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Müde. Er konnte seinen Zustand einfach nicht anders beschreiben. Er hatte fast die ganze Nacht durchgearbeitet und dann noch den ganzen Tag. Ohne Wachtränke hätte er das nicht geschafft. Außerdem war es äußerst nervenaufreibend gewesen mit den ersten D.A. Mitgliedern zu reden, die zur Befragung dagewesen waren. Natürlich leugnete jeder von ihnen irgendetwas zu wissen. Sie schienen sogar eher beleidigt gewesen zu sein wegen so etwas vorgeladen worden zu sein. Und als Justin dann beleidigt verlangte, er solle doch nicht so ein Theater machen, wenn seine Vorgesetzten ihn dazu triezten den Blödsinn zu untersuchen, wäre Harry am liebsten auf ihn losgegangen.

Zu allem Überfluss hatte Kingsley offenbar eine offizielle Untersuchung seiner Abteilung angefordert. Jeder seiner Kollegen hatte ihm hasserfüllte Blicke zugeworfen. Wenigstens hatten sie ihn in Ruhe gelassen. Als er schließlich gegangen war, hatte er beobachtet, wie Coria an der Tür ihres Büros gestanden hatte, während zwei ihm unbekannte Leute ihr Büro in Augenschein genommen hatten. Er war froh, dass er da raus war.

Gähnend stieg er aus dem Kamin, fing an sich abzustauben und versuchte dann die Asche zurück in den Kamin zu befördern. Sein Zauberspruch funktionierte nicht und er fluchte leise vor sich hin.

„Harry, da bist du ja endlich!“, schreckte Andromedas Stimme ihn auf. Er zuckte zusammen.

„Tut mir leid für die Verspätung.“, entschuldigte er sich und sah zu wie sie ihren eigenen Zauberstab zückte um die Verunreinigung zu beseitigen, die er angerichtet hatte.

„Du siehst ja furchtbar aus!“, stellte sie fest.

„Viel zu tun.“, sagte er nur knapp. Mitfühlend sah sie ihn einen Moment an.

„Geh am besten raus in den Garten. Teddy wird sich freuen dich zu sehen. Du bist genau richtig, um auszurichten, dass das Abendessen fertig ist.“, erklärte sie und ging dann zurück in die Küche.

Ihrer Anweisung folgend schlurfte er den Weg raus und hörte bereits fröhliches Kinderlachen, bevor er hinaustrat. Teddy sprang begeistert durch den Garten, zusammen mit Hazel. Bei näherem Hinsehen konnte er erkennen, dass sie offenbar etwas zu suchen schienen. Oder zumindest Teddy, denn der Kater rannte ihm wahrscheinlich einfach nur hinter. Als Harry die Ecke komplett umrundete, blieb er wie angewurzelt stehen.

Draco Malfoy saß lächelnd im Sandkasten und sah Teddy zu. Er schien völlig zufrieden mit sich und der Welt. Ein Ausdruck, den Harry von ihm zumindest nicht in dieser ruhigen Form kannte. Es war erstaunlich was dieses offene Lächeln mit seinen Gesichtszügen anstellte. Fast wie bei seiner Mutter auf dem Foto. Das Lächeln ließ sein gutes Aussehen dem Betrachter beinahe ins Gesicht springen. Er hatte es oft von anderen gehört. Die Blacks wurden von den meisten Leuten als ziemlich gutaussehend angesehen. Malfoy war zur Hälfte ein Black. Auf einmal verstand er, warum Zabini ihn nicht von der Bettkante stoßen würde. Sicherlich hatte er ihn schon öfter lächeln sehen.

„Da!“, rief das Kind plötzlich und seine Haare leuchteten knallrosa auf. Mit einem zappelnden Schokofrosch kam es hinter dem Baum wieder hervor. „Rierie!!“, brüllte es dann los, seine Haare wechselten zu Regenbogenfarben und der Junge rannte mit ausgestreckten Armen auf ihn zu. Harry fing ihn auf und wirbelte ihn durch die Luft.

