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Phoenix

von

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Missing

„Reo, ich will ans Meer.“ Diese Worte verfolgen mich bis heute und sind der Grund, wieso ich jetzt hier bin. Allein. An der Steilküste Irlands, während der Wind das Wasser unter mir zum tanzen bringt und gegen die Felsen wirft. Alles wegen dir und den Fehlern die ich gemacht habe. Könnte ich die Zeit zurück drehen, würde ich es zweifelsohne tun. So aber bleibt mir nur eins - deine Wünsche zu erfüllen. Angefangen mit dem Ausflug ans Meer, den du dir immer gewünscht hattest, den wir aber nie unternehmen konnten. Auch wenn es jetzt zu spät ist, so möchte ich dir doch noch etwas sagen und während ich einen Schritt näher an den Abgrund heran trete, schließe ich langsam die Augen und atme tief aus. „Es tut mir leid, Yusuke.“ Der Wind heult auf, als wüsste er Dinge, die mir verborgen bleiben, Wasser trifft auf mein Gesicht. Ich kann nicht sagen, ob es Salzwasser oder Regen ist, während ich langsam die Augen wieder öffne. Vielleicht sind es auch meine Tränen die mir die Sicht vernebeln und die Welt vor mir verschwimmen lassen, bis sie grau in grau vor mir liegt. Es ist als wären alle Farben unwiderruflich ausgelöscht worden und ich bin nicht sicher, ob sie je zurück kommen. Der Tag an dem ich dich verloren hatte, war der Tag an dem mein Leben endete.
 

Jetzt bin ich nur noch auf der Suche nach Erlösung und Absolution. Denn ohne dich will ich nicht mehr sein. Aber ich kann nicht gehen, bevor ich nicht alles erfüllt habe, was ich dir versprochen hatte. Die Wolken welche über den grauen Himmel über mir ziehen verdichten sich mehr und mehr, fast als hätten sie Mitleid und ich weiß, dass es wohl nur Minuten dauern wird, bis ich komplett durchnässt bin. Aber es kümmert mich nicht. Regen ist das letzte meiner Probleme im Moment und als ich den Klippen den Rücken kehre, höre ich einen lauten Donner über mir, der mich müde lächeln lässt. Wie ironisch es wäre, jetzt von einem Blitz getroffen zu werden. Hier. In einem Land das mir nicht mal irgendetwas bedeutet und dass ich nur besuche, um dich glücklich zu machen. Du warst immer der Rastlose von uns. Der Mensch, der die Welt sehen und erkundigen wollte. Ich hingegen war glücklich, wenn ich dich um mich hatte. Vielleicht hatten wir nicht zusammen gepasst, aber du hattest dich nich beschwert. Und wir hatten einige Reisen zusammen unternommen - nur nie weit weg. Rückblickend betrachtet hätte ich damals alles hinschmeißen sollen. An dem Tag, an dem das Licht aus deinen Augen verschwand, hätte ich mit dir Japan verlassen sollen und nie zurück kommen. Aber ich hatte die Zeichen ignoriert und jetzt bist du tot. Alles was zurück bleibt ist Bedauern, der bittere Geschmack des Versagens und mein gebrochenes Herz.
 

Flashback
 

Drei Tage noch, dann haben wir auch diese Tour erfolgreich hinter uns gebracht. Ich kann es kaum erwarten, zurück zu hause zu sein. Gähnend lasse ich mich mehr auf der Sitzbank zurück sinken und schließe für einen Moment die Augen - ich bin wahnsinnig müde. Aber ich konnte die Band auch nicht allein feiern gehen lassen. Sie sind alle alt genug, aber trotzdem habe ich gerne ein Auge auf sie. Und sei es nur um zu verhindern, dass Hazuki sich mit einem verrückten Fan einlässt, oder dass Akinori am Ende betrunken unter dem Tisch liegt. Vielleicht sehe ich Yusuke auch einfach nur gerne glücklich. Schmunzelnd öffne ich die Augen wieder und nippe an meinem Bier, während mein Blick zu dem Gitarristen schweift, der gerade mit Asanao diskutiert. Ich habe keine Ahnung worum es geht, aber er lacht und diesen Anblick will ich mir für immer bewahren. Ich liebe sein Lachen, ist es doch eines der wenigen Dinge die mich auch durch schlechte Tage bringen. Als Akinori mir die Hand auf den Oberarm legte, zucke ich zusammen und sehe etwas schuldbewusst auf, ich hatte nicht mal mitbekommen, dass er von der Bar zurück gekommen ist. „Alles ok? Du bist Immer noch bei deinem zweiten Bier, Reo.“ Ich zucke mit den Schultern, während sich ein schiefes Grinsen auf meine Lippen schleicht. Oh. Also hat er es bemerkt.
 

