl gab, dass da unausgesprochene Dinge zwischen ihnen waren, die auf Gegenseitigkeit beruhten. Dass es in Ordnung wäre, es laut zu sagen.

Er schluckte es herunter. Wie immer.

 

Gerade war wirklich nicht der richtige Zeitpunkt für zehn Jahre alte Geständnisse.

 

Der Zeitpunkt würde auch nicht mehr kommen.

 

„Weißt du noch?“

Prompto nickte.

„Du hast Wochen vorher schon drüber gemotzt. Jeden Tag. Klar erinnere ich mich noch!“

 

 

* * *

 

 

Noct sah ihn an, als hätte er in eine Zitrone gebissen – oder in seinem Fall wohl eher in eine Karotte: Missgelaunt, unwillig, absolut verstimmt. Mit diesem Blick hatte Noct ihn begrüßt, als er vor ein paar Augenblicken an die Tür des kleinen Hinterzimmers geklopft hatte.

Und mit diesem Blick traktierte Noct ihn nun immer noch, nachdem er die Tür hinter ihm wieder geschlossen hatte und sich dann mit verschränkten Armen mitten im Raum aufgebaut hatte.

 

Seine ganze Körpersprache schrie Ich hab absolut keinen Bock auf diesen Scheiß.

 

Prompto konnte den Blick nicht von ihm nehmen.

 

Es war das erste Mal, dass er seinen Freund so sah.

 So ordentlich. So seriös. Noct sah plötzlich viel älter aus, als er tatsächlich war.

Und es stand ihm.

Anders als Prompto, der sich gerade nicht die Bohne wohl in seiner Haut fühlte und sich eher fühlte, als wäre er ein erbärmlicher kleiner Hund in einem lächerlichen Kostüm.

 

„Ist was?“

 

Nocts mürrische Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Er sah immer noch nach Karotten auf dem Mittagsteller aus.

„Du starrst. Ist meine Fliege schief oder so?!“ – „Was? Nein– äh, ja, ich meine–“

Seine Augenbrauen wanderten, während sein Blick immer finsterer wurde. Prompto gab einen frustrierten Laut von sich.

„Ja. Ja, deine Fliege ist schief!“

 

Aber nein, das war nicht mein Problem, fügte er in Gedanken hintenan.

 

Das Problem war, dass Noct viel zu gut aussah.

 

Der schwarze Anzug passte wie angegossen, betonte seine Schultern auf genau die richtige Art, um ihn aufrecht und elegant wirken zu lassen.

Seine ganze Ausstrahlung war anders. Hoheitlich, irgendwie.

Er bewegte sich sogar anders, ein bisschen steifer, aber vor allem auch bewusster, aufrechter, erhabener.

 

Wenn er jetzt noch weniger mürrisch gucken würde, oder – bei den Göttern! – sogar lächeln – Prompto würde vermutlich hier und jetzt zu einem kläglichen Häufchen zusammenschmelzen.

 

Und sähe damit vermutlich auch nicht weniger unpassend und fehl am Platz aus, als er sich in seinem eigenen Anzug fühlte.

Es war kein schlechter Anzug. Ignis hatte ihm geholfen, einen auszusuchen, der tatsächlich salonfähig war.

Aber es war absolut nicht Promptos Stil, und wenn man die Schuluniform nicht als Anzug zählen wollte, so war es das erste Mal in seinem Leben, dass er überhaupt so steife Kleidung trug, und er fühlte sich definitiv nicht wohl damit.

Die Sakkoärmel waren einengend.

Die Krawatte, die Ignis ihm hatte binden müssen, ebenfalls.

 

Noct ging es vermutlich nicht besser, so missgelaunt, wie er war, aber man sah es in seinen Bewegungen nicht. Oder in seiner Haltung.

Beneidenswert.

 

„Mensch, Prompto, jetzt hör endlich auf zu gaffen und hilf mir lieber!“

 

Wie ertappt fuhr er zusammen.

Jetzt erst wurde ihm bewusst, dass er Noct gerade bei fruchtlosen Versuchen, seine Fliege ordentlich zu richten, ohne einen Spiegel zu haben, zugesehen hatte.

„J-ja, ich komme schon!“

Bemüht, nicht auffällig rot zu werden – und vermutlich dabei scheiternd – eilte er zu seinem Freund hinüber. Aus der Nähe sah er nur noch missmutiger aus.

Es war beinahe erbärmlich.

Wie könnte Prompto da kein Mitleid bekommen!

Und so seufzte er, seine eigene Verlegenheit schon wieder vergessen, und stieß Noct sanft die Fingerspitze zwischen die Augenbrauen.

 

„Wenn du den ganzen Abend so guckst, dann gefriert dir das Gesicht noch in diesem grimmigen Ausdruck. Willst du das?“

 

„Ist mir doch egal.“

Prompto seufzte noch einmal, hilfloser dieses Mal. Noct tat ihm wirklich leid.

Und vor allem bekam er mit jedem Moment mehr und mehr das Bedürfnis, ihn aufzuheitern. Oder abzulenken. Oder wenigstens auf eine Art zu verärgern, dass er nicht mehr so ehrlich und tiefschürfend missmutig sein musste.

 

Er konnte es nicht ausstehen, wenn sein Freund so ein Gesicht zog.

 

„Na“, begann er leichthin, grinste, während er nach der Fliege griff, „solche missmutigen, geheimnisvollen Typen sind total beliebt bei den Mädchen. Mach so weiter, und dein Fanclub wächst bald aufs Dreifache seiner bisherigen Größe.“

 

Seine Worte hatten den gewünschten Effekt damit, dass Noct entnervt stöhnte.

Die Furchen zwischen seinen Augenbrauen glätteten sich.

„Prompto, red nicht so viel Mist.“

„Das ist mein Ernst! Jeder weiß doch, dass Mädchen auf Edgelords stehen. Und auf Gladio“, fügte er dann noch hinzu, die Nase beleidigt krausgezogen.

Der Kommentar entlockte Noct einen Laut, der beinahe so klang, als wäre er amüsiert, und wollte es aber in allem Missmut nicht wahrhaben.

Volltreffer!

 

„Gladio ist einfach eine andere Liga. Gegen den hat niemand eine Chance. Vielleicht sollte ich ihn einfach jedem Mädchen vorstellen, das Interesse an mir bekundet.“

Jetzt zuckte ein Grinsen in seinem Mundwinkel, kaum sichtbar, aber für Prompto, der es sich ohnehin zum Hobby gemacht hatte, seine Freunde zu beobachten, unübersehbar.

„Dann hast du bald keinen Fanclub mehr.“ – „Sinn der Sache“, gab Noct zurück.

Das winzige Grinsen wurde breiter.

„Und dann wirst du eifersüchtig, weil sich niemand mehr für dich interessiert.“

Auch Prompto grinste. Breit und übermütig.

 

„Und dann? Soll ich dir Schokolade zum Valentinstag schenken, damit du nicht einsam und ungeliebt sein musst?“

 

Wie dumm der Witz war, wie verräterisch, wurde Prompto erst bewusst, als er längst hinaus war, als Noct ihn schon längst viel zu eindringlich ansah.

Panik stieg in ihm auf und er fühlte sich so ertappt, dass er sich schon eine ganze Latte an Entschuldigungen zurechtlegte, an Rechtfertigungen, an Ausreden.

Er konnte das erklären. Noct musste niemals erfahren, dass–

 

„Natürlich. Wozu sonst bist du mein bester Freund, wenn nicht, um mein Ego zu streicheln?“

 

Und dann lachte Noct, brach den Moment der Panik damit, und seine eigene schlechte Laune genauso.

 Prompto lachte ebenfalls.

Vor Erleichterung, weil Nocts Lachen ansteckend war, und weil er einfach hoffnungslos verknallt war.

 

„Ich dachte, ich bin dafür da, dich in jeden Ärger reinzureiten.“

 

„Das auch.“

Nur Noct konnte so etwas so ungeniert bestätigen – und dabei auch noch so klingen, als wäre er absolut zufrieden und glücklich damit.