„Hey Teddy.“, begrüßte er ihn und drückte ihm einen Kuss an die Schläfe.

„Komm!“, verlangte der Junge und zog ihn zum Sandkasten, wo Malfoys entspanntes Gesicht wieder seine übliche eingefrorene Mimik angenommen hatte. „Das ist Coco!“, stellte er ihm Malfoy vor.

„Wir kennen uns bereits, Teddy.“, klärte dieser den Jungen auf. „Potter.“, grüßte er ihn dann mit einem Nicken und stand auf. Er fing an an seiner Kleidung herumzuzuppeln und sie abzuklopfen. Vermutlich weil Teddy ihn zuvor mit Sandbällen beworfen hatte. Harry kannte das zu Genüge. Sobald man im Sandkasten saß, war man praktisch Freiwild.

„Malfoy.“, grüßte er zurück. „Ich soll euch zum Essen reinholen.“ Wie auf Kommando stopfte Teddy in Rekordzeit den Schokofrosch in seinen Mund.

„Du fütterst ihn mit Schokolade direkt vor dem Essen?“, wollte Harry wissen und hob skeptisch eine Augenbraue.

„Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“, behauptete Malfoy lediglich, hockte sich zu Teddy herunter und wischte ihm mit dem Daumen über einen Mundwinkel an dem noch Schokoreste zu sehen waren. „Was für ein Schokofrosch?“, behauptete er völlig trocken und ohne eine Miene zu verziehen.

Harry ballte seine rechte Hand zur Faust, als er das Verlangen unterdrückte Malfoys Hand wegzuschlagen, bevor er die Gelegenheit hatte sein Patenkind anzurühren. Er betrachtete wie der Slytherin den Dreck an seiner Hose abwischte. Teddy schien nichts zu fehlen, denn er lachte nur glücklich.

„Versuch gar nicht erst zu behaupten, du hättest als Kind vor dem Essen nie etwas Süßes in dich reingestopft.“, kommentierte Malfoy. Seine Hand fuhr Teddy durch die kunterbunten Haare. Harry biss die Zähne zusammen.

„Wir sollten reingehen.“, überging Harry das Thema, da ihm gerade nicht danach war sich an die Behandlung durch seine Tante und seinen Onkel zu erinnern. Er beugte sich etwas herab und hob das Kind auf seine Arme, es direkt unter Malfoys Hand hervorziehend. „Bevor Andromeda sauer wird.“ Teddy schlang seine Ärmchen um Harrys Hals.

Einen Moment sahen die beiden Erwachsenen sich in die Augen. Die hellgrauen Augen schienen zu Eiszapfen zu werden und die Umgebungstemperatur abzukühlen.

„Natürlich.“, stimmte Malfoy deutlich beherrscht zu. Dann wandte er sich ab und ging zum Eingang voraus ohne sich umzudrehen.

Prüfend besah Harry sich seinen Patensohn. Dieser erwiderte seinen Blick lediglich verwirrt. Offenbar hatte er mitbekommen, dass irgendetwas komisch war, verstand aber nicht warum. Es schien aber alles mit ihm in Ordnung zu sein. Aus unerfindlichen Gründen, strich Harry selbst mit den Fingern noch einmal über die Stellen an denen Malfoy Teddy berührt hatte und fuhr ihm durch die Haare. Ganz so, als wollte er ihm weiteren Dreck abwischen. Erst dann folgte er dem anderen Mann zurück ins Haus.

Der Tisch war bereits gedeckt. Andromeda und Malfoy standen daneben und schienen sich offenbar etwas hitzig zu unterhalten, doch es endete sofort als sie Harry bemerkten. Der mahnende Blick mit dem die Hexe ihn bedachte verriet eindeutig, dass sie ziemlich unzufrieden mit ihm war. Anscheinend lief Malfoy nun, da er nicht mehr seinen Vater hatte zu seiner Tante, um sich über seiner Meinung ungerechte Behandlung zu beschweren.

„Setzt euch.“, befahl sie dann.

