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Cursed

von

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Ablehnung

Im nächsten Moment spürte Aiden wie ihm das Zeichenbuch gewaltsam entrissen und eine Hand in seinem Gesicht versenkt wurde. Er taumelte und fiel auf das Bett zurück. Der Dämon knurrte ihn mit entblößten Reißzähnen an und seine Augen loderten vor Wut.

Überrascht fasste sich Aiden an die schmerzende Wange und musste mit Entsetzten feststellen, dass Reels scharfe Nägel dort feine blutige Linien hinterlassen hatten.

Angst stieg in ihm hoch und schnürte ihm die Kehle zu.

Reel brauchte einen Moment bis ihm bewusst wurde, was hier grade passierte und was er tat. Sofort verstummte sein Knurren.

„Aiden?“ Der Angesprochene hielt sich noch immer die Wange und sah nun nach unten. Reel machte einen Schritt auf ihn zu und wollte nach seiner Verletzung sehen. „Aiden, ich...“

„NEIN!“ Schwungvoll stieß er den Dämon von sich.

„Lass mich in Ruhe! Verschwinde!“ Aidens angestaute Wut bahnte sich gemeinsam mit einigen Tränen einen Weg ins Freie. „Das machst du immer! Kaum fange ich an dir ein bisschen zu vertrauen, rammst du mir ein Messer in den Rücken. Warum versuche ich's überhaupt? Du bist eben doch nur ein Monster!“ Erst jetzt wurde Reel so richtig klar, was er Aiden angetan hatte.

Er hatte ihn geschlagen und Aiden konnte nicht mal im Ansatz den Grund für Reel heftige Reaktion erahnen.

Ungezügelt schrie Aiden nun seine ganze Enttäuschung und seinen Frust hinaus.

„Du bist impulsiv, launisch, besitzergreifend und hast absolut keine Selbstbeherrschung. Du hast nicht nur meinen Ruf an der Schule ruiniert, sondern auch meine Beziehung. Aber dir ist das ja alles egal. Für dich bin ich nur ein dummes Spielzeug, das du jederzeit wegwerfen und ersetzen kannst. Du hättest wenigstens so nett sein und mich sofort töten können, anstatt mich hier noch durch die Hölle gehen zu lassen.“

Die Tränen brannten in den Kratzern auf seiner Wange, aber Aiden ignorierte den Schmerz. Frustriert wandte er seinen Blick von Reel ab und kehrte ihm den Rücke zu.
 

Dieser stand noch einen kurzen Moment lang schweigend da und starrte Aidens Rücken an. Schon wieder hatte er die Kontrolle verloren und schon wieder war es Aiden, der die Folgen ertragen musste. Schuldbewusst nahm er das Zeichenbuch vom Boden auf und ging damit zum Schreibtisch. Sanft strichen seine Finger über das Papier, dann legte er es schweren Herzens in die unterste Schublade und schloss sie wieder.

Aiden sprach kein Wort mit ihm. Er sah ihn nicht einmal an. Irgendwann ging er ins Bad und kam mit einigen Pflastern auf der Wange wieder raus.

Reel fühlte sich schrecklich. Am liebsten wäre er wütend geworden, aber er konnte einfach nicht. Normalerweise wäre das kein Problem gewesen. Reel konnte zu jedem beliebigen Zeitpunkt ohne ersichtlichen Grund aus der Haut fahren und das tat er auch häufig, aber jetzt grade ging es einfach nicht. Lieber würde er wie üblich Wut und Hass fühlen als... Schuld.

Aber es half nichts. Die einzige Wut die er aufbringen konnte, war auf sich selbst. Und er verstand nicht warum.

Gedankenverloren starrte er aus dem Fenster. Das Fensterbrett war der Platz im Zimmer, der am weitesten vom Bett entfernt war und auf diesem blieb Reel nun.

Ein leises Pling riss Aiden aus seinen Gedanken und er war dankbar für die Ablenkung. Mara hatte ihm geantwortet. Vielleicht hatte die Neugier ihre Angst besiegt oder ihr lag wirklich genügend an Aiden um trotz ihrer Angst mit ihm sprechen zu wollen.

Er atmete tief durch, dann stand er auf und begann sich seine Schuhe anzuziehen. Reel bemerkte das, sprang auf und bewegte sich so schnell auf Aiden zu, dass dieser ihn erst bemerkte als der Dämon sich bereits auflöste und in ihm verschwand. Reel stellte fest, dass Aiden nun auch seinerseits Mauern zwischen ihnen hochgezogen hatte und fühlte sich noch miserabler.