„Und ich habe noch andere Qualitäten! Ich bin vielseitig einsetzbar.“ – „Ach? Und zwar?“

 

Promptos große Erklärung seiner Großartigkeit – kein bisschen ernstgemeint, aber es lockerte die Stimmung, und das war alles, was zählte, egal, wie wenig er selbst daran glaubte, dass er irgendetwas Tolles war – erstarb schon, bevor sie beginnen konnte, als ein Klopfen an der Tür ihn so sehr erschreckte, dass er sich hektisch von Noct löste.

 

Ignis trat ein, steif wie eh und je, und er sah in seinem Anzug so absolut perfekt passend aus, als wäre er schon in einen Anzug hineingeboren worden.

Vielleicht war er das auch.

Oder in eine Schürze.

Oder sogar beides.

 

„Noct, es geht los.“

Noct seufzte. Ignis runzelte die Stirn. Trat näher.

„Warte kurz“, forderte er, dann richtete er die Fliege, die Promptos hektischer Abgang wieder verramscht hatte.

Noct warf ihm einen vielsagenden, süffisant grinsenden Blick zu – also, Fliegenrichten gehört nicht zu deinen Qualitäten.

 

Nachdem er Ignis zusagte, dass er sofort kommen würde, verzog der Kerl sich wieder. Ehe auch Noct sich verziehen konnte – und Prompto damit auch, denn er wollte den Auftritt seines Freundes um keinen Preis verpassen –, packte er ihn kurzerhand am Arm, während er mit der anderen Hand seine Kamera hervorangelte.

„Erinnerungsfoto!“, verkündete er. Er hörte, wie Noct die Augen verdrehte, aber jeden anderen Protest sparte der Kerl sich.

 

Es wäre doch ohnehin zwecklos.

 

 

* * *

 

 

„Du hast mir damals den Abend gerettet.“

 

Das Foto verschwand aus Promptos Sichtfeld.

Das nächste war vom gleichen Abend, ein Bild von Noct während des Violinspielens.

Prompto erinnerte sich noch viel zu gut, wie absolut atemberaubend es gewesen war, und wie sprachlos Noct ihn gemacht hatte. Noct auf der Bühne – das war etwas gewesen, das er sich vorher nie hatte vorstellen können, und das er nachher nie wieder aus dem Kopf bekommen hatte.

Er nahm das Foto behutsam an sich.

„Du warst beeindruckend. Echt ne Schande, dass du so ungern spielst.“

Noct gab einen vagen Laut von sich.

„Es war nicht, als hätte ich das Spielen lernen wollen. Es hat einfach dazugehört. So wie Pauken und Kämpfen und all das Zeug. Gemüseessen.“

Prompto lachte.

 

„Im Nachhinein–“, er brach ab.

Prompto ahnte zumindest, woran Noct gerade dachte. Im Nachhinein bereute er wohl, die Violine nur als leidige Pflicht angesehen zu haben. Jetzt, wo er nicht mehr die Möglichkeit dazu hatte, zu spielen, wo es zu spät war, noch Spaß daran zu finden, war es wohl nur umso frustrierender, dass er es nie versucht hatte.

 

Er wollte sich nicht vorstellen, wie Noct sich gerade fühlen musste.

 

Zu wissen, wie sein Weg endete. Wann er endete. Wo. Womit.

Unabwendbar.

Er wollte nicht daran denken, dass schon morgen die Welt eine andere sein könnte. Sein würde, im Idealfall.

Eine Welt ohne Dunkelheit.

 

Eine Welt ohne–

 

„Es war kein schlechtes Gefühl. Du hast mich damals während des Spielens so ehrfürchtig angesehen, als wäre ich – keine Ahnung. Der einzige Mensch auf der ganzen Welt.“

 

„Du hast das gemerkt?!“

 

Noct schnaubte gutmütig, knuffte Prompto sanft in die Seite.

„Du bist nicht der Einzige, der seine Freunde im Blick hat, Trottel. Es ist nicht mein größtes Talent, aber ein paar Dinge habe ich doch bemerkt. Zum Beispiel, dass die Erklärung, warum du mir in dem Jahr darauf Valentinsschokolade geschenkt hast – von wegen für den Fall, dass Gladio mir schon meinen Fanclub ausgespannt hat –, nichts weiter war als eine Ausrede.“

 

Prompto schwieg.

Lange.

Weil er nicht wusste, was er dazu sagen sollte, ohne alles nur noch schlimmer zu machen, schob er das Foto schlicht unter den Stapel zurück und sah zu, wie Noct gemächlich weiterblätterte.

Bald kam seine zwanzigste Geburtstagsfeier, und nur eine Handvoll Fotos später standen sie alle Vier voller Abenteuerlust und guter Laune vor der Regalia, nur wenige Minuten, bevor sie in den Wagen gestiegen waren und Insomnia hinter sich gelassen hatten.

 

Für immer.

 

„Du hast sie trotzdem angenommen“, murmelte er rau, völlig verspätet, und er wusste selbst nicht ganz, wieso er noch darüber sprach.

Vielleicht, weil der Anblick des Fotos ihn daran erinnerte, wie sehr sie sich verändert hatten.

Sie.

Die Welt.

Damals hatte keiner von ihnen geglaubt, dass irgendetwas Schlimmes passieren würde.

 

Es war so harmlos gewesen. Raus aus der Stadt, runter zum Galdin Kai. Nach Altissia übersetzen. Nocts Hochzeit beiwohnen.

Der Gedanke hatte Prompto immer Bauchschmerzen gemacht, egal, wie sehr er versucht hatte, sich für Noct zu freuen.

 

„Habe ich.“

 

Nocts Antwort war schlicht und selbstverständlich.

 

Das Foto blieb.

Prompto spürte, dass auch Nocts Gedanken in der Erinnerung an diesen schicksalhaften Tag verweilten. Ungesagte Worte und ungeteilte Gedanken, Gefühle hingen zwischen ihnen in der Luft, machten sie schwer und schwerer, bis sie so unerträglich wurde, dass das Foto weichen musste, um Platz für das Nächste zu machen.

Ein kleines, unglückliches, übergewichtiges Kind blickte ihnen entgegen.

 

„… Das war’s.“

 

Prompto blinzelte. Er fühlte sich leer, jetzt, wo der Trip auf den Pfaden der Erinnerung vorbei war – oder zumindest dieser frühe Teil. Er reichte Noct den Umschlag hinüber, holte dann seine Kamera hervor.

Hier in seiner Hand lagen die letzten zehn Jahre – oder zumindest die wichtigsten Erinnerungen, die er daran aufgehoben hatte.

 

Er wusste nicht, ob er lachen oder heulen sollte, als das erste Foto auf seiner Kamera sie posierend vor der Regalia in Hammerhead zeigten, kurz nachdem sie endlich repariert worden war.

 

Am Ende lachte er.

 

„Ich hatte echt Schiss, dass ihr mich zurück nach Hause schickt, nachdem meine erste Amtshandlung war, den Wagen zu schrotten.“

„Ich weiß.“

Noct seufzte, rieb sich kurz über den Nacken.

„Also. Ich hab es nicht sofort gewusst. Aber nach unserem Gespräch oben auf dem Moteldach. Mir war zwar immer bewusst, dass du ein Trottel bist, der seinen eigenen Wert nicht erkennt, aber wie schlimm es war, ist von außen eben doch schwer einzuschätzen.“

Er schüttelte den Kopf.

„Dabei warst du immer gut genug. Nicht nur für mich. Ignis mag noch so oft gemeckert haben über unsere Unruhestifterei und Schandtaten, aber mindestens genauso oft hat er erwähnt, wie sehr es ihn freute, dass ich mit guter Laune aus der Schule kam. Oder von unseren Treffen. Und Gladio hatte immer Spaß an deiner quirligen Klassenclown-Art. Und nicht nur daran“, fügte er sofort hinzu, mit einer liebevollen Verzweiflung, als ahnte er genau, dass Prompto gerade daran dachte, wie viel von dieser quirligen Art lange nur Fassade gewesen war.