Harry folgte ihrer Aufforderung, achtete allerdings darauf, dass Teddy letztendlich zwischen ihr und ihm saß. Somit landete er selbst zwar direkt neben Malfoy, aber das war bei der Alternative sehr akzeptabel. Er mied seinen Blick und beschäftigte sich damit Teddy mit etwas zu trinken zu versorgen, während Andromeda die kleinen Hände mit einem Zauber säuberte.

Gemeinsam begangen sie zu essen. Teddy plauderte fröhlich vor sich hin und schien ein hohes Mitteilungsbedürfnis zu haben. So sehr, dass seine Worte vor lauter Schnelligkeit irgendwann verschwammen und er immer schwerer bis gar nicht mehr zu verstehen war. Immer wieder sprach er Malfoy direkt an, der daraufhin nur nickte und lächelte, sobald er angesehen wurde, selbst aber kein einziges Mal etwas sagte. Irgendwann brachte Andromeda ihren Enkel dazu Luft zu holen und sich zu beruhigen. Auch ihre Versuche Malfoy in ein Gespräch zu verwickeln schlugen fehl. Außer knappen Antworten war nichts aus ihm herauszubekommen.

„Jetzt geht es aber ab ins Bett.“, beendete sie schließlich das Abendessen, nachdem Teddy sein Glas zum zweiten Mal beim Gestikulieren umgeworfen hatte.

„Rierie und Coco bringen mich ins Bett!“, verlangte das Kind sofort und streckte seine Arme Harry direkt entgegen. Doch gerade als dieser ihn aus seinem Stuhl heben wollte, widersprach Andromeda ihm.

„Ich muss mit Harry dringend sprechen. Aber Draco bringt dich sicher gerne ins Bett.“, erklärte sie dem Kind.

„Ich will aber beide!“, wiederholte Teddy und seine Haare wurden feuerrot.

„Ich denke auch, ich sollte einfach mitgehen.“, stimmte Harry seinem Patenkind zu und zog ihn vom Stuhl. „Wir können ja danach sprechen.“

Andromeda sah ihn mit einem Todesblick an, der ihm jegliche weiteren Worte im Halse stecken bleiben ließ. Entschlossen trat sie auf ihn zu und zog ihm das zeternde Kind aus den Armen. „Ich denke, ich möchte sofort mit dir sprechen.“, entgegnete sie streng und entlud Teddy in Malfoys Arme, wo dieser sich sofort an ihn klammerte und sein Gesicht in dessen Schulter vergrub. Seine Haarfarbe verblasste zu einem drögen Grau.

„Na los. Du weißt wie das geht.“, kommentierte Andromeda noch an Malfoy gewandt, als dieser einfach stehen blieb. Einen Moment wirkte es, als wollte er was sagen, doch dann drehte er sich um und verließ den Raum. Harry sah ihm nach, bis er verschwunden war, sich zusammenreißend, weil alles in ihm danach schrie sein Patenkind nicht einfach aus den Augen zu verlieren, wenn Draco Malfoy da war. Es wirkte, als würde Malfoy ihm seinen Teddy wegnehmen und Harry würde ihn nie wiedersehen. Oder zumindest nicht unversehrt.

Erst als er um die Ecke bog und nicht mehr zu sehen war, war Harry fähig seinen Blick von der Tür abzuwenden. Es ließ die Unruhe in ihm aber sprunghaft ansteigen.

„Was hast du ihm gesagt?“, verlangte Andromeda missgelaunt wissen. Sie bedachte ihn mit einem strengen Blick, die Arme vor der Brust verschränkt.

„Ich habe ihm nichts gesagt. Wovon redest du?“ Wen meinte sie überhaupt? Wahrscheinlich Malfoy, oder?