Ohne ein weiteres Wort verließ Aiden das Zimmer und machte sich auf den Weg zum Schuldach.
 

Mara traf kurz nach ihm ein.

„STOPP! Bleib auf Abstand!“ Aiden tat was Mara verlangte und blieb an der Dachkante, während Mara an der Tür stehen blieb. Der Regen wurde stärker.

„Mara, ich kann dir das alles erklären. Ich...“ Doch Mara unterbrach ihn sofort.

„Ich will es gar nicht wissen. Die Anderen wissen gar nicht, wie recht sie haben. Ich hätte auf Sierra hören sollen. Du bist gefährlich. Halt dich von mir fern und sprich mich nie wieder an. Ich will mit der ganzen Sache nichts zu tun haben!“

„Aber...“

„Leb' wohl, Aiden.“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging. Aiden blieb allein zurück und der Regen durchnässte seine Kleidung.
 

Irgendwann schaffte es Aiden zurück in sein Zimmer. Verzweifelt vergrub er sein Gesicht im Kopfkissen und begann zu weinen.

Reel materialisierte sich neben ihm. Unschlüssig wie er sich verhalten sollte, betrachtete er einen Moment lang die verletzliche Gestalt auf dem Bett. Wortlos setzte er sich auf die Bettkante und begann nach kurzem Zögern damit über Aidens braune Haare zu streichen.

„Es tut mir leid. Ich wollte dir nicht weh tun“, flüsterte er mit weicher Stimme. Aiden reagierte gar nicht – er hatte einfach keine Kraft mehr um den Dämon weg zu stoßen. Also ließ er sich von ihm den Kopf streicheln und sank irgendwann in einen traumlosen Schlaf.

Als er wieder aufwachte saß Reel noch immer neben ihm. Wortlos setzte Aiden sich auf, nahm sich seine Schlafsachen und ging ins Bad.

Flüchtig sah er in den Spiegel und stellte fast, dass die Pflaster fehlten. Auch die Kratzer waren verschwunden und sein Gesicht war vollkommen unverletzt. Reel hatte ihn anscheinend im Schlaf geheilt. Freiwillig hätte Aiden das momentan nicht zugelassen und der Dämon schien das geahnt zu haben.

Unsicher betrachtete er seine linke Hand – seine leicht schiefen Finger und die feine Narbe in der Handfläche – und musste unwillkürlich seufzen. Ihm war das alles zu viel.

Es war mitten in der Nacht, aber dennoch ließ er es sich nicht nehmen ausgiebig zu duschen. Leider schaffte es das Wasser nicht seine Sorgen weg zu spülen und so verließ er das Bad nur wenig entspannter als er es betreten hatte.

Reel schien sein ablehnendes Verhalten richtig gedeutet zu haben und hatte sich auf das Fensterbrett zurückgezogen. Ohne Buch oder Zeichenblock saß er dort und starrte hinaus in die wolkenverhangene Nacht. Aiden hatte nicht damit gerechnet, Reel mit seinen Worten tatsächlich getroffen zu haben, doch was er gesagt hatte war nur die Wahrheit gewesen. Eine sehr wütende Form der Wahrheit, aber die Wahrheit.

Ein Blick auf sein Handy verriet ihm, dass es bereits nach 3 Uhr morgens war und so stieg er zurück ins Bett und versuchte erfolglos noch etwas zu schlafen.
 

Seinen Weck-Ton machte er aus noch bevor er richtig anfing. Lustlos machte er sich fertig und zog sich an. Als er bereit zum Losgehen war, hielt er Reel emotionslos seinen Arm hin ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Dieser ging brav in Aidens Körper über und schwieg ebenfalls.

Auf dem Flur erwartete ihn Lukas.

„Aiden. Alles okay? Du siehst ja furchtbar aus.“ Aiden winkte ab.

„Bitte frag nicht.“ Unschlüssig sah sein bester Freund ihn an.

„Okay. Wenn du meinst.“ Auf dem Weg in den Speisesaal versuchte er Aiden mit belanglosen Gesprächen abzulenken und dieser war ihm äußerst dankbar dafür. Ohne richtiges Interesse lauschte er Lukas' vertrauter Stimme. Seine lebhafte Art zu Erzählen wurde durch wildes Gestikulieren und ausdrucksstarke Vergleiche unterstützt und gab Aiden für einen kurzen Moment das Gefühl, dass alles wieder normal war.

Beim Essen erzählte er Lukas in knappen Worten, dass Mara ihn wegen der ganzen Gerüchte verlassen hätte. Schon wieder musste er wegen Reel lügen und seine Wut bekam einen weiteren Schub.

