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REQUIEM - 5. Akt: König, Dame, As, Spion

von

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Erster Zug

Als Severus Snape nach Hogwarts zurückkehrte war ihm allgemein unwohl zumute. Voldemort würde sicherlich sofort Schritte Unternehmen, um Potter anzugreifen. Das Resultat konnte in einer Katastrophe enden, doch sie hatten den Brei einmal angerührt. Jetzt mussten sie ihn auslöffeln.
 

Severus kam gerade die Treppe aus den Kerkern hoch in die Vorhalle des Schlosses als ein Tumult seine Aufmerksamkeit erregte. Viele Schüler hatten sich versammelt und es war ein Leichtes für ihn unbemerkt zu bleiben. Vor dem großen Eichentor saß Sibyll auf ihrem schweren Reisekoffer mit einer großen Flasche Feuerwhisky in der Hand. Hysterisch weinend. Dazu Umbridge und eine aufgebrachte Minerva McGonnagall, die Professor Trelawney tröstend umarmte.
 

„Haben Sie etwas hinzuzufügen, meine Verehrteste?“, fragte Umbridge Minerva zuckersüß.
 

„Oh, da gibt es so einiges, was ich nur zu gern sagen würde!“, presste McGonnagall wütend hervor.
 

Severus kannte diesen Blick von Minerva. Sie war kurz davor aus der Haut zu fahren. Und zwar in einer Art wie es ihre Schüler sicherlich noch nicht erlebt hatten.
 

„Halten Sie sich nicht zurück.“, forderte Umbridge sie auf.
 

Plötzlich knallte das Portal der Halle geräuschvoll auf und Dumbledore stand dort wie ein Fels in der Brandung. Er schritt auf die drei zu. Die Schüler wischen furchtsam zurück. Jeder konnte spüren wie aufgeladen die Stimmung war und Albus' Erscheinen war bewusst furchteinflößend. Man konnte viel über den alten Hexer sagen, aber Theater spielen, das konnte er.
 

„Erklären Sie mir was hier vor sich geht.“, sagte Dumbledore streng.
 

„Laut Ausbildungserlass Einhundertsechsunddreißig bin ich befugt …“, begann Umbridge süßlich.
 

„... meine Lehrer zu entlassen.“, beendete Albus den Satz. „Sie des Geländes zu verweisen jedoch nicht.“
 

„Für's erste.“, antwortete Umbridge und musterte Dumbledore eindringlich. Sie wandte sich um und stolzierte mit ihrem Klemmbrett unterm Arm davon.
 

„Minerva, bringen Sie Professor Trelawney wieder nach oben.“, sagte Albus an Minerva gewandt. „Und ihr anderen: Habt ihr nichts zu tun?“
 

Murmelnd zerstreuten sich die Schüler. Garantiert hatte noch keiner von ihnen Dumbledore je so missmutig erlebt.
 

Severus blieb dort stehen wo er war und wartete bis sich alle Schüler verzogen hatten bevor er auf die drei zuging.
 

„Das war abzusehen.“, kommentierte Severus leise.
 

Sibyll schnäuzte sich so laut in ihr Taschentuch, dass Severus kurz zusammenzuckte.
 

„Ach kommen Sie, Sibyll.“, sagte Minerva und führte ihre Kollegin am Arm die Treppe hinauf.
 

Dumbledore warf ihm nur einen düsteren Blick zu und verschwand in einem der Korridore. Severus stand da, verschränkte die Arme vor der Brust.
 

„Bitte. Nein, danke. Kein Problem. Sie müssen nicht mit mir reden!“, sagte er im Selbstgespräch. Es war einfach wunderbar wieder hier zu sein!
 

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Die Tage in Hogwarts zogen sich dahin. Wenn Severus nicht gerade Umbridge auswich und sich in seinem Unterricht mit der Prüfungsvorbereitung herumärgerte, dann warfen ihm Minerva und Dumbledore böse Blicke zu. Er hatte nicht die geringste Ahnung, was er jetzt schon wieder angestellt haben sollte.
 

Severus saß in Dumbledores Büro im Sessel vor dem Kamin und kaute auf einem von Minervas Ingwerkeksen herum. Der Schulleiter verteilte Aufgaben, nur ausgerechnet Severus überging er.
 