„Wirklich? Du gehst raus und ein paar Minuten später kommt er zurück mit einem Ausdruck als hättest du ihm ins Gesicht geschlagen. Harry, ich habe wirklich erwartet, dass du dich zumindest in Teddys Beisein benimmst!“

„Ich habe mich benommen!“, widersprach der Gryffindor. Sonst hätte er ihm wirklich ins Gesicht geschlagen. „Ich… warte mal! Hast du das geplant?“, wollte er dann entrüstet wissen. Aufgebracht sah er erneut zur Tür, dann zurück zu der älteren Hexe. „Ist das deine Art uns Umgang miteinander aufzuzwingen? Und Teddy ist der Puffer, der uns davon abbringen soll, dass alles hässlich endet?“

„Wie es scheint, hat das nicht geklappt.“, zischte Andromeda. „Ist es so schwer zu verstehen, dass ich meine Familie nicht aufteilen will?“

„Familie!?“ Harry wusste nicht, was er danach sagen sollte. Er starrte sie an, als habe sie nicht alle Tassen im Schrank. Gleichzeitig war klar, dass er da auf verlorenem Posten stand. Andromeda hatte die Malfoys in ihr Leben gelassen. Egal, was Harry sagen würde, es würde keinen Effekt haben. „Naricssa verstehe ich in deiner Situation noch einigermaßen. Aber IHN!?“, fuhr er dann gegen sein besseres Wissen fort. „Dass du ihn als deine Familie bezeichnest, ist absurd! Du kanntest ihn bis vor einem Jahr nicht einmal! Ich kenne ihn seit zehn Jahren und würde ihn nicht einmal in Teddys Nähe lassen! Warum ist das für dich so absolut kein Problem!?“ Wenn sie sich dafür entschied mit ihm zu tun haben zu wollen, dann war das in Ordnung. Sie war erwachsen und wusste, was in Ordnung war und was nicht. Aber Teddy war Drei! Nur Drei! Malfoy könnte ihm alles erzählen und das Kind würde es nicht richtig zu beurteilen wissen! Sie ließ die beiden alleine! Wer wusste, was für Flausen Malfoy ihm bereits erzählt hatte! Wer wusste wie schlimm der Slytherin die Psyche seines Patensohnes bereits beeinflusst hatte.

Andromedas Lippen pressten sich so hart aufeinander, dass sie nur noch als dünne Linie wahrzunehmen waren. Für einige Sekunden sah es so aus, als würde sie ihn anbrüllen wollen. Dann sah sie zu Boden und drehte sich um. Wortlos lief sie in die Küche und war weg.

Heftig atmend blieb Harry im Speisezimmer stehen. Einige Zeit stand er einfach da und starrte durch die Tür, durch die sie verschwunden war. Schließlich entschied er sich dazu Malfoy nachzulaufen und nachzusehen, was er mit seinem Patenkind anstellte.

„Hier!“, durchkreuzte Andromeda sein Vorhaben als sie wieder zurück ins Zimmer stürmte. In ihrer Hand hielt sie eine kleine Phiole mit einer silbrig glänzenden Flüssigkeit, die sie ihm hinhielt. Etwas verdattert nahm Harry ihr das Gefäß aus der Hand. Er betrachtete den Inhalt etwas eingehender. Doch es gab keinen Zweifel. Es waren Erinnerungen. Misstrauisch sah er auf.

„Reden hat bei dir offenbar keinen Sinn. Deine Meinung zu Draco ist zu festgefahren. Vielleicht ergibt es einen, wenn du es siehst.“, kommentierte sie nur. „Setz dich!“, befahl sie dann und wies durch eine weitere Tür ins Wohnzimmer. „Ich bringe Tee. Und wage es bloß nicht dich davonzuschleichen.“

Harry tat wie ihm geheißen. Neugierig betrachtete er die Phiole erneut. Was sollte da schon drin sein, das ihn dazu bringen könnte Draco Malfoy in Teddys Nähe zu akzeptieren?