„Das tut mir voll leid für dich, Aiden. Da hast du sie endlich erobert und dann so was. Willst du nach dem Unterricht deinen Frust bei na Runde Smash Bros. raus lassen? Beziehungsweise nach deiner Strafarbeit.“ Aiden lächelte dankbar.

„Gerne. Ich arbeite ein paar Stunden in der Bibliothek und dann komme ich vorbei.“

Für Lukas war das Thema damit gegessen. Er würde nicht weiter nachfragen oder Aiden darauf ansprechen. Wenn er ihm die Umstände erzählen wollte, dann würde Aiden das schon von sich aus tun.

Mara warf ihm immer wieder flüchtige Blicke zu. Sie schien wirklich niemandem von dem Vorfall erzählt zu haben, aber es gab auch so schon genügend Gerüchte über Aiden. Das Neuste behauptete, Aiden würde seine Unfälle inszenieren um Aufmerksamkeit zu bekommen. Aufmerksamkeit war so ziemlich das letzte, was er momentan wollte, aber wer sollte ihm das schon glauben?
 

Der Tag wurde nicht besser. In der ersten Stunde wurden den Schülern die Termine für die Abschlussprüfungen dieses Schuljahres mitgeteilt. Prüfungen hießen für Aiden Stress pur, dafür würde sein Vater schon sorgen.

Als Aiden in der Bibliothek antrat bemerkte auch Frau Eden sofort das etwas nicht stimmte und sah ihn mit sorgenvollen Augen an.

„Geht es dir nicht gut? Fühlst du dich krank? Oder ist das nur die Prüfungsangst?“

„Nur die Prüfungen“, log Aiden.

„Na dann. Mach dir nicht zu viele Gedanken. Du bist ein cleverer Junge und schaffst das schon.“

Lustlos erfüllte er seine gleichförmige Aufgabe, wobei ihn einzig allein die Aussicht aufs Zocken mit Lukas motivierte. Nach knapp drei Stunden verabschiedete er sich von der Bibliothekarin und ging anschließend sofort zu Lukas aufs Zimmer.

Sein Raum sah ganz anders aus als Aidens. Sie hatten die gleichen Möbel, aber Lukas hatte seine umgestellt. Chaos und Unordnung beherrschten sein Zimmer. Spielkonsolen, Gamehüllen und Merchandise säumten die Regale und an der Wand prangte ein riesiger Fernseher.

Stundenlang blieben die Jungen im Zimmer und spielten verschiedene Spiele. Das Abendessen ließen sie ausfallen und vernichteten stattdessen etliches an Chips, Schokolade, Keksen und Gummibärchen. Die Zeit mit Lukas brachte Aiden endlich wieder auf andere Gedanken und war wie Urlaub von seinem Gefühlschaos. Doch wie jeder Urlaub musste auch dieser enden.

Zur Nachtruhe verließ er die Nerd-Höhle seines besten Freundes und schlurfte zurück zu seinem Zimmer.
 

Dort angekommen nahm der schwarze Nebel sofort die Form des Dämons an. Aiden hatte Reel ganz absichtlich den ganzen Tag lang nicht die Möglichkeit gegeben, sich von ihm zu lösen und gesprochen hatte er mit ihm auch nicht. Nun materialisierte er sich vor seinem Lieblingsspielzeug und sah ihn aus unglücklichen Augen an.

„Aiden. Wir müssen reden.“ Und damit ging Aidens gute Laune wieder den Bach runter.

„Warum? Du lässt ja offensichtlich lieber Taten sprechen.“

„AIDEN! Ich meine es ernst. Es tut mir leid, dass ich dich geschlagen habe. Es tut mir leid, dass ich dich in Schwierigkeiten gebracht habe und es tut mir leid, was mit dem Mädchen passiert ist.“

„MARA! Ihr Name ist Mara und sie ist nicht nur irgendein Mädchen! Warum fällt es dir so schwer sie beim Namen zu nennen?“

„Dann tut es mir eben leid, was mit Mara passiert ist, aber um den Namen geht es doch gar nicht. Verdammt nochmal, Aiden. Glaubst du, mir ist nicht bewusst, dass ich oft die Kontrolle verliere? Glaubst du, ich mache das absichtlich? Ich will dich nicht verletzten und ich will auch nicht mit dir streiten. Seit Jahrhunderten habe ich in dir endlich mal wieder jemanden gefunden, den ich wirklich mag. Normalerweise hasse ich meine Opfer und sie hassen mich. Aber mit dir ist es anders. Bitte Aiden, sprich mit mir.“

Aiden war sich unschlüssig. Reel schien es ernst zu meinen und er wirkte unsagbar unglücklich, aber Aiden war immer noch wütend. Der Dämon stürzte sein ganzes Leben ins Chaos und hatte dann die Nerven vor ihm zu stehen und sich einfach zu entschuldigen.