 

„Es mag nicht sofort auffallen, aber wir haben doch alle viel zu viel Zeit miteinander verbracht. Niemandem ist entgangen, wie aufmerksam du sein kannst. Dass du dir jede Belanglosigkeit merkst, solange sie für einen von uns wichtig ist. Du warst immer da.“

 

Promptos Mundwinkel zuckten. Er wandte den Blick von Noct und den Fotos, sah hinaus in die Dunkelheit.

Dieses Mal war wohl er es, der mehr darin sah als nur undurchdringliche Finsternis.

 

„Ich hatte keinen anderen Platz. So besonders ist das also nicht. Also– versteh mich nicht falsch. Ich war und bin gern da. Immer. Aber für mich war das das Natürlichste. Und das Beste, das ich tun konnte. So sehr ich mich immer als nicht genug empfunden habe – ich war trotzdem glücklich, bei euch sein zu können. Solange ich nicht daran gedacht habe. Dann hab ich Panik gekriegt, dass ihr irgendwann feststellt, was für eine Ansammlung von Erbärmlichkeiten und Komplexen ich bin. Und– die anderen Sachen.“

 

Nocts Arm legte sich um ihn. Im ersten Moment erstarrte Prompto, dann sanken seine Schultern hinab und er ließ die Berührung zu, lehnte sich gegen seinen Freund.

„Du bist du. Und darauf kannst du stolz sein.“

Er lächelte flüchtig.

 

„Heute weiß ich das.“

 

Noct brummte zufrieden. 

„Gut. Komm nicht auf die idiotische Idee, das jemals wieder zu vergessen. Du bist wichtig.“

 

Wichtig.

 

Einfach so. Ohne Grund.

Nicht, weil er irgendetwas besonders tolles beitragen konnte. Sondern einfach nur, weil er er war.

Es war Prompto viel zu lange schwergefallen, das zu glauben, aber egal, wie dunkel und schwer seine Gedanken immer mal wieder geworden waren, irgendwann war es unmöglich geworden, die offensichtliche Wahrheit zu ignorieren.

Spätestens, als Noct ihn immer noch hatte um sich haben wollen trotz seiner Herkunft, vor der Prompto solche Angst gehabt hatte.

Als Ignis und Gladio ihn nicht einfach vergessen hatten, nachdem Noct im Kristall gelandet war.

Er gehörte dazu.

 

Er hatte immer dazugehört.

 

„Du wirst immer mein bester Freund sein, Prompto.“

 

Prompto sagte nichts mehr. Sein Hals war zugeschnürt.

Und er hatte keine Worte.

Keine, die nicht besser ungesagt bleiben sollten.

 

Also schwieg er, lenkte mit einer Bewegung die Aufmerksamkeit wieder auf seine Kamera, um weiter durch die Bilder zu blättern.

Jagdaufträge.

Siecher. Erst aus der Ferne, und dann schließlich ganz gewagt mitten aus dem Kampf heraus.

Eines der Fotos ließ ihn innehalten und hilflos auflachen, als er sich daran erinnerte, wie unfassbar viel Ärger es ihm eingebracht hatte.

 

Eigentlich hätte er es spätestens in dem Moment schon einsehen müssen.

 

„Ich hab euch echt viele Sorgen gemacht mit den Fotos, huh?“, kommentierte er gedankenverloren.

 Neben ihm schnaubte Noct.

„Das ist die Untertreibung des Jahrhunderts. Kein Foto der Welt sollte es wert sein, dass du Kopf und Kragen dafür riskierst!“

„Aber was kann ich dafür, dass es so beeindruckend aussieht, wie ihr kämpft?! Daran will ich mich genauso erinnern wie an alles andere. Und du musst zugeben, die Bildkomposition hier ist schon echt verdammt gut. Schau doch, was für einen krassen Effekt das Licht von deiner Waffenbeschwörung hier hat.“

„Und was hat dir das Foto noch eingebracht, außer diesem krassen Effekt? Ein paar richtig hässliche Fleischwunden, die Ignis dann versorgen musste. Mitten in der Nacht, nachdem wir eh schon alle todmüde und abgekämpft waren.“

Prompto seufzte kleinlaut.

„Ich weiß. Ich weiß! Ihr habt mir das alles damals laut und deutlich klargemacht.“

 

Laut waren dabei vor allem Gladio und Noct gewesen, und deutlich Ignis. Dessen stille Wut war beinahe noch gruseliger gewesen als Gladios Gebrüll.

 

Prompto hatte sich danach verdammt lange noch verdammt schlecht gefühlt – er hatte seinen Freunden keinen Ärger bereiten wollen.

Eher ihnen mit den atemberaubenden Bildern imponieren. Und das war nach hinten losgegangen.

 

„Immerhin hast du danach mehr Vorsicht walten lassen.“

 

Inzwischen wunderte es Prompto nicht mehr, dass Noct das gemerkt hatte.

 

Schweigend blätterte er weiter durch die Fotos.

Galdin Kai. Ein Riesenfisch, den Noct aus dem Meer gezogen hatte.

Die letzten Stunden, bevor sie von Insomnias Fall gehört hatten.

 

Nebelauge. Chocobo in Duscae.

Lestallum in all seiner künstlich gelberleuchteten Pracht.

Nachtangeln. Ein von alten Ruinen gesprenkeltes Gewässer, erleuchtet von den glühenden Runen im Gestein. Noct war es irgendwann langweilig geworden, am Steg zu stehen und er war auf die alten Steinkonstrukte gewarpt, um dort zu sitzen.

 

Ein atemberaubender, goldroter Sonnenuntergang, der sich über ganz Lucis erstreckte, aufgenommen von den höchsten Höhen des Ravatogha. In der Ferne sah Prompto selbst die Cauthess-Platte und noch weiter hinaus.

„So einen Sonnenuntergang haben wir nirgendwo mehr gesehen, huh?“

Nirgendwo sonst hatten sie einen so allumfassenden Blick über das Land gehabt.

 

„Es war das erste Mal, dass du deine Kamera aus der Hand gegeben hast.“

 

„Stimmt. Das hab ich fast vergessen.“

Noct schmunzelte.

„Ich war echt erstaunt, dass du mich nicht tausend Mal angejammert hast, dass ich dein heiliges Spielzeug nicht fallenlassen soll. Dafür hast du dreingeschaut, als würdest du in Ohnmacht fallen, während ich mit ihr hantiert habe.“

Prompto lachte.

„Es war eben hart, sie das erste Mal aus der Hand zu geben. Und gefährlich. Und man kann doch nie sicher sein!“

 

Aber ein Blick auf das Foto bestätigte ihm wieder – das war es wert gewesen.

 

 

* * *

 

 

Es war zu heiß. Es war viel zu heiß.

Promptos Haar klebte ihm in der Stirn. Seine Kleidung klebte ihm am Leib fest, und obwohl er schon nicht einmal Ärmel hatte, hatte er das dringende Bedürfnis, noch mehr Stoff loszuwerden.

Dass es bergauf ging, machte nichts besser.

 

Dass Gladio aussah, als könnte er das den ganzen Tag machen, war auch nicht besser.

 

Dass Ignis trotz seiner ordentlichen Ignis-Garderobe keine Miene verzog, war frustrierend.

Wenigstens sah Noct aus, als wäre er absolut genauso begeistert von diesem Marsch durch die Hitze wie Prompto selbst.

 

Und das alles nur wegen dem Gerücht, hier oben sei ein Königsgrab.

 

Wer empfand einen Vulkan als einen guten Platz für ein Königsgrab?! Das konnte doch nur ein Idiot gewesen sein.

Oder hatte irgendjemand einst den Sarg von welchem König auch immer geklaut und hergebracht? Auch ein Idiot.