„Also?“, ergriff Andromeda wieder das Wort, als sie das Tablett auf dem Couchtisch abstellte. Es standen drei Tassen darauf. Sie erwartete also, dass Malfoy sich irgendwann zu ihnen gesellte. „Wie sieht es mit dem Fall aus? Wo ist meine Schwester?“

„Ich weiß es nicht.“, gab Harry zu und steckte die Phiole in seine Hosentasche. „Ich gehe einigen Spuren nach, aber nichts davon ist vielversprechend.“ Und über Genaueres durfte er sie bei laufenden Ermittlungen ohnehin nicht informieren. Sie hatten heute im Verlauf des Tages einige ihrer Freunde zur Rede gestellt. Jeder von ihnen hatte sich sichtlich beleidigt gefühlt, dass sie überhaupt darauf angesprochen wurden die Slytherins `etwas aufzumischen´, wie sie es genannt hatten. Keiner von ihnen hatte weitere Namen genannt. MacLaggen hatte sogar in seiner arroganten Art und Weise darauf hingedeutet, dass er noch einige andere kannte, die dazugehörten, es aber nicht vorhatte ihnen zu verraten und dann auf die offiziellen Wege verwiesen und sie so gezwungen eine offizielle Vorladung für ihn zu schreiben, da er nicht gewillt war seine Zeit mit ihnen über so eine Lappalie zu vergeuden. Das würde bürokratisch einiges an Aufwand machen und die ganze Sache erschweren. Hermine war so wütend gewesen, dass sie nun versuchte die betroffenen Syltherins dazu zu bringen eine offizielle Anzeige einzureichen. Harry war sich unsicher, ob das etwas bringen würde. Je nachdem, wer den Fall beurteilen würde, könnten diese Vorfälle einfach beiseitegeschoben werden.

„Ich habe im Propheten gelesen, dass es nun eine Untersuchung bezüglich des Verschwindens geben wird. Heute stand drin, dass du diese leitest.“ Als hätten sie sich nicht gerade noch lautstark gestritten, sah sie ihn nun ruhig an und nippte an ihrem Tee. Manchmal war diese Frau wirklich seltsam. Er schaffte es nicht von 100 auf 0 innerhalb von 2 Minuten. Vielleicht lernte man das mit einem wilden Dreijährigen im Haushalt.

„Ja. Hermine hat das angezettelt.“ War ja klar, dass diese Information ziemlich schnell durchsickern würde. Er selbst hatte den heutigen Propheten noch nicht gelesen, aber nachdem sie gestern halb öffentlich die gesamten Befragungen durchgeführt hatten, wussten es ja inzwischen genug Leute, die so etwas an die Presse weiterleiten konnten. Außerdem hatte ihm heute früh eine Schar an Journalisten im Eingangsbereich zum Ministerium aufgelauert. Allen voran Rita Kimmkorn! Ein Wiedersehen auf das er gerne verzichtet hätte. Er hasste diesen Trubel. Daraufhin hatte er geachtet den Vielsafttrank zu nehmen, bevor er wieder gegangen war. Von ihm aus, konnten die Presseleute dort kampieren, wenn sie wollten. Leider war ihm klar, dass er irgendwann ein offizielles Statement abgeben müssen würde.

Er zwang sich dazu seine Fäuste zu entspannen. In dem Versuch seinen Unmut weniger zur Schau zu stellen, goss er sich ebenfalls Tee ein. Er erzählte der Hexe was vorgefallen war. Das erinnerte ihn daran, dass er für heute noch längst nicht fertig war. Wenn er nur daran dachte, was für eine Nacht ihm noch bevorstand, senkte das seine Stimmung nur noch weiter. Aber mit all den Aussagen, die sie gestern bekommen hatten, war so viel Arbeit plötzlich aufzuholen. Hermine hatte sich mit Aleius die letzte Nacht um die Ohren gehauen, um alles auszuwerten, während Neville und Ron die Orte aufgesucht hatten, an denen die Leute am wahrscheinlichsten verschwunden waren, wo sie mit den Nachbarn geredet haben und mit jedem, von dem sie wussten, dass der Verschwundene regelmäßig Kontakt gehabt hatte. Oder zumindest so lange, wie es ging, denn die Zeit reichte einfach nicht aus. Es waren inzwischen, ohne die beiden Malfoys, da es ja noch ausstand, ob die damit zu tun hatten, 29 Personen verschwunden. Häufig waren die betroffenen Familien von allen ihren Todesser Mitgliedern befreit worden. Was nur dafür sprach, dass Narcissa und Lucius Malfoy nicht dazugehörten. Denn wie Hermine schon gesagt hatte, Draco Malfoy wäre dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ebenfalls weg.