„Man, warum kann man mit dir nicht mal richtig streiten?“ Aiden ließ sich aufs Bett fallen. Er zog die Beine an den Körper und stützte seine Arme auf die Knie. Unschlüssig setzte Reel sich mit gebührendem Abstand neben ihn und sah ihn an.

Aiden nuschelte in seine Arme: „Mara hat gar nicht erst versucht mich erklären zu lassen. Sie hat mir gar keine Chance gegeben um sie zu kämpfen. Vielleicht lag ihr doch nicht so viel an mir.“

Reel hob die Hand um Aiden zu berühren, doch nach einem kurzen Zögern zog er sie wieder zurück. Er könnte es nicht ertragen jetzt von ihm abgewiesen zu werden, also riskierte er es nicht. In unglücklichem Schweigen saßen sie auf dem himmelblauen Bettzeug.

„Tut mir leid, dass ich dich 'Monster' genannt hab. Das war nicht fair.“ Ein trauriges Lächeln stahl sich auf Reels Lippen.

„Warum? So falsch liegst du damit doch gar nicht.“

„Doch! Du bist anstrengend, herrisch und schwierig, aber du bist kein Monster.“

Mit einem amüsierten Seufzen ließ sich der Dämon nach hinten fallen und Aiden tat es ihm gleich.

Wieder lagen sie gemeinsam auf dem Bett und sahen einander an, während zumindest einige der neuen Mauern zwischen ihnen wieder fielen. Dennoch kam Reel der Platz auf dem Bett, der zwischen ihnen lag, unendlich groß vor.

„Sperr mich bitte nicht ein und schweig mich nicht an. Ich hab doch nur dich“, flüsterte er ihm leise zu und Aiden bemerkte den gebrochenen Ausdruck in den roten Augen.

„Tut mir leid. Kommt nicht mehr vor.“

Ihm gefiel der Gedanke, für Reel etwas besonderes zu sein, und bereute es, ihm das Gegenteil unterstellt zu haben.

Verdammt, er hatte jedes Recht sauer auf Reel zu sein, aber es fiel ihm einfach schwer.
 

Nach einer Weile klopfte es plötzlich an der Zimmertür. Schnell rollte sich Reel zu Aiden rüber, griff nach seiner Hand und ging in seinen Körper über.

„Aiden Moore?“ Die strenge Stimme gehörte der Sekretärin, welche Aiden ein gefaltetes A4-Blatt in die Hand drückte und anschließend ohne ein weiteres Wort verschwand. Kaum war die Tür hinter ihr wieder ins Schloss gefallen, löste sich Reel von Aiden. Der faltete den Zettel ein Stück weit auf, las den Namen es Absenders und faltete die Nachricht sofort wieder zusammen – dafür hatte Aiden jetzt absolut keinen Nerv.

Unglücklich legte er den Zettel auf seinen Nachtschrank und ließ sich wieder aufs Bett sinken. Aiden nahm sein Handy zur Hand. Er wollte sich einfach nur ablenken und auf andere Gedanken kommen.

Reel war ebenfalls genügend mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt und zog sich mit einem Buch auf das Fensterbrett zurück.

Irgendwann ergab sich Aiden seinem Schicksal und nahm doch wieder die Nachricht zur Hand. Je weiter er las, desto trüber wurde seine Laune bis er mit einem unglücklichen Seufzen das Papier in der Schublade seines Nachtschranks verschwinden ließ und ins Bad ging um zu duschen.

Als er endlich in seinem Bett landete und versuchte einzuschlafen, spielten seine Gedanken Tennis. Unruhig wälzte er sich im Bett herum bis ihn die Erschöpfung endlich übermannte.
 

Die nächsten Tage fühlten sich seltsam an. Reel hielt einen gewissen Abstand zu Aiden und dieser beschäftigte sich nahezu durchgängig mit seinem Lernstoff. Entweder war er im Unterricht, bei seiner Strafarbeit in der Bibliothek oder an seinem Schreibtisch über Lehrbücher und Hefter gebeugt.

Reel beobachtete ihn oft vom Fensterbrett aus und war sich unsicher, ob Aiden sich so in den Lernstoff stürzte um sich von ihm abzulenken oder ob es einen anderen Grund dafür gab.

Allerdings war er ihm in gewisser Weise dankbar dafür. So hatte Reel Gelegenheit seine Gedanken zumindest halbwegs zu sortieren.