„Na schön, was habe ich getan?“, fragte er schließlich genervt.
 

„Wie bitte?“, fragte Dumbledore offensichtlich überrascht.
 

„Ist es wegen der Sache mit Sibyll?“, fragte Severus gleich noch hinterher.
 

„Ich verstehe nicht ...“, begann Dumbledore, doch er kam nicht dazu auszusprechen.
 

„Ich werde hier schon die ganze Zeit auf eine Weise ignoriert, die ich sehr befremdlich finde. Meinetwegen schreien Sie mich an, aber dieses Schweigen macht mich fertig!“
 

„Severus, in Ihrer Abwesenheit der letzten Tage hat sich einiges ereignet.“, sagte Dumbledore ruhig.
 

„Zum Beispiel?“, fragte Severus.
 

„Umbridge hat sich Befugnisse geholt mit denen Sie mich theoretisch des Amts entheben kann, wenn ich ihr einen Anlass gebe. Und zwar beim Minister persönlich. Sie hat außerdem alle außerschulischen Aktivitäten untersagt. Offenbar hat ihr jemand glaubhaft versichert, dass ich versuche das Ministerium zu stürzten.“
 

„Wa-? Sie glauben doch nicht etwas, das ich …?“, empörte sich Severus. Er war kurz davor aus den Latschen zu kippen. „Ich habe mein Leben riskiert, Albus! Das habe ich die letzten Tage getan! Ich habe dafür gesorgt, dass ihr Plan mit Potter aufgeht und jetzt kommen Sie mit so etwas um die Ecke? Ich – fass' – es – nicht!“
 

„Bevor Sie sich weiter aufregen ...“
 

„Ich will mich aber gottverdammt nochmal aufregen! Ich reiß mir bei den Todessern den Arsch auf und Sie haben Anschuldigungen von was weiß ich wem!“
 

„Severus …“, versuchte Dumbledore ihn zu beruhigen, doch es war zu spät. All der Frust der letzten Monate kam jetzt in Severus hoch.
 

„Oh ja, mich kann man ja beschuldigen und ignorieren und alles. Es ist immer das Selbe!“
 

„SEVERUS!“, rief Dumbledore jetzt laut. „Ich beschuldige Sie überhaupt nicht. Regen – Sie – sich – ab!“
 

Severus atmete tief durch und schluckte das hinunter, was ihm gerade auf der Zunge lag.
 

„Fakt ist, Sie ist scharf darauf meinen Posten zu übernehmen und schreckt vor absolut keiner Lüge zurück. Falls der schlimmste Fall eintritt und das Ministerium mich enthebt muss jemand dafür sorgen, dass den Schülern keine Gefahr droht.“
 

„Warum fragen Sie nicht Minerva?“, sagte Severus.
 

„Weil Minerva kurz davor ist sich auf offener Straße mit Umbridge zu prügeln und falls ich entlassen werde könnte das wirklich passieren.“
 

„Warum immer ich? Bin ich eigentlich der einzige Lehrer an dieser Schule?“, fragte Severus mehr sich selbst als Dumbledore.
 

„Weil Sie, entgegen all ihren Bemühungen es nicht offen zu zeigen, ein guter Mensch sind, Severus. Und von denen gibt es hier aktuell viel zu wenige.“
 

Severus zog mit gewissen Erstaunen die Augenbrauen nach oben. Hatte Dumbledore ihm etwa gerade ein Kompliment gemacht? Das machte ihn jetzt tatsächlich fassungslos.
 

„Hmm.“, machte er nur und steckte die Hände in die Taschen seiner Robe.
 

„Wie lief es bei Voldemort?“, fragte Dumbledore, um das Thema zu wechseln.
 

„Er wird Potter bald angreifen. Ich weiß nicht wie, aber wir sollten bereit sein.“, antwortete Severus. „Falls Potter das Ganze überlebt.“
 

„Und für diesen Fall habe ich mir Folgendes überlegt … regen Sie sich nicht gleich wieder auf, hören Sie erstmal zu!“, sagte Dumbledore und hob warnend den Finger. „Wenn der Köder funktioniert wird Harry trotzdem einen gewissen Schutz brauchen. Sie sind der beste Legilimentor, den wir haben ...“
 

„Oh, ich weiß genau was Sie sagen wollen! Nein! Definitiv Nein! Absolut und so was von Nein!“, unterbrach Severus ihn.
 