Harry beschäftigte sich hauptsächlich mit Narcissas Verschwinden. Mit dem Fall, bei dem er noch am ehesten die Hoffnung hatte am Ende eine lebende Person wiederzufinden. Doch auch hier sank diese Erwartung rapide. Sie war bereits seit acht Tagen unauffindbar.

Schritte im Flur sagten Harry, dass Malfoy wohl auf dem Rückweg war. Wenige Sekunden später erschien er im Türrahmen. Hazel sprang um seine Füße herum und miaute aufdringlich.

„Setz dich, Draco.“, forderte Andromeda ihn mit einem Lächeln auf und wies auf die Couch neben Harry.

„War das hier Hermines Idee?“, wollte Angesprochener wissen, sowohl den Kater als auch Harry komplett ignorierend. Er bewegte sich keinen Schritt.

Einen kurzen Moment herrschte Stille als beide Männer die Hexe prüfend ansahen.

„Ich habe deinen Lieblingstee zubereitet.“, antwortete sie jedoch lediglich und Harry beschloss Hermine noch heute Abend hierfür anzubrüllen. Als ob er Malfoy nicht schon genug in seinem Job momentan sehen würde. Jetzt sorgte sie auch noch dafür, dass Teddy ihm ausgesetzt war wegen einer ihrer fixen Ideen, die von vorneherein nur in einem Desaster enden konnte.

Der Slytherin trat schließlich in das Zimmer. Doch anstatt den angebotenen Platz anzusteuern, wandte er sich dem Kamin zu. „Gute Nacht, Andromeda.“, sagte er und griff nach der Dose mit dem Flohpulver.

„Setz dich.“, befahl die Hexe nun. Mitten in seiner Bewegung erstarrte Malfoy. Obwohl die Aufforderung nicht an Harry gerichtet war, spürte er, wie auch er zusammenzuckte bei dem Tonfall, den sie genutzt hatte. „Jetzt.“, fügte sie hinzu und der Slytherin trat ohne zu murren zum nächstgelegenen Sessel und ließ sich auf diesem nieder. Hazel sprang augenblicklich auf seinen Schoß und fing an zu schnurren.

Wieder lächelnd als wäre nichts gewesen, reichte Andromeda ihm eine Tasse Tee. „Ihr solltet euch an das hier gewöhnen, denn ich bin nicht mehr bereit Teddys und meine Zeit zwischen euch aufzuteilen, wenn es keinen Grund dafür gibt.“

Harry tauschte mit dem anderen Mann einen wütenden Blick aus. Zugegeben, Harry wusste hiervon ja nun seit einigen Tagen. Aber es gesehen zu haben, machte es so real. Er wollte Malfoy nicht alleine mit Teddy wissen und er wollte nicht, dass er ihn anfasste! Das Verlangen nach oben zu gehen und nach ihm zu sehen, wurde immer größer.

„Ich denke nicht, dass Potter meine Anwesenheit hier gutheißt.“, ergriff Malfoy dann das Wort missgelaunt und versuchte zu verhindern, dass Hazel ihm die Tasse aus den Händen schlug, denn der Kater fing an seinen linken Unterarm spielerisch zu attackieren.

„Da hast du verdammt recht. Ich will dich nirgendwo in Teddys Nähe haben!“, stimmte Harry zu.

„Jungs…“, fing Andromeda an, wurde aber direkt ignoriert.