Alles Idioten.

 

Genau wie die Monster, die freiwillig hier lebten!

Prompto war froh, dass ihre Zahl abgenommen hatte, je weiter sie marschierten. Die bisherigen Kämpfe waren allesamt viel zu kräftezehrend gewesen, und seine Begeisterung über die Minidrachen war mehr als schnell abgeflaut im Angesicht der Hitze und Anstrengung.

Er wollte eine Pause.

Er wollte keine Pause. Er wollte lieber ganz schnell runter von diesem Ungetüm von einem Berg.

 

Er wollte irgendetwas, das diese ganze Sache besser machte. Oder eine kalte Dusche.

 

Was er nicht wollte, war Gladio, der längst vorangelaufen irgendwann zu ihnen hinabrief: „Das müsst ihr euch ansehen!“

 

Mit einem leidvollen Stöhnen sah er zu Noct hinüber, tauschte einen Blick mit seinem besten Freund.

Einen Moment lang zogen sie beide in Erwägung, Gladio einfach da oben stehen zu lassen.

Leider war der Moment viel zu schnell vorüber, als Noct sich wieder abwandte und ein wegwerfendes Geräusch machte, das wahrscheinlich irgendwo bergauf zwischen den Felsen verloren ging, noch ehe es die Ohren ihres Muskelprotzes erreichte.

„Ist nicht, als hätten wir eine Wahl!“, rief er hinauf. Prompto empfand den missgelaunten Klang seiner Stimme als Wohltat.

Sie wäre noch wohltuender, würde sie wirklich verhindern, dass sie weiter hinaufmussten.

Tat sie nur nicht.

Also schleppten sie sich weiter, Ignis stocksteif und aufrecht, Noct mit einer Haltung, die jeden königlichen Berater in Tränen ausbrechen lassen würde, und Prompto gab sich gar nicht erst mehr die Mühe, motiviert auszusehen.

 

Er war absolut bedient.

 

„Wehe, wenn Gladio nicht wenigstens das verdammte Königsgrab gefunden hat“, murrte er erschöpft.

 

Natürlich war es nicht das Königsgrab.

 

Gladio einholend erreichten sie ein Felsplateau, dessen ebenmäßige, flache Fläche eine absolute Wohltat gegen das Bergauflaufen der letzten Ewigkeit war – aber darüber hinaus fand er hier nichts, das Gladios Ruf rechtfertigen würde.

Geradeaus stieg er Weg schließlich wieder an, zur einen Seite waren steile, zerklüftete Felshänge, die sie nicht direkt hinaufklettern könnten, und zur anderen Seite brach das Plateau weg. Ein falscher Schritt, und sie würden den gesamten verdammten Vulkan herunterrollen und wahrscheinlich auf dem Weg nach unten schon an den Felsen zerschellen, bis gerade noch genug Stückchen von ihnen übrigblieben, um ein paar Aasgeier zu ernähren.

Keine gute Vorstellung.

Prompto wischte sich den Schweiß aus der Stirn.

„Wolltest du uns zeigen, wie weit wir noch hier hochlaufen müssen, um irgendwo anzukommen?“

Gladio lachte barsch.

„Hör auf zu jammern, du Weichling, und beweg deinen winzigen Hintern hier rüber. Noct, Ignis, ihr auch!“

 

Für Promptos Geschmack stand Gladio viel zu nah am Abhang, doch Noct gehorchte tatsächlich, bedeutete ihm mit einem knappen Nicken, zu folgen.

Seufzend setzte er sich wieder in Bewegung, schlurfte Schritt um Schritt zu Noct hinüber.

 

Er brauchte fünf Schritte, um die Abendrotfarben des Himmels zu realisieren.

Sieben, um den Sonnenuntergang zu entdecken, der langsam begann, sein rötlich-goldenes Licht über das ganze Land zu verteilen und gleichzeitig tiefe, markante Schatten wie Furchen ins Antlitz von Lucis malte.

Danach dauerte es dank einem jähen Energieschub keinen Wimpernschlag mehr, bis er direkt am Abhang stand, und sich dem berauschenden Gefühl hingab, wie es war, so weit schauen zu können, dass man glauben mochte, man könne über die ganze Welt hinwegsehen.

 

„Wir brauchen ein Foto hiervon. Jetzt. Sofort.“

 

Gladio lachte. Er klang selbstzufrieden.

Prompto zog seine Kamera aus der Tasche, wirbelte herum, suchte irgendwo einen Platz, an dem sie halbwegs sicher stehen würde, um den Selbstauslöser einstellen zu können.

Er fand nichts.

Er fand zumindest nichts, das irgendwie erreichbar sein würde.

Die Felswand gegenüber dem Abgrund war vielversprechend. Hier und da ragten Felsstücke daraus hervor, die die Kamera sicher halten würden. Nicht, dass Prompto da heranreichen würde.

Er verzog das Gesicht zu einer beleidigten Schnute und starrte die Wand an, als würde sie sich davon dazu erweichen lassen, ihm ein kleines Felstreppchen zu bauen – oder einfach einen Felsvorsprung wachsen zu lassen, der auf erreichbarer Höhe für ihn war.

Es gab nur eine Lösung für das Dilemma.

 

Eine Lösung, die gerade unmotiviert und gähnend ihre königliche Kehrseite auf dem Plateau geparkt hatte, während Ignis und Gladio sich über Dinge unterhielten, die Prompto garantiert nicht einmal verstehen wollte.

 

„Noct! Ich brauch deine Hilfe!“

„Das muss warten“, gab Angesprochener eiskalt zurück.

Zu dumm, dass Prompto nicht warten wollte!

Aber immerhin gab es einen Kompromiss. Mit mehr Schwung, als es nötig gewesen wäre, ließ er sich neben Noct auf den Boden fallen, hielt ihm seine Kamera unter die Nase.

„Du lernst jetzt, den Selbstauslöser einzurichten. Und dann findest du uns da oben an der Felswand einen guten Platz für die Kamera, um ein Foto von dieser atemberaubenden Aussicht zu machen – und uns! Kapiert?“

Noct drehte den Kopf gerade weit genug zu ihm hin, damit Prompto sah, wie er die Augenbrauen hob, eher skeptisch als begeistert.

 

„Sicher, dass du mir deine heilige Kamera anvertrauen willst?“

 

Immerhin sah er nicht abgeneigt aus. Prompto schnaubte trotzdem, boxte ihm gegen die Schulter.

„Wenn du so fragst, dann so langsam nicht mehr! Was für eine blöde Frage. Natürlich.“

 

„So natürlich ist das nicht“, widersprach Noct.

Etwas an der Art, wie er es sagte, nahm den Worten den potentiell unfreundlich klingenden Beigeschmack und ließ Prompto innehalten, statt sofort einen Protest herauszuposaunen.

Er sah auf seine Kamera hinunter, abwägend, nachdenklich.

Wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann hatte sein Freund recht: Er hatte sie Noct noch nie in die Hand gegeben. Nicht, um Fotos zu machen, zumindest.

Das war immer seins gewesen. Sein Hobby. Seine Macke. Sein Ding.

 

Sein Wert.

 

Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn dann wieder. Atmete schnaubend aus und wandte den Blick ab.

Die Sonne kroch langsam tiefer, die noch blassen Farben des Sonnenuntergangs wurden kräftiger.

 

Sie hatten inzwischen verdammt viel zusammen durchgemacht:

Einen kaputten Wagen.

Den Weltuntergang; für Prompto zumindest war Insomnia die Welt gewesen. Und nicht nur für ihn wohl.

Kämpfe gegen wilde Bestien, gegen imperiale Maschinerie, gegen Siecher. Lebensgefährliche Kämpfe, die Prompto schnell beigebracht hatten, dass sie sich alle blind aufeinander verließen.

 

„Jetzt ist es eben natürlich“, war am Ende alles, was er sagte.