„Ich kann ihn nicht unterrichten. Sie wissen warum.“, sagte Albus.
 

„Und wie soll das bitte schön funktionieren? Wir gehen uns so schon im Unterricht ständig an die Kehle!“, entgegnete Severus.
 

„Sie tun einfach ihr Bestes!“
 

„Sehen Sie, ich werde schon wieder ignoriert!“, sagte Severus.
 

„Ich ignoriere Sie nicht und ja, ich habe Ihre Warnung verstanden, aber es gibt keinen anderen, der es tun könnte.“
 

„Nein, Sie verstehen nicht, Albus! Okklumentik ist viel zu hoch für Potter! Selbst wenn wir uns nicht dabei prügeln würden!“
 

„Ich werde meine Meinung dazu nicht ändern.“, sagte Dumbledore strikt.
 

Severus schüttelte nur den Kopf und ging ohne ein weiteres Wort aus dem Büro. Das ganze wurde immer katastrophaler.
 

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Wie Severus geahnt hatte dauerte es nicht lang bis Voldemort seinen Zug machte, allerdings auf ganz andere Weise als sie angenommen hatten. Er selbst war davon ausgegangen, dass der Dunkle Lord einfach in seinen Geist eindringen und ihn wie ein Stück Vieh zerreißen würde. Stattdessen wurde Severus mitten in der Nacht ins Hauptquartier des Ordens beordert. Soweit er wusste war Arthur Weasley auf der Nachwache von einer Riesenschlange angegriffen worden. Severus musste nicht lange überlegen, um welche Schlange es sich wohl handelte.

Potter hatte den ganzen Angriff offenbar als eine Art Vision miterlebt und Dumbledore informiert. Der wiederum hatte den Orden alarmiert.
 

Severus stand im Salon des Grimmauldplatzes und wartete darauf, dass Arthur aus dem Ministerium hierher gebracht wurde. Er hatte so ziemlich alles an Gegengiften dabei, was er aufbringen konnte. Ungeduldig sah er auf die Uhr. Jede Sekunde zählte und das alles dauerte schon viel zu lange.
 

Schließlich tauchten die Männer mit Arthur aus dem Kaminfeuer auf. Sie hatten jeweils einen Arm von ihm umklammert. Arthur hatte eine große Wunde im Genick und am Bein und blutete so sehr, dass es Severus wunderte, dass er nicht schon tot war.
 

„Legt ihn sofort hier her!“, rief Severus und fegte mit einem Schwung seines Zauberstabs den Tisch leer. Dieses verdammte Hauptquiartier brauchte unbedingt einen Raum für medizinische Notfälle.
 

Severus legte einen Metallkoffer auf den Tisch und öffnete ihn. Daraus holte er mehrere Ampullen hervor und zog sie auf verschiedene Spitzen.
 

„Verdammt, drückt auf die Blutung!“, rief er. Wie sollte er helfen, wenn Arthur wegen dieser Anfänger verblutete?
 

Severus gab ihm zwei Spritzen direkt in die Halsschlagader und die andere in die Beinarterie. Er hoffte nur, dass es für das Gegengift noch nicht zu spät war. Severus schob den Kerl weg, der versuchte mit einer Binde die Blutung am Hals zu stoppen.
 

„Er muss in ein Krankenhaus!“, sagte jemand.
 

„Ja, wenn er uns auf dem Weg dahin nicht verblutet!“, rief Severus gereizt zurück. Diese Schlauköpfe konnte er jetzt gebrauchen!
 

Severus hatte in seinem Leben schon viele Wunden verbunden und versorgt. Selbst so ein Blutbad wie das hier war für ihn eher Routine. Vermutlich war er auch der Einzige mit einer medizinischen Ausbildung hier. Mit seinem üblichen Zauberspruch, den er zum Verschließen von Wunden benutzte brauchte er es hier nicht zu versuchen. Nagini war keine normale Schlage und sie riss auch keine normalen Wunden. Also stoppte er Arthurs Blutungen auf herkömmliche Weise. Er band ihm mit einem Gürtel das Bein ab und legte ihn einen Druckverband an. Anschließend spritzte er ihm noch etwas damit sein Kreislauf nicht zusammenbrach.
 