„Was erwartest du, was ich ihm antun könnte!?“, wurde Malfoy jetzt laut und deutlich ungeduldiger mit Hazels Spielerei, der sich von der unangenehmen Stimmung nicht im Geringsten abzuschrecken lassen schien. „Er ist mein Neffe!“

„Oh, Verwandtschaft bedeutet bei Deinesgleichen plötzlich was?“, konterte Harry und halb schmiss, halb stellte seine eigene Tasse wieder auf dem Tisch ab, weil er befürchtete sie ansonsten durch den Raum zu schleudern. „Ich denke in dem Fall wusste Bellatrix nichts von den Verwandtschaftsverhältnissen zwischen ihr, Sirius und Tonks als sie sie ermordete!“

Malfoy erstarrte. Mit geweiteten Augen starrte er ihn an, den Mund leicht geöffnet, nicht einmal blinzelnd. Harrys Worte erzielten ihre Wirkung und er verspürte Genugtuung als er sah, dass es den Slytherin wirklich getroffen hatten. Dass es wehtat. Dann…

„Harry!!“, schrie Andromeda entrüstet und stand energisch von ihrem Sessel auf.

Doch Harry achtete nicht auf sie. Er starrte in diese hellgrauen Augen, die für diesen Augenblick so verletzt zurücksahen, wie er sie noch nie gesehen hatte. Es dauerte kaum eine Sekunde. Dann schlug Hazel Malfoys Tasse um und verbiss sich in seiner Hand.

Aufschreiend sprang er auf als heißer Tee sich über seinen Arm und seine Oberschenkel ergoss. Der Kater glitt fauchend und unzufrieden miauend von seinem Schoß und verzog sich hinter den Sessel.

„Draco!“ Andromeda war sofort bei ihm, doch er wich vor ihr zurück. Seine linke Hand blutete von Hazels Biss und besprenkelte den Boden.

„Ich…“, fing Malfoy an, verstummte dann aber wieder, sah zu Boden und machte erneut einen Schritt nach hinten. „… werde jetzt gehen.“ Seine Stimme brach.

„Draco…“, versuchte Andromeda es erneut, doch der trat nur weiter zurück, als sie erneut versuchte an ihn heranzukommen. Dann drehte der Slytherin sich um und verließ schnellen Schrittes das Wohnzimmer und seine Tante folgte ihm. Harry hörte sie erneut sprechen, doch es war zu leise und zu weit weg, als dass er es verstanden hätte. Stattdessen schlich er sich selbst aus dem Zimmer und die Treppe hoch. Er sprach einen Lumos, als er das Kinderzimmer betrat und schirmte das Licht etwas ab, sodass es Teddy nicht direkt ins Gesicht schien.

Das Kind schlief zur Seite gerollt, sein Einhorn-Kuscheltier umklammernd. Wie immer hatte es die Bettdecke bereits von sich gestrampelt, die nun eine Stolperfalle auf dem Boden bildete. Die Gardienen waren, so wie Teddy das wollte, nur halb zugezogen und Mondlicht erhellte den regenbogenfarbenen Teppich vor dem Bett, auf dem normalerweise alles mit Spielzeug vollgestapelt war, welches Teddy tagsüber aus seinen Schränken und Regalen gezogen hatte. Andromeda und Harry räumten es meistens weg, wenn das Kind eingeschlafen war. Anscheinend hatte sie das heute bereits vor dem Abendessen erledigt.

Leise ging Harry zum Bett und setzte sich vorsichtig an die Kante. Er besah sich das schlafende Kind. Liebevoll strich er ihm einige Strähnen aus dem Gesicht, was dazu führte, dass es schmatzte und sich auf den Rücken drehte.

Um sicherzugehen sprach Harry einen Analysezauber auf sein Patenkind. Es förderte nichts Ungewöhnliches zu Tage. Erleichtert blieb Harry noch einen Moment sitzen und betrachtete den Jungen. Malfoy mochte mit ihm verwandt sein, aber das bedeutete definitiv keinerlei Sicherheit. Er würde mit Teddy sprechen. Und Gnade Malfoy Gott, wenn er es gewagt haben sollte ihm irgendeinen Blödsinn über Werwölfe und Metamorphmagie erzählt zu haben. Oder über Muggel, oder magische Geschöpfe oder sonst irgendetwas.

Schließlich drückte er Teddy einen Kuss auf die Stirn, hob die Bettdecke vom Boden und breitete sie wieder über dem Kind aus, auch wenn das mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit nichts bringen würde.