Er hatte dazugelernt – er musste sich seinen Platz in der Gruppe nicht durch Fotos erkaufen. Er war recht sicher, dass er immer einen Platz bei seinen Freunden haben würde.

 

Solange das Geheimnis seiner Herkunft, das wie ein Leichentuch über ihm schwebte, ewig geheim bliebe.

 

Nocts Hand schwebte in sein Blickfeld.

Prompto hob den Blick, sah in Nocts Augen alle Erkenntnis reflektiert, die er selbst gerade erst gehabt hatte, eine stille Zufriedenheit, ein Ich hab es doch gesagt, das ihm das Herz wärmte.

 

Und vielleicht, wenn nicht gerade Ignis‘ leises Lachen übers Land getragen würde und damit daran erinnerte, dass sie nicht allein waren, hätte Prompto sich vorgelehnt und eine Dummheit gemacht.

 

So aber verflog der Moment, zerstob im Abendrot, wie auch Ignis‘ Lachen in der Luft zerstob. Nocts Stimme unterbrach endgültig, was Prompto nicht einmal gedanklich in Worte fassen wollte:

 

„Her mit dem Ding und erklär es mir.“

 

Prompto erklärte.

Es war nicht kompliziert, dauerte nicht lange, und schließlich sah er zu, wie Noct samt Kamera gegen die Felswand warpte. An seinem Schwert hängend versuchte er, die Kamera auszurichten.

Er brauchte mehrere Versuche, bis er eine stabile, gute Position gefunden hatte, aber schließlich schien es soweit zu sein.

Mit vor Aufregung angehaltenem Atem sah Prompto zu, wie Noct an der Kamera herumnestelte.

Sein Magen krampfte.

Vor seinem inneren Auge sah er das wertvolle Gerät zu Boden und dann auseinanderfallen.

 

Nichts passierte.

 

„Macht euch bereit!“, rief Noct hinüber, die Begeisterung in seiner Stimme ein ansteckender Virus, der Promptos Nerven betäubte und sein Herz noch mehr zum Rasen brachte.

Ein blauer Funkenschauer, dann stand Noct neben ihm, zu abrupt, zu schwungvoll, aber er fasste sich schnell – wie immer. Es war beneidenswert, wie sehr man ihm seine ewiglange Routine mit dieser verrückten Magie des Königshauses immer wieder anmerkte allein in der Selbstverständlichkeit, mit der er sie benutzte.

Noch bevor der Selbstauslöser das erste Mal auslöste, hatte er sich in Pose geworfen, und Prompto tat es ihm gleich, strahlte hinauf in die Kamera, auch wenn er wusste, dass das Bild seinen Gesichtsausdruck kaum einfangen würde, weil sie dafür einen viel zu kleinen Teil des Bildes ausmachten.

Aber darum ging es auch nicht.

Es ging um den umwerfendsten Sonnenuntergang, den sie in ihrem ganzen Leben wohl sehen würden, und selbst, wenn Prompto die Freude auf ihren Gesichtern nicht mehr erkennen würde, er würde sie genauso wenig vergessen wie das berauschende Gefühl, die ganze Welt zu Füßen liegen zu haben.

 

 

* * *

 

 

„Aber natürlich hab ich dich nicht die ganze Zeit angejammert. Ich hab dir doch vertraut“, fügte Prompto an seine Litanei noch hintenan.

Er hatte das dringende Bedürfnis, sein Verhalten von damals zu rechtfertigen, obwohl ihm selbst bewusst war, wie absolut überflüssig es war.

Oder auch nicht.

Denn Noct brummte, und er klang zufrieden dabei. Er hatte damals auch zufrieden ausgesehen, daran erinnerte Prompto sich noch sehr gut.

 

„Hat ja auch lang genug gedauert. Und bis du uns so richtig vertraut hast–“ – „Ich weiß. Aber ehrlich, bis ich mir selbst so richtig vertraut habe, hat das noch länger gedauert.“

 

„Ich weiß.“

„Du hast einfach viel zu viel gemerkt, das du nicht hättest merken sollen“, beklagte er sich schnaufend.

Es war ein Vorwurf, der nicht weniger vorwurfsvoll hätte sein können.

Es hatte ihn jedes Mal über alle Maße glücklich gemacht, wenn Noct verstanden hatte, dass da Nuancen in seiner Persönlichkeit waren, die er lieber verborgen wüsste, und ihn trotzdem weiterhin gemocht hatte. Respektiert hatte.

Um sich haben wollte.

 

Es war jedes Mal ein bisschen schwerer geworden, zu fürchten, dass Noct ihn irgendwann doch hängen lassen würde, und irgendwann waren die grausamen Stimmen im Hinterkopf ganz verstummt.

 

Die Stille zwischen ihnen zog sich, spann eine Erzählung, die bedeutungsschwanger zwischen ihnen in der Luft hing, ohne je laut ausgesprochen zu werden.

Prompto spürte, dass etwas die Stille füllen wollte, konnte nicht den Finger darauflegen, was es war, was er denn hätte sagen wollen, wenn überhaupt, und so schwieg er weiter, während er den schönsten Sonnenuntergang seines Lebens mit einem Tastenklick wieder verschwinden ließ, um Platz für eine weitere Erinnerung zu machen.

 

Titan.

Die Cauthess-Platte aus der Nähe.

Die Bilder wurden spärlicher, je weiter sie sich in den Horror verstrickt hatten, der ihre geplantermaßen harmlose Reise nach Altissia geworden war.

Regenwetter und zuckende Blitze, als sie auf dem Weg zu Ramuh gewesen waren.

Auf ein Foto hatte sich Gentiana geschlichen, obwohl Prompto immer noch so überzeugt war, dass sie niemals in er Nähe gewesen war, als er es aufgenommen hatte.

Eine Froschjagd für die schrullige Forscherin, deren Forschergebrabbel er auch in hundert Jahren nicht verstehen würde.

„Die Frau.“

Noct neben ihm lachte und seufzte gleichzeitig.

„Die Frau“, bestätigte Prompto vielsagend. Er hob die Augenbrauen und grinste.

 

„Glaub mir, die ist nicht weniger anstrengend geworden, nachdem sie keine Frösche mehr wollte. Ich hab sie in den letzten Jahren noch ein paar Mal gesehen. Sie ist doch ne Koryphäe auf diesem ganzen Astralplagegebiet. Wenn du sie und Gladio in einem Raum siehst – renn, solange du noch kannst, bevor das Fachgelaber dir das Hirn verknotet.“

Er bereute die Worte, kaum, dass sie hinauswaren, doch Noct lachte nur. Versprach, er würde es sich merken.

Prompto gab sich alle Mühe, herunterzuschlucken, wie bitter sich dieses Versprechen anfühlte, und er gab sich alle Mühe, nicht daran zu denken, dass Noct wohl niemals in Verlegenheit kommen würde, es wahrzumachen.

 

Er wollte nicht darüber nachdenken.

 

Die Zukunft lag gerade noch in weiter Ferne, und so, wie er hier saß, an Noct gelehnt und die Erinnerungen an ihr ganzes gemeinsames Leben in der Hand, war ihm das auch nur lieb.

 

Das Foto, das Noct und Gladio beide stolz mit einem Frosch in der Hand zeigt, musste nun also auch weichen, und einen entspannten Campingabend später hielt Prompto doch wieder inne.

 

Altissia.

 

Der Anblick von Prinzessin Lunafreyas Hochzeitskleid hinterließ ein so flaues Gefühl in seinem Magen, dass er das Bild am liebsten sofort wieder weggeklickt hätte.

Er wagte nicht, zur Seite zu sehen, wollte nicht den Schmerz auf Nocts Gesicht sehen.

Es reichte, dass er ihn sich vorstellen konnte.

 

Solange Luna da ist, kann ich alles schaffen – das hab ich zumindest immer gedacht. Sie war– sie war einfach immer da. Und ich war so dankbar, dass sie mir einen Weg vorgezeichnet hat, wo ich selbst kaum eine Ahnung hatte, wohin mit mir und meiner Rache am Imperium. Wo anfangen, wo aufhören. Wo genug Kraft hernehmen.“

Und dann war alles zerbrochen.