„Arthur!“, sagte Severus und klatschte ihn mit seiner blutverschmierten Hand auf die Wange. „Hier bin ich Arthur! Alles wird gut!“
 

Arthurs Blick war glasig und kurz vor der Ohnmacht. Er hatte einfach zu viel Blut verloren.
 

„Haltet ihn wach, verstanden!“, sagte Severus zu den Leuten, die gerade mit einer Trage zurück kamen. „Wenn er euch weg kippt war's das! Ich habe die Wirkung des Giftes nur verlangsamt!“
 

Die vier Männer hievten Arthur auf die Trage.
 

„Und Vorsicht, verdammt! Der Mann hat innere Blutungen!“, rief Severus als sie ihn sehr unvorteilhaft an den Armen und Beinen packten.
 

Die Männer verschwanden in einem der Kamine in Richtung St. Mungos.
 

Severus verschwand im allgemeinen Chaos auf das Dach. Vorn konnten sie nicht raus gehen, doch er brauchte einen Augenblick für sich. Es war eine klare, kalte Herbstnacht. Severus sah über die hell erleuchtete Skyline von London und holte ein Päckchen Zigaretten aus der Hosentasche. Erst als er die Zigarette aus der Schachtel holte bemerkte er, dass seine Hände zitterten. Im Einsatz hatte Severus Nerven aus Stahl, doch das Danach war viel schlimmer. Wenn der Stress abfiel und einem plötzlich klar wurde, was da eigentlich passiert war.
 

Severus versuchte die Zigarette anzuzünden, doch es klappte nicht. Frustriert warf er den Tabak über die Brüstung und ließ sich am Treppenaufgang nieder. Erst jetzt fiel ihm auf, dass seine Hände noch voller Blut waren. Arthurs Blut.
 

Die Tür des Dachaufgangs öffnete sich und Minerva kam heraus.
 

„Wie geht es Ihnen?“, fragte sie.
 

„Spitze. Total super.“, antwortete er düster.
 

Severus wollte nicht mit ihr reden. Warum hatte er sich wohl hier hoch verzogen?
 

Minervas Blick fiel auf seine blutverschmierten Hände.
 

„Sie erkälten sich, wenn Sie hier oben bleiben.“, sagte sie.
 

„Was wollen Sie eigentlich von mir?“, fragte Severus.
 

„Ich wollte sehen wie es Ihnen geht. Ohne Hintergedanken.“
 

„Ich hab so was schon öfter gemacht.“
 

„Es wird aber nicht leichter.“, sagte Minerva.
 

„Nein, wird es nicht.“, entgegnete Severus. „Wussten Sie, dass ich während meiner Zeit in der Commonwealth-Armee Feldsanitäter war?“
 

Minerva schüttelte still den Kopf.
 

„Keine Sorge, ich hab schon viel schlimmeres gesehen.“
 

„Darum geht es nicht.“, sagte Minerva.
 

„Ach nein?“
 

„Sie funktionieren wie eine Maschine, Severus, aber irgendwo da drin ist auch ein Mensch, der gerade fast einen Freund verloren hätte.“
 

Severus sagte nichts, sondern besah das getrocknete Blut unter seinen Fingernägeln. Arthur war kein Freund im engeren Sinne, aber ja, er hatte ihn fast verloren und es war noch lange nicht vorbei.
 

„Niemand kann sagen, ob er diese Nacht übersteht, Minerva. Naginis Bisse sind in der Regel tödlich.“, entgegnete er ihr. „Und wissen Sie, es ist egal, weil Dumbledore jeden von uns ohne zu zögern opfern wird. So wie er Potter und Arthur geopfert hat. So wird er mich opfern und Sie auch. Wir sind alle nur Schachfiguren.“
 

Severus erhob und ging an Minerva vorbei nach unten. Im Badezimmer schrubbte er sich das Blut von den Händen. Er war nicht wütend auf sie. Minerva war von allen immer diejenige gewesen, die es am ehesten interessierte, was mit Severus war. Nicht nur aus Eigennutz, sondern auch weil sie ihn in irgendeiner Form schätzte.



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