Leise verließ er wieder das Zimmer und zog die Tür hinter sich zu. Tief durchatmend machte er sich wieder auf den Weg nach unten, wo er eine fuchsteufelswilde Andromeda erwartete. Doch als er ins Wohnzimmer trat, saß sie ruhig in ihrem Sessel, ein Buch in ihrem Schoß und eine Tasse Tee in der Hand.

„Ich will dich hier nicht sehen, bis du dir die Erinnerungen angesehen hast.“, sagte sie in einem Plauderton ohne aufzublicken.

„Was?“, wollte Harry wissen. Ungläubig starrte er die Hexe an.

„Teddy liebt Draco.“, erklärte sie. „Ich werde nicht zulassen, dass dein Verhalten ihn grundlos verwirrt und verunsichert.“

„Mein Verhalten? Grundlos!?“, regte Harry sich auf.

„Harry.“ Sie sah endlich auf von ihrem Buch. Ihr Gesichtsausdruck war ruhig, doch ihre Augen verrieten, dass die Situation sie mitnahm. „Wenn es nicht um Teddy ginge, würde ich dir deutlich mehr Geduld entgegenbringen. Ich weiß, das ist alles nicht leicht für dich. Aber jetzt wo du von ihm weißt, kann ich nicht dulden, dass deine Feindseligkeit ihm gegenüber, meinen Enkel beeinflusst.“

„Du lässt eher zu, dass Malfoy ihn beeinflusst?“ Er wurde wütend. Teddy war sein Patenkind! Remus und Tonks hatten ihn nicht umsonst darum gebeten diese Aufgabe zu übernehmen und er wäre verdammt, wenn er das ignorieren würde. „Deine Sicht von ihm ist durch deine familiäre Situation völlig verblendet, Andromeda!“, warf er ihr vor. Der Kommentar traf sie und Harry hasste sich augenblicklich dafür.

Gequält lächelnd stellte sie ihre Tasse ab und fuhr sich durch die Haare. „Ich glaube, du hast nicht einmal eine Sicht von ihm.“, antwortete sie schließlich. „Ich denke, deine Sicht beruht auf überholten Emotionen und Erinnerungen.“

Sie sahen sich gegenseitig an. Andormeda würde nicht von ihrer Meinung abweichen und Harry würde definitiv hierbei nicht einknicken. Sie redeten von dem gleichen Malfoy, der Hermine ein Schlammblut genannt hatte, der aus einer Laune heraus dafür gesorgt hatte, dass Seidenschnabel zum Tode verurteilt worden war, der Hagrid versucht hatte aus seiner Lehrposition herauszujagen, der in ihrem zweiten Jahr umherstolziert war und den Muggelgeborenen zufrieden den Tod durch das Monster aus der Kammer des Schreckens prophezeit hatte, der Umbridges Inquisition genutzt hatte um allen das Leben zur Hölle zu machen, der Todesser ins Schloss geschmuggelt hatte, der für Dumbledores Tod verantwortlich war! Und das waren nur die Highlights des Ganzen!

Wie sehr könnte sich so ein Mensch verändern, dass es ausreichte um ein Kind bedenkenlos dessen Einfluss auszusetzen?

Harry gab ein äußerst unzufriedenes Geräusch von sich. Er konnte sich jetzt in keine Diskussion verstricken. Er hatte nicht die Zeit dafür sich hinzusetzen und stundenlang zu streiten. Außerdem sah Andromeda momentan nicht so aus, als wäre es innerhalb ihrer Möglichkeiten das zu tun.

„Das ist noch nicht vorbei.“, sagte er lediglich.

„Nein, ist es nicht.“, stimmte sie ihm zu und sah zu wie er an den Kamin trat und nach der Dose mit Flohpulver griff. Er schmiss eine Handvoll davon hinein und ließ sich ins Ministerium transportieren, wo er mit den anderen demnächst verabredet war, um den momentanen Stand der Dinge zu besprechen.



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