„Ich wollte sie unbedingt kennenlernen“, murmelte Prompto erstickt. „Damals– Das klingt jetzt richtig bescheuert, aber ohne Prinzessin Lunafreya hätte ich mich nie getraut, dein Freund zu werden.“

„Das klingt wirklich verrückt.“

Noct klang bei aller Irritierung aber auch wehmütig belustigt.

„Erklär dich.“

 

Prompto erklärte.

Erzählte von Pryna, die er damals verletzt gefunden und umkümmert hatte, erzählte von dem Brief, den Prinzessin Lunafreya ihm geschickt hatte als Dank dafür, dass er sich um ihr Hündchen gekümmert hatte.

Erzählte von der Bitte des Mädchens, sich weiterhin gut um Noct zu kümmern und ihm ein Freund zu sein.

Jedes Wort musste er mühsam hervorwürgen, aber als er fertig war, wagte er den Blick auf Nocts Gesicht, sah dort ein leises Lächeln, trotz des schmerzhaften Anblicks auf der Kamera, und allein das war es wert.

 

„Kaum zu glauben.“

Noct schüttelte den Kopf, lachte leise auf. Er klang inzwischen genauso erstickt wie Prompto.

„Ich wusste immer, dass sie etwas Besonderes war. Und mir viel Gutes im Leben gebracht hat. Aber dass sie mir sogar meinen besten Freund geschenkt hat– ich bin sicher, sie hätte dich geliebt.“

„Ich glaube ja nicht.“

Der resignierte Kommentar rutschte Prompto heraus, ehe er es verhindern konnte.

 

Wer mochte schon einen Mann, der den eigenen Verlobten–?

 

Doch Noct schüttelte den Kopf.

„Wir waren acht und zwölf, als wir uns das letzte Mal gesehen haben. Gut, wir sind in Kontakt geblieben, aber trotzdem. Und ich habe– Nein. Ich liebe Luna. Aber ich habe sie nie heiraten wollen. Wir waren wie Geschwister, damals in Tenebrae. Verbunden, aber auf eine Art, die einfach völlig aromantisch war. Und geblieben ist. Vielleicht hätte sich das verändert, wenn wir je zusammengefunden hätten. Aber so, wie es ist? Und sie wollte immer mein Glück. Die kurzen Nachrichten, die Umbra mir über die Jahre verteilt gebracht hat, haben sich immer darum gedreht. Dass sie hofft, dass ich glücklich bin. Gute Freunde habe. Lachen kann. Sie hätte dich geliebt.“

Einen kurzen Moment herrschte Stille, dann sah Noct ihn direkt an mit einem Blick, der Promptos Herzschlag aussetzen ließ.

 

„Sie hätte dich geliebt“, wiederholte er unbeirrt, „Allein dafür, dass ich es tue.“

 

„Noct–“

Promptos Stimme brach weg. Er biss sich auf die Unterlippe, so dass das Schluchzen, das sich in ihm hochkämpfte, klang wie das klägliche Fiepen eines sterbenden Tierchens.

Er wusste nichts zu sagen.

Er wusste genau, was er sagen wollte.

Er konnte nicht.

Er wollte die Zeit anhalten oder zurückdrehen, oder irgendetwas tun, damit dieser Moment nicht einfach in der Finsternis verschwand.

 

Noct nahm ihm schweigend die Kamera aus der Hand.

Ein Klick, und Prinzessin Lunafreyas Hochzeitskleid verschwand, wurde ersetzt durch ein Bild, auf dem Prompto eine klatschnasse Schmollschnute in die Kamera hielt, Noct neben sich, der dafür viel zu breit grinste.

 

Das Lachen blieb ihm in der Kehle stecken, doch er spürte, wie seine Mundwinkel zu einem überforderten Lächeln zuckten.

 

Die Gondeln in Altissia waren großartig gewesen.

Die ganze Stadt war atemberaubend wunderschön gewesen, und Prompto hatte damals alles fotografieren wollen. Auch und vor allem aus den Gondeln heraus.

Und natürlich hatte sich das gerächt.

Irgendwann war er im Wasser gelandet.

Selbst Ignis hatte ihn ausgelacht.

Er hatte ihm allerdings kurz darauf im Hotel auch direkt einen heißen Tee besorgt, während er sich abgetrocknet und trocken angezogen hatte.

 

Mit allen Gedanken an Altissia und all die furchtbaren Dinge, die dort passiert waren, fiel es Prompto schwer, sich weiterhin auf die Bilder zu konzentrieren.

Ihre Reise führte nach Westen.

Er hatte ein paar wenige Fotos während des Kämpfens gemacht.

Keine guten Erinnerungen.

Ignis‘ Blindheit. Aller Streit. Alle Unzufriedenheit und Überforderung.

Er hatte damals überhaupt nicht mehr gewusst, was tun, hatte sich so unfassbar nutzlos gefühlt.

 

Und dann– 

 

Er hatte kein einziges Foto aus der Zeit aufgehoben, als sie getrennt gewesen waren.

Auch wenn nicht alles schlimm gewesen war, und er Aranea aufs Endloseste dankbar war für alles, das sie für ihn getan hatte, das waren Erinnerungen, die er nicht in Bildern festhalten musste.

Einsame Erinnerungen. Verstörende Erinnerungen.

Aber er hatte nicht aufgeben können. Er hätte noch seine Seele verkauft, um an Nocts Seite zurückzukehren.

 

Und er war zurückgekehrt.

 

Das nächste Foto zeigte sie in der Zegnautus-Festung, kurz, nachdem sie wieder alle zusammengekommen waren.

Nachdem auch noch Promptos letztes schändliches Geheimnis von seinen Freunden weggewischt worden war, als wäre es nichts weiter gewesen als eine lästige Fliege.

Sie sahen völlig kaputt aus. Schmutzig, erschöpft, und der Raum, in dem sie untergekommen waren, um sich auszuruhen und Promptos Wehwehchen zu versorgen, war heruntergekommen und hatte seine besten Tage auch längst hinter sich gehabt.

Auf dem Foto lag ein flüchtiges Lächeln in Ignis‘ Mundwinkel. Gladio sah absolut fertig aus, aber der grimmige Zug um seine Augen, den er seit Altissia mit sich herumgeschleppt hatte, war wieder weicher geworden. Prompto lachte. Weil er immer lachte, und weil es einfacher war, aber er erinnerte sich, dass es ein ehrliches Lachen war, voller Erleichterung und Glück und Dankbarkeit. Nocts Grinsen war schief, und sah absolut bedient und müde aus, aber auch das tiefe Unglück in seinem Blick hatte sich aufgehellt.

 

Damals hatte Prompto geglaubt, es würde mit ihnen wieder bergauf gehen. Sie würden zu alter Stärke – vor allem emotional – zurückfinden können, sich zusammenraufen, die Welt aus den Angeln heben und alles besser machen.

 

Und dann war der Kristall gekommen und hatte ihnen Noct genommen.

 

„Ich wusste gar nicht mehr, dass wir da ein Foto gemacht haben.“

Noct riss ihn aus seinen Gedanken, entlockte Prompto einen vagen, nicht aussagekräftigen Laut.

Es war ein Impuls gewesen. Mehr ein Reflex, weil er immer und überall, wenn sie rasteten, ein Foto gemacht hatte, einerlei, ob er es dann behalten hatte oder nicht.

Und dann hatte er es behalten, weil es das letzte Foto gewesen war, das er von Noct gehabt hatte.

„Aber ich mag es.“ – „Hä?“

Er hob irritiert die Augenbrauen, sah auf das Bild hinab. Es war nicht gerade schmeichelhaft, oder hübsch, und er verstand nicht direkt, wieso Noct ausgerechnet bei diesem betonen musste, dass er es mochte.

