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Käfig

Tage in der Dunkelheit
von

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Tag Zwei

Sie schlug die Augen auf und die Dunkelheit umfing sie erneut. Mit einem schwirrenden Kopf rutschte sie in eine geringfüge andere Position, soweit es der wenige Platz zuließ. Zumindest der Schmerz hatte sich zu einem zwar unangenehmen, aber erträglichen Pochen in ihrem Hinterkopf zurückgezogen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, eingeschlafen zu sein, aber der Kraftakt der letzten Stunden musste seinen Tribut gefordert haben und sie war kurz weggenickt.
 

Ihre Augen waren gerötet, sie hatte fast die gesamte Nacht vor sich hin geschluchzt und zusätzlich brannte ihre Kehle und verlangte nach Flüssigkeit. Sie schniefte leicht und sah zitternd zu Heiji herüber. Er war immer noch nicht bei Bewusstsein. Sie hatte es allmählich aufgegeben ihn wecken zu wollen und ihr Herz zog sich bei seinem leblosen Anblick krampfhaft zusammen.
 

Nicht daran denken.
 

Dieser Satz war in der Zwischenzeit für sie zu einer Art Mantra geworden und es war das einzige, was sie wohl noch davon abhielt nicht verrückt zu werden.
 

Nicht daran denken.
 

Es klang so einfach, doch in der Kiste liegend, wo alles was sie tun konnte war, der Stille zu lauschen, hatte sie leider viel zu viel Zeit dafür.
 

Sie versuchte sich abzulenken und die Zeit damit zu überbrücken, dass sei sich die verschiedensten Fluchtpläne ausmalte. Allerdings beschäftigte sie dies auch nicht lange, da sie nun mal zu wenig über ihre Umgebung wusste. In ihren Erinnerungen suchte sie nach Bilder, nach einem genaueren Umriss der Lagerhalle. Nach der Anzahl von Türen, die von dort ausgingen, oder wohin sie führten. Irgendetwas musste da doch hängen geblieben sein. Irgendwas!
 

Sie verfluchte, dass ihre Aufmerksamkeit die ganze Zeit auf Heiji und den Typen, denen sie gefolgt waren, gelegen hatte. Ihrer Umgebung hingegen hatte sie so gut wie gar keine Beachtung geschenkt.
 

Aber es war ja sowieso alles nicht von Nutzen. Solange sie keine Ahnung hatte, wie sie sich überhaupt aus der Kiste befreien sollte, war jede weiter Aktion ohne Bedeutung.
 

Sie versuchte sich an die Hoffnung zu klammern, dass sie schon jemand retten kommen würde, jedoch wann? Was wenn sie erst kämen, wenn es bereits zu spät war?
 

Nicht daran denken.
 

Die Zeit zog sich hin wie durch eine klebrige, widerspenstige Masse. Minuten wurden zu Stunden und Stunden zu Jahren; zumindest in ihren Gedanken. Ihr Zeitgefühl hatte sie sowieso bereits verlassen. Sie wusste ja nicht Mal, wie lange sie geschlafen hatte. Waren es Stunden oder bloß ein paar Minuten gewesen? Vielleicht war ihr Verschwinden noch gar nicht so lange her und die Moris hatten noch gar keinen Verdacht geschöpft? Dann würde es noch ewig dauern, bis sie kämen. Die Vorstellung, auch nur noch ein wenig länger eingesperrt verbringen zu müssen, stieß bei ihr mehr als sauer auf. Irgendwann, dachte sie, würde sie noch ihren Verstand verlieren.
 

Nicht daran denken.
 

Den Rest des Tages hatte sie schließlich in einem halbwachen Zustand über sich gebracht. Sie hatte vor sich hingedöst und gleichzeitig auf die Geräusche im Lager geachtet. Sie hatte einen Entschluss gefasst. Sobald sie Schritte hören würde, würde sie losschreien. Entweder hatte sie Glück und es war ihr jemand Wohlgesinntes, oder sie würde zumindest die Nerven einer ihrer Peiniger töten. Vielleicht, dachte sie, würden sie dann ja auch die Kiste kurz öffnen, um sie zum Schweigen zu bringen. Das wäre ihre Chance. Keine besonders gute, aber immerhin eine Chance und überdies die einzige, die sie hatte.



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