„Schon gut, ich bin nur müde.“, winke ich schmunzelnd ab, bevor er beginnen kann, sich zu große Sorgen zu machen. Mir ist nach dem Konzert heute einfach nicht nach Alkohol. So aufgedreht wie Hazuki und Yusuke sind, reicht es sicherlich auch noch für fünf Leute. „Sollen wir zurück ins Hotel? Du musst nicht immer Babysitter spielen…“ Lachend schüttle ich den Kopf, bevor ich ihm eine Hand auf die Schulter lege. „Sagt der Mann, der mir angeboten hat, mich ins Hotel zu bringen - ich bin noch nicht so alt, dass ich es mir nicht zutraue, allein nach hause zu finden.“ Er grinst nur verlegen, bevor er sich räuspert, nickt und dann seine Zigaretten aus der Tasche zieht und mir einen fragenden Blick schenkt. Ich zucke nur mit den Schultern, stehe aber mit ihm auf und zusammen verlassen wir die Bar. Die frische Nachtluft schlägt mir ins Gesicht und ich atme tief durch, während sich Akinori bereits eine Zigarette anzündet und mir dann die Schachtel entgegen hält. Nach einem kurzen Zögern nehme ich mir schließlich doch einen Glimmstängel und zünde ihn an. Der Rauch brennt in meiner Kehle als ich ihn inhaliere. Vielleicht sollte ich doch darüber nachdenken, aufzuhören? „Weißt du, ich bin echt froh, dass ich euch habe. Und dass Hazuki darauf bestanden hat, dass ich euch vorspiele.“ Kurz sehe ich zu ihm, bevor ich den Blick wieder auf den Himmel richte. Irgendetwas scheint ihn zu beschäftigen wenn er so anfängt, aber ich kann warten.
 

Mittlerweile habe ich gelernt, dass es einfacher ist zu warten, bis Menschen von sich aus erzählen. Meistens reicht es, dass sie wissen, dass es jemanden gibt, der zuhört. So stehen wir einige Minuten schweigend, während die Geräusche der Nacht uns Unterhaltung bieten. Einige wenige Autos, die vorbei fahren, hauptsächlich Taxen. Das betrunkene Lachen einer Gruppe von Männern, die vorbei laufen. Ich liebe diese Nächte. Auch wenn sie anstrengend sind. Aber ich würde sie um nichts in der Welt eintauschen wollen. „Reo? Wenn ich etwas dummes tun würde…Ihr würdet mich nicht fallen lassen, oder?“ Diese Frage trifft mich doch etwas unvorbereitet und ich drehe mich zu ihm, um ihn zu mustern. Er wirkt eingeschüchtert. Verloren fast schon. Und mir wird nur erneut bewusst, wie jung er eigentlich noch ist. Stumm lasse ich die aufgerauchte Zigarette fallen, trete sie aus und lege ihm einen Arm um die Schulter um ihn eng an mich zu drücken. „Weißt du, Kleiner, vielleicht solltest du weniger trinken.“ Er schnaubt nur und ich lehne meinen Kopf gegen seinen. „Aki, wir sind eine Familie. Wir würden dir alle zusammen den Hintern versohlen bis du nicht mehr sitzen kannst und wie ich Hazuki kenne, würde er dir auch noch gehörig den Kopf waschen, aber wir würden dich nicht verstoßen. Sag mir nicht, du hast jemanden umgebracht und brauchst jetzt Hilfe dabei, die Leiche zu verstecken?“ Für einige Sekunden sehen wir uns einfach nur stumm an, dann verdreht er lachend die Augen und auch ich muss grinsen. „Du bist so ein Idiot, Reo. Aber nein, ich habe keinen ermordet…Ich hab einfach nur Angst.“
 