 

„Es ist das erste Foto von uns, auf dem wir alle uns unseres Platzes in der Welt wirklich bewusst und sicher sind. Spätestens ab Altissia waren wir doch alle erst einmal neben der Spur. Allein Ignis. Und ich habe nach Lunas Tod viel zu lange gehadert. Und bei dir war doch auch alles noch im Argen, bis du nicht endlich gebeichtet hast. Aber hier…“

Er verstummte, schien Gedanken zu sortieren, gestikulierte vage.

„Es ist ungefähr der Moment, in dem sich endgültig gefestigt hat, dass wir alle untrennbar zusammengehören. Bis zum Letzten. Damals hat mir das Kraft gegeben. Heute gibt es mir Kraft.“

Er lachte erstickt. Der Arm, der immer noch um Promptos Schultern lag, packte fester zu.

 

Auch wenn es das schwerer macht, loszulassen.

 

Noct sprach es nicht aus. Nicht noch einmal.

Er musste es nicht.

Prompto vergrub das Gesicht in den Armen, die auf den angezogenen Knien lagen.

Er wollte nicht daran denken.

 

Eine schiere Ewigkeit verharrten sie so.

Aneinandergelehnt, Nocts Gesicht an Promptos Schopf verborgen.

Sie sprachen nicht.

Prompto wagte nicht einmal, allzu laut zu atmen, weil selbst das verräterisch sein würde.

Es war so dumm. Destruktiv.

Hier zu sitzen, Zeit zu schinden, alles nur noch schlimmer zu machen. So schön es zuerst gewesen war, in Erinnerungen zu schwelgen, neben allem vergangenen Glück war der vergangene Schmerz jetzt viel zu erdrückend, der gegenwärtige Schmerz noch viel grausamer.

Es gab keinen Weg daran vorbei.

 

Zusammen bis zum Letzten.

 

Mehr konnte Prompto vom Schicksal nicht fordern.

Er war dankbar, dass er an Nocts Seite sein durfte, auch heute noch. Egal, wie sehr es ihm das Herz zerriss.

Und er würde ewig dankbar dafür bleiben.

 

In dem Gedanken fand er neue Kraft, die ihm half, sich wieder aufzurichten, Noct die Kamera wieder zu mopsen.

„Wir sind noch nicht fertig“, verkündete er, schaffte es sogar, dabei noch zu grinsen. Es war ein schwaches Grinsen, aber es war da.

„Ich hab ein paar Fotos in den letzten Jahren gemacht. Na ja. Damit du nicht alles verpasst.“

 

Es war nicht viel.

Ein paar Bilder von gemeinsamen Bekanntschaften, wie sie sich im Laufe der Jahre verändert hatten.

Talcott. Iris, die eine großartige Kriegerin geworden war. Cid und Cidney, deren Arbeiten so vielen Menschen das Leben gerettet hatten. Mehr und mehr bekannte Gesichter in ihrem neuen Leben.

Ignis, der sich mit Araneas Hilfe wieder so sicher wie früher in der Küche bewegt hatte.

Noct sah sich jedes einzelne Foto schweigend an, lauschte den kurzen Anekdoten, die Prompto teilweise zu erzählen wusste.

 

Die Fotos endeten mit einem Bild, das er in Hammerhead aufgenommen hatte, kurz, bevor sie aufgebrochen waren. Ein letztes Gruppenfoto, auf dem sie in ihrer Wiedersehensfreude noch geradezu ekstatisch ausgesehen hatten.

Die Euphorie, obwohl doch noch gar nicht lange her, war längst verblasst, doch es tat trotzdem gut, das Bild zu sehen.

 

„Wenn man es mit den alten Fotos vergleicht, dann haben wir uns kaum verändert, irgendwie.“

 

Nein. Natürlich hatten sie sich verändert.

Waren älter geworden, reifer, erwachsener. Vernünftiger, vor allem in Promptos Falle wohl.

Die zehn Jahre im Kristall hatten auch aus Noct einen anderen Menschen gemacht.

Aber wenn man sie sah, wie sie sich zu viert vor der Kamera knubbelten, keiner so recht auf dem Bild, wie es sein sollte, dann war es fast, als hätten sie die letzten zehn Jahre genauso eng miteinander verbracht wie die Jahre davor.

Als wären sie nie getrennt gewesen, sondern immer zusammen.

„Ich weiß, was du meinst“, stimmte Noct sanft zu.

Untrennbar bis zum Ende.

 

Untrennbar noch darüber hinaus, wollte Prompto hoffen, auch wenn er keine Ahnung hatte, wie genau das aussehen sollte.

Je länger er das Bild ansah, desto weniger konnte er sich vorstellen, wie es in Zukunft aussehen sollte.

Konnte er das überhaupt? Fotos machen, auf denen immer eine Noct-förmige Lücke sein würde?

 

Nocts Hand griff nach der Kamera. Einen Tastendruck später erlosch das Display, und mit ihm das mentale Bild der Noct-förmigen Lücke, an das Prompto doch gar nicht erst hatte denken wollen.

Er hob den Blick, sah in das Gesicht seines besten Freundes – und brach allein von dem Anblick beinahe in Tränen aus.

„Ich wünschte, ich könnte noch tausend Fotos von dir machen!“

Mehr. Aus jedem Winkel. So viele, dass Prompto niemals auch nur eine Winzigkeit vergessen könnte, die Noct ausmachte. Keine Wimper, kein Heben seiner Augenbrauen, kein Blitzen in den blauen Augen. Keine Haarsträhne, die wirr in seine Stirn fiel. Nichts.

Noct lächelte. Traurig. Liebevoll.

Prompto wollte auch das in einem Foto einfangen, so wie jedes Zucken seiner Mundwinkel, jedes Nasekräuseln, jedes Lachen, jede Träne.

Alles.

 

Aber Noct hatte die Kamera immer noch in der Hand, legte sie zur Seite, außerhalb von Promptos Reichweite. Er wollte protestieren, brachte aber nur ein ersticktes Schluchzen über die Lippen.

„Du vergisst mich nicht.“

Noct klang so überzeugt, dass Prompto ihm glauben wollte.

Er wollte ihn aber auch anschreien, dass Noct gefälligst einfach bleiben sollte, um ihn gar nicht in Versuchung zu führen.

Er tat es nicht.

Noct sah es trotzdem in seinem Blick, da war Prompto sich sicher, und er schämte sich dafür. Zitternd holte er Luft, blinzelte. Eine Träne löste sich aus seinem Augenwinkel, rann sein Gesicht hinab.

 

„Mach lieber tausend Fotos von allem anderen. Vom Sonnenaufgang. Von Gladio. Von Ignis‘ und Araneas Hochzeit.“

 

Er lachte erstickt, der Laut war mehr noch ein halbes Schluchzen.

„Als ob die das auf die Reihe kriegen werden!“

Noct grinste. Seine Augen schwammen in Tränen.

Er lehnte sich vor, und erst jetzt wurde Prompto bewusst, wie nah sie sich waren.

 

Es war kaum ein Wimpernschlag, den es brauchte, bis ihre Lippen sich berührten. Flüchtig. Zaghaft fast.

Ein Versprechen.

 

„Und dann zeigst du mir die Bilder, wenn wir uns wiedersehen.“

Epilog

Sonnenlicht flutete den Thronsaal der Zitadelle, tauchte ihn in leuchtend helles Licht, das harte Schatten auf den mit Schutt und Trümmern übersäten Fußboden malte.

Der einst so glänzende Bodenbelag war schon vor langer Zeit matt vom Staub und der Zerstörung geworden, genau wie aller goldener Zierrat im Raum.

Unter Promptos Schritten knirschte es, während er langsam die Treppenstufen zum Thron hinaufstieg.

 

Das erste Mal, das er hier gewesen war, hatte er beinahe einen Herzinfarkt vor Aufregung bekommen.

