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Die Leiden des jungen Pizzaboten

Manchmal hat man Pech und manchmal einfach kein Glück
von

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Liebe? Davon stand nichts im Rezept!

Es gab tatsächlich eine Zeit, da hatte ich mir mehr mit Gracie vorstellen können. Sie ist ein wunderbarer Mensch, herzensgut, witzig und in diesen großen, dunklen Augen konnte man sich regelrecht verlieren. Manchmal ein wenig naiv und schwer von Begriff, aber das machte sie nur noch liebenswerter.

Ihr Beruf machte dem ganzen dann doch einen Strich durch die Rechnung. Nächtelang zerbrach ich mir den Kopf darüber – und ich bin eigentlich eher nicht so der Denker – ob ich uns nicht doch eine Chance geben wollte. Irgendwie sollte das doch funktionieren...

Vorausgesetzt, sie besaß auch nur ein Fünkchen Interesse an mir. Wie dem ein oder anderen durch kuriose Geschichten, die von mir irgendwie ins WorldWideWeb gelangt sind, bekannt sein dürfte, tue ich mich manchmal schwer mit derlei Angelegenheiten, sobald Gefühle ins Spiel kommen. Bisher ging es grundsätzlich schief. Und es lag immer - wirklich immer! - daran, dass die Lady of Interest und ich andere Pläne für die Zukunft besaßen, die nicht miteinander kompatibel waren.

Wenn ich da an meine erste Freundin Penny denke, die sich nicht vorstellen konnte, jemals einen Fuß aus Großbritannien zu setzen, sodass wir uns einvernehmlich - und für süße neunzehn Jahre unglaublich reif – trennten. Denn ich wollte unbedingt in den Flieger steigen, um hier die unbegrenzten Möglichkeiten auszutesten. Auch wenn ich ganz schnell an meine Grenzen kam, doch das ist Stoff für eine andere Geschichte.

Und dann die Sache mit Jillian vor drei Jahren, die so vielversprechend aussah. Wo ich wirklich dachte, dass das mit uns was hätte werden können. Ihr Kommentar über unser Konzert hat die Jungs und mich zum Ausrasten gebracht und wir bedankten uns ganz gentlemenlike mit einem Strauß Blumen. Sie besuchte fortan regelmäßig unsere Proben und wurde eine Freundin. Und dann wurden wir von den anderen versetzt. Das erste Mal konnte man es noch als Versehen bezeichnen, dass uns in der Bar Quentin, Samuel und Yuki hängen ließen. Mit viel Naivität und dem guten Glauben an die Menschheit war es möglich, diesen Akt als Zufall zu bezeichnen. Als sie dann aber auch noch das Treffen auf dem Weihnachtsmarkt absagten, war Jill uns sofort klar, was die drei Herren im Schilde führten.

Erfolgreich, wie ich dachte. Zumindest schien die Frau mit den roten Locken nicht abgeneigt zu sein. Die Journalistin, für die das Wort Schlagfertigkeit erfunden wurde, hatte es mir angetan. Und andere bemerkten diesen Umstand mal wieder eher als ich selbst. Schon ab diesem Tag hätte ich spüren müssen, dass sie nicht ganz bei der Sache war, dass etwas in ihr brodelte.

Und hätte ich es eher gemerkt, hätte ich nur die verdammten Eier in der Hose gehabt, dann hätte ich sie an dem Abend, an dem sie es mir mitteilte, aufgehalten. Ihr ausgeredet, als Auslandskorrespondentin nach Afghanistan zu gehen. Es zumindest versucht! Stattdessen habe ich diese Schnapsidee hingenommen, mal wieder akzeptiert, dass das Universum andere Pläne für uns hatte. Und sie nach dieser einen, gemeinsamen Nacht gehen lassen.

„So ein Vollidiot.“ Ich kann dein genervtes Stöhnen regelrecht hören, lieber Leser. Ich weiß, ich weiß es doch. Noch heute denke ich oft an sie.

Gleiches galt für Gracie und mich. Mir wurde bewusst, dass sie niemals ihren Job aufgab. Vielleicht den lukrativen Nebenjob, mit dem sie sich ihr Gehalt aufbesserte, aber niemals das Strippen. Zu sehr liebte sie einfach das Tanzen. Und auch wenn ich es niemals ausgesprochen habe, hätte ich das als ihr Partner nicht aushalten können. Jedes Mal zu ertragen, wie andere Menschen sie wie ein Stück rohes Fleisch anstarrten, ihr mit ihren Wichsgriffeln die Dollarscheinchen zusteckten und sie sich dann mit einem Kussmund, noch mehr Körperkontakt und lasziven Blicken bedankte – das konnte ich einfach nicht.

Mir ist bewusst, dass ich mir diesbezüglich keine Vorwürfe machen musste. Wohl aber deswegen, dass ich mit ihr schlief, obwohl ich mich dafür entschieden hatte, es bei unserer Freundschaft zu belassen. Manch einer mag nun mit den Schultern zucken und meinen, dass sie selbst schuld sei, immerhin scheint sie sich bereitwillig darauf einzulassen. Aber Gracie sehnte sich nach nichts mehr, als jemanden, der sie mit all dem liebte, was zu ihr gehörte.

Ich tat das auf gewisse Weise. Nicht so, wie sie es verdient hatte, jedoch als Freund. Denn sobald es an eine Beziehung ging, würden wir eine andere Ebene erreichen. Da vermischten sich Vorstellungen, Wünsche und Träume miteinander. Und dann gab es diese Toleranz nicht mehr. Aus „Ich finde das nicht gut, was du machst, aber liebe und unterstütze dich trotzdem“ wurde ganz schnell „Wenn du mich liebst, lässt du das sein!“. Emotionale Erpressung war an der Tagesordnung, schnell nahm man sich das Recht heraus, für den anderen mitzubestimmen. Schließlich wusste man selbst, was für die Beziehung am besten ist. Und das endet, wenn die Wünsche nicht nur unterschiedlich, sondern gegensätzlich waren, mit Frust und Tränen und unweigerlich irgendwann mit dem Ende.

Deshalb ist der Wert einer Freundschaft so viel höher. Wie Waldmeisterwackelpudding und Vanillesoße funktionierte man wunderbar, tauchte hin und wieder in die Welt des anderen ein, doch jeder blieb am Ende ganz er selbst. Und ich glaube, eigentlich sind wir in dieser Kombination auch am glücklichsten.

Wenn ich mich nicht gerade wie ein Esel benahm.



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