Seufzend lehnt er sich mehr an mich und ich ziehe ihn richtig in meine Arme nachdem er seine aufgerauchte Zigarette ebenfalls aufgetreten hat. „Wir sind bei dir, Aki. Egal was noch kommt. Lass dich nicht verunsichern von den Fans.“ So wie er sich versteift habe ich wohl ins Schwarze getroffen und während ich die Straßenlaterne auf der gegenüberliegenden Straßenseite betrachte, lasse ich langsam eine Hand durch seine Haare gleiten und drücke ihm einen Kuss auf die Stirn. „Jeder hat mal einen schlechten Tag, wir dürfen uns nur nicht davon definieren lassen.“ Er nickt stumm und für einen Moment muss ich an meinen Bruder denken. Wäre er stolz auf mich, dass ich seine Worte immer noch abrufen kann mit denen er mich früher immer aufgemuntert hat? Einige Momente stehen wir noch so da, dann löst sich Akinori wieder und wortlos gehen wir zurück in die Bar. Allerdings erwartet uns dort nur noch Asanao und ich sehe ihn fragend an - wo sind die anderen zwei Chaoten denn jetzt? „Hazuki hat sich eine hübsche Blondine geangelt und Yusuke ist vermutlich Bier holen…“ Ich kann nicht anders als mit den Augen zu rollen, während ich seufzend einen Schluck von meinem eigenen Bier nehme. „Versuch doch mal freundlicher zu schauen, alter Mann. Vielleicht würde Hazuki dann nicht einfach so verschwinden.“ Er zwinkert mir lachend zu und ich rolle erneut mit den Augen.
 

Wenn er nur wüsste. Akinori sieht fragend zwischen uns hin und her, aber ich winke nur ab und er belässt es dabei. Niemand muss wissen, dass Hazuki und ich eine doch etwas heftigere Vergangenheit haben. Unsere Beziehung endete, bevor Akinori fest zu uns kam und dementsprechend wissen nur Yusuke und Asanao davon. Es ist eigentlich ein Wunder, dass die Beziehung mit Hazuki überhaupt funktionierte hatte. Aber im Endeffekt hatten wir einsehen müssen, dass es besser war, wie es davor gewesen war und wir einfach nicht zusammen passten. Nicht als Paar. Seitdem ist unsere Freundschaft wieder stabil und es gibt nichts zu bereuen. Wir haben es versucht und sind gescheitert. Das kann passieren. Und ich bin wahnsinnig froh, dass wir uns aussprechen konnten. Seitdem können wir wieder normal miteinander umgehen, zusammen lachen…Seufzend nehme ich noch einen Schluck von meinem Bier. Und uns gegenseitig in den Wahnsinn treiben. Aber Hazuki wird schon zum Hotel zurück finden, sofern sein One-Night-Stand keine psychopathische Irre ist. Yusuke reißt mich aus meinen Gedanken, als er zurück kommt und mich mit einem enttäuschten Gesichtsausdruck ansieht. „Du bist immer noch bei deinem zweiten Bier, Reo? Und ich dachte, wir würden Spaß haben heute nacht.“ Damit zieht er eine Schmollschnute und lässt sich neben mich fallen und ich kann nicht anders, als zu starren. Meine Selbstbeherrschung ist mit einem Schlag geschmolzen, verschwunden, als hätte sie nie existiert und es kostet mich wahnsinnig viel Kraft ihn nicht am Kragen zu schnappen und zu küssen. „Ihr habt doch genug Spaß für mich mit.“, erwidere ich stattdessen lachend, während ich die Finger um mein Bierglas lege, sei es nur um etwas festzuhalten.
 

Es fühlt sich fast schon warm an, weswegen ich leicht das Gesicht verziehe und mir noch einen Schluck genehmige. Vielleicht sollte ich schneller austrinken. Die nächsten Stunden vergehen wie im Flug und als wir schließlich beschließen, zu viert ins Hotel zurück zu kehren, ist es Morgen und ich bin wahnsinnig froh, dass wir heute frei haben. Auf dem Rückweg habe ich einen Arm um Yusukes Schultern gelegt, um zu verhindern, dass er noch einfach so umfällt und während wir laufen, blinzelt er mich immer wieder unschuldig an, dass mir ganz warm ums Herz wird. Im Foyer verabschieden wir uns von Asanao und Akinori und während ich Yusuke in Richtung Zimmer mitziehe, scheint er vollkommen in Gedanken versunken. „Weißt du, Reo…Da gibt es was, dass ich die ganze Zeit schon tun wollte, seit wir heute von der Bühne gegangen sind.“ Mittlerweile habe ich es geschafft, die Tür mit der Schlüsselkarte zu entsperren und sehe ihn nur fragend an, nachdem wir das Zimmer betreten haben. Er grinst und bevor ich richtig reagieren kann, hat er die Arme um meinen Hals gelegt und mich geküsst. So perplex ich auch bin, schaffte ich es nicht, ihn von mir zu schieben. Vielleicht auch, weil es das ist, was ich die ganze Zeit wollte…“Du bist betrunken, Yusuke.“ Er lacht schließlich leise, küsst mich erneut und lächelt mich süß an. „Ich liebe dich, Reo.“
 