 

Er war so nervös gewesen, dass er schon im Vorfeld gefürchtet hatte, er würde seine Zunge verschlucken, irgendetwas total Peinliches sagen, irgendetwas tun, das den König dazu brachte, ihn direkt postwendend wieder wegzuschicken.

Er war nicht weggeschickt worden.

 

Heute fühlte er sich nicht nervös, sondern auf eine beinahe deplatzierte Art entspannt.

 

Vor dem Thron blieb er schließlich stehen.

Seine Hand umklammerte seine Kamera, umklammerte Erinnerungen an ein Leben, das turbulenter und chaotischer nicht hätte sein können, umklammerte Schmerz und Trauer und so unermesslich viel Glück, dass Prompto manchmal immer noch nicht glauben konnte, dass es ihm gehörte.

 

Auf der Lehne lag ein Foto.

 

Schmutz befleckte die Oberfläche.

Prompto hob es behutsam hoch, und genauso behutsam wischte er es an seinem Oberteil ab, bis das Bild wieder vollständig zum Vorschein kam.

Der schönste Sonnenuntergang seines Lebens strahlte ihm entgegen, vier Gesichter, die im Schatten lagen, unerkennbar. Er erinnerte sich noch, dass er wie ein Idiot in die Kamera gestrahlt hatte, auch wenn davon auf dem endgültigen Foto nichts zu sehen war.

 

Er erinnerte sich noch, wie es sich angefühlt hatte, seine gedachte Daseinsberechtigung aus der Hand zu geben und keine Angst dabei zu verspüren, überflüssig zu werden.

 

Und er erinnerte sich an so viele andere Fotos, die so viel wertvoller waren.

 

Erinnerte sich an Nocts atemberaubendes Violinenspiel, und die Nächte, die sie in seiner chaotischen Bude verbracht hatten mit nichts als jugendlichem Blödsinn, er erinnerte sich an die naive Abenteuerlust, mit der sie ihren Weg nach Altissia begonnen hatten. An Monsterjagden und Camping, einen Abend auf einem Moteldach, und den Tag, an dem sie völlig fertig in einer feindlichen Festung gewesen waren und trotzdem noch Hoffnung in den Augen hatten.

 

Mit einem tiefen Atemzug ließ er das Foto wieder sinken, und sein Blick fixierte sich auf den Thron selbst. Er strahlte.

Vor sich sah er seinen König, seinen besten Freund–

 

Den Mann, den er liebte.

 

„Noct! Ich hab die Fotos mitgebracht – und du schuldest mir vor allem noch eine Erklärung!“



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  SuperCraig
2019-10-09T01:02:16+00:00 09.10.2019 03:02
Jetzt google ich Noctis, um das Ende dann korrekt zu erfahren, und dann: "Andere Leute suchten auch nach Feng Wei, Hwoarang..."

Connors Gedankengang: "Halt die Schnauze, ich will wissen, was passiert ist."

Ja, was ist jetzt passiert? Und da, da, da...steige ich aus. Da ich das Ende ja nicht kenne, und auch nicht rasch gefunden habe, darfst du mir das alles einmal schön ruhig erklären.

Grade bin ich unzufrieden. Für mich als Außenseiter ist das Ende total offen. Ich stelle mir grade so vor, wie Noctis dasitzt, versteinert oder so, und denke mir: "Ne, oder?"

Irgendwie wars aber gefinkelt: Das eine Foto hat alle anderen Fotos gerettet, bzw. mit Promptos Erinnerung verknüpft. Da hat Noctis gut gewählt.

Jetzt bin ich halt noch immer ein wenig niederschlagen, auch wenn es sich nach einem Happy End liest - ist es eins? Gucke ich jetzt dann echt einmal ein FF Lets Play? Kaufe ich mir das Spiel vielleicht sogar? Wer weiß?

Ich weiß aber eins: Mir hast du, liebe Mei, einen unvergesslichen Abend bereitet, der mich wieder einmal über meine Fähigkeiten grübeln lässt. Wenn ich einmal so eine Stimmung erzeuge, ich glaube, ich springe vor Freude im Kreis.

Ganz liebe Grüße und einen traurig-aufgebrachten Blick schenkend

Connor, der Banause ;)
Von:  SuperCraig
2019-10-09T00:48:59+00:00 09.10.2019 02:48
Was für eine bescheuerte Idee, sowas um halb drei, wenn ich mal ans Schlafen denken sollte, zu lesen.

Für mich sind viele Dinge natürlich halt wieder einmal Bahnhof. Connors Welt ist ein einziger Bahnhof. xD Irgendwie mag ich diesen Bahnhof aber.

Jetzt dämmert es mir auch: Prompto war der Junge, bei dem ich dich so ausgelacht habe, weil du ihn magst. Den dicklichen Typen, der dann älter hübscher geworden ist.

Irgendwie, da hat diese ganze Story, die Flahsbacks, die Sprünge, selbst, wenn es lustig war, so einen schalen Beigeschmack. Ich hoffe, dass Noctis nicht draufgeht, verschwindet, oder was auch immer.

Gladio hört sich so nach meinem Charakter an, den ich spielen würde. :D Wobei, Hirn...einerlei! :P

Also, Prompto ist mir jetzt ein wenig ans Herz gewachsen. Mag solche Fotoheinis, die jeden Rotz fotografieren müssen, eigentlich nicht, aber der Junge ist okay.

Ich bin die ganze Zeit beim Lesen dagesessen und habe mir gedacht: "Jetzt küss ihn doch, einmal wenigstens, flüchtig, auf die Wange, komm schon!" Als dann die Prinzessin in der Story aufgetaucht ist, habe ich diese angedeutete, vielleicht sogar platonische Liebe, sterben sehen. Bin Gott sei Dank enttäuscht worden.

Mei, du hast mal wieder mit Gefühlen gespielt und sie geweckt. Werde heute sicher noch um halb vier wach liegen und nachdenken. Ich beneide dich echt um diese Fähigkeit. Ich glaube, wenn du mir ein Rezept über Bratkartoffeln schreiben würdest, ich bekäme da auch so eine Gänsehaut.

Für diese Zeit des Lesens war ich mal wieder abgelenkt, frei von Sorgen und Nöten. Connor muss sich fast eine kleine Träne wegwischen, weil er mal wieder die Magie des Lesens entdeckt hat.

Es war echt schön, und ich konnte mir viele Dinge bildlich vorstellen. Diese Monster, ne, musste an das Froschwesen aus Anvil of Dawn denken, und das schwertschwingende Ding, sicher eine Mischung aus Orgoth dem Unbarmherzigen und Düsenschlag, aber eines konnte ich mir gut vorstellen, und glaube, das auch richtig: Prompto und Noctis.

Ich habe grade echt ein wenig Schiss das Ende zu lesen, zögere grade voll. Soll ich? Was, wenn was Schlimmes passiert? Lieber versuchen bei Yu Gi Oh einzupennen? Ich weiß es nicht. :(
Von:  SuperCraig
2019-10-09T00:05:53+00:00 09.10.2019 02:05
Ein einzelnes Foto; jetzt fällt mir wieder der bescheuerte Spruch mit dem Bild und den tausend Worten ein.

Ich habe den Prolog jetzt zweimal gelesen, und ich komme mit einem Noctis noch immer nicht klar, der sich normal unterhält. Wenn man ihn nur aus Tekken kennt, wie ich, dann erwartet man, dass er irgendwas mit dem Bild macht - verzaubern oder so.

Ich weiß nicht wie du es geschafft hast, aber irgendwie war ich traurig nach dem Prolog, und das, obwohl ich kein FF spiele. Wie du die Aussicht beschreibst, wundervoll, dann der Blinde -zack, aus wars.

Gleiches mit dem Bild selbst, zuerst fühlst du mit Prompto, weil er was Anderes als wichtiger erachtet, dann freust du dich, weil er sich ja doch damit zu arrangieren scheint, dann wieder der Ausblick auf die Zukunft. :(

Bin jetzt auf das nächste Kapitel gespannt.


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