Er musste sich eingestehen, dass Aiden ihm etwas bedeutete und das war ein Problem für ihn. Nicht nur das seine Sympathien für den Jungen ihn regelmäßig aus dem Konzept brachten, sie machten ihn auch schwach. Aiden war ihm wichtig und damit hatte Reel wieder etwas zu verlieren und das machte ihm mehr Angst als er sich eingestehen wollte.

Je näher die Prüfungen rückten, desto mehr bereitete ihm Aidens Verhalten Sorgen. Er wurde zunehmend auch Anderen gegenüber stiller, blieb länger wach um zu lernen und schlief immer unruhiger.
 

Als Aiden wie jeden Abend im Bad war, wurde Reels Aufmerksamkeit plötzlich von seinem Buch weggerissen. Er hörte, wie jemand unregelmäßig scharf einatmete und immer wieder unterdrückt schluchzte. Bei Reel schrillten alle Alarmglocken.

Sofort sprang er auf die Tür zu und ins Bad hinein.

Aiden hockte in seinen Schlafklamotten vor dem Waschbecken auf dem kalten Fliesenboden und wandte ihm den Rücken zu. Mit schnellen Schritten kam der Dämon auf ihn zu und versuchte Aiden ins Gesicht zu sehen. Er sah vollkommen fertig aus – seine Augen waren rot und geschwollen, seine Haare klebten ihm nass an der Stirn und er weinte bitterlich.

„AIDEN. Aiden, was hast du?“ Panisch suchte Reel nach Verletzungen, konnte jedoch keine erkennen und seine Befürchtung, Aiden könnte versuchen sich etwas anzutun, schien ebenfalls unberechtigt gewesen zu sein.

Vorsichtig umfasste er Aidens Schultern, doch dieser schien Reel überhaupt nicht wahrzunehmen. Er zitterte am ganzen Körper und schluckte immer wieder schwer. Einem Impuls folgend nahm Reel ihn in den Arm und ein tiefes Schluchzen ließ Aidens ganzen Körper beben. Er unterdrückte sein Weinen jetzt nicht mehr, sondern ließ seinen Tränen freien Lauf.

Eine kurze Weile lag er so in Reels Armen bis dieser bemerkte, wie Aiden auszukühlen begann.

Kurzerhand legte er sich Aidens Arm um den Hals, wobei dessen Kopf kraftlos gegen Reels Brust sank. Mit dem einen Arm stütze er Aidens Oberkörper und mit dem anderen nahm er seine Beine auf. Vorsichtig trug er ihn so zu seinem Bett rüber.

Als er ihn behutsam auf der Matratze absetzte, stellte Reel fest, dass Aiden sich in seinem Oberteil festgekrallt hatte und keinerlei Anstalten machte ihn wieder loszulassen.

„Was ist denn nur los mit dir, Sunshine?“, flüsterte er besorgt. Aiden ließ Reel nicht los, sondern barg weiterhin sein Gesicht an dessen Schulter und weinte.

Reel setzte sich mit ihm aufs Bett und stütze Aiden, dessen Körper völlig kraftlos in sich zusammengesunken war. Sanft strich er ihm über den Rücken und den Kopf, und versuchte den in Tränen aufgelösten Aiden zu beruhigen.
 

Irgendwann schlief dieser ein und hielt Reel dabei noch immer fest. Kurz überlegte er Aidens Finger aus seinem Oberteil zu lösen, entschied sich jedoch schnell dagegen. Stattdessen rutschte der Dämon vorsichtig ein Stück nach hinten um sich gegen die Wand zu lehnen. Das Kopfkissen im Rücken und den verweinten, schlafenden Aiden im Arm lag Reel auf dem Bett und lauschte dem zunehmend ruhiger schlagenden Herzen seines zerbrechlichen, kleinen Lieblingsspielzeugs.

Und da hatte es Reel wieder. Er war in Panik geraten aus Angst er könnte Aiden verlieren und er hasste sich für diese Schwäche.

Aidens Zustand bereitete ihm große Sorgen und er verstand dessen Ursache nicht. Gelenkig angelte er den Zettel aus der Schublade des Nachtschranks, bedacht darauf Aiden nicht zu wecken. Doch dieser begann genau in diesem Moment sich enger an seinen Dämon zu kuscheln. Reel fühlte sich ertappt und ließ mit einem leisen Seufzen den Zettel wieder in der Schublade verschwinden.

„Wenn du mir nach dem Aufwachen nicht erzählst was mit dir los ist, dann lese ich das Ding trotzdem. Klar?“, flüsterte Reel genervt. Es war mehr eine Rechtfertigung ihm selbst gegenüber als eine Drohung an Aiden.



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