Flashback Ende
 

Mittlerweile bin ich bis auf die Knochen durchnässt. Der Wind heult und zerrt an mir, als wolle er mich eigenhändig am Kragen schnappen und rücklings über die Klippen werfen. Nicht, dass ich irgendetwas dagegen hätte. Trotzdem zwinge ich meine steifgefrorenen Gelenke, sich zu bewegen. Mich hier weg zu bringen. Schritt für Schritt schaffe ich es schließlich auch, wieder zu der Schotterstraße zurück zu kehren, welche mich hier her gebracht hat. Kurz überlege ich das Mietauto einfach stehen zu lassen, entscheide mich dann aber anders und lasse mich seufzend in den Fahrersitz fallen. Vielleicht ist es wirklich gesünder, hier drin zu verweilen, wenn ich es nicht riskieren will, von einem Blitz getroffen zu werden. Allerdings ist die Stille hier drin fast schon zu viel. Das Geräusch der Regentropfen, welche gegen die Scheibe schlagen, der Donner und die ersten Blitze erscheinen wahnsinnig weit weg, als wäre ich in einer anderen Ebene der Realität und vielleicht bin ich das auch. Eins jedoch ist gewiss - du wirst niemals zu mir zurück kommen. Nicht in diesem Leben. Während ich hier so sitze, beginnen meine Gedanken abzuschweifen, zurück zum Rest der Band. Sie wissen nicht mal, dass ich Japan verlassen habe. Ich konnte es ihnen nicht sagen, aus Angst, dass sie mich zurück gehalten hätten. Vielleicht auch aus Angst, dass sie hätten mitkommen wollen. Denn das hier muss ich allein machen. Das schulde ich dir. Uns. Langsam wische ich mir über die Augen, immer noch habe ich Tränen übrig, was jedoch nicht verwunderlich ist. Nach all der Zeit schmerzt es immer noch wie am ersten Tag. Und ich würde alles dafür geben, dich nur noch ein Mal in den Armen halten zu dürfen. Es ist, als hätten wir uns kein einziges Mal geküsst, als wären alle meine Liebeserklärungen an dich nur leere Worte gewesen, ohne Sinn.
 

Ich hätte nie gedacht, dass ich mich wirklich jemals so leer und zerstört fühlen könnte. Du fehlst mir wahnsinnig, Yusuke. So sehr, dass ich begonnen habe, Tagebuch zu führen. Seit deinem Tod beschreibe ich jeden Tag, so detailreich wie möglich. Es hält mich davon ab, verrückt zu werden. Zumindest rede ich mir das ein, aber vielleicht bestärkt es mich auch nur darin, mich weiter dem Wahnsinn hin zu geben. Der Vorstellung, dass du das alles irgendwann lesen und darüber lachen wirst. Weil ich überreagiert habe. Würdest du mich jetzt sehen, du würdest mich nicht wieder erkennen. Ich bin ein Schatten meiner Selbst, niemand würde erraten können, wer ich bin. Die Maske, welche ich seit deinem Tod trage ist eigentlich nur der verzweifelte Versuch, mich zu verstecken und eine Mauer zu errichten. Du würdest erschrecken, wäre dir bewusst wie sehr ich mich verändert habe. Als mein Handy klingelt, zucke ich so heftig zusammen, dass ich mir den Kopf am Autodach stoße und fluchend nach dem kleinen, mobilen Gerät in meiner Hosentasche greife. Als ich den Namen auf dem Display jedoch erkenne, verziehe ich das Gesicht. Hazuki. Und doch habe ich den Anruf angenommen, bevor ich begreifen kann, was ich tue. Einige Sekunden lang herrscht Stille, bevor mich die Frage trifft vor der ich mich gefürchtet habe, seit ich in Japan ins Flugzeug gestiegen bin. „Wo bist du, Reo?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  EndlessRain
2019-12-25T20:41:40+00:00 25.12.2019 21:41
Hach Q____Q
Ich weiß gar nicht, wen ich zuerst flauschen soll q.q

Arme Jungs …
Bezog sich das mit der heftigen Vergangenheit eigentlich nur darauf, dass Hazuki und Reo mal zusammen waren? oxo

Aber Akinori ey xD Hach u.û
Natürlich lieben sie ihn immer noch, auch wenn er was Dummes macht … (*hust* <.<)
Dafür bekommt er dann einen ordentlichen Arschtritt u.u

Gnah ich wusste es! Ich wusste, dass es nur Hazuki sein konnte, der Reo anruft! Buhaha das war mir klar u.u
Die werden sich aber alle Sorgen machen, wenn er einfach so abhaut >__<

Aber wie zum Teufel ist Yusuke gestorben eigentlich? Meh >.<


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